Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1875/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2468/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 8. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die am 15. Juni 2011 gem. § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da das vom Sozialgericht (SG) abgelehnte Begehren des Antragstellers, die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zahlung von EUR 767,73, die Beschwerdewertgrenze des § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG übersteigt.
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat den - statthaften - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - beide (juris)).
Bei Beachtung dieser Maßstäbe fehlt es vorliegend bereits am Anordnungsanspruch. Der Antragsteller hat derzeit keinen Anspruch auf die begehrte Übernahme von Kosten für die Beschaffung von Heizöl i.H.d. behaupteten EUR 767,73. Das SG hat die Voraussetzungen des alleine als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ((SGB II); hier in der ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung) zutreffend verneint. Der Senat nimmt nach eigener Prüfung auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Soweit der Antragsteller einwendet, das Gesetz schreibe die Vorlage eines Kostenvoranschlages nicht vor, verkennt er sowohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als auch die verfahrensrechtlichen Mitwirkungsobliegenheiten. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.d. tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Der Bedarf für Heizmittel besteht zwar, wenn kein Brennmaterial mehr vorhanden ist. Die tatsächlichen Aufwendungen entstehen aber frühestens mit Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung aus einem verbindlich geschlossenen Liefervertrag, im Regelfall also erst in Folge der Lieferung (Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr. 4). Schon deshalb trifft das Gesetz zwangsläufig keine Regelung zu einem Kostenvoranschlag. Ein solcher Vertrag wurde vom Antragsteller jedoch bislang nicht geschlossen, so dass "tatsächliche Aufwendungen" i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II noch nicht vorliegen. In einem solchen Fall kommt eine (Vor-)Leistung des Grundsicherungsträgers nur ausnahmsweise in Betracht, wenn nämlich der Heizmittellieferant zur Lieferung nur gegen sofortige Barzahlung bereit ist (BSG a.a.O.). Dies entbindet den Hilfebedürftigen jedoch nicht von der verfahrensrechtlichen Obliegenheit, die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches zu belegen. Wie ein Hilfebedürftiger im genannten Regelfall die tatsächlichen Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung nachzuweisen hat, muss ein Hilfebedürftiger im Ausnahmefall der Vorleistung des Grundsicherungsträgers die - voraussichtlichen - Kosten belegen. Die Verfahrensweise des Antragsgegners, die Vorlage eines Kostenvoranschlages zu verlangen, begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere hat der Antragsteller nicht geltend gemacht, ihm sei dies tatsächlich nicht möglich; vielmehr hat er selbst vorgetragen, diese Verfahrensweise sei bislang von beiden Beteiligten beachtet worden. Im Antragsschreiben bezieht er sich darüber hinaus auf einen Kostenvoranschlag, der bislang nicht vorgelegt wurde. Aus der im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Untersuchungsmaxime ergibt sich nichts anderes. Denn nach § 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG erforscht das Gericht zwar den Sachverhalt von Amts wegen; nach Halbsatz 2 sind die Beteiligten jedoch dabei heranzuziehen. Daher wird die Verpflichtung des Gerichts zur Sachverhaltsermittlung begrenzt, wenn ein Beteiligter seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nachkommt (BSG SozR 3-1750 § 418 Nr. 1). Mangels Vorlage eines Kostenvoranschlages ist der behauptete Anspruch daher derzeit nicht ausreichend belegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die am 15. Juni 2011 gem. § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da das vom Sozialgericht (SG) abgelehnte Begehren des Antragstellers, die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zahlung von EUR 767,73, die Beschwerdewertgrenze des § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG übersteigt.
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat den - statthaften - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - beide (juris)).
Bei Beachtung dieser Maßstäbe fehlt es vorliegend bereits am Anordnungsanspruch. Der Antragsteller hat derzeit keinen Anspruch auf die begehrte Übernahme von Kosten für die Beschaffung von Heizöl i.H.d. behaupteten EUR 767,73. Das SG hat die Voraussetzungen des alleine als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ((SGB II); hier in der ab 1. Januar 2011 geltenden Fassung) zutreffend verneint. Der Senat nimmt nach eigener Prüfung auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Soweit der Antragsteller einwendet, das Gesetz schreibe die Vorlage eines Kostenvoranschlages nicht vor, verkennt er sowohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als auch die verfahrensrechtlichen Mitwirkungsobliegenheiten. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung i.H.d. tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Der Bedarf für Heizmittel besteht zwar, wenn kein Brennmaterial mehr vorhanden ist. Die tatsächlichen Aufwendungen entstehen aber frühestens mit Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung aus einem verbindlich geschlossenen Liefervertrag, im Regelfall also erst in Folge der Lieferung (Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr. 4). Schon deshalb trifft das Gesetz zwangsläufig keine Regelung zu einem Kostenvoranschlag. Ein solcher Vertrag wurde vom Antragsteller jedoch bislang nicht geschlossen, so dass "tatsächliche Aufwendungen" i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II noch nicht vorliegen. In einem solchen Fall kommt eine (Vor-)Leistung des Grundsicherungsträgers nur ausnahmsweise in Betracht, wenn nämlich der Heizmittellieferant zur Lieferung nur gegen sofortige Barzahlung bereit ist (BSG a.a.O.). Dies entbindet den Hilfebedürftigen jedoch nicht von der verfahrensrechtlichen Obliegenheit, die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruches zu belegen. Wie ein Hilfebedürftiger im genannten Regelfall die tatsächlichen Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung nachzuweisen hat, muss ein Hilfebedürftiger im Ausnahmefall der Vorleistung des Grundsicherungsträgers die - voraussichtlichen - Kosten belegen. Die Verfahrensweise des Antragsgegners, die Vorlage eines Kostenvoranschlages zu verlangen, begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere hat der Antragsteller nicht geltend gemacht, ihm sei dies tatsächlich nicht möglich; vielmehr hat er selbst vorgetragen, diese Verfahrensweise sei bislang von beiden Beteiligten beachtet worden. Im Antragsschreiben bezieht er sich darüber hinaus auf einen Kostenvoranschlag, der bislang nicht vorgelegt wurde. Aus der im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Untersuchungsmaxime ergibt sich nichts anderes. Denn nach § 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG erforscht das Gericht zwar den Sachverhalt von Amts wegen; nach Halbsatz 2 sind die Beteiligten jedoch dabei heranzuziehen. Daher wird die Verpflichtung des Gerichts zur Sachverhaltsermittlung begrenzt, wenn ein Beteiligter seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nachkommt (BSG SozR 3-1750 § 418 Nr. 1). Mangels Vorlage eines Kostenvoranschlages ist der behauptete Anspruch daher derzeit nicht ausreichend belegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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