L 11 KR 3181/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 6527/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3181/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld (Krg) vom 18. April bis 7. Juli 2006 streitig.

Der am 17. Juli 1950 geborene verheiratete Kläger, der gelernter Fliesenleger ist, war zuletzt aufgrund der Teilnahme an einer von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg gewährten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Anspruch auf Übergangsgeld in Höhe von 39,66 EUR (ab 1. März 2006 39,68 EUR) bei einem Regelentgelt von kalendertäglich 77,07 EUR (ab 1. März 2006 77,09 EUR) bei der Beklagten pflichtversichert (Bescheinigungen der DRV Baden-Württemberg vom 9. Februar 2006). Die Leistung zur Teilhabe wurde vom Rentenversicherungsträger zum 6. März 2006 beendet. Bis zum 22. März 2006 erhielt er Übergangsgeld. Ab dem 18. April 2006 war er über seine Ehefrau familienversichert. Seit dem 1. August 2007 erhält er eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Am 22. Februar 2006 zog sich der Kläger bei einem häuslichen Unfall eine Grundgliedfraktur der linken Kleinzehe zu. Arzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. von K. bescheinigte dem Kläger deshalb ab dem 23. Februar 2006 Arbeitsunfähigkeit (AU) wegen einer Fraktur einer sonstigen Zehe (ICD 10: S92.5 G; Erstbescheinigung vom 23. Februar 2006). In der Folge bescheinigte er dem Kläger weiterhin AU, und zwar am 9. März 2006 (voraussichtliches Ende 17. März 2006), am 16. März 2006 (voraussichtliches Ende 24. März 2006), am 23. März 2006 (voraussichtliches Ende 31. März 2006) und am 30. März 2006 (voraussichtliches Ende 7. April 2006). Auf Nachfrage der Beklagten teilte er am 6. April 2006 mit, der Kläger sei wegen einer Grundgliedfraktur der linken Kleinzehe derzeit arbeitsunfähig. Die Arbeitsfähigkeit werde voraussichtlich ab dem 18. April 2006 wieder bestehen. Im Auszahlschein vom 6. April 2006 gab er an, AU werde bis voraussichtlich 13. April 2006 bestehe, und im Auszahlschein vom 13. April 2006 nannte er als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit den 17. April 2006. Es bestehe keine weitere Behandlungsbedürftigkeit.

Am 17. Mai 2006 ging bei der Beklagten die Erstbescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. G. vom 18. April 2006 ein, der den Kläger wegen einer Arthrose am rechten Großzehengrundgelenk AU bis voraussichtlich 2. Mai 2006 bescheinigte. Laut Telefonnotiz der Beklagten vom 27. April 2006 gab die Praxishelferin von Dr. G. an, der Kläger sei am 18. April 2006 das erste Mal im Jahr 2006 wegen der Arthrose des rechten Großzehengrundgelenks arbeitsunfähig gewesen. In der Folge bescheinigte Dr. G. dem Kläger weiterhin AU bis einschließlich 10. Juli 2006 (Auszahlscheine vom 18. April, 2. und 16. Mai sowie vom 12. und 26. Juni 2006).

Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 19. Mai 2006 Krg vom 23. März bis 17. April 2006 in Höhe von 43,17 EUR täglich (abzüglich Beitragsanteile in Höhe von 6,10 EUR; Auszahlungsbetrag 37,07 EUR). Mit weiterem Bescheid vom 19. Mai 2006 lehnte die Beklagte die (Weiter-)Gewährung von Krg ab dem 18. April 2006 mit der Begründung ab, dass ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch mehr auf Krg bestehe. Da er keine neue Beschäftigung ausübe und auch keine Leistungen von der Agentur für Arbeit beziehe, bestehe die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung ohne Krg-Anspruch oder eine Familienversicherung. Nachdem er verheiratet sei, sei die Familienversicherung vorrangig vor der freiwilligen Versicherung. Mit Schreiben vom 6. Juni 2006 erläuterte die Beklagte dem Kläger ihre Entscheidung nochmals und wies ergänzend darauf hin, dass seine Mitgliedschaft am 17. April 2006 geendet habe, da Dr. von K. nur bis zu diesem Zeitpunkt AU bescheinigt habe. Im vorliegenden Fall habe er auch nicht Anspruch auf Krg für einen weiteren Monat nach § 19 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), da die Familienversicherung vorrangig sei.

Gegen die Ablehnungsentscheidung der Beklagten erhob der Kläger Widerspruch und trug zur Begründung vor, er sei auch über den 17. April 2006 hinaus Mitglied der Beklagten. Dr. G. habe keine neue AU bescheinigt, sondern nur Auszahlungsscheine ausgestellt. Zudem sei er auch stets wegen der Arthrose in Behandlung gewesen. Der Zehenbruch sei zu seiner durchgehend bestehenden AU nur hinzugetreten. Zur weiteren Begründung legte der Kläger die ärztliche Bescheinigung des Dr. von K. vom 13. Juni 2006 vor, wonach er (der Kläger) aufgrund eines Unfallgeschehens vom 22. Februar 2006 mit Bruch der Kleinzehe links in ambulanter Behandlung gewesen sei. Diese Behandlung sei Mitte April abgeschlossen gewesen mit Arbeitsfähigkeit zum 18. April 2006. Zur gleichen Zeit sei der Kläger in ambulanter Behandlung wegen einer Arthrose des Großzehengrundgelenkes rechts mit antiflogistischen Maßnahmen gewesen. Diese Behandlung dauere bei seinem Hausarzt zum momentanen Zeitpunkt noch an. Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) fachärztlich begutachten. Nach persönlicher Untersuchung des Klägers gelangte Dr. D. in seinem Gutachten vom 6. Juli 2006 zu dem Ergebnis, beim Kläger bestehe eine leichte (röntgenologisch gesicherte) Großzehengrundgelenksarthrose rechts, wobei der klinische Befund unauffällig und die geklagten Beschwerden nicht objektivierbar seien. Aus unfallchirurgisch/orthopädischer Sicht bestehe Arbeitsfähigkeit, sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch in dem gelernten Beruf des Fliesenlegers. Nach Einwendungen des Klägers holte die Beklagte die ergänzende Stellungnahme (ohne erneute Untersuchung) des Dr. R. vom MDK vom 2. August 2006 ein, wonach sich an dem Ergebnis des Dr. D. nichts ändere. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2006). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund von § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V bleibe die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange Anspruch auf Krg bestehe. Am 17. April 2006 habe Dr. von K. jedoch die Arbeitsunfähigkeit beendet, sodass am 18. April 2006 keine Mitgliedschaft mehr bestanden habe. Deshalb führe auch die von Dr. G. bescheinigte AU ab dem 18. April 2006 nicht zu einem Anspruch auf Krg. Zwar habe die Zehenarthrose rechts zeitgleich zur Kleinzehenfraktur links bestanden. Die Zehenarthrose habe aber keine zeitgleiche AU ausgelöst. Deshalb könne auch die AU ab dem 18. April 2006, die allein auf die Zehenarthrose gestützt sei, nicht zu einem "Hinzutritt" führen, sodass mangels Mitgliedschaft kein Anspruch auf Krankengeld vorliege. Da er einen Anspruch auf Familienversicherung habe, bestehe auch kein weitergehender einmonatiger Leistungsanspruch nach § 19 Abs 2 SGB V.

Hiergegen hat der Kläger am 29. Dezember 2006 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, er sei auch über den 17. April 2006 hinaus Mitglied der Beklagten, denn er sei bei Dr. von K. auch wegen der Arthrose und diesbezüglichen Schmerzen in Behandlung gewesen und dieser habe ihn dennoch nur wegen der Kleinzehenfraktur krankgeschrieben. § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V erfordere nicht, dass auch tatsächlich ein Zahlungsanspruch auf Krg bestehe. Vielmehr reiche der Anspruch als Grundtatbestand aus. Wie sich ua der Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 12. Dezember 1997 (L 4 KR 1128/95) ergebe, betreffe zudem die Regelung in § 46 Satz 1 SGB V lediglich den Zahlungsanspruch auf Krg, nicht jedoch den Leistungsanspruch dem Grunde nach. Zur weiteren Begründung hat der Kläger nochmals die ärztliche Bescheinigung des Dr. von K. vom 13. Juni 2006 sowie eine Röntgenaufnahme des rechten Fußes vorgelegt.

Nachdem der Kläger zunächst nur Dr. K. von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte (Erklärung vom 27. November 2007) und erst in seiner Erklärung vom 1. Mai 2008 alle Ärzte, die ihn untersucht oder behandelt haben, hat das SG Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen.

Dr. G. hat mitgeteilt (Auskunft vom 16. Juni 2008), er habe den Kläger im Jahr 2006 am 18. April 2006 wegen Schmerzen im rechten Großzehengrundgelenk behandelt, ihn zum Orthopäden überwiesen und eine AU-Bescheinigung ausgestellt. Im Anschluss daran habe er Auszahlscheine (zuletzt am 26. Juni 2006) für Krg ausgestellt. Dr. von K. hat ausgeführt (Auskunft vom 16. Juni 2008), er habe den Kläger in der Zeit vom 23. Februar 2006 bis 29. Juni 2006 wegen Schmerzen und Schwellung im Bereich der linken Kleinzehe behandelt. Er habe deshalb AU vom 23. Februar bis 17. April 2006 festgestellt. In seiner ergänzenden Auskunft vom 10. März 2009 hat Dr. von K. mitgeteilt, dass der Kläger bei der Abschlussuntersuchung am 13. Juni 2006 angegeben habe, dass er auch an einer Arthrose des Großzehengrundgelenkes rechts leide. Bei der Durchsicht der durchgeführten Röntgenuntersuchung des rechten Vorfußes habe der Röntgenbefund keine wesentliche Arthrose des Großzehengrundgelenks gezeigt. Die Arbeitsunfähigkeit vom 23. Februar bis "7." April 2006 sei ausschließlich wegen der Grundgliedfraktur der linken Kleinzehe bescheinigt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Krg ab dem 18. April 2006, da seine Pflichtversicherung mit dem 17. April 2006 geendet habe. Die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende AU wegen der Zehenfraktur habe darüber hinaus keine AU mehr verursacht. Dies ergebe sich aus der Auskunft des Dr. von K ... Es stehe hingegen nicht fest, dass die Arthrose des rechten Großzehengrundgelenks, wegen der Dr. G. am 18. April 2006 AU bescheinigt habe, während des Zeitraums zuvor die AU mitbedingt habe. Dr. G. habe den Kläger erst ab dem 18. April 2006 behandelt. Hinzu komme, dass die Einschätzung des Dr. von K., wonach das Röntgenbild keine wesentliche Arthrose des Großzehengrundgelenks rechts gezeigt habe, mit den Feststellungen im Gutachten des MDK vom 6. Juli 2006 übereinstimme. Mit Ende der AU am 17. April 2006 habe mithin der Anspruch auf Krg geendet. Wegen der nach dem Ende der Pflichtversicherung bestehenden Familienversicherung habe auch kein nachgehender Leistungsanspruch mehr bestanden.

Hiergegen richtet sich die am 14. Juli 2009 beim LSG eingelegte Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, die Entscheidung des SG sei bereits deshalb gesetzeswidrig, da gegen die Schweigepflicht verstoßen worden sei und mithin auch Rechtsbeugung im Amt vorliege. Ihm sei angedroht worden, dass es ihm zum Nachteil gereiche, wenn er nicht alle Ärzte von der Schweigepflicht entbinde. Die Beklagte habe Beweise unterschlagen, die seine AU eindeutig belegten. Er sei nicht von einem unabhängigen Facharzt bzw Orthopäden begutachtet worden. Sein Krankheitsstand habe bereits am 29. Januar 2003 wegen Arthrose begonnen. Seither sei er arbeitsunfähig. Die Beklagte übe unzulässigerweise Druck auf die ihn behandelnden Ärzte aus. Auch sei er im September 2006 kurzfristig beschäftigt gewesen. Allerdings habe er diese Beschäftigung aufgrund von Schmerzen aufgeben müssen. Sein Arbeitgeber habe ihm aber erst zum 31. Dezember 2006 gekündigt. Zur weiteren Begründung hat der Kläger ua den Entlassungsbericht des Dr. J. vom 15. Juli 2003 (stationärer Aufenthalt in der M.-Klinik vom 25. Juni bis 16. Juli 2003), die Bescheidung über die Dauer der Mitgliedschaft/Familienversicherung der Beklagten vom 10. Dezember 2007 (Mitgliedschaft vom 1. Dezember 2002 bis 31. Dezember 2006) und den Auszahlschein des Dr. G. vom 10. Juli 2006 (letzter Tag der AU: 6. Juli 2006) vorgelegt.

Auf Antrag des Klägers und mit dem Einverständnis der Beklagten wurde das Verfahren zum Ruhen gebracht (Ruhensbeschluss vom 16. Dezember 2009). Am 31. Mai 2010 hat der Kläger das ruhende Verfahren wieder angerufen und darauf hingewiesen, dass er mittlerweile von der DRV Baden-Württemberg eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. August 2007 erhalte (Bescheid vom 21. Dezember 2009).

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juni 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 18. April 2006 bis 6. Juli 2006 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf den Inhalt ihres Widerspruchsbescheids.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der DRV Baden-Württemberg zum Verfahren beigezogen. Darin befindet sich ua das zur Senatsakte genommene Gutachten des Sozialmediziners Dr. S. vom 21. Oktober 2009, wonach der Kläger seinen Beruf als Fliesenleger nur noch unter drei Stunden täglich seit Rentenantragstellung (15. Juli 2007) ausüben könne. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne er jedoch noch unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogene Verwaltungsakte der DRV Baden-Württemberg und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 19. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2006 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Krg für den Zeitraum vom 18. April bis 6. Juli 2006, da er in dieser Zeit nicht (mehr) mit Anspruch auf Krg bei der Beklagten versichert war. Sein Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krg endete am 17. April 2006.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestimmt allein das bei Entstehen eines Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Krg hat (vgl BSG, Urteile vom 05. Mai 2009 - B 1 KR 20/08 R - und vom 02. November 2007 - B 1 KR 38/06 R -). Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V haben "Versicherte" Anspruch auf Krg, wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das Krg wird ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der AU an, gezahlt (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Der Anspruch auf Krg entsteht gemäß § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der AU voraus. Dem Attest des behandelnden Arztes mit der Feststellung der AU kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (BSG, Urteil vom 8. November 2005 - B 1 KR 18/04 R = SozR 4-2500 § 44 Nr 7). Die Voraussetzungen eines Krg-Anspruchs, also nicht nur die AU sondern auch die ärztliche Feststellung der AU, müssen bei zeitlich befristeter AU-Feststellung und dementsprechender Krg-Gewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 8/07 R = SozR 4-2500 § 44 Nr 12 mwN). Zudem muss der Versicherte die AU und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG, Urteil vom 8. November 2005 - B 1 KR 30/04 R = SozR 4-2500 § 46 Nr 1).

Vorliegend war der Kläger als Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - durchgeführt von der DRV Baden-Württemberg - ab dem 24. September 2005 bei der Beklagten versicherungspflichtiges Mitglied (§ 5 Abs 1 Nr 6 SGB V). Während der genannten Teilnahme bezog der Kläger auch Übergangsgeld von der DRV Baden-Württemberg, und zwar zuletzt ab dem 1. März 2006 in Höhe von kalendertäglich 39,68 EUR. Dies entnimmt der Senat den Bescheinigungen der DRV Baden-Württemberg vom 9. Februar 2006. Aufgrund des Bezugs von Übergangsgeld war der Krg-Anspruch des Klägers nicht nach § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Halbsatz 1 SGB V ausgeschlossen. Danach haben zwar nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V Versicherte keinen Anspruch auf Krg. Dies gilt aber nach § 44 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Halbsatz 2 SGB V nicht, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben. Dies war - wie bereits dargelegt - vorliegend der Fall. Der Maßstab für die Beurteilung AU ergibt sich allein aus dem Umfang des Versicherungsschutzes in dem jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krg vorliegt. Da der Kläger bei Eintritt der AU im Februar 2006 aufgrund des Übergangsgeldbezugs bei der Beklagten nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V mit Anspruch auf Krg versichert war, ist Maßstab für die AU die Fähigkeit zur Teilnahme an der laufenden Rehabilitationsmaßnahme (BSG, Urteil vom 19. September 2002 - B 1 KR 11/02 R = SozR 3-2500 § 44 Nr 10; Berchtold, Krankengeld, 1. Auflage 2004, Kapitel V Rdnr 426), denn es ist grundsätzlich der Versicherungsschutz maßgebend, der zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der AU besteht. Aufgrund der AU-Bescheinigungen bzw Auszahlscheine des Dr. K. folgt, dass der Kläger im Zeitraum vom 23. Februar bis 17. April 2006 wegen einer Grundgliedfraktur der linken Kleinzehe nicht in der Lage war, weiter an der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen, mithin AU vorlag. Die Beklagte hat dem Kläger daher zutreffend vom 23. Februar bis 17. April 2006 Krg gewährt.

Ab dem 18. April 2006 hatte der Kläger aber keinen Anspruch mehr auf Gewährung Krg. Denn er war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit einem Anspruch auf Krg bei der Beklagten versichert.

Unterbrechungen wegen AU wirken sich auf die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V solange nicht aus, als ein Anspruch auf Krg besteht, da hierdurch die Mitgliedschaft nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V erhalten bleibt (vgl hierzu Gerlach in Hauck-Noftz, Kommentar zum SGB V, § 5 Rdnr 314, Stand April 2009). Für den Krg-Anspruch ist dabei weder auf den Beginn der Krankheit noch auf den "wirklichen" Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern grundsätzlich auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen. Denn für die Fortsetzung des Mitgliedschaftsverhältnisses setzt § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V nicht Arbeitsunfähigkeit, sondern einen Anspruch auf Krg voraus, der seinerseits gemäß § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Feststellung entsteht (vgl BSG, Urteile vom 22. März 2005 - B 1 KR 22/04 R - und vom 08. November 2005 - B 1 KR 30/04 R -).

Vorliegend war der Kläger nur bis zum 17. April 2006 mit Anspruch auf Krg versichert, da der Versicherungsschutz nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V mit Ablauf der Krg-Zahlung am 17. April 2006 endete. Denn die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurden bereits am 6. März 2006 beendet (vgl Beendigungsmitteilung der DRV Baden-Württemberg vom 14. März 2007) und nur der Krg-Bezug bis zum 17. April 2006 führte gemäß § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V zur Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft bei der Beklagten.

Ein Krg-Anspruch des Klägers lässt sich ab dem 18. April 2006 nicht aus § 44 Abs 1, Abs 2 Satz 1 Nr 1 Halbsatz 2 SGB V iVm §§ 5 Abs 1 Nr 6, 47 Abs 4 Satz 2 SGB V herleiten (zur Zugehörigkeit des Klägers zum Kreis der Versicherten, die im Sinne von § 47 Abs 4 Satz 2 SGB V "nicht Arbeitnehmer" sind, BSG, Urteil vom 5. Mai 2006 - B 1 KR 16/08 R = SozR 4-2500 § 47 Nr 11). Denn eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V bestand zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, weil es an einem Tatbestand fehlt, der die Mitgliedschaft (weiter) verlängerte.

Nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange ein Anspruch auf Krg besteht oder diese Leistung in Anspruch genommen wird. Der Kläger bezog aber weder ab dem 18. April 2006 Krg, noch hatte er für diesen Tag Anspruch hierauf. Seine AU war entsprechend des Auszahlungsscheins von Dr. von K. vom 13. April 2006 bis 17. April 2006 befristet. Dr. von K. hat in dem genannten Auszahlschein ausdrücklich festgehalten, dass sich der Kläger am 13. April 2006 bei ihm vorgestellt habe und der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit der 17. April 2006 sei. Damit hat Dr. von K. seine bereits am 6. April 2006 gegenüber der Beklagten geäußerte Prognose, wonach Arbeitsfähigkeit voraussichtlich ab dem 18. April 2006 bestehen werde, bestätigt. Die von ihm bis 17. April 2006 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit basierte ausschließlich auf dem Umstand, dass sich der Kläger am 22. Februar 2006 seine linke Kleinzehe gebrochen hat. Dies entnimmt der Senat der Bescheinigung des Dr. von K. vom 13. Juni 2006, in der dieser zwar angegeben hat, dass der Kläger zwar (auch) wegen einer Arthrose des Großzehengrundgelenkes rechts mit antiflogistischen Maßnahmen behandelt wurde, er aber ausschließlich wegen des Bruchs der linken Kleinzehe AU war. Dies ergibt sich auch aus den Auskünften des Dr. von K. vom 16. Juni 2008 und 10. März 2009. Der Senat konnte diese Auskünfte auch verwerten, da der Kläger in seiner Erklärung vom 1. Mai 2008 (Bl 22 der SG-Akte) sämtliche Ärzte, die ihn untersucht oder behandelt haben, von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden hat. Darauf, dass er zuvor (am 27. November 2007) lediglich Dr. K. von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte, kommt es nicht an. Darüber hinaus war der Kläger im Klageverfahren auch anwaltlich vertreten und sein Prozessbevollmächtigter forderte mit Schreiben vom 28. März 2008 ausdrücklich eine erneute Übersendung des Formulars über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht an. Soweit das SG mit Schreiben vom 22. Januar 2008 darauf hingewiesen hatte, dass ohne die Erweiterung der Entbindungserklärung auf alle den Kläger im fraglichen Zeitraum behandelnden Ärzte eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht möglich sei, weist der Senat darauf hin, dass das SG hierdurch seiner gesetzlich normierten Aufklärungspflicht (§ 106 SGG) nachgekommen ist. Auch der Hinweis in der vom SG übersandten Entbindungserklärung auf den Umstand, dass bei einer Beschränkung der Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht "verfahrensrechtliche Nachteile" entstehen könnten, stellt lediglich einen Ausfluss der Hinweispflicht nach § 106 SGG dar. Denn ohne die Auskünfte der den Kläger im streitigen Zeitraum behandelnden Ärzte kann das Gericht unter Umständen nicht ermitteln, ob und aus welchem Grund AU vorlag.

Aus der - ebenfalls verwertbaren (vgl oben) - Auskunft des Dr. G. vom 16. Juni 2008 folgt des Weiteren, dass der Kläger erst am 18. April 2006 dort wegen der Arthrose im rechten Großzehengrundgelenk behandelt wurde. Diese Auskunft deckt sich mit der Telefonnotiz der Beklagten vom 27. April 2006, wonach der Kläger - laut Auskunft der Arzthelferin des Dr. G. - am 18. April 2006 das erste Mal im Jahr 2006 wegen der Arthrose im rechten Großzehengrundgelenk arbeitsunfähig war. Deshalb hat Dr. G. am 18. April 2006 auch eine "Erstbescheinigung" ausgestellt. Die Voraussetzungen des Krg-Anspruchs müssen aber - wie bereits dargestellt - bei zeitlich befristeter AU-Feststellung für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festgestellt werden. Aufgrund der Erstbescheinigung des Dr. G. vom 18. April 2006 konnte nach § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V ein Krg-Anspruch erst wieder am 19. April 2006 als lediglich nachgehender, nicht die Mitgliedschaft erhaltender Anspruch (§ 19 Abs 2 SGB V) entstehen. Nach § 19 Abs 2 SGB V besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Eine Versicherung nach § 10 SGB V hat Vorrang vor dem Leistungsanspruch nach Satz 1. Der Familienversicherung wird damit Vorrang vor den Ansprüchen nach § 19 Abs 2 Satz 2 SGB V eingeräumt. Nach § 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V sind ua die Ehegatten von Mitgliedern versichert, wenn diese Familienmitglieder nicht nach § 5 Abs 1 Nr 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert sind. Die Regelung trägt dem Grundsatz der Subsidiarität der Familienversicherung gegenüber der bestehenden eigenen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung Rechnung. Dies bedeutet, dass der Kläger, da er ab dem 18. April 2006 über seine Ehefrau nach § 10 SGB V (ohne Krg-Anspruch) familienversichert war, auch keinen aus § 19 Abs 2 SGB V abgeleiteten Krg-Anspruch ab dem 18. April 2006 hatte.

Ein Ausnahmefall, in dem die unterbliebene ärztliche Feststellung der AU ausnahmsweise - rückwirkend - nachgeholt werden kann, liegt im Fall des Klägers nicht vor (vgl hierzu zuletzt Senatsurteil vom 5. April 2011 - L 11 KR 2055/10). Insbesondere hinderten den Kläger nach den Umständen des Falles weder Handlungs- noch Geschäftsunfähigkeit, seine AU rechtzeitig vor Ablauf des 17. April 2006 feststellen zu lassen. Für den Senat sind keine Gründe ersichtlich und auch vom Kläger nicht vorgetragen, weshalb er nicht bereits am 17. April 2006, einem Montag, Dr. G. wegen der Arthrose im rechten Großzehengrundgelenk aufgesucht hat. Er hat damit nicht alles ihm zumutbare unternommen, eine rechtzeitige Feststellung der AU zu ermöglichen.

Da somit die Voraussetzungen für eine rückwirkende Feststellung der AU ab dem 17. April 2006 im Falle des Klägers nicht gegeben sind, bleibt es bei der gesetzlichen Folge, dass die Mitgliedschaft des Klägers als Pflichtversicherter nach § 5 Abs 1 Nr 6 SGB V mit dem Ende des Krg-Anspruchs am 17. April 2006 endete. Ein anderer Versicherungspflichttatbestand nach § 5 Abs 1 SGB V war ebenfalls nicht eingetreten, da der Kläger keine Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit bezog.

Lediglich klarstellend weist der Senat darauf hin, dass es sich bei der Mitgliedsbescheinigung der Beklagten vom 10. Dezember 2007 nicht um einen Verwaltungsakt handelt, mit dem Versicherungspflicht festgestellt wurde (vgl in diesem Zusammenhang BSG, Urteil vom 21. Mai 1996 - 12 RK 67/94 = SozR 3-2200 § 306 Nr 2 = juris Rdnr 21). Nach § 31 Satz 1 SGB X ist ua Voraussetzung für einen Verwaltungsakt, dass er zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts erlassen wird. Entscheidendes Merkmal der "Regelung" ist, ob die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, dh ob durch sie Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte mit Außenwirkung abgelehnt wird (BSG, aaO). Insoweit handelt es sich bei der Mitgliedsbescheinigung nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um schlichtes Verwaltungshandeln, aus dem keine Rechte abzuleiten sind (vgl hierzu Senatsurteil vom 1. März 2011 - L 11 KR 2278/09). Darüber hinaus wird in der Mitgliedsbescheinigung der Beklagten vom 10. Dezember 2007 auch nicht zwischen Zeiten der Pflichtmitgliedschaft und Zeiten der Familienversicherung differenziert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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