Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 32 KR 41/05
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 50/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. September 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, die Vergütungen ihrer Vorstandsmitglieder in ihrer Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen.
Die Klägerin ist eine bundesweit agierende Ersatzkasse. Sie veröffentlichte im Bundesanzeiger Nr. 41 vom 28. Februar 2004, S. 3770, die Höhe der jährlichen Vergütung ihrer Vorstandsmitglieder im Jahr 2004. Die Beklagte wies sie mit Schreiben vom 16. November 2004 darauf hin, dass sie gemäß § 35a Abs. 6 S. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) auch verpflichtet sei, die Vergütung ihres Vorstandes in der Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen, und dem bisher nicht nachgekommen sei. Sie forderte sie ferner auf, bis zum 10. Dezember 2004 verbindlich zu erklären, dass sie dies für das Jahr 2004 umgehend nachholen und in den Folgejahren jeweils zum 1. März vornehmen werde. Die Klägerin lehnte dies mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken ab. Mit Verpflichtungsbescheid vom 15. Dezember 2004 verpflichtete die Beklagte sie daraufhin, die Höhe der jährlichen Vergütung ihres Vorstandes einschließlich Nebenleistungen sowie die wesentlichen Versorgungsregelungen für das Jahr 2004 umgehend nach Erhalt des Bescheides sowie in den Folgejahren jeweils zum 1. März in ihrer Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 11. Januar 2005 erhobenen Klage gewandt. Sie hat vorgetragen, die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Vorstandsvergütung stelle einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar. Dieser sei nicht ge-rechtfertigt, weil er weder erforderlich noch zumutbar sei. Das gesetzgeberische Ziel, über die Vorstandsvergütungen Transparenz zu schaffen, sei bisher schon dadurch erreicht worden, dass die Aufsichtsbehörden Einsicht in die Vorstandsverträge erhielten. Die Grundsätze des Wirtschaftlichkeitsgebots würden bei den gesetzlichen Krankenkassen im Bereich der Vorstandsvergütungen eingehalten. Der Eingriff sei demgegenüber erheblich, da es sich um personenbezogene Daten handele, die Rückschlüsse auf die persönlichen Lebensverhältnisse der Vorstandsmitglieder ermöglichten. Die Offenlegung könne ange-sichts der wirtschaftlichen Lage und der Tendenz zu Missgunst oder Sozialneid gravie-rende Auswirkungen haben. Des Weiteren verstoße die Veröffentlichungspflicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht, und zwar sowohl gegen die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Warenverkehr (Amtsblatt Nr. L 281 vom 23. November 1995, S. 31-50) als auch gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 26. September 2008 – an die Beteiligten abgesandt am 4. November 2008 – abgewiesen und unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. Februar 2007 (B 1 A 3/06 R – Juris) sowie den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Februar 2008 (1 BvR 3255/07 – Juris) ausgeführt, dass ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht vorliege. Auch ein Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht sei nicht gegeben. Zwar sei der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK durch die Veröffentlichungspflicht betroffen. Der Eingriff sei jedoch nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, da nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf habe, über die Verwendung öffentlicher Gelder gerade auch im Bereich der Personalkosten informiert zu werden. Die Veröffentlichung der Vorstandsbezüge sei notwendig, um diese Transparenz zu erreichen, und durch mildere Mittel nicht herzustellen. Durch eine bloße Mitteilung der Vergütungshöhe an die Kontrollorgane könne dieser Zweck nicht erreicht werden.
Mit ihrer dagegen am 5. Dezember 2008 eingelegten Berufung macht die Klägerin nur noch einen Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht geltend. Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) und c) der Richtlinie 95/46/EG enthalte ein Zweckbindungsgebot für die Verarbeitung personenbezogener Daten und verbiete ihre Weiterverarbeitung für Zwecke, die der Zweckbindung entgegenliefen. Die Veröffentlichung der Vergütung des Vorstandes verstoße gegen dieses Zweckbindungsgebot, da die Klägerin die Höhe der Vorstandsvergütung zunächst allein zum Zweck der Gestaltung der internen Vertragsbeziehungen zwischen ihr und den Vorstandsmitgliedern speichere. Dagegen stünden hinter der von § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV verlangten Veröffentlichung vollkommen andere Zwecke. Neben den in den Gesetzesmaterialien genannten Zwecken der Transparenz und der Information der Beitragszahler bezwecke die Regelung, Druck auf die Höhe der Vorstandsvergütung auszuüben, um so eine Kostendämpfung zu erreichen. Die Veröffentlichung der Vorstandsvergütung sei daher eine Weiterverarbeitung, die mit der ursprünglichen Zweckbestimmung nicht vereinbar sei.
Die detaillierten Veröffentlichungen über Vergütungen der Vorstandsmitglieder seien für die in der Gesetzesbegründung genannten Zwecke auch weder erheblich noch erforderlich. Im Mittelpunkt der Gesetzesbegründung stehe die Intention, den Versicherten mit Hilfe der Veröffentlichung einen Vergleich zwischen verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen zu ermöglichen. Für einen solchen Vergleich seien aber andere nicht personenbezogene Daten, wie Kundenbetreuung, Service und Leistungsangebote, wesentlich wichtiger. Unter Umständen könne für einige besonders interessierte Versicherte auch die Kostenstruktur der Krankenkassen einschließlich der Höhe der Verwaltungskosten von Interesse sein. Im Rahmen der Verwaltungskosten sei die Vorstandsvergütung jedoch nur einer von mehreren Posten, die erst in der Summe beitragsrelevant seien. Durch die Veröffentlichung der Vorstandsvergütungen erhielten die Versicherten daher keine für die gesetzgeberischen Ziele erheblichen Informationen. Auch der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 20.05.2003 – C-465/00, C-138/01 und C-139/01 – Juris) gehe davon aus, dass die Veröffentlichung von Informationen über die Vergütung einzelner Personen gegen das Zweckbindungsgebot des Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Richtlinie 95/46/EG verstoße.
Der Eingriff sei nicht nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG gerechtfertigt. Die Ausführungen des Sozialgerichts könnten insoweit nicht überzeugen, da die Anforderungen dieser Vorschrift über die nach nationalem Verfassungsrecht durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung und auch über den Maßstab von Art. 8 EMRK deutlich hinausgingen. In Betracht komme allein eine Ausnahme nach Art. 13 Abs. 1 Buchstabe e) oder f) der Richtlinie 95/46/EG. Hinter der Veröffentlichungspflicht stehe aber kein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse eines Mitgliedstaates im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Buchstabe e) der Richtlinie 95/46/EG. Das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und der Beitragszahler sei für sich genommen kein wirtschaftliches oder finanzielles Interesse eines Mitgliedstaates. Auch die in der Gesetzesbegründung genannte Transparenz sei kein legitimer Selbstzweck. Schließlich sei auch das gesetzgeberische Interesse, Druck auf die Höhe der Vergütungen auszuüben, jedenfalls kein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse, da das Volumen der Vorstandsvergütungen gegenüber den Gesamtausgaben in der gesetzlichen Krankenkasse nur marginal und damit nicht spürbar sei.
Selbst wenn man dies anders beurteile, sei die Veröffentlichung der Vorstandsvergütungen aber nicht notwendig zur Reduzierung der Ausgaben oder zur Kostenkontrolle. Notwendigkeit in diesem Sinne sei ein höheres Maß des Gebotenseins als eine bloße Verhältnismäßigkeit und verlange ein dringendes Bedürfnis nach einer bestimmten Maßnahme, zu der es keine Alternative gebe. § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV sei aber zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, Druck auf die Höhe der Vorstandsvergütungen auszuüben, nicht einmal in spezifischer Weise geeignet, da bereits jetzt nicht in relevantem Umfang unangemessene Vergütungen gezahlt würden. Auch hinsichtlich des Ziels, den Versicherten einen Vergleich zwischen mehreren Krankenkassen zu ermöglichen, sei die Vorschrift nicht geeignet, da die Auswahlentscheidung eines Versicherten von anderen Faktoren als den Personalkosten abhänge.
Schließlich verstoße § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV auch gegen Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG. Diese Vorschrift enthalte einen abschließenden Katalog der Fälle einer zulässigen Verarbeitung personenbezogener Daten, wobei allein Art. 7 Buchstabe c) oder e) Richtlinie 95/46/EG hier in Betracht kämen. Art. 7 Buchstabe c) der Richtlinie 95/46/EG stelle darauf ab, ob die Datenverarbeitung für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich sei. Eine solche rechtliche Verpflichtung ergebe sich aber nicht aus § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV, da eine formale rechtliche Verpflichtung nicht ausreiche, wenn sie – wie hier – den Zielen der Richtlinie widerspreche. Im Übrigen handele es sich bei dem Begriff der Erforderlichkeit um einen autonomen Begriff des Gemeinschaftsrechts, der über den Begriff im Sinne des nationalen Verfassungsrechts und über die Anforderungen von Art. 8 EMRK hinausgehe. Aus dem gleichen Grund handele es sich auch nicht um eine Aufgabe im öffentlichen Interesse im Sinne von Art. 7 Buchstabe e) der Richtlinie 95/46/EG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. September 2008 und den Verpflichtungsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2004 aufzuheben, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und trägt vor, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts bestünden keine Zweifel an der Europarechtskonformität der angegriffenen Regelung. Es liege insbesondere kein Verstoß gegen Art. 6 und 7 der Richtlinie 95/46/EG vor. Denn entgegen den Ausführungen der Klägerin bestehe sehr wohl eine Ausnahme nach Art. 13 der Richtlinie 95/46/EG, da bei der Veröffentlichung von Vorstandsgehältern ein Fall der erforderlichen Kontrolle durch die Versichertengemeinschaft vorliege und diese Kontrolle wichtigen wirtschaftlichen und finanziellen Interessen des Mitgliedstaates diene. Ferner unterfalle die Erhebung personenbezogener Daten über das Einkommen eines Einzelnen zwar dem Anwendungsbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK. Der Eingriff sei jedoch gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, da er gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der Gesundheit oder der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sei. Die Information über die Vorstandsgehälter sei geeignet und erforderlich, die vom Gesetzgeber bezweckte Transparenz im Gesundheitswesen zu fördern. Sie stehe auch nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) Berufung ist unbegründet, da das Sozialgericht die gemäß § 54 Abs. 3 SGG zulässige Aufsichtsklage zu Recht abgewiesen hat. Der Verpflichtungsbescheid vom 15. Dezember 2004 rechtmäßig; die Beklagte hat damit ihr Aufsichtsrecht nicht überschritten.
Nach § 89 Abs. 1 S. 2 SGB IV konnte die Beklagte als zuständige Aufsichtsbehörde (§ 90 Abs. 1 S. 1 SGB IV) die Klägerin als Versicherungsträger nach der mit Schreiben vom 16. November 2004 durchgeführten erfolglosen Beratung (§ 89 Abs. 1 S. 1 SGB IV) dazu verpflichten, eine Rechtsverletzung zu beheben. Die Klägerin hat durch ihre Weigerung, die Vergütung ihres Vorstandes jährlich in ihrer Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen, eine solche Rechtsverletzung begangen, indem sie gegen § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV verstoßen hat. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Höhe der jährlichen Vergütungen der einzelnen Vorstandsmitglieder einer Ersatzkasse – wie der Klägerin – einschließlich Nebenleistungen sowie die wesentlichen Versorgungsregelungen in einer Übersicht jährlich zum 1. März, erstmalig zum 1. März 2004 im Bundesanzeiger und gleichzeitig, begrenzt auf die jeweilige Krankenkasse, in der Mitgliederzeitschrift der betreffenden Krankenkasse zu veröffentlichen sind. Dieser Verpflichtung hat die Klägerin nur teilweise entsprochen, indem sie die entsprechenden Angaben zwar im Bundesanzeiger Nr. 41 vom 28. Februar 2004, S. 3770, nicht aber in ihrer Mitgliederzeitschrift veröffentlicht hat. Sie hat sich mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 zudem geweigert, dies in Zukunft zu tun. Hierzu war die Klägerin nicht berechtigt.
Das Veröffentlichungsgebot im angefochtenen Bescheid entspricht, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, den gesetzlichen Vorgaben des § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV. Es verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.
Ein Verstoß gegen nationales Verfassungsrecht – den die Klägerin mit der Berufung allerdings auch nicht mehr geltend macht – liegt nicht vor. Insoweit nimmt der erkennende Senat Bezug auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 14. Februar 2007 (a.a.O.) und des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 25. Februar 2008 (a.a.O.) und schließt sich diesen an (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 08.11.2007 – L 16 KR 31/07 und L 16 KR 32/07; beide Juris).
§ 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV verstößt auch nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht (BSG, Urteil vom 14.02.2007, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008, a.a.O.), insbesondere nicht gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK. Hiernach dürfen Behörden nicht in die Ausübung des Rechts auf Achtung des Privatlebens eingreifen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.) ist der Schutzbereich dieser Vorschrift bei der Weitergabe von durch den Arbeitgeber gespeicherten Daten über die beruflichen Einkünfte einzelner berührt. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein solcher Eingriff aber zulässig, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Vorliegend ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen, nämlich durch § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV. Er ist auch in einer demokratischen Gesellschaft für das wirtschaftliche Wohl des Landes notwendig. Notwendig in diesem Sinne bedeutet, dass ein zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis bestehen und die Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten berechtigten Zweck stehen muss. Ein derartiges zwingendes Bedürfnis ist gegeben, da in einer demokratischen Gesellschaft die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf hat, über die Verwendung öffentlicher Gelder gerade im Bereich der Personalkosten informiert zu werden (EuGH, Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.). Die in § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV bestimmte Veröffentlichungspflicht dient der Erfüllung dieses Anspruchs, da sie nach dem Willen des Gesetzgebers dem Informationsbedürfnis der Beitragszahler und der Öffentlichkeit an dem Einsatz öffentlicher Mittel Rechnung tragen und den Versicherten die im Rahmen ihres Kassenwahlrechts notwendigen Informationen verschaffen soll (BT-Drs. 15/1525 S. 154). Zur Erreichung dieses Zwecks ist die Veröffentlichung der Vorstandsvergütungen in der Mitgliederzeitschrift geeignet, da die Versicherten hierdurch in leicht zugänglicher Weise die entsprechenden Informationen erhalten. Da der Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK bereits durch das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit gerechtfertigt ist, ist der Einwand der Klägerin, dass Informationen über die Vergütung der Vorstände die Kassenwahl der Versicherten nicht beeinflussen könnten, unerheblich. Darüber hinaus dürfte er allerdings auch nicht zutreffen, da der wirtschaftliche Umgang einer Krankenkasse mit ihren finanziellen Mitteln, zu dem auch die Höhe der gezahlten Vorstandsvergütungen gehört, bei der Auswahlentscheidung durchaus eine Rolle spielen wird.
Die Veröffentlichung steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck. Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.). hat hierzu ausgeführt, dass zu prüfen sei, ob der angestrebte Zweck ebenso wirksam durch ein milderes Mittel erreicht werden kann, und die Prüfung im Übrigen den nationalen Gerichten übertragen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist daher nicht ersichtlich, dass der Europäische Gerichtshof bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einen anderen oder strengeren Maßstab als im Rahmen der nach innerstaatlichem Verfassungsrecht durchzuführenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit anlegen würde (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008, a.a.O.).
Die Veröffentlichungspflicht ist erforderlich, da die vom Gesetzgeber gewollte Transparenz der Vorstandsbezüge nur durch deren Veröffentlichung hergestellt werden kann. Die von der Klägerin vorgeschlagene reine aufsichtsrechtliche Kontrolle der Vorstandsvergütungen stellt kein geeignetes milderes Mittel dar, da eine Information der Öffentlichkeit mit ihr gerade nicht erreicht wird. Auch eine Veröffentlichung der gesamten Verwaltungsausgaben ohne gesonderte Darstellung der Vorstandsvergütungen in den Mitgliederzeitschriften stellt kein ebenso wirksames Mittel dar, um die angestrebte Transparenz im Bereich der Personalkosten zu erreichen, da hier viele verschiedene Positionen zusammengefasst würden, ohne dass sich die Beitragszahler ein Bild über ihre Zusammensetzung machen könnten. Schließlich genügt auch die Veröffentlichung nur im Bundesanzeiger nicht zur Erreichung des angestrebten Ziels der Transparenz, da die Versicherten diesen üblicherweise nicht lesen.
Die angegriffene Regelung wahrt auch die Grenzen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Daten betreffen nicht die engere Privatsphäre, sondern den beruflichen Bereich, der von vornherein einen Bezug zur Öffentlichkeit aufweist. So wie es für den öffentlichen Dienst möglich ist, die Bezüge der Funktionsträger aus öffentlich zugänglichen Quellen weitgehend zu ermitteln, regelt § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV Ähnliches für die Funktionsträger bei gesetzlichen Krankenkassen. Auf der anderen Seite dient die angegriffene Regelung einem öffentlichen Belang von erheblichem Gewicht, nämlich dem Informationsbedürfnis der Beitragszahler und der Öffentlichkeit am Umgang mit öffentlichen Mitteln (BSG, Urteil vom 14.02.2007, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008, a.a.O.).
Auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) oder c) der Richtlinie 95/46/EG liegt nicht vor. Hiernach müssen personenbezogene Daten für festgelegte eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und dürfen nicht in einer mit diesen Zweckbestimmungen nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden (Buchstabe b). Sie müssen diesen Zwecken entsprechen, dafür erheblich sein und nicht darüber hinausgehen (Buchstabe c).
Die Weitergabe von durch den Arbeitgeber gespeicherten Daten über die Bezüge von Beschäftigten öffentlich-rechtlicher Institutionen stellt einen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) und c) der Richtlinie 95/46/EG dar (EuGH, Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.). Allerdings ist ein solcher Eingriff gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchstabe e) der Richtlinie 95/46/EG gerechtfertigt, wenn dies notwendig ist für ein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse eines Mitgliedstaates. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da die Veröffentlichungspflicht notwendig ist, um das Interesse der Beitragszahler an diesen Informationen zu befriedigen. Die Erfüllung dieses Informationsanspruchs ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.) in einer demokratischen Gesellschaft ein zwingendes Bedürfnis und stellt somit auch ein wichtiges wirtschaftliches Interesse des Mitgliedstaates dar. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht ersichtlich, inwieweit die Anforderungen an ein derartiges wichtiges Interesse noch über ein zwingendes Bedürfnis im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK hinausgehen könnten.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG vor. Hiernach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig, wenn sie für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt (Buchstabe c) oder wenn sie erforderlich ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, dem die Daten übermittelt wurden, übertragen wurde (Buchstabe e). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da die Verarbeitung der Daten – hier die Veröffentlichung – zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung aus § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV erforderlich ist und auch für die Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse erfolgt. Die Klägerin kann dem nicht entgegenhalten, dass die rechtliche Verpflichtung aus § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV hierfür nicht genüge, da sie den Zielen der Richtlinie widerspreche, da dies – wie ausgeführt – nicht der Fall ist. Ebenso wenig ist erkennbar, dass der Begriff der Erforderlichkeit in Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG höhere Anforderungen beinhaltet als die im Rahmen von Art. 8 Abs. 2 EMRK bereits geprüfte Notwendigkeit, für die bereits ein zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis sowie ein angemessenes Verhältnis zwischen Zweck und Maßnahme gefordert wird. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Erforderlichkeit das Fehlen einer Alternative verlange, wurde bereits dargestellt, dass mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen. Auch den von der Klägerin angeführten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Dezember 2008 (C-524/06 – Juris) und vom 9. November 2010 (C-92/09 und C-93/09 – Juris) lassen sich keine strengeren Anforderungen entnehmen.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, da dies eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage voraussetzen würde. Die hier zugrunde liegenden Rechtsfragen sind aber durch das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 14.02.2007, a.a.O.) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008, a.a.O.) bereits geklärt. Da der erkennende Senat diesen Entscheidungen gefolgt ist, besteht auch keine Divergenz im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG.
Der Senat konnte die hier entscheidungserheblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen auch ohne Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union entscheiden, da eine Vorlage nur in Betracht kommt, wenn die Auslegung von Gemeinschaftsrecht entscheidungserheblich ist und über diese Auslegung Zweifel bestehen. Derartige Zweifel bestehen nicht, wenn die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Normen bereits durch die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geklärt ist und das nationale Gericht sich bei seiner Entscheidung daran orientiert, wie es hier im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20. Mai 2003 (a.a.O.) der Fall ist.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, die Vergütungen ihrer Vorstandsmitglieder in ihrer Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen.
Die Klägerin ist eine bundesweit agierende Ersatzkasse. Sie veröffentlichte im Bundesanzeiger Nr. 41 vom 28. Februar 2004, S. 3770, die Höhe der jährlichen Vergütung ihrer Vorstandsmitglieder im Jahr 2004. Die Beklagte wies sie mit Schreiben vom 16. November 2004 darauf hin, dass sie gemäß § 35a Abs. 6 S. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) auch verpflichtet sei, die Vergütung ihres Vorstandes in der Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen, und dem bisher nicht nachgekommen sei. Sie forderte sie ferner auf, bis zum 10. Dezember 2004 verbindlich zu erklären, dass sie dies für das Jahr 2004 umgehend nachholen und in den Folgejahren jeweils zum 1. März vornehmen werde. Die Klägerin lehnte dies mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken ab. Mit Verpflichtungsbescheid vom 15. Dezember 2004 verpflichtete die Beklagte sie daraufhin, die Höhe der jährlichen Vergütung ihres Vorstandes einschließlich Nebenleistungen sowie die wesentlichen Versorgungsregelungen für das Jahr 2004 umgehend nach Erhalt des Bescheides sowie in den Folgejahren jeweils zum 1. März in ihrer Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 11. Januar 2005 erhobenen Klage gewandt. Sie hat vorgetragen, die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Vorstandsvergütung stelle einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar. Dieser sei nicht ge-rechtfertigt, weil er weder erforderlich noch zumutbar sei. Das gesetzgeberische Ziel, über die Vorstandsvergütungen Transparenz zu schaffen, sei bisher schon dadurch erreicht worden, dass die Aufsichtsbehörden Einsicht in die Vorstandsverträge erhielten. Die Grundsätze des Wirtschaftlichkeitsgebots würden bei den gesetzlichen Krankenkassen im Bereich der Vorstandsvergütungen eingehalten. Der Eingriff sei demgegenüber erheblich, da es sich um personenbezogene Daten handele, die Rückschlüsse auf die persönlichen Lebensverhältnisse der Vorstandsmitglieder ermöglichten. Die Offenlegung könne ange-sichts der wirtschaftlichen Lage und der Tendenz zu Missgunst oder Sozialneid gravie-rende Auswirkungen haben. Des Weiteren verstoße die Veröffentlichungspflicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht, und zwar sowohl gegen die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Warenverkehr (Amtsblatt Nr. L 281 vom 23. November 1995, S. 31-50) als auch gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 26. September 2008 – an die Beteiligten abgesandt am 4. November 2008 – abgewiesen und unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. Februar 2007 (B 1 A 3/06 R – Juris) sowie den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Februar 2008 (1 BvR 3255/07 – Juris) ausgeführt, dass ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht vorliege. Auch ein Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht sei nicht gegeben. Zwar sei der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK durch die Veröffentlichungspflicht betroffen. Der Eingriff sei jedoch nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, da nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf habe, über die Verwendung öffentlicher Gelder gerade auch im Bereich der Personalkosten informiert zu werden. Die Veröffentlichung der Vorstandsbezüge sei notwendig, um diese Transparenz zu erreichen, und durch mildere Mittel nicht herzustellen. Durch eine bloße Mitteilung der Vergütungshöhe an die Kontrollorgane könne dieser Zweck nicht erreicht werden.
Mit ihrer dagegen am 5. Dezember 2008 eingelegten Berufung macht die Klägerin nur noch einen Verstoß gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht geltend. Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) und c) der Richtlinie 95/46/EG enthalte ein Zweckbindungsgebot für die Verarbeitung personenbezogener Daten und verbiete ihre Weiterverarbeitung für Zwecke, die der Zweckbindung entgegenliefen. Die Veröffentlichung der Vergütung des Vorstandes verstoße gegen dieses Zweckbindungsgebot, da die Klägerin die Höhe der Vorstandsvergütung zunächst allein zum Zweck der Gestaltung der internen Vertragsbeziehungen zwischen ihr und den Vorstandsmitgliedern speichere. Dagegen stünden hinter der von § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV verlangten Veröffentlichung vollkommen andere Zwecke. Neben den in den Gesetzesmaterialien genannten Zwecken der Transparenz und der Information der Beitragszahler bezwecke die Regelung, Druck auf die Höhe der Vorstandsvergütung auszuüben, um so eine Kostendämpfung zu erreichen. Die Veröffentlichung der Vorstandsvergütung sei daher eine Weiterverarbeitung, die mit der ursprünglichen Zweckbestimmung nicht vereinbar sei.
Die detaillierten Veröffentlichungen über Vergütungen der Vorstandsmitglieder seien für die in der Gesetzesbegründung genannten Zwecke auch weder erheblich noch erforderlich. Im Mittelpunkt der Gesetzesbegründung stehe die Intention, den Versicherten mit Hilfe der Veröffentlichung einen Vergleich zwischen verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen zu ermöglichen. Für einen solchen Vergleich seien aber andere nicht personenbezogene Daten, wie Kundenbetreuung, Service und Leistungsangebote, wesentlich wichtiger. Unter Umständen könne für einige besonders interessierte Versicherte auch die Kostenstruktur der Krankenkassen einschließlich der Höhe der Verwaltungskosten von Interesse sein. Im Rahmen der Verwaltungskosten sei die Vorstandsvergütung jedoch nur einer von mehreren Posten, die erst in der Summe beitragsrelevant seien. Durch die Veröffentlichung der Vorstandsvergütungen erhielten die Versicherten daher keine für die gesetzgeberischen Ziele erheblichen Informationen. Auch der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 20.05.2003 – C-465/00, C-138/01 und C-139/01 – Juris) gehe davon aus, dass die Veröffentlichung von Informationen über die Vergütung einzelner Personen gegen das Zweckbindungsgebot des Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) der Richtlinie 95/46/EG verstoße.
Der Eingriff sei nicht nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG gerechtfertigt. Die Ausführungen des Sozialgerichts könnten insoweit nicht überzeugen, da die Anforderungen dieser Vorschrift über die nach nationalem Verfassungsrecht durchzuführende Verhältnismäßigkeitsprüfung und auch über den Maßstab von Art. 8 EMRK deutlich hinausgingen. In Betracht komme allein eine Ausnahme nach Art. 13 Abs. 1 Buchstabe e) oder f) der Richtlinie 95/46/EG. Hinter der Veröffentlichungspflicht stehe aber kein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse eines Mitgliedstaates im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Buchstabe e) der Richtlinie 95/46/EG. Das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und der Beitragszahler sei für sich genommen kein wirtschaftliches oder finanzielles Interesse eines Mitgliedstaates. Auch die in der Gesetzesbegründung genannte Transparenz sei kein legitimer Selbstzweck. Schließlich sei auch das gesetzgeberische Interesse, Druck auf die Höhe der Vergütungen auszuüben, jedenfalls kein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse, da das Volumen der Vorstandsvergütungen gegenüber den Gesamtausgaben in der gesetzlichen Krankenkasse nur marginal und damit nicht spürbar sei.
Selbst wenn man dies anders beurteile, sei die Veröffentlichung der Vorstandsvergütungen aber nicht notwendig zur Reduzierung der Ausgaben oder zur Kostenkontrolle. Notwendigkeit in diesem Sinne sei ein höheres Maß des Gebotenseins als eine bloße Verhältnismäßigkeit und verlange ein dringendes Bedürfnis nach einer bestimmten Maßnahme, zu der es keine Alternative gebe. § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV sei aber zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, Druck auf die Höhe der Vorstandsvergütungen auszuüben, nicht einmal in spezifischer Weise geeignet, da bereits jetzt nicht in relevantem Umfang unangemessene Vergütungen gezahlt würden. Auch hinsichtlich des Ziels, den Versicherten einen Vergleich zwischen mehreren Krankenkassen zu ermöglichen, sei die Vorschrift nicht geeignet, da die Auswahlentscheidung eines Versicherten von anderen Faktoren als den Personalkosten abhänge.
Schließlich verstoße § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV auch gegen Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG. Diese Vorschrift enthalte einen abschließenden Katalog der Fälle einer zulässigen Verarbeitung personenbezogener Daten, wobei allein Art. 7 Buchstabe c) oder e) Richtlinie 95/46/EG hier in Betracht kämen. Art. 7 Buchstabe c) der Richtlinie 95/46/EG stelle darauf ab, ob die Datenverarbeitung für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich sei. Eine solche rechtliche Verpflichtung ergebe sich aber nicht aus § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV, da eine formale rechtliche Verpflichtung nicht ausreiche, wenn sie – wie hier – den Zielen der Richtlinie widerspreche. Im Übrigen handele es sich bei dem Begriff der Erforderlichkeit um einen autonomen Begriff des Gemeinschaftsrechts, der über den Begriff im Sinne des nationalen Verfassungsrechts und über die Anforderungen von Art. 8 EMRK hinausgehe. Aus dem gleichen Grund handele es sich auch nicht um eine Aufgabe im öffentlichen Interesse im Sinne von Art. 7 Buchstabe e) der Richtlinie 95/46/EG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. September 2008 und den Verpflichtungsbescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2004 aufzuheben, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und trägt vor, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts bestünden keine Zweifel an der Europarechtskonformität der angegriffenen Regelung. Es liege insbesondere kein Verstoß gegen Art. 6 und 7 der Richtlinie 95/46/EG vor. Denn entgegen den Ausführungen der Klägerin bestehe sehr wohl eine Ausnahme nach Art. 13 der Richtlinie 95/46/EG, da bei der Veröffentlichung von Vorstandsgehältern ein Fall der erforderlichen Kontrolle durch die Versichertengemeinschaft vorliege und diese Kontrolle wichtigen wirtschaftlichen und finanziellen Interessen des Mitgliedstaates diene. Ferner unterfalle die Erhebung personenbezogener Daten über das Einkommen eines Einzelnen zwar dem Anwendungsbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK. Der Eingriff sei jedoch gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, da er gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zum Schutz der Gesundheit oder der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sei. Die Information über die Vorstandsgehälter sei geeignet und erforderlich, die vom Gesetzgeber bezweckte Transparenz im Gesundheitswesen zu fördern. Sie stehe auch nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) Berufung ist unbegründet, da das Sozialgericht die gemäß § 54 Abs. 3 SGG zulässige Aufsichtsklage zu Recht abgewiesen hat. Der Verpflichtungsbescheid vom 15. Dezember 2004 rechtmäßig; die Beklagte hat damit ihr Aufsichtsrecht nicht überschritten.
Nach § 89 Abs. 1 S. 2 SGB IV konnte die Beklagte als zuständige Aufsichtsbehörde (§ 90 Abs. 1 S. 1 SGB IV) die Klägerin als Versicherungsträger nach der mit Schreiben vom 16. November 2004 durchgeführten erfolglosen Beratung (§ 89 Abs. 1 S. 1 SGB IV) dazu verpflichten, eine Rechtsverletzung zu beheben. Die Klägerin hat durch ihre Weigerung, die Vergütung ihres Vorstandes jährlich in ihrer Mitgliederzeitschrift zu veröffentlichen, eine solche Rechtsverletzung begangen, indem sie gegen § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV verstoßen hat. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Höhe der jährlichen Vergütungen der einzelnen Vorstandsmitglieder einer Ersatzkasse – wie der Klägerin – einschließlich Nebenleistungen sowie die wesentlichen Versorgungsregelungen in einer Übersicht jährlich zum 1. März, erstmalig zum 1. März 2004 im Bundesanzeiger und gleichzeitig, begrenzt auf die jeweilige Krankenkasse, in der Mitgliederzeitschrift der betreffenden Krankenkasse zu veröffentlichen sind. Dieser Verpflichtung hat die Klägerin nur teilweise entsprochen, indem sie die entsprechenden Angaben zwar im Bundesanzeiger Nr. 41 vom 28. Februar 2004, S. 3770, nicht aber in ihrer Mitgliederzeitschrift veröffentlicht hat. Sie hat sich mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 zudem geweigert, dies in Zukunft zu tun. Hierzu war die Klägerin nicht berechtigt.
Das Veröffentlichungsgebot im angefochtenen Bescheid entspricht, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, den gesetzlichen Vorgaben des § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV. Es verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.
Ein Verstoß gegen nationales Verfassungsrecht – den die Klägerin mit der Berufung allerdings auch nicht mehr geltend macht – liegt nicht vor. Insoweit nimmt der erkennende Senat Bezug auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 14. Februar 2007 (a.a.O.) und des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 25. Februar 2008 (a.a.O.) und schließt sich diesen an (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 08.11.2007 – L 16 KR 31/07 und L 16 KR 32/07; beide Juris).
§ 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV verstößt auch nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht (BSG, Urteil vom 14.02.2007, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008, a.a.O.), insbesondere nicht gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK. Hiernach dürfen Behörden nicht in die Ausübung des Rechts auf Achtung des Privatlebens eingreifen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.) ist der Schutzbereich dieser Vorschrift bei der Weitergabe von durch den Arbeitgeber gespeicherten Daten über die beruflichen Einkünfte einzelner berührt. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein solcher Eingriff aber zulässig, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Vorliegend ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen, nämlich durch § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV. Er ist auch in einer demokratischen Gesellschaft für das wirtschaftliche Wohl des Landes notwendig. Notwendig in diesem Sinne bedeutet, dass ein zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis bestehen und die Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten berechtigten Zweck stehen muss. Ein derartiges zwingendes Bedürfnis ist gegeben, da in einer demokratischen Gesellschaft die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf hat, über die Verwendung öffentlicher Gelder gerade im Bereich der Personalkosten informiert zu werden (EuGH, Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.). Die in § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV bestimmte Veröffentlichungspflicht dient der Erfüllung dieses Anspruchs, da sie nach dem Willen des Gesetzgebers dem Informationsbedürfnis der Beitragszahler und der Öffentlichkeit an dem Einsatz öffentlicher Mittel Rechnung tragen und den Versicherten die im Rahmen ihres Kassenwahlrechts notwendigen Informationen verschaffen soll (BT-Drs. 15/1525 S. 154). Zur Erreichung dieses Zwecks ist die Veröffentlichung der Vorstandsvergütungen in der Mitgliederzeitschrift geeignet, da die Versicherten hierdurch in leicht zugänglicher Weise die entsprechenden Informationen erhalten. Da der Eingriff in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK bereits durch das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit gerechtfertigt ist, ist der Einwand der Klägerin, dass Informationen über die Vergütung der Vorstände die Kassenwahl der Versicherten nicht beeinflussen könnten, unerheblich. Darüber hinaus dürfte er allerdings auch nicht zutreffen, da der wirtschaftliche Umgang einer Krankenkasse mit ihren finanziellen Mitteln, zu dem auch die Höhe der gezahlten Vorstandsvergütungen gehört, bei der Auswahlentscheidung durchaus eine Rolle spielen wird.
Die Veröffentlichung steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck. Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.). hat hierzu ausgeführt, dass zu prüfen sei, ob der angestrebte Zweck ebenso wirksam durch ein milderes Mittel erreicht werden kann, und die Prüfung im Übrigen den nationalen Gerichten übertragen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist daher nicht ersichtlich, dass der Europäische Gerichtshof bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einen anderen oder strengeren Maßstab als im Rahmen der nach innerstaatlichem Verfassungsrecht durchzuführenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit anlegen würde (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008, a.a.O.).
Die Veröffentlichungspflicht ist erforderlich, da die vom Gesetzgeber gewollte Transparenz der Vorstandsbezüge nur durch deren Veröffentlichung hergestellt werden kann. Die von der Klägerin vorgeschlagene reine aufsichtsrechtliche Kontrolle der Vorstandsvergütungen stellt kein geeignetes milderes Mittel dar, da eine Information der Öffentlichkeit mit ihr gerade nicht erreicht wird. Auch eine Veröffentlichung der gesamten Verwaltungsausgaben ohne gesonderte Darstellung der Vorstandsvergütungen in den Mitgliederzeitschriften stellt kein ebenso wirksames Mittel dar, um die angestrebte Transparenz im Bereich der Personalkosten zu erreichen, da hier viele verschiedene Positionen zusammengefasst würden, ohne dass sich die Beitragszahler ein Bild über ihre Zusammensetzung machen könnten. Schließlich genügt auch die Veröffentlichung nur im Bundesanzeiger nicht zur Erreichung des angestrebten Ziels der Transparenz, da die Versicherten diesen üblicherweise nicht lesen.
Die angegriffene Regelung wahrt auch die Grenzen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Daten betreffen nicht die engere Privatsphäre, sondern den beruflichen Bereich, der von vornherein einen Bezug zur Öffentlichkeit aufweist. So wie es für den öffentlichen Dienst möglich ist, die Bezüge der Funktionsträger aus öffentlich zugänglichen Quellen weitgehend zu ermitteln, regelt § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV Ähnliches für die Funktionsträger bei gesetzlichen Krankenkassen. Auf der anderen Seite dient die angegriffene Regelung einem öffentlichen Belang von erheblichem Gewicht, nämlich dem Informationsbedürfnis der Beitragszahler und der Öffentlichkeit am Umgang mit öffentlichen Mitteln (BSG, Urteil vom 14.02.2007, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008, a.a.O.).
Auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) oder c) der Richtlinie 95/46/EG liegt nicht vor. Hiernach müssen personenbezogene Daten für festgelegte eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und dürfen nicht in einer mit diesen Zweckbestimmungen nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden (Buchstabe b). Sie müssen diesen Zwecken entsprechen, dafür erheblich sein und nicht darüber hinausgehen (Buchstabe c).
Die Weitergabe von durch den Arbeitgeber gespeicherten Daten über die Bezüge von Beschäftigten öffentlich-rechtlicher Institutionen stellt einen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) und c) der Richtlinie 95/46/EG dar (EuGH, Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.). Allerdings ist ein solcher Eingriff gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchstabe e) der Richtlinie 95/46/EG gerechtfertigt, wenn dies notwendig ist für ein wichtiges wirtschaftliches oder finanzielles Interesse eines Mitgliedstaates. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da die Veröffentlichungspflicht notwendig ist, um das Interesse der Beitragszahler an diesen Informationen zu befriedigen. Die Erfüllung dieses Informationsanspruchs ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 20.05.2003, a.a.O.) in einer demokratischen Gesellschaft ein zwingendes Bedürfnis und stellt somit auch ein wichtiges wirtschaftliches Interesse des Mitgliedstaates dar. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht ersichtlich, inwieweit die Anforderungen an ein derartiges wichtiges Interesse noch über ein zwingendes Bedürfnis im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK hinausgehen könnten.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG vor. Hiernach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig, wenn sie für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt (Buchstabe c) oder wenn sie erforderlich ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, dem die Daten übermittelt wurden, übertragen wurde (Buchstabe e). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, da die Verarbeitung der Daten – hier die Veröffentlichung – zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung aus § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV erforderlich ist und auch für die Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse erfolgt. Die Klägerin kann dem nicht entgegenhalten, dass die rechtliche Verpflichtung aus § 35a Abs. 6 S. 2 SGB IV hierfür nicht genüge, da sie den Zielen der Richtlinie widerspreche, da dies – wie ausgeführt – nicht der Fall ist. Ebenso wenig ist erkennbar, dass der Begriff der Erforderlichkeit in Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG höhere Anforderungen beinhaltet als die im Rahmen von Art. 8 Abs. 2 EMRK bereits geprüfte Notwendigkeit, für die bereits ein zwingendes gesellschaftliches Bedürfnis sowie ein angemessenes Verhältnis zwischen Zweck und Maßnahme gefordert wird. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Erforderlichkeit das Fehlen einer Alternative verlange, wurde bereits dargestellt, dass mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen. Auch den von der Klägerin angeführten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 16. Dezember 2008 (C-524/06 – Juris) und vom 9. November 2010 (C-92/09 und C-93/09 – Juris) lassen sich keine strengeren Anforderungen entnehmen.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, da dies eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage voraussetzen würde. Die hier zugrunde liegenden Rechtsfragen sind aber durch das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 14.02.2007, a.a.O.) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008, a.a.O.) bereits geklärt. Da der erkennende Senat diesen Entscheidungen gefolgt ist, besteht auch keine Divergenz im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG.
Der Senat konnte die hier entscheidungserheblichen gemeinschaftsrechtlichen Fragen auch ohne Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union entscheiden, da eine Vorlage nur in Betracht kommt, wenn die Auslegung von Gemeinschaftsrecht entscheidungserheblich ist und über diese Auslegung Zweifel bestehen. Derartige Zweifel bestehen nicht, wenn die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Normen bereits durch die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geklärt ist und das nationale Gericht sich bei seiner Entscheidung daran orientiert, wie es hier im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20. Mai 2003 (a.a.O.) der Fall ist.
Rechtskraft
Aus
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HAM
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