Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 490/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 5/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 240/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. November 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1966 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben von November 1983 bis Ende 1985 eine Berufsausbildung zum Koch absolviert, jedoch nicht erfolgreich abgeschlossen. Er war dann - unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit - bis November 1994 als Hilfsarbeiter und Fahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Von 1994 bis 2000 war er als selbstständiger Transportunternehmer tätig und entrichtete zeitweise freiwillige Beiträge. Im Anschluss an eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Paketfahrer war er nur noch geringfügig versicherungsfrei tätig mit Bezug von Sozialleistungen; seit Januar 2005 erhält er Arbeitslosengeld II.
Der erste Rentenantrag des Klägers, begründet mit Bandscheibenleiden, Herzrhythmusstörungen und allergischen Beschwerden, datiert vom 26. November 2001. Der von der Beklagten beauftragte Dr. R. stellte fest, der Kläger könne noch 6 Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten verrichten. Der Antrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 14. Januar 2002 abgelehnt. Ein hiergegen erhobener Widerspruch wurde vom Kläger zurückgenommen.
Mit Antrag vom 11. April 2003 begehrte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. D. vom 14. Juli 2003 ein. Dieser diagnostizierte ein chronisches pseudoradikuläres Cervikal- und Lumbalsyndrom bei nur altersentsprechenden degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, einen alten verkalkten Bandscheibenprolaps L 4/L 5 links betont, einen Bandscheibenprolaps mediolateral rechts betont L 5/S 1, ein chronisches Impingementsyndrom beider Schultergelenke, eine Supraspinatussehnenverkalkung linksseitig, ein femoropatelläres Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Chondropathia patellae ohne Reizzustände sowie ein beginnendes Ulcus ulnaris-Syndrom rechtsseitig. Der Kläger könne noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten vollschichtig verrichten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. August 2003 ab, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei. Ein hiergegen erhobener Widerspruch wurde mit bestandskräftig gewordenem Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2003 zurückgewiesen.
Auf den weiteren Rentenantrag des Klägers vom 17. Oktober 2005 hin holte die Beklagte ein allgemeinmedizinisches Gutachten von Dr. L. vom 6. Dezember 2005 ein, der die von Dr. D. gestellten Diagnosen im Wesentlichen bestätigte und dem Kläger ebenfalls noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigte.
Der gegen den daraufhin ergangenen Ablehnungsbescheid vom 19. Dezember 2005 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2006 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) unter dem Az. S 3 R 456/06) mit der Begründung, seine Leistungsfähigkeit sei aufgrund einer Fibromyalgie und einer Reihe von Folgeerkrankungen (Konzentrations-, Schlafstörungen, Migräne, Tinnitus, Magen-Darm-Störungen) erheblich eingeschränkt. Das SG holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. Z. vom 13. März 2007 ein. Dieser erklärte, die von Dr. D. festgestellten Diagnosen seien grundsätzlich richtig, führend sei mittlerweile jedoch ein generalisiertes Ganzkörperschmerzsyndrom (Fibromyalgie). Der Kläger sei dennoch für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig mit den gesetzlich vorgesehenen Arbeitspausen einsetzbar. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B. vom 7. November 2007 einschließlich eines testpsychologischen Gutachtens des Diplom-Psychologen K. ein. Dr. B. stellte beim Kläger ein Ganzkörperschmerzsyndrom (zu werten als somatoforme Störung), ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperationen 1990 und 2000 (LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1) mit radikulärer sensibler Beteiligung rechts, ein chronisch rezidivierendes Zervicobrachialsyndrom ohne neurologisches Defizit sowie einen Alkoholmissbrauch (glaubhaft abstinent) fest. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden und mehr leichte Arbeiten verrichten. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück.
Mit streitgegenständlichem Antrag vom 14. März 2008 begehrte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Diese lehnte nach Beiziehung eines Befundberichts des Internisten Dr. S. den Antrag mit angefochtenem Bescheid vom 30. April 2008 ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger erneut auf das Vorliegen einer Fibromyalgie. Hierbei handele es sich um die Haupterkrankung des Klägers. Der Kläger habe fast jeglichen sozialen Kontakt verloren und nehme nicht mehr am sozialen Leben teil. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2008 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG unter dem Az. S 3 R 490/08 erhoben. Er sei nicht in der Lage, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen. Das SG hat einen Befundbericht des Internisten Dr. C. beigezogen und gemäß § 109 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von Dr. G. vom 22. Juni 2009. Dieser hat beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Gastrointestinaltraktes, des respiratorischen und des kardiovaskulären Systems festgestellt. Der Kläger könne seit Rentenantragstellung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch 3 bis unter 6 Stunden täglich erwerbstätig sein. Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 25. November 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die gutachterlichen Feststellungen von Dr. Z. und Dr. B. und die Aussage des Hausarztes Dr. C. hingewiesen, wonach sich keine wesentlichen Änderungen ergeben hätten. Dem Gutachten von Dr. G. sei nicht zu folgen. Aus ihm sei nicht zu entnehmen, dass Dr. G. neue oder andere leistungsrelevante Erkenntnisse gewonnen hätte. Auch dieser habe festgestellt, dass eine wesentliche Befundänderung nicht eingetreten sei. Dem Kläger sei auch zumutbar, im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten die Behandlungsmöglichkeiten auf psychiatrischem/psychotherapeutischem Gebiet auszuschöpfen. Von Dr. B. und Dr. G. seien Vorschläge zur Durchführung einer stationären psychosomatischen bzw. psychotherapeutischen Behandlung gemacht worden.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung hat der Kläger sein Begehren im Wesentlichen mit der Begründung weiterverfolgt, er sei im Rahmen der ihm zumutbaren Willensanstrengung nicht in der Lage, die vom SG aufgezeigten Behandlungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Der Senat hat die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Schwaben (Grad der Behinderung - GdB - 50) sowie einen Befundbericht des Ärztezentrums W. beigezogen. Er hat gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch ein nervenärztliches Gutachten von Dr. E. und ein orthopädisches Gutachten von Dr. F. sowie gemäß § 109 SGG durch ein sozialmedizinisches Gutachten von Dr. Dr. D ...
Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 27. Juli 2010 festgestellt, dass beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine somatoforme autonome Funktionsstörung des oberen und unteren Verdauungssystems, eine essenzielle arterielle Hypertonie sowie multiple degenerative Erkrankungen der Lendenwirbelsäule, der Halswirbelsäule sowie der Schultergelenke vorliegen. Der Kläger könne aus nervenärztlicher Sicht noch 6 Stunden und mehr täglich sämtliche Arbeiten in jeder Körperhaltung im Freien und in geschlossenen Räumen mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen verrichten. Es seien auch Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, mit Publikumsverkehr, in Wechselschicht und bei Nacht möglich. Es bestehe Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Allerdings sollte der Kläger aufgrund seiner eingeschränkten Persönlichkeitsstruktur hier nicht überfordert werden.
Dr. F. hat beim Kläger in seinem Gutachten vom 27. August 2010 folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert:
1. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom bei lumbosacraler Übergangsstörung und vier freien Lendenwirbelkörpern, bekannte Bandscheibenvorfälle L 4 bis S 1 ohne neurologische Ausfallssymptomatik, lumbosacral betonte Spondylarthrose, geringe Spondylochondrose der Brustwirbelsäule bei Kyphoskoliose bei Morbus Scheuermann, Zervikalsyndrom
2. Beginnende Coxarthrose links stärker als rechts
3. Hypertrophe Schultereckgelenksarthrose beidseits, Tendinosis calcarea links, Bursitis subacromialis rechts
4. Beginnender Hallux rigidus beidseits
5. Knorpelschäden Kniegelenke beidseits bei Patelladysplasie beidseits.
Der Kläger könne noch leichte und mittelschwere Arbeiten gehend, stehend und sitzend sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen von schweren Lasten, Arbeiten aus ungünstigen wirbelsäulenbelastenden Positionen heraus, stark kniebelastende Tätigkeiten sowie kraftvolle Überkopfarbeiten. Eine wesentliche Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht.
Dr. Dr. D. hat beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Fibromyalgiesyndrom (generalisiertes Schmerzsyndrom, Stadium III nach dem Mainzer Stadienmodell der Schmerzchronifizierung)
2. akute Ischialgie links
3. essenzielle arterielle Hypertonie
4. Hyperurikämie
5. Hypercholesterinämie
6. Funktionsstörungen des oberen und unteren Verdauungssystems
7. Insektenstichallergie auf Biene und Wespe
8. Rezidivierende tachykarde Herzrhythmusstörungen
9. Parästhesien der Zehen beider Füße
10. Zustand nach Operation eines abszedierenden Sinus pilonidalis
11. Nikotinabusus
12. Mäßiger Alkoholabusus
13. Somatisierungsstörung
14. Somatoforme Schmerzstörung
15. Hypochondrische Ängste mit der Ausprägung einer mäßiggradigen (klinisch relevanten) depressiven Symptomatik, Alexitymie und Zahnarztphobie
16. orthopädische Diagnosen entsprechend Gutachten von Dr. F ...
Hinzu gekommen sei ein Zustand nach Operation eines abszedierenden Sinus pilonidalis
sowie die Zahnarztphobie. Der Kläger könne nur noch leichte Arbeiten im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen (überwiegend sitzend) 3 bis unter 6 Stunden arbeitstäglich durchführen.
Die Beklagte hat hierzu mit Schreiben vom 11. März 2011 Stellung genommen. Nach Einschätzung des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten könne der Kläger nach wie vor 6 Stunden täglich angepasste Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 25. November 2009 und des Bescheids der Beklagten vom 30. April 2008 in
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 30. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI zu. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI kommt von vornherein nicht in Betracht, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (vgl. § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Für den Senat steht aufgrund der überzeugenden Gutachten von Dr. E. und Dr. F. fest, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden täglich zumindest leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten kann. Das hiervon abweichende Gutachten von Dr. Dr. D. konnte den Senat nicht überzeugen.
Im Vordergrund stehen beim Kläger die Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem und auf orthopädischem Fachgebiet.
Bei der Untersuchung durch Dr. E. fanden sich beim Kläger auf neurologischem Fachgebiet keine wesentlichen Störungen. Eine Wurzelreizsymptomatik liegt bei ihm nicht vor, Lähmungserscheinungen treten beim Kläger nicht auf. In psychiatrischer Hinsicht war der Kläger auffällig aufgrund einer phobischen Symptomatik in Bezug auf den Besuch eines Zahnarztes sowie die Verabreichung von Strom. Darüber hinaus liegt beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Betroffenheit verschiedener Gelenke (Zehen, Knie beidseits, beide Hüften, beide Schultern, Halswirbelsäule, beide Ellbogengelenke und beide Hände) vor. Eine organisch fassbare Ursache konnte der erfahrene Sachverständige hierfür nicht feststellen. Auffallend ist auch, dass dem Kläger insoweit über Jahre hinweg eine psychiatrische Therapie empfohlen worden, diese von ihm jedoch stets abgelehnt worden ist. Dies spricht gegen einen erheblichen Leidensdruck ebenso wie der Umstand, dass der Kläger sich nur einer niedrig dosierten und auch nur bedarfsweise angewandten Schmerztherapie unterzieht. Eine kontinuierliche schmerztherapeutische Versorgung findet nicht statt. Dies spricht dafür, dass das Schmerzerleben eher leicht bis maximal mittelgradig einzustufen ist.
Rentenrelevante kognitive Störungen liegen beim Kläger nicht vor. Dies ergaben die von Dr. E. umfangreich durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen.
Auch bei der Untersuchung durch Dr. F. befand sich der Kläger nur in einem etwas reduzierten Allgemein- bei normalem Ernährungszustand. Die allgemeinärztliche Untersuchung durch Dr. F. erbrachte keine wesentlichen Auffälligkeiten. Haut und sichtbare Schleimhäute waren gut durchblutet, ein Ikterus oder eine Zyanose fanden sich bei Fehlen allgemeiner Gewebswassereinlagerungen nicht. Der Tonus der peripheren Muskulatur war normal. Bei der Untersuchung der Wirbelsäule zeigte sich ein Beckengeradstand bei physiologischer Rückenform und normalen Schwingungsverhältnissen. Eine Druckschmerzhaftigkeit zeigte sich nur über der paravertebralen Muskulatur, nicht jedoch über den Dornfortsätzen der Wirbelsäule. Die Halswirbelsäule war in allen Freiheitsgraden frei beweglich. Das Vornüberneigen der Brust- und Lendenwirbelsäule gelang dem Kläger zügig. Beim Wiederaufrichten aus der Vorneige bedurfte der Kläger nicht der Zuhilfenahme der Arme. Der neuroorthopädische Status war ohne wesentliche Auffälligkeiten. Das Zeichen nach Laségue war beidseits negativ. Den Langsitz konnte der Kläger einnehmen. Die Reflexe waren mittellebhaft auslösbar.
An den oberen Extremitäten zeigten sich keine Muskelathropien, keine Weichteilschwellungen oder Ergussbildungen. Die Funktionsgriffe der Schulter (Überkopf-, Nacken- und Schürzengriff) konnte der Kläger beidseits frei durchführen. Die grobe Kraft war rechts und links klinisch nicht gemindert. Die Schultergelenke waren bandstabil, die Impingementzeichen negativ. Dem Kläger gelang eine kraftvolle Abduktion auch gegen Widerstand. Er zeigte sich nur ein diskreter oberer Schmerzbogen über beiden Schultergelenken. An den Unterarmen konnte Dr. F. eine seitengleich und regelgerecht kräftig ausgebildete Muskulatur feststellen. Die Beweglichkeit der Ellbogengelenke war nicht eingeschränkt. Auch die Hände waren seitengleich normal beschwielt. Eine Kraftminderung zeigte sich nicht. Die Handgelenke waren frei beweglich, eine Arthropie der Handbinnenmuskulatur liegt nicht vor. Die Funktionsgriffe (Faustschluss, Schlüssel-/Spitzgriff) gelangen dem Kläger vollständig. Die Gelenke der unteren Extremitäten sind beim Kläger regelgerecht konturiert bei normal ausgebildeter Muskulatur der Ober- und Unterschenkel. Die Hüftgelenksbeweglichkeit war frei. Druck-, Klopf- oder Stauchungsschmerzen traten bei der Untersuchung durch Dr. F. nicht auf. Auch an den Kniegelenken fand sich keine Schwellung oder Ergussbildung. Das Zeichen nach Zohlen war beidseits negativ, die Bandführung stabil bei negativen Meniskuszeichen. Auch an den Sprunggelenken und Füßen war die Beweglichkeit nicht eingeschränkt. Die Beschwielung der Fußsohlen war seitengleich normal ausgeprägt. Das Gangbild des Klägers war bei Verwendung von Konfektionsschuhwerk hinkfrei. Auf die Benutzung von Gehhilfen ist der Kläger nicht angewiesen.
Hieraus haben Dr. E. und Dr. F. für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers nicht begründbar ist. Der hiervon abweichenden Einschätzung von Dr. Dr. D. folgt der Senat nicht. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass Dr. Dr. D. keinen wesentlich anderen Befund erhoben hat wie die Vorgutachter. Auch bei der Untersuchung durch Dr. Dr. D. war der Kläger in einem normalgewichtigem Ernährungszustand und gutem Allgemeinzustand. Die neurologische Untersuchung ergab keine Auffälligkeiten. Abgesehen von den Einschränkungen durch eine akute Ischialgie zeigten sich auch keine Abweichungen in den gemessenen Bewegungsausmaßen.
Seine abweichende Einschätzung begründet Dr. Dr. D. allein mit dem Hinweis auf das Fibromyalgiesyndrom. Bei der kontinuierlichen Durchführung von Arbeiten ergebe sich aufgrund vorzeitiger geistiger und körperlicher Ermüdbarkeit und Erschöpfbarkeit
(Fatigue-Symptomatik) bei fehlenden eigenen Kompensationsmöglichkeiten eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit. Diese Einschätzung beruht allerdings allein auf den diesbezüglichen Angaben des Klägers im Rahmen der von Dr. Dr. D. durchgeführten Testungen. Ein kritisches Hinterfragen der Angaben des Klägers ist jedoch unterblieben. So setzt sich Dr. Dr. D. in keiner Weise damit auseinander, dass der Kläger sich nur in nur äußerst unzureichender Weise therapeutischen Bemühungen unterzieht, seine Ganzkörperschmerzen zu behandeln. Auch ist nicht erklärlich, warum der Kläger trotz seiner vorzeitigen Ermüdbarkeit und Erschöpfbarkeit in der Lage ist, einen Tag von 8:15 Uhr bis 1.00 Uhr zu bewältigen, in dessen Verlauf er Blumen gießt, sein Mittagessen zubereitet, fernsieht, Reparaturarbeiten bei seiner Vermieterin durchführt, sich bei seinen Eltern auf die gutachterliche Untersuchung vorbereitet und anschließend ausgiebig fernsieht. Wer einen derartigen Tagesablauf bewältigt, ist auch in der Lage, mindestens 6 Stunden am Tag leichte Arbeiten zu verrichten.
Der Senat teilt uneingeschränkt die durch Nachweise in der medizinischen Literatur belegte Auffassung der Beklagten, dass die Fibromyalgie, der eine organisch nicht fassbare Erkrankung zu Grunde liegt, nicht per se eine Berentungsdiagnose darstellt (vgl. auch BayLSG, Urteil vom 6. Oktober 2010, Az. L 13 R 253/09, in juris). Schonung und Entpflichtung im Alltags- und Berufsleben sind eher kontraproduktiv, während eine adäquate Eingliederung in eine angepasste Arbeit fibromyalgie-typische Beschwerden tendenziell eher günstig beeinflusst.
Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihm liegen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, durch die für den Kläger der Arbeitsmarkt verschlossen wäre. Insbesondere besteht keine Einschränkung der Wegefähigkeit.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§§ 183,193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1966 geborene Kläger hat nach seinen eigenen Angaben von November 1983 bis Ende 1985 eine Berufsausbildung zum Koch absolviert, jedoch nicht erfolgreich abgeschlossen. Er war dann - unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit - bis November 1994 als Hilfsarbeiter und Fahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Von 1994 bis 2000 war er als selbstständiger Transportunternehmer tätig und entrichtete zeitweise freiwillige Beiträge. Im Anschluss an eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Paketfahrer war er nur noch geringfügig versicherungsfrei tätig mit Bezug von Sozialleistungen; seit Januar 2005 erhält er Arbeitslosengeld II.
Der erste Rentenantrag des Klägers, begründet mit Bandscheibenleiden, Herzrhythmusstörungen und allergischen Beschwerden, datiert vom 26. November 2001. Der von der Beklagten beauftragte Dr. R. stellte fest, der Kläger könne noch 6 Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten verrichten. Der Antrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 14. Januar 2002 abgelehnt. Ein hiergegen erhobener Widerspruch wurde vom Kläger zurückgenommen.
Mit Antrag vom 11. April 2003 begehrte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. D. vom 14. Juli 2003 ein. Dieser diagnostizierte ein chronisches pseudoradikuläres Cervikal- und Lumbalsyndrom bei nur altersentsprechenden degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, einen alten verkalkten Bandscheibenprolaps L 4/L 5 links betont, einen Bandscheibenprolaps mediolateral rechts betont L 5/S 1, ein chronisches Impingementsyndrom beider Schultergelenke, eine Supraspinatussehnenverkalkung linksseitig, ein femoropatelläres Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Chondropathia patellae ohne Reizzustände sowie ein beginnendes Ulcus ulnaris-Syndrom rechtsseitig. Der Kläger könne noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten vollschichtig verrichten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. August 2003 ab, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei. Ein hiergegen erhobener Widerspruch wurde mit bestandskräftig gewordenem Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2003 zurückgewiesen.
Auf den weiteren Rentenantrag des Klägers vom 17. Oktober 2005 hin holte die Beklagte ein allgemeinmedizinisches Gutachten von Dr. L. vom 6. Dezember 2005 ein, der die von Dr. D. gestellten Diagnosen im Wesentlichen bestätigte und dem Kläger ebenfalls noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigte.
Der gegen den daraufhin ergangenen Ablehnungsbescheid vom 19. Dezember 2005 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2006 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) unter dem Az. S 3 R 456/06) mit der Begründung, seine Leistungsfähigkeit sei aufgrund einer Fibromyalgie und einer Reihe von Folgeerkrankungen (Konzentrations-, Schlafstörungen, Migräne, Tinnitus, Magen-Darm-Störungen) erheblich eingeschränkt. Das SG holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. Z. vom 13. März 2007 ein. Dieser erklärte, die von Dr. D. festgestellten Diagnosen seien grundsätzlich richtig, führend sei mittlerweile jedoch ein generalisiertes Ganzkörperschmerzsyndrom (Fibromyalgie). Der Kläger sei dennoch für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig mit den gesetzlich vorgesehenen Arbeitspausen einsetzbar. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B. vom 7. November 2007 einschließlich eines testpsychologischen Gutachtens des Diplom-Psychologen K. ein. Dr. B. stellte beim Kläger ein Ganzkörperschmerzsyndrom (zu werten als somatoforme Störung), ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperationen 1990 und 2000 (LWK 4/5 und LWK 5/SWK 1) mit radikulärer sensibler Beteiligung rechts, ein chronisch rezidivierendes Zervicobrachialsyndrom ohne neurologisches Defizit sowie einen Alkoholmissbrauch (glaubhaft abstinent) fest. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden und mehr leichte Arbeiten verrichten. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück.
Mit streitgegenständlichem Antrag vom 14. März 2008 begehrte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Diese lehnte nach Beiziehung eines Befundberichts des Internisten Dr. S. den Antrag mit angefochtenem Bescheid vom 30. April 2008 ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger erneut auf das Vorliegen einer Fibromyalgie. Hierbei handele es sich um die Haupterkrankung des Klägers. Der Kläger habe fast jeglichen sozialen Kontakt verloren und nehme nicht mehr am sozialen Leben teil. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2008 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum SG unter dem Az. S 3 R 490/08 erhoben. Er sei nicht in der Lage, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen. Das SG hat einen Befundbericht des Internisten Dr. C. beigezogen und gemäß § 109 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von Dr. G. vom 22. Juni 2009. Dieser hat beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Gastrointestinaltraktes, des respiratorischen und des kardiovaskulären Systems festgestellt. Der Kläger könne seit Rentenantragstellung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch 3 bis unter 6 Stunden täglich erwerbstätig sein. Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 25. November 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die gutachterlichen Feststellungen von Dr. Z. und Dr. B. und die Aussage des Hausarztes Dr. C. hingewiesen, wonach sich keine wesentlichen Änderungen ergeben hätten. Dem Gutachten von Dr. G. sei nicht zu folgen. Aus ihm sei nicht zu entnehmen, dass Dr. G. neue oder andere leistungsrelevante Erkenntnisse gewonnen hätte. Auch dieser habe festgestellt, dass eine wesentliche Befundänderung nicht eingetreten sei. Dem Kläger sei auch zumutbar, im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten die Behandlungsmöglichkeiten auf psychiatrischem/psychotherapeutischem Gebiet auszuschöpfen. Von Dr. B. und Dr. G. seien Vorschläge zur Durchführung einer stationären psychosomatischen bzw. psychotherapeutischen Behandlung gemacht worden.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung hat der Kläger sein Begehren im Wesentlichen mit der Begründung weiterverfolgt, er sei im Rahmen der ihm zumutbaren Willensanstrengung nicht in der Lage, die vom SG aufgezeigten Behandlungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Der Senat hat die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Schwaben (Grad der Behinderung - GdB - 50) sowie einen Befundbericht des Ärztezentrums W. beigezogen. Er hat gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch ein nervenärztliches Gutachten von Dr. E. und ein orthopädisches Gutachten von Dr. F. sowie gemäß § 109 SGG durch ein sozialmedizinisches Gutachten von Dr. Dr. D ...
Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 27. Juli 2010 festgestellt, dass beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine somatoforme autonome Funktionsstörung des oberen und unteren Verdauungssystems, eine essenzielle arterielle Hypertonie sowie multiple degenerative Erkrankungen der Lendenwirbelsäule, der Halswirbelsäule sowie der Schultergelenke vorliegen. Der Kläger könne aus nervenärztlicher Sicht noch 6 Stunden und mehr täglich sämtliche Arbeiten in jeder Körperhaltung im Freien und in geschlossenen Räumen mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen verrichten. Es seien auch Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, mit Publikumsverkehr, in Wechselschicht und bei Nacht möglich. Es bestehe Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit. Allerdings sollte der Kläger aufgrund seiner eingeschränkten Persönlichkeitsstruktur hier nicht überfordert werden.
Dr. F. hat beim Kläger in seinem Gutachten vom 27. August 2010 folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert:
1. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom bei lumbosacraler Übergangsstörung und vier freien Lendenwirbelkörpern, bekannte Bandscheibenvorfälle L 4 bis S 1 ohne neurologische Ausfallssymptomatik, lumbosacral betonte Spondylarthrose, geringe Spondylochondrose der Brustwirbelsäule bei Kyphoskoliose bei Morbus Scheuermann, Zervikalsyndrom
2. Beginnende Coxarthrose links stärker als rechts
3. Hypertrophe Schultereckgelenksarthrose beidseits, Tendinosis calcarea links, Bursitis subacromialis rechts
4. Beginnender Hallux rigidus beidseits
5. Knorpelschäden Kniegelenke beidseits bei Patelladysplasie beidseits.
Der Kläger könne noch leichte und mittelschwere Arbeiten gehend, stehend und sitzend sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen von schweren Lasten, Arbeiten aus ungünstigen wirbelsäulenbelastenden Positionen heraus, stark kniebelastende Tätigkeiten sowie kraftvolle Überkopfarbeiten. Eine wesentliche Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht.
Dr. Dr. D. hat beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Fibromyalgiesyndrom (generalisiertes Schmerzsyndrom, Stadium III nach dem Mainzer Stadienmodell der Schmerzchronifizierung)
2. akute Ischialgie links
3. essenzielle arterielle Hypertonie
4. Hyperurikämie
5. Hypercholesterinämie
6. Funktionsstörungen des oberen und unteren Verdauungssystems
7. Insektenstichallergie auf Biene und Wespe
8. Rezidivierende tachykarde Herzrhythmusstörungen
9. Parästhesien der Zehen beider Füße
10. Zustand nach Operation eines abszedierenden Sinus pilonidalis
11. Nikotinabusus
12. Mäßiger Alkoholabusus
13. Somatisierungsstörung
14. Somatoforme Schmerzstörung
15. Hypochondrische Ängste mit der Ausprägung einer mäßiggradigen (klinisch relevanten) depressiven Symptomatik, Alexitymie und Zahnarztphobie
16. orthopädische Diagnosen entsprechend Gutachten von Dr. F ...
Hinzu gekommen sei ein Zustand nach Operation eines abszedierenden Sinus pilonidalis
sowie die Zahnarztphobie. Der Kläger könne nur noch leichte Arbeiten im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen (überwiegend sitzend) 3 bis unter 6 Stunden arbeitstäglich durchführen.
Die Beklagte hat hierzu mit Schreiben vom 11. März 2011 Stellung genommen. Nach Einschätzung des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten könne der Kläger nach wie vor 6 Stunden täglich angepasste Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 25. November 2009 und des Bescheids der Beklagten vom 30. April 2008 in
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 30. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI zu. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI kommt von vornherein nicht in Betracht, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist (vgl. § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Für den Senat steht aufgrund der überzeugenden Gutachten von Dr. E. und Dr. F. fest, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch 6 Stunden täglich zumindest leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten kann. Das hiervon abweichende Gutachten von Dr. Dr. D. konnte den Senat nicht überzeugen.
Im Vordergrund stehen beim Kläger die Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem und auf orthopädischem Fachgebiet.
Bei der Untersuchung durch Dr. E. fanden sich beim Kläger auf neurologischem Fachgebiet keine wesentlichen Störungen. Eine Wurzelreizsymptomatik liegt bei ihm nicht vor, Lähmungserscheinungen treten beim Kläger nicht auf. In psychiatrischer Hinsicht war der Kläger auffällig aufgrund einer phobischen Symptomatik in Bezug auf den Besuch eines Zahnarztes sowie die Verabreichung von Strom. Darüber hinaus liegt beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Betroffenheit verschiedener Gelenke (Zehen, Knie beidseits, beide Hüften, beide Schultern, Halswirbelsäule, beide Ellbogengelenke und beide Hände) vor. Eine organisch fassbare Ursache konnte der erfahrene Sachverständige hierfür nicht feststellen. Auffallend ist auch, dass dem Kläger insoweit über Jahre hinweg eine psychiatrische Therapie empfohlen worden, diese von ihm jedoch stets abgelehnt worden ist. Dies spricht gegen einen erheblichen Leidensdruck ebenso wie der Umstand, dass der Kläger sich nur einer niedrig dosierten und auch nur bedarfsweise angewandten Schmerztherapie unterzieht. Eine kontinuierliche schmerztherapeutische Versorgung findet nicht statt. Dies spricht dafür, dass das Schmerzerleben eher leicht bis maximal mittelgradig einzustufen ist.
Rentenrelevante kognitive Störungen liegen beim Kläger nicht vor. Dies ergaben die von Dr. E. umfangreich durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen.
Auch bei der Untersuchung durch Dr. F. befand sich der Kläger nur in einem etwas reduzierten Allgemein- bei normalem Ernährungszustand. Die allgemeinärztliche Untersuchung durch Dr. F. erbrachte keine wesentlichen Auffälligkeiten. Haut und sichtbare Schleimhäute waren gut durchblutet, ein Ikterus oder eine Zyanose fanden sich bei Fehlen allgemeiner Gewebswassereinlagerungen nicht. Der Tonus der peripheren Muskulatur war normal. Bei der Untersuchung der Wirbelsäule zeigte sich ein Beckengeradstand bei physiologischer Rückenform und normalen Schwingungsverhältnissen. Eine Druckschmerzhaftigkeit zeigte sich nur über der paravertebralen Muskulatur, nicht jedoch über den Dornfortsätzen der Wirbelsäule. Die Halswirbelsäule war in allen Freiheitsgraden frei beweglich. Das Vornüberneigen der Brust- und Lendenwirbelsäule gelang dem Kläger zügig. Beim Wiederaufrichten aus der Vorneige bedurfte der Kläger nicht der Zuhilfenahme der Arme. Der neuroorthopädische Status war ohne wesentliche Auffälligkeiten. Das Zeichen nach Laségue war beidseits negativ. Den Langsitz konnte der Kläger einnehmen. Die Reflexe waren mittellebhaft auslösbar.
An den oberen Extremitäten zeigten sich keine Muskelathropien, keine Weichteilschwellungen oder Ergussbildungen. Die Funktionsgriffe der Schulter (Überkopf-, Nacken- und Schürzengriff) konnte der Kläger beidseits frei durchführen. Die grobe Kraft war rechts und links klinisch nicht gemindert. Die Schultergelenke waren bandstabil, die Impingementzeichen negativ. Dem Kläger gelang eine kraftvolle Abduktion auch gegen Widerstand. Er zeigte sich nur ein diskreter oberer Schmerzbogen über beiden Schultergelenken. An den Unterarmen konnte Dr. F. eine seitengleich und regelgerecht kräftig ausgebildete Muskulatur feststellen. Die Beweglichkeit der Ellbogengelenke war nicht eingeschränkt. Auch die Hände waren seitengleich normal beschwielt. Eine Kraftminderung zeigte sich nicht. Die Handgelenke waren frei beweglich, eine Arthropie der Handbinnenmuskulatur liegt nicht vor. Die Funktionsgriffe (Faustschluss, Schlüssel-/Spitzgriff) gelangen dem Kläger vollständig. Die Gelenke der unteren Extremitäten sind beim Kläger regelgerecht konturiert bei normal ausgebildeter Muskulatur der Ober- und Unterschenkel. Die Hüftgelenksbeweglichkeit war frei. Druck-, Klopf- oder Stauchungsschmerzen traten bei der Untersuchung durch Dr. F. nicht auf. Auch an den Kniegelenken fand sich keine Schwellung oder Ergussbildung. Das Zeichen nach Zohlen war beidseits negativ, die Bandführung stabil bei negativen Meniskuszeichen. Auch an den Sprunggelenken und Füßen war die Beweglichkeit nicht eingeschränkt. Die Beschwielung der Fußsohlen war seitengleich normal ausgeprägt. Das Gangbild des Klägers war bei Verwendung von Konfektionsschuhwerk hinkfrei. Auf die Benutzung von Gehhilfen ist der Kläger nicht angewiesen.
Hieraus haben Dr. E. und Dr. F. für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers nicht begründbar ist. Der hiervon abweichenden Einschätzung von Dr. Dr. D. folgt der Senat nicht. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass Dr. Dr. D. keinen wesentlich anderen Befund erhoben hat wie die Vorgutachter. Auch bei der Untersuchung durch Dr. Dr. D. war der Kläger in einem normalgewichtigem Ernährungszustand und gutem Allgemeinzustand. Die neurologische Untersuchung ergab keine Auffälligkeiten. Abgesehen von den Einschränkungen durch eine akute Ischialgie zeigten sich auch keine Abweichungen in den gemessenen Bewegungsausmaßen.
Seine abweichende Einschätzung begründet Dr. Dr. D. allein mit dem Hinweis auf das Fibromyalgiesyndrom. Bei der kontinuierlichen Durchführung von Arbeiten ergebe sich aufgrund vorzeitiger geistiger und körperlicher Ermüdbarkeit und Erschöpfbarkeit
(Fatigue-Symptomatik) bei fehlenden eigenen Kompensationsmöglichkeiten eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit. Diese Einschätzung beruht allerdings allein auf den diesbezüglichen Angaben des Klägers im Rahmen der von Dr. Dr. D. durchgeführten Testungen. Ein kritisches Hinterfragen der Angaben des Klägers ist jedoch unterblieben. So setzt sich Dr. Dr. D. in keiner Weise damit auseinander, dass der Kläger sich nur in nur äußerst unzureichender Weise therapeutischen Bemühungen unterzieht, seine Ganzkörperschmerzen zu behandeln. Auch ist nicht erklärlich, warum der Kläger trotz seiner vorzeitigen Ermüdbarkeit und Erschöpfbarkeit in der Lage ist, einen Tag von 8:15 Uhr bis 1.00 Uhr zu bewältigen, in dessen Verlauf er Blumen gießt, sein Mittagessen zubereitet, fernsieht, Reparaturarbeiten bei seiner Vermieterin durchführt, sich bei seinen Eltern auf die gutachterliche Untersuchung vorbereitet und anschließend ausgiebig fernsieht. Wer einen derartigen Tagesablauf bewältigt, ist auch in der Lage, mindestens 6 Stunden am Tag leichte Arbeiten zu verrichten.
Der Senat teilt uneingeschränkt die durch Nachweise in der medizinischen Literatur belegte Auffassung der Beklagten, dass die Fibromyalgie, der eine organisch nicht fassbare Erkrankung zu Grunde liegt, nicht per se eine Berentungsdiagnose darstellt (vgl. auch BayLSG, Urteil vom 6. Oktober 2010, Az. L 13 R 253/09, in juris). Schonung und Entpflichtung im Alltags- und Berufsleben sind eher kontraproduktiv, während eine adäquate Eingliederung in eine angepasste Arbeit fibromyalgie-typische Beschwerden tendenziell eher günstig beeinflusst.
Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihm liegen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, durch die für den Kläger der Arbeitsmarkt verschlossen wäre. Insbesondere besteht keine Einschränkung der Wegefähigkeit.
Die Berufung war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§§ 183,193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved