L 11 R 1171/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 1571/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1171/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 05. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.

Der am 03. Februar 1961 in der Türkei geborene Kläger siedelte im Jahr 1978 in die Bundesrepublik Deutschland über. Nach eigenen Angaben erlernte er keinen Beruf und war zunächst als Bauhilfsarbeiter, dann als Arbeiter in einem Kieswerk, in einem Schlachthof, in einer Nickelfabrik, in einer Firma für Metallverarbeitung und zuletzt wieder als Bauarbeiter und Eisenflechter bis März 2004 beschäftigt. Seither ist der Kläger arbeitslos, wobei er zunächst Arbeitslosengeld und im Anschluss daran Arbeitslosengeld II bezog. In der Zeit vom 21. Februar 2001 bis 20. Februar 2006 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als 5 Jahren vorhanden. Ein Grad der Behinderung (GdB) ist nicht festgestellt.

Während eines stationären Aufenthalts im Universitätsklinikum T. wurde nach einer Computertomographie (CT) eine Kleinhirnzyste (Arachnoidalzyste in der linken hinteren Schädelgruppe) festgestellt und am 23. Februar 2005 operativ entfernt. Im Entlassungsbericht vom 1. März 2005 wurde ein komplikationsloser postoperativer Verlauf beschrieben (Diagnosen: Arnold-Chiari-Malformation Typ I mit zervikaler Syringomyelie in Höhe des Dens axis raumfordernde Arachnoidalzyste in der linken hinteren Schädelgrube und beginnender Hydrocephalus). Auch der weitere postoperative Verlauf war komplikationslos (Arztbrief des Dr. W. vom 29. September 2005).

Am 7. Februar 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass trotz der festgestellten Gesundheitsstörungen nicht mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit zu rechnen sei (Bescheid vom 23. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 20. November 2006). Die hiergegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage blieb erfolglos (Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2008, Az.: S 5 R 3471/06).

Am 21. Februar 2006 hatte der Kläger zudem bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt. Zur Begründung gab er an, er leide an einer Arnold-Chiari-Malformation mit Syringomyelie mit mäßiggradigem Hydrocephalus. Vom 30. Mai bis 27. Juni 2006 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teil. Prof. Dr. A. gelangte im Entlassungsbericht vom 29. Juni 2006 zu der Einschätzung, der Kläger könne seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Eisenbinder und Bauarbeiter nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne er jedoch noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit Heben und Tragen über 15 kg, mit Absturzgefahr und mit überwiegend gebückter Haltung bzw in Zwangshaltungen. Gleiches gelte für Arbeiten an schnell rotierenden Maschinen mit Verletzungsgefahr. Mit Bescheid vom 6. März 2008 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, bei dem festgestellten Leistungsvermögen liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsmindung vor.

Hiergegen erhob der Kläger am 1. April 2008 Widerspruch und trug zur Begründung vor, seine Krankheiten hätten sich seit Ende 2007 deutlich verschlechtert. Nach seiner Information sei es zu einer Ansammlung von Wasser im Bereich des Kleinhirns gekommen. Er leide unter ständigen Kopfschmerzen und unter Depressionen. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 10. März 2009 ein. Dieser gelangte für den Kläger zu folgenden Diagnosen: depressive Anpassungsstörung und Zustand nach Operation einer raumfordernden Arachnoidalzyste. Bei der psychiatrischen Exploration habe sich eine depressive Grundstimmung mit Somatisierungsneigung gezeigt. Die klinisch-neurologische Untersuchung habe keine fokal neurologischen Ausfälle ergeben. Aufgrund der psychischen Symptomatik sollten Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck, erhöhter emotionaler Belastung sowie Schichtarbeit vermieden werden. Gleiches gelte für Arbeiten, die schweres Heben oder Tragen beinhalteten. Leichte Arbeiten könnten jedoch unter Berücksichtigung der geschilderten Einschränkungen vollschichtig ausgeübt werden. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies sodann den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2009). Zur Begründung wurde ausgeführt, volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege aufgrund des festgestellten Leistungsvermögens nicht vor. Eine Rente wegen teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da der Kläger nach dem 1. Januar 1961 geboren sei.

Hiergegen hat der Kläger am 6. Juni 2009 Klage beim SG erhoben (Az.: S 7 R 1571/09) und diese mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 2. Oktober 2009 (Bl 40/41 der SG-Akte) begründet.

Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der behandelnden Ärzte des Klägers. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. hat mitgeteilt (Auskunft vom 18. August 2009), beim Kläger bestünden keine Gedächtnis- und Erinnerungsstörungen oder Störungen von Aufmerksamkeit und Konzentration. Auch formale Denkstörungen, Sprechstörungen und Sprachunverständlichkeiten seien nicht vorhanden. Der Antrieb und die Motorik seien ungestört. Allerdings sei der Affekt und die Stimmung niedergeschlagen und gedrückt, sodass von einer morosen Verstimmung ausgegangen werden könne. Der Kläger leide mithin an einer reaktiven depressiven Verstimmung und an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Damit einher gingen Einschränkungen von Konzentration und Leistungsfähigkeit, sodass der Kläger nur noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vier Stunden täglich zu verrichten. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. G. hat ausgeführt (Auskunft vom 23. September 2009), aufgrund der seit Jahren bestehenden Schwindelsymptomatik, der Kopfschmerzen, der gedrückten Gemüts- und Stimmungslage sowie aufgrund der Beschwerden im HWS- und LWS-Bereich sei die Belastbarkeit des Klägers als Arbeiter erheblich eingeschränkt. Aufgrund der derzeitigen Konstitution bestehe eine Leistungsfähigkeit von unter zwei Stunden.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG sodann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 11. November 2009 eingeholt. Dieser gab im Hinblick auf den vom Kläger berichteten Tagesablauf an, dass dieser um sieben Uhr morgens aufstehe, vormittags spazieren und auch in die Moschee gehe. Nachmittags mache er "was so anfällt". Abends kämen häufig Bekannte zu Besuch. Auch benutze er für kurze Strecken noch das Auto. Bei der neurologischen Untersuchung habe eine muskuläre Verspannung im Bereich der HWS und der LWS festgestellt werden können. Die grobe motorische Kraft sei nicht beeinträchtig und es bestünden auch keine Hinweise auf latente Paresen oder Muskelatrophien. Der Kläger sei gut schwingungsfähig gewesen, ein Interessenverlust oder eine Freudlosigkeit sei nicht zu eruieren gewesen. Insgesamt sei der Kläger keinesfalls tiefergehend depressiv herabgestimmt. Ein Nachweis einer Psychose oder eines hirnorganischen Psychosyndroms von Krankheitswert liege nicht vor. Da auch neurologisch ein völlig unauffälliger Befund bestehe, könne allenfalls von einer leichten depressiven Verstimmung ausgegangen werden. Eine Anpassungsstörung liege nach mehr als zwei Jahren nicht mehr vor. Der Kläger leide mithin an folgenden Gesundheitsstörungen: leichte depressive Episode mit somatischem Syndrom, Bluthochdruck (erfolgreich behandelt) und leichte Funktionseinschränkungen der HWS und LWS nach craniocervikaler Dekompression mit Dura-Erweiterungsplastik am 23. Februar 2005 wegen einer Arachnoidalzyste. Zu vermeiden seien deshalb körperliche Schwerarbeiten, vor allem Überkopfarbeiten, in Zwangshaltung und Arbeiten mit ständigem Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel. Publikumsverkehr sei wegen der fehlenden Sprachkompetenz nicht zumutbar. Unter Beachtung dieser Leistungseinschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts acht Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche auszuüben.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 5. Februar 2010 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert, da er leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch sechs Stunden täglich verrichten könne. Dies ergebe sich aus den Gutachten des Dr. H. und des Dr. H ... Die von Dr. H. angesprochene Sprachbarriere sei im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung unerheblich. Ein Versicherter könne sich bei der Prüfung von Erwerbsminderung nicht darauf berufen, dass eine andere Sprache als Deutsch seine Muttersprache sei, wenn er in seiner Muttersprache Sprachkenntnisse habe, die die Verrichtung einer entsprechenden Tätigkeit zuließen. Eine Leistungsminderung in zeitlicher Hinsicht lasse sich daher nicht begründen. Der abweichenden Einschätzung der behandelnden Ärzte Dr. G. und Dr. G. könne aufgrund des schlüssigen Gutachtens des Dr. H. nicht gefolgt werden. Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheide bereits aufgrund des Alters des Klägers aus.

Hiergegen richtet sich die am 9. März 2010 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung, mit der der Kläger geltend macht, der Gutachter habe sich lediglich auf sein Fachgebiet gestützt. Es müsse aber eine Gesamtschau sämtlicher Leiden durchgeführt werden, bei der sich ergebe, dass er nicht mehr in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts zu verrichten. Die Depressionen überlagerten zusammen mit den erheblichen Kopfschmerzen sein gesamtes Verhalten. Er könne sich nicht derart auf eine Arbeit konzentrieren, dass er zumindest leichte Tätigkeiten in dem vom Gutachter angenommenen zeitlichen Rahmen erledigen könne.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 5. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweise Erwerbsminderung ab 1. Februar 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 6. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2009 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder ab dem 1. Februar 2006 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (auch nicht bei Berufsunfähigkeit), da er noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll noch teilweise (auch nicht bei Berufsunfähigkeit) erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den er verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.

Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren wird darauf hingewiesen, dass die Leistungseinschätzung des Dr. H. den Senat auch deshalb überzeugt, weil die vom Kläger ihm gegenüber genannten Alltagsaktivitäten gegen eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens sprechen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl Urteil vom 24. September 2009 - L 11 R 742/09; Urteil vom 20. Juli 2010 - L 11 R 5140/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Der Kläger hat Dr. H. gegenüber jedoch keinen auffälligen Tagesablauf beschrieben. Der Kläger steht danach morgens gegen 7 Uhr auf, geht vormittags spazieren und auch in die Moschee. Nachmittags macht er "was so anfällt" und sieht fern oder geht wieder spazieren. Abends kommen nach seinen eigenen Angaben häufig Bekannte zu Besuch. Aktuelle familiäre Konflikte hat er nicht angegeben. Aufgrund dieser Angaben kann eine Rückzugstendenz oder eine tiefergehende Depression nicht festgestellt werden. Dementsprechend erlebte Dr. H. den Kläger auch als affektiv gut schwingungsfähig, keinesfalls tiefergehend herabgestimmt und auch ohne Beeinträchtigung seines Selbstwertgefühls. Auch konnte kein Interessenverlust oder Freudlosigkeit festgestellt werden.

Nachdem auch der postoperative Verlauf komplikationslos war, was der Senat den Schreiben des Universitätsklinikums T. vom 1. März, 11. Mai und 29. September 2005 entnimmt, und Dr. H. keine neurologischen Ausfülle feststellen konnte, ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen, die Dr. H. und Dr. H. aufgrund der bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen nachvollziehbar dargestellt haben, mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann.

Die Leistungseinschätzungen des Dr. G. und des Dr. G. überzeugen den Senat - ebenso wie das SG - nicht. Die Auskunft des Dr. G. ist bereits deshalb nicht überzeugend, weil seine Angaben widersprüchlich sind. Einerseits gab er an, beim Kläger keine Gedächtnis- und Erinnerungsstörungen oder Störungen von Aufmerksamkeit und Konzentration festgestellt zu haben. Andererseits begründet er seine Leistungseinschätzung mit dem chronischen Schmerzsyndrom und dem seiner Ansicht nach damit zusammenhängenden Einschränkungen von Konzentration und Leistungsfähigkeit. Schließlich überzeugt seine Leistungseinschätzung auch deshalb nicht, da auch er keine schwere oder mittelschwere Depression festgestellt hat und vielmehr nur von einer gedrückten bzw morosen Stimmungslage ausgeht. Soweit Dr. G. zu der Einschätzung gelangt ist, der Kläger könne nur noch unter zwei Stunden täglich arbeiten, überzeugt dies ebenfalls nicht, weil er seine Leistungseinschätzung nicht näher begründet. Darüber hinaus hat er keine entsprechende (leistungslimitierende) Befunde mitgeteilt.

Weitere Ermittlungen von Amts wegen sind nicht erforderlich. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorgetragen hat, es müsse eine Gesamtschau sämtlicher Leiden angestellt werden, weist der Senat daraufhin, dass der Kläger selbst angegebenen hat, dass die Depression alles überlagere. Wie bereits dargelegt, geht der Senat gestützt auf das Gutachten des Dr. H. jedoch davon aus, dass eine tiefergehende depressive Störung nicht vorliegt und der Kläger lediglich an einer leichten depressiven Episode leidet. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs 1 SGB VI scheidet bereits deshalb aus, weil der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist.

Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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