Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 2207/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2341/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Mai 2011 abgeändert.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2011 vorläufig Arbeitslosengeld II i.H.v. EUR 481,96 monatlich zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner erstattet der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu einem Drittel.
Gründe:
Die nach § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Sie hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht vollständig abgelehnt. Der Antragsgegner ist im tenorierten Umfange verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu erbringen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Verfassungsrechtliche Vorgaben zwingen gegebenenfalls jedoch diesen grundsätzlichen Entscheidungsmaßstab zu revidieren. Der einstweilige Rechtsschutz ist Ausfluss der in Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) enthaltenen Garantie effektiven Rechtsschutzes. Aus dieser folgt das Gebot, soweit als möglich zu verhindern, dass durch hoheitliche Maßnahmen oder Entscheidungen der Verwaltungsbehörde Tatsachen geschaffen werden, die auch dann, wenn diese sich nach richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweisen, nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Diese Gefahr besteht auch in der Leistungsverwaltung, wenn die Verwaltung ein Leistungsbegehren zurückweist. Auch neben Art. 19 Abs. 4 GG enthält das Verfassungsrecht Vorgaben für Maßstab und Prüfungsumfang gerichtlicher Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz. Die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende Wertentscheidung muss beachtet werden. Es ist Aufgabe des Staates und damit auch der Gerichte, sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen zu stellen. Diese beiden verfassungsrechtlichen Zielsetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes haben Auswirkungen auf den Entscheidungsmaßstab der Fachgerichte. Dieser verschärft sich, wenn nicht nur die prozessrechtliche Dimension des Art. 19 Abs. 4 GG betroffen ist, sondern dem materiellen Anspruch grundrechtliches Gewicht zukommt. Entscheidend ist, welche Rechtsverletzungen bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes drohen. Drohen schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Güter kann die gerichtliche Entscheidung nicht auf die nur summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht. Es genügt dabei bereits eine nur mögliche oder zeitweilig andauernde Verletzung. Der Entscheidung über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist dann, insbesondere wenn eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich ist, eine umfassende Güter- und Folgenabwägung zugrunde zu legen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NZS 2003, 253 und NVwZ 2005, 927). Allerdings sind dabei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht völlig unberücksichtigt zu lassen. Denn eine Grundrechtsbeeinträchtigung kann von vornherein nicht vorliegen, wenn das Recht oder der Anspruch überhaupt nicht in Betracht kommt. Eine bestimmte Mindestwahrscheinlichkeit (z.B. überwiegend) ist aber nicht zu fordern (Krodel NZS 2006, 637; Hk-SGG, 3. Aufl., § 86b Rdnr. 5).
Nach dem derzeitigen Sachstand kann ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 19 SGB II nicht ausgeschlossen werden.
Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen sowie der Berechnung des Bedarfes der Antragstellerin folgt der Senat zumindest für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weitgehend der Berechnung des SG im angefochtenen Beschluss und nimmt nach eigener Prüfung auf die dortigen Ausführungen Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Dies gilt insbesondere, soweit das SG die als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigenden Schuldzinsen für die von der Antragstellerin selbst genutzte Wohnung aus der Gesamtsumme der Zinsen entsprechend dem Verhältnis der Größe dieser Wohnung zur Gesamtgröße aller Wohnungen berechnet hat, auf die sich die Darlehensverbindlichkeiten beziehen. Der Senat legt jedoch hinsichtlich der Wohnungsgrößen die Werte zugrunde, die sich aus der auf Anfrage des Antragsgegners erteilten Auskunft des Liegenschaftsamtes der Stadt Kirchheim anhand des Bauregisters ergeben. Danach beträgt die Wohnfläche der von der Antragstellerin selbst bewohnten Wohnung im Obergeschoss des Zweifamilienhauses 79,56m², die der vermieteten Wohnung im Erdgeschoss 79,30m². Unter Berücksichtigung der Wohnfläche von 48m² der vermieteten Eigentumswohnung ergibt sich eine Gesamtfläche von 206,86m². Soweit die Antragstellerin geltend macht, die selbst genutzte Wohnung sei größer als 90m², ist dies nicht ausreichend belegt. Aus den vorgelegten Lageplänen ergibt sich dies jedenfalls nicht. Vielmehr wird nach den dort angegebenen Werten eine Größe von ca. 79m² für jede Wohnung bestätigt. Auf die Berechnung des Antragsgegners im Schriftsatz vom 20. Juni 2011 (Bl. 34 der Senatsakten) wird verwiesen. Der Anteil der von der Antragstellerin und ihrem Sohn bewohnten Wohnung an der Gesamtfläche beträgt daher 38,46%. Nach der aktuell vorgelegten Leistungsrechnung vom 31. März 2011 beläuft sich die Gesamtsumme der monatlichen fälligen Schuldzinsen für den Darlehensgesamtbetrag auf EUR 837,53. Auf die selbst bewohnte Wohnung entfällt daher ein Anteil von EUR 322,11, auf die Antragstellerin selbst die Hälfte hiervon (Aufteilung nach Kopfteilen), also EUR 161,06. Kosten für Wasser/Abwasser entstehen i.H.d. Abschlages von EUR 173.- für zwei Monate. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass sich dieser durch die vorgelegte Gebührenrechnung belegte Abschlag nicht auf das gesamte Zweifamilienhaus beziehe, wie vom SG zugrunde gelegt, sondern nur auf die selbstgenutzte Wohnung (getrennte Wasserzähler). Dafür spricht zumindest, dass im Mietvertrag über die Erdgeschosswohnung keine Betriebskosten aufgeführt sind, die die Kosten der Wasserver- und -entsorgung beinhalten würden; es liegt also nahe, dass der Mieter einen eigenen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat. Zumindest für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann daher davon ausgegangen werden, dass der Anteil der Antragstellerin an den Kosten für Wasser/Abwasser EUR 43,25 (Hälfte des monatlichen Betrages) beträgt. Die Grundsteuer für das Zweifamilienhaus beträgt EUR 149,60 im Jahr, die in Abschlägen für jeweils drei Monate fällig wird. Für die selbstgenutzte Wohnung entstehen mithin monatliche Kosten i.H.v. 6,23 (EUR 74,80 für eine Wohnung /12), für den Kopfteil der Antragstellerin EUR 3,12. Die nur jährlich fällig werdenden Kosten für Gebäudeversicherung und Müllgebühren bleiben außer Ansatz, da eine Fälligkeit im hier zugesprochenen Zeitraum nicht belegt ist. Damit beläuft sich der Bedarf an Kosten der Unterkunft für die Antragstellerin auf monatlich EUR 207,43. Der Gesamtbedarf unter Einschluss der bereits vom SG berücksichtigten Heizkosten (EUR 64,53 nach Abzug der Warmwasserpauschale) und der Regelleistung (EUR 364.-) beträgt somit EUR 635,96 monatlich.
Der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin steht angesichts des Verkehrswertes der Immobilien und der Höhe der darauf ruhenden Grundschulden zu berücksichtigendes Vermögen nach summarischer Prüfung nicht entgegen.
Der Senat vermochte sich nach dem aktuellen Sachstand auch nicht mit der nach den oben beschriebenen Maßstäben nötigen Sicherheit davon überzeugen, dass die Antragstellerin über das Kindergeld i.H.v. EUR 184.- monatlich hinaus zu berücksichtigendes, die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Einkommen bezieht. Als weitere Einkünfte kommen derzeit allein Mieteinnahmen aus den beiden von der Antragstellerin nicht selbst bewohnten Wohnungen in Betracht, deren Eigentümerin sie ist. Einkommen i.S.d. § 11 SGB II sind alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die dem Hilfebedürftigen innerhalb des Bedarfszeitraums zufließen.
Es ist jedoch bereits fraglich, ob der Antragstellerin die Mietzahlungen zumindest ab April 2011 überhaupt zugeflossen sind. Den Anspruch auf diese Mietzahlungen hatte sie bereits am 25. März 2003 im Rahmen der Kreditfinanzierung der genannten Wohnungen sowie der von ihr selbst bewohnten an die kreditgebende LBBW zur Sicherung der aus dem Kreditvertrag resultierenden Forderungen abgetreten. Wie das SG zutreffend festgestellt hat, ist die Antragstellerin allerdings nach Ziffer 4 des Sicherungsvertrages vom 25. März 2003 trotz der Abtretung bis auf Widerruf berechtigt, die Mieten einzuziehen und über die Zahlungseingänge zu verfügen. Da sie die Abtretung den Mietschuldnern nicht offenbart hatte, waren die Mietzinsen zunächst auf das Konto der Antragstellerin Nr. bei der BW-Bank überwiesen worden. Diese schuldbefreienden Zahlungen der Drittschuldner hatten mithin zu einer Vermögensmehrung der Antragstellerin geführt. Dementsprechend hatte der 13. Senat des erkennenden Gerichts im Beschluss vom 14. März 2011 (L 13 AS 5666/10 ER-B) die Mietzinszahlungen als anzurechnendes Einkommen angesehen. Offenbar in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 5. April 2011 die Abtretung ihren Mietern gegenüber offengelegt und diese aufgefordert, die Miete nunmehr auf ein anderes Konto bei der BW-Bank (Nr. ) zu überweisen. Nach dem - allerdings bislang noch nicht nachgewiesenen - Vortrag der Antragstellerin wird dies seit April 2011 auch tatsächlich so gehandhabt. Nach der vorgelegten Bestätigung der BW-Bank vom 27. Mai 2011 ist das frühere Konto Nr. abgelöst worden. Wer Inhaber des Kontos Nr. 6012213126 ist, ist bislang nicht geklärt. Die Antragstellerin spricht lediglich von einem "Kreditkonto" und gibt an, hierüber keine Belege erhalten zu können. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass sie nicht Kontoinhaberin ist. In diesem Falle fehlte es bereits an einem tatsächlichen Zufluss der Mietzahlungen. Die Inhaberschaft des Kontos ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren zu klären.
Auch wenn es sich um ihr eigenes Konto handelt, könnte jedoch die Berücksichtigung als Einkommen ausscheiden, wenn nämlich eine Verfügungsbefugnis der Antragstellerin, wie von ihr im Ergebnis geltend gemacht, über auf dieses Konto eingehende Zahlungen nicht besteht. Dafür spräche, dass die Antragstellerin keine Belege über dieses Konto vorlegen kann. Deren entsprechender Vortrag erscheint nicht von vornherein unglaubwürdig, da sie bislang Unterlagen über ihre Konten im Verwaltungs- und den vorangegangenen gerichtlichen Verfahren vorgelegt hatte. Dem ist in der Hauptsache weiter nachzugehen. Sind die auf das Konto Nr. eingehenden Mietzahlungen aber einer Verfügung durch die Antragstellerin entzogen, ist sie nicht in der Lage, diese zur Sicherung ihres Lebensunterhalts einzusetzen. Nur eine solche Verwendungsmöglichkeit dürfte aber eine die Hilfebedürftigkeit reduzierende oder ausschließende Anrechnung rechtfertigen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 9 Nr. 7 zur Nichtberücksichtigung tatsächlich nicht zur Verfügung stehenden Einkommens; vgl. a. BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 13 zum Ausschluss der Berücksichtigung fiktiven Einkommens unter dem Gesichtspunkt des grundsicherungsrechtlichen Faktizitätsgedankens). Auch nach der Rechtsprechung des BVerfG (NVwZ 2005, 927) kommt es ausschließlich auf die tatsächlichen Umstände an. Dem steht die weitere Rechtsprechung des BSG (SozR 4-4200 § 11 Nr. 15 und Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 43/07 R - (juris)) nicht entgegen, wonach die Subsidiarität der staatlichen Fürsorge eine Leistungsgewährung ausschließe, soweit der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Geldmittel nicht für die Bestreitung seines Lebensunterhaltes einsetzt, sondern zur Tilgung privater Schulden verwandt hat. Diesen Entscheidungen lag jeweils keine Abtretung zugrunde, vielmehr war das Einkommen jeweils in die Verfügungsgewalt des Hilfebedürftigen gelangt, so dass dieser es statt einer Schuldentilgung tatsächlich für den Lebensunterhalt hätte einsetzen können. Führt die vom Hilfebedürftigen gewählte Gestaltung jedoch zu einer Tilgung von Altschulden, ohne dass er selbst die Verfügungsgewalt über Zahlungseingänge erlangt, dürfte dem Subsidiaritätsgedanken nur über den Erstattungsanspruch des Leistungsträgers nach § 34 SGB II Rechnung zu tragen sein (vgl. Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Februar 2010 - L 15 AS 1081/09 B - (juris)).
Hinsichtlich der Bedarfsberechnung und Einkommensanrechnung bei dem 1991 geborenen Sohn der Antragstellerin, mit dem diese einen gemeinsamen Haushalt führt, wird auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Die hier etwas abweichend vorgenommene Berechnung der Kosten der Unterkunft führt nicht dazu, dass der Sohn zur Deckung seines Bedarfes auf das Kindergeld zurückgreifen müsste.
Ausgehend von den genannten Werten verbleibt bei der Antragstellerin somit bei Anrechnung des Kindergeldes i.H.v. EUR 184.- monatlich abzüglich der Versicherungspauschale i.H.v. EUR 30.- ein ungedeckter Hilfebedarf i.H.v. EUR 481,96 monatlich.
Da mithin ein Anordnungsanspruch nicht gänzlich ausgeschlossen ist, waren der Antragstellerin unter Abwägung ihrer Interessen mit denen des Antragsgegners und der Folgen einer abweisenden oder zusprechenden Entscheidung für einen Übergangszeitraum Leistungen zuzusprechen. Dabei ist zu beachten, dass die begehrten Leistungen der Grundsicherung der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen, was bereits nach dem Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland Pflicht des Staates ist (Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG; BVerfG, NVwZ 2005, 927). Auf Seiten des Grundsicherungsträgers ist das Interesse zu beachten, dass nun gewährte Leistungen angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin voraussichtlich nicht erstattet werden können, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass ein Anspruch tatsächlich nicht bestanden hat. Der Antragstellerin ihrerseits würden für einen nicht absehbaren Zeitraum die Leistungen vorenthalten, die sie zur Aufrechterhaltung ihres Existenzminimums und damit für ein der Menschenwürde entsprechendes Leben benötigt. Diese damit verbundenen Einschränkungen während des Zeitraumes ohne Leistungen sind auch im Falle einer Nachzahlung bei Erfolg in der Hauptsache nicht mehr zu beseitigen.
Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen beschränkt der Senat die Verpflichtung des Antragsgegners allerdings auf einen Zeitraum von drei Monaten ab Beginn des Kalendermonats nach Eingang der Beschwerde beim LSG. Dies berücksichtigt zum einen, dass für den bereits zurückliegenden Zeitraum eine Beseitigung der Einschränkungen in der Lebensführung nicht unmittelbar beseitigt werden kann, und gibt den Beteiligten zum anderen ausreichend Zeit, die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der Verfügungsgewalt der Antragstellerin auf das neue Konto zu klären.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 2011 vorläufig Arbeitslosengeld II i.H.v. EUR 481,96 monatlich zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner erstattet der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu einem Drittel.
Gründe:
Die nach § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Sie hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht vollständig abgelehnt. Der Antragsgegner ist im tenorierten Umfange verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu erbringen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Verfassungsrechtliche Vorgaben zwingen gegebenenfalls jedoch diesen grundsätzlichen Entscheidungsmaßstab zu revidieren. Der einstweilige Rechtsschutz ist Ausfluss der in Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) enthaltenen Garantie effektiven Rechtsschutzes. Aus dieser folgt das Gebot, soweit als möglich zu verhindern, dass durch hoheitliche Maßnahmen oder Entscheidungen der Verwaltungsbehörde Tatsachen geschaffen werden, die auch dann, wenn diese sich nach richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweisen, nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Diese Gefahr besteht auch in der Leistungsverwaltung, wenn die Verwaltung ein Leistungsbegehren zurückweist. Auch neben Art. 19 Abs. 4 GG enthält das Verfassungsrecht Vorgaben für Maßstab und Prüfungsumfang gerichtlicher Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz. Die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende Wertentscheidung muss beachtet werden. Es ist Aufgabe des Staates und damit auch der Gerichte, sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen zu stellen. Diese beiden verfassungsrechtlichen Zielsetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes haben Auswirkungen auf den Entscheidungsmaßstab der Fachgerichte. Dieser verschärft sich, wenn nicht nur die prozessrechtliche Dimension des Art. 19 Abs. 4 GG betroffen ist, sondern dem materiellen Anspruch grundrechtliches Gewicht zukommt. Entscheidend ist, welche Rechtsverletzungen bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes drohen. Drohen schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Güter kann die gerichtliche Entscheidung nicht auf die nur summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht. Es genügt dabei bereits eine nur mögliche oder zeitweilig andauernde Verletzung. Der Entscheidung über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist dann, insbesondere wenn eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich ist, eine umfassende Güter- und Folgenabwägung zugrunde zu legen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NZS 2003, 253 und NVwZ 2005, 927). Allerdings sind dabei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht völlig unberücksichtigt zu lassen. Denn eine Grundrechtsbeeinträchtigung kann von vornherein nicht vorliegen, wenn das Recht oder der Anspruch überhaupt nicht in Betracht kommt. Eine bestimmte Mindestwahrscheinlichkeit (z.B. überwiegend) ist aber nicht zu fordern (Krodel NZS 2006, 637; Hk-SGG, 3. Aufl., § 86b Rdnr. 5).
Nach dem derzeitigen Sachstand kann ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 19 SGB II nicht ausgeschlossen werden.
Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen sowie der Berechnung des Bedarfes der Antragstellerin folgt der Senat zumindest für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes weitgehend der Berechnung des SG im angefochtenen Beschluss und nimmt nach eigener Prüfung auf die dortigen Ausführungen Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Dies gilt insbesondere, soweit das SG die als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigenden Schuldzinsen für die von der Antragstellerin selbst genutzte Wohnung aus der Gesamtsumme der Zinsen entsprechend dem Verhältnis der Größe dieser Wohnung zur Gesamtgröße aller Wohnungen berechnet hat, auf die sich die Darlehensverbindlichkeiten beziehen. Der Senat legt jedoch hinsichtlich der Wohnungsgrößen die Werte zugrunde, die sich aus der auf Anfrage des Antragsgegners erteilten Auskunft des Liegenschaftsamtes der Stadt Kirchheim anhand des Bauregisters ergeben. Danach beträgt die Wohnfläche der von der Antragstellerin selbst bewohnten Wohnung im Obergeschoss des Zweifamilienhauses 79,56m², die der vermieteten Wohnung im Erdgeschoss 79,30m². Unter Berücksichtigung der Wohnfläche von 48m² der vermieteten Eigentumswohnung ergibt sich eine Gesamtfläche von 206,86m². Soweit die Antragstellerin geltend macht, die selbst genutzte Wohnung sei größer als 90m², ist dies nicht ausreichend belegt. Aus den vorgelegten Lageplänen ergibt sich dies jedenfalls nicht. Vielmehr wird nach den dort angegebenen Werten eine Größe von ca. 79m² für jede Wohnung bestätigt. Auf die Berechnung des Antragsgegners im Schriftsatz vom 20. Juni 2011 (Bl. 34 der Senatsakten) wird verwiesen. Der Anteil der von der Antragstellerin und ihrem Sohn bewohnten Wohnung an der Gesamtfläche beträgt daher 38,46%. Nach der aktuell vorgelegten Leistungsrechnung vom 31. März 2011 beläuft sich die Gesamtsumme der monatlichen fälligen Schuldzinsen für den Darlehensgesamtbetrag auf EUR 837,53. Auf die selbst bewohnte Wohnung entfällt daher ein Anteil von EUR 322,11, auf die Antragstellerin selbst die Hälfte hiervon (Aufteilung nach Kopfteilen), also EUR 161,06. Kosten für Wasser/Abwasser entstehen i.H.d. Abschlages von EUR 173.- für zwei Monate. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass sich dieser durch die vorgelegte Gebührenrechnung belegte Abschlag nicht auf das gesamte Zweifamilienhaus beziehe, wie vom SG zugrunde gelegt, sondern nur auf die selbstgenutzte Wohnung (getrennte Wasserzähler). Dafür spricht zumindest, dass im Mietvertrag über die Erdgeschosswohnung keine Betriebskosten aufgeführt sind, die die Kosten der Wasserver- und -entsorgung beinhalten würden; es liegt also nahe, dass der Mieter einen eigenen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat. Zumindest für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann daher davon ausgegangen werden, dass der Anteil der Antragstellerin an den Kosten für Wasser/Abwasser EUR 43,25 (Hälfte des monatlichen Betrages) beträgt. Die Grundsteuer für das Zweifamilienhaus beträgt EUR 149,60 im Jahr, die in Abschlägen für jeweils drei Monate fällig wird. Für die selbstgenutzte Wohnung entstehen mithin monatliche Kosten i.H.v. 6,23 (EUR 74,80 für eine Wohnung /12), für den Kopfteil der Antragstellerin EUR 3,12. Die nur jährlich fällig werdenden Kosten für Gebäudeversicherung und Müllgebühren bleiben außer Ansatz, da eine Fälligkeit im hier zugesprochenen Zeitraum nicht belegt ist. Damit beläuft sich der Bedarf an Kosten der Unterkunft für die Antragstellerin auf monatlich EUR 207,43. Der Gesamtbedarf unter Einschluss der bereits vom SG berücksichtigten Heizkosten (EUR 64,53 nach Abzug der Warmwasserpauschale) und der Regelleistung (EUR 364.-) beträgt somit EUR 635,96 monatlich.
Der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin steht angesichts des Verkehrswertes der Immobilien und der Höhe der darauf ruhenden Grundschulden zu berücksichtigendes Vermögen nach summarischer Prüfung nicht entgegen.
Der Senat vermochte sich nach dem aktuellen Sachstand auch nicht mit der nach den oben beschriebenen Maßstäben nötigen Sicherheit davon überzeugen, dass die Antragstellerin über das Kindergeld i.H.v. EUR 184.- monatlich hinaus zu berücksichtigendes, die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Einkommen bezieht. Als weitere Einkünfte kommen derzeit allein Mieteinnahmen aus den beiden von der Antragstellerin nicht selbst bewohnten Wohnungen in Betracht, deren Eigentümerin sie ist. Einkommen i.S.d. § 11 SGB II sind alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die dem Hilfebedürftigen innerhalb des Bedarfszeitraums zufließen.
Es ist jedoch bereits fraglich, ob der Antragstellerin die Mietzahlungen zumindest ab April 2011 überhaupt zugeflossen sind. Den Anspruch auf diese Mietzahlungen hatte sie bereits am 25. März 2003 im Rahmen der Kreditfinanzierung der genannten Wohnungen sowie der von ihr selbst bewohnten an die kreditgebende LBBW zur Sicherung der aus dem Kreditvertrag resultierenden Forderungen abgetreten. Wie das SG zutreffend festgestellt hat, ist die Antragstellerin allerdings nach Ziffer 4 des Sicherungsvertrages vom 25. März 2003 trotz der Abtretung bis auf Widerruf berechtigt, die Mieten einzuziehen und über die Zahlungseingänge zu verfügen. Da sie die Abtretung den Mietschuldnern nicht offenbart hatte, waren die Mietzinsen zunächst auf das Konto der Antragstellerin Nr. bei der BW-Bank überwiesen worden. Diese schuldbefreienden Zahlungen der Drittschuldner hatten mithin zu einer Vermögensmehrung der Antragstellerin geführt. Dementsprechend hatte der 13. Senat des erkennenden Gerichts im Beschluss vom 14. März 2011 (L 13 AS 5666/10 ER-B) die Mietzinszahlungen als anzurechnendes Einkommen angesehen. Offenbar in Reaktion hierauf hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 5. April 2011 die Abtretung ihren Mietern gegenüber offengelegt und diese aufgefordert, die Miete nunmehr auf ein anderes Konto bei der BW-Bank (Nr. ) zu überweisen. Nach dem - allerdings bislang noch nicht nachgewiesenen - Vortrag der Antragstellerin wird dies seit April 2011 auch tatsächlich so gehandhabt. Nach der vorgelegten Bestätigung der BW-Bank vom 27. Mai 2011 ist das frühere Konto Nr. abgelöst worden. Wer Inhaber des Kontos Nr. 6012213126 ist, ist bislang nicht geklärt. Die Antragstellerin spricht lediglich von einem "Kreditkonto" und gibt an, hierüber keine Belege erhalten zu können. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass sie nicht Kontoinhaberin ist. In diesem Falle fehlte es bereits an einem tatsächlichen Zufluss der Mietzahlungen. Die Inhaberschaft des Kontos ist gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren zu klären.
Auch wenn es sich um ihr eigenes Konto handelt, könnte jedoch die Berücksichtigung als Einkommen ausscheiden, wenn nämlich eine Verfügungsbefugnis der Antragstellerin, wie von ihr im Ergebnis geltend gemacht, über auf dieses Konto eingehende Zahlungen nicht besteht. Dafür spräche, dass die Antragstellerin keine Belege über dieses Konto vorlegen kann. Deren entsprechender Vortrag erscheint nicht von vornherein unglaubwürdig, da sie bislang Unterlagen über ihre Konten im Verwaltungs- und den vorangegangenen gerichtlichen Verfahren vorgelegt hatte. Dem ist in der Hauptsache weiter nachzugehen. Sind die auf das Konto Nr. eingehenden Mietzahlungen aber einer Verfügung durch die Antragstellerin entzogen, ist sie nicht in der Lage, diese zur Sicherung ihres Lebensunterhalts einzusetzen. Nur eine solche Verwendungsmöglichkeit dürfte aber eine die Hilfebedürftigkeit reduzierende oder ausschließende Anrechnung rechtfertigen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 9 Nr. 7 zur Nichtberücksichtigung tatsächlich nicht zur Verfügung stehenden Einkommens; vgl. a. BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 13 zum Ausschluss der Berücksichtigung fiktiven Einkommens unter dem Gesichtspunkt des grundsicherungsrechtlichen Faktizitätsgedankens). Auch nach der Rechtsprechung des BVerfG (NVwZ 2005, 927) kommt es ausschließlich auf die tatsächlichen Umstände an. Dem steht die weitere Rechtsprechung des BSG (SozR 4-4200 § 11 Nr. 15 und Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 43/07 R - (juris)) nicht entgegen, wonach die Subsidiarität der staatlichen Fürsorge eine Leistungsgewährung ausschließe, soweit der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Geldmittel nicht für die Bestreitung seines Lebensunterhaltes einsetzt, sondern zur Tilgung privater Schulden verwandt hat. Diesen Entscheidungen lag jeweils keine Abtretung zugrunde, vielmehr war das Einkommen jeweils in die Verfügungsgewalt des Hilfebedürftigen gelangt, so dass dieser es statt einer Schuldentilgung tatsächlich für den Lebensunterhalt hätte einsetzen können. Führt die vom Hilfebedürftigen gewählte Gestaltung jedoch zu einer Tilgung von Altschulden, ohne dass er selbst die Verfügungsgewalt über Zahlungseingänge erlangt, dürfte dem Subsidiaritätsgedanken nur über den Erstattungsanspruch des Leistungsträgers nach § 34 SGB II Rechnung zu tragen sein (vgl. Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. Februar 2010 - L 15 AS 1081/09 B - (juris)).
Hinsichtlich der Bedarfsberechnung und Einkommensanrechnung bei dem 1991 geborenen Sohn der Antragstellerin, mit dem diese einen gemeinsamen Haushalt führt, wird auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Die hier etwas abweichend vorgenommene Berechnung der Kosten der Unterkunft führt nicht dazu, dass der Sohn zur Deckung seines Bedarfes auf das Kindergeld zurückgreifen müsste.
Ausgehend von den genannten Werten verbleibt bei der Antragstellerin somit bei Anrechnung des Kindergeldes i.H.v. EUR 184.- monatlich abzüglich der Versicherungspauschale i.H.v. EUR 30.- ein ungedeckter Hilfebedarf i.H.v. EUR 481,96 monatlich.
Da mithin ein Anordnungsanspruch nicht gänzlich ausgeschlossen ist, waren der Antragstellerin unter Abwägung ihrer Interessen mit denen des Antragsgegners und der Folgen einer abweisenden oder zusprechenden Entscheidung für einen Übergangszeitraum Leistungen zuzusprechen. Dabei ist zu beachten, dass die begehrten Leistungen der Grundsicherung der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen, was bereits nach dem Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland Pflicht des Staates ist (Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG; BVerfG, NVwZ 2005, 927). Auf Seiten des Grundsicherungsträgers ist das Interesse zu beachten, dass nun gewährte Leistungen angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin voraussichtlich nicht erstattet werden können, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass ein Anspruch tatsächlich nicht bestanden hat. Der Antragstellerin ihrerseits würden für einen nicht absehbaren Zeitraum die Leistungen vorenthalten, die sie zur Aufrechterhaltung ihres Existenzminimums und damit für ein der Menschenwürde entsprechendes Leben benötigt. Diese damit verbundenen Einschränkungen während des Zeitraumes ohne Leistungen sind auch im Falle einer Nachzahlung bei Erfolg in der Hauptsache nicht mehr zu beseitigen.
Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen beschränkt der Senat die Verpflichtung des Antragsgegners allerdings auf einen Zeitraum von drei Monaten ab Beginn des Kalendermonats nach Eingang der Beschwerde beim LSG. Dies berücksichtigt zum einen, dass für den bereits zurückliegenden Zeitraum eine Beseitigung der Einschränkungen in der Lebensführung nicht unmittelbar beseitigt werden kann, und gibt den Beteiligten zum anderen ausreichend Zeit, die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der Verfügungsgewalt der Antragstellerin auf das neue Konto zu klären.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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