L 10 U 4287/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 666/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4287/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17.07.2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung von Unfallfolgen sowie die Gewährung einer Verletztenrente.

Der am 1950 geborene Kläger trat am 01.03.2006 eine auf Kosten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung in der Rehabilitationsklinik Ü. , I. , durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme an. Am 15.03.2006 rutschte er beim ärztlich verordneten Skilanglauf auf einer vereisten Piste aus und stürzte. Nachdem er sich am Unfalltag durch Eisauflagerungen zu behelfen versucht hatte, sprach er wegen zunehmender Schulterbeschwerden am 16.03.2006 bei Dr. W. im Krankenhaus I. vor. Es bestand eine schmerzhafte massive Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk. Sonographisch zeigte sich eine zum Teil deutlich ausgedünnte, jedoch nicht nachweisbar komplett gerissene Rotatorenmanschette sowie eine leichte Ergussbildung. Röntgenologisch konnte keine knöcherne Verletzung nachgewiesen werden. Dr. W. sah zudem einen leichten Humeruskopfhochstand sowie eine massive subacromiale Einengung. Er diagnostizierte eine massive Schulterprellung rechts (Durchgangsarztbericht Bl. 1 VA). Bei der Nachuntersuchung am 21.03.2006 beschrieb Dr. W. eine abgeklungene Beschwerdesymptomatik. Die fortdauernden Beschwerden führte er auf ein vorbestehendes Impingement zurück. Tatsächlich litt der Kläger seit Jahren unter wiederkehrenden belastungsabhängigen Beschwerden an beiden Schultern, wobei diese Beschwerden mit Ausnahme einer dreitägigen Arbeitsunfähigkeit wegen Beschwerden an der linken Schulter im September 2001 bezogen auf die von ihm seit September 1990 ausgeübte körperlich schwer belastende Tätigkeit als Maschinenarbeiter nicht zu Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt hatten. Am 30.03.2006 führte Dr. W. zunächst eine Arthroskopie des rechten Schultergelenks, sodann eine offene operative Rekonstruktion der Rotatorenmanschette rechts durch. Zusätzlich versuchte er, die bestehende Raumenge zur Verbesserung des Sehnengleitweges zu beseitigen. Intraoperativ zeigte sich eine große Rissbildung der Rotatorenmanschette mit einer Ausdünnung von 2 x 3 cm (Operationsbericht Bl. 58 LSG-Akte). Dr. v. H. (Arzt für Pathologie) diagnostizierte hinsichtlich des ihm überlassenen Excisat von der rechten Rotatorenmanschette eine frische Rotatorenmanschettenruptur mit mäßigen degenerativen Veränderungen.

Trotz des Sturzes beim Skilanglauf wurde die Rehabilitationsmaßnahme ordnungsgemäß zum Abschluss gebracht. Bei der Entlassung am 29.03.2006 bestand (entgegen den Ausführungen im Entlassungsbericht) an der rechten Schulter noch eine Bewegungseinschränkung (sachverständige Zeugenaussage des leitenden Arztes der Rehabilitationsklinik Ü. Dr. H. Bl. 51 LSG-Akte).

Nach einer mehrwöchigen funktionellen Nachbehandlung kehrte der Kläger Ende Juli 2006 an seinen Arbeitsplatz zurück. Nach wenigen Tagen wurde er, nachdem er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit mit der rechten Hand kraftvoll zupacken musste, wieder auf Grund ausgeprägter Schulterschmerzen arbeitsunfähig. Im weiteren Verlauf wurde eine erneute Ruptur der Rotatorenmanschette festgestellt (Bericht des Facharztes für Diagnostische Radiologie Dr. H. zur Kernspintomographie der rechten Schulter vom 08.09.2006 Bl. 121 VA), die am 21.09.2006 im Rahmen eines offenen operativen Eingriffs in der nova clinic geschlossen wurde (Operationsbericht von Dr. K. Bl. 122 VA).

Bis heute besteht beim Kläger eine ausgeprägte schmerzhafte Funktionsstörung der rechten Schulter, die ihn privat wie im Erwerbsleben deutlich einschränkt. Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 15.07.2007. Seither geht der Kläger bei seiner bisherigen Arbeitgeberin einer körperlich nicht mehr so stark belastenden Tätigkeit nach.

Mit Bescheid vom 09.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.01.2007 anerkannte die Beklagte als Folge des Versicherungsfalls vom 15.03.2006 eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis 25.04.2006 und als Folge des Versicherungsfalls eine ohne wesentliche Folgen verheilte Schulterprellung rechts. Die Anerkennung einer subacromialen Enge und eines Rotatorenmanschettenschadens rechts als Folge des Versicherungsfalls und die Gewährung einer Rente lehnte sie ab. Dabei stützte sich die Beklagte auf die Stellungnahme des beratenden Arztes für Chirurgie/Unfallchirurgie/Sportmedizin Dr. Sch. , der die Ruptur der Rotatorenmanschette als degeneratives Schadensbild angesehen hatte. Dr. Sch. hatte hierzu auf vorbestehenden Beschwerden, die mühsame Mobilisation der zurückgezogenen Sehnen bereits 14 Tage nach dem Ereignis und die deswegen nicht spannungsfreie Naht, die schließlich versagt habe, sowie den unmittelbar nach dem Ereignis festgestellten Hochstand des Oberarmkopfes und die röntgenologisch nach dem Unfall festgestellten degenerativen Veränderungen hingewiesen.

Deswegen hat der Kläger am 21.02.2007 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG den Facharzt für Orthopädie Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat die am Unfalltag plötzlich aufgetretene schmerzhafte Bewegungseinschränkung als durch den Unfall ausgelöst angesehen. Trotz eines vorbestehenden degenerativen Manschettendefektes sowie eines Schulterengpasssyndroms als disponierenden Faktors sei der Unfall Hauptursache der jetzt noch bestehenden funktionellen Störung. Hierzu hat er u.a. auf den histo-pathologischen Befund hingewiesen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zu einem späteren Zeitpunkt bei weiterem Fortschreiten der zum Unfallzeitpunkt erkennbaren Degenerationen auch ein Bagatellereignis bei einer Alltagsverrichtung für den Eintritt des körperlichen Schadens ausgereicht hätte. Dies jedoch erst zu einem wahrscheinlich wesentlich späteren Zeitpunkt in weiter fortgeschrittenem Lebensalter. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hat er ab dem 14.12.2006 dauerhaft mit 20 v.H. bewertet.

Mit Urteil vom 17.07.2009 hat das SG entsprechend dem Antrag des Klägers die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab dem 01.12.2007 in gesetzlicher Höhe zu gewähren und weiter festgestellt, dass der Zustand der rechten Schulter, Bewegungseinschränkung bei Zustand nach Acromioplastik mit offener Rekonstruktion der Rotatorenmanschettenruptur Folge des Arbeitsunfalls vom 15.03.2006 ist. Es hat sich dabei im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. W. gestützt.

Gegen das ihr am 20.08.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.09.2009 Berufung eingelegt.

Der Senat hat das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK - Die Gesundheitskasse U.-B. beigezogen (Bl.35 ff. LSG-Akte) und den Facharzt für Orthopädie Dr. H. , Dr. H. , Dr. W. und den Allgemeinmediziner Dr. P. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. W. hat ausgeführt, nach dem Ergebnis der pathologisch-anatomischen Begutachtung (Dr. v. H. ) habe im Gegensatz zu seiner zuvor erfolgten Annahme beim Kläger nicht ausschließlich eine Schulterprellung, sondern eine frische Rotatorenmanschettenruptur vorgelegen. Damit habe eindeutig ein Beweis einer unfallabhängigen Ruptur gestellt werden können, was der Beklagten weiter gemeldet worden sei. Wegen der übrigen Angaben der sachverständigen Zeugen wird auf Bl. 49 bis 55 sowie 70/71 Bezug genommen.

Sodann hat der Senat Dr. H. (Orthopädisches Forschungsinstitut Stuttgart) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. H. ist nicht davon ausgegangen, dass der große Defekt im Bereich der Rotatorenmanschette auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Der Kläger habe bis zum Unfallzeitpunkt keine bedeutsamen Beschwerden und gravierende Funktionsstörungen des rechten Schultergelenks aufgewiesen, ein spontanes Einreißen der Rotatorenmanschette auf dem Boden einer unfallunabhängigen fortschreitenden Degeneration sei nicht zuletzt auf Grund des histologischen Befundes extrem unwahrscheinlich. Der am 16.03.2006 röntgenologisch festgestellte leichte Hochstand des Oberarmkopfes um etwa 0,5 cm lasse nicht zwingend auf eine Rissbildung der Rotatorenmanschette schließen, der Hochstand könne auch als Hinweis auf eine Funktionsstörung der Rotatorenmanschettenmuskulatur einschließlich des dazugehörigen Sehnenapparats gesehen werden. Doch selbst wenn von einem vorbestehenden Strukturschaden im Sinne einer kleineren Rissbildung der Rotatorenmanschette ausgegangen würde, wäre dieser unter Berücksichtigung des Leistungsvermögens des Klägers vor dem Unfallereignis mit Sicherheit sehr viel kleiner und unbedeutender gewesen als nach dem Unfallereignis. Er gehe nicht davon aus, dass ein alltägliches Ereignis den nach dem Sturz eingetretenen Schaden hätte auslösen können.

Die Beklagte hält die Gutachten von Dr. W. und Dr. H. nicht für überzeugend. Die Schonhaltung nach dem Unfallereignis sei durch die zugezogene Prellung erklärbar. Die bei der ersten Operation notwendige aufwändige Mobilisation der Sehnen, die festgestellte degenerative Veränderung des AC-Gelenks sowie die früher bereits aufgetretenen Schulterschmerzen sprächen für einen erheblichen Vorschaden, den sie indes nicht zu beweisen habe. Vielmehr obliege es dem Kläger, die Kausalität des Unfallereignisses mit dem nachfolgend eingetretenen Schaden im Sinne der Wahrscheinlichkeit zu beweisen. Auch der Oberarmkopfhochstand gebe einen Hinweis auf einen vorbestehenden Rotatorenmanschettendefekt, der ursächlich auf die Einengung des Raumes unter dem Schulterdach zurückgeführt werden könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17.07.2009 aufzuheben.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Denn der Bescheid der Beklagten vom 09.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.01.2007 ist zum Teil rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf die vom SG vorgenommene Feststellung weiterer Unfallfolgen aus Anlass des Ereignisses vom 15.03.2006 und auf die Gewährung einer Verletztenrente. Entsprechend ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Vorliegend ist zwischen den Beteiligten nicht nur unstreitig, sondern steht durch die insoweit bestandskräftig gewordene Feststellung im Bescheid vom 09.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.01.2007 fest, dass der Kläger am 15.03.2006 als Empfänger einer Rehabilitationsleistung der gesetzlichen Rentenversicherung - daher nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter Versichschutz stehend - einen Arbeitsunfall erlitt.

Folge dieses Unfalls war nicht nur die von der Beklagten festgestellte Schulterprellung rechts, sondern vor allem auch die Rissbildung im Bereich der Rotatorenmanschette, die der vom SG vorgenommenen (ergänzenden) Feststellung von Unfallfolgen zu Grunde liegt. Wegen der deswegen auch nach der zweiten Operation - hinsichtlich des Zusammenhangs der erstmaligen Ruptur mit der eingetretenen Reruptur bestand zwischen den Beteiligten nie Streit, dieser ist offensichtlich gegeben - noch fortbestehenden Beschwerden steht dem Kläger die von ihm beantragte Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu.

Das SG hat die für die Gewährung der Verletztenrente maßgebliche Rechtsgrundlage (§ 56 SGB VII) sowie die Kriterien, unter denen Gesundheitsstörungen einem Unfallereignis als zumindest wesentlich (mit)verursacht zuzuordnen sind, zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat darauf, sowie auf die vom SG überzeugend vorgenommene Würdigung des Gutachtens von Dr. W. Bezug und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nach § 153 Abs. 2 SGG zurück. Die im Berufungsverfahren hinzugewonnenen Erkenntnisse haben die Entscheidung des SG in vollem Umfang bestätigt. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgetragenen Einwendungen tragen hingegen nicht.

Im vorliegenden Fall deuten alle wesentlichen Indizien auf eine akute traumatische Schädigung der Rotatorenmanschette durch den Sturz hin. Dafür sprechen insbesondere die unmittelbar nach dem Sturz aufgetretene schmerzhafte massive Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk. Diese Bewegungseinschränkung bildete sich, entgegen den irrtümlichen Angaben im Rehabilitationsentlassungsbericht der Klinik Ü. , bis zum Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme nicht vollständig zurück. Der Senat stützt sich hier auf die Zeugenaussage des Leitenden Arztes der Klinik Dr. H ... Zudem zeigte sich sonographisch am Unfallfolgetag eine leichte Ergussbildung. Für den Senat steht damit fest, dass das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der intraoperativ festgestellte massive Rotatorenmanschettendefekt entfiele (conditio sine qua non). Dies wird letztlich auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Soweit die Beklagte auf die hier offensichtlich gegebenen degenerativen Vorschädigungen hinweist, geht es um den im Rahmen der Kausalitätsprüfung vorzunehmenden zweiten, wertenden Schritt, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden auch wesentlich war.

Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R).

Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier nicht (BSG Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen. Ist eine erhebliche Vorschädigung der durch den Unfall betroffenen Körperstelle, die eine Schädigung durch ein alltägliches Ereignis ermöglicht hätte oder ohne äußere Einwirkung zu der in Rede stehenden strukturellen Schädigung geführt hätte, nicht nachgewiesen, geht dies nach dem im Sozialrecht geltenden, oben dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten der Beklagten (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 23/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 22).

Der Senat geht - wie die Beklagte und das SG - auf der Grundlage der Gutachten von Dr. W. und Dr. H. davon aus, dass beim Kläger an der rechten Schulter bereits degenerative Veränderungen vorlagen. Deren Umfang ist jedoch - wie sich aus den Ausführungen von Dr. H. ergibt - nicht ganz klar.

Die Beklagte kann sich hier trotz des sicher bestehenden degenerativen Vorschadens entgegen ihrem Berufungsvorbringen nicht zu Lasten des Klägers auf Beweislastgrundsätze zurückziehen. Denn der Senat ist zwar davon überzeugt, dass beim Kläger zum Unfallzeitpunkt eine Vorschädigung und ein Schulterengpass-Syndrom als disponierender Faktor vorlagen. Er kann sich jedoch, gestützt auf die Gutachten von Dr. W. und Dr. H. , nicht davon überzeugen, dass die Vorschädigung so weit fortgeschritten war, dass mit der nach dem Unfall aufgetretenen Schädigung zum Unfallzeitpunkt schon durch ein alltägliches Ereignis oder sogar ohne äußere Einwirkung zu rechnen gewesen war. Dies geht aber nach den oben dargestellten Grundsätzen zu Lasten der Beklagten.

Gegen eine überragende Bedeutung der Vorschäden spricht, dass die schon vor dem Unfall aufgetretenen belastungsabhängigen Beschwerden an der rechten Schulter, wie von Dr. H. überzeugend dargestellt, nicht bedeutsam und nicht mit gravierenden Funktionsstörungen verbunden waren. Aus dem Vorerkrankungsverzeichnis ergibt sich, dass der Kläger, obwohl er eine körperlich schwere Tätigkeit ausübte, wegen Beschwerden an der rechten Schulter in den letzten Jahren vor dem Unfall keine Arbeitsunfähigkeitszeiten hatte.

Soweit die Beklagte auf die bei der ersten Operation notwendige aufwändige Mobilisation und spätere Reruptur sowie den unmittelbar nach dem Unfall festgestellten Oberarmkopfhochstand hinweist, wertet dies der Senat durchaus als Anhaltspunkte, die für die Bedeutung der vorbestehenden Veränderungen sprechen. Eine überragende Bedeutung dieser Veränderungen ist in der Gesamtschau gleichwohl nicht gegeben. Schließlich wurde der Oberarmkopfhochstand bereits vom erstbehandelnden Arzt Dr. W. und später auch von den Sachverständigen Dr. W. und Dr. H. als lediglich "leicht" beschrieben. Dr. H. hat zudem aufgezeigt, dass er auf einer Funktionsstörung der Rotatorenmanschettenmuskulatur beruht haben könnte.

Von besonderer Bedeutung für die hier zu treffende Wertung der verschiedenen Ursachenanteile ist für den Senat der histologische Befund nach der ersten Operation, auf den Dr. W. und Dr. H. hingewiesen haben. Dieser belegt ungeachtet des Umstands einer aufwändigen Mobilisation und Reruptur und eines leichten Oberarmkopfhochstandes eine frische Rotatorenmanschettenruptur bei nur mäßigen degenerativen Veränderungen. Damit relativiert sich die Bedeutung der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem operativen Verschluss der Ruptur. Nachdem der histologische Befund nur mäßige degenerativen Veränderungen ergeben hatte, sah sich sogar Dr. W. veranlasst, von seiner ursprünglichen Auffassung, die fortdauernden Beschwerden als unfallunabhängig auf den Boden eines vorbestehenden Impingements anzusehen, abzuweichen. Er hat den histologischen Befund als Beweis einer unfallabhängigen Rotatorenmanschettenruptur gesehen und dies - so seine Angeben - auch der Beklagten weiter gemeldet. Mithin ging er entgegen seiner ursprünglichen Einschätzung nicht mehr von einem überragend durch die degenerativen Vorschäden geprägten, sondern von einem durch die traumatische Schädigung geprägten Krankheitsbild aus.

Nach alledem ist der Senat, wie bereits ausgeführt, nicht davon überzeugt, dass ungeachtet einer vorbestehenden degenerativen Veränderung bei einem disponierenden Schulterengpass-Syndrom zum Unfallzeitpunkt ein alltägliches Ereignis den gleichen Schaden ausgelöst hätte. Von einer überragenden Bedeutung der degenerativen Veränderung ist mithin nicht auszugehen.

Die Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung der rechten Schulter mit einer MdE von 20 v.H. hat die Beklagte als solche nicht in Frage gestellt. Dr. H. hat diesen Wert - sogar noch weitergehend - bestätigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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