S 25 KR 24/09

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 24/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
1. Das Anfrageverfahren ist nicht gem. § 7a Abs. 1 S 1 SGB 4 ausgeschlossen, wenn die Einzugstelle zwar ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet hat, hierfür aber sachlich nicht zuständig war.

2. Die Bundesagentur für Arbeit ist k
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13.08.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.12.2008 verpflichtet, den Bescheid vom 22.03.2007 zurückzunehmen und das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV durchzuführen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte das Anfrageverfahren nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) durchzuführen hat.

Der Kläger war in dem Zeitraum vom 15.07.2007 bis zum 31.07.2006 Geschäftsführer bei der R. GmbH Hoch- und Tiefbau, die sich seit dem 31.10.2006 in Liquidation befindet, als Geschäftsführer tätig. Bei einem Stammkapital von 25.000 EUR war der Kläger mit einem Anteil von 2.500 EUR und sein Sohn A. R. mit 22.500 EUR beteiligt.

Der Kläger wurde von der GmbH erstmalig am 09.03.2005 rückwirkend zum 15.07.2004 bei der Einzugsstelle, der Beigeladenen zu 3., zur Sozialversicherung angemeldet. Da noch keine versicherungsrechtliche Beurteilung in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers vorlag, wurde am 16.03.2005 die Meldung zunächst von Amts wegen von der Beigeladenen zu 3. storniert. In der Folge übersandte die Beigeladene zu 3. der R. GmbH und dem Kläger einen Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschaftergeschäftsführers einer GmbH und erließ nach Rücksendung den Bescheid vom 06.07.2005, in dem sie feststellte, dass für den Kläger ab dem 15.07.2004 Versicherungspflicht als Arbeitnehmer zur Sozialversicherung bestehe. Der Kläger habe mit seiner Kapitalbeteiligung keinen maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen. Er habe die gleichen Rechte und Pflichten wie andere im Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer und sei wie diese in den Betrieb eingegliedert. Er sei in der Gestaltung seiner vertraglichen Beziehungen zur R. GmbH nicht frei und einem umfassenden Weisungsrecht unterworfen. Aus diesen Gründen sei von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Sie wies den Kläger darauf hin, dass die Agenturen für Arbeit leistungsrechtlich nicht an Feststellungsbescheide der Krankenkasse über die Versicherungspflicht zur Arbeitsförderung gebunden seien und empfahl ihm die entsprechende Zustimmung der Agentur für Arbeit einzuholen.

Nachdem die R.GmbH zum 31.10.2006 liquidiert wurde, beantragte der Kläger am 03.11.2006 bei der Beigeladenen zu 2. die Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach Rücksendung eines Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Geschäftsführers einer Familien-GmbH lehnte die Beigeladene mit Bescheid vom 28.11.2006 die Gewährung von Arbeitslosengeld ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Er habe nicht innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 03.11.2006 mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beigeladene zu 2. mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2007 zurück. Der Kläger vertrete die Gesellschaft als Geschäftsführer stets allein und sei von den Beschränkungen des Selbstkontrahierungsverbots gemäß § 181 BGB befreit. Er verfüge als Einziger über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Die Gestaltung seiner Tätigkeit sei von den betrieblichen Erfordernissen, insbesondere von dem eigenen wirtschaftlichen Interesse zum Wohle und Gedeihen des Unternehmens abhängig. Er habe die Möglichkeit gehabt, unbeschränkt Personal einzustellen. Eine Abrufung oder Kündigung sei nicht zu jeder Zeit möglich gewesen. Damit würden die Indizien für eine selbständige Tätigkeit überwiegen, so dass die geringe Kapitalbeteiligung von 10 Prozent in den Hintergrund rücke. An den Bescheid der Beigeladenen zu 3. vom 06.07.2005 sei die Beigeladene zu 2. leistungsrechtlich nicht gebunden. Nach der ab dem 01.01.2005 geltenden Rechtslage bestünde eine Bindungswirkung nur bei einer Feststellung nach § 336 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Die gegen den vorgenannten Widerspruchsbescheid unter dem Az. S 29 AL 234/07 erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil vom 04.03.2009). Die Berufung ist unter dem Az. L 1 AL 91/09 anhängig.

Unter dem 16.02.2007 (Eingang 21.02.2007) stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Bestätigung der Versicherungspflicht im Verfahren nach § 7a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV), um die Bindungswirkung nach § 336 SGB III zu erreichen. Mit Bescheid vom 22.03.2007 lehnte die Beklagte die Durchführung eines Statusfestellungsverfahrens nach § 7a SGB IV ab, da die Beigeladene zu 3.bereits mit Bescheid vom 06.07.2005 über den sozialversicherungsrechtlichen Status entschieden habe. Das Verwaltungsverfahren habe sie daher eingestellt.

Unter dem 13.05.2008 (Eingang 15.05.2008) beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 22.03.2007 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Mit Bescheid vom 13.08.2008 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 22.03.2007ab. Das Statusfeststellungsverfahren bei ihrer Behörde entfalle gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV, wenn bereits eine Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger eine Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Erwerbsperson getroffen habe. Mit Bescheid vom 06.07.2005 habe die Beigeladene zu 3. bereits über den sozialversicherungsrechtlichen Status entschieden und das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung festgestellt.

Den unter dem 26.08.2008 gegen den Bescheid vom 13.08.2008 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2008 zurück. Zum einen habe bereits eine Einzugsstelle ein Verfahren zur Feststellung einer abhängigen Beschäftigung durchgeführt. Zum anderen sei die Durchführung eines Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV auch deswegen ausgeschlossen, da der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr für die Firma R.GmbH tätig gewesen sei. Die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV sei nur für bestehende Auftragsverhältnisse eröffnet, nicht aber um beendete Auftragsverhältnisse statusrechtlich auf Antrag beurteilen zu lassen.

Mit der am 14.01.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte habe über den Antrag des Klägers nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV zu entscheiden, da der Kläger geschäftsführender Gesellschafter gewesen sei. Des Weiteren habe die Beklagte eine Entscheidung über den Status des Klägers zu treffen, da nicht nur die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger ein Verfahren zur Feststellung eingeleitet habe, sondern die Einzugsstelle und ein Versicherungsträger. Hierbei handle es sich um zwei Verfahren, die im Ergebnis zu unterschiedlichen Beurteilungen der Sozialversicherungspflicht des Klägers gekommen seien. Somit sei die Beklagte gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV verpflichtet, das Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Sonst wäre im Gesetz nicht von "oder ein" anderer Versicherungsträger die Rede, sondern von "und andere" Versicherungsträger.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2008 zu verpflichten, den Bescheid vom 22.03.2007 zurückzunehmen und das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV durchzuführen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.

Die Beigeladene zu 3. schließt sich dem Vortrag der Beklagten insoweit an, dass die Beklagte keine letzte Instanz im Rahmen divergierender Entscheidungen verschiedener So-zialversicherungsträger zur Versicherungspflicht verkörpere.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. und 3 sowie der Gerichtsakte verwiesen. Die vorgenannten Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Beklagte ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet, den Bescheid vom 22.03.2007 zurückzunehmen. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich vorliegend um einen Anwendungsfall des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zwar wird durch eine Feststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht unmittelbar eine Entscheidung über die Gewährung von Sozialleistungen oder die Erhebung von Beiträgen getroffen. Mittelbar hat die Feststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV jedoch sowohl Einfluss auf die Erbringung von Sozialleistungen als auch auf die Erhebung von Beiträgen, so dass die Anwendung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X und nicht die des § 44 Abs. 2 SGB X gerechtfertigt ist.

Der Bescheid vom 22.03.2007 ist rechtswidrig. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, das Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV durchzuführen.

Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Anfrageverfahren nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil sich der Antrag auf ein bereits abgeschlossenes Beschäftigungsverhältnis bezieht. Aus dem Gesetz ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung des Anfrageverfahrens auf den Zeitraum des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses. Insoweit wird auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verwiesen, der sich die erkennende Kammer anschließt (BSG, Urteil vom 04.06.2009, Az. B 12 KR 31/07 R, juris, Rdnr. 28 ff.).

Die Durchführung des Anfrageverfahrens durch die Beklagte war auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beigeladene zu 2. als Einzugstelle mit Bescheid vom 06.07.2005 bereits eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers vorgenommen hat. Zwar bestimmt § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV, dass das Anfrageverfahren ausgeschlossen ist, wenn die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger bereits im Zeitpunkt der Antragstellung ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet hat. Dies gilt erst recht, wenn ein solches Verfahren bereits abgeschlossen wurde (Sächsisches LSG, Beschluss vom 14.08.2006, Az. L 1 B 205/05 KR-PKH, juris, Rdnr. 14). Dies gilt nach Ansicht der Kammer jedoch nur dann, wenn die Einzugsstelle oder der andere Versicherungsträger für diese Entscheidung sachlich zuständig waren. Das Anfrageverfahren tritt in vollem Umfang gleichwertig neben das Verfahren der Einzugsstelle und der Rentenversicherungsträger als Prüfstellen. Abgegrenzt wird es hiervon nach dem Kriterium der zeitlichen Vorrangigkeit (vgl. BSG, a. a. O. Rdnr. 13). Da mehrere Stellen gleichermaßen sachlich zuständig für eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung sein können, musste das Gesetz eine Regelung darüber treffen, welche Entscheidung im Falle einer Mehrfachzuständigkeit vorrangig und verbindlich sein soll. Ein solcher Konflikt tritt jedoch nur dann auf, wenn es mehrere zuständige Stellen für die Entscheidung gibt. Trifft jedoch die sachlich unzuständige Einzugsstelle oder der sachlich unzuständige Versicherungsträger eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung, so kann die unzuständige Behörde nicht dadurch zuständig werden, dass sie zeitlich als Erstes entscheidet. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der zeitlichen Vorrangregelung einen Rechtssatz mit dem Inhalt: "Wer zuerst entscheidet, wird zuständig, auch wenn er sachlich unzuständig ist" aufstellen wollte.

Die Beigeladene zu 3. war zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung am 06.07.2005 nicht zuständig für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers. Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28 a) ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Fehlen entsprechende Angaben in der Meldung, ist die Einzugstelle nach § 28b Abs. 1 SGB IV zur Klärung und danach ggf. zur Anfrage nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV verpflichtet (vgl. Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 7a SGB IV, Rdnr. 5b). Vorliegend ergab sich im Rahmen des Meldeverfahrens, dass der Kläger geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Aus diesem Grunde stornierte die Beigeladene zu 3. die am 09.03.2005 erfolgte Meldung am 16.03.2005 von Amts wegen. Anstatt jedoch nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV vorzugehen und einen Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bei der Beklagten zu stellen, führte die Beigeladene zu 3. die versicherungsrechtliche Beurteilung selber durch, obwohl sie nicht hierfür zuständig war.

Die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 3. ergab sich auch nicht daraus, dass der Kläger bereits zum 15.07.2004 die Tätigkeit des Geschäftsführers aufgenommen hatte. Zwar war zu diesem Zeitpunkt § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV noch nicht in Kraft getreten, so dass die Beigeladene zu 3. bei einer rechtzeitigen Meldung noch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zuständig gewesen wäre. § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV stellt nach Ansicht der Kammer jedoch auf den Zeitpunkt der Meldung ab und nicht auf den Zeitpunkt des Beginns des Beschäftigungsverhältnisses ("Wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers ergibt"). Zum Zeitpunkt der Meldung war § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV jedoch bereits zum 01.01.2005 in Kraft getreten (vgl. BGBl I 2003, 2999). Dass es auf den Zeitpunkt der Meldung und nicht auf den Beginn des Beschäftigungsverhältnisses ankommt, ergibt sich auch daraus, dass § 336 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ebenfalls zum 01.01.2005 geändert wurde mit dem Inhalt, dass die Bundesagentur für Arbeit nur noch an die Verwaltungsakte nach § 7a Abs. 1 SGB IV gebunden ist. Würde für die Zuständigkeit nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV auf den Beginn des Beschäftigungsverhältnisses abgestellt werden, so gäbe es für die Fälle, in denen das Beschäftigungsverhältnis vor dem 01.01.2005 begonnen wurde und die Meldung nach dem 01.01.2005 erfolgte, keine Möglichkeit eine Bindungswirkung nach § 336 SGB III herzustellen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Durchführung des Anfrageverfahrens durch die Beklagte nicht durch die Entscheidung der (sachlich unzuständigen) Einzugsstelle vom 06.07.2005 ausgeschlossen ist.

Einer Entscheidung der Beklagten steht auch nicht der Bescheid der Beigeladenen zu 2. vom 28.11.2006 entgegen. Die Beigeladene zu 2., die Bundesagentur für Arbeit, ist im Rahmen der Bewilligung von Arbeitslosengeld II nicht ein "anderer Versicherungsträger" im Sinne von § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Nach Ansicht der Kammer sind Versicherungsträger im Sinne von § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV nur Versicherungsträger, die unabhängig von einer Leistungsgewährung für sozialversicherungsrechtliche Beurteilungen zuständig sind. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift können dies nur Versicherungsträger sein, die nicht nur über die Versicherungspflicht in ihrem Versicherungszweig sondern auch über die Versicherungspflicht in anderen Versicherungszweigen entscheiden. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich für die Einzugsstelle aus § 28h Abs. 2 SGB IV, für die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV und für die Beklagte aus § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Der Bundesagentur für Arbeit kommt jedoch keine vergleichbare Zuständigkeit einer sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung in allen Versicherungszweigen zu. Sie trifft eine entsprechende Beurteilung allein im Rahmen der Leistungsbewilligung bei der Prüfung, ob ein Versicherungspflichtverhältnis im Sinne von § 24 SGB III vorliegt. Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und des Bescheides ist jedoch nicht die Feststellung eines sozialversicherungsrechtlichen Status, sondern die Frage, ob der Betreffende eine Leistung von der Bundesagentur für Arbeit verlangen kann. Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 14/1855, S. 7), die Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 04.06.2009, Az. B 12 KR 31/07 R, juris, Rdnr. 13) und die Kommentarliteratur (vgl. z.B. Seewald in KassKomm, § 7a SGB IV, Rdnr. 2) nennen in diesem Zusammenhang jeweils nur die Einzugstellen und den Rentenversicherungsträger als Prüfstelle).

Nach alledem war der Bescheid vom 22.03.2007, in dem die Beklagte die Durchführung des Anfrageverfahrens abgelehnt und das Verwaltungsverfahren eingestellt hat, rechtswidrig, so dass sie gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X verpflichtet ist, diesen Bescheid zurückzunehmen. Eine Entscheidung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung selbst war weder mit der Klage beantragt, noch war eine bestimmte Feststellung Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Die Beklagte hat noch kein Verwaltungsverfahren nach § 7a Abs. 3 bis 6 SGB IV eingeleitet und keine materielle Entscheidung über den Status des Klägers getroffen, so dass insoweit keine gerichtlich überprüfbare Entscheidung vorliegt. Sie hat allein unzutreffender Weise ihre Zuständigkeit abgelehnt und war demzufolge zu verurteilen, den entgegenstehenden Bescheid aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved