L 34 AS 1592/10 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
34
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 2 AS 1272/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 34 AS 1592/10 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 20. Juli 2010 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 20. Juli 2010, mit dem dieses die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 2 AS 1272/09 für die dortigen Kläger zu 2) und 3), mit dem diese im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Zusicherung für ihren Umzug in die Wohnung Jin Nbegehren, abgelehnt hat, ist nicht begründet.

Nach § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt, da der Klage die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt. Dabei geht der Senat allerdings anders als das Sozialgericht nicht davon aus, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage bezüglich der dortigen Kläger zu 2) und 3) bereits wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig ist. Das Begehren der Kläger hatte sich bereits mit dem Umzug in die neue Wohnung zum 1. September 2008 erledigt. Eine Erledigung liegt vor, wenn ein Ereignis den prozessualen Anspruch gegenstandslos gemacht hat oder eine Lage eingetreten ist, die eine Entscheidung erübrigt oder ausschließt, insbesondere bei Wegfall des Rechtsschutzinteresses an dem Primäranspruch oder der sich aus dem Verwaltungsakt ergebenden Beschwer (vgl. Bolay in Lüdtke [Hrsg.], Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 3. Auflage, § 131 Rn. 11 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entfällt das Rechtsschutzinteresse auf Erteilung einer gesonderten Zusicherung als vorgreiflicher Teilregelung für die Übernahme angemessener Unterkunftskosten wegen grundsätzlicher Erforderlichkeit eines Umzugs dann, wenn aufgrund eines zwischenzeitlich vollzogenen Wohnungswechsels nunmehr in einem anderen Streitverfahren wegen der Höhe der Unterkunftskosten über den Gegenstand einer möglichen Zusicherung selbst zu befinden ist (Urteil vom 6. April 2011, Az. B 4 AS 5/10 R, dokumentiert in juris und zu finden unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Vorliegend streiten zwar die Kläger, soweit ersichtlich, nicht in einem eigenständigen Klageverfahren über die Höhe der Unterkunftskosten für den Zeitraum von September 2008 bis August 2009, das Rechtsschutzinteresse für eine Klage gegen den die Zusicherung ablehnenden Bescheid [hier vom 7. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2009] dürfte jedoch dennoch entfallen seien, da nach einem erfolgten Umzug die Zusicherung keine Wirkungen mehr entfalten kann. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der im hier in Rede stehenden Zeitraum geltenden Fassung (SGB II a. F.) soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Dabei hat die Zusicherung lediglich Aufklärungs- und Warnfunktion. Sie zielt allein darauf ab, vor Vertragsschluss und einem Umzug dem Hilfebedürftigen Klarheit über die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu verschaffen und so Streitigkeiten über die Angemessenheit vorzubeugen. Nach erfolgtem Umzug wirkt ein Verstoß gegen die Obliegenheit der vorherigen Zustimmung nicht auf die Übernahme der angemessenen Kosten. Rechtsfolge ist allein, dass es in Umzugsfällen keinen befristeten Bestandsschutz nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. gibt (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage, § 22 Rn. 79 m.w.N.). Das Erfordernis vorheriger Zusicherung seitens des kommunalen Trägers stellt keine Anspruchsvoraussetzung dar; infolgedessen kommt eine Kostenübernahme auch dann in Betracht, wenn der Hilfebedürftige nicht zuvor die Zusicherung des kommunalen Trägers einholt (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage, § 22 Rn. 66 mit Hinweis zur Rechtsprechung des BSG). Vorliegend hätten sich die Kläger gegen den Bescheid wenden müssen, der die Kosten der Unterkunft für die neue Wohnung festgesetzt hat, hier den Bescheid vom 22. Oktober 2008 und den Änderungsbescheid vom 8. Dezember 2008 sowie den Bescheid vom 8. Dezember 2008 und die Änderungsbescheide vom 27. April 2009. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage bzw. auch bereits ein Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung der Zusicherung war damit bereits ab dem Umzug zum 1. September 2008, und damit weit vor Klageerhebung (wobei streitig ist, wann diese genau erfolgte, frühestens jedoch am 22. Juli 2009) entfallen. Dies hat im Übrigen auch der Prozessbevollmächtigte der Kläger so gesehen, da er sonst nicht einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 7. Juli 2008 gestellt hätte sowie das Sozialgericht, das der Klägerin zu 1) (erst) nach Stellung des Fortsetzungsfeststellungsantrags Prozesskostenhilfe gewährt hat.

War jedoch das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, und zwar vor Klagerhebung, braucht eine Klagefrist nicht eingehalten zu werden (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG -vom 14. Juli 1999, Az. 6 C 7/98, dokumentiert in juris und in BVerwGE 109, 203; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage, § 131 Rn. 7d m.w.N.).

Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage besteht dennoch nicht, da ein Rechtsschutzinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht gegeben ist. Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann (vgl. Keller, a.a.O., vor § 51 Rn. 16a). Dies ist vorliegend der Fall. Die Kläger hätten sich, um ihr Klageziel zu erreichen, gegen die Bescheide wenden müssen, mit denen (lediglich) Kosten der Unterkunft in Höhe der Miete der alten Wohnung bewilligt wurden. Diese Bescheide sind nach Aktenlage jedoch bestandskräftig geworden. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Kläger ihr Klageziel nicht auf einfachere Weise erreichen könnten. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 31. Juli 2009 dürfte als Überprüfungsantrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) anzusehen sein. Weiter dürfte es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 29. September 2009 um einen Bescheid handeln, da darin die Übernahme der vollständigen Mietkosten abgelehnt wurde. In dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 13. Oktober 2009 dürfte wiederum ein Widerspruch gegen diesen Bescheid zu sehen sein, der bisher von dem Beklagten offensichtlich nicht beschieden ist. Die Kläger müssten zunächst die Bescheidung dieses Widerspruches verfolgen, gegebenenfalls im Wege der Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG. Innerhalb des Überprüfungsverfahrens wäre auch zu prüfen, ob, gegebenenfalls auch im Wege des Herstellungsanspruchs, wie vom Prozessbevollmächtigten der Kläger geltend gemacht, eine Zusicherung hätte erteilt werden müssen und dann die (höheren) Kosten der Unterkunft für die Wohnung in N übernommen werden müssten. Dem steht auch nicht entgegen, dass gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der Neufassung vom 13. Mai 2011, BGBl. I Seite 1114, für Überprüfungsverfahren abweichend von § 44 Abs. 4 SGB X Leistungen nicht für einen Zeitraum von vier Jahren, sondern (nur) von einem Jahr vor der Rücknahme zu erbringen sind. Abgesehen davon, dass für den im Juli 2009 gestellten Antrag noch der Vierjahreszeitraum gelten dürfte, wäre selbst bei Annahme einer Einjahresfrist diese erfüllt.

Auch aus dem Gesichtspunkt, dass eventuell Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden sollen, besteht kein Rechtsschutzinteresse für die Fortsetzungsfeststellungsklage. Sofern der gestellte Überprüfungsantrag Erfolg hat, wäre kein Schaden entstanden, sofern er keinen Erfolg hat, wäre die notwendige Prüfung von Vorfragen bereits in diesem Verfahren erfolgt und damit dann auch kein Feststellungsinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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