L 4 KR 2627/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 4057/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2627/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Beitragspflicht einer Kapitalzahlung aus Lebensversicherungsverträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung.

Der am 1943 geborene Kläger ist seit 01. März 2004 als Rentner pflichtversichertes Mitglied der beiden Beklagten. Für den Kläger schloss dessen damalige Arbeitgeberin, die B. GmbH in L., zum 01. November 1980 eine Lebensversicherung (XXX-00) bei der Hannoversche Leben ab. Es sollten die Bestimmungen des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung (BetrAVG) gelten. Ablauftermin war 01. November 2007 (vgl. zuletzt Nachtrag zum Versicherungsschein vom 01. September 2003). Der Kläger wechselte zum 01. Juli 1983 zur M.-T. GmbH & Co. KG in Frankfurt/Main und zum 01. Oktober 1990 zur E. W. GmbH. Beide Arbeitgeber führten die Direktversicherung und die Beitragszahlung in derselben Weise fort. Zum 01. November 1990 wurde eine weitere Lebensversicherung abgeschlossen (YYY-01), für welche die gleichen Bedingungen galten. Zum 01. September 2003 (so die vom Kläger vorgelegten Versicherungsscheine) oder zum 01. November 2004 (so die Angaben der Hannoversche Leben in der Auskunft vom 20. April 2011) wurden die Versicherungsverträge auf den Kläger als Versicherungsnehmer umgeschrieben und beitragsfrei gestellt. Bis zur Umschreibung erfolgte die Zahlung der Beiträge durch die Arbeitgeber im Wege der Gehaltsumwandlung. Zum Ablauftermin zahlte die Hannoversche Leben dem Kläger aus diesen Lebensversicherungen EUR 70.463,86 (XXX-00) und EUR 6.843,84 (YYY-01) aus.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2008 meldete die Hannoversche Leben der Beklagten zu 1) den Ablauf der Lebensversicherungen am 01. November 2007 und ein meldepflichtiges Guthaben von EUR 70.463,86 bzw. EUR 6.843,84. Durch Bescheid vom 06. März 2008 setzte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) monatliche Beiträge aus der Kapitalleistung der ersten Lebensversicherung ab 01. Dezember 2007 von EUR 84,56 zur Krankenversicherung und von EUR 9,98 zur Pflegeversicherung, zusammen EUR 94,54 fest. Für die Beitragsberechnung legte sie monatlich 1/120 der Zahlung (= EUR 587,20) sowie die Beitragssätze von 14,4 v.H. (13,5 v.H. zuzüglich Zusatzbeitrag von 0,9 v.H.) zur Krankenversicherung und 1,7 v.H. zur Pflegeversicherung zugrunde. Mit weiterem Bescheid vom 19. August 2008 setzte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) monatliche Beiträge aus den Kapitalleistungen beider Lebensversicherungen ab 01. Dezember 2007 von EUR 92,77 zur Krankenversicherung und von EUR 10,95 zur Pflegeversicherung, zusammen EUR 103,72, ab 01. April 2008 von EUR 94,70 zur Krankenversicherung und von EUR 10,95 zur Pflegeversicherung, zusammen EUR 105,65 sowie ab 01. Juli 2008 von EUR 94,70 zur Krankenversicherung und von EUR 12,56 zur Pflegeversicherung, zusammen EUR 107,26 fest. Für die Beitragsberechnung legte sie zusätzlich monatlich 1/120 der Zahlung der zweiten Lebensversicherung (= EUR 57,03) sowie die Beitragssätze von 14,4 v.H. (13,5 v.H. zuzüglich Zusatzbeitrag von 0,9 v.H.), ab 01. April von 14,7 v.H. (13,8 v.H. zuzüglich Zusatzbeitrag von 0,9 v.H.) zur Krankenversicherung sowie von 1,7 v.H., ab 01. Juli 2008 von 1,95 v.H. zur Pflegeversicherung zugrunde. In beiden Bescheiden führte sie aus, rentenähnliche Einnahmen seien beitragspflichtig, auch Versorgungsbezüge, die als einmalige Kapitalleistung gezahlt würden und Kapitalabfindungen, die an die Stelle von monatlich gezahlten Versicherungsbezügen träten, unterlägen der Beitragspflicht. Die Berücksichtigung erfolge längstens für 120 Monate.

Der Kläger erhob gegen beide Bescheide Widerspruch. Mit den Rentnern werde jetzt "schlichtweg Raubrittertum" veranstaltet. Die gesetzliche Regelung der Beitragsbelastung von Kapitalleistungen der Direktversicherung stelle einen unzulässigen Eingriff in bestehende Eigentumsrechte und einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. Im Übrigen sei der Vertrauensschutz verletzt worden, da bei Vertragsabschluss 1980 ausdrücklich eine steuer- und abgabenfreie Auszahlung in Aussicht gestellt worden sei. Die damalige Bundesregierung habe die betriebliche Altersvorsorge stets ausdrücklich in diesem Sinne favorisiert. Wenn er, der Kläger, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die spätere Beitragslast gekannt hätte, hätte er einen Vertrag wie vorliegend nicht abgeschlossen, weil jeglicher Anreiz steuerlicher oder versicherungsrechtlicher Art entfallen wäre. Auch wenn nur eine so genannte unechte Rückwirkung vorliege, sei diese verfassungsrechtlich unzulässig, weil ihr das schutzwürdige Vertrauen des Betroffenen entgegenstehe. Im Übrigen sei die Versicherung von vornherein für die Tilgung des Hypothekendarlehens vorgesehen und auch so gehandhabt worden. Es könnten jetzt nicht Beiträge aus einem fiktiven Kapital verlangt werden, welches niemals zur Verfügung gestanden habe.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1), der soweit Beiträge zur Pflegeversicherung Gegenstand des Verfahrens sind, auch die Aufgaben des Widerspruchsausschusses der Beklagten zu 2) wahrnimmt, wies die Widersprüche zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2008). Der Beitragsbemessung bei versicherungspflichtigen Rentnern gemäß § 237 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) würden als Versorgungsbezüge auch Renten der betrieblichen Altersversorgung zugerechnet (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Die Beitragspflicht bestehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unabhängig davon, wer die Beiträge gezahlt habe. Der Gesetzgeber habe im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKG-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) mit Wirkung vom 01. Januar 2004 ergänzend bestimmt, dass auch dann, wenn eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden sei, diese ebenfalls beitragspflichtig und auf die Beitragsbemessung umzulegen sei. Damit solle eine gleichmäßige Behandlung aller Betroffenen gewährleistet sein. Für die Pflegeversicherung gelte dies gemäß § 57 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gleichermaßen. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Ab dem Ersten des auf die Auszahlung der Kapitalleistung folgenden Monats, also dem 01. Dezember 2007, bestehe die Beitragspflicht für längstens 120 Monate. Unerheblich sei, zu welchem Zweck die Leistung eingesetzt worden sei. Das BSG habe mehrmals entschieden, dass ein formaler Bezug zum Arbeitsleben genüge und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe dies inzwischen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen (Nichtannahmebeschluss vom 07. April 2008 - 1 BvR 1924/07 -).

Am 10. Dezember 2008 erhob der Kläger zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Er wiederholte sein Vorbringen im Widerspruch und machte ergänzend geltend, der Staat entwerte jetzt die zur Abdeckung von Versorgungslücken eingeführte Direktversicherung. Es werde gerade das Versorgungskapital abgeschöpft, das unter Vorspiegelung von Sozialversicherungsfreiheit gefördert worden sei. Er, der Kläger, fühle sich vorsätzlich getäuscht. Da die ausgezahlten Beträge wie von vornherein geplant zur Schuldentilgung gedient hätten, hätten diese ihm nicht zur Verfügung gestanden. Er erhebe den Einwand der Entreicherung.

Die Beklagte zu 1) trat der Klage entgegen und verwies auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 07. April 2008 (1 BvR 1924/07). Zu welchem Zweck die Kapitalleistung eingesetzt werde, sei unerheblich.

Durch Gerichtsbescheid vom 13. Mai 2009 wies das SG, das allein die zu 1) beklagte Krankenkasse als Beklagte führte, die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, mehrere Landessozialgerichte (LSG) und das BSG hätten nicht an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen gezweifelt. Dies habe das BVerfG im Nichtannahmebeschluss vom 07. April 2008 bestätigt. Werde die Rente im Sinne von § 1a BetrAVG von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt oder beruhe sie auf einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung, sei es unerheblich, von wem die Beiträge getragen worden seien. Die Beitragspflicht richte sich nach der Institution, welche die Rente zahle, oder dem Versicherungstyp. Damit sei die Abgrenzung gegenüber beitragsfreien sonstigen Renten aus privaten Lebensversicherungen gewährleistet. Auf die Verwendung des Kapitals - hier Hausfinanzierung - komme es nicht an.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09. Juni 2009 beim LSG Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, er sei nach wie vor der Auffassung, eine im Sinne der Altersvorsorge abgeschlossene Versicherung könne nicht nachträglich mit einer Belastung von über 16 v.H. geschmälert werden. Die 1980 abgeschlossene Versicherung sei steuerlich gefördert worden. Auch verbleibe er bei der Rüge einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, weil eine Direktversicherung von Privatversicherten nicht zur Zahlung von Beiträgen herangezogen werde. Die Zahlung der Beiträge in Form der Gehaltsumwandlung habe er gewählt, damit er den gewährten Steuervorteil in Form einer Pauschalversteuerung habe annehmen können. Er habe deshalb die Beiträge stets aus seinem Nettoentgelt gezahlt. Es sei unverständlich, wenn der Gesetzgeber nun den Begriff "betriebliche Kapitalleistung" verwende, wenn der Versicherte die Beiträge ausschließlich selbst bezahle. Die Zinsen und Gewinnanteile, die nach seiner Eintragung als Versicherungsnehmer ab 01. September 2003 angefallen seien, dürften nicht bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden. Der Kläger hat auf Anforderung auszugsweise Gehaltsunterlagen aus seinen Beschäftigungsverhältnissen sowie den Nachtrag vom 01. September 2003 zum Versicherungsschein vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Mai 2009 und die Bescheide vom 06. März 2008 und 19. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2008 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG die Beitragspflicht weiterhin für gegeben.

Der Senat hat die Auskünfte der Hannoversche Leben vom 23. Februar, 20. April und 13. Mai 2011 eingeholt. Die Beitragszahlungen beider Verträge hätten sich auf den betrieblichen Teil der Vertragslaufzeit beschränkt, da beide Verträge nach der privaten Übernahme durch den Versicherten (den Kläger) beitragsfrei gestellt worden seien. Private Zeiten seien nicht zu berücksichtigen. Das Versicherungsguthaben habe zum 31. Oktober 2004 EUR 60.856,39 betragen und sei beitragsfrei stehengelassen worden bis zum Ablauftermin am 01. November 2007. In die Verträge seien mithin keine privaten Beitragszahlungen geflossen. Der Anteil der Ablaufleistung in Bezug auf die beitragsfreie Weiterführung des Vertrags durch den neuen Versicherungsnehmer betrage 100 v.H ...

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten zu 1) vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten zu 1) vom 06. März 2008 und 19. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2008. Danach ergangene Bescheide zur Höhe der Beiträge wegen der Kapitalleistungen, die die Hannoversche Leben dem Klägers zum 01. November 2007 auszahlte, sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit auf die ursprünglich mit der Klage angefochtenen Bescheide begrenzt.

Die genannten streitbefangenen Bescheide sind hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung von der Beklagten zu 2) erlassen worden. Dies kommt in ihnen hinreichend zum Ausdruck, weil in den Bescheiden der Beklagten zu 1) vom 06. März 2008 und 19. August 2008 ausdrücklich angegeben ist, sie seien auch im Namen der Beklagten zu 2) erlassen, und im Widerspruchsbescheid ausdrücklich angegeben ist, dass dieser hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung auch die Aufgaben des Widerspruchsausschusses der Beklagten zu 2) wahrnimmt. Bescheide sind nur dann der Pflegekasse zuzurechnen, wenn diese eindeutig als Urheber erkennbar ist (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 P 3/06 R - SozR 4-3300 § 26 Nr. 1). Erforderlich ist, dass aus dem Bescheid erkennbar ist, dass er (auch) von der Pflegekasse stammt. Soweit die Pflegekasse im Bescheid nicht als erlassende Behörde genannt wird, erfordert ein solcher gemeinsamer Bescheid, dass er den Zusatz enthält, er ergehe zugleich im Namen der Pflegekasse (seit 01. Juli 2008: § 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI), damit für den Beitragsschuldner ersichtlich wird, dass erlassende Behörde zugleich auch die Pflegekasse ist und sich die Klage ggfs. auch gegen die Pflegekasse richten muss, die weiterhin passivlegitimiert bleibt.

Da auch die Beklagte zu 2) erlassende Behörde der streitbefangenen Bescheide ist und der Kläger sich von vornherein auch gegen die Beiträge zur Pflegeversicherung aus den ausgezahlten Kapitalleistungen gewandt hat, hat der Senat das Rubrum ergänzt und die bei der Beklagte zu 1) errichtete Pflegekasse als Beklagte zu 2) geführt.

2. Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 13. Mai 2009 im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Beklagten die in den Bescheiden vom 06. März 2008 und vom 19. August 2008 (Widerspruchsbescheid vom 11. November 2008) errechneten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung aus den Kapitalleistungen, die die Hannoversche Leben dem Kläger zum 01. November 2007 auszahlte, zu Recht fordern. Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 237 Satz 1 SGB V werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung zugrundegelegt (1.) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, (2.) der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und (3.) das Arbeitseinkommen. Von den für versicherungspflichtige Beschäftigte geltenden Bestimmungen gilt u.a. § 229 entsprechend (vgl. § 237 Satz 2 SGB V). § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestimmt: Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, (u.a.). (5.) Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der Hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. § 229 Abs. 1 Satz 3 in der mit Wirkung vom 01. Januar 2004 geltenden Fassung durch das GMG lautet: Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein 120stel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate. Die Beiträge aus den beitragspflichtigen Einnahmen nach § 236 Abs. 1 SGB V sind von den Versicherungspflichtigen allein zu tragen (vgl. § 250 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Diese Bestimmungen gelten für die soziale Pflegeversicherung entsprechend (vgl. § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). In der Krankenversicherung gilt bei Versicherungspflichtigen für die Bemessung der Beiträge der allgemeine Beitragssatz (vgl. § 248 Satz 1 SGB V), in der Pflegeversicherung der Beitragssatz von 1,7 v.H., seit 01. Juli 2008 1,95 v.H. (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).

Die dem Kläger von der Hannoversche Leben zum 01. November 2007 ausgezahlten einmaligen Kapitalleistungen sind Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, die der Beitragsbemessung ab 01. November 2007 zugrunde zu legen sind. Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gehören auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 BetrAVG gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Sie ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll. Dieser Versorgungszweck kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben. Unerheblich ist, ob der Abschluss nach Auffassung aller Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolgt. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (BSG, Urteil vom 13. September 2006 - B 12 KR 5/06 R - in SozR 4-2500 § 229 Nr. 4; B 12 KR 1/06 R und B 12 KR 17/06 R; weiterführend Urteile vom 12. November 2008 - B 12 KR 9/08 R, B 12 KR 9/08 R und 10/08 R - jeweils veröffentlicht in Juris). Die dem Kläger ausgezahlten einmaligen Kapitalleistungen beruhen auf einer Direktversicherung. Versicherte Person war der Kläger. Versicherungsnehmer waren zunächst die jeweiligen Arbeitgeber des Klägers, der Kläger erst nach der Umschreibung zum 01. September 2003 (so die vom Kläger vorgelegten Versicherungsscheine) oder zum 01. November 2004 (so die Angaben der Hannoversche Leben in der Auskunft vom 20. April 2011). Beiträge entrichteten die Arbeitgeber bis zum Zeitpunkt der Umschreibung durch Gehaltsumwandlung. Nach der Umschreibung wurden keine Beiträge mehr entrichtet, auch nicht durch den Kläger. Dies ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen sowie den Auskünften der Hannoversche Leben. Da - auch nach dem Vortrag des Klägers - nach der Umschreibung keine Beiträge mehr entrichtet wurden, kann der richtige Zeitpunkt der Umschreibung der Versicherungen auf den Kläger dahingestellt bleiben.

Der Beitragspflicht der von der Hannoversche Leben zum 01. November 2007 ausgezahlten einmaligen Kapitalleistungen steht nicht entgegen, dass der Kläger die Versicherungsleistungen zur Schuldentilgung verwandt hat. Die zum Ende der Laufzeit angefallenen Beträge wurden an den Kläger ausgezahlt. Damit gehörten sie zu seinen beitragspflichtigen Einnahmen. Dass er anschließend über diese beitragspflichtigen Einnahmen verfügt hat, vermindert die Beitragsbemessung nicht (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2010 - B 12 KR 4/09 R - in juris zu Kapitalerträgen aus einer zur Sicherung einer Darlehensforderung abgetretenen Lebensversicherung).

Die Beitragspflicht auch der einmalig gezahlten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, insbesondere der Direktversicherungen, verstößt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteile vom 12. November 2008 - B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R - jeweils m. w. N.) und des BVerfG (Nichtannahmebeschlüsse vom 07. April 2008 1 BvR 1924/07 - und 06. September 2010 - 1 BvR 739/08 - und Kammerbeschluss vom 28. September 2010 - 1 BvR 1660/08 -), der der Senat folgt, nicht gegen das Verfassungsrecht. Das BVerfG hat in den Beschlüssen vom 06. und 28. September 2010 jeweils noch einmal bestätigt, dass die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art. 14, 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt. Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sieht das BVerfG nur dann, wenn auch diejenigen Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (Kammerbeschluss vom 28. September 2010).

Der Kläger vermag sich gegen diese Beitragspflicht nicht mit Erfolg aufgrund der von ihm vorrangig im Verfahren vorgetragenen Auffassung zu wenden, er habe durchgängig vom 01. November 1980 bis zur Umschreibung die Beiträge für die Lebensversicherungsverträge bei der Hannoversche Leben allein aus seinem Nettoentgelt getragen. Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gehören auch Renten, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 BetrAVG gezahlt werden, unabhängig davon, ob sie zum Teil oder ganz auf Leistungen des Arbeitnehmers oder des Bezugsberechtigten beruhen. Diese institutionelle Abgrenzung, die sich allein daran orientiert, ob die Rente von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird und Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt lässt, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG im Vergleich mit sonstigen, nicht zur Beitragsbemessung heranzuziehenden Zahlungen aus privaten Renten- und Lebensversicherungsverträgen (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1996 - 12 RK 21/95 - SozR 3-2500 § 229 Nr. 13; vom 13. September 2006 - B 12 KR 5/06 R - und vom 25. April 2007 - B 12 KR 25/05 R, alle in Juris). Diese Rechtsprechung ist im Urteil des BSG vom 12. Dezember 2007 - B 12 KR 6/06 R - (in Juris) nochmals bestätigt worden, freilich mit dem vom BVerfG später im Kammerbeschluss vom 28. September 2010 beanstandeten Satz, es sei auch unerheblich, ob die Leistungen aus Direktversicherungen auf Beiträgen des Arbeitnehmers "während oder nach Ende des Arbeitsverhältnisses" beruhten.

Der Grundsatz, dass während des Arbeitsverhältnisses aus dem Nettoentgelt des Arbeitnehmers gezahlte Beiträge nicht von der Beitragspflicht befreien, ist im Beschluss des BVerfG vom 06. September 2010, in welchem die betreffende Verfassungsbeschwerde gemäß § 93b i. V. mit § 93a Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) nicht zur Entscheidung angenommen worden ist, als verfassungsmäßig bestätigt worden. Hiernach ist die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, insbesondere den Betroffenen zumutbar, weil der Gesetzgeber berechtigt ist, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner zu entlasten und Letztere entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen. Der Vertrauensschutz der betroffenen Versicherten wird hierbei nicht unzumutbar beeinträchtigt (vgl. schon Beschluss des BVerfG vom 07. April 2008 - 1 BvR 1924/07 - in Juris). Hieran ändert es nichts, dass der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist. Die Äquivalenz von Beitrag und Risikoabsicherung ist durch einen Beitrag auf berufsbezogene Versorgungsbezüge des Rentners nicht gestört. Auch ist nach Darlegung des BVerfG nicht zu beanstanden, dass der Rentenbezieher auf die ausgezahlten Kapitalleistungen der betrieblichen Direktversicherung Beiträge nach dem vollen allgemeinen Beitragssatz seiner Krankenkasse zu zahlen hat (vgl. ebenfalls Beschluss des BVerfG vom 07. April 2008). Im zuletzt zitierten Beschluss (vgl. dort RdNr. 36) hat das BVerfG bereits dargelegt, dass die Belastung nicht wiederkehrend gezahlter Versorgungsleistungen mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen beurteile (Verweis u.a. auf Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvL 4/96 -). Die angegriffene Regelung greift mit Wirkung für die Zukunft in ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis ein und gestaltet dieses zum Nachteil für die betroffenen Versicherten um. Solche Regelungen sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und entsprechen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvL 4/96 -). Die strittige Regelung genügt nach Auffassung des BVerfG diesen Grundsätzen. Die Versicherten konnten, nachdem der Gesetzgeber mit dem Rentenanpassungsgesetz 1982 vom 01. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1205) laufende Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen hatte, in den Fortbestand der Rechtslage, welche die nicht wiederkehrenden Leistungen privilegierte, nicht uneingeschränkt vertrauen. Übergangsregelungen waren verfassungsrechtlich nicht geboten, vor allem auch deshalb, weil bei der Einmalzahlung von Versorgungsbezügen den Versicherten schon am Anfang der Belastung die gesamte Liquidität zur Tragung der finanziellen Mehrbelastung zur Verfügung steht. Die Höhe der hervorgerufenen Beitragsbelastung bewirkt keinen unzumutbaren Eingriff in die Vermögensverhältnisse der Betroffenen, weil diese Beitragsbelastung angesichts der Höhe der zugeflossenen Versicherungsleistungen nicht mit einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse im Sinne einer erdrosselnden Wirkung verbunden ist.

Von der im Kammerbeschluss des BVerfG vom 28. September 2010 - 1 BvR 1660/08 - nunmehr deklarierten Ausnahme, dass nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nach Übernahme der Eigenschaft als Versicherungsnehmer durch den (früheren) Arbeitnehmer entrichtete Beiträge und die hieraus erwachsenen Leistungen nicht verbeitragt werden dürfen, wird die Sache des Klägers nicht erfasst. Denn der Kläger entrichtete selbst keine eigenen Beiträge auf die Direktversicherungen. Die Versicherungsverträge sind, wie dem Vortrag des Klägers und den Auskünften der Hannoversche Leben vom 23. Februar, 20. April und 13. Mai 2011 zu entnehmen ist, ab dem Zeitpunkt der Umschreibung (01. September 2003 oder 01. November 2004) beitragsfrei gestellt worden. Mithin hat der Kläger lediglich die während der Zeit der aktiven Beschäftigung erworbenen Anwartschaften noch stehen lassen und hierdurch eine Steigerung der Auszahlungsbeträge herbeigeführt. Dies ist jedoch einer Beitragsleistung nicht gleichzustellen. Nach zwischenzeitlicher Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 30. März 2011 B 12 KR 24/09 R und B 12 KR 16/10 R - Gründe noch nicht veröffentlicht, Terminbericht Nr. 13/11 zur Terminvorschau Nr. 13/11) ist der beitragspflichtige Teil grundsätzlich in typisierender Weise prämienratierlich zu errechnen, also danach, in welchem Umfang während der Zeit der Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitgebers und der Zeit der Versicherungsnehmereigenschaft des Arbeitnehmers Prämien gezahlt wurden; nur hilfsweise kommt eine zeitratierliche Berechnung in Betracht. Die Prämienleistungen einerseits und die darauf beruhenden Ablaufleistungen andererseits müssen auf diese Weise ins Verhältnis zueinander gesetzt werden. Die unüberschaubare Vielfalt der Ausgestaltungsmöglichkeiten für Kapitalversicherungen erschwert eine Festlegung allgemeingültiger Berechnungsmodelle für die punktgenaue Zuordnung von Kapitalerträgen in jedem Einzelfall oder macht sie sogar unmöglich. Nach alledem ist nach Auffassung des BSG die vorrangige Heranziehung eines beitragsrechtlichen Maßstabs geboten. Eigene Beiträge hat der Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab 01. November 2004 nicht mehr gezahlt.

Gegen die Berechnung der Beiträge der Höhe nach in den angefochtenen Bescheiden sind Einwendungen nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nach der dargelegten gefestigten Rechtsprechung des BSG und des BVerfG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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