Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 4292/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 474/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. März 2008 abgeändert und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Oktober 2006 auch insoweit abgewiesen, als darin die Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung in Höhe von EUR 5.453,04 und zur Pflegeversicherung in Höhe von EUR 665,32 für die Zeit vom 08. Oktober 1996 bis 19. Mai 1997, 03. Juni bis 07. August 1997, 25. August 1997 bis 16. Juli 1998, 19. September 1998 bis 23. März 1999, 07. bis 31. Januar 2000, 16. März 2000, 03. Juni bis 27. Juli 2000, 20. bis 24. November 2000 sowie 01. Januar 2002 bis 30. September 2004 festgesetzt worden ist.
2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Klageverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung von Bewilligungsbescheiden und die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeiten vom 08.10.1996 bis zum 19.05.1997, 03.06. bis 07.08.1997, 25.08.1997 bis 16.07.1998, 19.09.1998 bis 23.03.1999, 07. bis 31.01.2000, 16.03.2000, 03.06. bis 27.07.2000, 20. bis 24.11.2000 sowie vom 01.01.2002 bis zum 30.09.2004 nebst der in diesen Zeiten entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.
Die am 12.09.1944 geborene türkische Klägerin war von 1971 bis zum 31.03.1994 als "Kolonnenführerin beim Abziehen" bei der Firma A. Textil GmbH und Co. in B. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer am 16.11.1993 ausgesprochenen Kündigung der Arbeitgeberin. Die Klägerin erhielt nach eigenen Angaben eine Abfindung in Höhe von 6.000,00 DM. Vom 01.04.1994 bis zum 07.10.1996 bezog sie bei einigen Unterbrechungen Arbeitslosengeld (Alg) bis zur Erschöpfung des Anspruchs. Sodann bezog sie, wiederum bei einigen Unterbrechungen, vom 08.10.1996 bis zum 30.09.2004 Anschluss-Alhi. In ihrem ersten Antrag auf Alhi hatte sie angegeben, sie und ihr Ehemann verfügten weder über Einkommen noch über Vermögen. Die Klägerin bestätigte unterschriftlich, ihre Angaben seien richtig und sie habe das "Merkblatt 1 für Arbeitslose (Ihre Rechte - Ihre Pflichten)" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen. Entsprechende Angaben der Klägerin lagen auch den Fortzahlungsanträgen zugrunde.
Im Einzelnen bezog die Klägerin Alhi wie folgt: Bemessungsentgelt wöchentlich 08.10.1996 bis 07.08.1997 DM 11.606,10 (EUR 5.934,10) DM 590 25.08.1997 bis 16.07.1998 DM 12.201,09 (EUR 6.238,32) DM 590, ab 08.10.1997: DM 580 19.09.1998 bis 22.08.1999 DM 12.395,44 (EUR 6.210,67) DM 580, ab 08.10.1998: DM 570 07.09.1999 bis 31.01.2000 DM 5.318,66 (EUR 2.719,39) DM 570, ab 08.10.1999: DM 560 16.03.2000 bis 27.07.2000 DM 4.853,48 (EUR 2.481,54) DM 560 20.11.2000 bis 29.06.2001 DM 7.907,76 (EUR 4.043,17) DM 550 05.11.2001 bis 24.05.2002 EUR 4.572,03 DM 540, ab 01.01.2002: EUR 275 07.10.2002 bis 30.09.2004 EUR 12.624,50 EUR 275, ab 08.10.2003: EUR 265 insgesamt: EUR 44.823,72
Im Anschluss an den Bezug der Alhi wechselte die Klägerin ab dem 01.10.2004 in den Bezug einer Altersrente.
Am 08.08.2005 teilte das Hauptzollamt Stuttgart der Beklagten unter Vorlage einer Ablichtung des entsprechenden Überweisungsbelegs mit, die Klägerin habe am 07. bzw. 10.01.1994 bei der Türkischen Nationalbank (TCMB) DM 30.000,00 angelegt; zudem hätten die Klägerin und ihr Ehemann ausweislich einer Mitteilung des Finanzamts B. vom 27.07.2005 in ihren Einkommensteuererklärungen Zinseinkünfte erklärt, und zwar für das Kalenderjahr 2000 DM 23.163,00, für 2002 EUR 3.969 und für 2003 EUR 11.507,00.
Die Beklagte hörte die Klägerin unter dem 22.09.2005 zu einer beabsichtigen Aufhebung der Bewilligungsbescheide und Rückforderung von Leistungen an, wobei sie die einzelnen betroffenen Zeiträume auflistete. Mit Bescheid vom 24.11.2005 nahm die Beklagte sodann die Bewilligung von Alhi "für die Zeit vom 08.10.1996 bis 30.09.2004" zurück und setzte eine Erstattungsforderung von insgesamt EUR 51.185,28 (gezahlte Alhi: EUR 43.976,05, Beiträge zur Krankenversicherung [KV]: EUR 6.198,48, Beiträge zur Pflegeversicherung [PV]: EUR 1.019,75) fest. Sie führte aus, die Klägerin habe in den Anträgen auf Bewilligung von Alhi vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig, falsche Angaben zu ihrer Vermögenssituation gemacht, weil sie ihre Spareinlagen bei der TCMB in Höhe von DM 272.506,88 (entsprechend EUR 139.330,04) nicht angegeben habe. Unter Berücksichtigung dieses Vermögens habe keine Bedürftigkeit vorgelegen.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, es sei offensichtlich, dass sie als ungelernte Arbeiterin, die langjährig in einer Textilfabrik tätig gewesen sei, niemals ein solches Vermögen habe ansparen können. Es liege daher nahe, dass sie das Konto bei der TCMB als Treuhänderin für Dritte geführt habe. Vermögen Dritter mit Ausnahme des Ehemannes sei aber nicht zu berücksichtigen. Ferner habe sich die Beklagte nicht damit auseinandergesetzt, dass möglicherweise vorhandenes Vermögen für die Alterssicherung bestimmt gewesen sei. Die Klägerin habe wegen ihrer fehlenden Ausbildung und Lücken in ihrer Erwerbsbiografie viel weniger Rentenanwartschaften sammeln können als Altersgenossinnen. Daher sei ihr die Vorsorge für das Alter besonders wichtig gewesen. Weiterhin habe die Beklagte nicht für jedes Antragsdatum geprüft, wie hoch der Freibetrag sei und welches verwertbare Vermögen vorhanden sei. Die Rücknahme umfasse einen langen Zeitraum, in dem Vermögen stark schwanken oder ganz verbraucht werden könne. Ihr, der Klägerin, sei nicht klar gewesen, dass sie bei der Antragstellung Auslandsvermögen habe angeben müssen. Außerdem seien die Daten, die Zoll und Steuerfahndung in ihren Ermittlungen gegen Banken wegen Transaktionen zur TCMB erlangt hätten, zu Lasten der Kunden nicht verwertbar. Letztlich sei die Rückforderung verjährt bzw. die Fristen zur Rücknahme der Bewilligungsbescheide seien - auch wegen einer langsamen Arbeitsweise der baden-württembergischen Arbeitsämter - abgelaufen gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten zur Zeit des ersten Antrags auf Alhi über ein Vermögen von DM 272.506,88 (EUR 139.330,04) verfügt, welches auf ein Konto bei der TCMB eingezahlt worden sei. Nachweise über den Verbrauch seien nicht vorgelegt worden. Unter Berücksichtigung des Freibetrages in Höhe von DM 16.000,00 sei die Klägerin daher im betreffenden Zeitraum nicht bedürftig gewesen. Die Klägerin habe auch zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Die ihr ausgehändigten Merkblätter hätten deutliche Hinweise zum Begriff des Vermögens enthalten. Die für eine Rücknahme vorgesehenen Fristen seien eingehalten worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.11.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das von ihr am 07.01.1994 bei der TCMB angelegte Geld in Höhe von DM 30.000,00 stamme aus der Abfindung ihres alten Arbeitgebers (DM 6.000,00), einem zuvor aufgelösten Bausparvertrag und aus eigenen Ersparnissen. Diesen Betrag habe sie zunächst für zwei Jahre fest angelegt und anschließend mehrmals um je zwei Jahre verlängert, bis sie ihn im März 2003 abgehoben und verbraucht habe. Die Klägerin hat einen Kontoauszug der TCMB vom 13.05.2004 vorgelegt. Hieraus ist zu entnehmen, dass am 07.01.1994 DM 30.000,00 eingezahlt wurden. Hierauf fielen Zinserträge am 07.01.1996 in Höhe von DM 5.340,00, am 07.01.1998 über DM 5.073,00 und am 07.01.2000 über DM 5.784,24 an. Der daraus folgende Gesamtbetrag von DM 40.857,24 wurde am 07.01.2000 in EUR 20.889,98 umgerechnet. Auf diesen fielen am 07.01.2002 weitere Zinsen von EUR 3.313,33 an. Am 20.03.2003 wurden insgesamt EUR 24.203,31 sowie Restzinsen von EUR 464,80 wieder ausbezahlt. Ferner hat die Klägerin am 03.06.1997 DM 50.000,00 eingezahlt. Hierauf fielen am 03.06.2000 Zinsen von DM 14.322,00 an. Ebenfalls am 03.06.2000 wurde das Gesamtkapital von DM 64.322,00 auf EUR 32.887,32 umgerechnet. Hierauf fielen am 03.06.2002 weitere EUR 9.061,49 Zinsen an. Dieses Kapital von letztlich EUR 41.948,81 wurde zusammen mit Restzinsen von EUR 59,91 am 07.08.2003 ausbezahlt. Zu den am 03.06.1997 eingezahlten DM 50.000,00 trug die Klägerin vor, es habe sich um Geld ihres Sohnes gehandelt, das sie treuhänderisch verwaltet habe; der Betrag setzte sich aus einem Bausparvertrag, einer Kreditaufnahme und Eigenkapital zusammen. Unterlagen zu diesem Vortrag reichte die Klägerin ungeachtet einer gerichtlichen Aufforderung vom 11.07.2007 nicht ein. Ferner trug sie vor, die Rückforderung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge entbehre einer Rechtsgrundlage.
Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat beim Amtsgericht B. (AG) gegen die Klägerin Anklage wegen Betruges in drei Fällen erhoben, nämlich wegen ihrer Angaben in den drei letzten Fortzahlungsanträgen. Ausweislich der Anklageschrift vom 26.06.2007 hatte sie das Verfahren nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt, soweit die Klägerin in ihren davor liegenden Anträgen auf Alhi vom 10.10.1996, 23.02.1998, 25.01.1999, 14.03.2000 und 20.11.2000 (ebenfalls) das vorhandene Vermögen verschwiegen habe, denn insoweit sei die Strafverfolgung verjährt. In der Hauptverhandlung vom 06.11.2007 hat das AG u. a. den Sohn der Klägerin als Zeugen vernommen. Dieser hat erklärt, seine Mutter habe 1997 auf ihren Namen - seiner Bitte aufgrund seines seinerzeit laufenden Scheidungsverfahrens entsprechend - DM 50.000,00 eingezahlt (Bl. 270 f. Strafakte). Zudem hat er ein Schreiben der Landesbausparkasse Württemberg (LBS) zu Protokoll gegeben, wonach ihm am 03.01.1997 ein Zwischenkredit in Höhe von DM 24.000,00 überwiesen worden war; ferner einen "Kontoauszug 1996" der LBS, wonach er am 31.12.1996 über ein Bausparkonto in Höhe von DM 14.110,29 DM zuzüglich eines Bonuskontos von DM 211,44 DM verfügt hatte. Das AG hat sodann im Hinblick auf die zu erwartende Verurteilung wegen der übrigen Taten das Strafverfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt, soweit es sich auf die Zeiträume vom 07.10.2002 bis 07.10.2003 sowie vom 08.10.2003 bis 30.09.2004 bezog. Mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil vom 06.11.2007 hat es sodann die Klägerin - bezogen auf den Tatzeitraum vom 05.11.2001 bis 24.05.2002 - wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Es hat ausgeführt, die Klägerin habe ab dem Jahr 2001 bei der TCMB ein Guthaben von DM 40.857,24 unterhalten. Ferner habe sie ein weiteres Guthaben von DM 64.322,00 unterhalten, das sie jedoch treuhänderisch für ihren Sohn verwaltet habe. Ihr Vermögen habe sie in dem Fortzahlungsantrag vom 09.11.2001 vorsätzlich verschwiegen. Hierdurch habe sie zu Unrecht Alhi von EUR 4.270,22 erlangt. Als Bewährungsauflage erhielt die Klägerin auch die Verpflichtung, der Beklagten insgesamt EUR 3.600,00 als Schadenswiedergutmachung zu zahlen.
Mit Verfügung vom 27.12.2007 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung des Erstattungsbescheids hinsichtlich eines Teilbetrags von EUR 32.183,88 EUR an. Den auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichteten Antrag der Klägerin vom 15.01.2008 hat das SG mit Beschluss vom 22.01.2008 zurückgewiesen (Az.: S 4 AL 215/08 ER).
Mit Urteil vom 31.03.2008 hat das SG den Bescheid vom 24.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2006 insoweit aufgehoben, als darin eine Aufhebung und Erstattung von über EUR 32.183,88 verfügt wurde; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe die Bewilligung von Alhi zurecht für die Zeit vom 08.10.1996 bis 19.05.1997, 03.06. bis 07.08.1997, 25.08.1997 bis 16.07.1998, 19.09.1998 bis 23.03.1999, 07.01. bis 31.01.2000, 16.03.2000, 03.06. bis 27.07.2000, 20. bis 24.11.2000 sowie 01.01.2002 bis 30.09.2004 zurückgenommen. Der angefochtene Bescheid sei hingegen rechtswidrig, soweit sie darüber hinaus eine Rücknahme verfügt und mehr als 32.183,88 EUR Alhi zurückgefordert habe. Die Rückforderung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 7.209,23 EUR sei ebenfalls rechtswidrig. Aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten Kontoauszüge stehe fest, dass sich das Vermögen der Klägerin am 08.10.1996 auf DM 35.340,00 einschließlich Zinsen belaufen habe. Demnach sei unter Berücksichtigung des Freibetrages von DM 16.000,00 und eines Bemessungsentgelts von DM 590,00 DM Bedürftigkeit für 32 Wochen, mithin bis 19.05.1997, zu verneinen. Hinsichtlich des am 03.06.1997 einbezahlten Betrags von DM 50.000,00 handle es sich ebenfalls um Vermögen der Klägerin, da nicht nachgewiesen sei, dass sie dieses Vermögen treuhänderisch für ihren Sohn verwaltet habe. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.05.2006 (B 11a AL 7/05 R) sei nicht von einem Treuhandverhältnis auszugehen. Die Klägerin habe nämlich über die streitgegenständlichen Konten bei der TCMB, die sie auf ihren Namen errichtet habe, die alleinige Kontoinhaberschaft und alleinige Verfügungsgewalt innegehabt. Die tatsächliche Durchführung des behaupteten Treuhandverhältnisses entspreche in keinster Weise dem zwischen fremden Dritten Üblichen. Demnach liege unter Berücksichtigung des Anlagebetrages von 50.000,00 DM und der Zinsgutschriften von DM 5.073,00 am 07.01.1998, von DM 5.784,24 am 07.01.2000 und von DM 14.322,00 am 03.06.2000 Bedürftigkeit vom 03.06.1997 bis 23.03.1999, vom 07.01.2000 bis 16.03.2000 und vom 03.06.2000 bis 24.11.2000 nicht vor. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Freibetrag von DM 16.000,00 insgesamt nur einmal und nicht bei jeder weiteren Einzahlung oder Zinszahlung in Abzug zu bringen sei. Für die Zeit ab 01.01.2002 sei die Bedürftigkeit vollständig entfallen, da ab diesem Zeitpunkt mit Inkrafttreten der Alhi-Verordnung 2002 das Verbot der sogenannten Doppelanrechnung weggefallen sei. Ein Wertungswiderspruch zum Urteil des AG ergebe sich schon deshalb nicht, weil der Straftatbestand des Betruges auf der subjektiven Seite eine Absicht voraussetze, während die Rücknahmevoraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB X schon beim Vorliegen von grober Fahrlässigkeit erfüllt seien. Insoweit habe die Klägerin gegenüber der Beklagten grob fahrlässig gehandelt, als sie ihr Vermögen jeweils nicht angegeben habe. Ggf. hätte sie sich aufgrund ihrer eingeschränkten Deutschkenntnisse der Hilfe eines Dolmetschers bedienen müssen. Auf die Richtigkeit ihrer eigenen rechtlichen Beurteilung, der zufolge die bei der TCMB unter ihrem Namen geführten Vermögensbeiträge ihr nicht zuzurechnen seien, habe sich die Klägerin nicht verlassen dürfen. Vielmehr wäre sie verpflichtet gewesen, der Beklagten durch Angabe des Bankguthabens bei der TCMB die rechtliche Bewertung der entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermöglichen. Die Beklagte habe auch die für eine rückwirkende Rücknahme geltende Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beachtet, da sie erst am 08.08.2005 vom entscheidungserheblichen Sachverhalt erfahren habe. Für eine Erstattung der geltend gemachten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge existiere seit dem 01.01.2005 allerdings keine Rechtsgrundlage mehr, nachdem in der einschlägigen Regelung des § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) der Begriff "Arbeitslosenhilfe" gestrichen worden sei.
Gegen das ihr am 16.06.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 09.07.2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Das SG habe zu Unrecht angenommen, dass es für die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab dem 01.01.2005 keine Rechtsgrundlage mehr gebe.
Die Klägerin hat gegen das Urteil des SG, das ihr am 20.06.2008 zugestellt worden ist, am 11.07.2008 Berufung eingelegt.
Mit Beschluss vom 23.03.2009 hat der Senat das Berufungsverfahren (anfängliches Az.: L 3 AL 3250/08) zum Ruhen gebracht, nachdem sich beide Parteien im Hinblick auf Verfahren beim BSG damit einverstanden erklärt hatten.
Nachdem das BSG mit Urteilen vom 07.10.2009 entschieden hat, dass es auch ab dem 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von Kranken- und Pflege¬versicherungs-bei¬trägen, die auf Grund einer Alhi-Gewährung entrichtet wurden, gibt, hat die Beklagte am 25.01.2010 das ruhende Berufungsverfahren wieder angerufen.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 24.08.2010 hat die Beklagte die Berufung zurückgenommen, soweit sie sich auf die Rückforderung von KV-Beiträgen in Höhe von mehr als EUR 5.453,04 EUR und auf die Rückforderung von PV-Beiträgen in Höhe von mehr als EUR 665,32 bezieht. Auf die Hinweise des Senats in der - ersten - mündlichen Verhandlung am 13.10.2010, wonach jene Zinsgutschriften, die während eines Anspruchs auf Alhi angefallen seien, womöglich als Einkommen und nicht als Vermögen berücksichtigt werden müssten, hat die Beklagte eine Vergleichsberechnung angestellt, bei der sie die Zinsgutschriften vom 07.01.2000 und 03.06.2000 als Einkünfte eingestuft und letztlich auf einen noch höheren Rückerstattunsbetrag hinsichtlich der Alhi gekommen ist als das SG in dem angegriffenen Urteil angenommen hat. Wegen der Berechnung im Einzelnen und der weiteren Ausführungen der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 02.12.2010 verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. März 2008 abzuändern und die Klage gegen den Bescheid vom 24. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2006 auch insoweit abzuweisen, als darin die Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung in Höhe von EUR 5.453,04 und zur Pflegeversicherung in Höhe von EUR 665,32 für die Zeit vom 08. Oktober 1996 bis 19. Mai 1997, 03. Juni bis 07. August 1997, 25. August 1997 bis 16. Juli 1998, 19. September 1998 bis 23. März 1999, 07. bis 31. Januar 2000, 16. März 2000, 03. Juni bis 27. Juli 2000, 20. bis 24. November 2000 sowie 01. Januar 2002 bis 30. September 2004 festgesetzt werden, 2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. März 2008 abzuändern und den Bescheide der Beklagten vom 24. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2006 insgesamt aufzuheben und 2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Leistungsakten der Beklagten und auf die beigezogenen Akten des AG (28 Js 10647/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und Berufungsausschließungsgründe nicht vorliegen. Sie ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat zurecht die Leistungsbewilligungen in vollem Umfang für die hier noch streitigen Zeiträume zurückgenommen und die erbrachten Alhi-Leistungen von der Klägerin zurückgefordert, wie das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat. Zur weiteren Darstellung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
a) Die im streitgegenständlichen Zeitraum vorhandenen Kapitalanlagen bei der TCMB sind der Klägerin zuzuordnen. Ebenso war es der Klägerin zumutbar, diese Guthaben zu verwerten.
aa) Für die erste Einzahlung vom DM 30.000,00 ist dies offensichtlich, denn der Einzahlungsbeleg vom 07.01.1994 trägt ihre Daten; auch hat sie im gesamten Verfahren nicht bestritten, dass es sich dabei um ihre Gelder, nämlich ihre Altersvorsorge, gehandelt hat.
bb) Für den am 03.06.1997 eingezahlten Betrag von 50.000,00 DM gilt das Gleiche. Hier hat die Klägerin zwar vorgetragen, dass es sich ausschließlich um von ihr treuhänderisch angelegtes Vermögen ihres Sohnes gehandelt habe. Dass dem so war, vermag der Senat jedoch nicht als nachgewiesen anzusehen.
Ein Treuhandvertrag ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in Ausübung und der sich daraus im Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt. Der Treuhänder erwirbt ein Vermögensrecht hinzu. Er ist aber zugleich mit einer schuldrechtlichen Verpflichtung auf Herausgabe des Treuguts belastet, die, wenn sie nicht unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lastet, grundsätzlich erst bei der Frage der Verwertbarkeit oder Zumutbarkeit Berücksichtigung finden kann (BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 11a AL 19/06 R, Juris Rn. 15).
Ein entsprechendes Treuhandverhältnis wurde nicht offengelegt. Die Geldanlagen bei der TCMB erfolgten auf den Namen der Klägerin, welche gegenüber der TCMB Forderungsinhaberin war. Dies allein führt jedoch, worauf das SG unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG (u. a. Urteil vom 24.05.2006, B 11a AL 7/05 R, Juris) zu Recht ausgeführt hat, noch nicht dazu, ein Treuhandverhältnis zu verneinen, denn es gibt keinen Rechtsgrundsatz dahingehend, dass sich jemand am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen müsse. Im Rahmen der Amtsermittlung ist vielmehr nach Ausschöpfung aller verfügbaren Erkenntnisquellen die tatsächliche Feststellung zu treffen, ob das von der Klägerin behauptete Treuhandverhältnis so vereinbart worden ist. Dabei ist nach den Vorgaben des BSG ein strenger Maßstab anzulegen. Schuldverpflichtungen unter Angehörigen oder nahestehenden Dritten sind nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten üblichen entsprechen (BSG, a.a.O., Rn. 27 m.w.N.).
Einem solchen Fremdvergleich hält der hier vorliegende Geschehensablauf nicht stand. Die Klägerin hat zwar behauptet, der von ihr bei der TCMB angelegte Geldbetrag von 50.000,00 DM entstamme nicht ihrem Vermögen, sondern gehöre ihrem Sohn, der dies in seiner Aussage vom 06.11.2007 vor dem AG bestätigt hat. Schriftliche Unterlagen darüber, dass der Geldbetrag von 50.000,00 DM von dem Sohn tatsächlich an die Klägerin geflossen ist, gibt es indessen weder in Form von Kontoauszügen noch von Quittungen. Es existieren auch keine Unterlagen über etwaige Rückzahlungen der Gelder seitens der Klägerin an ihren Sohn nach der Abhebung des fraglichen Kapitals von der TCMB am 07.08.2003. Die zwischenzeitliche Rückzahlung der DM 50.000,00 nebst Zinsen hätte aber nahe gelegen, da das Scheidungsverfahren, das nach der Aussage des Sohnes vor dem AG der Grund für die angebliche damalige Treuhandabrede gewesen war, nach mehr als einem Jahrzehnt zwischenzeitlich abgeschlossen ist und daher der Grund für die angebliche Treuhandabrede entfallen ist.
Selbst wenn im fraglichen Zeitraum hier tatsächlich - unter Berücksichtigung des Kulturkreises, aus dem die Klägerin und ihr Sohn stammen - ein familiäres Vertrauensverhältnis zwischen beiden vorgelegen hätte, erschließt es sich vor dem Hintergrund, dass nach den Vorgaben des BSG (a.a.O.) ein strenger Maßstab anzulegen ist, nicht, dass es 1997 zwischen Dritten üblich war, einen Treuhandvertrag über DM 50.000 nicht nur ausschließlich mündlich abzuschließen, sondern einen solchen auch ohne jegliche schriftliche Nachweise (wie z. B. eine zumindest handschriftlich ausgestellte Quittung) durchzuführen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.05.2010, Az.: L 3 AL 169/09).
Der Senat kann sich auch deshalb nicht davon überzeugen, dass ein (verdecktes) Treuhandverhältnis vorgelegen hat, weil die Klägerin konkret erstmals in ihrem Schriftsatz an das SG vom 02.07.2007 zu der angeblichen Abrede mit ihrem Sohn vorgetragen hat, während sie zuvor nur im Rahmen von Mutmaßungen abstrakt die Möglichkeit beschrieben hatte, es könne sich um Gelder "Dritter" handeln. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, sie selbst sei kaum in der Lage gewesen, ein solches Vermögen zu bilden. Dass sie - und ihr Ehemann - in der Lage waren, bis 1994 DM 30.000,00 anzusparen, hat die Klägerin selbst eingeräumt. Bei entsprechender Lebensführung erscheint es nicht ausgeschlossen, dass bis 1997 weitere DM 50.000,00 angespart wurden, zumal dieser Betrag nach den Angaben der Klägerin aus einem - weiteren - Bausparvertrag und außerdem sogar aus einem Darlehen resultierte, also zuvor gar kein Vermögen der Klägerin war.
Insgesamt lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht feststellen, dass es sich bei der Geldanlage von 50.000,00 DM tatsächlich um Gelder des Sohnes gehandelt hat. Damit stellt sich die Frage der Beweislast. Allgemein gilt, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu Lasten desjenigen Beteiligten geht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet (objektive Beweislast). Da im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit eines Rücknahme- und Rückforderungsbescheides auf der Grundlage des § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III im Streit steht, trifft grundsätzlich die Beklagte die objektive Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides. Zu beachten ist jedoch, dass eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung dann gerechtfertigt ist, wenn in der persönlichen Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d.h. wenn eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 11a AL 19/06 R, Juris). Eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe kann sich etwa daraus ergeben, dass bei der Antragstellung Angaben zu Konten bzw. zu getroffenen Vereinbarungen unterlassen worden sind mit der Folge der Erschwerung der Aufklärung in späteren Jahren oder dass ein Geldverlust nicht belegt wird mit der Folge der Unmöglichkeit einer Plausibilitätsprüfung (vgl. LSG, Urteil vom 26.05.2009, L 12 AL 1661/08, Juris). So ist es hier: Die Klägerin hat in allen Anträgen auf Alhi die Frage nach Vermögen verneint. Sie hat ihre Geldanlagen bei der TCMB nicht angegeben. Sie hat damit die spätere Aufklärbarkeit - hier der Treuhandabrede mit ihrem Sohn - vereitelt. Dadurch ist es unmöglich geworden, den Geldfluss von dem Sohn zur Klägerin durch Kontenbewegungen oder vergleichbare Unterlagen zu belegen. Auch ihren weiteren, allerdings auch nur als Möglichkeit dargestellten, Vortrag, das Geld "könne" verbraucht gewesen sein, hat die Klägerin in keiner Weise konkretisiert oder unter Beweis gestellt. Auch zu diesem Punkt hat sie die Aufklärbarkeit vereitelt, weil sie nicht schon bei den Antragstellungen auf die Guthaben bei der TCMB hingewiesen hat. Die objektive Beweislast für die Unerweislichkeit des verdeckten Treuhandverhältnisses hat deshalb die Klägerin zu tragen.
b) Die Klägerin war entsprechend auch in jenen Zeiträumen, für die das SG die Klage abgewiesen hat (08.10.1996 bis 19.05.1997, 03.06. bis 07.08.1997, 25.08.1997 bis 16.07.1998, 19.09.1998 bis 23.03.1999, 07.01. bis 31.01.2000, 16.03.2000, 03.06. bis 27.07.2000, 20. bis 24.11.2000 sowie 01.01.2002 bis 30.09.2004) nicht bedürftig im Sinne von § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. (ab dem 01.01.1998) § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III, sodass kein Anspruch auf Alhi bestand.
Während der gesamten genannten Zeiträume bestimmte (in Ausfüllung von § 137 Abs. 2 AFG bzw. § 193 Abs. 2 SGB III) zunächst § 6 Abs. 1 Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiVO 1974), dass von dem verwertbaren Vermögen des Arbeitslosen ein Freibetrag von jeweils DM 8.000,00 für ihn und seinen Ehegatten, zusammen also DM 16.000,00, anrechnungsfrei bleiben sollten, ab dem 01.01.2002 war dann nach § 1 Abs. 2 AlhiVO 2002 ein Freibetrag von jeweils höchstens EUR 4.100,00 für beide vorgesehen, zusammen mithin EUR 8.200,00. Nur bis Ende 2001 sah § 9 AlhiVO 1974 das Verbot der so genannten Doppelanrechnung vor. Hiernach war die Bedürftigkeit - nur - für die Zahl jener voller Wochen ausgeschlossen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergab, nach dem sich die Alhi richtete, also die Bemessungsgrundlage. Ab dem 01.01.2002 enthielt die Alhi 2002 keine solche Regelung mehr.
Hiernach ist nicht zu beanstanden, dass das SG ab dem ersten Alhi-Bezug der Klägerin, also ab dem 08.10.1996, bis zum 19.05.1997 Bedürftigkeit verneint hat. Zu Beginn dieses Zeitraums betrug das Vermögen bei der TCMB einschließlich der zuvor, am 07.01.1996, erfolgten Zinszahlung DM 35.340,00. Abzüglich des Freibetrags von DM 16.000,00 waren DM 19.340,00 anrechenbar. Geteilt durch das Bemessungsentgelt von damals DM 590,00 wöchentlich ergaben sich 32 Wochen ohne Bedürftigkeit.
Ebenso zu Recht hat das SG Bedürftigkeit für die gesamten Bezugszeiträume vom 03.06.1997 an verneint. An diesem Tag hat die Klägerin die weiteren DM 50.000,00 bei der TCMB eingezahlt. Zu Recht hat das SG den Freibetrag von DM 16.000,00 nicht nochmals abgesetzt, nachdem auch die ursprünglichen DM 30.000,00 nebst zwischenzeitlich angefallenen Zinsen, von denen es diesen Freibetrag bereits einmal berücksichtigt hatte, noch vorhanden waren; etwas anderes hätte zu einem Gesamtfreibetrag von DM 32.000,00 geführt. Solange das Bemessungsentgelt DM 590,00 betrug, also für die genau 18 Wochen zum 07.10.1997, waren - fiktiv - von jenen DM 50.000,00 insgesamt DM 10.620,00 "verbraucht". Für die 52 Wochen bis zum 07.10.1998, in denen das Bemessungsentgelt DM 580,00 betrug, müssen weitere DM 30.160,00 abgezogen werden. Ab dem 08.10.1998 waren daher noch DM 9.220,00 verfügbar. Geteilt durch das nunmehr maßgebliche Bemessungsentgelt von DM 570,00 ergibt sich, dass das Vermögen der Bedürftigkeit der Klägerin für 16 Wochen, mithin bis zum 28.01.1999, entgegenstand (das SG war - ausgehend von einem durchgängigen Bemessungsentgelt von DM 590,00 wöchentlich - von fehlender Bedürftigkeit nur bis zum 11.01.1999 ausgegangen).
Die während dieser Zeit erfolgte Zinsgutschrift über DM 5.073,00 für das erste Kapital von DM 30.000,00 am 07.01.1998 war ebenfalls anrechenbares Vermögen. Da diese Zinsen in einem Zeitraum anfielen, in dem tatsächlich kein Anspruch auf Alhi bestand, war dieser Zufluss nicht als Einkommen einzustufen. Diese DM 5.073,00 waren am 28.01.1999 noch vorhanden. Bei dem nunmehr maßgeblichen Bemessungsentgelt von DM 570,00 schlossen sie Bedürftigkeit für weitere 8 Wochen aus, also bis zum 25.03.1999, aus. Dass das SG insoweit nur vom 23.03.1999 ausgegangen ist, sind die Kläger nicht beschwert.
Ebenso ist im Ergebnis die Berechnung des SG nicht zu beanstanden, die Klägerin sei wegen der Zinsgutschriften am 07.01.2000 und 03.06.2000 vom 07.01.2000 bis 16.03.2000 und erneut vom 03.06.2000 bis 24.11.2000 nicht bedürftig gewesen. Der Senat lässt hierbei offen, ob diese Zinsgutschriften, die in einer Zeit des rechtmäßigen Alhi-Bezugs erfolgten, als Einkommen oder als Vermögen zu bewerten sind. Wären sie Einkommen, wären sie ebenfalls anzurechnen gewesen. Wie sich aus der Berechnung der Beklagten in dem Schriftsatz vom 02.12.2010 ergibt, an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt, hätte bei einer Anrechnung als einmaliges Einkommen und adäquater Verteilung auf den Bewilligungszeitraum sogar jeweils für längere Zeiträume kein Anspruch auf Alhi bestanden als das SG angenommen hat (nämlich vom 07.01.2000 durchgängig bis zum 31.12.2001, jeweils unter Berücksichtigung der Zeiten ohne Leistungsbezug). Insofern ist die Klägerin durch die Entscheidung des SG nicht beschwert.
c) Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die subjektiven Rücknahmevoraussetzungen des § 45 SGB X vorliegen.
Die Klägerin hat unvollständige bzw. unrichtige Angaben über ihr Vermögen, insbesondere über ihr Bankguthaben gemacht, indem sie das auf ihren Namen laufende Konto bei der TCMB nicht angab. Dass sie dieses angeben musste, konnte ihr nicht verborgen geblieben sein, da im Antragsformular nach Bankguthaben gefragt wird. Die Klägerin durfte auch nicht davon ausgehen, dass die Gelder, die sie für ihren Sohn nach ihren Angaben treuhänderisch verwaltete, nicht angeben musste. Immerhin liefen die Geldanlagen auf ihren Namen; es waren ihre Konten.
Der Klägerin wurde bei der Beantragung von Alhi auch jeweils das Merkblatt "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" ausgehändigt. Sie hat unterschriftlich bestätigt, dessen Inhalt zur Kenntnis genommen zu haben. Dort ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eigenes Vermögen sowie Vermögen des mit dem Arbeitslosen zusammenlebenden Ehegatten berücksichtigt wird. Sollte die Klägerin die Hinweise wegen fehlender Sprachkenntnisse nicht verstanden haben, vermag sie dies nicht zu entlasten, da sie in diesem Fall gehalten gewesen wäre, sich unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers oder eines sprachkundigen Angehörigen vom Inhalt dieses Merkblattes Kenntnis zu verschaffen (BSG, Urteil vom 24.04.1997, B 11 RAr 89/96, Juris).
d) Gegen die Höhe des Betrags, den die Beklagte nach der Berechnung des SG von der Klägerin zurückfordert, ist nichts einzuwenden oder ersichtlich. Die Zahlungsnachweise der Beklagten, aus denen auch die Angaben im Tatbestand dieses Urteils über die Höhe der Leistungen stammen, beweisen, dass die Klägerin die genannten Beträge tatsächlich erhalten hat.
2. Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls zulässig, insbesondere ist auch sie aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert. In ihrem zulässigen Umfang ist diese Berufung auch begründet.
a) Die Beklagte macht mit ihrer Berufung allein die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage geltend, soweit sie von der Klägerin KV-Beiträge in Höhe von EUR 5.453,04 und PV-Beiträge in Höhe von EUR 665,32 zurückfordert. Sie hat sich damit auf die Beiträge für jene Zeiträume beschränkt, für die das SG die Klage abgewiesen und die Entscheidung der Beklagten, die Bewilligungen von Alhi rückwirkend aufzuheben, bestätigt hat. Die Beklagte macht keine weitergehenden Rückforderungsansprüche wegen der Alhi selbst geltend, wie sie durch ihre Antragstellung in der Berufungsverhandlung durch ihre Antragstellung klargestellt hat.
b) In dem genannten Rahmen war die Beklagte berechtigt, von der Klägerin auch die Erstattung jener KV- und PV-Beiträge zu verlangen, die sie für jene Zeiträume getragen hatte, für die sie auch die gezahlte Alhi von der Klägerin zurückfordern kann. Auch wenn ab dem 01.01.2005 die Alhi in der einschlägigen Rechtsgrundlage, § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III, nicht mehr genannt war, kann die Erstattungsforderung darauf gestützt werden (BSG, Urteile vom 07.10.2009, B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R, Juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Klageverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung von Bewilligungsbescheiden und die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeiten vom 08.10.1996 bis zum 19.05.1997, 03.06. bis 07.08.1997, 25.08.1997 bis 16.07.1998, 19.09.1998 bis 23.03.1999, 07. bis 31.01.2000, 16.03.2000, 03.06. bis 27.07.2000, 20. bis 24.11.2000 sowie vom 01.01.2002 bis zum 30.09.2004 nebst der in diesen Zeiten entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.
Die am 12.09.1944 geborene türkische Klägerin war von 1971 bis zum 31.03.1994 als "Kolonnenführerin beim Abziehen" bei der Firma A. Textil GmbH und Co. in B. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer am 16.11.1993 ausgesprochenen Kündigung der Arbeitgeberin. Die Klägerin erhielt nach eigenen Angaben eine Abfindung in Höhe von 6.000,00 DM. Vom 01.04.1994 bis zum 07.10.1996 bezog sie bei einigen Unterbrechungen Arbeitslosengeld (Alg) bis zur Erschöpfung des Anspruchs. Sodann bezog sie, wiederum bei einigen Unterbrechungen, vom 08.10.1996 bis zum 30.09.2004 Anschluss-Alhi. In ihrem ersten Antrag auf Alhi hatte sie angegeben, sie und ihr Ehemann verfügten weder über Einkommen noch über Vermögen. Die Klägerin bestätigte unterschriftlich, ihre Angaben seien richtig und sie habe das "Merkblatt 1 für Arbeitslose (Ihre Rechte - Ihre Pflichten)" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen. Entsprechende Angaben der Klägerin lagen auch den Fortzahlungsanträgen zugrunde.
Im Einzelnen bezog die Klägerin Alhi wie folgt: Bemessungsentgelt wöchentlich 08.10.1996 bis 07.08.1997 DM 11.606,10 (EUR 5.934,10) DM 590 25.08.1997 bis 16.07.1998 DM 12.201,09 (EUR 6.238,32) DM 590, ab 08.10.1997: DM 580 19.09.1998 bis 22.08.1999 DM 12.395,44 (EUR 6.210,67) DM 580, ab 08.10.1998: DM 570 07.09.1999 bis 31.01.2000 DM 5.318,66 (EUR 2.719,39) DM 570, ab 08.10.1999: DM 560 16.03.2000 bis 27.07.2000 DM 4.853,48 (EUR 2.481,54) DM 560 20.11.2000 bis 29.06.2001 DM 7.907,76 (EUR 4.043,17) DM 550 05.11.2001 bis 24.05.2002 EUR 4.572,03 DM 540, ab 01.01.2002: EUR 275 07.10.2002 bis 30.09.2004 EUR 12.624,50 EUR 275, ab 08.10.2003: EUR 265 insgesamt: EUR 44.823,72
Im Anschluss an den Bezug der Alhi wechselte die Klägerin ab dem 01.10.2004 in den Bezug einer Altersrente.
Am 08.08.2005 teilte das Hauptzollamt Stuttgart der Beklagten unter Vorlage einer Ablichtung des entsprechenden Überweisungsbelegs mit, die Klägerin habe am 07. bzw. 10.01.1994 bei der Türkischen Nationalbank (TCMB) DM 30.000,00 angelegt; zudem hätten die Klägerin und ihr Ehemann ausweislich einer Mitteilung des Finanzamts B. vom 27.07.2005 in ihren Einkommensteuererklärungen Zinseinkünfte erklärt, und zwar für das Kalenderjahr 2000 DM 23.163,00, für 2002 EUR 3.969 und für 2003 EUR 11.507,00.
Die Beklagte hörte die Klägerin unter dem 22.09.2005 zu einer beabsichtigen Aufhebung der Bewilligungsbescheide und Rückforderung von Leistungen an, wobei sie die einzelnen betroffenen Zeiträume auflistete. Mit Bescheid vom 24.11.2005 nahm die Beklagte sodann die Bewilligung von Alhi "für die Zeit vom 08.10.1996 bis 30.09.2004" zurück und setzte eine Erstattungsforderung von insgesamt EUR 51.185,28 (gezahlte Alhi: EUR 43.976,05, Beiträge zur Krankenversicherung [KV]: EUR 6.198,48, Beiträge zur Pflegeversicherung [PV]: EUR 1.019,75) fest. Sie führte aus, die Klägerin habe in den Anträgen auf Bewilligung von Alhi vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig, falsche Angaben zu ihrer Vermögenssituation gemacht, weil sie ihre Spareinlagen bei der TCMB in Höhe von DM 272.506,88 (entsprechend EUR 139.330,04) nicht angegeben habe. Unter Berücksichtigung dieses Vermögens habe keine Bedürftigkeit vorgelegen.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, es sei offensichtlich, dass sie als ungelernte Arbeiterin, die langjährig in einer Textilfabrik tätig gewesen sei, niemals ein solches Vermögen habe ansparen können. Es liege daher nahe, dass sie das Konto bei der TCMB als Treuhänderin für Dritte geführt habe. Vermögen Dritter mit Ausnahme des Ehemannes sei aber nicht zu berücksichtigen. Ferner habe sich die Beklagte nicht damit auseinandergesetzt, dass möglicherweise vorhandenes Vermögen für die Alterssicherung bestimmt gewesen sei. Die Klägerin habe wegen ihrer fehlenden Ausbildung und Lücken in ihrer Erwerbsbiografie viel weniger Rentenanwartschaften sammeln können als Altersgenossinnen. Daher sei ihr die Vorsorge für das Alter besonders wichtig gewesen. Weiterhin habe die Beklagte nicht für jedes Antragsdatum geprüft, wie hoch der Freibetrag sei und welches verwertbare Vermögen vorhanden sei. Die Rücknahme umfasse einen langen Zeitraum, in dem Vermögen stark schwanken oder ganz verbraucht werden könne. Ihr, der Klägerin, sei nicht klar gewesen, dass sie bei der Antragstellung Auslandsvermögen habe angeben müssen. Außerdem seien die Daten, die Zoll und Steuerfahndung in ihren Ermittlungen gegen Banken wegen Transaktionen zur TCMB erlangt hätten, zu Lasten der Kunden nicht verwertbar. Letztlich sei die Rückforderung verjährt bzw. die Fristen zur Rücknahme der Bewilligungsbescheide seien - auch wegen einer langsamen Arbeitsweise der baden-württembergischen Arbeitsämter - abgelaufen gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten zur Zeit des ersten Antrags auf Alhi über ein Vermögen von DM 272.506,88 (EUR 139.330,04) verfügt, welches auf ein Konto bei der TCMB eingezahlt worden sei. Nachweise über den Verbrauch seien nicht vorgelegt worden. Unter Berücksichtigung des Freibetrages in Höhe von DM 16.000,00 sei die Klägerin daher im betreffenden Zeitraum nicht bedürftig gewesen. Die Klägerin habe auch zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Die ihr ausgehändigten Merkblätter hätten deutliche Hinweise zum Begriff des Vermögens enthalten. Die für eine Rücknahme vorgesehenen Fristen seien eingehalten worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.11.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das von ihr am 07.01.1994 bei der TCMB angelegte Geld in Höhe von DM 30.000,00 stamme aus der Abfindung ihres alten Arbeitgebers (DM 6.000,00), einem zuvor aufgelösten Bausparvertrag und aus eigenen Ersparnissen. Diesen Betrag habe sie zunächst für zwei Jahre fest angelegt und anschließend mehrmals um je zwei Jahre verlängert, bis sie ihn im März 2003 abgehoben und verbraucht habe. Die Klägerin hat einen Kontoauszug der TCMB vom 13.05.2004 vorgelegt. Hieraus ist zu entnehmen, dass am 07.01.1994 DM 30.000,00 eingezahlt wurden. Hierauf fielen Zinserträge am 07.01.1996 in Höhe von DM 5.340,00, am 07.01.1998 über DM 5.073,00 und am 07.01.2000 über DM 5.784,24 an. Der daraus folgende Gesamtbetrag von DM 40.857,24 wurde am 07.01.2000 in EUR 20.889,98 umgerechnet. Auf diesen fielen am 07.01.2002 weitere Zinsen von EUR 3.313,33 an. Am 20.03.2003 wurden insgesamt EUR 24.203,31 sowie Restzinsen von EUR 464,80 wieder ausbezahlt. Ferner hat die Klägerin am 03.06.1997 DM 50.000,00 eingezahlt. Hierauf fielen am 03.06.2000 Zinsen von DM 14.322,00 an. Ebenfalls am 03.06.2000 wurde das Gesamtkapital von DM 64.322,00 auf EUR 32.887,32 umgerechnet. Hierauf fielen am 03.06.2002 weitere EUR 9.061,49 Zinsen an. Dieses Kapital von letztlich EUR 41.948,81 wurde zusammen mit Restzinsen von EUR 59,91 am 07.08.2003 ausbezahlt. Zu den am 03.06.1997 eingezahlten DM 50.000,00 trug die Klägerin vor, es habe sich um Geld ihres Sohnes gehandelt, das sie treuhänderisch verwaltet habe; der Betrag setzte sich aus einem Bausparvertrag, einer Kreditaufnahme und Eigenkapital zusammen. Unterlagen zu diesem Vortrag reichte die Klägerin ungeachtet einer gerichtlichen Aufforderung vom 11.07.2007 nicht ein. Ferner trug sie vor, die Rückforderung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge entbehre einer Rechtsgrundlage.
Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat beim Amtsgericht B. (AG) gegen die Klägerin Anklage wegen Betruges in drei Fällen erhoben, nämlich wegen ihrer Angaben in den drei letzten Fortzahlungsanträgen. Ausweislich der Anklageschrift vom 26.06.2007 hatte sie das Verfahren nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt, soweit die Klägerin in ihren davor liegenden Anträgen auf Alhi vom 10.10.1996, 23.02.1998, 25.01.1999, 14.03.2000 und 20.11.2000 (ebenfalls) das vorhandene Vermögen verschwiegen habe, denn insoweit sei die Strafverfolgung verjährt. In der Hauptverhandlung vom 06.11.2007 hat das AG u. a. den Sohn der Klägerin als Zeugen vernommen. Dieser hat erklärt, seine Mutter habe 1997 auf ihren Namen - seiner Bitte aufgrund seines seinerzeit laufenden Scheidungsverfahrens entsprechend - DM 50.000,00 eingezahlt (Bl. 270 f. Strafakte). Zudem hat er ein Schreiben der Landesbausparkasse Württemberg (LBS) zu Protokoll gegeben, wonach ihm am 03.01.1997 ein Zwischenkredit in Höhe von DM 24.000,00 überwiesen worden war; ferner einen "Kontoauszug 1996" der LBS, wonach er am 31.12.1996 über ein Bausparkonto in Höhe von DM 14.110,29 DM zuzüglich eines Bonuskontos von DM 211,44 DM verfügt hatte. Das AG hat sodann im Hinblick auf die zu erwartende Verurteilung wegen der übrigen Taten das Strafverfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt, soweit es sich auf die Zeiträume vom 07.10.2002 bis 07.10.2003 sowie vom 08.10.2003 bis 30.09.2004 bezog. Mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil vom 06.11.2007 hat es sodann die Klägerin - bezogen auf den Tatzeitraum vom 05.11.2001 bis 24.05.2002 - wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Es hat ausgeführt, die Klägerin habe ab dem Jahr 2001 bei der TCMB ein Guthaben von DM 40.857,24 unterhalten. Ferner habe sie ein weiteres Guthaben von DM 64.322,00 unterhalten, das sie jedoch treuhänderisch für ihren Sohn verwaltet habe. Ihr Vermögen habe sie in dem Fortzahlungsantrag vom 09.11.2001 vorsätzlich verschwiegen. Hierdurch habe sie zu Unrecht Alhi von EUR 4.270,22 erlangt. Als Bewährungsauflage erhielt die Klägerin auch die Verpflichtung, der Beklagten insgesamt EUR 3.600,00 als Schadenswiedergutmachung zu zahlen.
Mit Verfügung vom 27.12.2007 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung des Erstattungsbescheids hinsichtlich eines Teilbetrags von EUR 32.183,88 EUR an. Den auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichteten Antrag der Klägerin vom 15.01.2008 hat das SG mit Beschluss vom 22.01.2008 zurückgewiesen (Az.: S 4 AL 215/08 ER).
Mit Urteil vom 31.03.2008 hat das SG den Bescheid vom 24.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2006 insoweit aufgehoben, als darin eine Aufhebung und Erstattung von über EUR 32.183,88 verfügt wurde; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe die Bewilligung von Alhi zurecht für die Zeit vom 08.10.1996 bis 19.05.1997, 03.06. bis 07.08.1997, 25.08.1997 bis 16.07.1998, 19.09.1998 bis 23.03.1999, 07.01. bis 31.01.2000, 16.03.2000, 03.06. bis 27.07.2000, 20. bis 24.11.2000 sowie 01.01.2002 bis 30.09.2004 zurückgenommen. Der angefochtene Bescheid sei hingegen rechtswidrig, soweit sie darüber hinaus eine Rücknahme verfügt und mehr als 32.183,88 EUR Alhi zurückgefordert habe. Die Rückforderung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 7.209,23 EUR sei ebenfalls rechtswidrig. Aufgrund der im Klageverfahren vorgelegten Kontoauszüge stehe fest, dass sich das Vermögen der Klägerin am 08.10.1996 auf DM 35.340,00 einschließlich Zinsen belaufen habe. Demnach sei unter Berücksichtigung des Freibetrages von DM 16.000,00 und eines Bemessungsentgelts von DM 590,00 DM Bedürftigkeit für 32 Wochen, mithin bis 19.05.1997, zu verneinen. Hinsichtlich des am 03.06.1997 einbezahlten Betrags von DM 50.000,00 handle es sich ebenfalls um Vermögen der Klägerin, da nicht nachgewiesen sei, dass sie dieses Vermögen treuhänderisch für ihren Sohn verwaltet habe. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.05.2006 (B 11a AL 7/05 R) sei nicht von einem Treuhandverhältnis auszugehen. Die Klägerin habe nämlich über die streitgegenständlichen Konten bei der TCMB, die sie auf ihren Namen errichtet habe, die alleinige Kontoinhaberschaft und alleinige Verfügungsgewalt innegehabt. Die tatsächliche Durchführung des behaupteten Treuhandverhältnisses entspreche in keinster Weise dem zwischen fremden Dritten Üblichen. Demnach liege unter Berücksichtigung des Anlagebetrages von 50.000,00 DM und der Zinsgutschriften von DM 5.073,00 am 07.01.1998, von DM 5.784,24 am 07.01.2000 und von DM 14.322,00 am 03.06.2000 Bedürftigkeit vom 03.06.1997 bis 23.03.1999, vom 07.01.2000 bis 16.03.2000 und vom 03.06.2000 bis 24.11.2000 nicht vor. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Freibetrag von DM 16.000,00 insgesamt nur einmal und nicht bei jeder weiteren Einzahlung oder Zinszahlung in Abzug zu bringen sei. Für die Zeit ab 01.01.2002 sei die Bedürftigkeit vollständig entfallen, da ab diesem Zeitpunkt mit Inkrafttreten der Alhi-Verordnung 2002 das Verbot der sogenannten Doppelanrechnung weggefallen sei. Ein Wertungswiderspruch zum Urteil des AG ergebe sich schon deshalb nicht, weil der Straftatbestand des Betruges auf der subjektiven Seite eine Absicht voraussetze, während die Rücknahmevoraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB X schon beim Vorliegen von grober Fahrlässigkeit erfüllt seien. Insoweit habe die Klägerin gegenüber der Beklagten grob fahrlässig gehandelt, als sie ihr Vermögen jeweils nicht angegeben habe. Ggf. hätte sie sich aufgrund ihrer eingeschränkten Deutschkenntnisse der Hilfe eines Dolmetschers bedienen müssen. Auf die Richtigkeit ihrer eigenen rechtlichen Beurteilung, der zufolge die bei der TCMB unter ihrem Namen geführten Vermögensbeiträge ihr nicht zuzurechnen seien, habe sich die Klägerin nicht verlassen dürfen. Vielmehr wäre sie verpflichtet gewesen, der Beklagten durch Angabe des Bankguthabens bei der TCMB die rechtliche Bewertung der entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermöglichen. Die Beklagte habe auch die für eine rückwirkende Rücknahme geltende Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X beachtet, da sie erst am 08.08.2005 vom entscheidungserheblichen Sachverhalt erfahren habe. Für eine Erstattung der geltend gemachten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge existiere seit dem 01.01.2005 allerdings keine Rechtsgrundlage mehr, nachdem in der einschlägigen Regelung des § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) der Begriff "Arbeitslosenhilfe" gestrichen worden sei.
Gegen das ihr am 16.06.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 09.07.2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Das SG habe zu Unrecht angenommen, dass es für die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ab dem 01.01.2005 keine Rechtsgrundlage mehr gebe.
Die Klägerin hat gegen das Urteil des SG, das ihr am 20.06.2008 zugestellt worden ist, am 11.07.2008 Berufung eingelegt.
Mit Beschluss vom 23.03.2009 hat der Senat das Berufungsverfahren (anfängliches Az.: L 3 AL 3250/08) zum Ruhen gebracht, nachdem sich beide Parteien im Hinblick auf Verfahren beim BSG damit einverstanden erklärt hatten.
Nachdem das BSG mit Urteilen vom 07.10.2009 entschieden hat, dass es auch ab dem 01.01.2005 eine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von Kranken- und Pflege¬versicherungs-bei¬trägen, die auf Grund einer Alhi-Gewährung entrichtet wurden, gibt, hat die Beklagte am 25.01.2010 das ruhende Berufungsverfahren wieder angerufen.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 24.08.2010 hat die Beklagte die Berufung zurückgenommen, soweit sie sich auf die Rückforderung von KV-Beiträgen in Höhe von mehr als EUR 5.453,04 EUR und auf die Rückforderung von PV-Beiträgen in Höhe von mehr als EUR 665,32 bezieht. Auf die Hinweise des Senats in der - ersten - mündlichen Verhandlung am 13.10.2010, wonach jene Zinsgutschriften, die während eines Anspruchs auf Alhi angefallen seien, womöglich als Einkommen und nicht als Vermögen berücksichtigt werden müssten, hat die Beklagte eine Vergleichsberechnung angestellt, bei der sie die Zinsgutschriften vom 07.01.2000 und 03.06.2000 als Einkünfte eingestuft und letztlich auf einen noch höheren Rückerstattunsbetrag hinsichtlich der Alhi gekommen ist als das SG in dem angegriffenen Urteil angenommen hat. Wegen der Berechnung im Einzelnen und der weiteren Ausführungen der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 02.12.2010 verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. März 2008 abzuändern und die Klage gegen den Bescheid vom 24. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2006 auch insoweit abzuweisen, als darin die Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung in Höhe von EUR 5.453,04 und zur Pflegeversicherung in Höhe von EUR 665,32 für die Zeit vom 08. Oktober 1996 bis 19. Mai 1997, 03. Juni bis 07. August 1997, 25. August 1997 bis 16. Juli 1998, 19. September 1998 bis 23. März 1999, 07. bis 31. Januar 2000, 16. März 2000, 03. Juni bis 27. Juli 2000, 20. bis 24. November 2000 sowie 01. Januar 2002 bis 30. September 2004 festgesetzt werden, 2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
1. das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. März 2008 abzuändern und den Bescheide der Beklagten vom 24. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2006 insgesamt aufzuheben und 2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Leistungsakten der Beklagten und auf die beigezogenen Akten des AG (28 Js 10647/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und Berufungsausschließungsgründe nicht vorliegen. Sie ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat zurecht die Leistungsbewilligungen in vollem Umfang für die hier noch streitigen Zeiträume zurückgenommen und die erbrachten Alhi-Leistungen von der Klägerin zurückgefordert, wie das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat. Zur weiteren Darstellung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
a) Die im streitgegenständlichen Zeitraum vorhandenen Kapitalanlagen bei der TCMB sind der Klägerin zuzuordnen. Ebenso war es der Klägerin zumutbar, diese Guthaben zu verwerten.
aa) Für die erste Einzahlung vom DM 30.000,00 ist dies offensichtlich, denn der Einzahlungsbeleg vom 07.01.1994 trägt ihre Daten; auch hat sie im gesamten Verfahren nicht bestritten, dass es sich dabei um ihre Gelder, nämlich ihre Altersvorsorge, gehandelt hat.
bb) Für den am 03.06.1997 eingezahlten Betrag von 50.000,00 DM gilt das Gleiche. Hier hat die Klägerin zwar vorgetragen, dass es sich ausschließlich um von ihr treuhänderisch angelegtes Vermögen ihres Sohnes gehandelt habe. Dass dem so war, vermag der Senat jedoch nicht als nachgewiesen anzusehen.
Ein Treuhandvertrag ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in Ausübung und der sich daraus im Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt. Der Treuhänder erwirbt ein Vermögensrecht hinzu. Er ist aber zugleich mit einer schuldrechtlichen Verpflichtung auf Herausgabe des Treuguts belastet, die, wenn sie nicht unmittelbar auf einem Vermögensgegenstand lastet, grundsätzlich erst bei der Frage der Verwertbarkeit oder Zumutbarkeit Berücksichtigung finden kann (BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 11a AL 19/06 R, Juris Rn. 15).
Ein entsprechendes Treuhandverhältnis wurde nicht offengelegt. Die Geldanlagen bei der TCMB erfolgten auf den Namen der Klägerin, welche gegenüber der TCMB Forderungsinhaberin war. Dies allein führt jedoch, worauf das SG unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG (u. a. Urteil vom 24.05.2006, B 11a AL 7/05 R, Juris) zu Recht ausgeführt hat, noch nicht dazu, ein Treuhandverhältnis zu verneinen, denn es gibt keinen Rechtsgrundsatz dahingehend, dass sich jemand am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen müsse. Im Rahmen der Amtsermittlung ist vielmehr nach Ausschöpfung aller verfügbaren Erkenntnisquellen die tatsächliche Feststellung zu treffen, ob das von der Klägerin behauptete Treuhandverhältnis so vereinbart worden ist. Dabei ist nach den Vorgaben des BSG ein strenger Maßstab anzulegen. Schuldverpflichtungen unter Angehörigen oder nahestehenden Dritten sind nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten üblichen entsprechen (BSG, a.a.O., Rn. 27 m.w.N.).
Einem solchen Fremdvergleich hält der hier vorliegende Geschehensablauf nicht stand. Die Klägerin hat zwar behauptet, der von ihr bei der TCMB angelegte Geldbetrag von 50.000,00 DM entstamme nicht ihrem Vermögen, sondern gehöre ihrem Sohn, der dies in seiner Aussage vom 06.11.2007 vor dem AG bestätigt hat. Schriftliche Unterlagen darüber, dass der Geldbetrag von 50.000,00 DM von dem Sohn tatsächlich an die Klägerin geflossen ist, gibt es indessen weder in Form von Kontoauszügen noch von Quittungen. Es existieren auch keine Unterlagen über etwaige Rückzahlungen der Gelder seitens der Klägerin an ihren Sohn nach der Abhebung des fraglichen Kapitals von der TCMB am 07.08.2003. Die zwischenzeitliche Rückzahlung der DM 50.000,00 nebst Zinsen hätte aber nahe gelegen, da das Scheidungsverfahren, das nach der Aussage des Sohnes vor dem AG der Grund für die angebliche damalige Treuhandabrede gewesen war, nach mehr als einem Jahrzehnt zwischenzeitlich abgeschlossen ist und daher der Grund für die angebliche Treuhandabrede entfallen ist.
Selbst wenn im fraglichen Zeitraum hier tatsächlich - unter Berücksichtigung des Kulturkreises, aus dem die Klägerin und ihr Sohn stammen - ein familiäres Vertrauensverhältnis zwischen beiden vorgelegen hätte, erschließt es sich vor dem Hintergrund, dass nach den Vorgaben des BSG (a.a.O.) ein strenger Maßstab anzulegen ist, nicht, dass es 1997 zwischen Dritten üblich war, einen Treuhandvertrag über DM 50.000 nicht nur ausschließlich mündlich abzuschließen, sondern einen solchen auch ohne jegliche schriftliche Nachweise (wie z. B. eine zumindest handschriftlich ausgestellte Quittung) durchzuführen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.05.2010, Az.: L 3 AL 169/09).
Der Senat kann sich auch deshalb nicht davon überzeugen, dass ein (verdecktes) Treuhandverhältnis vorgelegen hat, weil die Klägerin konkret erstmals in ihrem Schriftsatz an das SG vom 02.07.2007 zu der angeblichen Abrede mit ihrem Sohn vorgetragen hat, während sie zuvor nur im Rahmen von Mutmaßungen abstrakt die Möglichkeit beschrieben hatte, es könne sich um Gelder "Dritter" handeln. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, sie selbst sei kaum in der Lage gewesen, ein solches Vermögen zu bilden. Dass sie - und ihr Ehemann - in der Lage waren, bis 1994 DM 30.000,00 anzusparen, hat die Klägerin selbst eingeräumt. Bei entsprechender Lebensführung erscheint es nicht ausgeschlossen, dass bis 1997 weitere DM 50.000,00 angespart wurden, zumal dieser Betrag nach den Angaben der Klägerin aus einem - weiteren - Bausparvertrag und außerdem sogar aus einem Darlehen resultierte, also zuvor gar kein Vermögen der Klägerin war.
Insgesamt lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht feststellen, dass es sich bei der Geldanlage von 50.000,00 DM tatsächlich um Gelder des Sohnes gehandelt hat. Damit stellt sich die Frage der Beweislast. Allgemein gilt, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu Lasten desjenigen Beteiligten geht, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet (objektive Beweislast). Da im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit eines Rücknahme- und Rückforderungsbescheides auf der Grundlage des § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III im Streit steht, trifft grundsätzlich die Beklagte die objektive Beweislast für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Bewilligungsbescheides. Zu beachten ist jedoch, dass eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung dann gerechtfertigt ist, wenn in der persönlichen Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d.h. wenn eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 11a AL 19/06 R, Juris). Eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe kann sich etwa daraus ergeben, dass bei der Antragstellung Angaben zu Konten bzw. zu getroffenen Vereinbarungen unterlassen worden sind mit der Folge der Erschwerung der Aufklärung in späteren Jahren oder dass ein Geldverlust nicht belegt wird mit der Folge der Unmöglichkeit einer Plausibilitätsprüfung (vgl. LSG, Urteil vom 26.05.2009, L 12 AL 1661/08, Juris). So ist es hier: Die Klägerin hat in allen Anträgen auf Alhi die Frage nach Vermögen verneint. Sie hat ihre Geldanlagen bei der TCMB nicht angegeben. Sie hat damit die spätere Aufklärbarkeit - hier der Treuhandabrede mit ihrem Sohn - vereitelt. Dadurch ist es unmöglich geworden, den Geldfluss von dem Sohn zur Klägerin durch Kontenbewegungen oder vergleichbare Unterlagen zu belegen. Auch ihren weiteren, allerdings auch nur als Möglichkeit dargestellten, Vortrag, das Geld "könne" verbraucht gewesen sein, hat die Klägerin in keiner Weise konkretisiert oder unter Beweis gestellt. Auch zu diesem Punkt hat sie die Aufklärbarkeit vereitelt, weil sie nicht schon bei den Antragstellungen auf die Guthaben bei der TCMB hingewiesen hat. Die objektive Beweislast für die Unerweislichkeit des verdeckten Treuhandverhältnisses hat deshalb die Klägerin zu tragen.
b) Die Klägerin war entsprechend auch in jenen Zeiträumen, für die das SG die Klage abgewiesen hat (08.10.1996 bis 19.05.1997, 03.06. bis 07.08.1997, 25.08.1997 bis 16.07.1998, 19.09.1998 bis 23.03.1999, 07.01. bis 31.01.2000, 16.03.2000, 03.06. bis 27.07.2000, 20. bis 24.11.2000 sowie 01.01.2002 bis 30.09.2004) nicht bedürftig im Sinne von § 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. (ab dem 01.01.1998) § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III, sodass kein Anspruch auf Alhi bestand.
Während der gesamten genannten Zeiträume bestimmte (in Ausfüllung von § 137 Abs. 2 AFG bzw. § 193 Abs. 2 SGB III) zunächst § 6 Abs. 1 Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiVO 1974), dass von dem verwertbaren Vermögen des Arbeitslosen ein Freibetrag von jeweils DM 8.000,00 für ihn und seinen Ehegatten, zusammen also DM 16.000,00, anrechnungsfrei bleiben sollten, ab dem 01.01.2002 war dann nach § 1 Abs. 2 AlhiVO 2002 ein Freibetrag von jeweils höchstens EUR 4.100,00 für beide vorgesehen, zusammen mithin EUR 8.200,00. Nur bis Ende 2001 sah § 9 AlhiVO 1974 das Verbot der so genannten Doppelanrechnung vor. Hiernach war die Bedürftigkeit - nur - für die Zahl jener voller Wochen ausgeschlossen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergab, nach dem sich die Alhi richtete, also die Bemessungsgrundlage. Ab dem 01.01.2002 enthielt die Alhi 2002 keine solche Regelung mehr.
Hiernach ist nicht zu beanstanden, dass das SG ab dem ersten Alhi-Bezug der Klägerin, also ab dem 08.10.1996, bis zum 19.05.1997 Bedürftigkeit verneint hat. Zu Beginn dieses Zeitraums betrug das Vermögen bei der TCMB einschließlich der zuvor, am 07.01.1996, erfolgten Zinszahlung DM 35.340,00. Abzüglich des Freibetrags von DM 16.000,00 waren DM 19.340,00 anrechenbar. Geteilt durch das Bemessungsentgelt von damals DM 590,00 wöchentlich ergaben sich 32 Wochen ohne Bedürftigkeit.
Ebenso zu Recht hat das SG Bedürftigkeit für die gesamten Bezugszeiträume vom 03.06.1997 an verneint. An diesem Tag hat die Klägerin die weiteren DM 50.000,00 bei der TCMB eingezahlt. Zu Recht hat das SG den Freibetrag von DM 16.000,00 nicht nochmals abgesetzt, nachdem auch die ursprünglichen DM 30.000,00 nebst zwischenzeitlich angefallenen Zinsen, von denen es diesen Freibetrag bereits einmal berücksichtigt hatte, noch vorhanden waren; etwas anderes hätte zu einem Gesamtfreibetrag von DM 32.000,00 geführt. Solange das Bemessungsentgelt DM 590,00 betrug, also für die genau 18 Wochen zum 07.10.1997, waren - fiktiv - von jenen DM 50.000,00 insgesamt DM 10.620,00 "verbraucht". Für die 52 Wochen bis zum 07.10.1998, in denen das Bemessungsentgelt DM 580,00 betrug, müssen weitere DM 30.160,00 abgezogen werden. Ab dem 08.10.1998 waren daher noch DM 9.220,00 verfügbar. Geteilt durch das nunmehr maßgebliche Bemessungsentgelt von DM 570,00 ergibt sich, dass das Vermögen der Bedürftigkeit der Klägerin für 16 Wochen, mithin bis zum 28.01.1999, entgegenstand (das SG war - ausgehend von einem durchgängigen Bemessungsentgelt von DM 590,00 wöchentlich - von fehlender Bedürftigkeit nur bis zum 11.01.1999 ausgegangen).
Die während dieser Zeit erfolgte Zinsgutschrift über DM 5.073,00 für das erste Kapital von DM 30.000,00 am 07.01.1998 war ebenfalls anrechenbares Vermögen. Da diese Zinsen in einem Zeitraum anfielen, in dem tatsächlich kein Anspruch auf Alhi bestand, war dieser Zufluss nicht als Einkommen einzustufen. Diese DM 5.073,00 waren am 28.01.1999 noch vorhanden. Bei dem nunmehr maßgeblichen Bemessungsentgelt von DM 570,00 schlossen sie Bedürftigkeit für weitere 8 Wochen aus, also bis zum 25.03.1999, aus. Dass das SG insoweit nur vom 23.03.1999 ausgegangen ist, sind die Kläger nicht beschwert.
Ebenso ist im Ergebnis die Berechnung des SG nicht zu beanstanden, die Klägerin sei wegen der Zinsgutschriften am 07.01.2000 und 03.06.2000 vom 07.01.2000 bis 16.03.2000 und erneut vom 03.06.2000 bis 24.11.2000 nicht bedürftig gewesen. Der Senat lässt hierbei offen, ob diese Zinsgutschriften, die in einer Zeit des rechtmäßigen Alhi-Bezugs erfolgten, als Einkommen oder als Vermögen zu bewerten sind. Wären sie Einkommen, wären sie ebenfalls anzurechnen gewesen. Wie sich aus der Berechnung der Beklagten in dem Schriftsatz vom 02.12.2010 ergibt, an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt, hätte bei einer Anrechnung als einmaliges Einkommen und adäquater Verteilung auf den Bewilligungszeitraum sogar jeweils für längere Zeiträume kein Anspruch auf Alhi bestanden als das SG angenommen hat (nämlich vom 07.01.2000 durchgängig bis zum 31.12.2001, jeweils unter Berücksichtigung der Zeiten ohne Leistungsbezug). Insofern ist die Klägerin durch die Entscheidung des SG nicht beschwert.
c) Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die subjektiven Rücknahmevoraussetzungen des § 45 SGB X vorliegen.
Die Klägerin hat unvollständige bzw. unrichtige Angaben über ihr Vermögen, insbesondere über ihr Bankguthaben gemacht, indem sie das auf ihren Namen laufende Konto bei der TCMB nicht angab. Dass sie dieses angeben musste, konnte ihr nicht verborgen geblieben sein, da im Antragsformular nach Bankguthaben gefragt wird. Die Klägerin durfte auch nicht davon ausgehen, dass die Gelder, die sie für ihren Sohn nach ihren Angaben treuhänderisch verwaltete, nicht angeben musste. Immerhin liefen die Geldanlagen auf ihren Namen; es waren ihre Konten.
Der Klägerin wurde bei der Beantragung von Alhi auch jeweils das Merkblatt "Ihre Rechte - Ihre Pflichten" ausgehändigt. Sie hat unterschriftlich bestätigt, dessen Inhalt zur Kenntnis genommen zu haben. Dort ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eigenes Vermögen sowie Vermögen des mit dem Arbeitslosen zusammenlebenden Ehegatten berücksichtigt wird. Sollte die Klägerin die Hinweise wegen fehlender Sprachkenntnisse nicht verstanden haben, vermag sie dies nicht zu entlasten, da sie in diesem Fall gehalten gewesen wäre, sich unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers oder eines sprachkundigen Angehörigen vom Inhalt dieses Merkblattes Kenntnis zu verschaffen (BSG, Urteil vom 24.04.1997, B 11 RAr 89/96, Juris).
d) Gegen die Höhe des Betrags, den die Beklagte nach der Berechnung des SG von der Klägerin zurückfordert, ist nichts einzuwenden oder ersichtlich. Die Zahlungsnachweise der Beklagten, aus denen auch die Angaben im Tatbestand dieses Urteils über die Höhe der Leistungen stammen, beweisen, dass die Klägerin die genannten Beträge tatsächlich erhalten hat.
2. Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls zulässig, insbesondere ist auch sie aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert. In ihrem zulässigen Umfang ist diese Berufung auch begründet.
a) Die Beklagte macht mit ihrer Berufung allein die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage geltend, soweit sie von der Klägerin KV-Beiträge in Höhe von EUR 5.453,04 und PV-Beiträge in Höhe von EUR 665,32 zurückfordert. Sie hat sich damit auf die Beiträge für jene Zeiträume beschränkt, für die das SG die Klage abgewiesen und die Entscheidung der Beklagten, die Bewilligungen von Alhi rückwirkend aufzuheben, bestätigt hat. Die Beklagte macht keine weitergehenden Rückforderungsansprüche wegen der Alhi selbst geltend, wie sie durch ihre Antragstellung in der Berufungsverhandlung durch ihre Antragstellung klargestellt hat.
b) In dem genannten Rahmen war die Beklagte berechtigt, von der Klägerin auch die Erstattung jener KV- und PV-Beiträge zu verlangen, die sie für jene Zeiträume getragen hatte, für die sie auch die gezahlte Alhi von der Klägerin zurückfordern kann. Auch wenn ab dem 01.01.2005 die Alhi in der einschlägigen Rechtsgrundlage, § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III, nicht mehr genannt war, kann die Erstattungsforderung darauf gestützt werden (BSG, Urteile vom 07.10.2009, B 11 AL 31/08 R und B 11 AL 32/08 R, Juris).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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