L 4 R 612/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 3828/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 612/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1958 geborene Kläger erlernte in dreijähriger Ausbildung den Beruf des Fliesenlegers und war im erlernten Beruf noch zwei Jahre versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war er drei Jahre als Fassadenbauer und dann vier Jahre in einer Zimmerei als Dachdecker versicherungspflichtig erwerbstätig. Im September 1985 trat der Kläger eine Tätigkeit bei der O. S. GmbH im Hochbau an, über die sein Arbeitgeber ausweislich der Auskunft vom 19. Februar 2007, ergänzt am 06. März 2007 mitteilte, der Kläger sei als gehobener Baufacharbeiter eingestellt und nach Lohngruppe IV vergütet worden; inhaltlich habe er Tätigkeiten verrichtet, die üblicherweise von angelernten Arbeitern mit einer Anlernzeit von zwei Jahren durchgeführt würden. Während dieses Beschäftigungsverhältnisses war der Kläger mehrmals in stationärer Behandlung aufgrund einer depressiven Symptomatik. Im April 2003 wurde der Kläger aufgrund eines Bandscheibenvorfalls, der im September 2003 operiert wurde, arbeitsunfähig krankgeschrieben. In der Zeit vom 15. März bis 21. Mai 2004 befand sich der Kläger zur Behandlung einer mittelgradigen depressiven Episode sowie eines chronischen Schmerzsyndroms im Zentrum für Psychiatrie W. (im Folgenden: ZfP). Seine Stelle bei der Firma O. S. GmbH war ihm aufgrund erfolgloser Wiedereingliederung zu Ende Mai 2004 gekündigt worden. In der Zeit vom 21. Juni 2004 bis zum 18. Februar 2005 nahm der Kläger daraufhin an einer von der Beklagten bewilligten beruflichen Reha-Maßnahme zum Verkaufsfachberater für Baumärkte erfolgreich teil, wobei er sich in der Zeit vom 08. April 2005 bis zum 12. August 2005 aufgrund einer depressiven Symptomatik erneut im ZfP aufhielt. In der Folgezeit bezog der Kläger bis 04. Juni 2006 Krankengeld. Seither erhält der Kläger Leistungen der Arbeitsförderung bzw. Arbeitslosengeld II.

Infolge einer erneuten stationären Behandlung in der Zeit vom 20. Februar 2006 bis zum 20. März 2006 im interdisziplinären Schmerzzentrum der Fachklinik E. sowie einer weiteren stationären Behandlung in der Zeit vom 30. März 2006 bis 10. April 2006 in der Neurologischen Klinik des ZfP und einem sich anschließenden Aufenthalt in der psychiatrischen Abteilung des ZfP bis zum 19. Mai 2006 stellte der Kläger am 27. April 2006 bei der Beklagten Antrag auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente. Er gab an, sich aufgrund eines Bandscheibenschadens an der Lendenwirbelsäule, sehr starker Dauerschmerzen bis heute, einer Epilepsie, HWS-Beschwerden, einer psychosomatischen Behandlung, Depressionen, häufiger Kopfschmerzen und Tinnitus in beiden Ohren seit 2003 für erwerbsgemindert zu halten. In der Zeit vom 22. Juni 2006 bis zum 03. August 2006 erfolgte eine erneute stationäre Behandlung des Klägers im Interdisziplinären Schmerzzentrum der Fachklinik E ...

Die Beklagte zog medizinische Unterlagen über den Kläger bei, insbesondere - den Reha-Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. H. von der Reha-Klinik Ü. in I. vom 26. Juni 1998 über einen Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 12. Mai 1998 bis zum 02. Juni 1998 nach erfolgter Rehabilitation von Rückenbeschwerden - den Reha-Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. Sc. vom L.-klinikums B. D. vom 19. Juli 2000 über einen Aufenthalt des Klägers dort in der Zeit vom 25. Mai 2000 bis zum 20. Juni 2000 zur Behandlung einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik - den Reha-Entlassungsbericht des Chefarztes Prof. Dr. He. der Fachkliniken Ho. vom 13. Oktober 2003 über den Aufenthalt des Klägers dort vom 18. September 2003 bis zum 09. Oktober 2003 nach erfolgter Bandscheibenoperation - den Entlassungsbericht des Dr. von M. vom 11. Juni 2004 des ZfP über den Aufenthalt des Klägers dort vom 15. März 2004 bis zum 21. Mai 2004 - den Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. K. des Interdisziplinären Schmerzzentrums der Fachklinik E. vom 07. August 2006 über den dortigen Aufenthalt des Klägers vom 22. Juni 2006 bis zum 03. August 2006.

Sodann veranlasste die Beklagte in ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle in S. eine orthopädisch-chirurgische Begutachtung des Klägers (SMZ) durch Dr. G. (Gutachten vom 27. September 2006) sowie eine nervenfachärztliche Begutachtung durch den Neurologen und Psychiater Dr. Hu. (vgl. das Gutachten vom 16. Oktober 2006). Dr. G. berichtete aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 20. September 2009 auf seinem Fachgebiet vom Vorliegen mäßiggradiger, teils deutlicherer degenerativer Wirbelsäulenveränderungen mit Funktionseinschränkungen und einem Zustand nach Nukleotomie L2/3 im September 2003 mit persistierenden Beschwerden. Das Leistungsvermögen des Klägers sei hierdurch so weit gemindert, dass er noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten vollschichtig ausüben könne, wobei Einschränkungen für langes Stehen und häufiges Bücken sowie Knien und Hocken und Überkopfarbeiten beachtet werden sollten sowie Lasten nur noch bis maximal 15 kg gehoben und getragen werden könnten. Als Hochbauarbeiter sei der Kläger weiterhin dauerhaft nicht mehr einsetzbar. Dr. Hu. berichtete aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 13. Oktober 2006 auf seinem Fachgebiet von Anpassungsstörungen mit depressiven Reaktionen, bei derzeit keiner wesentlichen depressiven Symptomatik, einer abhängigen Persönlichkeitsstörung, früherer Alkoholproblematik, derzeit trocken, einem symptomatischen Anfallsleiden mit kernspintomographisch nachgewiesenem großen Substanzdefekt rechts frontal bei Zustand nach Badeunfall im Kindesalter und mäßiggradigen, teils deutlicheren degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit Funktionseinschränkungen. Auch aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sei die Leistungsfähigkeit des Klägers jedoch noch mit sechs Stunden täglich und mehr zu beurteilen.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 2006 lehnte daraufhin die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.

Der Kläger legte hiergegen am 13. November 2006 Widerspruch ein, mit welchem er vortrug, er sei gesundheitlich sehr angeschlagen und habe täglich zu kämpfen, um überhaupt auf den Beinen zu bleiben. Er sei völlig hilflos, und kein Arbeitgeber sei bereit, ihn mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen, die unkontrollierbar aufträten, einzustellen. Die Beklagte holte die genannte Auskunft des Arbeitgebers sowie eine ergänzende Stellungnahme des Dr. Hu., der bei seiner Auffassung verblieb (vgl. die Stellungnahme vom 05. Februar 2007), ein. Auf deren Grundlage wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2007 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen über den Kläger überprüft und komme nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass der Kläger den Anforderungen in seiner letzten Beschäftigung als Hochbauarbeiter zwar nicht mehr gewachsen sei. Leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne er jedoch unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei nicht erforderlich gewesen. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Maßgeblich sei insoweit die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Hochbauarbeiter, die dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen sei. Nach den medizinischen Feststellungen könne der Kläger diese Tätigkeit mit den vorhandenen Leistungseinschränkungen nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er sei jedoch zumutbar auf eine Tätigkeit als Registrator verweisbar. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe daher nicht.

Der Kläger erhob am 14. Mai 2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Der Schwerpunkt seiner Erkrankung liege auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sowie in Form eines Schmerzsyndroms. Er befinde sich seit Jahren in laufender neurologischer und psychiatrischer Behandlung mit regelmäßigen stationären Aufenthalten. Auch derzeit sei er wieder in das Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Winnenden stationär eingewiesen worden. Daher liege bei ihm volle Erwerbsminderung vor. Im Übrigen sei er auch nicht zumutbar auf den Beruf des Registrators verweisbar. Aufgrund seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit und der gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die sich stark auf die Konzentrationsfähigkeit auswirkten, könne er diese Tätigkeit nicht innerhalb von drei Monaten zumutbar erlernen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte die ärztlichen Stellungnahmen des Sozialmediziners Fischer vom 15. Oktober 2007, 21. Januar 2008 sowie 05. August 2008 vor.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen an. Anästhesist und Schmerztherapeut T. hielt den Kläger aufgrund degenerativer Wirbelsäulenerkrankung und des Postnukleotomie-Syndroms für nur noch eingeschränkt in der Lage, körperliche Tätigkeiten durchzuführen. Leichte Tätigkeiten mit geringer körperlicher Belastung, wechselnden Körperpositionen und dem Vermeiden von längeren statischen Belastungen seien dem Kläger nur noch drei bis sechs Stunden täglich zumutbar (Auskunft vom 21. Juni 2007). Internist und Hausarzt Dr. Sch. teilte in seiner Auskunft vom 23. Juni 2007 mit, aus seiner Sicht sei der Kläger zurzeit nicht erwerbsfähig. Er stimme mit den Gutachten in der Leistungsbeurteilung nicht überein. Der Kläger sei nur noch unter drei Stunden täglich belastbar. Er sei dauerhaft arbeitsunfähig krank und neurologisch, schmerztherapeutisch und psychiatrisch in Dauerbehandlung. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. berichtete in seiner Auskunft vom 28. Juli 2007 aktuell von Angst und depressiver Störung gemischt. Nach seiner Auffassung ergebe sich auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestenfalls ein positives Leistungsbild für höchstens drei bis vier Stunden täglich. Zu berücksichtigen seien eine geringe Belastungs- und Ausdauerfähigkeit bei rezidivierenden, häufig mutlos-ängstlich unterlegten Stimmungsschwankungen mit Leidensdruck und begleitender Schmerzakzentuierung. Dr. B. fügte seiner Auskunft u.a. den Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. von M. des ZfP vom 22. September 2005 über den Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 08. April 2005 bis zum 12. August 2005 sowie den Entlassungsbericht desselben vom 26. Juni 2006 über den Aufenthalt des Klägers vom 10. April bis 19. Mai 2006 bei. Dr. B. legte im weiteren Verlauf des Klageverfahrens zudem den neuen Entlassungsbericht des Dr. von M. vom 01. August 2007 über einen Aufenthalt des Klägers dort in der Zeit vom 09. Mai 2007 bis zum 27. Juli 2007 vor.

Das SG holte Auskünfte auch bei dem den Kläger im ZfP behandelnden Dipl. Psych. S. und dem Dipl. Psych. Be. ein. Dipl. Psych. S. (vgl. die Auskunft vom 28. Juni 2007) teilte mit, bei seinen im ZfP durchgeführten psychotherapeutischen Behandlungen hätte die wiederholte depressive Erkrankung des Klägers im Vordergrund gestanden. Diese habe jeweils eine zeitlich begrenzte Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt, nicht jedoch eine anzunehmende überdauernde Minderung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Insofern werde mit der neurologisch-psychiatrischen Begutachtung im Verwaltungsverfahren übereingestimmt. Seines Erachtens lägen die wesentlichen Einschränkungen auf chirurgisch-orthopädischen und schmerztherapeutischen Gebiet. Dipl. Psych. Be. gab an (vgl. die Auskunft vom 09. November 2007), er habe eine Angst und depressive Störung, gemischt diagnostiziert. Diese sei so gravierend, dass er die tägliche Leistungsfähigkeit bei ca. drei Stunden ansetze.

Im Auftrag des SG erstattete Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychotherapie Dr. R. ihr nervenfachärztliches Gutachten vom 07. Mai 2008 auf der Grundlage einer Untersuchung des Klägers am 06. Mai 2008. Während des gesamten gutachterlichen Gesprächs über vier Stunden habe der Kläger ruhig und ohne motorische Unruhe im Sessel gesessen und keinerlei Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen gezeigt. Er habe keine Ängste gehabt, keine formalen und inhaltlichen Denkstörungen und keine mnestischen Funktionsstörungen. Zu seiner Lebenssituation habe der Kläger berichtet, dass er sich mit seiner Ehefrau in seiner Dreizimmermietwohnung wohl fühle und mit dieser zwei- bis dreimal in der Woche vormittags bei ihrer Arbeit im Ausfahren von Post mithelfe. Die Haushaltstätigkeiten teilten sie sich auf, wobei er gelegentlich aufgrund seiner Rückenschmerzen schwere Arbeiten wie Staubsaugen nicht machen könne. Ansonsten gehe er einkaufen, koche und wische Staub. Er lese gerne, mache sogenannte Spiegelbilder auch auf Bestellung, versuche sich im Korbflechten, besuche ein- bis dreimal wöchentlich Freunde und pflege das wöchentliche Binokelspiel mit seiner Ehefrau und einem Freund. Auch gehe er regelmäßig mit seiner Ehefrau zum Nordic-Walking und plane, im Sommer vermehrt das Freibad aufzusuchen. Ebenso pflege er telefonisch wöchentliche Kontakte zu seiner Mutter und einer Stieftochter. Diagnostisch werde auf dem Boden einer dependenten Persönlichkeitsstörung von einer rezidivierenden depressiven Störung mit gegenwärtig remittiertem Zustand ausgegangen, einer symptomatischen Epilepsie nach einem Schädel-Hirn-Trauma in der Kindheit, Spannungskopfschmerzen und Migräne. Testpsychologisch sei der Kläger dazu passend gehemmt, introvertiert, leicht erregbar, unbeherrscht, empfindlich, emotional labil mit körperlichen Beschwerden, lebensunzufrieden und wenig leistungsorientiert gewesen. Die bei ihm vorhandenen Gesundheitsstörungen wirkten sich auf seine berufliche Leistungsfähigkeit und seine Tätigkeit als Hochbauarbeiter mit Einschränkungen aus. Er könne keine schweren körperlichen Arbeiten mehr verrichten. Zudem solle der Kläger nicht unter psychischem Druck- und Stresssituationen arbeiten. Er sei jedoch noch in der Lage, in leichten bis mittelschweren Tätigkeiten vollschichtig tätig zu sein. Die Arbeitsaufnahme einer solchen Tätigkeit würde sogar zu einer Stabilisierung seines seelischen Zustands führen, da die Bewältigung dieser Arbeit mit entsprechender Entlohnung zu einer Aufwertung seines Selbstwertgefühls beitragen könne.

In der Zeit vom 07. Oktober 2008 bis 06. November 2008 befand sich der Kläger erneut zur stationären Behandlung im ZfP. Das SG zog daraufhin den Entlassungsbericht vom 16. Dezember 2008 des Ärztlichen Direktors Dr. Het. bei. Dieser berichtete von einer hausärztlichen Einweisung im Zustand einer depressiven Erschöpfung und massiven Selbstwertkrise nach kumuliert aufgetretenen sozialen und familiären Belastungssituationen. Im Laufe der stationären Behandlung sei es dem Kläger gelungen, sein Aktivitätsniveau auf ein für ihn befriedigendes Ausmaß zu heben. Er werde zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen. Zudem holte das SG eine sachverständige Zeugenauskunft bei der den Kläger im ZfP behandelnden Nervenärztin Dr. Heß. und dem Diplom-Psychologen Kir. ein, die gemeinsam in ihrer Auskunft vom 16. Dezember 2008 angaben, insgesamt sei das Gutachten der Dr. R. nachvollziehbar und stimme mit den von ihnen getroffenen Feststellungen überein. Abweichend von der getätigten Einschätzung der Sachverständigen werde jedoch aufgrund der nunmehr erhobenen Befunde aufgrund der durchgeführten psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung die Auffassung vertreten, dass der Kläger nur noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem Umfang von bis zu fünf Stunden täglich auszuüben.

Mit Urteil vom 18. Dezember 2008 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei grundsätzlich in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Maßgebend seien insoweit das Gutachten der Sachverständigen Dr. R. sowie die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten durch Dr. G. und Dr. Hu ... Das Gutachten der Dr. R., welches auf einer eingehenden Untersuchung des Klägers mit ausführlicher Anamnese beruhe, habe einen weitgehend regelrechten neurologischen Befund ergeben. Der psychische Befund stelle sich nicht gravierend pathologisch dar. So hätten keine Einschränkungen der Informationsaufnahme und -verarbeitung und des Bewusstseins des Klägers vorgelegen. Mit Blick darauf sowie auf den von der Sachverständigen dargestellten Tagesablauf und das Freizeitverhalten des Klägers sei für das Gericht nachvollziehbar, dass die psychische Erkrankung zu keiner Herabsetzung des quantitativen Leistungsvermögens unter sechs Stunden täglich führe. Aufgrund der Stellungnahme von Dr. Heß. und Diplom-Psychologen Kir. über den Gesundheitszustand des Klägers im Rahmen seines stationären Aufenthaltes im ZfP in der Zeit vom 07. Oktober 2008 bis zum 06. November 2008 gelange die Kammer nicht zu der Überzeugung, dass dessen berufliche Leistungsfähigkeit zeitlich nicht nur vorübergehend unter täglich sechs Stunden eingeschränkt sei. Soweit in der Dokumentation über den Aufenthalt des Klägers eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands zu sehen sei, liege diese noch nicht weit genug zurück, um von einer dauerhaften Erwerbsminderung auszugehen. Auch ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit liege nicht vor. Der Kläger habe zuletzt den Beruf als Hochbauarbeiter ausgeübt. Ungeachtet der widersprüchlichen Angaben des letzten Arbeitgebers sei die Beklagte davon ausgegangen, dass diese Tätigkeit der Stufe des Facharbeiters zuzuordnen sei. Zwar könne der Kläger diesen Beruf nicht mehr ausüben, jedoch könne er sozial zumutbar auf die Tätigkeit als Registrator verwiesen werden. Die hierfür zu stellenden körperlichen Anforderungen erfülle der Kläger noch sämtlich.

Gegen dieses seinen damaligen Prozessbevollmächtigten am 09. Januar 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger durch seinen neuen Prozessbevollmächtigten am 06. Februar 2009 Berufung eingelegt. Den bei ihm vorliegenden Beschwerden werde bislang in keiner Weise ausreichend Rechnung getragen. Er habe sich bis jetzt bereits siebenmal zu stationären Behandlungen im ZfP befunden. Während seines letzten Aufenthalts sei das Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung als gegenwärtig mittelgradige Episode sowie der Verdacht auf ein organisches Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma diagnostiziert worden. Die wiederholten Erschöpfungszustände, die zur häufigen Einweisung geführt hätten, belegten seinen sich insgesamt deutlich verschlechternden Gesundheitszustand. Bis heute sei er in Anbetracht der vorliegenden depressiven Erschöpfung außerstande, auch nur geringste Belastungen zu ertragen. Die ihn behandelnden Ärzte stimmten darin überein, dass er keine ausreichende Restleistungsfähigkeit zur Verrichtung einer Erwerbstätigkeit mehr habe. Zu Unrecht habe das SG daher seine Ausführungen einseitig auf das Gutachten der Dr. R. gestützt. Insgesamt habe sich sein Gesundheitszustand durchgängig verschlechtert. Dies sei auch nach der Begutachtung bei Dr. R. im Mai 2008 nochmals der Fall gewesen. Er leide auch unter unklaren zerebralen Anfällen mit Doppelbildern und täglichen Kopfschmerzen (Verweis auf die vorgelegte Bescheinigung des Dr. Sch. vom 06. Juni 2009). Trotz Brillenversorgung sei keine Besserung entstanden. Die vom SG benannte Verweisungstätigkeit als Registrator könne er ebenfalls nicht mehr verrichten. Die ihn regelmäßig behandelnden Ärzte sowie auch das Fachklinikum E. seien zu der Einschätzung gelangt, dass bei ihm lediglich ein Restleistungsvermögen von unter drei Stunden täglich vorliege, sodass er folgerichtig auch eine Tätigkeit als Registrator nicht mehr verrichten könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01. Mai 2006 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil für zutreffend. Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat sie die Stellungnahmen des Sozialmediziners Fischer vom 19. Februar 2010 und vom 29. April 2010 vorgelegt.

Der Senat hat zunächst eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme bei der Sachverständigen Dr. R. eingeholt (vgl. die Stellungnahme vom 14. April 2009). Diese hat ausgeführt, auch unter Kenntnis des Entlassungsberichts über den letzten stationären Aufenthalt des Klägers ergebe sich keine geänderte Einschätzung zum Restleistungsvermögen des Klägers. Der Kläger sei zur Behandlung einer mittelgradig depressiven Episode stationär im ZfP am 07. Oktober 2008 aufgenommen worden. Die im psychischen Befund beschriebenen Symptome könnten durchaus im Rahmen der mittelgradig depressiven Episode aufgetreten sein. Bei ihren Untersuchungen habe sie einen solchen von den Ärzten des ZfP beschriebenen psychischen Befund nicht bestätigen können, sie habe damals jedoch eine rezidivierende depressive Störung in remittiertem Zustand diagnostiziert. Es sei jedoch klar, dass eine rezidivierende depressive Störung immer wieder Episoden habe, die unter entsprechender fachärztlicher Behandlung remittierten. Den Verdacht auf ein Psychosyndrom und eine entsprechende angeforderte psychologische Testung halte sie jedoch nicht für zielführend, da dies zu aggravierten und somit verfälschten Ergebnissen führten. Sie selbst habe dem Kläger seinerseits ein mindestens sechs Stunden vorhandenes Leistungsvermögen bescheinigt. Woraus sich eine Reduzierung auf fünf Stunden ergeben solle, sei dem Bericht der Nervenärztin des ZfP nicht zu entnehmen. Der Kläger habe die für ihn gewiss stressreiche und anstrengende nervenfachärztliche Begutachtung in ihrer Praxis im Umfang von insgesamt fünf Stunden und 20 Minuten mit einer allenfalls fünfminütigen Pause überstanden. Dadurch könne angenommen werden, dass er mit den entsprechenden qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr in einem remittierten depressiven Zustand arbeiten könne.

In der Zeit vom 12. Juli bis 16. Juli 2009 hat sich der Kläger infolge eines fokalen zerebralen Krampfanfalls mit sekundärer Generalisierung in stationärer Behandlung befunden. Zum Nachweis hat der Kläger den vorläufigen Entlassbrief des Dr. Se. von den R.-M.-Kliniken gGmbH vom 15. Juli 2009 vorgelegt. Im Nachgang dazu hat der Senat den behandelnden Neurologen und Psychiater des Klägers Dr. Fl. als sachverständigen Zeugen angehört (Auskunft vom 08. Dezember 2009). Dr. Fl. hat angegeben, die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers sei aufgrund der fokalen Epilepsie teilweise eingeschränkt. Jedoch könnten körperlich leichte und nervlich wenig belastende Tätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich durchgeführt werden. Der Einfluss aktuell beim Kläger auftretender Doppelbilder auf die Berufstätigkeit könne nicht beurteilt werden. Auf entsprechende Nachfrage des Senats hat der Kläger jedoch mitgeteilt, nicht mehr in spezifisch augenfachärztlicher Behandlung zu sein.

In der Zeit vom 11. Oktober bis 19. November 2010 hat sich der Kläger erneut in stationärer Behandlung im ZfP befunden. Der Kläger hat den vorläufigen Entlassbrief des Chefarztes Dr. Het. vom 19. November 2010 vorgelegt. Der Senat hat sodann eine sozialmedizinische Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. veranlasst. Dieser hat in seinem Gutachten vom 14. Februar 2011 aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 11. Februar 2011 von einer rezidivierenden depressiven ängstlich-vermeidenden Anpassungsstörung mit depressiven Kompensationen bei psychosozialen Belastungssituationen, einer selbstunsicheren Persönlichkeit mit dependenten Zügen, einer symptomatischen Epilepsie nach Schädel-Hirn-Trauma, derzeit kompensiert, einer Somatisierungsstörung in Form einer somatoformen Schmerzstörung mit dissoziativen Symptombildungen und einem Zustand nach Nukleotomie im LWS-Bereich ohne derzeit funktionelle neurologische Ausfälle berichtet. Der psychopathologische Befund habe gegenüber den Vorbefunden der Sachverständigen Dr. R. keine wesentlichen Änderungen aufgewiesen. Die Alltagsgestaltung des Klägers habe keinerlei Auffälligkeiten gezeigt, wie sie beispielsweise von einer schwerwiegenden durchgängigen depressiven Störung zu erwarten gewesen wären. Der Kläger habe von einem guten Freundeskreis berichtet. Zusammen mit einem guten Freund und seiner Ehefrau spiele er regelmäßig Karten. Mit Bekannten treffe er sich auch mehr oder weniger regelmäßig an einem Stammtisch und tausche sich mit den Nachbarn aus. An Hobbys habe er Kartenspielen, Schwimmengehen und ein Interesse für die Formel 1 gezeigt. Er bastle sogenannte Spiegelbilder, deren Herstellung er durchaus kompliziert schildere. In bemerkenswerter Weise schienen dabei Doppelbilder nicht störend aufgetreten zu sein. Der Kläger sei auch in der Lage gewesen, im Dezember letzten Jahres mit einem Freund, der eine Reise gewonnen habe, einen Urlaubsaufenthalt mit Rundreise in der Türkei zu absolvieren. Er helfe seiner Frau bei Kurierfahrten für die Kreissparkasse und trage dabei leichte Koffer in die angefahrenen Filialen. Im Vordergrund stehe folglich beim Kläger die selbstunsichere Persönlichkeit mit dependenten Zügen. Es bestehe eine mangelnde Frustrationstoleranz. Bei allfälligen Konflikten reagiere der Kläger mit depressiven Anpassungsstörungen, suizidalen Äußerungen und "tauche immer wieder" in stationäre Behandlung ins ZfP "ab". Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht wäre die Vermittlung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes gerade sinnvoll. Im Ergebnis werde daher vollkommen die Auffassung der Sachverständigen Dr. R. geteilt, dass gerade dies zu einer Besserung des gesundheitlichen Zustands des Klägers führen könne. Aus seiner Sicht sei dem Kläger daher unter Beachtung qualitativer Einschränkungen eine leidensgerechte Tätigkeit vollschichtig noch sechs Stunden und mehr möglich. Dazu gehöre auch eine Tätigkeit als Registrator.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Mit dem angefochtenen Urteil vom 18. Dezember 2008 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. April 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Kläger ist seit 01. Mai 2006 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er kann Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Verwaltungsgutachtens des Dr. G. vom 27. September 2006, des in erster Instanz eingeholten Gutachtens der Dr. R. vom 07. Mai 2008, ihrer im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 14. April 2009 sowie des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens des Dr. P. vom 14. Februar 2011 fest.

Im Vordergrund stehen beim Kläger Einschränkungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Der Kläger leidet insoweit an einer symptomatischen Epilepsie nach Schädel-Hirn-Trauma mit rechts frontaler Kontusion, derzeit kompensiert, an rezidivierenden depressiven ängstlich-vermeidenden Anpassungsstörungen mit depressiven Dekompensationen bei psychosozialen Belastungssituationen, einer selbstunsicheren Persönlichkeit mit dependenten Zügen sowie einer Somatisierungsstörung in Form einer somatoformen Schmerzstörung mit dissoziativen Symptombildungen. Dies folgt für den Senat sowohl aus dem Gutachten des Dr. P. vom 14. Februar 2011 als auch dem Gutachten der Dr. R. vom 07. Mai 2008, die insoweit zu einander entsprechenden Ergebnissen gelangen. Zudem leidet der Kläger auf orthopädischem Fachgebiet an einem Zustand nach Nukleotomie im LWS-Bereich in Form eines chronischen Wirbelsäulensyndroms. Dies stützt der Senat auf das Verwaltungsgutachten des Dr. G. vom 27. September 2006. Nicht dagegen vermochte sich der Senat von einer dauerhaften Gesundheitsstörung auf augenfachärztlichem Gebiet in Form von Doppelbildern zu überzeugen. Zwar haben Dr. Sch. in der vorgelegten Bescheinigung vom 06. Juni 2009 und der behandelnde Neurologe des Klägers Dr. Fl. in seiner Auskunft vom 08. Dezember 2009 das Vorliegen solcher Doppelbilder mitgeteilt. Der Sachverständige Dr. P. hat in seinem Gutachten vom 14. Februar 2011 jedoch auf der Grundlage der von ihm ebenfalls durchgeführten neurologischen Untersuchung des Klägers berichtet, dass sich an den Hirnnerven des Klägers keinerlei Auffälligkeiten gezeigt haben, die Augenmotilität ungestört war und der Klägers selbst auch keine Angaben von Doppelbildern mehr gemacht hat. Mit Blick darauf sowie den Verweis des Sachverständigen darauf, dass der Kläger visuell anspruchsvolle Hobbys hat, ist vom Vorliegen einer solchen Gesundheitsstörung nicht auszugehen. Dem entspricht auch, dass der Kläger sich seit längerem nicht mehr in augenfachärztlicher Behandlung befindet, er folglich selbst insoweit keinerlei Behandlungsbedarf gesehen hat. Selbst wenn der Kläger zeitweilig an einer solchen Störung gelitten hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie nicht nur vorübergehend, sondern im Sinne einer Erwerbsminderung mit hinreichender Dauerhaftigkeit vorgelegen hat.

Aus den beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Der Kläger ist aufgrund der Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule sowie der somatoformen Schmerzstörung nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten mit Heben und Tragen von schweren Lasten über zehn kg, sowie Tätigkeiten mit einseitigen Körperhaltungen in Form von Gehen, Stehen und Sitzen zu verrichten. Der Kläger sollte keine gleichförmigen Körperzwangshaltungen einnehmen und keine Arbeiten mit häufigem Bücken durchführen müssen. Zudem ist ein Steigen auf Leitern oder Gerüsten nicht möglich. Aus Sicht des Senats hat Dr. P. diese Leistungseinschränkungen aus den orthopädisch wie psychosomatisch bedingten Gesundheitsstörungen zutreffend abgeleitet. Schon Dr. G. hat im Übrigen aufgrund einer orthopädischen Untersuchung des Klägers im September 2006 entsprechende qualitative Leistungseinschränkungen aus den Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers schlüssig und nachvollziehbar abgeleitet.

Im Hinblick auf die neurologischen und psychiatrischen Gesundheitsstörungen des Klägers folgt der Senat beiden Sachverständigen Dr. R. und Dr. P. darin, dass der Kläger Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen und Menschen und mit besonderer geistiger Beanspruchung, sowie Tätigkeiten, die den Umgang mit Druck- und Stresssituationen erfordern, und Tätigkeiten an gefährdenden Maschinen nicht mehr durchführen kann. Zudem sind ihm Akkord- und Fließbandarbeit sowie Arbeiten in Nachtschicht, in Nässe, Kälte und Zugluft nicht mehr möglich. Diese von beiden Sachverständigen aufgezeigten Einschränkungen waren für den Senat ohne Weiteres anhand der typischerweise mit einem Anfallsleiden einhergehenden Einschränkungen der psychischen wie körperlichen Belastbarkeit einerseits sowie der ängstlich-vermeidenden Anpassungsstörung des Klägers mit depressiven Dekompensationen in Stresssituationen andererseits ableitbar.

Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes keine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich und mehr zu verrichten. Der Senat folgt auch insoweit der insgesamt schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilung durch Dr. R. und Dr. P. in ihren Gutachten, die einander voll umfänglich entsprechen.

Insbesondere ergibt sich eine quantitative Leistungseinschränkung nicht aus den beim Kläger auf nervenfachärztlichem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen. Der Senat vermochte die anders lautenden Einschätzungen der den Kläger behandelnden Ärzte insoweit nicht nachzuvollziehen. Sowohl Dr. P. in seinem Gutachten vom 14. Februar 2011 als auch schon Dr. R. in ihrem Gutachten vom 07. Mai 2008 berichten von einem durchgängig strukturierten Tagesablauf des Klägers bei eigenverantwortlicher Übernahme von haushaltlichen Pflichten und einem abwechslungsreichen Freizeitleben ohne jede Anzeichen sozialer Rückzugstendenzen, wie sie eine dauerhafte Erwerbsminderung bedingende psychische Erkrankung erwarten ließe. Er steht zusammen mit seiner Ehefrau früh auf, übernimmt Tätigkeiten im Haushalt und begleitet die Ehefrau regelmäßig vormittags bei ihrer Arbeit im Fahrdienst. Der Kläger berichtet von einem guten Freundeskreis, trifft sich regelmäßig zum Kartenspielen, besucht einen Stammtisch und tauscht sich mit den Nachbarn aus. Er geht gerne Schwimmen, interessiert sich für die Formel 1 und ist vor allem auch kreativ (in Form so genannter Spielgelbilder) tätig. Im Dezember 2010 hat er sich auch in der Lage gesehen, an einer zweiwöchigen Türkeireise, auf die ihn ein Freund mitgenommen hat, teilzunehmen. Es ergeben sich daher anhand der Alltagsschilderungen des Klägers keinerlei Anhaltspunkte für eine dauerhafte Leistungsminderung. Auch seine in der gutachterlichen Situation gezeigten Fähigkeiten und Eigenschaften deuten nicht auf eine dauerhaft leistungsgeminderte Persönlichkeit hin. Nach Schilderung beider Sachverständiger war der Kläger im Verlauf der gutachterlichen Exploration wach, klar, sowie in allen Qualitäten orientiert. Es ergaben sich keine Anzeichen auf ein psychotisches Erleben, auf eine erschwerte Auffassung, Einstellung und Umstellung im Rahmen der Fragestellung. Sowohl das formale wie auch inhaltliche Denken waren insgesamt ohne Befund. Auch ergaben sich jeweils in der Gutachtersituation keine besonderen depressiven Hinweise. Der Kläger reagierte insgesamt themen- und situationsadäquat. Er war sogar in der Lage, sich im Rahmen der besonders eingehenden gutachterlichen Befragung durch Dr. R. über mehrere Stunden ohne Einschränkungen zu konzentrieren. Für den Senat war mit Blick darauf die Einschätzung beider Sachverständiger schlüssig und nachvollziehbar, dass bei Durchführung leichter Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht von einem quantitativ herabgesetzten Leistungsvermögen des Klägers auszugehen ist, sondern vielmehr umgekehrt Tätigkeiten dieser Art sogar zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation des Klägers beitragen können. Der Kläger selbst hat anlässlich der Begutachtung durch Dr. P. angegeben, seine psychische Beeinträchtigung beruhe auf dem Verlust der Arbeit. Er selbst sieht folglich seine Gesundheitsstörungen im Zusammenhang mit seiner fehlenden beruflichen Beschäftigung, sodass der Senat der Einschätzung beider Sachverständiger darin folgt, dass die Ausführung leichter körperlicher Tätigkeiten dem Kläger ohne weiteres möglich und sogar zuträglich sind.

Zu einer abweichenden Leistungseinschätzung sieht sich der Senat auch nicht durch die Tatsache veranlasst, dass sich der Kläger in den letzten Jahren wiederholt in stationäre psychiatrische Behandlung begeben hat. Dr. R. hat insbesondere in ihrer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 14. April 2009 hierzu klar herausgearbeitet, dass sich darin die Anfälligkeit des Klägers zur akuten psychischen Erkrankung in Stresssituationen zeigt, nicht jedoch eine länger andauernde Gesundheitsstörung angenommen werden kann. Auch Dr. P. hat dies in gleicher Weise bewertet, indem er ausführte, bei allfälligen Konflikten reagiere der Kläger mit depressiven Anpassungsstörungen, suizidalen Äußerungen und "tauche immer wieder" in stationäre Behandlung ins ZfP "ab". Die depressiven Episoden des Klägers erfordern daher im konkreten Einzelfall ohne Zweifel eine psychiatrische Akutbehandlung. Nicht jedoch lässt sich aus ihnen eine Erwerbsminderung mit der erforderlichen Dauerhaftigkeit ableiten. Anderes ergibt sich im Übrigen auch aus den Berichten des ZfP über die jeweiligen Aufenthalte des Klägers dort nicht. Sie berichten von depressiven Episoden, aus denen der Kläger jeweils wieder deutlich gefestigt hervorgehen konnte (z.B. Auskunft des Dipl.-Psych. S. vom 28. Juni 2007).

Auch aus den orthopädischen Gesundheitsstörungen des Klägers lassen sich keine quantitativen Leistungseinschränkungen ableiten. Der bestehenden Schmerzsymptomatik des Klägers werden die beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen hinreichend gerecht.

Mit Blick auf das folglich zur Überzeugung des Senats noch verbliebene Restleistungsvermögen des Klägers, das eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts über mindestens sechs Stunden täglich nicht ausschließt, kam auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht.

2. Dem Kläger steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z. B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04R - in Juris). Danach ist bisheriger Beruf des Klägers die Tätigkeit als Hochbauarbeiter bei der O. S. GmbH. Den Umschulungsberuf als Verkaufsfachberater (Baustoffe) hat der Kläger zu keiner Zeit versicherungspflichtig ausgeübt. Seinen bisherigen Beruf kann der Kläger zwar nicht mehr verrichten. Dies ergibt sich anhand der übereinstimmenden Auskunft aller den Kläger begutachtenden Ärzte, da es sich insoweit um eine körperlich schwere Arbeit, verbunden mit Zwangshaltungen und großen körperlichen Belastungen handelt. Gleichwohl ist der Kläger nicht berufsunfähig, weil er - soweit er überhaupt einen Berufsschutz als Facharbeiter genießt - nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats auf die Tätigkeit eines Registrators, zumindest aber auf seinen Umschulungsberufs als Verkaufsfachberater für Baustoffe verweisbar ist.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 25. Juli 2001 - B 8 KN 14/00 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 26) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - in juris).

Der Senat lässt dahingestellt, ob die Tätigkeit des Klägers als Hochbauarbeiter überhaupt als qualifizierte Facharbeitertätigkeit einzustufen ist. Zwar ist die Beklagte davon aufgrund der Mitteilung des Arbeitgebers vom 19. Februar 2007, durch diesen ergänzt am 06. März 2007, dass der Kläger als "gehobener Baufacharbeiter" eingestellt und nach Lohngruppe IV vergütet worden sei, ohne weiteres ausgegangen. Ob diese Einschätzung indes zutrifft, ist aus Sicht des Senats deshalb fraglich, weil der frühere Arbeitgeber des Klägers an anderer Stelle mitgeteilt hat, die vom Kläger zuletzt verrichtete Tätigkeit stelle inhaltlich eine Anlerntätigkeit mit einer Anlernzeit von zwei Jahren dar. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist die Höhe der Entlohnung, soweit die Entlohnung der konkreten Tätigkeit nicht tarifvertraglich festgeschrieben ist, nur ein Indiz für den qualitativen Wert des Berufs (vgl. BSG, Urteil vom 29. Mai 1984 - 5a RKn 12/83 - SozR 2600 § 46 Nr. 14). Bei einer Divergenz von Qualität der tatsächlich verrichteten Arbeit und Lohnhöhe ist Letztere grundsätzlich nicht entscheidend (vgl. BSG, Urteil vom 13. Oktober 1992 - 5 RJ 18/92 - in juris). Zwar ist beim Kläger der Lohn in Anwendung eines Tarifvertrags gezahlt worden, jedoch erscheint dann weiter fraglich, ob eine zutreffende Einordnung in eine tarifliche Berufsgruppeneinteilung erfolgt ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 21. Juli 1987 - 4a RJ 71/86 SozR - SozR 2200 § 1246 Nr. 145).

Ob mit Blick darauf der Kläger qualifizierten Berufsschutz als Facharbeiter für sich beanspruchen kann, konnte der Senat jedoch dahingestellt sein lassen, weil der Kläger sozial und medizinisch zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann.

Als Facharbeiter kann der Kläger auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Berufsgruppe des genannten Mehrstufenschemas bzw. auf solche Tätigkeiten sozial zumutbar verwiesen werden, die eine betriebliche Anlernzeit von wenigstens drei Monaten erfordern oder sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten nach der tariflichen Eingruppierung und aufgrund besonderer qualitativer Merkmale hervorheben und deshalb einer Anlerntätigkeit gleichstehen, wobei der betreffende Versicherte imstande sein muss, die Tätigkeit nach einer Einweisungszeit von höchstens drei Monaten vollwertig zu verrichten.

a) Nach der bisherigen Rechtsprechung der Senate des LSG Baden-Württemberg wäre all das hinsichtlich der Tätigkeit des Registrators der Fall. Die Wertigkeit der Arbeit des Registrators als für Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit folgt aus ihrer Einstufung in das nach Qualitätsmerkmalen geordnete Lohngruppengefüge der einschlägigen Tarifverträge; darin spiegelt sich ihr qualitativer Rang wieder. Im öffentlichen Dienst werden Registratoren nach Vergütungsgruppe VIII BAT - im Rahmen der Überleitung vom BAT zum Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) Entgeltgruppe 4 - und im privaten Versicherungsgewerbe nach Gehaltsgruppe II des Manteltarifvertrags der privaten Versicherungswirtschaft entlohnt, weshalb sich Facharbeiter auf diese Tätigkeit sozial zumutbar verweisen lassen müssen (vgl. zur Verweisung eines Facharbeiters auf Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VIII BAT grundlegend BSG, Urteil vom 12. September 1991 - 5 RJ 34/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17; ständige Rechtsprechung der Senate des LSG Baden-Württemberg, z. B. Urteil vom 25. Januar 2005, - L 11 RJ 4993/03 - veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de; Urteil vom 11. Oktober 2006 - L 5 R 4635/05; vgl. auch die Urteile des erkennenden Senats vom 26. Januar 2007 - L 4 R 4256/03, vom 18. Januar 2008 - L 4 R 1019/05 - und vom 09. Dezember 2010 - L 4 R 6051/08).

Der Kläger kann dem fachlichen Leistungsprofil des genannten Verweisungsberufs gerecht werden. Dieses wird gekennzeichnet durch die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, das Führen von Brieftagebüchern schwieriger Art und von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordneten Karteien und ähnlichen Arbeiten. Es müssen von den zuständigen Sachbearbeitern zu bearbeitende Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Organisationsmerkmalen sortiert und betriebsintern weitergeleitet, Statistiken oder Terminüberwachungslisten und Karteien geführt, Ordner oder Akten gezogen und abgestellt werden. Insgesamt handelt es sich im Wesentlichen um eine einfach strukturierte Bürotätigkeit, für die keine geistigen Anforderungen erforderlich sind, die über das normal übliche Maß hinausgehen (vgl. hierzu insbesondere das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25. Januar 2005 - L 11 RJ 4993/03 - unter Hinweis auf die Auskunft des damaligen Landesarbeitsamts Baden-Württemberg vom 16. August 2000). Für die Verrichtung der genannten Tätigkeiten mag eine abgeschlossene Ausbildung, etwa in einem kaufmännischen oder Verwaltungsberuf, von Vorteil sein (so etwa BERUFE.NET der Bundesagentur für Arbeit Registrator/-in); sie ist aber nicht Voraussetzung für den Zugang zu diesem Beruf.

Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger keine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten absolviert hat, verfügt er nach Auffassung des Senats angesichts seiner beruflichen Ausbildung und seines gesamten Werdegangs über Kenntnisse, die es ihm ermöglichen, qualifizierte Tätigkeiten in der Registratur, die der Vergütungsgruppe VIII BAT entsprechen, in einer dreimonatigen Einarbeitungszeit zu erlernen. Der Kläger hat eine Berufsausbildung als Fliesenleger durchlaufen, hat sich in den folgenden Jahren auf fachfremde Berufe einzulassen und umzustellen vermocht und sich - ebenfalls fachfremd - eine qualifizierte Tätigkeit im Hochbau zu suchen vermocht. Er hat darüber hinaus in den Jahren 2004/2005 an einer mehrmonatigen Umschulung zum Fachverkäufer erfolgreich teilgenommen und folglich auch gewisse Einblicke in das kaufmännische Erwerbsleben erhalten. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger nicht innerhalb von drei Monaten einarbeiten und sich auf den neuen Beruf umstellen kann, ergeben sich nach dem oben beschriebenen Restleistungsvermögen des Klägers nicht. Die von ihm insoweit eingewandten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit der Folge stark eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit vermochte der Senat anhand der Gutachten des Dr. P. sowie der Dr. R. gerade - wie umfänglich ausgeführt - nicht nachzuvollziehen.

Die Verweisung auf den Beruf des Registrators ist dem Kläger auch medizinisch zumutbar. Schwere körperliche Tätigkeiten sind mit der Tätigkeit eines Registrators nicht verbunden, und auch Zeitdruck, Nachtarbeit, besondere Verantwortung, erhebliche geistige Beanspruchung, häufiges Bücken, wechselhafte Temperaturen und Zugluft sowie Nässe gehen mit dieser Tätigkeit nicht einher. Der Kläger ist nach seinen körperlichen, psychischen und geistigen Fähigkeiten aus den getroffenen Feststellungen in der Lage, eine solche Tätigkeit sechsstündig zu verrichten.

Der Senat braucht vorliegend nicht zu entscheiden, ob er an der bisherigen Rechtsprechung zur Verweisungstätigkeit des Registrators festhält oder ob neuere Erkenntnisse eine andere Beurteilung erfordern.

b) Selbst wenn aufgrund neuerer Erkenntnisse die Verweisung auf die Tätigkeit eines Registrators dem Kläger nicht sozial zumutbar wäre, kann er auf den Umschulungsberuf als Verkaufsfachberater (Baustoffe) verwiesen werden. Die soziale Zumutbarkeit dieser Verweisung ergibt sich ohne Weiteres gemäß § 240 Abs. 2 Satz 3 SGB VI. Aber auch hinsichtlich der medizinischen Zumutbarkeit hat der Senat keine Bedenken. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung in den Rechtsstreit eingeführten berufskundlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes Hessen vom 22. Mai 2009 (abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de; Berufskunde, Stellungnahme Nr. 942) führt der Fachberater (Baustoffe), soweit es sich um eine Tätigkeit im Innendienst handelt, körperlich leichte Tätigkeiten in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen aus. Es wird überwiegend im Sitzen gearbeitet, wobei ein Wechsel der Körperhaltung möglich ist. Ausweislich der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung eingeführten Berufsbildbeschreibung zum Fachverkäufer/-berater/in - Bau-/Heimwerkerbedarf der Bundesagentur für Arbeit (abrufbar unter www.berufenet.arbeitsagentur.de) hat ein Verkaufsfachberater dabei zwar Kundenkontakt und folglich regelmäßigen Umgang mit Menschen. Eine erhöhte Verantwortung für Personen ergibt sich dabei indes nicht. Bei schwierigen Entscheidungen stimmen sich Verkaufsfachberater vielmehr mit ihren Kollegen und Vorgesetzten ab. Das Gesamtbild, das sich nach der Berufsbildbeschreibung in BERUFNET ergibt, zeigt im Übrigen keine Anforderungen im Hinblick auf eine erhöhte Stressbelastung auf. Nach allem ist auch der Umschulungsberuf ein dem Kläger medizinisch zumutbarer Verweisungsberuf.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved