Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 758/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1966/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger, der vom 01. September 2002 bis 31. August 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezog, begehrt die erneute Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente ab 01. Oktober 2008.
Der am 1973 geborene Kläger erlernte von September 1991 bis Februar 1994 den Beruf des Bauschlossers. Unterbrochen jeweils durch kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit war der Kläger zunächst von 1994 bis 1998 im erlernten Beruf, von 1998 bis 2001 als Schweißer sowie zuletzt von 2001 an als Laminat- und Parkettleger versicherungspflichtig beschäftigt. Am 02. Februar 2002 erlitt der Kläger einen Motorradunfall, bei welchem er sich ein schweres Schädel-Hirntrauma, eine Fraktur des Schädels und Gesichtsschädels und eine BWK 6-Fraktur zuzog. In der Folge bezog der Kläger zunächst von seiner Krankenkasse Krankengeld. Am 12. August 2002 stellte der Kläger bei der Beklagten (damals noch Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation, der nach Durchführung der Reha-Maßnahme in den Kliniken S. H. in der Zeit vom 23. Juli 2002 bis 30. August 2002 als Antrag auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente behandelt wurde.
Zur Entscheidung über einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zog die Beklagte den Reha-Entlassungsbericht des Leitenden Arztes und Facharztes für Neurologie Dr. Br. vom 02. September 2002 über den Aufenthalt des Klägers in den Kliniken S. bei. Dr. Br. gelangte darin zu der Auffassung, dass der Kläger infolge der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen (mittelgradigem hirnorganischem Psychosyndrom, Gangstörung, gedecktem Schädelhirntraum mit bifrontalen Kontusionen und Gesichtsfraktur, stabiler BWK-6-Fraktur) auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur drei bis unter sechs Stunden belastbar sei. Mit Bescheid vom 30. Juni 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin ausgehend von einem Leistungsfall im Februar 2002 beginnend ab 01. September 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zunächst auf Dauer, nach bestandskräftiger teilweiser Rücknahme des Bewilligungsbescheids mit Bescheid vom 09. Oktober 2003 jedoch begrenzt bis zum 31. Dezember 2003.
Am 17. Oktober 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Weiterzahlung der ihm bewilligten Erwerbsminderungsrente. Zudem stellte er Antrag auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die ihm die Beklagte für die Zeit vom 08. Januar 2004 bis 19. Februar 2004 erneut in den Kliniken S. Heidelberg bewilligte. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003 wurde dem Kläger daraufhin die Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente zunächst bis 29. Februar 2004 gewährt.
Auf neuen Antrag des Klägers auf Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente vom 15. Januar 2004 zog die Beklagte den Reha-Entlassungsbericht vom 19. Februar 2004 des PD Dr. Br. über den Aufenthalt des Klägers in den S.-Kliniken bei, der den Kläger weiterhin für nur drei bis unter sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar hielt. Die Beklagte ließ diesen Entlassungsbericht durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. auswerten und bewilligte sodann mit Bescheid vom 03. Mai 2004 dem Kläger die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 28. Februar 2007.
Am 02. Juni 2006 ließ die Beklagte den Kläger in ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle in Karlsruhe durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. U. nervenfachärztlich begutachten (vgl. das Gutachten vom 21. Juni 2006). Dr. U. berichtete vom Vorliegen eines mäßiggradigen hirnorganischen Psychosyndroms sowie einer spastischen Hemiparese rechts nach schwerem Schädelhirntrauma im Jahr 2002. Sie gelangte zu der Auffassung, bei dem Kläger bestehe unter Berücksichtigung der noch vorhandenen körperlich-neurologischen Funktionsbeeinträchtigungen zunächst ein dringender Bedarf nach einer erneuten medizinischen Reha-Maßnahme; bis dahin sei noch kein positives Leistungsvermögen gegeben. Auf den daraufhin vom Kläger gestellten Reha-Antrag bewilligte die Beklagte diesem die Durchführung einer medizinischen Reha-Maßnahme in der Zeit vom 21. September 2006 bis 02. November 2006 in der Sc.-klinik B. B ...
Am 22. Februar 2007 stellte der Kläger Antrag auf Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente über den 28. Februar 2007 hinaus. Die Beklagte zog den Reha-Entlassungsbericht des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. M. vom 09. November 2006 bei, der beim Kläger vom Vorliegen einer Persönlichkeitsakzentuierung (narzisstisch, selbstunsicher), eines Zustands nach hirnorganischem Psychosyndrom, eines Zustands nach Schädelhirntrauma 2002 und einer spastischen Hemiparese, beinbetont, berichtete. Er hielt den Kläger weiterhin nur für drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar. Die Beklagte ließ diesen Entlassungsbericht durch Dr. G. auswerten, der zu der Auffassung gelangte, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein. Mit Bescheid vom 26. Februar 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Weiterzahlungsantrag des Klägers ab.
Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung, weiterhin arbeitsunfähig zu sein, noch immer nicht richtig laufen zu können und sehr depressiv zu sein, am 01. März 2007 Widerspruch ein. Daraufhin ließ die Beklagte den Kläger erneut in ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle Karlsruhe durch Frau Dr. U. nervenärztlich begutachten. Die Gutachterin gelangte aufgrund einer Untersuchung des Klägers im Mai 2007 zu der Auffassung, beim Kläger bestehe eine dringende Indikation zu einem vorzeitigen Heilverfahren in einer psychosomatischen Fachklinik. Erst nach erzielter psychischer Restabilisierung könne über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben entschieden werden. Zumindest bis zum Abschluss eines erneuten Heilverfahrens bestehe kein positives Leistungsvermögen für jegliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (Gutachten vom 25. Mai 2007).
Nach Auswertung dieses Gutachtens durch Dr. G. half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und bewilligte mit Bescheid vom 01. Juni 2007 die Weiterbezahlung der Erwerbsminderungsrente bis zum Abschluss des durchzuführenden Heilverfahrens. Auf entsprechenden Antrag wurde dem Kläger zudem die Durchführung einer weiteren medizinischen Rehabilitation in der Sc.-klinik B. B. gewährt (Bescheid vom 26. Juni 2007), an welcher der Kläger vom 01. August 2007 bis 29. August 2007 teilnahm. Anschließend zog die Beklagte den Reha-Entlassungsbericht des Dr. M. vom 30. August 2007 bei. Dieser berichtete vom Vorliegen einer Persönlichkeitsakzentuierung mit selbstunsicheren und narzisstischen Zügen, eines Zustands nach Schädelhirntrauma im Februar 2002 und einer spastischen Hemiparese, beinbetont. Während der Heilbehandlung habe der Kläger insgesamt von den Behandlungsmaßnahmen profitieren und sein Selbstwerterleben weiter stabilisieren können. Anhaltspunkte für ein hirnorganisches Psychosyndrom, wie es beim letztjährigen Behandlungsaufenthalt diagnostiziert worden sei, hätten sich nicht mehr gefunden. In Zusammenschau der Befunde aus medizinischer und psychologischer Beurteilung werde das berufliche Leistungsvermögen des Klägers als teilweise eingeschränkt eingeschätzt. Defizite bestünden hinsichtlich der Übernahme von Verantwortung für Personen, Akkordarbeiten und ungewöhnlich hohen Zeitdrucks. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege nunmehr jedoch ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden vor. Zu vermeiden seien Arbeiten mit Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie im Knien und in der Hocke. Der Kläger sei arbeitsfähig entlassen worden, womit er sich auch einverstanden gezeigt habe. Angesichts der hohen Motivation des Klägers erscheine ein beruflicher Wiedereinstieg erfolgsversprechend. Die Beklagte ließ auch diesen Bericht durch Dr. G. auswerten und lehnte mit Bescheid vom 24. September 2007 den Antrag des Klägers auf Weiterbezahlung der Erwerbsminderungsrente über den Monat August 2007 hinaus ab, weil seither weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege.
Dagegen erhob der Kläger am 04. Oktober 2007 Widerspruch mit der Begründung, er könne nach wie vor nicht arbeiten. Während der Reha-Maßnahme habe sich sein Zustand nicht verbessert. Er sei unverändert arbeitsunfähig, könne immer noch nicht richtig laufen, stolpere überall, sei stets depressiv und nervös und habe zu niemandem mehr Kontakt. Die Beklagte holte eine erneute Stellungnahme durch Dr. G. ein (vgl. die Stellungnahme vom 19. Dezember 2007). Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2008 wies sodann die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen über den Kläger überprüft und komme nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass diesem auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen seit dem 01. September 2007 wieder mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Seit 01. September 2007 steht der Kläger im Bezug von Arbeitslosengeld II.
Am 30. September 2008 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut Antrag auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente. Er gab an, sich weiterhin aufgrund des schweren Schädelhirntraumas seit Februar 2002 für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. Sch. ein, welcher unter dem 08. Oktober 2008 mitteilte, im neuen Rentenantrag sei wieder nur der Unfall aus dem Jahr 2002 mit dessen seit langem bekannten Folgen angegeben worden. All dies sei im Vorrentenverfahren zuletzt Anfang 2008 geklärt worden. Eine erneute medizinische Aufklärung sei daher nicht erforderlich. Mit Bescheid vom 08. Oktober 2008 lehnte daraufhin die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.
Auf den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid, in welchem er im Wesentlichen den Vortrag im vorangegangenen Widerspruchsverfahren wiederholte, zog die Beklagte aktuelle Befundberichte bei dem den Kläger behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. H. aus 2007 und 2008 bei. In Auswertung dieser Befundberichte gelangte Dr. Sch. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten zu der Auffassung (Stellungnahme vom 10. November 2008), die Befunde deckten sich mit dem Ergebnis des letzten Reha-Entlassungsberichts der Klinik B. B ... Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2009 wies daraufhin die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Volle bzw. teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger nicht vor.
Der Kläger erhob am 23. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Von seinem schweren Motorradunfall habe er sich insoweit erholt, als er sprechen und essen könne, nach wie vor jedoch könne er nicht mehr richtig laufen. Auch habe er eine schwere Depression, könne sich nicht konzentrieren und vergesse alles. Er bat darum, aktuelle Befundberichte bei den ihn behandelnden Ärzten einzuholen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. H. berichtete in seiner Auskunft vom 20. April 2009 über beim Kläger vorliegende chronische Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Schmerzen in der Wirbelsäule sowie über eine Gangunsicherheit nach Schädelhirntrauma. Der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einem Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma mit Hemiparese rechts und einem ataktischen Gangbild. Wesentliche Änderungen im Verlauf der Behandlung seien nicht festgestellt worden. Psychiater und Psychotherapeut Dr. Hu. (Auskunft vom 10. Juni 2009) gab an, der Kläger befinde sich alle acht Wochen in seiner Behandlung. Er klage über Nervosität, erhöhte Reizbarkeit, Empfindsamkeit, Neigung zum Kontrollverlust, Stimmungsschwankungen, Schlafstörung und chronische Schmerzen. Der Befund entspreche einem organisch begründeten, affektiven Syndrom mit Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, erhöhter Beeindruckbarkeit und eingeschränkter Ausdauerleistung. Die Erkrankung habe einen chronischen Verlauf genommen. Die Belastbarkeit des Klägers sei sehr eingeschränkt, er könne allenfalls "im geschützten Bereich" noch eine belastungsangemessene Beschäftigung finden. Internist und Hausarzt des Klägers Dr. R. berichtete in seiner Auskunft vom 16. Oktober 2009, er habe den Kläger zu den Unfallfolgen nicht untersucht. Man könne sich jedoch eigentlich nur eine sitzende Tätigkeit beim Kläger vorstellen. Er fügte seiner Auskunft den Bericht des Facharztes für Psychotherapeutische und Innere Medizin und Chefarzt Dr. F. des Krankenhauses S. T. P. vom 21. April 2009 über eine Vorstellung des Klägers zur Abklärung einer stationären psychosomatisch-psychotherapeutischen Behandlung bei. Darin war eine neuerliche stationäre Behandlung für sinnvoll und indiziert gehalten worden. Einen daraufhin vom Kläger gestellten Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hatte die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 20. August 2009 abgelehnt.
Auf Veranlassung des SG erstattete Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. D. aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 04. November 2009 sowie eines testpsychologischen Zusatzgutachtens des Diplom-Psychologen und Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Schn. vom 04. November 2009 das neurologische Gutachten vom 17. Dezember 2009. Der Sachverständige diagnostizierte einen Zustand nach gedecktem Schädelhirntrauma mit bifrontalen substantiellen Hirnschäden und einer Mittelgesichtsfraktur sowie einer stabilen Fraktur des sechsten Brustwirbelkörpers, eine diskrete sensomotorische Polyneuropathie vom distalen symmetrischen Manifestationstyp mit Hohlfußbildung beiderseits sowie hirnorganisch bedingte Veränderungen im Sinne leichter kognitiver Defizite. Aus neurologischer Sicht bestehe noch eine leichte spastische Hemisymptomatik der rechten Körperhälfte. Unabhängig von dem stattgehabten Unfall ließen sich Zeichen einer allerdings asymptomatischen peripheren Nervenschädigung an den Füßen im Sinne einer Polyneuropathie mit einer Abschwächung des linken Achillessehnenreflexes und einer vermehrten Schmerzempfindlichkeit im Bereich beider Füße nachweisen. Psychisch hätten sich erhebliche Diskrepanzen zwischen den vom Kläger zum Zeitpunkt der jetzigen gutachterlichen Untersuchung geäußerten Klagen bzw. den Ergebnissen der jetzigen testpsychologischen Untersuchungen und den gut dokumentierten Untersuchungsergebnissen der Reha-Entlassungsberichte ergeben. Bei der psychologischen Testung während der Untersuchung am 04. November 2009 habe der Kläger deutliche Aggravationstendenzen gezeigt und versucht, ein Leistungsdefizit vorzutäuschen. Im psychologischen Zusatzgutachten sei daher die Auffassung vertreten worden, dass beim Kläger, wenn überhaupt, nur leichte kognitive Defizite vorlägen. Auch sei nicht von nennenswerten Persönlichkeitsveränderungen auszugehen. Unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen müsste der Kläger in der Lage sein, länger als sechs Stunden täglich zu arbeiten. Auch die zur Erlangung von Arbeitsplätzen erforderliche Wegefähigkeit sei nicht belangvoll eingeschränkt. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe seit November 2007. Danach habe sich die Leistungsfähigkeit nicht mehr wesentlich verändert. Hinweise für eine in der Zwischenzeit aufgetretene Komplikation des stattgehabten Schädelhirntraumas hätten sich nicht ergeben.
Mit Gerichtsbescheid vom 31. März 2010 wies das SG die Klage ab. Ein Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente bestehe nicht. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. D., denen sich das Gericht anschließe, leide der Kläger unter den Folgen eines Schädelhirntraumas im Jahr 2002. Der Zustand sei in erster Linie durch eine leichte spastische Hemiparese der rechten Körperhälfte gekennzeichnet. Das Gangbild des Klägers sei ataktisch und unsicher. Zudem sei die Feinmotorik seiner rechten Hand leicht beeinträchtigt. Nicht überzeugt sei das Gericht hingegen davon, dass beim Kläger ein für die Leistungsbeurteilung relevantes Psychosyndrom bzw. affektives Syndrom vorliege. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. D. gehe nachvollziehbar davon aus, dass die hirnorganischen Veränderungen allenfalls zu leichten kognitiven Defiziten geführt hätten, nicht hingegen zu den vom Kläger behaupteten deutlichen Störungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit. Ausweislich des Gutachtens sei der Kläger durchaus in der Lage gewesen, flüssig über seinen Zustand und die bisherigen Geschehnisse zu berichten. Dies stütze die Einschätzung des Sachverständigen, die auffallend schlechten Ergebnisse im Rahmen des testpsychologischen Zusatzuntersuchung hätten im Wesentlichen auf der Tendenz des Klägers zur Aggravation beruht. Unabhängig vom Schädelhirntrauma bestehe beim Kläger eine sensomotorische Polyneuropathie an beiden Füßen. Mit diesen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei der Kläger noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger sei auch noch in der Lage, eine Arbeitsstelle zu erreichen. Das Gericht folge der Einschätzung des Sachverständigen, wonach der Kläger trotz seines ataktischen und leicht unsicheren Gangbildes viermal täglich eine Wegstrecke von 500 Metern in einem zeitlichen Aufwand von nicht mehr als 20 Minuten zu Fuß zurücklegen könne.
Gegen den Gerichtsbescheid (dem Kläger am 01. April 2010 zugestellt), hat dieser durch seine Prozessbevollmächtigten am 23. April 2010 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei er nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die bei ihm vorliegenden organischen Beeinträchtigungen seien unstreitig. Lediglich hinsichtlich der psychologischen Seite sei der Sachverständige in der ersten Instanz zu dem Ergebnis gekommen, dass er (der Kläger) bewusst seine Leistungsfähigkeit geschmälert habe. Eine nachvollziehbare Begründung hierfür könne dem Gutachten jedoch nicht entnommen werden. Auch lasse das Gutachten eine klar definierte Aussage des Inhalts, dass er in der Lage sei, länger als sechs Stunden täglich zu arbeiten, vermissen. Es finde sich lediglich eine Vermutung des Sachverständigen, ohne dass diese entsprechend untermauert werde. Das Gutachten sei insgesamt widersprüchlich, ohne dass sich das erstinstanzliche Gericht damit auseinandergesetzt habe. Auch stehe die Einschätzung des Sachverständigen von dem Bestehen der Wegefähigkeit im Widerspruch zu dem ausgestellten und befristeten Schwerbehindertenausweis. Bei ihm liege ein Grad der Behinderung (GdB) in Höhe von 80 Prozent vor. Ferner sei ihm das Merkmal "G" zugebilligt worden. Schließlich werde darauf verwiesen, dass im letzten Reha-Entlassungsbericht eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung für die letzte Berufstätigkeit von unter drei Stunden festgehalten worden sei. Im Übrigen sei dort eine Wiederholungsrehabilitation in zwei Jahren empfohlen worden. Schon dies zeige an, dass seine Leistungsfähigkeit gemindert sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. März 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Oktober 2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Mit Bescheid vom 12. August 2010 hat die Beklagte dem Kläger erneut Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Sc.-klinik B. B. bewilligt, an welcher der Kläger in der Zeit vom 09. Dezember 2010 bis 20. Januar 2011 teilgenommen hat. Leitender Arzt St. ist in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 21. Januar 2011 zu der abschließenden Einschätzung gelangt, als Laminat- und Parkettverleger sei der Kläger weiterhin nur unter drei Stunden täglich belastbar, unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen könne er jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein. Bei der Aufnahme in die Reha-Maßnahme habe der Kläger davon berichtet, dass er zwischen sechs und sieben Uhr aufstehe, einkaufen gehe, bei gutem Wetter Fahrrad fahre oder spazieren gehe. Er besuche seine Freundin, habe regelmäßige Mahlzeiten und gehe zweimal in der Woche zum Fitnesstraining. In der ca. einstündigen psychologischen Aufnahmesituation habe der Kläger adäquat folgen können. Er habe zwar phasenweise etwas fahrig und nervös gewirkt, sei jedoch bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten voll orientiert gewesen und hätte keine Hinweise auf abgrenzbare affektive Störungen gezeigt. Die psychodynamische verhaltensanalytische Untersuchung habe keine psychische Erkrankung ergeben. Es falle auf, dass der Kläger sehr beeinflussbar sei im Hinblick auf Ziel und Einstellungen. Er habe geschildert, dass seine Umgebung, auch behandelnde Ärzte, ihm nicht zutrauten, dass er wieder berufstätig werde. Wie schon bei Aufnahme würden auch nach Abschluss der Reha-Maßnahme keine psychischen Diagnosen gestellt. Nach den Ergebnissen der Belastungserprobung und arbeitstherapeutischen Maßnahmen seien die Grundarbeitsfähigkeiten gut erhalten. Um sich den Belastungen des allgemeinen Arbeitsmarktes anzunähern, seien dringend Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von beruflichen Trainingsmaßnahmen zu empfehlen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Belastbarkeit gesteigert und der Kläger nach Abschluss einer solchen Maßnahme ins Erwerbsleben integriert werden könne. Aus psychologischer Sicht werde davon ausgegangen, dass der Kläger bei entsprechenden beruflichen Reha-Maßnahmen ein vollschichtiges berufliches Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über sechs Stunden erreichen könne mit Ausnahme von Akkordarbeiten. Im Hinblick auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger aus somatomedizinischer Sicht über sechs Stunden leistungsfähig für Tätigkeiten im Intensitätsbereich von leichten bis mittelschweren Tätigkeiten. Der Kläger sei mit der Beurteilung einverstanden gewesen und sei für eine berufliche Reha-Maßnahme hoch motiviert.
Mit Bescheid vom 10. März 2011 hat die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben "in Aussicht gestellt". Der Kläger werde gebeten, sich intensiv um einen geeigneten Arbeitsplatz zu bemühen. Die Beklagte erkläre sich grundsätzlich bereit, einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten.
Im Nachgang dazu hat der Kläger ergänzend vorgetragen, aus dem Bewilligungsbescheid vom 10. März 2011 ergebe sich, dass offenbar auch die Beklagte davon ausgehe, dass er eine vollständige Arbeitsleistung bislang nicht wieder erreicht habe. Dies ergebe sich auch aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik, ausweislich dessen zum aktuellen Zeitpunkt nur ein Leistungsprofil von drei bis unter sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten gegeben sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und die Reha-Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig aber unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 31. März 2010 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 08. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gegen die Beklagte.
Der Geltendmachung eines Rentenanspruchs durch den Kläger ab dem 01. Oktober 2008 steht nicht die Bestandskraft (§ 77 SGG) des ablehnenden Bescheids vom 24. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2008. Ein ablehnender Verwaltungsakt entfaltet Bindungswirkung nur für einen Anspruch unter Zugrundelegung des Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung und steht einem Neuantrag nicht entgegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 77 Rn. 5f unter Verweis auf BSG SozR 3-1500 § 153 Nr. 8; Breitkreuz in ders./Fichte, SGG, § 77 Rn. 12).
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist seit 01. Oktober 2008 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er kann Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts seitdem in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des in der ersten Instanz eingeholten Gutachtens des Prof. Dr. Dr. D. vom 17. Dezember 2009 unter Einbeziehung auch des testpsychologischen Zusatzgutachtens des Dr. Schn. vom 04. November 2011 sowie vor allem der beiden Reha-Entlassungsberichte des Dr. M. vom 30. August 2007 und des Arztes St. vom 21. Januar 2011 fest.
Der Kläger leidet ausweislich des Gutachtens des Prof. Dr. Dr. D. vom 17. Dezember 2009, das hierzu mit beiden genannten Reha-Entlassungsberichten übereinstimmt, aufgrund eines Schädelhirntraumas im Jahr 2002 an Gesundheitsstörungen auf neurologischem Fachgebiet in Form einer leichten spastischen Hemiparese der rechten Körperhälfte. Diese bedingt in erster Linie ein ataktisches und unsicheres Gangbild; zudem ist die Feinmotorik der rechten Hand des Klägers leicht beeinträchtigt. Unabhängig vom Schädelhirntrauma besteht beim Kläger zudem eine sensomotorische Polyneuropathie an beiden Füßen. Daraus ergeben sich nach Auffassung des Senats Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Der Kläger ist aufgrund dieser Beschwerden nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten mit häufigem Bücken, dem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten und mit Anforderung an die Gang- und Standsicherheit sowie Tätigkeiten im Akkord nicht mehr verrichten. Der Senat hält insoweit die Einschätzung des Arztes St. im Reha-Entlassungsbericht vom 21. Januar 2011 für zutreffend.
Aus den beschriebenen neurologischen Gesundheitsstörungen resultieren indes keine Einschränkungen des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist danach noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich und mehr zu verrichten. Der Senat folgt insoweit der insgesamt schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilung im Reha-Entlassungsbericht vom 21. Januar 2011. Arzt St. hat darin ausgeführt, dass nach den Ergebnissen der Belastungserprobung und arbeitstherapeutischen Maßnahmen aus somatischer Sicht die Grundarbeitsfähigkeiten beim Kläger gut erhalten sind. Nur nach längeren Arbeitsphasen im Stehen hat der Kläger ausweislich des Entlassungsberichts weitere Gangunsicherheiten und ein kompensiertes Bewegungsverhalten gezeigt. Dem kann jedoch durch den Ausschluss überwiegend stehender und gehender Tätigkeiten hinreichend Rechnung getragen werden.
Auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers resultiert aus den Gesundheitseinschränkungen auf neurologischem Fachgebiet nicht. Zwar gehört neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, stellt bei dem anzuwendenden generalisierenden Maßstab eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt bei vorhandenem vollschichtigen Leistungsvermögen als verschlossen anzusehen ist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -, vgl. z. B. Urteil vom 21. März 2006 - Az. B 5 RJ 51/04 R - zitiert nach Juris). Anhand der Schilderungen des Arztes St. im Reha-Entlassungsbericht vom 21. Januar 2011 ergeben sich für den Senat indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die vom BSG zugrundegelegten Maßstäbe für eine Wegefähigkeit nicht erfüllt. Nach dessen eigenen Angaben versorgt sich der Kläger komplett selbstständig, erledigt Behördengänge und geht unter Menschen. Insbesondere geht er bei gutem Wetter spazieren und sucht regelmäßig das Fitnesstraining auf. Aufgrund dessen ist von einer aus der bestehenden Gangunsicherheit mit breitbasigem spastischen Gang resultierenden, reduzierten Wegefähigkeit nicht auszugehen. Dies entspricht auch der Einschätzung des Prof. Dr. Dr. D. in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2009. Allein aus der Anerkennung des Merkzeichens "G" lässt sich eine rentenberechtigende Einschränkung der Wegefähigkeit nicht ableiten (vgl. das Beschluss des Senats vom 20. Juli 2010 - L 4 R 3604/08 -, nicht veröffentlicht).
Nach alledem vermögen die festgestellten neurologischen Beeinträchtigungen einen Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente seit 01. Oktober 2008 nicht zu begründen. Vom Vorliegen weiterer leistungseinschränkender Gesundheitsstörungen vermochte sich der Senat nicht zu überzeugen. Insbesondere liegt auf psychiatrischem Fachgebiet keine für die Beurteilung eines Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente relevante Erkrankung vor. Der Senat stützt dies auf die Inhalte der beiden Reha-Entlassungsberichte des Dr. M. vom 30. August 2007 und des Arztes St. vom 21. Januar 2011, die durch das Ergebnis der testpsychologischen Zusatzbegutachtung durch Dr. Schn. am 04. November 2011 gestützt werden.
Schon im Reha-Entlassungsbericht vom 30. August 2007 wird davon berichtet, dass der Kläger im psychologischen Aufnahmegespräch bewusstseinsklar, allseits orientiert und ohne Hinweise auf Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen, oder Störungen von Antrieb und Psychomotorik erschienen ist. Der Kläger hatte damals ein geordnetes Freizeitverhalten beschrieben mit gutem Kontakt zur Familie und kreativen Hobbys (Malen und Basteln), hatte in den gleichwohl durchgeführten psychologischen Sprechstunden engagiert teilgenommen und Fähigkeiten zur Anwendung von Emotionsregulationsstrategien entwickelt. Schon damals war Dr. M. daher für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger aus psychiatrisch-psychosomatischer Sicht eine krankheitswertige Störung nicht zu diagnostizieren ist. Auch der testpsychologische Gutachter Dr. Schn. berichtete in seinem Zusatzgutachten vom 04. November 2008 von einem im Eingangsgespräch voll orientierten Kläger; auch dort ergaben sich keine Hinweise auf Konzentrations- oder Merkfähigkeitsstörungen. Anzeichen einer vorzeitigen Ermüdbarkeit oder eines Leistungseinbruchs vermochte Dr. Schn. im Rahmen der etwa eineinhalbstündigen Exploration des Klägers ebenfalls nicht festzustellen. Auch Dr. Schn. gelangte daher zu der Auffassung, dass sich beim Kläger psychologischerseits allenfalls leichte kognitive, nicht jedoch krankheitswertige Defizite ergäben. Noch deutlicher ist insoweit schließlich der Reha-Entlassungsbericht des Arztes St. vom 21. Januar 2011. Diesem lässt sich entnehmen, dass der Kläger selbst schon im psychologischen Aufnahmegespräch zum Antritt der Reha-Maßnahme eine psychische Erkrankung verneint und seine Konzentrations- und Merkfähigkeit als wieder intakt bezeichnet hat. Dieser Selbsteinschätzung entsprechen die Lebensumstände des Klägers und der von ihm selbst geschilderte Tagesablauf, wie sie sich aus dem Reha-Entlassungsbericht ergeben. Der Kläger steht zwischen 6.00 und 7.00 Uhr auf, geht einkaufen, fährt bei gutem Wetter Fahrrad oder geht spazieren. Er hat regelmäßige Mahlzeiten, geht zweimal in der Woche zum Fitnesstraining und besucht regelmäßig seine Freundin. Derzeit lebt er allein in seiner Mietwohnung, kann jedoch nach eigenen Angaben ohne Einschränkungen alles bewältigen, fährt Auto, versorgt sich selbstständig, erledigt Behördengänge und geht zudem gerne unter Menschen. Nach allem ist das Leben des Klägers strukturiert und von Selbstständigkeit gezeichnet, ohne dass Hinweis auf soziale Rückzugstendenzen bestehen. Schon deshalb war für den Senat plausibel, dass beim Kläger eine krankheitswertige psychische Beeinträchtigung nicht diagnostiziert werden konnte. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Ausführungen im Reha-Entlassungsbericht über die vom Kläger in der Reha-Maßnahme durchgeführte Belastungserprobung. Der Kläger hat dort eine selbstständige und zügige Umsetzung der an ihn gerichteten Aufgabenstellung gezeigt, mit einer adäquaten Eigenkontrolle gearbeitet und ist zu sehr guten qualitativen Ergebnissen gekommen. Bei Testung der mentalen Leistungsfähigkeit und deren Konstanz hat der Kläger ein motiviertes Arbeitsverhalten und ein gutes Durchhaltevermögen gezeigt. Mit Blick darauf war für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, dass Arzt St. den Kläger in seiner abschließenden Gesamtbeurteilung für sechs Stunden täglich und mehr belastbar erachtet hat.
Soweit der Kläger im Gegenteil dazu aus den Ausführungen im Reha-Entlassungsbericht zur durchgeführten Belastungserprobung - wonach sich in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nach den dort gezeigten Leistungsressourcen ein Leistungsprofil von drei bis unter sechs Stunden abgezeichnet habe, nach Einschätzung der Arbeitstherapie mithilfe eines berufsbezogenen Konzepts jedoch die volle Leistungsfähigkeit von sechs Stunden wieder hergestellt werde könne - ein nur untervollschichtiges Leistungsvermögen ableiten möchte, kann dem nicht gefolgt werden. Anhand der Beschreibung zu Art und Inhalt der Belastungserprobung ergibt sich, dass beim Kläger ganze Aufgabenserien mit Anforderungen an Konzentration, Aufmerksamkeit und Reaktion durchgeführt wurden, die nicht zwangsläufig den allgemeinen Arbeitsmarkt zutreffend abbilden. Wenn daher an anderer Stelle davon die Rede ist, dass der Kläger insgesamt ein gutes Durchhaltevermögen gezeigt hat, widerspricht dies der Gesamteinschätzung durch Arzt St. von einem vollschichtigen Leistungsvermögen nicht, sondern macht vielmehr gerade deutlich, dass die Belastungserproben dem bis an die Grenzen gehenden Test vorhandener Ressourcen beim Kläger gedient hat, nicht jedoch als alleinige Grundlage für die abschließende Leistungseinschätzung herangezogen werden konnte. Mit Blick auf die Schilderungen zu Tagesstruktur, Selbstständigkeit und Gesamtverhalten des Klägers in der Reha stellen die Ergebnisse der Belastungserprobung die Gesamteinschätzung des Arztes St. nicht in Frage. Dies gilt umso mehr, als der Kläger in der Belastungssituation offenbar einen teilweise übersteigerten Antrieb gezeigt hat, was auf zusätzliche Ressourcen bei normalem Antrieb schließen lässt.
Als größte Barriere für die Rückkehr des Klägers in das Berufsleben weist der Reha-Entlassungsbericht aber ohnehin eine aktuelle berufliche Verunsicherung sowie eine erhebliche Selbstwertproblematik aus. Dies aber vermag eine dauerhafte Leistungseinschränkung im Sinne einer Erwerbsminderung nicht zu begründen. Es erklärt zwar, dass Arzt St. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sehr empfiehlt. Dem ist die Beklagte durch Bewilligung Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben schon nachgekommen. Die beim Kläger festgestellte Selbstunsicherheit, die damit einhergeht, dass seine Umgebung, insbesondere auch seine behandelnden Ärzte ihm nicht zutrauen wieder berufstätig zu werden, nimmt, wie sich anhand der andererseits durchgängig bescheinigten hohen Motivation des Klägers zum Wiedereinstieg in Arbeit ohne Weiteres ergibt, nicht das Ausmaß einer krankhaften Ausprägung an. Ein auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt herabgemindertes Leistungsvermögen kann aus diesem Persönlichkeitsproblem daher nicht abgeleitet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger, der vom 01. September 2002 bis 31. August 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezog, begehrt die erneute Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente ab 01. Oktober 2008.
Der am 1973 geborene Kläger erlernte von September 1991 bis Februar 1994 den Beruf des Bauschlossers. Unterbrochen jeweils durch kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit war der Kläger zunächst von 1994 bis 1998 im erlernten Beruf, von 1998 bis 2001 als Schweißer sowie zuletzt von 2001 an als Laminat- und Parkettleger versicherungspflichtig beschäftigt. Am 02. Februar 2002 erlitt der Kläger einen Motorradunfall, bei welchem er sich ein schweres Schädel-Hirntrauma, eine Fraktur des Schädels und Gesichtsschädels und eine BWK 6-Fraktur zuzog. In der Folge bezog der Kläger zunächst von seiner Krankenkasse Krankengeld. Am 12. August 2002 stellte der Kläger bei der Beklagten (damals noch Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg, jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation, der nach Durchführung der Reha-Maßnahme in den Kliniken S. H. in der Zeit vom 23. Juli 2002 bis 30. August 2002 als Antrag auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente behandelt wurde.
Zur Entscheidung über einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zog die Beklagte den Reha-Entlassungsbericht des Leitenden Arztes und Facharztes für Neurologie Dr. Br. vom 02. September 2002 über den Aufenthalt des Klägers in den Kliniken S. bei. Dr. Br. gelangte darin zu der Auffassung, dass der Kläger infolge der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen (mittelgradigem hirnorganischem Psychosyndrom, Gangstörung, gedecktem Schädelhirntraum mit bifrontalen Kontusionen und Gesichtsfraktur, stabiler BWK-6-Fraktur) auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur drei bis unter sechs Stunden belastbar sei. Mit Bescheid vom 30. Juni 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin ausgehend von einem Leistungsfall im Februar 2002 beginnend ab 01. September 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung zunächst auf Dauer, nach bestandskräftiger teilweiser Rücknahme des Bewilligungsbescheids mit Bescheid vom 09. Oktober 2003 jedoch begrenzt bis zum 31. Dezember 2003.
Am 17. Oktober 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Weiterzahlung der ihm bewilligten Erwerbsminderungsrente. Zudem stellte er Antrag auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die ihm die Beklagte für die Zeit vom 08. Januar 2004 bis 19. Februar 2004 erneut in den Kliniken S. Heidelberg bewilligte. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003 wurde dem Kläger daraufhin die Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente zunächst bis 29. Februar 2004 gewährt.
Auf neuen Antrag des Klägers auf Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente vom 15. Januar 2004 zog die Beklagte den Reha-Entlassungsbericht vom 19. Februar 2004 des PD Dr. Br. über den Aufenthalt des Klägers in den S.-Kliniken bei, der den Kläger weiterhin für nur drei bis unter sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar hielt. Die Beklagte ließ diesen Entlassungsbericht durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. auswerten und bewilligte sodann mit Bescheid vom 03. Mai 2004 dem Kläger die Weiterzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 28. Februar 2007.
Am 02. Juni 2006 ließ die Beklagte den Kläger in ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle in Karlsruhe durch die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. U. nervenfachärztlich begutachten (vgl. das Gutachten vom 21. Juni 2006). Dr. U. berichtete vom Vorliegen eines mäßiggradigen hirnorganischen Psychosyndroms sowie einer spastischen Hemiparese rechts nach schwerem Schädelhirntrauma im Jahr 2002. Sie gelangte zu der Auffassung, bei dem Kläger bestehe unter Berücksichtigung der noch vorhandenen körperlich-neurologischen Funktionsbeeinträchtigungen zunächst ein dringender Bedarf nach einer erneuten medizinischen Reha-Maßnahme; bis dahin sei noch kein positives Leistungsvermögen gegeben. Auf den daraufhin vom Kläger gestellten Reha-Antrag bewilligte die Beklagte diesem die Durchführung einer medizinischen Reha-Maßnahme in der Zeit vom 21. September 2006 bis 02. November 2006 in der Sc.-klinik B. B ...
Am 22. Februar 2007 stellte der Kläger Antrag auf Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente über den 28. Februar 2007 hinaus. Die Beklagte zog den Reha-Entlassungsbericht des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. M. vom 09. November 2006 bei, der beim Kläger vom Vorliegen einer Persönlichkeitsakzentuierung (narzisstisch, selbstunsicher), eines Zustands nach hirnorganischem Psychosyndrom, eines Zustands nach Schädelhirntrauma 2002 und einer spastischen Hemiparese, beinbetont, berichtete. Er hielt den Kläger weiterhin nur für drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar. Die Beklagte ließ diesen Entlassungsbericht durch Dr. G. auswerten, der zu der Auffassung gelangte, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein. Mit Bescheid vom 26. Februar 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Weiterzahlungsantrag des Klägers ab.
Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung, weiterhin arbeitsunfähig zu sein, noch immer nicht richtig laufen zu können und sehr depressiv zu sein, am 01. März 2007 Widerspruch ein. Daraufhin ließ die Beklagte den Kläger erneut in ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle Karlsruhe durch Frau Dr. U. nervenärztlich begutachten. Die Gutachterin gelangte aufgrund einer Untersuchung des Klägers im Mai 2007 zu der Auffassung, beim Kläger bestehe eine dringende Indikation zu einem vorzeitigen Heilverfahren in einer psychosomatischen Fachklinik. Erst nach erzielter psychischer Restabilisierung könne über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben entschieden werden. Zumindest bis zum Abschluss eines erneuten Heilverfahrens bestehe kein positives Leistungsvermögen für jegliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (Gutachten vom 25. Mai 2007).
Nach Auswertung dieses Gutachtens durch Dr. G. half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und bewilligte mit Bescheid vom 01. Juni 2007 die Weiterbezahlung der Erwerbsminderungsrente bis zum Abschluss des durchzuführenden Heilverfahrens. Auf entsprechenden Antrag wurde dem Kläger zudem die Durchführung einer weiteren medizinischen Rehabilitation in der Sc.-klinik B. B. gewährt (Bescheid vom 26. Juni 2007), an welcher der Kläger vom 01. August 2007 bis 29. August 2007 teilnahm. Anschließend zog die Beklagte den Reha-Entlassungsbericht des Dr. M. vom 30. August 2007 bei. Dieser berichtete vom Vorliegen einer Persönlichkeitsakzentuierung mit selbstunsicheren und narzisstischen Zügen, eines Zustands nach Schädelhirntrauma im Februar 2002 und einer spastischen Hemiparese, beinbetont. Während der Heilbehandlung habe der Kläger insgesamt von den Behandlungsmaßnahmen profitieren und sein Selbstwerterleben weiter stabilisieren können. Anhaltspunkte für ein hirnorganisches Psychosyndrom, wie es beim letztjährigen Behandlungsaufenthalt diagnostiziert worden sei, hätten sich nicht mehr gefunden. In Zusammenschau der Befunde aus medizinischer und psychologischer Beurteilung werde das berufliche Leistungsvermögen des Klägers als teilweise eingeschränkt eingeschätzt. Defizite bestünden hinsichtlich der Übernahme von Verantwortung für Personen, Akkordarbeiten und ungewöhnlich hohen Zeitdrucks. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege nunmehr jedoch ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden vor. Zu vermeiden seien Arbeiten mit Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie im Knien und in der Hocke. Der Kläger sei arbeitsfähig entlassen worden, womit er sich auch einverstanden gezeigt habe. Angesichts der hohen Motivation des Klägers erscheine ein beruflicher Wiedereinstieg erfolgsversprechend. Die Beklagte ließ auch diesen Bericht durch Dr. G. auswerten und lehnte mit Bescheid vom 24. September 2007 den Antrag des Klägers auf Weiterbezahlung der Erwerbsminderungsrente über den Monat August 2007 hinaus ab, weil seither weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege.
Dagegen erhob der Kläger am 04. Oktober 2007 Widerspruch mit der Begründung, er könne nach wie vor nicht arbeiten. Während der Reha-Maßnahme habe sich sein Zustand nicht verbessert. Er sei unverändert arbeitsunfähig, könne immer noch nicht richtig laufen, stolpere überall, sei stets depressiv und nervös und habe zu niemandem mehr Kontakt. Die Beklagte holte eine erneute Stellungnahme durch Dr. G. ein (vgl. die Stellungnahme vom 19. Dezember 2007). Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2008 wies sodann die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen über den Kläger überprüft und komme nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass diesem auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen seit dem 01. September 2007 wieder mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Seit 01. September 2007 steht der Kläger im Bezug von Arbeitslosengeld II.
Am 30. September 2008 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut Antrag auf Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente. Er gab an, sich weiterhin aufgrund des schweren Schädelhirntraumas seit Februar 2002 für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Arztes für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. Sch. ein, welcher unter dem 08. Oktober 2008 mitteilte, im neuen Rentenantrag sei wieder nur der Unfall aus dem Jahr 2002 mit dessen seit langem bekannten Folgen angegeben worden. All dies sei im Vorrentenverfahren zuletzt Anfang 2008 geklärt worden. Eine erneute medizinische Aufklärung sei daher nicht erforderlich. Mit Bescheid vom 08. Oktober 2008 lehnte daraufhin die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.
Auf den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid, in welchem er im Wesentlichen den Vortrag im vorangegangenen Widerspruchsverfahren wiederholte, zog die Beklagte aktuelle Befundberichte bei dem den Kläger behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. H. aus 2007 und 2008 bei. In Auswertung dieser Befundberichte gelangte Dr. Sch. vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten zu der Auffassung (Stellungnahme vom 10. November 2008), die Befunde deckten sich mit dem Ergebnis des letzten Reha-Entlassungsberichts der Klinik B. B ... Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2009 wies daraufhin die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Volle bzw. teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger nicht vor.
Der Kläger erhob am 23. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Von seinem schweren Motorradunfall habe er sich insoweit erholt, als er sprechen und essen könne, nach wie vor jedoch könne er nicht mehr richtig laufen. Auch habe er eine schwere Depression, könne sich nicht konzentrieren und vergesse alles. Er bat darum, aktuelle Befundberichte bei den ihn behandelnden Ärzten einzuholen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG hörte die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. H. berichtete in seiner Auskunft vom 20. April 2009 über beim Kläger vorliegende chronische Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Schmerzen in der Wirbelsäule sowie über eine Gangunsicherheit nach Schädelhirntrauma. Der Kläger leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einem Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma mit Hemiparese rechts und einem ataktischen Gangbild. Wesentliche Änderungen im Verlauf der Behandlung seien nicht festgestellt worden. Psychiater und Psychotherapeut Dr. Hu. (Auskunft vom 10. Juni 2009) gab an, der Kläger befinde sich alle acht Wochen in seiner Behandlung. Er klage über Nervosität, erhöhte Reizbarkeit, Empfindsamkeit, Neigung zum Kontrollverlust, Stimmungsschwankungen, Schlafstörung und chronische Schmerzen. Der Befund entspreche einem organisch begründeten, affektiven Syndrom mit Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, erhöhter Beeindruckbarkeit und eingeschränkter Ausdauerleistung. Die Erkrankung habe einen chronischen Verlauf genommen. Die Belastbarkeit des Klägers sei sehr eingeschränkt, er könne allenfalls "im geschützten Bereich" noch eine belastungsangemessene Beschäftigung finden. Internist und Hausarzt des Klägers Dr. R. berichtete in seiner Auskunft vom 16. Oktober 2009, er habe den Kläger zu den Unfallfolgen nicht untersucht. Man könne sich jedoch eigentlich nur eine sitzende Tätigkeit beim Kläger vorstellen. Er fügte seiner Auskunft den Bericht des Facharztes für Psychotherapeutische und Innere Medizin und Chefarzt Dr. F. des Krankenhauses S. T. P. vom 21. April 2009 über eine Vorstellung des Klägers zur Abklärung einer stationären psychosomatisch-psychotherapeutischen Behandlung bei. Darin war eine neuerliche stationäre Behandlung für sinnvoll und indiziert gehalten worden. Einen daraufhin vom Kläger gestellten Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hatte die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 20. August 2009 abgelehnt.
Auf Veranlassung des SG erstattete Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. D. aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 04. November 2009 sowie eines testpsychologischen Zusatzgutachtens des Diplom-Psychologen und Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Schn. vom 04. November 2009 das neurologische Gutachten vom 17. Dezember 2009. Der Sachverständige diagnostizierte einen Zustand nach gedecktem Schädelhirntrauma mit bifrontalen substantiellen Hirnschäden und einer Mittelgesichtsfraktur sowie einer stabilen Fraktur des sechsten Brustwirbelkörpers, eine diskrete sensomotorische Polyneuropathie vom distalen symmetrischen Manifestationstyp mit Hohlfußbildung beiderseits sowie hirnorganisch bedingte Veränderungen im Sinne leichter kognitiver Defizite. Aus neurologischer Sicht bestehe noch eine leichte spastische Hemisymptomatik der rechten Körperhälfte. Unabhängig von dem stattgehabten Unfall ließen sich Zeichen einer allerdings asymptomatischen peripheren Nervenschädigung an den Füßen im Sinne einer Polyneuropathie mit einer Abschwächung des linken Achillessehnenreflexes und einer vermehrten Schmerzempfindlichkeit im Bereich beider Füße nachweisen. Psychisch hätten sich erhebliche Diskrepanzen zwischen den vom Kläger zum Zeitpunkt der jetzigen gutachterlichen Untersuchung geäußerten Klagen bzw. den Ergebnissen der jetzigen testpsychologischen Untersuchungen und den gut dokumentierten Untersuchungsergebnissen der Reha-Entlassungsberichte ergeben. Bei der psychologischen Testung während der Untersuchung am 04. November 2009 habe der Kläger deutliche Aggravationstendenzen gezeigt und versucht, ein Leistungsdefizit vorzutäuschen. Im psychologischen Zusatzgutachten sei daher die Auffassung vertreten worden, dass beim Kläger, wenn überhaupt, nur leichte kognitive Defizite vorlägen. Auch sei nicht von nennenswerten Persönlichkeitsveränderungen auszugehen. Unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen müsste der Kläger in der Lage sein, länger als sechs Stunden täglich zu arbeiten. Auch die zur Erlangung von Arbeitsplätzen erforderliche Wegefähigkeit sei nicht belangvoll eingeschränkt. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe seit November 2007. Danach habe sich die Leistungsfähigkeit nicht mehr wesentlich verändert. Hinweise für eine in der Zwischenzeit aufgetretene Komplikation des stattgehabten Schädelhirntraumas hätten sich nicht ergeben.
Mit Gerichtsbescheid vom 31. März 2010 wies das SG die Klage ab. Ein Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente bestehe nicht. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. D., denen sich das Gericht anschließe, leide der Kläger unter den Folgen eines Schädelhirntraumas im Jahr 2002. Der Zustand sei in erster Linie durch eine leichte spastische Hemiparese der rechten Körperhälfte gekennzeichnet. Das Gangbild des Klägers sei ataktisch und unsicher. Zudem sei die Feinmotorik seiner rechten Hand leicht beeinträchtigt. Nicht überzeugt sei das Gericht hingegen davon, dass beim Kläger ein für die Leistungsbeurteilung relevantes Psychosyndrom bzw. affektives Syndrom vorliege. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. D. gehe nachvollziehbar davon aus, dass die hirnorganischen Veränderungen allenfalls zu leichten kognitiven Defiziten geführt hätten, nicht hingegen zu den vom Kläger behaupteten deutlichen Störungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit. Ausweislich des Gutachtens sei der Kläger durchaus in der Lage gewesen, flüssig über seinen Zustand und die bisherigen Geschehnisse zu berichten. Dies stütze die Einschätzung des Sachverständigen, die auffallend schlechten Ergebnisse im Rahmen des testpsychologischen Zusatzuntersuchung hätten im Wesentlichen auf der Tendenz des Klägers zur Aggravation beruht. Unabhängig vom Schädelhirntrauma bestehe beim Kläger eine sensomotorische Polyneuropathie an beiden Füßen. Mit diesen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei der Kläger noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger sei auch noch in der Lage, eine Arbeitsstelle zu erreichen. Das Gericht folge der Einschätzung des Sachverständigen, wonach der Kläger trotz seines ataktischen und leicht unsicheren Gangbildes viermal täglich eine Wegstrecke von 500 Metern in einem zeitlichen Aufwand von nicht mehr als 20 Minuten zu Fuß zurücklegen könne.
Gegen den Gerichtsbescheid (dem Kläger am 01. April 2010 zugestellt), hat dieser durch seine Prozessbevollmächtigten am 23. April 2010 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG sei er nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die bei ihm vorliegenden organischen Beeinträchtigungen seien unstreitig. Lediglich hinsichtlich der psychologischen Seite sei der Sachverständige in der ersten Instanz zu dem Ergebnis gekommen, dass er (der Kläger) bewusst seine Leistungsfähigkeit geschmälert habe. Eine nachvollziehbare Begründung hierfür könne dem Gutachten jedoch nicht entnommen werden. Auch lasse das Gutachten eine klar definierte Aussage des Inhalts, dass er in der Lage sei, länger als sechs Stunden täglich zu arbeiten, vermissen. Es finde sich lediglich eine Vermutung des Sachverständigen, ohne dass diese entsprechend untermauert werde. Das Gutachten sei insgesamt widersprüchlich, ohne dass sich das erstinstanzliche Gericht damit auseinandergesetzt habe. Auch stehe die Einschätzung des Sachverständigen von dem Bestehen der Wegefähigkeit im Widerspruch zu dem ausgestellten und befristeten Schwerbehindertenausweis. Bei ihm liege ein Grad der Behinderung (GdB) in Höhe von 80 Prozent vor. Ferner sei ihm das Merkmal "G" zugebilligt worden. Schließlich werde darauf verwiesen, dass im letzten Reha-Entlassungsbericht eine sozialmedizinische Leistungsbeurteilung für die letzte Berufstätigkeit von unter drei Stunden festgehalten worden sei. Im Übrigen sei dort eine Wiederholungsrehabilitation in zwei Jahren empfohlen worden. Schon dies zeige an, dass seine Leistungsfähigkeit gemindert sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. März 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Oktober 2008 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Mit Bescheid vom 12. August 2010 hat die Beklagte dem Kläger erneut Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Sc.-klinik B. B. bewilligt, an welcher der Kläger in der Zeit vom 09. Dezember 2010 bis 20. Januar 2011 teilgenommen hat. Leitender Arzt St. ist in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 21. Januar 2011 zu der abschließenden Einschätzung gelangt, als Laminat- und Parkettverleger sei der Kläger weiterhin nur unter drei Stunden täglich belastbar, unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen könne er jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein. Bei der Aufnahme in die Reha-Maßnahme habe der Kläger davon berichtet, dass er zwischen sechs und sieben Uhr aufstehe, einkaufen gehe, bei gutem Wetter Fahrrad fahre oder spazieren gehe. Er besuche seine Freundin, habe regelmäßige Mahlzeiten und gehe zweimal in der Woche zum Fitnesstraining. In der ca. einstündigen psychologischen Aufnahmesituation habe der Kläger adäquat folgen können. Er habe zwar phasenweise etwas fahrig und nervös gewirkt, sei jedoch bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten voll orientiert gewesen und hätte keine Hinweise auf abgrenzbare affektive Störungen gezeigt. Die psychodynamische verhaltensanalytische Untersuchung habe keine psychische Erkrankung ergeben. Es falle auf, dass der Kläger sehr beeinflussbar sei im Hinblick auf Ziel und Einstellungen. Er habe geschildert, dass seine Umgebung, auch behandelnde Ärzte, ihm nicht zutrauten, dass er wieder berufstätig werde. Wie schon bei Aufnahme würden auch nach Abschluss der Reha-Maßnahme keine psychischen Diagnosen gestellt. Nach den Ergebnissen der Belastungserprobung und arbeitstherapeutischen Maßnahmen seien die Grundarbeitsfähigkeiten gut erhalten. Um sich den Belastungen des allgemeinen Arbeitsmarktes anzunähern, seien dringend Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form von beruflichen Trainingsmaßnahmen zu empfehlen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Belastbarkeit gesteigert und der Kläger nach Abschluss einer solchen Maßnahme ins Erwerbsleben integriert werden könne. Aus psychologischer Sicht werde davon ausgegangen, dass der Kläger bei entsprechenden beruflichen Reha-Maßnahmen ein vollschichtiges berufliches Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über sechs Stunden erreichen könne mit Ausnahme von Akkordarbeiten. Im Hinblick auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger aus somatomedizinischer Sicht über sechs Stunden leistungsfähig für Tätigkeiten im Intensitätsbereich von leichten bis mittelschweren Tätigkeiten. Der Kläger sei mit der Beurteilung einverstanden gewesen und sei für eine berufliche Reha-Maßnahme hoch motiviert.
Mit Bescheid vom 10. März 2011 hat die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben "in Aussicht gestellt". Der Kläger werde gebeten, sich intensiv um einen geeigneten Arbeitsplatz zu bemühen. Die Beklagte erkläre sich grundsätzlich bereit, einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten.
Im Nachgang dazu hat der Kläger ergänzend vorgetragen, aus dem Bewilligungsbescheid vom 10. März 2011 ergebe sich, dass offenbar auch die Beklagte davon ausgehe, dass er eine vollständige Arbeitsleistung bislang nicht wieder erreicht habe. Dies ergebe sich auch aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik, ausweislich dessen zum aktuellen Zeitpunkt nur ein Leistungsprofil von drei bis unter sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten gegeben sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte und die Reha-Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig aber unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 31. März 2010 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 08. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gegen die Beklagte.
Der Geltendmachung eines Rentenanspruchs durch den Kläger ab dem 01. Oktober 2008 steht nicht die Bestandskraft (§ 77 SGG) des ablehnenden Bescheids vom 24. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2008. Ein ablehnender Verwaltungsakt entfaltet Bindungswirkung nur für einen Anspruch unter Zugrundelegung des Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung und steht einem Neuantrag nicht entgegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 77 Rn. 5f unter Verweis auf BSG SozR 3-1500 § 153 Nr. 8; Breitkreuz in ders./Fichte, SGG, § 77 Rn. 12).
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist seit 01. Oktober 2008 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er kann Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts seitdem in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des in der ersten Instanz eingeholten Gutachtens des Prof. Dr. Dr. D. vom 17. Dezember 2009 unter Einbeziehung auch des testpsychologischen Zusatzgutachtens des Dr. Schn. vom 04. November 2011 sowie vor allem der beiden Reha-Entlassungsberichte des Dr. M. vom 30. August 2007 und des Arztes St. vom 21. Januar 2011 fest.
Der Kläger leidet ausweislich des Gutachtens des Prof. Dr. Dr. D. vom 17. Dezember 2009, das hierzu mit beiden genannten Reha-Entlassungsberichten übereinstimmt, aufgrund eines Schädelhirntraumas im Jahr 2002 an Gesundheitsstörungen auf neurologischem Fachgebiet in Form einer leichten spastischen Hemiparese der rechten Körperhälfte. Diese bedingt in erster Linie ein ataktisches und unsicheres Gangbild; zudem ist die Feinmotorik der rechten Hand des Klägers leicht beeinträchtigt. Unabhängig vom Schädelhirntrauma besteht beim Kläger zudem eine sensomotorische Polyneuropathie an beiden Füßen. Daraus ergeben sich nach Auffassung des Senats Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Der Kläger ist aufgrund dieser Beschwerden nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten mit häufigem Bücken, dem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten und mit Anforderung an die Gang- und Standsicherheit sowie Tätigkeiten im Akkord nicht mehr verrichten. Der Senat hält insoweit die Einschätzung des Arztes St. im Reha-Entlassungsbericht vom 21. Januar 2011 für zutreffend.
Aus den beschriebenen neurologischen Gesundheitsstörungen resultieren indes keine Einschränkungen des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist danach noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich und mehr zu verrichten. Der Senat folgt insoweit der insgesamt schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilung im Reha-Entlassungsbericht vom 21. Januar 2011. Arzt St. hat darin ausgeführt, dass nach den Ergebnissen der Belastungserprobung und arbeitstherapeutischen Maßnahmen aus somatischer Sicht die Grundarbeitsfähigkeiten beim Kläger gut erhalten sind. Nur nach längeren Arbeitsphasen im Stehen hat der Kläger ausweislich des Entlassungsberichts weitere Gangunsicherheiten und ein kompensiertes Bewegungsverhalten gezeigt. Dem kann jedoch durch den Ausschluss überwiegend stehender und gehender Tätigkeiten hinreichend Rechnung getragen werden.
Auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers resultiert aus den Gesundheitseinschränkungen auf neurologischem Fachgebiet nicht. Zwar gehört neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, stellt bei dem anzuwendenden generalisierenden Maßstab eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt bei vorhandenem vollschichtigen Leistungsvermögen als verschlossen anzusehen ist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -, vgl. z. B. Urteil vom 21. März 2006 - Az. B 5 RJ 51/04 R - zitiert nach Juris). Anhand der Schilderungen des Arztes St. im Reha-Entlassungsbericht vom 21. Januar 2011 ergeben sich für den Senat indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die vom BSG zugrundegelegten Maßstäbe für eine Wegefähigkeit nicht erfüllt. Nach dessen eigenen Angaben versorgt sich der Kläger komplett selbstständig, erledigt Behördengänge und geht unter Menschen. Insbesondere geht er bei gutem Wetter spazieren und sucht regelmäßig das Fitnesstraining auf. Aufgrund dessen ist von einer aus der bestehenden Gangunsicherheit mit breitbasigem spastischen Gang resultierenden, reduzierten Wegefähigkeit nicht auszugehen. Dies entspricht auch der Einschätzung des Prof. Dr. Dr. D. in seinem Gutachten vom 17. Dezember 2009. Allein aus der Anerkennung des Merkzeichens "G" lässt sich eine rentenberechtigende Einschränkung der Wegefähigkeit nicht ableiten (vgl. das Beschluss des Senats vom 20. Juli 2010 - L 4 R 3604/08 -, nicht veröffentlicht).
Nach alledem vermögen die festgestellten neurologischen Beeinträchtigungen einen Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente seit 01. Oktober 2008 nicht zu begründen. Vom Vorliegen weiterer leistungseinschränkender Gesundheitsstörungen vermochte sich der Senat nicht zu überzeugen. Insbesondere liegt auf psychiatrischem Fachgebiet keine für die Beurteilung eines Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente relevante Erkrankung vor. Der Senat stützt dies auf die Inhalte der beiden Reha-Entlassungsberichte des Dr. M. vom 30. August 2007 und des Arztes St. vom 21. Januar 2011, die durch das Ergebnis der testpsychologischen Zusatzbegutachtung durch Dr. Schn. am 04. November 2011 gestützt werden.
Schon im Reha-Entlassungsbericht vom 30. August 2007 wird davon berichtet, dass der Kläger im psychologischen Aufnahmegespräch bewusstseinsklar, allseits orientiert und ohne Hinweise auf Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen, oder Störungen von Antrieb und Psychomotorik erschienen ist. Der Kläger hatte damals ein geordnetes Freizeitverhalten beschrieben mit gutem Kontakt zur Familie und kreativen Hobbys (Malen und Basteln), hatte in den gleichwohl durchgeführten psychologischen Sprechstunden engagiert teilgenommen und Fähigkeiten zur Anwendung von Emotionsregulationsstrategien entwickelt. Schon damals war Dr. M. daher für den Senat schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger aus psychiatrisch-psychosomatischer Sicht eine krankheitswertige Störung nicht zu diagnostizieren ist. Auch der testpsychologische Gutachter Dr. Schn. berichtete in seinem Zusatzgutachten vom 04. November 2008 von einem im Eingangsgespräch voll orientierten Kläger; auch dort ergaben sich keine Hinweise auf Konzentrations- oder Merkfähigkeitsstörungen. Anzeichen einer vorzeitigen Ermüdbarkeit oder eines Leistungseinbruchs vermochte Dr. Schn. im Rahmen der etwa eineinhalbstündigen Exploration des Klägers ebenfalls nicht festzustellen. Auch Dr. Schn. gelangte daher zu der Auffassung, dass sich beim Kläger psychologischerseits allenfalls leichte kognitive, nicht jedoch krankheitswertige Defizite ergäben. Noch deutlicher ist insoweit schließlich der Reha-Entlassungsbericht des Arztes St. vom 21. Januar 2011. Diesem lässt sich entnehmen, dass der Kläger selbst schon im psychologischen Aufnahmegespräch zum Antritt der Reha-Maßnahme eine psychische Erkrankung verneint und seine Konzentrations- und Merkfähigkeit als wieder intakt bezeichnet hat. Dieser Selbsteinschätzung entsprechen die Lebensumstände des Klägers und der von ihm selbst geschilderte Tagesablauf, wie sie sich aus dem Reha-Entlassungsbericht ergeben. Der Kläger steht zwischen 6.00 und 7.00 Uhr auf, geht einkaufen, fährt bei gutem Wetter Fahrrad oder geht spazieren. Er hat regelmäßige Mahlzeiten, geht zweimal in der Woche zum Fitnesstraining und besucht regelmäßig seine Freundin. Derzeit lebt er allein in seiner Mietwohnung, kann jedoch nach eigenen Angaben ohne Einschränkungen alles bewältigen, fährt Auto, versorgt sich selbstständig, erledigt Behördengänge und geht zudem gerne unter Menschen. Nach allem ist das Leben des Klägers strukturiert und von Selbstständigkeit gezeichnet, ohne dass Hinweis auf soziale Rückzugstendenzen bestehen. Schon deshalb war für den Senat plausibel, dass beim Kläger eine krankheitswertige psychische Beeinträchtigung nicht diagnostiziert werden konnte. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Ausführungen im Reha-Entlassungsbericht über die vom Kläger in der Reha-Maßnahme durchgeführte Belastungserprobung. Der Kläger hat dort eine selbstständige und zügige Umsetzung der an ihn gerichteten Aufgabenstellung gezeigt, mit einer adäquaten Eigenkontrolle gearbeitet und ist zu sehr guten qualitativen Ergebnissen gekommen. Bei Testung der mentalen Leistungsfähigkeit und deren Konstanz hat der Kläger ein motiviertes Arbeitsverhalten und ein gutes Durchhaltevermögen gezeigt. Mit Blick darauf war für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, dass Arzt St. den Kläger in seiner abschließenden Gesamtbeurteilung für sechs Stunden täglich und mehr belastbar erachtet hat.
Soweit der Kläger im Gegenteil dazu aus den Ausführungen im Reha-Entlassungsbericht zur durchgeführten Belastungserprobung - wonach sich in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nach den dort gezeigten Leistungsressourcen ein Leistungsprofil von drei bis unter sechs Stunden abgezeichnet habe, nach Einschätzung der Arbeitstherapie mithilfe eines berufsbezogenen Konzepts jedoch die volle Leistungsfähigkeit von sechs Stunden wieder hergestellt werde könne - ein nur untervollschichtiges Leistungsvermögen ableiten möchte, kann dem nicht gefolgt werden. Anhand der Beschreibung zu Art und Inhalt der Belastungserprobung ergibt sich, dass beim Kläger ganze Aufgabenserien mit Anforderungen an Konzentration, Aufmerksamkeit und Reaktion durchgeführt wurden, die nicht zwangsläufig den allgemeinen Arbeitsmarkt zutreffend abbilden. Wenn daher an anderer Stelle davon die Rede ist, dass der Kläger insgesamt ein gutes Durchhaltevermögen gezeigt hat, widerspricht dies der Gesamteinschätzung durch Arzt St. von einem vollschichtigen Leistungsvermögen nicht, sondern macht vielmehr gerade deutlich, dass die Belastungserproben dem bis an die Grenzen gehenden Test vorhandener Ressourcen beim Kläger gedient hat, nicht jedoch als alleinige Grundlage für die abschließende Leistungseinschätzung herangezogen werden konnte. Mit Blick auf die Schilderungen zu Tagesstruktur, Selbstständigkeit und Gesamtverhalten des Klägers in der Reha stellen die Ergebnisse der Belastungserprobung die Gesamteinschätzung des Arztes St. nicht in Frage. Dies gilt umso mehr, als der Kläger in der Belastungssituation offenbar einen teilweise übersteigerten Antrieb gezeigt hat, was auf zusätzliche Ressourcen bei normalem Antrieb schließen lässt.
Als größte Barriere für die Rückkehr des Klägers in das Berufsleben weist der Reha-Entlassungsbericht aber ohnehin eine aktuelle berufliche Verunsicherung sowie eine erhebliche Selbstwertproblematik aus. Dies aber vermag eine dauerhafte Leistungseinschränkung im Sinne einer Erwerbsminderung nicht zu begründen. Es erklärt zwar, dass Arzt St. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sehr empfiehlt. Dem ist die Beklagte durch Bewilligung Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben schon nachgekommen. Die beim Kläger festgestellte Selbstunsicherheit, die damit einhergeht, dass seine Umgebung, insbesondere auch seine behandelnden Ärzte ihm nicht zutrauen wieder berufstätig zu werden, nimmt, wie sich anhand der andererseits durchgängig bescheinigten hohen Motivation des Klägers zum Wiedereinstieg in Arbeit ohne Weiteres ergibt, nicht das Ausmaß einer krankhaften Ausprägung an. Ein auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt herabgemindertes Leistungsvermögen kann aus diesem Persönlichkeitsproblem daher nicht abgeleitet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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