L 3 AS 4941/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 3717/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 4941/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15. September 2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil vom 15. September 2010.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Sanktionsbescheides des Beklagten.

Der am 28.07.1953 geborene Kläger ist seit 1997 arbeitslos. Er steht seit dem 01.01.2005 im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Unter dem 09.06.2008 unterbreitete der Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante als Fahrer bei der Beschäftigungsgesellschaft Landkreis Konstanz gGmbH. Dem Vermittlungsvorschlag war eine Rechtsfolgenbelehrung angeschlossen.

Der Kläger stellte sich am 18.06.2008 bei der Beschäftigungsgesellschaft vor, woraufhin dem Kläger ein Arbeitsvertrag übersandt wurde. Am 01.07.2008 fand sich der Kläger bei der Beschäftigungsgesellschaft ein, um die Stelle als Fahrer anzutreten. Dort erklärte er, den Arbeitsvertrag nicht zu unterzeichnen, da dieser sittenwidrig sei. Sein (örtlicher) Einsatzbereich sei nicht ersichtlich. Der Kläger forderte individuelle Änderungen im Arbeitsvertrag.

Mit Bescheid vom 26.06.2008 wurden dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07. - 31.12.2009 i.H.v. 535,06 EUR monatlich bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 09.07.2008 wurden die Leistungen auf 547,84 EUR monatlich festgesetzt.

Nach vorheriger Anhörung senkte die Beklagte mit Bescheid vom 14.07.2008 das Arbeitslosengeld II des Klägers für die Zeit vom 01.08. - 31.10.2008 monatlich um 30 % der maßgebenden Regelleistung in einem Umfang von 105,- EUR monatlich ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2008 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 16.12.2008 Klage zu Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Mit Schriftsatz vom 06.05.2010 hat der Beklagte, mitgeteilt, dass der Sanktionsbescheid vom 14.07.2008 zurückgenommen werde. Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 01.06.2010 seine Klage, im Hinblick auf die Wiederholungsgefahr sowie als Rechtsgrundlage für die Geltendmachung von Zins- und Schadenersatzansprüchen wegen der Nichtzahlung des Sanktionsbetrages seit August 2008, in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt

Mit Urteil vom 15.09.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klage sei, auch als Fortsetzungsfeststellungsklage, bereits unzulässig. Der angefochtene Sanktionsbescheid vom 14.07.2008 habe sich durch die Rücknahme erledigt, so dass der ursprüngliche Leistungsbescheid vom 26.06.2008 bzw. der Änderungsbescheid vom 09.07.2008 wieder Grundlage der Leistungen an den Kläger im Zeitraum August bis Oktober 2008 sei. Der Kläger habe zwar seine ursprüngliche Anfechtungsklage zulässigerweise in eine Fortsetzungsfeststellungsklage geändert, dieser fehle jedoch das erforderliche Feststellungsinteresse. Der Beklagte habe den Sanktionsbescheid aufgehoben, weil er davon ausgegangen sei, dass dieser rechtswidrig gewesen ist. Dies habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt. Eine weitergehende Feststellung als diejenige der Rechtswidrigkeit des Bescheides könne der Kläger auch durch eine gerichtliche Feststellung nicht erreichen. Die nähere Begründung der Rechtswidrigkeit sei kein zulässiger Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe es als ausreichend angesehen, wenn sich das Zugeständnis der Rechtswidrigkeit ausschließlich aus einem Aktenvermerk ergebe. In der Kostenentscheidung hat das SG den Beklagten verurteilt, 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Das SG hat die Rechtsmittelbelehrung erteilt, dass gegen das Urteil des Rechtsmittel der Berufung gegeben sei.

Gegen das am 27.09.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.10.2010 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das SG habe das Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu Unrecht verneint. Er könne sich sowohl auf eine Wiederholungsgefahr, die Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses und ein Rehabilitationsinteresse berufen. Der Beklagte wolle mit der formlosen Aufhebung der Sanktionierung die Rechtswidrigkeit ihrer Praxis vom Tisch wischen. Effektiver Rechtsschutz erfordere daher die Durchsetzung seines Begehrens im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15. September 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 14. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2008 rechtswidrig gewesen ist,

hilfsweise, die Revision zuzulassen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Der Beklagte trägt hierzu vor, das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2011 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist bereits unzulässig. Zwar wurde sie form- und fristgerecht (§ 152 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegt, sie ist jedoch nicht statthaft.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab dem 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I S. 444) bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Dies gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG war zunächst der Sanktionsbescheid des Beklagten vom 14.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2008. Mit diesem wurden die dem Kläger bewilligten Leistungen um 105,- EUR monatlich für einen Zeitraum von drei Monaten abgesenkt. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger durch den Sanktionsbescheid in einer Höhe von 315,- EUR beschwert war. Dieser Betrag erreicht den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR nicht. Die Zulässigkeit der Berufung lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass der Kläger seine Klage, nachdem der Beklagte den Sanktionsbescheid zurückgenommen hat, in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt hat. Die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 SGG gilt unabhängig von der Klageart (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden- Württemberg vom 29.04.2010 - L 12 AL 5449/09 - veröffentlicht in juris; Kummer, Der Zugang zur Berufungsinstanz nach neuem Recht, in NZS 1993, 285 ff). Der Wert des Beschwerdegegenstandes einer Fortsetzungsfeststellungsklage entspricht vielmehr dem der fortgesetzten Anfechtungsklage (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24.10.2005 - 1C 04.2381 - veröffentlicht in juris). Da auch keine laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind, ist die Berufung des Klägers unzulässig.

Das SG hat die Berufung auch nicht zugelassen. Anders als der Kläger zuletzt vorgetragen hat, genügt die vom SG angeführte Rechtsmittelbelehrung, gegen das Urteil sei die Berufung zulässig, den Anforderungen an eine positive Entscheidung über die Zulassung der Berufung nicht; sie ersetzt die Zulassung nicht (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18.03.2004 - B 11 AL 53/03 R -; Urteil vom 23.07.1998 - B 1 KR 24/96 R jew. veröffentlicht in juris). Die Berufung gegen das Urteil des SG vom 15.09.2010 ist daher nicht statthaft.

Die Berufung ist daher zu verwerfen.

Die Berufung kann auch nicht in den allein statthaften Rechtsbehelf einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung umgedeutet werden (BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R veröffentlicht in juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Keiner der in § 160 Abs. 2 SGG genannten Zulassungsgründe liegt vor. Der Senat weicht weder von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab, noch hat die Sache grundsätzliche Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
Saved