Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 1053/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5088/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das ""Frühruhestandsgeld"", das ein Energieversorgungsunternehmen ausgeschiedenen Mitarbeitern, die freiwillig versicherte Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung sind, zahlt, unterliegt als sonstige Einnahme in voller Höhe der Beitragspflicht.
Eine wesentliche Änderung ist nicht durch die Änderung des § 240 SGB V durch das GKV-WSG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eingetreten, weil nunmehr die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse durch Satzung geregelt wird, weshalb die zunächst nur teilweise Berücksichtigung des ""Frühruhestandsgelds"" als Abfindung bei der Festsetzung der Beiträge nicht geändert werden kann.
Eine wesentliche Änderung ist nicht durch die Änderung des § 240 SGB V durch das GKV-WSG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eingetreten, weil nunmehr die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse durch Satzung geregelt wird, weshalb die zunächst nur teilweise Berücksichtigung des ""Frühruhestandsgelds"" als Abfindung bei der Festsetzung der Beiträge nicht geändert werden kann.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 aufgehoben.
Die Bescheide der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 sowie vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 werden aufgehoben, soweit die Beklagten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 161,44, ab 1. April 2010 von mehr als EUR 164,67, ab 1. Januar 2011 von mehr als EUR 170,75 und vom 1. März bis 31. Mai 2011 von mehr als EUR 176,55 festgesetzt haben.
Die Beklagten haben als Gesamtschuldner dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligen ist die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Mai 2011 streitig.
Der am 1951 geborene Kläger war 19 Jahre und zwei Monate bei einem Energieversorgungsunternehmen (im Folgenden E-AG) beschäftigt. Zum 1. Juni 2005 versetzte ihn die E-AG in den "Frühruhestand" und zahlte ihm vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2011 ein "Frühruhestandsgeld". Seit 1. Juni 2011 bezieht der Kläger eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Für den "Frühruhestand" und die Berechnung des "Frühruhestandsgelds" fand die Betriebsvereinbarung der Neckarwerke Stuttgart AG (NWS), einer Rechtsvorgängerin der E-AG, Anwendung. Nach § 2 Nr. 1 Satz 2 dieser Betriebsvereinbarung endet mit der Versetzung in den "Frühruhestand" das Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Nr. 1 dieser Betriebsvereinbarung ist der Frühpensionär u.a. verpflichtet, sich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen sowie auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen. § 4 dieser Betriebsvereinbarung bestimmt für das "Frühruhestandsgeld":
§ 4 Frühruhestandsgeld
Der Frühpensionär erhält während des Frühruhestandes eine Abfindung als Frühruhestandsgeld nach folgenden Bestimmungen:
1. Die Höhe des Vorruhestandsgeldes umfasst - 70 % des 1,1 fachen der beim Ausscheiden erreichten Tabellenvergütung; - 70 % der beim Ausscheiden des Mitarbeiters gültigen tariflichen Familienzulagen; - 70 % der Schichtzulage im Durchschnitt der letzten 12 Monate, wenn der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 10 Jahre ununterbrochen im Schichtdienst gearbeitet hat; - 70 % von 1/12 des beim Ausscheiden gültigen tariflichen Urlaubsgeldes; - 70 % der vor dem Ausscheiden gezahlten Leistungs- und Umstellungszulage. 2. Auf das Frühruhestandsgeld wird angerechnet der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes (§ 122 AFG oder des Krankengeldes (§§ 155, 158 AFG i. V. m. §§ 44 ff. SGB V). 3. Einkünfte aus Nebentätigkeiten im Rahmen des § 115 AFG werden nicht auf das Frühruhestandsgeld angerechnet; solche Einkünfte mindern im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Höhe des Arbeitslosengeldes; die NWS gleicht diese Minderung nicht aus. 4. Die NWS teilt dem Frühpensionär den Betrag des Frühruhestandsgeldes durch schriftlichen Bescheid mit. 5. Die Abfindung wird in monatlichen Beträgen gezahlt und hinsichtlich Fälligkeit und Zahlungsweise behandelt wie die Monatsvergütung der aktiven Mitarbeiter. 6. Das Frühruhestandsgeld erhöht sich bei allgemeinen Tariferhöhungen entsprechend dem Prozentsatz, um den sich die monatliche Tabellenvergütung in der Anfangsstufe der Vergütungsgruppe 4 erhöht. Stufenvorrückungen finden während des Frühruhestandes nicht statt.
Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" betrug nach seinen Angaben brutto ab 1. Juni 2005 EUR 2.910,15, ab 1. April 2006 EUR 3.009,10, ab 1. März 2007 EUR 3.063,26, ab 1. April 2008 EUR 3.196,51, ab 1. Mai 2009 EUR 3.311,58, ab 1. April 2010 EUR 3.377,81 und ab 1. März 2011 EUR 3.492,66. In der dem Kläger erteilten Bescheinigung vom 6. April 2009 bezifferte die E-AG die Gesamtabfindung mit einer Laufzeit von 72 Monaten auf insgesamt EUR 193.203,00, davon EUR 9.000,00 steuerfrei.
Der Kläger war bis 27. Februar 2011 in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwilliges Mitglied der zu 1) beklagten Krankenkasse und in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichertes Mitglied der zu 2) beklagten Pflegekasse. Seit 28. Februar 2011 ist er versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentner, zunächst bis 31. Mai 2011 als Rentenantragsteller und seit 1. Juni 2011 wegen des Bezugs einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zuletzt vor dem streitigen Zeitraum setzten die Beklagten mit gemeinsamem Bescheid vom 19. Dezember 2008 ab 1. Januar 2009 die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf EUR 137,88 und zur Pflegeversicherung auf EUR 18,04, insgesamt EUR 155,92 fest. Der Berechnung der Beiträge legten sie ihren Angaben nach die Beitragssätze von 14,9 v.H. zur Krankenversicherung und von 1,95 v.H. zur Pflegeversicherung sowie als Einkommen einen Arbeitsentgeltanteil von EUR 925,37 (30 v.H. aus EUR 3.084,58) zugrunde. Den restlichen gezahlten Betrag von EUR 2.159,21 (70 v.H. aus EUR 3.084,58) sahen sie als sozialen Anteil einer Abfindung an.
Der Kläger gab in einem Einkommensfragebogen unter dem 26. März 2009 an, seine Einkünfte seien unverändert, und legte den Beklagten die genannte Bescheinigung der E-AG vom 6. April 2009 vor. Die Beklagten setzten zum 1. Juli 2009 mit gemeinsamem Bescheid vom 19. Juni 2009, der den bisherigen Beitragsbescheid zum 1. Juli 2009 ersetzte, die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf EUR 476,28 (14,9 v.H. aus EUR 3.196,51) und zur Pflegeversicherung auf EUR 62,33 (1,95 v.H. aus EUR 3.196,51), insgesamt EUR 538,61 fest. Der Kläger erhob Widerspruch. Die Beklagten informierten den Kläger, dass wegen der mit dem durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) zum 1. Januar 2009 auf den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übertragenen Regelungsbefugnis zur Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter sich eine Änderung bei der Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ergeben werde. Die bisherige Beitragsberechnung sei nicht zulässig. Zahlung von Unternehmen der Energieversorgung seien als vorgezogene betriebliche Altersversorgung anzusehen und somit als Versorgungsbezüge zu betrachten, weshalb beitragspflichtig die monatliche Abfindungszahlung auch mit dem sozialen Anteil sei (Schreiben vom 25. Juni und 7. Juli 2009). Der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) wies auch im Namen der Beklagten zu 2) den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2010). Bei der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Kranken- und Pflegeversicherung am 15./16. April 2009 seien die Teilnehmer einheitlich zu der Auffassung gelangt, dass die Abfindungszahlung oder Frühpension, speziell von Unternehmen der Energieversorgung, als vorgezogene betriebliche Altersvorsorge anzusehen seien und somit als Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der Beitragspflicht unterlägen. Nach dieser Klarstellung der gesetzlichen Regelung unterlägen diese in voller Höhe der Beitragspflicht. Einen beitragsfreien sozialen Anteil gebe es nicht mehr. Bestandsfälle aus der Zeit vor dem 1. Januar 2009, die seither mit einer geringeren Bemessungsgrundlage eingestuft worden seien, würden mit der Neueinstufung zum 1. Juli 2009 umgestellt. Nach § 7 Abs. 6 der (vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelten) Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) würden der Bemessung nacheinander zugrundegelegt u.a. der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge (Nr. 3). Da der Versorgungsbezug des Klägers unter der Beitragsbemessungsgrenze liege, unterliege er in voller Höhe der Beitragspflicht. Weitere beitragspflichtige Einnahmen lägen nicht vor.
Der Kläger erhob am 19. Februar 2010 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) und begehrte, den bisherigen beitragsfreien sozialen Anteils weiterhin zu berücksichtigen. Er sah in der geänderten Berechnung der Beiträge einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne des Vertrauensschutzes. Bei der Zahlung der E-AG habe es sich um eine finanzielle Abfindung aufgrund der Aufhebung des Arbeitsvertrages gehandelt, die zur sozialen Absicherung bis zum Rentenbezug mit Vollendung des 60. Lebensjahres in monatlichen Raten ausbezahlt werde. Diese monatlichen Abfindungszahlungen seien kein beitragspflichtiges Entgelt, sondern eine Entschädigung für den Wegfall des Arbeitsplatzes. Dass in der Vergangenheit im Regelfall nur 25 v.H. der monatlichen Zahlungen oder ein Mindestbetrag für die Beitragsbemessung herangezogen worden seien, sei für ihn eine wesentliche Voraussetzung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben gewesen, weil hierdurch seine finanziellen Einbußen noch annehmbar gewesen seien. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei eine Änderung der Beitragsberechnung nur für Empfänger von Abfindungen sachgerecht, deren Verträge nach der geänderten Rechtsauslegung geschlossen worden seien.
Die Beklagten traten der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 30. September 2010 ab. Die Vorschriften der Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler zeigten deutlich, dass bei freiwillig Krankenversicherten alle Einkünfte, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden könnten, der Beitragsbemessung zugrunde zu legen seien, und zwar unabhängig von ihrer steuerlichen Beurteilung. Dies entspreche dem bis 31. Dezember 2008 geltenden Recht, nach dem noch die Krankenkassen selbst in ihren Satzungen die Beitragsbemessung für freiwillig Versicherte hätten festlegen können. Abfindungen aus der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses seien schon immer als beitragspflichtige Einnahmen angesehen worden. Die - nicht mehr unumstrittene - Rechtsprechung habe aber die Verbeitragung solcher - einmalig gezahlter - Abfindungen auf den so genannten Arbeitsentgeltanteil beschränkt und einen hiervon getrennten sozialen Anteil beitragsfrei gelassen. Ob die Abfindungszahlungen der E-AG an den Kläger ganz oder nur zu einem Teil Versorgungsbezüge i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler und der §§ 226 Abs. 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 SGB V seien, könne hier offen bleiben. Jedenfalls seien diese Zahlungen insgesamt als sonstige Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler der Beitragspflicht zu unterwerfen. Auch die Abfindung gehöre zu "allen Einnahmen und Geldmitteln, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden können" im Sinne dieser Bestimmung. Der Kläger solle mit den Zahlungen seinen Lebensunterhalt bis zum Beginn der Rente bestreiten, wie sich deutlich aus der Bescheinigung der E-AG ergebe. Es handle sich um eine dauerhafte Leistung, die nicht auf die Zeit beschränkt sei, bis zu der der Kläger einen neuen Arbeitsplatz finde, wie es der soziale Anteil einer Abfindung, der den Verlust des konkreten Arbeitsplatzes abgelten solle, sein müsste. Auch die Höhe der monatlichen Bruttobezüge, die nur knapp unter den letzten Bruttogehalts des Klägers während des Beschäftigungsverhältnisses lägen, zeige, dass diese Zahlungen seinen Lebensunterhalt sichern sollten, zumal der Kläger neben diesen Einkünften keine weiteren laufenden Einnahmen erziele. Unabhängig davon sei in § 4 Nr. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nochmals ausdrücklich geregelt, dass Abfindungen und ähnliche Leistungen wegen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beitragspflicht unterlägen. Die Abfindungszahlungen seien auch nicht nach § 5 Abs. 5 Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler teilweise von der Beitragspflicht auszunehmen. Denn diese Bestimmung knüpfe an die Grundregel über die Verbeitragung einmaliger Einnahmen in § 5 Abs. 3 Beitragverfahrens-grundsätze Selbstzahler an. Für regelmäßige monatlich gezahlte Einnahmen verbleibe es bei der Grundregel des § 4 Nr. 1 Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler, wonach sie vollständig zu verbeitragen seien. Die Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler seien wirksam. Sie seien zum einen ausreichend bestimmt, um auch die Abfindungszahlungen der Beitragspflicht zu unterwerfen. Zum anderen habe der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (entgegen der Auffassung des Sozialgerichts München im Urteil vom 2. März 2010 - S 19 KR 873/09 , in juris) sie wirksam erlassen können. Sie hätten in §§ 217e Abs. 2 und 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Auch wenn aus diesen gesetzlichen Regelungen nicht eindeutig hervorgehe, in welcher Rechtsform Entscheidungen des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen zu treffen seien, könnten sie nur als Satzung ergehen. Die Regelungen könnten so ausgelegt werden, dass der Vorstand des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen ohne Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde die Grundsätze der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V festlegen könne. Die Anwendung der Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler verletze auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte. Die höhere Beitragsbelastung freiwillig Versicherter bei bereits vor der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen vereinbarter oder gezahlter Abfindungen stelle nur eine so genannte unechte Rückwirkung dar, die zulässig sei. Es sei die Einnahmebasis der gesetzlichen Krankenversicherung verbreitert worden, um die steigenden Kosten tragen zu können. Die Betroffenen seien nicht unzumutbar belastet. Denn die Beiträge würden in einem Prozentanteil des Einkommens erhoben und außerdem seien höhere Beiträge durch die Beitragsbemessungsgrenze sogar ganz ausgeschlossen. Einen Vertrauensschutz aus anderen Umständen könne der Kläger nicht herleiten. Die Satzung der Beklagten zu 1) habe unter dem jederzeitigen Vorbehalt einer formal gesetzlichen Änderung gestanden. Frühere Beitragsbescheide hätten nur bis zur Änderung der Sach- und Rechtslage gegolten und dann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zukunft ohne Vertrauensschutz für den Betroffenen aufgehoben werden können. Den aus § 48 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 SGB X folgenden Vertrauensschutz des Klägers hätten die Beklagten sogar berücksichtigt, weil die maßgebliche Änderung der Rechtslage bereits zum 1. Januar 2009 eingetreten sei, sie aber die höheren Beiträge mit dem Bescheid vom 19. Juni 2009 erst für die Zukunft festgesetzt hätten. Die Höhe der Beiträge sei zutreffend berechnet.
Gegen das ihm am 5. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. November 2010 Berufung eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen macht er geltend, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen habe keine Rechtsetzungskompetenz (Verweis auf Urteil des Sozialgerichts München vom 2. März 2010 - S 19 KR 873/09 -, in juris), so dass das frühere Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Februar 1990 (12 RK 20/88) weiterhin Bestand habe. Die Erhöhung der Beiträge sei ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot. Sein Recht auf Vertrauensschutz bestätige das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. September 2010 (S 3 KR 162/10 (Gegenstand des beim Senat anhängigen und am selben Tag verhandelten Berufungsverfahrens L 4 KR 5115/10)). Für einmalige Abfindungszahlungen anderer Großunternehmen seien Beiträge nicht erhoben worden, weshalb er schlechter gestellt sei als jene. Der Kläger hat auch die genannten Angaben zur Höhe des "Frühruhestandsgeld" gemacht.
Die Beklagten haben nach Klageerhebung die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung mit folgenden Bescheiden wie folgt festgesetzt: • Bescheid vom 8. April 2010 für die Zeit ab 1. April 2010 wegen Erhöhung der Zahlung auf EUR 3.311,58; monatliche Beiträge zur Krankenversicherung EUR 493,43 (14,9 v.H. aus EUR 3.311,58) und zur Pflegeversicherung auf EUR 64,58 (1,95 v.H. aus EUR 3.311,58), insgesamt EUR 558,01 • Bescheid vom 23. Juni 2010 für die Zeit ab 1. Juli 2010 in derselben Höhe. • Bescheid vom 20. Dezember 2010 für die Zeit ab 1. Januar 2011 wegen Änderung des allgemeinen Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 15,5 v.H; monatliche Beiträge zur Krankenversicherung EUR 513,29 und zur Pflegeversicherung EUR 64,58, insgesamt EUR 577,87. Die Beteiligten haben das SG über die vor dem Urteil des SG ergangenen Bescheide nicht unterrichtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 abzuändern, soweit die Beklagten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 161,44, ab 1. April 2010 von mehr als EUR 164,67, ab 1. Januar 2011 von mehr als EUR 170,75 und vom 1. März bis 31. Mai 2011 von mehr als EUR 176,55 festgesetzt haben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen der Bescheide vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 abzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreits sind der vom Kläger mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 sowie nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Bescheide vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010, über die der Senat auf Klage entscheidet. Die Bescheide vom 8. April und 23. Juni 2010 sind bereits Gegenstand des Klageverfahrens geworden, so dass über diese Bescheide an sich bereits das SG hätte entscheiden müssen. Dies ist in Unkenntnis von der Existenz der Bescheide unterblieben, weil sie dem SG von den Beteiligten entgegen der in § 96 Abs. 2 SGG vorgesehenen Verpflichtung nicht mitgeteilt worden sind. Für einen solchen Fall der unterbliebenen Entscheidung durch das SG ist durch die Rechtsprechung anerkannt, dass auch das Berufungsgericht über den gemäß § 96 Abs. 1 SGG erweiterten Streitgegenstand zu entscheiden hat (BSG, Urteil vom 17. November 2005 - B 11a/11 AL 57/04 R - ).
Zu entscheiden ist allein darüber, ob das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" in voller Höhe statt wie zuvor nur anteilig in Höhe von 30 v.H. des gezahlten Betrags als Einnahme der Beitragsberechnung zugrunde zu legen ist. Denn der Kläger beantragte in seiner Klageschrift vom 16. Februar 2010, den bisherigen beitragsfreien sozialen Anteil weiterhin zu berücksichtigen. Demgemäß war das Begehren des Klägers sachgerecht dahin auszulegen (§ 123 SGG), dass er die Aufhebung der genannten streitbefangenen Bescheid nur insoweit begehrt, als die Beklagten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 161,44, ab 1. April 2010 von mehr als EUR 164,67, ab 1. Januar 2011 von mehr als EUR 170,75 und vom 1. März bis 31. Mai 2011 von mehr als EUR 176,55 (zur Berechnung siehe unten 4.) festgesetzt haben. Die höhere Beitragsforderung ergibt sich allein dadurch, dass die Beklagten das bis 31. Mai 2011 gezahlte "Frühruhestandsgeld" in voller Höhe des gezahlten Betrags der Berechnung der Beiträge zugrunde gelegt haben.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, da der Kläger sich gegen die Festsetzung von Beiträgen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr wendet (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
III.
Die zulässige Berufung des Klägers und die Klage des Klägers wegen der Bescheide vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 sind begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 sowie vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 sind insoweit rechtswidrig, als die Beklagten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 161,44, ab 1. April 2010 von mehr als EUR 164,67, ab 1. Januar 2011 von mehr als EUR 170,75 und vom 1. März bis 31. Mai 2011 von mehr als EUR 176,55 festgesetzt haben.
1. Rechtsgrundlage für die Änderung der Beitragshöhe durch die genannten streitbefangenen Bescheide kann nur § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sein. Denn die Beklagten haben mit den genannten streitbefangenen Bescheiden den jeweils vorangegangenen Bescheid über Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zukunft abgeändert. In den genannten streitbefangenen Bescheiden ist jeweils ausgeführt, dass der Bescheid den bisherigen Beitragsbescheid mit Wirkung zu einem in dem jeweiligen Bescheid näher bezeichneten Datum ersetzt. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Beklagten den jeweils neuen Beitragsbescheid wegen Änderung der Verhältnisse nach Erlass des vorangegangenen Beitragsbescheids erlassen haben, nicht aber deshalb, weil der vorangegangene Beitragsbescheid im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden sollte. Deswegen scheidet § 45 SGB X als Rechtsgrundlage für die Änderung aus.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Ein Beitragsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, denn er erschöpft sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage, sondern begründet oder verändert inhaltlich ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 16. Februar 1984 - 1 RA 15/83 - und 7. Juli 2005 - B 3 P 8/04 R -). Wesentlich ist die Änderung, soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, Urteil vom 19. Februar 1986 - 7 RAr 55/84 -).
2. Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist zum 1. Juli 2009 (Zeitpunkt, zu welchem die Beklagten erstmals den vollen Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" bei der Berechnung der Beiträge berücksichtigt haben) nicht eingetreten. Eine solche wesentliche Änderung ist nicht durch die Änderung des § 240 SGB V durch das GKV-WSG erfolgt, weil nunmehr die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder wie den Kläger durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse durch Satzung geregelt wird.
2.1. Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V - durch das GKV-WSG nicht geändert - ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die ebenfalls zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), sind bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Unverändert gilt nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V weiterhin, dass freiwillig Versicherte einen kalendertäglichen Mindestbeitrag in Höhe des neunzigsten Teils der monatlichen Bezugsgröße zu zahlen haben.
Nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V wurde für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Die Satzung der Krankenkasse musste nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind.
Bis 31. Dezember 2008 überließ das Gesetz für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung, wie dies der Kläger im streitigen Zeitraum war, die Bestimmung der in der Krankenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen grundsätzlich den Satzungen der Krankenkassen, setzte dieser Satzungsautonomie jedoch durch die Definition eines prinzipiellen Bemessungsmaßstabs in § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V und die in § 240 Abs. 2 bis 5 SGB V enthaltenen inhaltlichen Vorgaben Grenzen. Die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen ab 1. Januar 2009 durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist lediglich ein Wechsel des für die Bestimmung Zuständigen. Es sollte u.a. ausgeschlossen werden, dass die Krankenkassen zukünftig weiterhin unterschiedliche Einstufungsgrundsätze praktizieren, weil mit der Einführung des Gesundheitsfonds derartige Unterschiede nicht mehr aufrecht erhalten werden konnten (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 164). Auch nach dem Wechsel der Zuständigkeit ist wie bisher unverändert die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds bei der Bemessung der Beiträge zu berücksichtigen (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 163). Eine inhaltliche Änderung des Maßstabes, nämlich dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten ohne Besserstellung gegenüber einem Pflichtversicherten zugrunde zu legen ist und damit welche Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind, ist deshalb mit den Änderungen durch das GKV-WSG nicht verbunden. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" hätten die Beklagten bei der Berechnung der freiwilligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zwar nicht als Arbeitsentgelt, auch nicht teilweise als Abfindung, die Arbeitsentgelt enthält, mit einem Arbeitsentgeltanteil, und auch nicht als Versorgungsbezug, jedoch als sonstige Einnahme in vollem Umfang bei der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seit Beginn der Zahlung berücksichtigen müssen, mithin auch schon vor der zum 1. Januar 2009 erfolgten Änderung(en) des § 240 SGB V. Dass eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nicht eingetreten ist, sondern nur eine geänderte Rechtsauffassung der Beklagten, zeigt der Verweis im Widerspruchsbescheid auf die Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund.
2.1.1. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten zu 1) in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gehörten zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten (Einnahmen zum Lebensunterhalt) bis zum kalendertäglichen Betrag der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung. Nach § 19 Abs. 9 der Satzung der Beklagten zu 1) in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung war bei freiwillig Versicherten, die nicht hauptberuflich selbstständig sind und keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen - was beim Kläger der Fall war -, folgende Rangfolge der Einnahmearten vorzunehmen: Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und sonstigen Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen, bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
Eine abweichende Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen enthalten die nunmehr geltenden Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind als beitragspflichtige Einnahmen u.a. auch das Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Ergänzend bestimmt § 4 Nr. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, dass den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 zuzurechnen sind auch Abfindungen, Entschädigungen oder ähnliche Leistungen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden.
2.1.1.1. Das gezahlte "Frühruhestandsgeld" war kein Arbeitsentgelt. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind hiernach (nur) Leistungen, die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses für Zeiten des Beschäftigungsverhältnisses geleistet werden. Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts in § 14 Abs. 1 SGB IV erfasst solche Einnahmen, die dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen. Das Erfordernis des ursächlichen Zusammenhangs umfasst dabei den zeitlichen mit, sodass ihrem Zweck nach allein auf den Zeitraum nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bezogene Leistungen nicht erfasst werden. Zwar gehören zum Arbeitsentgelt auch Einnahmen, die nicht unmittelbar aus der Beschäftigung, sondern nur "im Zusammenhang mit ihr" erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV), was besonders bei einmaligen Einnahmen wie einer Abfindung zutreffen kann. Auch solche Einnahmen müssen jedoch, um als Arbeitsentgelt aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beitragspflichtig zu sein, sich zeitlich dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung zuordnen lassen, d.h. auf die Zeit der Beschäftigung und der Versicherungspflicht entfallen. Das trifft etwa auf eine Abfindung, die wegen Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung gezahlt wird, grundsätzlich nicht zu. Soweit es sich bei ihr um eine echte Abfindung und nicht um eine Nachzahlung von während der Beschäftigung verdientem Entgelt handelt, soll die Abfindung den Arbeitnehmer dafür entschädigen, dass er seine bisherige Beschäftigung nicht fortsetzen kann, mithin gehindert ist, aus dieser Beschäftigung künftig Arbeitsentgelt zu erzielen. Eine solche Abfindung, die als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten - den Verlust des Arbeitsplatzes - gezahlt wird, ist zeitlich nicht der früheren Beschäftigung zuzuordnen; ihre Beitragspflicht kann nicht mehr auf die frühere, inzwischen weggefallene Versicherungspflicht gegründet werden (zum Ganzen BSG, Urteil vom 07. März 2007 - B 12 KR 4/06 R - m.w.N.). Danach ist das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld", auch wenn es eine Abfindung sein sollte (wie es in § 4 der Betriebsvereinbarung auch bezeichnet wurde), kein Arbeitsentgelt, das der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung zugrundegelegt werden kann. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" ist eine Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes und damit nicht dem Beschäftigungsverhältnis mit der E-AG zuzuordnen. Denn das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der E-AG endete mit der Versetzung in den Frühruhestand (§ 1 der Betriebsvereinbarung). Damit endete auch das Beschäftigungsverhältnis. Mit dem gezahlten "Frühruhestandsgeld" sollte kein rückständiges Arbeitsentgelt aus der Zeit des Beschäftigungsverhältnisses abgegolten werden. Es sollte vielmehr allein als Entschädigung dafür dienen, dass der Kläger nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses gehindert war, aus diesem Entgelt zu erzielen.
2.1.1.2. Das gezahlte "Frühruhestandsgeld" war auch kein Versorgungsbezug. Nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, 1. Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen; außer Betracht bleiben a) lediglich übergangsweise gewährte Bezüge, b) unfallbedingte Leistungen und Leistungen der Beschädigtenversorgung, c) bei einer Unfallversorgung ein Betrag von 20 vom Hundert des Zahlbetrags und d) bei einer erhöhten Unfallversorgung der Unterschiedsbetrag zum Zahlbetrag der Normalversorgung, mindestens 20 vom Hundert des Zahlbetrags der erhöhten Unfallversorgung, 2. Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister, 3. Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind, 4. Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte mit Ausnahme einer Übergangshilfe, 5. Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Auf die Definition der Versorgungsbezüge in § 229 SGB V nahm auch § 19 Abs. 1b Satz 1 der Satzung der Beklagten zu 1) Bezug. Das "Frühruhestandsgeld" erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Insbesondere ist es keine Rente der betrieblichen Altersversorgung, denn es liegt keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechnen hierzu alle Leistungen, mit denen ein Versorgungszweck verfolgt wird, wenn der Versorgungsanspruch durch ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst wird und diese Leistung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses zugesagt wird (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 3 AZR 641/88 -). Diese Definition kann für die Beitragspflicht zur Krankenversicherung übernommen werden (BSG, Urteil vom 26. März 1996 - 12 RK 44/94 ). Wegen der zeitlich begrenzten Zahlung bis zum Beginn einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung diente es insbesondere nicht zur Altersversorgung des Klägers. Das "Frühruhestandsgeld" diente dazu, den Zeitraum bis zum Bezug einer Altersrente zu überbrücken. Nach § 7 Nr. 1 der Betriebsvereinbarung besteht die Pflicht, sich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen, und damit die - wenn auch geringe - Chance auf eine neue Beschäftigung zu wahren und aufrechtzuerhalten sowie weiter auch die Pflicht, zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen, mithin Altersrente mit Abschlag in Anspruch zu nehmen.
Wenn das gezahlte "Frühruhestandsgeld" eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung wäre - wovon die Beklagten im Widerspruchsbescheid ausgegangen sind -, hätte das "Frühruhestandsgeld" im Übrigen von Beginn der Zahlung mit dem vollen Zahlbetrag und nicht anteilig bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt werden müssen.
2.1.1.3. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" ist jedoch als sonstige Einnahme anzusehen. Denn es bestimmt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers, weil es dazu dienen soll, den Lebensunterhalt des Klägers zwischen dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses und dem Beginn einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Dies ergibt sich schon aus der Höhe des gezahlten "Frühruhestandsgelds", die an die Höhe der zuletzt gezahlten Vergütungen anknüpft (vgl. § 4 der Betriebsvereinbarung). Zudem werden die Lohnersatzleistungen Arbeitslosengeld und Krankengeld auf das "Frühruhestandsgeld" angerechnet.
Die Satzungsregelung und die Regelung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler hinsichtlich sonstiger Einnahmen ist in Bezug auf das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" deshalb auch nicht zu unbestimmt (zu generalklauselartigen Satzungsregelungen vgl. BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 1). Weil das gezahlte "Frühruhestandsgeld" zum Bestreiten des Lebensunterhalts bestimmt ist, wäre es jedenfalls bei einem Versicherungspflichtigen beitragspflichtig. Wäre die Satzungsregelung und die Regelung der Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler betreffend die sonstigen Einnahmen zu unbestimmt, hätte dies zur Folge, dass das "Frühruhestandsgeld" überhaupt nicht bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt werden könnte.
2.1.2 Da eine wesentliche Änderung der (rechtlichen) Verhältnisse bezüglich der Frage, ob das gezahlte "Frühruhestandsgeld" nur anteilig oder - richtigerweise - vollständig der Bemessung der Beiträge zugrunde zu legen ist, nicht vorliegt, kommt es auf die Frage, ob die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler wirksam erlassen worden sind, nicht an. Im Übrigen ist bereits durch die gesetzliche Regelung des § 240 SGB V weitgehend vorgegeben, welche Einnahmen bei der Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter zu berücksichtigen sind, und deshalb in der Vergangenheit der Krankenkasse als Satzungsgeber und nunmehr der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nur wenig Spielraum blieben oder bleiben, um die beitragspflichtigen Einnahmen zu bestimmen.
2.1.3. Für den Zeitraum vom 28. Februar bis 31. Mai 2011, in welchem der Kläger als Rentenantragsteller versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 1) in der Krankenversicherung der Rentner war, richtete sich die Erhebung der Beiträge in entsprechender Anwendung des § 240 SGB V (§ 239 SGB V).
2.2. Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung Hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gilt dasselbe. Denn nach § 57 Abs. 4 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gelten die für die Krankenversicherung genannten Vorschriften auch für die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung.
3. Um den gesamten Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeldes" der Berechnung der Beiträge ab 1. Juli 2009 zugrunde zu legen, hätten die Beklagten den letzten Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2008 nach § 45 SGB X aufheben müssen. Unabhängig davon, dass dies - wie oben ausgeführt - nicht erfolgt ist, kann eine Umdeutung nicht erfolgen und es liegen auch die Voraussetzungen hierfür nicht vor.
3.1. Eine Umdeutung des Bescheids vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 dahin, dass er den vorangegangenen Bescheid vom 19. Dezember 2008 nach § 45 SGB X aufhebt, ist schon nicht möglich. Nach § 43 Abs. 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nach § 43 Abs. 3 SGB X nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden. Die Entscheidung, einen Verwaltungsakt wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufzuheben, ist eine gebundene Entscheidung. Demgegenüber erfordert eine Aufhebung nach § 45 SGB X auch für die Zukunft - außer im hier nicht vorliegenden Fall betrügerischer Leistungserschleichung (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 16/92 und 5. November 1997 - 9 RV 20/96 -) - die Ausübung und Anwendung von Ermessen.
3.2. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Satz 2). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Satz 3). Die Voraussetzungen des Satz 3 sind nicht gegeben. Dies behaupten die Beklagten auch nicht. Auch dürfte das Vertrauen des Klägers schutzwürdig sein. Dies muss aber nicht abschließend entschieden werden. Denn auch wenn das Vertrauen des Klägers schutzwürdig wäre, wäre die Aufhebung nach § 45 SGB X rechtswidrig, weil die Beklagten das für eine solche Entscheidung erforderlichen Ermessen nicht ausgeübt haben. Da sie sich gar nicht bewusst waren, eine Entscheidung nach § 45 SGB X treffen zu müssen, liegt schon keine Ermessensausübung vor.
4. Da eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist, kann der Bemessung der Beiträge des Klägers auch in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Mai 2011 wie zuvor nur der anteilige Betrag des "Frühruhestandsgelds" in Höhe von 30 v.H zugrundegelegt werden. Dies ergibt unter Berücksichtigung der vom Kläger angegebenen Zahlbeträge und der jeweils geltenden Beitragssätze (in der Krankenversicherung der ermäßigte Beitragssatz) folgende Beiträge:
ab 1. Juli 2009: Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" EUR 3.311,58 x 30 v.H. = EUR 993,47 Beitrag zur Krankenversicherung: EUR 993,47 x 14,3 v.H. = EUR 142,07 Beitrag zur Pflegeversicherung: EUR 993,47 x 1,95 v.H. = EUR 19,37 zusammen EUR 161,44
ab 1. April 2010 Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" EUR 3.377,81 x 30 v.H. = EUR 1.013,34 Beitrag zur Krankenversicherung: EUR 1.013,34 x 14,3 v.H. = EUR 144,91 Beitrag zur Pflegeversicherung: EUR 1.013,34 x 1,95 v.H. = EUR 19,76 zusammen EUR 164,67
ab 1. Januar 2011 Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" EUR 3.377,81 x 30 v.H. = EUR 1.013,34 Beitrag zur Krankenversicherung: EUR 1.013,34 x 14,9 v.H. = EUR 150,99 Beitrag zur Pflegeversicherung: EUR 1.013,34 x 1,95 v.H. = EUR 19,76 zusammen EUR 170,75
vom 1. März bis 31. Mai 2011 Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" EUR 3.492,66 x 30 v.H. = EUR 1.047,80 Beitrag zur Krankenversicherung: EUR 1.047,80 x 14,9 v.H. = EUR 156,12 Beitrag zur Pflegeversicherung: EUR 1.047,80 x 1,95 v.H. = EUR 20,43 zusammen EUR 176,55
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Auf die grundsätzliche Frage der Wirksamkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler kommt es nicht an.
Die Bescheide der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 sowie vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 werden aufgehoben, soweit die Beklagten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 161,44, ab 1. April 2010 von mehr als EUR 164,67, ab 1. Januar 2011 von mehr als EUR 170,75 und vom 1. März bis 31. Mai 2011 von mehr als EUR 176,55 festgesetzt haben.
Die Beklagten haben als Gesamtschuldner dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligen ist die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Mai 2011 streitig.
Der am 1951 geborene Kläger war 19 Jahre und zwei Monate bei einem Energieversorgungsunternehmen (im Folgenden E-AG) beschäftigt. Zum 1. Juni 2005 versetzte ihn die E-AG in den "Frühruhestand" und zahlte ihm vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2011 ein "Frühruhestandsgeld". Seit 1. Juni 2011 bezieht der Kläger eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Für den "Frühruhestand" und die Berechnung des "Frühruhestandsgelds" fand die Betriebsvereinbarung der Neckarwerke Stuttgart AG (NWS), einer Rechtsvorgängerin der E-AG, Anwendung. Nach § 2 Nr. 1 Satz 2 dieser Betriebsvereinbarung endet mit der Versetzung in den "Frühruhestand" das Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Nr. 1 dieser Betriebsvereinbarung ist der Frühpensionär u.a. verpflichtet, sich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen sowie auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen. § 4 dieser Betriebsvereinbarung bestimmt für das "Frühruhestandsgeld":
§ 4 Frühruhestandsgeld
Der Frühpensionär erhält während des Frühruhestandes eine Abfindung als Frühruhestandsgeld nach folgenden Bestimmungen:
1. Die Höhe des Vorruhestandsgeldes umfasst - 70 % des 1,1 fachen der beim Ausscheiden erreichten Tabellenvergütung; - 70 % der beim Ausscheiden des Mitarbeiters gültigen tariflichen Familienzulagen; - 70 % der Schichtzulage im Durchschnitt der letzten 12 Monate, wenn der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 10 Jahre ununterbrochen im Schichtdienst gearbeitet hat; - 70 % von 1/12 des beim Ausscheiden gültigen tariflichen Urlaubsgeldes; - 70 % der vor dem Ausscheiden gezahlten Leistungs- und Umstellungszulage. 2. Auf das Frühruhestandsgeld wird angerechnet der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes (§ 122 AFG oder des Krankengeldes (§§ 155, 158 AFG i. V. m. §§ 44 ff. SGB V). 3. Einkünfte aus Nebentätigkeiten im Rahmen des § 115 AFG werden nicht auf das Frühruhestandsgeld angerechnet; solche Einkünfte mindern im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Höhe des Arbeitslosengeldes; die NWS gleicht diese Minderung nicht aus. 4. Die NWS teilt dem Frühpensionär den Betrag des Frühruhestandsgeldes durch schriftlichen Bescheid mit. 5. Die Abfindung wird in monatlichen Beträgen gezahlt und hinsichtlich Fälligkeit und Zahlungsweise behandelt wie die Monatsvergütung der aktiven Mitarbeiter. 6. Das Frühruhestandsgeld erhöht sich bei allgemeinen Tariferhöhungen entsprechend dem Prozentsatz, um den sich die monatliche Tabellenvergütung in der Anfangsstufe der Vergütungsgruppe 4 erhöht. Stufenvorrückungen finden während des Frühruhestandes nicht statt.
Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" betrug nach seinen Angaben brutto ab 1. Juni 2005 EUR 2.910,15, ab 1. April 2006 EUR 3.009,10, ab 1. März 2007 EUR 3.063,26, ab 1. April 2008 EUR 3.196,51, ab 1. Mai 2009 EUR 3.311,58, ab 1. April 2010 EUR 3.377,81 und ab 1. März 2011 EUR 3.492,66. In der dem Kläger erteilten Bescheinigung vom 6. April 2009 bezifferte die E-AG die Gesamtabfindung mit einer Laufzeit von 72 Monaten auf insgesamt EUR 193.203,00, davon EUR 9.000,00 steuerfrei.
Der Kläger war bis 27. Februar 2011 in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwilliges Mitglied der zu 1) beklagten Krankenkasse und in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichertes Mitglied der zu 2) beklagten Pflegekasse. Seit 28. Februar 2011 ist er versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentner, zunächst bis 31. Mai 2011 als Rentenantragsteller und seit 1. Juni 2011 wegen des Bezugs einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zuletzt vor dem streitigen Zeitraum setzten die Beklagten mit gemeinsamem Bescheid vom 19. Dezember 2008 ab 1. Januar 2009 die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf EUR 137,88 und zur Pflegeversicherung auf EUR 18,04, insgesamt EUR 155,92 fest. Der Berechnung der Beiträge legten sie ihren Angaben nach die Beitragssätze von 14,9 v.H. zur Krankenversicherung und von 1,95 v.H. zur Pflegeversicherung sowie als Einkommen einen Arbeitsentgeltanteil von EUR 925,37 (30 v.H. aus EUR 3.084,58) zugrunde. Den restlichen gezahlten Betrag von EUR 2.159,21 (70 v.H. aus EUR 3.084,58) sahen sie als sozialen Anteil einer Abfindung an.
Der Kläger gab in einem Einkommensfragebogen unter dem 26. März 2009 an, seine Einkünfte seien unverändert, und legte den Beklagten die genannte Bescheinigung der E-AG vom 6. April 2009 vor. Die Beklagten setzten zum 1. Juli 2009 mit gemeinsamem Bescheid vom 19. Juni 2009, der den bisherigen Beitragsbescheid zum 1. Juli 2009 ersetzte, die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf EUR 476,28 (14,9 v.H. aus EUR 3.196,51) und zur Pflegeversicherung auf EUR 62,33 (1,95 v.H. aus EUR 3.196,51), insgesamt EUR 538,61 fest. Der Kläger erhob Widerspruch. Die Beklagten informierten den Kläger, dass wegen der mit dem durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) zum 1. Januar 2009 auf den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übertragenen Regelungsbefugnis zur Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter sich eine Änderung bei der Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ergeben werde. Die bisherige Beitragsberechnung sei nicht zulässig. Zahlung von Unternehmen der Energieversorgung seien als vorgezogene betriebliche Altersversorgung anzusehen und somit als Versorgungsbezüge zu betrachten, weshalb beitragspflichtig die monatliche Abfindungszahlung auch mit dem sozialen Anteil sei (Schreiben vom 25. Juni und 7. Juli 2009). Der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) wies auch im Namen der Beklagten zu 2) den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2010). Bei der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Kranken- und Pflegeversicherung am 15./16. April 2009 seien die Teilnehmer einheitlich zu der Auffassung gelangt, dass die Abfindungszahlung oder Frühpension, speziell von Unternehmen der Energieversorgung, als vorgezogene betriebliche Altersvorsorge anzusehen seien und somit als Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der Beitragspflicht unterlägen. Nach dieser Klarstellung der gesetzlichen Regelung unterlägen diese in voller Höhe der Beitragspflicht. Einen beitragsfreien sozialen Anteil gebe es nicht mehr. Bestandsfälle aus der Zeit vor dem 1. Januar 2009, die seither mit einer geringeren Bemessungsgrundlage eingestuft worden seien, würden mit der Neueinstufung zum 1. Juli 2009 umgestellt. Nach § 7 Abs. 6 der (vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelten) Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) würden der Bemessung nacheinander zugrundegelegt u.a. der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge (Nr. 3). Da der Versorgungsbezug des Klägers unter der Beitragsbemessungsgrenze liege, unterliege er in voller Höhe der Beitragspflicht. Weitere beitragspflichtige Einnahmen lägen nicht vor.
Der Kläger erhob am 19. Februar 2010 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) und begehrte, den bisherigen beitragsfreien sozialen Anteils weiterhin zu berücksichtigen. Er sah in der geänderten Berechnung der Beiträge einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne des Vertrauensschutzes. Bei der Zahlung der E-AG habe es sich um eine finanzielle Abfindung aufgrund der Aufhebung des Arbeitsvertrages gehandelt, die zur sozialen Absicherung bis zum Rentenbezug mit Vollendung des 60. Lebensjahres in monatlichen Raten ausbezahlt werde. Diese monatlichen Abfindungszahlungen seien kein beitragspflichtiges Entgelt, sondern eine Entschädigung für den Wegfall des Arbeitsplatzes. Dass in der Vergangenheit im Regelfall nur 25 v.H. der monatlichen Zahlungen oder ein Mindestbetrag für die Beitragsbemessung herangezogen worden seien, sei für ihn eine wesentliche Voraussetzung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben gewesen, weil hierdurch seine finanziellen Einbußen noch annehmbar gewesen seien. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei eine Änderung der Beitragsberechnung nur für Empfänger von Abfindungen sachgerecht, deren Verträge nach der geänderten Rechtsauslegung geschlossen worden seien.
Die Beklagten traten der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 30. September 2010 ab. Die Vorschriften der Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler zeigten deutlich, dass bei freiwillig Krankenversicherten alle Einkünfte, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden könnten, der Beitragsbemessung zugrunde zu legen seien, und zwar unabhängig von ihrer steuerlichen Beurteilung. Dies entspreche dem bis 31. Dezember 2008 geltenden Recht, nach dem noch die Krankenkassen selbst in ihren Satzungen die Beitragsbemessung für freiwillig Versicherte hätten festlegen können. Abfindungen aus der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses seien schon immer als beitragspflichtige Einnahmen angesehen worden. Die - nicht mehr unumstrittene - Rechtsprechung habe aber die Verbeitragung solcher - einmalig gezahlter - Abfindungen auf den so genannten Arbeitsentgeltanteil beschränkt und einen hiervon getrennten sozialen Anteil beitragsfrei gelassen. Ob die Abfindungszahlungen der E-AG an den Kläger ganz oder nur zu einem Teil Versorgungsbezüge i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler und der §§ 226 Abs. 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 SGB V seien, könne hier offen bleiben. Jedenfalls seien diese Zahlungen insgesamt als sonstige Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler der Beitragspflicht zu unterwerfen. Auch die Abfindung gehöre zu "allen Einnahmen und Geldmitteln, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden können" im Sinne dieser Bestimmung. Der Kläger solle mit den Zahlungen seinen Lebensunterhalt bis zum Beginn der Rente bestreiten, wie sich deutlich aus der Bescheinigung der E-AG ergebe. Es handle sich um eine dauerhafte Leistung, die nicht auf die Zeit beschränkt sei, bis zu der der Kläger einen neuen Arbeitsplatz finde, wie es der soziale Anteil einer Abfindung, der den Verlust des konkreten Arbeitsplatzes abgelten solle, sein müsste. Auch die Höhe der monatlichen Bruttobezüge, die nur knapp unter den letzten Bruttogehalts des Klägers während des Beschäftigungsverhältnisses lägen, zeige, dass diese Zahlungen seinen Lebensunterhalt sichern sollten, zumal der Kläger neben diesen Einkünften keine weiteren laufenden Einnahmen erziele. Unabhängig davon sei in § 4 Nr. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nochmals ausdrücklich geregelt, dass Abfindungen und ähnliche Leistungen wegen einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beitragspflicht unterlägen. Die Abfindungszahlungen seien auch nicht nach § 5 Abs. 5 Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler teilweise von der Beitragspflicht auszunehmen. Denn diese Bestimmung knüpfe an die Grundregel über die Verbeitragung einmaliger Einnahmen in § 5 Abs. 3 Beitragverfahrens-grundsätze Selbstzahler an. Für regelmäßige monatlich gezahlte Einnahmen verbleibe es bei der Grundregel des § 4 Nr. 1 Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler, wonach sie vollständig zu verbeitragen seien. Die Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler seien wirksam. Sie seien zum einen ausreichend bestimmt, um auch die Abfindungszahlungen der Beitragspflicht zu unterwerfen. Zum anderen habe der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (entgegen der Auffassung des Sozialgerichts München im Urteil vom 2. März 2010 - S 19 KR 873/09 , in juris) sie wirksam erlassen können. Sie hätten in §§ 217e Abs. 2 und 217f Abs. 3 Satz 1 SGB V eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Auch wenn aus diesen gesetzlichen Regelungen nicht eindeutig hervorgehe, in welcher Rechtsform Entscheidungen des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen zu treffen seien, könnten sie nur als Satzung ergehen. Die Regelungen könnten so ausgelegt werden, dass der Vorstand des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen ohne Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde die Grundsätze der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V festlegen könne. Die Anwendung der Beitragverfahrensgrundsätze Selbstzahler verletze auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte. Die höhere Beitragsbelastung freiwillig Versicherter bei bereits vor der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen vereinbarter oder gezahlter Abfindungen stelle nur eine so genannte unechte Rückwirkung dar, die zulässig sei. Es sei die Einnahmebasis der gesetzlichen Krankenversicherung verbreitert worden, um die steigenden Kosten tragen zu können. Die Betroffenen seien nicht unzumutbar belastet. Denn die Beiträge würden in einem Prozentanteil des Einkommens erhoben und außerdem seien höhere Beiträge durch die Beitragsbemessungsgrenze sogar ganz ausgeschlossen. Einen Vertrauensschutz aus anderen Umständen könne der Kläger nicht herleiten. Die Satzung der Beklagten zu 1) habe unter dem jederzeitigen Vorbehalt einer formal gesetzlichen Änderung gestanden. Frühere Beitragsbescheide hätten nur bis zur Änderung der Sach- und Rechtslage gegolten und dann nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zukunft ohne Vertrauensschutz für den Betroffenen aufgehoben werden können. Den aus § 48 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 SGB X folgenden Vertrauensschutz des Klägers hätten die Beklagten sogar berücksichtigt, weil die maßgebliche Änderung der Rechtslage bereits zum 1. Januar 2009 eingetreten sei, sie aber die höheren Beiträge mit dem Bescheid vom 19. Juni 2009 erst für die Zukunft festgesetzt hätten. Die Höhe der Beiträge sei zutreffend berechnet.
Gegen das ihm am 5. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. November 2010 Berufung eingelegt. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen macht er geltend, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen habe keine Rechtsetzungskompetenz (Verweis auf Urteil des Sozialgerichts München vom 2. März 2010 - S 19 KR 873/09 -, in juris), so dass das frühere Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Februar 1990 (12 RK 20/88) weiterhin Bestand habe. Die Erhöhung der Beiträge sei ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot. Sein Recht auf Vertrauensschutz bestätige das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. September 2010 (S 3 KR 162/10 (Gegenstand des beim Senat anhängigen und am selben Tag verhandelten Berufungsverfahrens L 4 KR 5115/10)). Für einmalige Abfindungszahlungen anderer Großunternehmen seien Beiträge nicht erhoben worden, weshalb er schlechter gestellt sei als jene. Der Kläger hat auch die genannten Angaben zur Höhe des "Frühruhestandsgeld" gemacht.
Die Beklagten haben nach Klageerhebung die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung mit folgenden Bescheiden wie folgt festgesetzt: • Bescheid vom 8. April 2010 für die Zeit ab 1. April 2010 wegen Erhöhung der Zahlung auf EUR 3.311,58; monatliche Beiträge zur Krankenversicherung EUR 493,43 (14,9 v.H. aus EUR 3.311,58) und zur Pflegeversicherung auf EUR 64,58 (1,95 v.H. aus EUR 3.311,58), insgesamt EUR 558,01 • Bescheid vom 23. Juni 2010 für die Zeit ab 1. Juli 2010 in derselben Höhe. • Bescheid vom 20. Dezember 2010 für die Zeit ab 1. Januar 2011 wegen Änderung des allgemeinen Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 15,5 v.H; monatliche Beiträge zur Krankenversicherung EUR 513,29 und zur Pflegeversicherung EUR 64,58, insgesamt EUR 577,87. Die Beteiligten haben das SG über die vor dem Urteil des SG ergangenen Bescheide nicht unterrichtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 abzuändern, soweit die Beklagten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 161,44, ab 1. April 2010 von mehr als EUR 164,67, ab 1. Januar 2011 von mehr als EUR 170,75 und vom 1. März bis 31. Mai 2011 von mehr als EUR 176,55 festgesetzt haben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen der Bescheide vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 abzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreits sind der vom Kläger mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 sowie nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Bescheide vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010, über die der Senat auf Klage entscheidet. Die Bescheide vom 8. April und 23. Juni 2010 sind bereits Gegenstand des Klageverfahrens geworden, so dass über diese Bescheide an sich bereits das SG hätte entscheiden müssen. Dies ist in Unkenntnis von der Existenz der Bescheide unterblieben, weil sie dem SG von den Beteiligten entgegen der in § 96 Abs. 2 SGG vorgesehenen Verpflichtung nicht mitgeteilt worden sind. Für einen solchen Fall der unterbliebenen Entscheidung durch das SG ist durch die Rechtsprechung anerkannt, dass auch das Berufungsgericht über den gemäß § 96 Abs. 1 SGG erweiterten Streitgegenstand zu entscheiden hat (BSG, Urteil vom 17. November 2005 - B 11a/11 AL 57/04 R - ).
Zu entscheiden ist allein darüber, ob das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" in voller Höhe statt wie zuvor nur anteilig in Höhe von 30 v.H. des gezahlten Betrags als Einnahme der Beitragsberechnung zugrunde zu legen ist. Denn der Kläger beantragte in seiner Klageschrift vom 16. Februar 2010, den bisherigen beitragsfreien sozialen Anteil weiterhin zu berücksichtigen. Demgemäß war das Begehren des Klägers sachgerecht dahin auszulegen (§ 123 SGG), dass er die Aufhebung der genannten streitbefangenen Bescheid nur insoweit begehrt, als die Beklagten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 161,44, ab 1. April 2010 von mehr als EUR 164,67, ab 1. Januar 2011 von mehr als EUR 170,75 und vom 1. März bis 31. Mai 2011 von mehr als EUR 176,55 (zur Berechnung siehe unten 4.) festgesetzt haben. Die höhere Beitragsforderung ergibt sich allein dadurch, dass die Beklagten das bis 31. Mai 2011 gezahlte "Frühruhestandsgeld" in voller Höhe des gezahlten Betrags der Berechnung der Beiträge zugrunde gelegt haben.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, da der Kläger sich gegen die Festsetzung von Beiträgen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr wendet (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
III.
Die zulässige Berufung des Klägers und die Klage des Klägers wegen der Bescheide vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 sind begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 sowie vom 8. April, 23. Juni und 20. Dezember 2010 sind insoweit rechtswidrig, als die Beklagten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 161,44, ab 1. April 2010 von mehr als EUR 164,67, ab 1. Januar 2011 von mehr als EUR 170,75 und vom 1. März bis 31. Mai 2011 von mehr als EUR 176,55 festgesetzt haben.
1. Rechtsgrundlage für die Änderung der Beitragshöhe durch die genannten streitbefangenen Bescheide kann nur § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sein. Denn die Beklagten haben mit den genannten streitbefangenen Bescheiden den jeweils vorangegangenen Bescheid über Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zukunft abgeändert. In den genannten streitbefangenen Bescheiden ist jeweils ausgeführt, dass der Bescheid den bisherigen Beitragsbescheid mit Wirkung zu einem in dem jeweiligen Bescheid näher bezeichneten Datum ersetzt. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Beklagten den jeweils neuen Beitragsbescheid wegen Änderung der Verhältnisse nach Erlass des vorangegangenen Beitragsbescheids erlassen haben, nicht aber deshalb, weil der vorangegangene Beitragsbescheid im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden sollte. Deswegen scheidet § 45 SGB X als Rechtsgrundlage für die Änderung aus.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Ein Beitragsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, denn er erschöpft sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage, sondern begründet oder verändert inhaltlich ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 16. Februar 1984 - 1 RA 15/83 - und 7. Juli 2005 - B 3 P 8/04 R -). Wesentlich ist die Änderung, soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, Urteil vom 19. Februar 1986 - 7 RAr 55/84 -).
2. Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist zum 1. Juli 2009 (Zeitpunkt, zu welchem die Beklagten erstmals den vollen Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" bei der Berechnung der Beiträge berücksichtigt haben) nicht eingetreten. Eine solche wesentliche Änderung ist nicht durch die Änderung des § 240 SGB V durch das GKV-WSG erfolgt, weil nunmehr die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder wie den Kläger durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse durch Satzung geregelt wird.
2.1. Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V - durch das GKV-WSG nicht geändert - ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die ebenfalls zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), sind bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Unverändert gilt nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V weiterhin, dass freiwillig Versicherte einen kalendertäglichen Mindestbeitrag in Höhe des neunzigsten Teils der monatlichen Bezugsgröße zu zahlen haben.
Nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V wurde für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Die Satzung der Krankenkasse musste nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind.
Bis 31. Dezember 2008 überließ das Gesetz für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung, wie dies der Kläger im streitigen Zeitraum war, die Bestimmung der in der Krankenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen grundsätzlich den Satzungen der Krankenkassen, setzte dieser Satzungsautonomie jedoch durch die Definition eines prinzipiellen Bemessungsmaßstabs in § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V und die in § 240 Abs. 2 bis 5 SGB V enthaltenen inhaltlichen Vorgaben Grenzen. Die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen ab 1. Januar 2009 durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist lediglich ein Wechsel des für die Bestimmung Zuständigen. Es sollte u.a. ausgeschlossen werden, dass die Krankenkassen zukünftig weiterhin unterschiedliche Einstufungsgrundsätze praktizieren, weil mit der Einführung des Gesundheitsfonds derartige Unterschiede nicht mehr aufrecht erhalten werden konnten (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 164). Auch nach dem Wechsel der Zuständigkeit ist wie bisher unverändert die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds bei der Bemessung der Beiträge zu berücksichtigen (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 163). Eine inhaltliche Änderung des Maßstabes, nämlich dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten ohne Besserstellung gegenüber einem Pflichtversicherten zugrunde zu legen ist und damit welche Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind, ist deshalb mit den Änderungen durch das GKV-WSG nicht verbunden. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" hätten die Beklagten bei der Berechnung der freiwilligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zwar nicht als Arbeitsentgelt, auch nicht teilweise als Abfindung, die Arbeitsentgelt enthält, mit einem Arbeitsentgeltanteil, und auch nicht als Versorgungsbezug, jedoch als sonstige Einnahme in vollem Umfang bei der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seit Beginn der Zahlung berücksichtigen müssen, mithin auch schon vor der zum 1. Januar 2009 erfolgten Änderung(en) des § 240 SGB V. Dass eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nicht eingetreten ist, sondern nur eine geänderte Rechtsauffassung der Beklagten, zeigt der Verweis im Widerspruchsbescheid auf die Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund.
2.1.1. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten zu 1) in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gehörten zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten (Einnahmen zum Lebensunterhalt) bis zum kalendertäglichen Betrag der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung. Nach § 19 Abs. 9 der Satzung der Beklagten zu 1) in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung war bei freiwillig Versicherten, die nicht hauptberuflich selbstständig sind und keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen - was beim Kläger der Fall war -, folgende Rangfolge der Einnahmearten vorzunehmen: Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und sonstigen Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen, bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
Eine abweichende Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen enthalten die nunmehr geltenden Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind als beitragspflichtige Einnahmen u.a. auch das Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Ergänzend bestimmt § 4 Nr. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, dass den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 zuzurechnen sind auch Abfindungen, Entschädigungen oder ähnliche Leistungen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden.
2.1.1.1. Das gezahlte "Frühruhestandsgeld" war kein Arbeitsentgelt. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind hiernach (nur) Leistungen, die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses für Zeiten des Beschäftigungsverhältnisses geleistet werden. Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts in § 14 Abs. 1 SGB IV erfasst solche Einnahmen, die dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen. Das Erfordernis des ursächlichen Zusammenhangs umfasst dabei den zeitlichen mit, sodass ihrem Zweck nach allein auf den Zeitraum nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bezogene Leistungen nicht erfasst werden. Zwar gehören zum Arbeitsentgelt auch Einnahmen, die nicht unmittelbar aus der Beschäftigung, sondern nur "im Zusammenhang mit ihr" erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV), was besonders bei einmaligen Einnahmen wie einer Abfindung zutreffen kann. Auch solche Einnahmen müssen jedoch, um als Arbeitsentgelt aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beitragspflichtig zu sein, sich zeitlich dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung zuordnen lassen, d.h. auf die Zeit der Beschäftigung und der Versicherungspflicht entfallen. Das trifft etwa auf eine Abfindung, die wegen Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung gezahlt wird, grundsätzlich nicht zu. Soweit es sich bei ihr um eine echte Abfindung und nicht um eine Nachzahlung von während der Beschäftigung verdientem Entgelt handelt, soll die Abfindung den Arbeitnehmer dafür entschädigen, dass er seine bisherige Beschäftigung nicht fortsetzen kann, mithin gehindert ist, aus dieser Beschäftigung künftig Arbeitsentgelt zu erzielen. Eine solche Abfindung, die als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten - den Verlust des Arbeitsplatzes - gezahlt wird, ist zeitlich nicht der früheren Beschäftigung zuzuordnen; ihre Beitragspflicht kann nicht mehr auf die frühere, inzwischen weggefallene Versicherungspflicht gegründet werden (zum Ganzen BSG, Urteil vom 07. März 2007 - B 12 KR 4/06 R - m.w.N.). Danach ist das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld", auch wenn es eine Abfindung sein sollte (wie es in § 4 der Betriebsvereinbarung auch bezeichnet wurde), kein Arbeitsentgelt, das der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung zugrundegelegt werden kann. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" ist eine Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes und damit nicht dem Beschäftigungsverhältnis mit der E-AG zuzuordnen. Denn das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der E-AG endete mit der Versetzung in den Frühruhestand (§ 1 der Betriebsvereinbarung). Damit endete auch das Beschäftigungsverhältnis. Mit dem gezahlten "Frühruhestandsgeld" sollte kein rückständiges Arbeitsentgelt aus der Zeit des Beschäftigungsverhältnisses abgegolten werden. Es sollte vielmehr allein als Entschädigung dafür dienen, dass der Kläger nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses gehindert war, aus diesem Entgelt zu erzielen.
2.1.1.2. Das gezahlte "Frühruhestandsgeld" war auch kein Versorgungsbezug. Nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, 1. Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen; außer Betracht bleiben a) lediglich übergangsweise gewährte Bezüge, b) unfallbedingte Leistungen und Leistungen der Beschädigtenversorgung, c) bei einer Unfallversorgung ein Betrag von 20 vom Hundert des Zahlbetrags und d) bei einer erhöhten Unfallversorgung der Unterschiedsbetrag zum Zahlbetrag der Normalversorgung, mindestens 20 vom Hundert des Zahlbetrags der erhöhten Unfallversorgung, 2. Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister, 3. Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind, 4. Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte mit Ausnahme einer Übergangshilfe, 5. Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Auf die Definition der Versorgungsbezüge in § 229 SGB V nahm auch § 19 Abs. 1b Satz 1 der Satzung der Beklagten zu 1) Bezug. Das "Frühruhestandsgeld" erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Insbesondere ist es keine Rente der betrieblichen Altersversorgung, denn es liegt keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechnen hierzu alle Leistungen, mit denen ein Versorgungszweck verfolgt wird, wenn der Versorgungsanspruch durch ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst wird und diese Leistung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses zugesagt wird (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 3 AZR 641/88 -). Diese Definition kann für die Beitragspflicht zur Krankenversicherung übernommen werden (BSG, Urteil vom 26. März 1996 - 12 RK 44/94 ). Wegen der zeitlich begrenzten Zahlung bis zum Beginn einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung diente es insbesondere nicht zur Altersversorgung des Klägers. Das "Frühruhestandsgeld" diente dazu, den Zeitraum bis zum Bezug einer Altersrente zu überbrücken. Nach § 7 Nr. 1 der Betriebsvereinbarung besteht die Pflicht, sich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen, und damit die - wenn auch geringe - Chance auf eine neue Beschäftigung zu wahren und aufrechtzuerhalten sowie weiter auch die Pflicht, zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen, mithin Altersrente mit Abschlag in Anspruch zu nehmen.
Wenn das gezahlte "Frühruhestandsgeld" eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung wäre - wovon die Beklagten im Widerspruchsbescheid ausgegangen sind -, hätte das "Frühruhestandsgeld" im Übrigen von Beginn der Zahlung mit dem vollen Zahlbetrag und nicht anteilig bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt werden müssen.
2.1.1.3. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" ist jedoch als sonstige Einnahme anzusehen. Denn es bestimmt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers, weil es dazu dienen soll, den Lebensunterhalt des Klägers zwischen dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses und dem Beginn einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Dies ergibt sich schon aus der Höhe des gezahlten "Frühruhestandsgelds", die an die Höhe der zuletzt gezahlten Vergütungen anknüpft (vgl. § 4 der Betriebsvereinbarung). Zudem werden die Lohnersatzleistungen Arbeitslosengeld und Krankengeld auf das "Frühruhestandsgeld" angerechnet.
Die Satzungsregelung und die Regelung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler hinsichtlich sonstiger Einnahmen ist in Bezug auf das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" deshalb auch nicht zu unbestimmt (zu generalklauselartigen Satzungsregelungen vgl. BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 1). Weil das gezahlte "Frühruhestandsgeld" zum Bestreiten des Lebensunterhalts bestimmt ist, wäre es jedenfalls bei einem Versicherungspflichtigen beitragspflichtig. Wäre die Satzungsregelung und die Regelung der Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler betreffend die sonstigen Einnahmen zu unbestimmt, hätte dies zur Folge, dass das "Frühruhestandsgeld" überhaupt nicht bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt werden könnte.
2.1.2 Da eine wesentliche Änderung der (rechtlichen) Verhältnisse bezüglich der Frage, ob das gezahlte "Frühruhestandsgeld" nur anteilig oder - richtigerweise - vollständig der Bemessung der Beiträge zugrunde zu legen ist, nicht vorliegt, kommt es auf die Frage, ob die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler wirksam erlassen worden sind, nicht an. Im Übrigen ist bereits durch die gesetzliche Regelung des § 240 SGB V weitgehend vorgegeben, welche Einnahmen bei der Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter zu berücksichtigen sind, und deshalb in der Vergangenheit der Krankenkasse als Satzungsgeber und nunmehr der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nur wenig Spielraum blieben oder bleiben, um die beitragspflichtigen Einnahmen zu bestimmen.
2.1.3. Für den Zeitraum vom 28. Februar bis 31. Mai 2011, in welchem der Kläger als Rentenantragsteller versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 1) in der Krankenversicherung der Rentner war, richtete sich die Erhebung der Beiträge in entsprechender Anwendung des § 240 SGB V (§ 239 SGB V).
2.2. Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung Hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gilt dasselbe. Denn nach § 57 Abs. 4 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gelten die für die Krankenversicherung genannten Vorschriften auch für die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung.
3. Um den gesamten Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeldes" der Berechnung der Beiträge ab 1. Juli 2009 zugrunde zu legen, hätten die Beklagten den letzten Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2008 nach § 45 SGB X aufheben müssen. Unabhängig davon, dass dies - wie oben ausgeführt - nicht erfolgt ist, kann eine Umdeutung nicht erfolgen und es liegen auch die Voraussetzungen hierfür nicht vor.
3.1. Eine Umdeutung des Bescheids vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2010 dahin, dass er den vorangegangenen Bescheid vom 19. Dezember 2008 nach § 45 SGB X aufhebt, ist schon nicht möglich. Nach § 43 Abs. 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nach § 43 Abs. 3 SGB X nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden. Die Entscheidung, einen Verwaltungsakt wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufzuheben, ist eine gebundene Entscheidung. Demgegenüber erfordert eine Aufhebung nach § 45 SGB X auch für die Zukunft - außer im hier nicht vorliegenden Fall betrügerischer Leistungserschleichung (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 16/92 und 5. November 1997 - 9 RV 20/96 -) - die Ausübung und Anwendung von Ermessen.
3.2. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Satz 2). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Satz 3). Die Voraussetzungen des Satz 3 sind nicht gegeben. Dies behaupten die Beklagten auch nicht. Auch dürfte das Vertrauen des Klägers schutzwürdig sein. Dies muss aber nicht abschließend entschieden werden. Denn auch wenn das Vertrauen des Klägers schutzwürdig wäre, wäre die Aufhebung nach § 45 SGB X rechtswidrig, weil die Beklagten das für eine solche Entscheidung erforderlichen Ermessen nicht ausgeübt haben. Da sie sich gar nicht bewusst waren, eine Entscheidung nach § 45 SGB X treffen zu müssen, liegt schon keine Ermessensausübung vor.
4. Da eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist, kann der Bemessung der Beiträge des Klägers auch in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Mai 2011 wie zuvor nur der anteilige Betrag des "Frühruhestandsgelds" in Höhe von 30 v.H zugrundegelegt werden. Dies ergibt unter Berücksichtigung der vom Kläger angegebenen Zahlbeträge und der jeweils geltenden Beitragssätze (in der Krankenversicherung der ermäßigte Beitragssatz) folgende Beiträge:
ab 1. Juli 2009: Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" EUR 3.311,58 x 30 v.H. = EUR 993,47 Beitrag zur Krankenversicherung: EUR 993,47 x 14,3 v.H. = EUR 142,07 Beitrag zur Pflegeversicherung: EUR 993,47 x 1,95 v.H. = EUR 19,37 zusammen EUR 161,44
ab 1. April 2010 Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" EUR 3.377,81 x 30 v.H. = EUR 1.013,34 Beitrag zur Krankenversicherung: EUR 1.013,34 x 14,3 v.H. = EUR 144,91 Beitrag zur Pflegeversicherung: EUR 1.013,34 x 1,95 v.H. = EUR 19,76 zusammen EUR 164,67
ab 1. Januar 2011 Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" EUR 3.377,81 x 30 v.H. = EUR 1.013,34 Beitrag zur Krankenversicherung: EUR 1.013,34 x 14,9 v.H. = EUR 150,99 Beitrag zur Pflegeversicherung: EUR 1.013,34 x 1,95 v.H. = EUR 19,76 zusammen EUR 170,75
vom 1. März bis 31. Mai 2011 Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" EUR 3.492,66 x 30 v.H. = EUR 1.047,80 Beitrag zur Krankenversicherung: EUR 1.047,80 x 14,9 v.H. = EUR 156,12 Beitrag zur Pflegeversicherung: EUR 1.047,80 x 1,95 v.H. = EUR 20,43 zusammen EUR 176,55
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Auf die grundsätzliche Frage der Wirksamkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler kommt es nicht an.
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