Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 162/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 5115/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das ""Frühruhestandsgeld"", das ein Energieversorgungsunternehmen ausgeschiedenen Mitarbeitern, die freiwillig versicherte Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung sind, zahlt, unterliegt als sonstige Einnahme in voller Höhe der Beitragspflicht.
Eine wesentliche Änderung ist nicht durch die Änderung des § 240 SGB V durch das GKV-WSG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eingetreten, weil nunmehr die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse durch Satzung geregelt wird, weshalb die zunächst nur teilweise Berücksichtigung des ""Frühruhestandsgelds"" als Abfindung bei der Festsetzung der Beiträge nicht geändert werden kann.
Eine wesentliche Änderung ist nicht durch die Änderung des § 240 SGB V durch das GKV-WSG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 eingetreten, weil nunmehr die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse durch Satzung geregelt wird, weshalb die zunächst nur teilweise Berücksichtigung des ""Frühruhestandsgelds"" als Abfindung bei der Festsetzung der Beiträge nicht geändert werden kann.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. September 2010 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2010 werden aufgehoben, soweit die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 120,12 und vom 1. Januar bis 31. August 2010 von mehr als EUR 121,79 festgesetzt hat.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligen ist im Berufungsverfahren noch die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. August 2010 streitig.
Der am 1950 geborene Kläger war 20 Jahre und neun Monate bei einem Energieversorgungsunternehmen (im Folgenden E-AG) beschäftigt. Zum 1. Januar 2006 versetzte ihn die E-AG in den "Frühruhestand" und zahlte ihm vom 1. Januar 2006 bis 31. August 2010 ein "Frühruhestandsgeld". Seit 1. September 2010 bezieht der Kläger eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Für den "Frühruhestand" und die Berechnung des "Frühruhestandsgelds" fand die Betriebsvereinbarung der Neckarwerke Stuttgart AG (NWS), einer Rechtsvorgängerin der E-AG, Anwendung. Nach § 2 Nr. 1 Satz 2 dieser Betriebsvereinbarung endet mit der Versetzung in den "Frühruhestand" das Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Nr. 1 dieser Betriebsvereinbarung ist der Frühpensionär u.a. verpflichtet, sich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen sowie auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen. § 4 dieser Betriebsvereinbarung bestimmt für das "Frühruhestandsgeld":
§ 4 Frühruhestandsgeld
Der Frühpensionär erhält während des Frühruhestandes eine Abfindung als Frühruhestandsgeld nach folgenden Bestimmungen:
1. Die Höhe des Vorruhestandsgeldes umfasst - 70 % des 1,1 fachen der beim Ausscheiden erreichten Tabellenvergütung; - 70 % der beim Ausscheiden des Mitarbeiters gültigen tariflichen Familienzulagen; - 70 % der Schichtzulage im Durchschnitt der letzten 12 Monate, wenn der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 10 Jahre ununterbrochen im Schichtdienst gearbeitet hat; - 70 % von 1/12 des beim Ausscheiden gültigen tariflichen Urlaubsgeldes; - 70 % der vor dem Ausscheiden gezahlten Leistungs- und Umstellungszulage. 2. Auf das Frühruhestandsgeld wird angerechnet der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes (§ 122 AFG oder des Krankengeldes (§§ 155, 158 AFG i. V. m. §§ 44 ff. SGB V). 3. Einkünfte aus Nebentätigkeiten im Rahmen des § 115 AFG werden nicht auf das Frühruhestandsgeld angerechnet; solche Einkünfte mindern im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Höhe des Arbeitslosengeldes; die NWS gleicht diese Minderung nicht aus. 4. Die NWS teilt dem Frühpensionär den Betrag des Frühruhestandsgeldes durch schriftlichen Bescheid mit. 5. Die Abfindung wird in monatlichen Beträgen gezahlt und hinsichtlich Fälligkeit und Zahlungsweise behandelt wie die Monatsvergütung der aktiven Mitarbeiter. 6. Das Frühruhestandsgeld erhöht sich bei allgemeinen Tariferhöhungen entsprechend dem Prozentsatz, um den sich die monatliche Tabellenvergütung in der Anfangsstufe der Vergütungsgruppe 4 erhöht. Stufenvorrückungen finden während des Frühruhestandes nicht statt.
Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" betrug nach den von ihm vorgelegten (Entgelt)Bescheinigungen der E-AG brutto ab 1. Januar 2006 EUR 2.378,90, ab 1. April 2006 EUR 2.547,94, ab 1. März 2007 EUR 2.593,80, ab 1. April 2008 EUR 2.706,63, ab 1. Mai 2009 EUR 2.804,07 und ab 1. April 2010 EUR 2.860,15. In den dem Kläger erteilten Bescheinigungen vom 3. Januar 2006 und 30. August 2007 bezifferte die E-AG die Gesamtabfindung mit einer Laufzeit von 56 Monaten auf EUR 117.807,00, davon EUR 11.000,00 steuerfrei.
Der Kläger war bis 22. Dezember 2007 versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse, zuletzt wegen des Bezugs von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Seit 23. Dezember 2007 war er in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwilliges Mitglied der Beklagten und in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichertes Mitglied der bei der Beklagten errichteten Pflegekasse. Seit 19. Mai 2010 ist er versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten und der bei der Beklagten errichteten Pflegekasse in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentner, zunächst bis 31. August 2010 als Rentenantragsteller und seit 1. September 2010 wegen des Bezugs einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zuletzt vor dem streitigen Zeitraum setzten die Beklagte und die bei ihr errichtete Pflegekasse mit gemeinsamem Bescheid vom 19. Dezember 2008 ab 1. Januar 2009 die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf EUR 125,16 und zur Pflegeversicherung auf EUR 16,38, insgesamt EUR 141,54 fest. Der Berechnung der Beiträge legten sie ihren Angaben nach die Beitragssätze von 14,9 v.H. zur Krankenversicherung und von 1,95 v.H. zur Pflegeversicherung sowie als Einkommen einen Arbeitsentgeltanteil von 25 v.H. des gezahlten "Frühruhestandsgelds". Den restlichen gezahlten Betrag sahen sie als sozialen Anteil einer Abfindung an. Da der Arbeitsentgeltanteil unter dem Mindestbetrag des 90. Teils der monatlichen Bezugsgröße (2009: EUR 840,00) lag, erfolgte die Festsetzung der Mindestbeiträge.
Der Kläger gab in einem Einkommensfragebogen unter dem 27. April 2009 seine (jährlichen) Einkünfte aus "Lohn/Gehalt/Dienstbezüge (brutto) aus unselbstständiger Beschäftigung" mit EUR 33.054,06 (= monatlich EUR 2.754,51) an, und legte die genannte Bescheinigung der E-AG vom 30. August 2007 vor. Die Beklagte und die bei ihr errichtete Pflegekasse setzten zum 1. Juli 2009 mit gemeinsamem Bescheid vom 19. Juni 2009, der den bisherigen Beitragsbescheid zum 1. Juli 2009 ersetzte und der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf EUR 410,42 (14,9 v.H. aus EUR 2.754,51) und zur Pflegeversicherung auf EUR 53,71 (1,95 v.H. aus EUR 2.754,51), insgesamt EUR 464,13 fest. Nachdem der Kläger behauptet hatte, diesen Bescheid nicht erhalten zu haben, übersandte ihm die Beklagte am 1. September 2009 eine Kopie und informierte ihn mit Schreiben vom selben Tag, dass wegen der mit dem durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) zum 1. Januar 2009 auf den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übertragenen Regelungsbefugnis zur Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter sich eine Änderung bei der Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ergeben werde. Die bisherige Beitragsberechnung sei nicht zulässig. Zahlung von Unternehmen der Energieversorgung seien als vorgezogene betriebliche Altersversorgung anzusehen und somit als Versorgungsbezüge zu betrachten, weshalb beitragspflichtig die monatliche Abfindungszahlung auch mit dem sozialen Anteil sei. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten auch im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2010). Bei der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Kranken- und Pflegeversicherung am 15./16. April 2009 seien die Teilnehmer einheitlich zu der Auffassung gelangt, dass die Abfindungszahlung oder Frühpension, speziell von Unternehmen der Energieversorgung, als vorgezogene betriebliche Altersvorsorge anzusehen seien und somit als Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der Beitragspflicht unterlägen. Nach dieser Klarstellung der gesetzlichen Regelung unterlägen diese in voller Höhe der Beitragspflicht. Einen beitragsfreien sozialen Anteil gebe es nicht mehr. Bestandsfälle aus der Zeit vor dem 1. Januar 2009, die seither mit einer geringeren Bemessungsgrundlage eingestuft worden seien, würden mit der Neueinstufung zum 1. Juli 2009 umgestellt. Nach § 7 Abs. 6 der (vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelten) Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) würden der Bemessung nacheinander zugrundegelegt u.a. der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge (Nr. 3). Da der Versorgungsbezug des Klägers unter der Beitragsbemessungsgrenze liege, unterliege er in voller Höhe der Beitragspflicht. Weitere beitragspflichtige Einnahmen lägen nicht vor.
Der Kläger erhob am 14. Januar 2010 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) und begehrte, den bisherigen beitragsfreien sozialen Anteils weiterhin zu berücksichtigen. Er sah in der geänderten Berechnung der Beiträge einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne des Vertrauensschutzes. Bei der Zahlung der E-AG habe es sich um eine finanzielle Abfindung aufgrund der Aufhebung des Arbeitsvertrages gehandelt, die zur sozialen Absicherung bis zum Rentenbezug mit Vollendung des 60. Lebensjahres in monatlichen Raten ausbezahlt werde. Diese monatlichen Abfindungszahlungen seien kein beitragspflichtiges Entgelt, sondern eine Entschädigung für den Wegfall des Arbeitsplatzes. Dass in der Vergangenheit im Regelfall nur 25 v.H. der monatlichen Zahlungen oder ein Mindestbetrag für die Beitragsbemessung herangezogen worden seien, sei für ihn eine wesentliche Voraussetzung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben gewesen, weil hierdurch seine finanziellen Einbußen noch annehmbar gewesen seien. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei eine Änderung der Beitragsberechnung nur für Empfänger von Abfindungen sachgerecht, deren Verträge nach der geänderten Rechtsauslegung geschlossen worden seien.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid entgegen und legte einen Auszug ihrer Satzung (Stand 1. Oktober 2007) vor. Hinsichtlich der (rechtlichen) Beurteilung von Entlassungsentschädigungen sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Beurteilung der rechtlichen Grundlagen durch die Spitzenverbände sei eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Auch der zum 1. Januar 2009 geänderte § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in Verbindung mit den Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler habe "Normcharakter" und es handle sich nicht lediglich um eine andere Beurteilung der Rechtslage durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, sondern um eine Änderung des materiellen Rechts. Unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse sei das Vertrauen des Klägers auf den Bestand des Bescheides nicht schutzwürdig.
Das SG, das allein die beklagte Krankenkasse als Beklagte führte, hob mit Urteil vom 28. September 2010 den Bescheid vom 19. Juli (richtig Juni) 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 auf. Hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung fehle es an einem formell rechtmäßigen Ersetzungsbescheid, weil die Beklagte für die von ihr im Bescheid vom 19. Juli (richtig Juni) 2009 vorgenommene Ersetzung des bisherigen Bescheids hinsichtlich des Beitrags zur Pflegeversicherung nicht zuständig sei. Hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung könne die Beklagte eine Aufhebung (des zuvor ergangenen Beitragsbescheide) nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), sondern allenfalls auf § 45 Abs. 1 SGB X stützen. Durch die Neufassung des § 240 Abs. 1 SGB V zum 1. Januar 2009 komme allenfalls eine rechtliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Bei einem Vergleich der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler und der Satzung der Beklagten sei ersichtlich, dass sich die rechtliche Wertung für Versorgungsbezüge, dass diese als Einnahmen bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen seien, gerade nicht geändert habe. Geändert habe sich lediglich die Zuständigkeit sowie die Einschätzung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund, wie Abfindungszahlungen von Unternehmen der Energieversorgung künftig behandelt werden sollten. Dies komme keiner geänderten Gesetzeslage gleich. Auf dieser Grundlage hätte die Beklagte allenfalls eine Aufhebung des bisherigen Beitragsbescheides nach § 45 Abs. 1 SGB X für die Zukunft in Betracht ziehen dürfen. Bei § 48 SGB X handle es sich um eine gebundene Anspruchsnorm, bei § 45 SGB X dem Grunde nach um eine Ermessensentscheidung. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass der Bescheid (vom 19. Juni 2009) bereits deshalb aufzuheben sei, da er sich auf eine unzulässige Anspruchsgrundlage stütze. Im Übrigen lägen auch die weiteren Voraussetzungen von § 45 Abs. 2 SGB X nicht vor, so dass die Beklagte einen Verwaltungsakt auch nicht für die Zukunft habe zurücknehmen dürfen. Das Vertrauen des Klägers sei als schutzwürdig zu erachten, da dieser durch den Abschluss des Vertrages mit seinem ehemaligen Arbeitgeber eine Vermögensdisposition getroffen habe, welche dieser nicht mehr rückgängig machen könne.
Gegen das ihr am 5. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 3. November 2010 Berufung eingelegt. Der Bescheid vom 19. Juni 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2009 seien sowohl in ihrem (der Beklagten) Namen als auch im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse ergangen. Nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler seien als beitragspflichtige Einnahmen u.a. Arbeitsentgelt, Rente, Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden könnten, zugrundezulegen. Es sei nicht entscheidend, ob es sich bei den Zahlungen der E-AG um Versorgungsbezüge handle. Jedenfalls seien die Zahlungen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts vom Zeitpunkt des Ausscheidens bis zum Renteneintritt gezahlt würden, als Einnahmen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden könnten, der Beitragspflicht zu unterwerfen. Die Anwendung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ab dem 1. Juli 2009 verletze keine Vertrauensschutzgesichtspunkte. Die gesetzlichen Änderungen zum 1. Januar 2009, die zu einer höheren Beitragsbelastung freiwillig Versicherter geführt haben könnten, stellten selbst dann, wenn die Abfindung zuvor vereinbart oder gezahlt worden sei, nur eine so genannte unechte Rückwirkung eines Gesetzes dar. Diese sei in der Regel zulässig und sei hier nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Einen Vertrauensschutz aus anderen Umständen könne der Kläger ebenfalls nicht herleiten. Frühere Beitragsbescheide für die Zeit vor dem 1. Juli 2009 hätten immer nur bis zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage gegolten und hätte daher nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Zukunft aufgehoben werden können, ohne dass dem irgendein Vertrauen des Betroffenen entgegengestanden hätte. Zudem habe sie einen Vertrauensschutz des Klägers berücksichtigt, weil sie die höheren Beiträge erst zum 1. Juli 2009 statt zum Eintritt der wesentlichen Änderung am 1. Januar 2009 festgesetzt habe.
Die Beteiligten haben in einem Verfahrensvergleich den Rechtsstreit auf die Beiträge zur Krankenversicherung beschränkt. Die Beklagte hat sich im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse bereit erklärt, dass die Pflegekasse die Beiträge zur Pflegeversicherung nach rechtskräftigem Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits bei einem ganzen oder teilweisen Obsiegen des Klägers entsprechend dem Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits neu berechnet.
Die Beklagte hat nach Klageerhebung mit Bescheid vom 19. Juli 2010 für die Zeit ab 1. Juli 2010 unter Aufhebung der vorangegangenen Bescheide vom 23. Juni und 6. Juli 2010 die monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auf EUR 436,43 festgesetzt. Die Beteiligten haben das SG über diesen Bescheid nicht unterrichtet.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. September 2010 aufzuheben und die Klage auch wegen des Bescheids vom 19. Juli 2010, soweit er Beiträge zur Krankenversicherung festsetzt, abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid vom 19. Juli 2010 abzuändern, soweit die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 120,12 und vom 1. Januar bis 31. August 2010 von mehr als EUR 121,79 festgesetzt hat.
Das SG habe in seinem Urteil zu Recht den ihm zustehenden Vertrauensschutz bestätigt. Die Erhöhung der Beiträge sei ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot. Auch habe der Spitzenverband Bund der Krankenkassen keine Rechtsetzungskompetenz (Verweis auf Urteil des Sozialgerichts München vom 2. März 2010 - S 19 KR 873/09 -, in juris), so dass das frühere Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Februar 1990 (12 RK 20/88) weiterhin Bestand habe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreits sind der vom Kläger mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2009 sowie nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Bescheid vom 19. Juli 2010, über den der Senat auf Klage entscheidet. Der Bescheid vom 19. Juli 2010 ist bereits Gegenstand des Klageverfahrens geworden, so dass über ihn an sich bereits das SG hätte entscheiden müssen. Dies ist in Unkenntnis von der Existenz des Bescheids unterblieben, weil er dem SG von den Beteiligten entgegen der in § 96 Abs. 2 SGG vorgesehenen Verpflichtung nicht mitgeteilt worden ist. Für einen solchen Fall der unterbliebenen Entscheidung durch das SG ist durch die Rechtsprechung anerkannt, dass auch das Berufungsgericht über den gemäß § 96 Abs. 1 SGG erweiterten Streitgegenstand zu entscheiden hat (BSG, Urteil vom 17. November 2005 - B 11a/11 AL 57/04 R - ).
Zu entscheiden ist wegen des von den beteiligten geschlossenen Verfahrensvergleichs zum einen nur über die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zum anderen allein darüber, ob das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" in voller Höhe statt wie zuvor nur anteilig in Höhe von 25 v.H. des gezahlten Betrags als Einnahme der Beitragsberechnung zugrunde zu legen ist. Denn der Kläger beantragte in seiner Klageschrift vom 12. Januar 2010, den bisherigen beitragsfreien sozialen Anteil weiterhin zu berücksichtigen. Demgemäß war das Begehren des Klägers sachgerecht dahin auszulegen (§ 123 SGG), dass er die Aufhebung der genannten streitbefangenen Bescheid nur insoweit begehrt, als die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 120,12 und vom 1. Januar bis 31. August 2010 von mehr als EUR 121,79 (zur Berechnung siehe unten 4.) festgesetzt hat. Die höhere Beitragsforderung ergibt sich allein dadurch, dass die Beklagte das bis 31. August 2010 gezahlte "Frühruhestandsgeld" in voller Höhe des gezahlten Betrags der Berechnung der Beiträge zugrunde gelegt hat.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, da der Kläger sich gegen die Festsetzung von Beiträgen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr wendet (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
III.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist insoweit begründet, als das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 in vollem Umfang und nicht nur teilweise, nämlich soweit die Beklagte mehr als den Mindestbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt hat, aufgehoben hat (1.). Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten nicht begründet und die Klage des Klägers wegen des Bescheids vom 19. Juli 2010 begründet (2.).
1. Soweit das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 in vollem Umfang aufgehoben hat, ist es über den Antrag des Klägers hinausgegangen. Wie oben unter I. ausgeführt hat der Kläger nicht die volle Aufhebung dieses Bescheides begehrt, sondern nur die teilweise Aufhebung.
2. Rechtsgrundlage für die Änderung der Beitragshöhe durch die genannten streitbefangenen Bescheide kann nur § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sein. Denn die Beklagte hat mit den genannten streitbefangenen Bescheiden den jeweils vorangegangenen Bescheid über Beiträge zur Krankenversicherung für die Zukunft abgeändert. In den genannten streitbefangenen Bescheiden ist jeweils ausgeführt, dass der Bescheid den bisherigen Beitragsbescheid mit Wirkung zu einem in dem jeweiligen Bescheid näher bezeichneten Datum ersetzt. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Beklagte den jeweils neuen Beitragsbescheid wegen Änderung der Verhältnisse nach Erlass des vorangegangenen Beitragsbescheids erlassen hat, nicht aber deshalb, weil der vorangegangene Beitragsbescheid im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden sollte. Deswegen scheidet § 45 SGB X als Rechtsgrundlage für die Änderung aus.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Ein Beitragsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, denn er erschöpft sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage, sondern begründet oder verändert inhaltlich ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 16. Februar 1984 - 1 RA 15/83 - und 7. Juli 2005 - B 3 P 8/04 R -). Wesentlich ist die Änderung, soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, Urteil vom 19. Februar 1986 - 7 RAr 55/84 -).
Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist zum 1. Juli 2009 (Zeitpunkt, zu welchem die Beklagte erstmals den vollen Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" bei der Berechnung der Beiträge berücksichtigt hat) nicht eingetreten. Eine solche wesentliche Änderung ist nicht durch die Änderung des § 240 SGB V durch das GKV-WSG erfolgt, weil nunmehr die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder wie den Kläger durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse durch Satzung geregelt wird.
2.1. Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V - durch das GKV-WSG nicht geändert - ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die ebenfalls zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), sind bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Unverändert gilt nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V weiterhin, dass freiwillig Versicherte einen kalendertäglichen Mindestbeitrag in Höhe des neunzigsten Teils der monatlichen Bezugsgröße zu zahlen haben.
Nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V wurde für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Die Satzung der Krankenkasse musste nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind.
Bis 31. Dezember 2008 überließ das Gesetz für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung, wie dies der Kläger im streitigen Zeitraum war, die Bestimmung der in der Krankenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen grundsätzlich den Satzungen der Krankenkassen, setzte dieser Satzungsautonomie jedoch durch die Definition eines prinzipiellen Bemessungsmaßstabs in § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V und die in § 240 Abs. 2 bis 5 SGB V enthaltenen inhaltlichen Vorgaben Grenzen. Die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen ab 1. Januar 2009 durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist lediglich ein Wechsel des für die Bestimmung Zuständigen. Es sollte u.a. ausgeschlossen werden, dass die Krankenkassen zukünftig weiterhin unterschiedliche Einstufungsgrundsätze praktizieren, weil mit der Einführung des Gesundheitsfonds derartige Unterschiede nicht mehr aufrecht erhalten werden konnten (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 164). Auch nach dem Wechsel der Zuständigkeit ist wie bisher unverändert die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds bei der Bemessung der Beiträge zu berücksichtigen (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 163). Eine inhaltliche Änderung des Maßstabes, nämlich dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten ohne Besserstellung gegenüber einem Pflichtversicherten zugrunde zu legen ist und damit welche Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind, ist deshalb mit den Änderungen durch das GKV-WSG nicht verbunden. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" hätte die Beklagte bei der Berechnung der freiwilligen Beiträge zur Krankenversicherung zwar nicht als Arbeitsentgelt, auch nicht teilweise als Abfindung, die Arbeitsentgelt enthält, mit einem Arbeitsentgeltanteil, und auch nicht als Versorgungsbezug, jedoch als sonstige Einnahme in vollem Umfang bei der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung seit Beginn der Zahlung berücksichtigen müssen, mithin auch schon vor der zum 1. Januar 2009 erfolgten Änderung(en) des § 240 SGB V. Dass eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nicht eingetreten ist, sondern nur eine geänderte Rechtsauffassung der Beklagten, zeigt der Verweis im Widerspruchsbescheid auf die Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund.
2.1.1. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gehörten zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten (Einnahmen zum Lebensunterhalt) bis zum kalendertäglichen Betrag der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung. Nach § 19 Abs. 9 der Satzung der Beklagten in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung war bei freiwillig Versicherten, die nicht hauptberuflich selbstständig sind und keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen - was beim Kläger der Fall war -, folgende Rangfolge der Einnahmearten vorzunehmen: Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und sonstigen Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen, bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
Eine abweichende Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen enthalten die nunmehr geltenden Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind als beitragspflichtige Einnahmen u.a. auch das Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Ergänzend bestimmt § 4 Nr. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, dass den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 zuzurechnen sind auch Abfindungen, Entschädigungen oder ähnliche Leistungen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden.
2.1.1.1. Das gezahlte "Frühruhestandsgeld" war kein Arbeitsentgelt. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind hiernach (nur) Leistungen, die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses für Zeiten des Beschäftigungsverhältnisses geleistet werden. Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts in § 14 Abs. 1 SGB IV erfasst solche Einnahmen, die dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen. Das Erfordernis des ursächlichen Zusammenhangs umfasst dabei den zeitlichen mit, sodass ihrem Zweck nach allein auf den Zeitraum nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bezogene Leistungen nicht erfasst werden. Zwar gehören zum Arbeitsentgelt auch Einnahmen, die nicht unmittelbar aus der Beschäftigung, sondern nur "im Zusammenhang mit ihr" erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV), was besonders bei einmaligen Einnahmen wie einer Abfindung zutreffen kann. Auch solche Einnahmen müssen jedoch, um als Arbeitsentgelt aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beitragspflichtig zu sein, sich zeitlich dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung zuordnen lassen, d.h. auf die Zeit der Beschäftigung und der Versicherungspflicht entfallen. Das trifft etwa auf eine Abfindung, die wegen Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung gezahlt wird, grundsätzlich nicht zu. Soweit es sich bei ihr um eine echte Abfindung und nicht um eine Nachzahlung von während der Beschäftigung verdientem Entgelt handelt, soll die Abfindung den Arbeitnehmer dafür entschädigen, dass er seine bisherige Beschäftigung nicht fortsetzen kann, mithin gehindert ist, aus dieser Beschäftigung künftig Arbeitsentgelt zu erzielen. Eine solche Abfindung, die als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten - den Verlust des Arbeitsplatzes - gezahlt wird, ist zeitlich nicht der früheren Beschäftigung zuzuordnen; ihre Beitragspflicht kann nicht mehr auf die frühere, inzwischen weggefallene Versicherungspflicht gegründet werden (zum Ganzen BSG, Urteil vom 07. März 2007 - B 12 KR 4/06 R - m.w.N.). Danach ist das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld", auch wenn es eine Abfindung sein sollte (wie es in § 4 der Betriebsvereinbarung auch bezeichnet wurde), kein Arbeitsentgelt, das der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung zugrundegelegt werden kann. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" ist eine Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes und damit nicht dem Beschäftigungsverhältnis mit der E-AG zuzuordnen. Denn das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der E-AG endete mit der Versetzung in den Frühruhestand (§ 1 der Betriebsvereinbarung). Damit endete auch das Beschäftigungsverhältnis. Mit dem gezahlten "Frühruhestandsgeld" sollte kein rückständiges Arbeitsentgelt aus der Zeit des Beschäftigungsverhältnisses abgegolten werden. Es sollte vielmehr allein als Entschädigung dafür dienen, dass der Kläger nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses gehindert war, aus diesem Entgelt zu erzielen.
2.1.1.2. Das gezahlte "Frühruhestandsgeld" war auch kein Versorgungsbezug. Nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, 1. Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen; außer Betracht bleiben a) lediglich übergangsweise gewährte Bezüge, b) unfallbedingte Leistungen und Leistungen der Beschädigtenversorgung, c) bei einer Unfallversorgung ein Betrag von 20 vom Hundert des Zahlbetrags und d) bei einer erhöhten Unfallversorgung der Unterschiedsbetrag zum Zahlbetrag der Normalversorgung, mindestens 20 vom Hundert des Zahlbetrags der erhöhten Unfallversorgung, 2. Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister, 3. Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind, 4. Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte mit Ausnahme einer Übergangshilfe, 5. Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Auf die Definition der Versorgungsbezüge in § 229 SGB V nahm auch § 19 Abs. 1b Satz 1 der Satzung der Beklagten Bezug. Das "Frühruhestandsgeld" erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Insbesondere ist es keine Rente der betrieblichen Altersversorgung, denn es liegt keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechnen hierzu alle Leistungen, mit denen ein Versorgungszweck verfolgt wird, wenn der Versorgungsanspruch durch ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst wird und diese Leistung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses zugesagt wird (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 3 AZR 641/88 -). Diese Definition kann für die Beitragspflicht zur Krankenversicherung übernommen werden (BSG, Urteil vom 26. März 1996 - 12 RK 44/94 ). Wegen der zeitlich begrenzten Zahlung bis zum Beginn einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung diente es insbesondere nicht zur Altersversorgung des Klägers. Das "Frühruhestandsgeld" diente dazu, den Zeitraum bis zum Bezug einer Altersrente zu überbrücken. Nach § 7 Nr. 1 der Betriebsvereinbarung besteht die Pflicht, sich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen, und damit die - wenn auch geringe - Chance auf eine neue Beschäftigung zu wahren und aufrechtzuerhalten sowie weiter auch die Pflicht, zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen, mithin Altersrente mit Abschlag in Anspruch zu nehmen.
Wenn das gezahlte "Frühruhestandsgeld" eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung wäre - wovon die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgegangen ist -, hätte das "Frühruhestandsgeld" im Übrigen von Beginn der Zahlung mit dem vollen Zahlbetrag und nicht anteilig bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt werden müssen.
2.1.1.3. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" ist jedoch als sonstige Einnahme anzusehen. Denn es bestimmt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers, weil es dazu dienen soll, den Lebensunterhalt des Klägers zwischen dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses und dem Beginn einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Dies ergibt sich schon aus der Höhe des gezahlten "Frühruhestandsgelds", die an die Höhe der zuletzt gezahlten Vergütungen anknüpft (vgl. § 4 der Betriebsvereinbarung). Zudem werden die Lohnersatzleistungen Arbeitslosengeld und Krankengeld auf das "Frühruhestandsgeld" angerechnet.
Die Satzungsregelung und die Regelung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler hinsichtlich sonstiger Einnahmen ist in Bezug auf das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" deshalb auch nicht zu unbestimmt (zu generalklauselartigen Satzungsregelungen vgl. BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 1). Weil das gezahlte "Frühruhestandsgeld" zum Bestreiten des Lebensunterhalts bestimmt ist, wäre es jedenfalls bei einem Versicherungspflichtigen beitragspflichtig. Wäre die Satzungsregelung und die Regelung der Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler betreffend die sonstigen Einnahmen zu unbestimmt, hätte dies zur Folge, dass das "Frühruhestandsgeld" überhaupt nicht bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt werden könnte.
2.1.2 Da eine wesentliche Änderung der (rechtlichen) Verhältnisse bezüglich der Frage, ob das gezahlte "Frühruhestandsgeld" nur anteilig oder - richtigerweise - vollständig der Bemessung der Beiträge zugrunde zu legen ist, nicht vorliegt, kommt es auf die Frage, ob die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler wirksam erlassen worden sind, nicht an. Im Übrigen ist bereits durch die gesetzliche Regelung des § 240 SGB V weitgehend vorgegeben, welche Einnahmen bei der Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter zu berücksichtigen sind, und deshalb in der Vergangenheit der Krankenkasse als Satzungsgeber und nunmehr der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nur wenig Spielraum blieben oder bleiben, um die beitragspflichtigen Einnahmen zu bestimmen.
2.1.3. Für den Zeitraum vom 19. Mai bis 31. August 2010, in welchem der Kläger als Rentenantragsteller versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner war, richtete sich die Erhebung der Beiträge in entsprechender Anwendung nach § 240 SGB V (§ 239 SGB V).
3. Um den gesamten Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeldes" der Berechnung der Beiträge ab 1. Juli 2009 zugrunde zu legen, hätten die Beklagte den letzten Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2008 nach § 45 SGB X aufheben müssen. Unabhängig davon, dass dies - wie oben ausgeführt - nicht erfolgt ist, kann eine Umdeutung nicht erfolgen und es liegen auch die Voraussetzungen hierfür nicht vor.
3.1. Eine Umdeutung des Bescheids vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 dahin, dass er den vorangegangenen Bescheid vom 19. Dezember 2008 nach § 45 SGB X aufhebt, ist schon nicht möglich.
Nach § 43 Abs. 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nach § 43 Abs. 3 SGB X nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden. Die Entscheidung, einen Verwaltungsakt wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufzuheben, ist eine gebundene Entscheidung. Demgegenüber erfordert eine Aufhebung nach § 45 SGB X auch für die Zukunft - außer im hier nicht vorliegenden Fall betrügerischer Leistungserschleichung (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 16/92 und 5. November 1997 - 9 RV 20/96 -) - die Ausübung und Anwendung von Ermessen.
3.2. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Satz 2). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Satz 3). Die Voraussetzungen des Satz 3 sind nicht gegeben. Dies behaupten die Beklagten auch nicht. Auch dürfte das Vertrauen des Klägers schutzwürdig sein. Dies muss aber nicht abschließend entschieden werden. Denn auch wenn das Vertrauen des Klägers schutzwürdig wäre, wäre die Aufhebung nach § 45 SGB X rechtswidrig, weil die Beklagte das für eine solche Entscheidung erforderlichen Ermessen nicht ausgeübt hat. Da sie sich gar nicht bewusst war, eine Entscheidung nach § 45 SGB X treffen zu müssen, liegt schon keine Ermessensausübung vor.
4. Da eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist, kann der Bemessung der Beiträge des Klägers zur auch in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. August 2010 wie zuvor nur der anteilige Betrag des "Frühruhestandsgelds" in Höhe von 25 v.H zugrundegelegt werden. Bei dem Zahlbetrag des "Frühruhestandsgelds" von EUR 2.804,07 und ab 1. April 2010 von EUR 2.860,15 ergeben sich für die Zeit ab 1. Juli 2009 beitragspflichtige Einnahmen von EUR 701,02 (EUR 2.804,07 x 25 v.H.) und EUR 715,04 (EUR 2.860,15 x 25 v.H.). Diese liegen unter den beitragspflichtigen Mindesteinnahmen, welche nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V kalendertäglich der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße sind. Dies waren im Jahre 2009 monatlich EUR 840,00 und im Jahre 2010 monatlich EUR 851,67. Deshalb waren diese beitragspflichtigen Mindesteinnahmen zugrunde zu legen. Dies ergibt unter Berücksichtigung des jeweils geltenden ermäßigten Beitragssatzes folgende Beiträge zur Krankenversicherung:
ab 1. Juli 2009: beitragspflichtige Mindesteinnahmen EUR 840,00 x 14,3 v.H. = EUR 120,12
vom 1. Januar bis 31. August 2010: beitragspflichtige Mindesteinnahmen EUR 851,67 x 14,3 v.H. = EUR 121,79
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Auf die grundsätzliche Frage der Wirksamkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler kommt es nicht an.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligen ist im Berufungsverfahren noch die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. August 2010 streitig.
Der am 1950 geborene Kläger war 20 Jahre und neun Monate bei einem Energieversorgungsunternehmen (im Folgenden E-AG) beschäftigt. Zum 1. Januar 2006 versetzte ihn die E-AG in den "Frühruhestand" und zahlte ihm vom 1. Januar 2006 bis 31. August 2010 ein "Frühruhestandsgeld". Seit 1. September 2010 bezieht der Kläger eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Für den "Frühruhestand" und die Berechnung des "Frühruhestandsgelds" fand die Betriebsvereinbarung der Neckarwerke Stuttgart AG (NWS), einer Rechtsvorgängerin der E-AG, Anwendung. Nach § 2 Nr. 1 Satz 2 dieser Betriebsvereinbarung endet mit der Versetzung in den "Frühruhestand" das Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Nr. 1 dieser Betriebsvereinbarung ist der Frühpensionär u.a. verpflichtet, sich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen sowie auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen. § 4 dieser Betriebsvereinbarung bestimmt für das "Frühruhestandsgeld":
§ 4 Frühruhestandsgeld
Der Frühpensionär erhält während des Frühruhestandes eine Abfindung als Frühruhestandsgeld nach folgenden Bestimmungen:
1. Die Höhe des Vorruhestandsgeldes umfasst - 70 % des 1,1 fachen der beim Ausscheiden erreichten Tabellenvergütung; - 70 % der beim Ausscheiden des Mitarbeiters gültigen tariflichen Familienzulagen; - 70 % der Schichtzulage im Durchschnitt der letzten 12 Monate, wenn der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 10 Jahre ununterbrochen im Schichtdienst gearbeitet hat; - 70 % von 1/12 des beim Ausscheiden gültigen tariflichen Urlaubsgeldes; - 70 % der vor dem Ausscheiden gezahlten Leistungs- und Umstellungszulage. 2. Auf das Frühruhestandsgeld wird angerechnet der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes (§ 122 AFG oder des Krankengeldes (§§ 155, 158 AFG i. V. m. §§ 44 ff. SGB V). 3. Einkünfte aus Nebentätigkeiten im Rahmen des § 115 AFG werden nicht auf das Frühruhestandsgeld angerechnet; solche Einkünfte mindern im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Höhe des Arbeitslosengeldes; die NWS gleicht diese Minderung nicht aus. 4. Die NWS teilt dem Frühpensionär den Betrag des Frühruhestandsgeldes durch schriftlichen Bescheid mit. 5. Die Abfindung wird in monatlichen Beträgen gezahlt und hinsichtlich Fälligkeit und Zahlungsweise behandelt wie die Monatsvergütung der aktiven Mitarbeiter. 6. Das Frühruhestandsgeld erhöht sich bei allgemeinen Tariferhöhungen entsprechend dem Prozentsatz, um den sich die monatliche Tabellenvergütung in der Anfangsstufe der Vergütungsgruppe 4 erhöht. Stufenvorrückungen finden während des Frühruhestandes nicht statt.
Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" betrug nach den von ihm vorgelegten (Entgelt)Bescheinigungen der E-AG brutto ab 1. Januar 2006 EUR 2.378,90, ab 1. April 2006 EUR 2.547,94, ab 1. März 2007 EUR 2.593,80, ab 1. April 2008 EUR 2.706,63, ab 1. Mai 2009 EUR 2.804,07 und ab 1. April 2010 EUR 2.860,15. In den dem Kläger erteilten Bescheinigungen vom 3. Januar 2006 und 30. August 2007 bezifferte die E-AG die Gesamtabfindung mit einer Laufzeit von 56 Monaten auf EUR 117.807,00, davon EUR 11.000,00 steuerfrei.
Der Kläger war bis 22. Dezember 2007 versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse, zuletzt wegen des Bezugs von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Seit 23. Dezember 2007 war er in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwilliges Mitglied der Beklagten und in der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichertes Mitglied der bei der Beklagten errichteten Pflegekasse. Seit 19. Mai 2010 ist er versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten und der bei der Beklagten errichteten Pflegekasse in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentner, zunächst bis 31. August 2010 als Rentenantragsteller und seit 1. September 2010 wegen des Bezugs einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Zuletzt vor dem streitigen Zeitraum setzten die Beklagte und die bei ihr errichtete Pflegekasse mit gemeinsamem Bescheid vom 19. Dezember 2008 ab 1. Januar 2009 die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf EUR 125,16 und zur Pflegeversicherung auf EUR 16,38, insgesamt EUR 141,54 fest. Der Berechnung der Beiträge legten sie ihren Angaben nach die Beitragssätze von 14,9 v.H. zur Krankenversicherung und von 1,95 v.H. zur Pflegeversicherung sowie als Einkommen einen Arbeitsentgeltanteil von 25 v.H. des gezahlten "Frühruhestandsgelds". Den restlichen gezahlten Betrag sahen sie als sozialen Anteil einer Abfindung an. Da der Arbeitsentgeltanteil unter dem Mindestbetrag des 90. Teils der monatlichen Bezugsgröße (2009: EUR 840,00) lag, erfolgte die Festsetzung der Mindestbeiträge.
Der Kläger gab in einem Einkommensfragebogen unter dem 27. April 2009 seine (jährlichen) Einkünfte aus "Lohn/Gehalt/Dienstbezüge (brutto) aus unselbstständiger Beschäftigung" mit EUR 33.054,06 (= monatlich EUR 2.754,51) an, und legte die genannte Bescheinigung der E-AG vom 30. August 2007 vor. Die Beklagte und die bei ihr errichtete Pflegekasse setzten zum 1. Juli 2009 mit gemeinsamem Bescheid vom 19. Juni 2009, der den bisherigen Beitragsbescheid zum 1. Juli 2009 ersetzte und der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf EUR 410,42 (14,9 v.H. aus EUR 2.754,51) und zur Pflegeversicherung auf EUR 53,71 (1,95 v.H. aus EUR 2.754,51), insgesamt EUR 464,13 fest. Nachdem der Kläger behauptet hatte, diesen Bescheid nicht erhalten zu haben, übersandte ihm die Beklagte am 1. September 2009 eine Kopie und informierte ihn mit Schreiben vom selben Tag, dass wegen der mit dem durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378) zum 1. Januar 2009 auf den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übertragenen Regelungsbefugnis zur Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter sich eine Änderung bei der Berechnung der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ergeben werde. Die bisherige Beitragsberechnung sei nicht zulässig. Zahlung von Unternehmen der Energieversorgung seien als vorgezogene betriebliche Altersversorgung anzusehen und somit als Versorgungsbezüge zu betrachten, weshalb beitragspflichtig die monatliche Abfindungszahlung auch mit dem sozialen Anteil sei. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten auch im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2010). Bei der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Kranken- und Pflegeversicherung am 15./16. April 2009 seien die Teilnehmer einheitlich zu der Auffassung gelangt, dass die Abfindungszahlung oder Frühpension, speziell von Unternehmen der Energieversorgung, als vorgezogene betriebliche Altersvorsorge anzusehen seien und somit als Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der Beitragspflicht unterlägen. Nach dieser Klarstellung der gesetzlichen Regelung unterlägen diese in voller Höhe der Beitragspflicht. Einen beitragsfreien sozialen Anteil gebe es nicht mehr. Bestandsfälle aus der Zeit vor dem 1. Januar 2009, die seither mit einer geringeren Bemessungsgrundlage eingestuft worden seien, würden mit der Neueinstufung zum 1. Juli 2009 umgestellt. Nach § 7 Abs. 6 der (vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelten) Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler) würden der Bemessung nacheinander zugrundegelegt u.a. der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge (Nr. 3). Da der Versorgungsbezug des Klägers unter der Beitragsbemessungsgrenze liege, unterliege er in voller Höhe der Beitragspflicht. Weitere beitragspflichtige Einnahmen lägen nicht vor.
Der Kläger erhob am 14. Januar 2010 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) und begehrte, den bisherigen beitragsfreien sozialen Anteils weiterhin zu berücksichtigen. Er sah in der geänderten Berechnung der Beiträge einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne des Vertrauensschutzes. Bei der Zahlung der E-AG habe es sich um eine finanzielle Abfindung aufgrund der Aufhebung des Arbeitsvertrages gehandelt, die zur sozialen Absicherung bis zum Rentenbezug mit Vollendung des 60. Lebensjahres in monatlichen Raten ausbezahlt werde. Diese monatlichen Abfindungszahlungen seien kein beitragspflichtiges Entgelt, sondern eine Entschädigung für den Wegfall des Arbeitsplatzes. Dass in der Vergangenheit im Regelfall nur 25 v.H. der monatlichen Zahlungen oder ein Mindestbetrag für die Beitragsbemessung herangezogen worden seien, sei für ihn eine wesentliche Voraussetzung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben gewesen, weil hierdurch seine finanziellen Einbußen noch annehmbar gewesen seien. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei eine Änderung der Beitragsberechnung nur für Empfänger von Abfindungen sachgerecht, deren Verträge nach der geänderten Rechtsauslegung geschlossen worden seien.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid entgegen und legte einen Auszug ihrer Satzung (Stand 1. Oktober 2007) vor. Hinsichtlich der (rechtlichen) Beurteilung von Entlassungsentschädigungen sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Beurteilung der rechtlichen Grundlagen durch die Spitzenverbände sei eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse. Auch der zum 1. Januar 2009 geänderte § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in Verbindung mit den Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler habe "Normcharakter" und es handle sich nicht lediglich um eine andere Beurteilung der Rechtslage durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, sondern um eine Änderung des materiellen Rechts. Unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse sei das Vertrauen des Klägers auf den Bestand des Bescheides nicht schutzwürdig.
Das SG, das allein die beklagte Krankenkasse als Beklagte führte, hob mit Urteil vom 28. September 2010 den Bescheid vom 19. Juli (richtig Juni) 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 auf. Hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung fehle es an einem formell rechtmäßigen Ersetzungsbescheid, weil die Beklagte für die von ihr im Bescheid vom 19. Juli (richtig Juni) 2009 vorgenommene Ersetzung des bisherigen Bescheids hinsichtlich des Beitrags zur Pflegeversicherung nicht zuständig sei. Hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung könne die Beklagte eine Aufhebung (des zuvor ergangenen Beitragsbescheide) nicht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), sondern allenfalls auf § 45 Abs. 1 SGB X stützen. Durch die Neufassung des § 240 Abs. 1 SGB V zum 1. Januar 2009 komme allenfalls eine rechtliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Bei einem Vergleich der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler und der Satzung der Beklagten sei ersichtlich, dass sich die rechtliche Wertung für Versorgungsbezüge, dass diese als Einnahmen bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen seien, gerade nicht geändert habe. Geändert habe sich lediglich die Zuständigkeit sowie die Einschätzung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund, wie Abfindungszahlungen von Unternehmen der Energieversorgung künftig behandelt werden sollten. Dies komme keiner geänderten Gesetzeslage gleich. Auf dieser Grundlage hätte die Beklagte allenfalls eine Aufhebung des bisherigen Beitragsbescheides nach § 45 Abs. 1 SGB X für die Zukunft in Betracht ziehen dürfen. Bei § 48 SGB X handle es sich um eine gebundene Anspruchsnorm, bei § 45 SGB X dem Grunde nach um eine Ermessensentscheidung. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, dass der Bescheid (vom 19. Juni 2009) bereits deshalb aufzuheben sei, da er sich auf eine unzulässige Anspruchsgrundlage stütze. Im Übrigen lägen auch die weiteren Voraussetzungen von § 45 Abs. 2 SGB X nicht vor, so dass die Beklagte einen Verwaltungsakt auch nicht für die Zukunft habe zurücknehmen dürfen. Das Vertrauen des Klägers sei als schutzwürdig zu erachten, da dieser durch den Abschluss des Vertrages mit seinem ehemaligen Arbeitgeber eine Vermögensdisposition getroffen habe, welche dieser nicht mehr rückgängig machen könne.
Gegen das ihr am 5. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 3. November 2010 Berufung eingelegt. Der Bescheid vom 19. Juni 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2009 seien sowohl in ihrem (der Beklagten) Namen als auch im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse ergangen. Nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler seien als beitragspflichtige Einnahmen u.a. Arbeitsentgelt, Rente, Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden könnten, zugrundezulegen. Es sei nicht entscheidend, ob es sich bei den Zahlungen der E-AG um Versorgungsbezüge handle. Jedenfalls seien die Zahlungen, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts vom Zeitpunkt des Ausscheidens bis zum Renteneintritt gezahlt würden, als Einnahmen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden könnten, der Beitragspflicht zu unterwerfen. Die Anwendung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ab dem 1. Juli 2009 verletze keine Vertrauensschutzgesichtspunkte. Die gesetzlichen Änderungen zum 1. Januar 2009, die zu einer höheren Beitragsbelastung freiwillig Versicherter geführt haben könnten, stellten selbst dann, wenn die Abfindung zuvor vereinbart oder gezahlt worden sei, nur eine so genannte unechte Rückwirkung eines Gesetzes dar. Diese sei in der Regel zulässig und sei hier nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Einen Vertrauensschutz aus anderen Umständen könne der Kläger ebenfalls nicht herleiten. Frühere Beitragsbescheide für die Zeit vor dem 1. Juli 2009 hätten immer nur bis zu einer Änderung der Sach- und Rechtslage gegolten und hätte daher nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Zukunft aufgehoben werden können, ohne dass dem irgendein Vertrauen des Betroffenen entgegengestanden hätte. Zudem habe sie einen Vertrauensschutz des Klägers berücksichtigt, weil sie die höheren Beiträge erst zum 1. Juli 2009 statt zum Eintritt der wesentlichen Änderung am 1. Januar 2009 festgesetzt habe.
Die Beteiligten haben in einem Verfahrensvergleich den Rechtsstreit auf die Beiträge zur Krankenversicherung beschränkt. Die Beklagte hat sich im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse bereit erklärt, dass die Pflegekasse die Beiträge zur Pflegeversicherung nach rechtskräftigem Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits bei einem ganzen oder teilweisen Obsiegen des Klägers entsprechend dem Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits neu berechnet.
Die Beklagte hat nach Klageerhebung mit Bescheid vom 19. Juli 2010 für die Zeit ab 1. Juli 2010 unter Aufhebung der vorangegangenen Bescheide vom 23. Juni und 6. Juli 2010 die monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auf EUR 436,43 festgesetzt. Die Beteiligten haben das SG über diesen Bescheid nicht unterrichtet.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. September 2010 aufzuheben und die Klage auch wegen des Bescheids vom 19. Juli 2010, soweit er Beiträge zur Krankenversicherung festsetzt, abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid vom 19. Juli 2010 abzuändern, soweit die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 120,12 und vom 1. Januar bis 31. August 2010 von mehr als EUR 121,79 festgesetzt hat.
Das SG habe in seinem Urteil zu Recht den ihm zustehenden Vertrauensschutz bestätigt. Die Erhöhung der Beiträge sei ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot. Auch habe der Spitzenverband Bund der Krankenkassen keine Rechtsetzungskompetenz (Verweis auf Urteil des Sozialgerichts München vom 2. März 2010 - S 19 KR 873/09 -, in juris), so dass das frühere Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Februar 1990 (12 RK 20/88) weiterhin Bestand habe.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreits sind der vom Kläger mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2009 sowie nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Bescheid vom 19. Juli 2010, über den der Senat auf Klage entscheidet. Der Bescheid vom 19. Juli 2010 ist bereits Gegenstand des Klageverfahrens geworden, so dass über ihn an sich bereits das SG hätte entscheiden müssen. Dies ist in Unkenntnis von der Existenz des Bescheids unterblieben, weil er dem SG von den Beteiligten entgegen der in § 96 Abs. 2 SGG vorgesehenen Verpflichtung nicht mitgeteilt worden ist. Für einen solchen Fall der unterbliebenen Entscheidung durch das SG ist durch die Rechtsprechung anerkannt, dass auch das Berufungsgericht über den gemäß § 96 Abs. 1 SGG erweiterten Streitgegenstand zu entscheiden hat (BSG, Urteil vom 17. November 2005 - B 11a/11 AL 57/04 R - ).
Zu entscheiden ist wegen des von den beteiligten geschlossenen Verfahrensvergleichs zum einen nur über die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zum anderen allein darüber, ob das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" in voller Höhe statt wie zuvor nur anteilig in Höhe von 25 v.H. des gezahlten Betrags als Einnahme der Beitragsberechnung zugrunde zu legen ist. Denn der Kläger beantragte in seiner Klageschrift vom 12. Januar 2010, den bisherigen beitragsfreien sozialen Anteil weiterhin zu berücksichtigen. Demgemäß war das Begehren des Klägers sachgerecht dahin auszulegen (§ 123 SGG), dass er die Aufhebung der genannten streitbefangenen Bescheid nur insoweit begehrt, als die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 von mehr als EUR 120,12 und vom 1. Januar bis 31. August 2010 von mehr als EUR 121,79 (zur Berechnung siehe unten 4.) festgesetzt hat. Die höhere Beitragsforderung ergibt sich allein dadurch, dass die Beklagte das bis 31. August 2010 gezahlte "Frühruhestandsgeld" in voller Höhe des gezahlten Betrags der Berechnung der Beiträge zugrunde gelegt hat.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, da der Kläger sich gegen die Festsetzung von Beiträgen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr wendet (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
III.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist insoweit begründet, als das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 in vollem Umfang und nicht nur teilweise, nämlich soweit die Beklagte mehr als den Mindestbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt hat, aufgehoben hat (1.). Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten nicht begründet und die Klage des Klägers wegen des Bescheids vom 19. Juli 2010 begründet (2.).
1. Soweit das SG den Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 in vollem Umfang aufgehoben hat, ist es über den Antrag des Klägers hinausgegangen. Wie oben unter I. ausgeführt hat der Kläger nicht die volle Aufhebung dieses Bescheides begehrt, sondern nur die teilweise Aufhebung.
2. Rechtsgrundlage für die Änderung der Beitragshöhe durch die genannten streitbefangenen Bescheide kann nur § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sein. Denn die Beklagte hat mit den genannten streitbefangenen Bescheiden den jeweils vorangegangenen Bescheid über Beiträge zur Krankenversicherung für die Zukunft abgeändert. In den genannten streitbefangenen Bescheiden ist jeweils ausgeführt, dass der Bescheid den bisherigen Beitragsbescheid mit Wirkung zu einem in dem jeweiligen Bescheid näher bezeichneten Datum ersetzt. Darin kommt zum Ausdruck, dass die Beklagte den jeweils neuen Beitragsbescheid wegen Änderung der Verhältnisse nach Erlass des vorangegangenen Beitragsbescheids erlassen hat, nicht aber deshalb, weil der vorangegangene Beitragsbescheid im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden sollte. Deswegen scheidet § 45 SGB X als Rechtsgrundlage für die Änderung aus.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Ein Beitragsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, denn er erschöpft sich nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage, sondern begründet oder verändert inhaltlich ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 16. Februar 1984 - 1 RA 15/83 - und 7. Juli 2005 - B 3 P 8/04 R -). Wesentlich ist die Änderung, soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, Urteil vom 19. Februar 1986 - 7 RAr 55/84 -).
Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist zum 1. Juli 2009 (Zeitpunkt, zu welchem die Beklagte erstmals den vollen Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeld" bei der Berechnung der Beiträge berücksichtigt hat) nicht eingetreten. Eine solche wesentliche Änderung ist nicht durch die Änderung des § 240 SGB V durch das GKV-WSG erfolgt, weil nunmehr die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder wie den Kläger durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und nicht mehr durch die einzelne Krankenkasse durch Satzung geregelt wird.
2.1. Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V - durch das GKV-WSG nicht geändert - ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die ebenfalls zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), sind bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Unverändert gilt nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V weiterhin, dass freiwillig Versicherte einen kalendertäglichen Mindestbeitrag in Höhe des neunzigsten Teils der monatlichen Bezugsgröße zu zahlen haben.
Nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V wurde für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Die Satzung der Krankenkasse musste nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind.
Bis 31. Dezember 2008 überließ das Gesetz für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung, wie dies der Kläger im streitigen Zeitraum war, die Bestimmung der in der Krankenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen grundsätzlich den Satzungen der Krankenkassen, setzte dieser Satzungsautonomie jedoch durch die Definition eines prinzipiellen Bemessungsmaßstabs in § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V und die in § 240 Abs. 2 bis 5 SGB V enthaltenen inhaltlichen Vorgaben Grenzen. Die Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen ab 1. Januar 2009 durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist lediglich ein Wechsel des für die Bestimmung Zuständigen. Es sollte u.a. ausgeschlossen werden, dass die Krankenkassen zukünftig weiterhin unterschiedliche Einstufungsgrundsätze praktizieren, weil mit der Einführung des Gesundheitsfonds derartige Unterschiede nicht mehr aufrecht erhalten werden konnten (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 164). Auch nach dem Wechsel der Zuständigkeit ist wie bisher unverändert die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds bei der Bemessung der Beiträge zu berücksichtigen (Bundestags-Drucksache 16/3100, S. 163). Eine inhaltliche Änderung des Maßstabes, nämlich dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten ohne Besserstellung gegenüber einem Pflichtversicherten zugrunde zu legen ist und damit welche Einnahmen der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind, ist deshalb mit den Änderungen durch das GKV-WSG nicht verbunden. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" hätte die Beklagte bei der Berechnung der freiwilligen Beiträge zur Krankenversicherung zwar nicht als Arbeitsentgelt, auch nicht teilweise als Abfindung, die Arbeitsentgelt enthält, mit einem Arbeitsentgeltanteil, und auch nicht als Versorgungsbezug, jedoch als sonstige Einnahme in vollem Umfang bei der Bemessung der Beiträge zur Krankenversicherung seit Beginn der Zahlung berücksichtigen müssen, mithin auch schon vor der zum 1. Januar 2009 erfolgten Änderung(en) des § 240 SGB V. Dass eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nicht eingetreten ist, sondern nur eine geänderte Rechtsauffassung der Beklagten, zeigt der Verweis im Widerspruchsbescheid auf die Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Deutschen Rentenversicherung Bund.
2.1.1. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung gehörten zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten (Einnahmen zum Lebensunterhalt) bis zum kalendertäglichen Betrag der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung. Nach § 19 Abs. 9 der Satzung der Beklagten in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung war bei freiwillig Versicherten, die nicht hauptberuflich selbstständig sind und keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen - was beim Kläger der Fall war -, folgende Rangfolge der Einnahmearten vorzunehmen: Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und sonstigen Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen, bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
Eine abweichende Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen enthalten die nunmehr geltenden Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sind als beitragspflichtige Einnahmen u.a. auch das Arbeitsentgelt, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Ergänzend bestimmt § 4 Nr. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, dass den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 zuzurechnen sind auch Abfindungen, Entschädigungen oder ähnliche Leistungen, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden.
2.1.1.1. Das gezahlte "Frühruhestandsgeld" war kein Arbeitsentgelt. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind hiernach (nur) Leistungen, die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses für Zeiten des Beschäftigungsverhältnisses geleistet werden. Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts in § 14 Abs. 1 SGB IV erfasst solche Einnahmen, die dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen. Das Erfordernis des ursächlichen Zusammenhangs umfasst dabei den zeitlichen mit, sodass ihrem Zweck nach allein auf den Zeitraum nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bezogene Leistungen nicht erfasst werden. Zwar gehören zum Arbeitsentgelt auch Einnahmen, die nicht unmittelbar aus der Beschäftigung, sondern nur "im Zusammenhang mit ihr" erzielt werden (§ 14 Abs. 1 SGB IV), was besonders bei einmaligen Einnahmen wie einer Abfindung zutreffen kann. Auch solche Einnahmen müssen jedoch, um als Arbeitsentgelt aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beitragspflichtig zu sein, sich zeitlich dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung zuordnen lassen, d.h. auf die Zeit der Beschäftigung und der Versicherungspflicht entfallen. Das trifft etwa auf eine Abfindung, die wegen Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung gezahlt wird, grundsätzlich nicht zu. Soweit es sich bei ihr um eine echte Abfindung und nicht um eine Nachzahlung von während der Beschäftigung verdientem Entgelt handelt, soll die Abfindung den Arbeitnehmer dafür entschädigen, dass er seine bisherige Beschäftigung nicht fortsetzen kann, mithin gehindert ist, aus dieser Beschäftigung künftig Arbeitsentgelt zu erzielen. Eine solche Abfindung, die als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten - den Verlust des Arbeitsplatzes - gezahlt wird, ist zeitlich nicht der früheren Beschäftigung zuzuordnen; ihre Beitragspflicht kann nicht mehr auf die frühere, inzwischen weggefallene Versicherungspflicht gegründet werden (zum Ganzen BSG, Urteil vom 07. März 2007 - B 12 KR 4/06 R - m.w.N.). Danach ist das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld", auch wenn es eine Abfindung sein sollte (wie es in § 4 der Betriebsvereinbarung auch bezeichnet wurde), kein Arbeitsentgelt, das der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung zugrundegelegt werden kann. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" ist eine Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes und damit nicht dem Beschäftigungsverhältnis mit der E-AG zuzuordnen. Denn das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der E-AG endete mit der Versetzung in den Frühruhestand (§ 1 der Betriebsvereinbarung). Damit endete auch das Beschäftigungsverhältnis. Mit dem gezahlten "Frühruhestandsgeld" sollte kein rückständiges Arbeitsentgelt aus der Zeit des Beschäftigungsverhältnisses abgegolten werden. Es sollte vielmehr allein als Entschädigung dafür dienen, dass der Kläger nach Ende des Beschäftigungsverhältnisses gehindert war, aus diesem Entgelt zu erzielen.
2.1.1.2. Das gezahlte "Frühruhestandsgeld" war auch kein Versorgungsbezug. Nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, 1. Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen; außer Betracht bleiben a) lediglich übergangsweise gewährte Bezüge, b) unfallbedingte Leistungen und Leistungen der Beschädigtenversorgung, c) bei einer Unfallversorgung ein Betrag von 20 vom Hundert des Zahlbetrags und d) bei einer erhöhten Unfallversorgung der Unterschiedsbetrag zum Zahlbetrag der Normalversorgung, mindestens 20 vom Hundert des Zahlbetrags der erhöhten Unfallversorgung, 2. Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister, 3. Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet sind, 4. Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte mit Ausnahme einer Übergangshilfe, 5. Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Auf die Definition der Versorgungsbezüge in § 229 SGB V nahm auch § 19 Abs. 1b Satz 1 der Satzung der Beklagten Bezug. Das "Frühruhestandsgeld" erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Insbesondere ist es keine Rente der betrieblichen Altersversorgung, denn es liegt keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechnen hierzu alle Leistungen, mit denen ein Versorgungszweck verfolgt wird, wenn der Versorgungsanspruch durch ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst wird und diese Leistung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses zugesagt wird (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 3 AZR 641/88 -). Diese Definition kann für die Beitragspflicht zur Krankenversicherung übernommen werden (BSG, Urteil vom 26. März 1996 - 12 RK 44/94 ). Wegen der zeitlich begrenzten Zahlung bis zum Beginn einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung diente es insbesondere nicht zur Altersversorgung des Klägers. Das "Frühruhestandsgeld" diente dazu, den Zeitraum bis zum Bezug einer Altersrente zu überbrücken. Nach § 7 Nr. 1 der Betriebsvereinbarung besteht die Pflicht, sich arbeitslos zu melden und Arbeitslosengeld zu beantragen, und damit die - wenn auch geringe - Chance auf eine neue Beschäftigung zu wahren und aufrechtzuerhalten sowie weiter auch die Pflicht, zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen, mithin Altersrente mit Abschlag in Anspruch zu nehmen.
Wenn das gezahlte "Frühruhestandsgeld" eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung wäre - wovon die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgegangen ist -, hätte das "Frühruhestandsgeld" im Übrigen von Beginn der Zahlung mit dem vollen Zahlbetrag und nicht anteilig bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt werden müssen.
2.1.1.3. Das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" ist jedoch als sonstige Einnahme anzusehen. Denn es bestimmt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers, weil es dazu dienen soll, den Lebensunterhalt des Klägers zwischen dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses und dem Beginn einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Dies ergibt sich schon aus der Höhe des gezahlten "Frühruhestandsgelds", die an die Höhe der zuletzt gezahlten Vergütungen anknüpft (vgl. § 4 der Betriebsvereinbarung). Zudem werden die Lohnersatzleistungen Arbeitslosengeld und Krankengeld auf das "Frühruhestandsgeld" angerechnet.
Die Satzungsregelung und die Regelung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler hinsichtlich sonstiger Einnahmen ist in Bezug auf das dem Kläger gezahlte "Frühruhestandsgeld" deshalb auch nicht zu unbestimmt (zu generalklauselartigen Satzungsregelungen vgl. BSG SozR 4-2500 § 240 Nr. 1). Weil das gezahlte "Frühruhestandsgeld" zum Bestreiten des Lebensunterhalts bestimmt ist, wäre es jedenfalls bei einem Versicherungspflichtigen beitragspflichtig. Wäre die Satzungsregelung und die Regelung der Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler betreffend die sonstigen Einnahmen zu unbestimmt, hätte dies zur Folge, dass das "Frühruhestandsgeld" überhaupt nicht bei der Bemessung der Beiträge berücksichtigt werden könnte.
2.1.2 Da eine wesentliche Änderung der (rechtlichen) Verhältnisse bezüglich der Frage, ob das gezahlte "Frühruhestandsgeld" nur anteilig oder - richtigerweise - vollständig der Bemessung der Beiträge zugrunde zu legen ist, nicht vorliegt, kommt es auf die Frage, ob die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler wirksam erlassen worden sind, nicht an. Im Übrigen ist bereits durch die gesetzliche Regelung des § 240 SGB V weitgehend vorgegeben, welche Einnahmen bei der Bemessung der Beiträge freiwillig Versicherter zu berücksichtigen sind, und deshalb in der Vergangenheit der Krankenkasse als Satzungsgeber und nunmehr der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nur wenig Spielraum blieben oder bleiben, um die beitragspflichtigen Einnahmen zu bestimmen.
2.1.3. Für den Zeitraum vom 19. Mai bis 31. August 2010, in welchem der Kläger als Rentenantragsteller versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner war, richtete sich die Erhebung der Beiträge in entsprechender Anwendung nach § 240 SGB V (§ 239 SGB V).
3. Um den gesamten Zahlbetrag des "Frühruhestandsgeldes" der Berechnung der Beiträge ab 1. Juli 2009 zugrunde zu legen, hätten die Beklagte den letzten Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2008 nach § 45 SGB X aufheben müssen. Unabhängig davon, dass dies - wie oben ausgeführt - nicht erfolgt ist, kann eine Umdeutung nicht erfolgen und es liegen auch die Voraussetzungen hierfür nicht vor.
3.1. Eine Umdeutung des Bescheids vom 19. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2009 dahin, dass er den vorangegangenen Bescheid vom 19. Dezember 2008 nach § 45 SGB X aufhebt, ist schon nicht möglich.
Nach § 43 Abs. 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nach § 43 Abs. 3 SGB X nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden. Die Entscheidung, einen Verwaltungsakt wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse für die Zukunft nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufzuheben, ist eine gebundene Entscheidung. Demgegenüber erfordert eine Aufhebung nach § 45 SGB X auch für die Zukunft - außer im hier nicht vorliegenden Fall betrügerischer Leistungserschleichung (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 16/92 und 5. November 1997 - 9 RV 20/96 -) - die Ausübung und Anwendung von Ermessen.
3.2. Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Satz 1). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Satz 2). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Satz 3). Die Voraussetzungen des Satz 3 sind nicht gegeben. Dies behaupten die Beklagten auch nicht. Auch dürfte das Vertrauen des Klägers schutzwürdig sein. Dies muss aber nicht abschließend entschieden werden. Denn auch wenn das Vertrauen des Klägers schutzwürdig wäre, wäre die Aufhebung nach § 45 SGB X rechtswidrig, weil die Beklagte das für eine solche Entscheidung erforderlichen Ermessen nicht ausgeübt hat. Da sie sich gar nicht bewusst war, eine Entscheidung nach § 45 SGB X treffen zu müssen, liegt schon keine Ermessensausübung vor.
4. Da eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist, kann der Bemessung der Beiträge des Klägers zur auch in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. August 2010 wie zuvor nur der anteilige Betrag des "Frühruhestandsgelds" in Höhe von 25 v.H zugrundegelegt werden. Bei dem Zahlbetrag des "Frühruhestandsgelds" von EUR 2.804,07 und ab 1. April 2010 von EUR 2.860,15 ergeben sich für die Zeit ab 1. Juli 2009 beitragspflichtige Einnahmen von EUR 701,02 (EUR 2.804,07 x 25 v.H.) und EUR 715,04 (EUR 2.860,15 x 25 v.H.). Diese liegen unter den beitragspflichtigen Mindesteinnahmen, welche nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V kalendertäglich der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße sind. Dies waren im Jahre 2009 monatlich EUR 840,00 und im Jahre 2010 monatlich EUR 851,67. Deshalb waren diese beitragspflichtigen Mindesteinnahmen zugrunde zu legen. Dies ergibt unter Berücksichtigung des jeweils geltenden ermäßigten Beitragssatzes folgende Beiträge zur Krankenversicherung:
ab 1. Juli 2009: beitragspflichtige Mindesteinnahmen EUR 840,00 x 14,3 v.H. = EUR 120,12
vom 1. Januar bis 31. August 2010: beitragspflichtige Mindesteinnahmen EUR 851,67 x 14,3 v.H. = EUR 121,79
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Auf die grundsätzliche Frage der Wirksamkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler kommt es nicht an.
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