L 12 KA 120/10 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 21 KA 635/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 120/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerden des Beigeladenen zu 7) und des Antragstellers
gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17.11.2011
werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Beigeladene zu 7)
zu drei Viertel und der Antragsteller zu einem Viertel.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten wegen der dem Antragsteller erteilten Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

Der Antrag des Antragstellers (Ast) vom 26.04.2007 auf Erteilung der Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern wurde mit Bescheid des Zu-lassungsausschusses für Ärzte - Niederbayern - vom 13.09.2007 (Beschluss vom 13.06.2007) bestätigt durch Bescheid des Antraggegners (Ag) vom 14.05.2008 (Beschluss vom 04.03.2008) - abgelehnt.
Auf Klage des Ast hat das Sozialgericht München (SG) mit Urteil vom 30. Juli 2009 (Az.: S 43 KA 747/08) den Bescheid des Beklagten (= Antragsgegner) vom 4. März 2008 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Antrag des Klägers (= Antragstellers) auf Ermächtigung zur Teilhabe an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung unter Errichtung eines sozialpädiatrischen Zentrums stattzugeben. Der Ast habe gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V einen Anspruch auf die Erteilung der Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung unter Errichtung eines sozialpädiatrischen Zentrums in B-Stadt entsprechend seinem Antrag. Diese Ermächtigung sei notwendig, um eine ausreichende soziapädiatrische Behandlung von Kindern in Niederbayern sicherzustellen. Nach Auffassung des Gerichts bestehe ohne diese Ermächtigung eine Versorgungslücke.
Der Ag hat mit Bescheid vom 20.05.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) den Bescheid vom 14.05.2008 (Beschluss vom 04.03.2008) aufgehoben und dem Ast als Träger des Eigenbetriebes des Landkreises B-Stadt eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern durch ein Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) am Klinikum B-Stadt gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V erteilt. Gegen diesen Beschluss des Ag hat der Beigeladene zu 7) mit Schreiben vom 04.05.2010 und 28.05.2010 Widerspruch erhoben. Der Ag hat mit Bescheid vom 13.08.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) den
Widerspruch des Beigeladenen zu 7), der als Kinderarzt an der vertragsärztlichen Ver-sorgung teilnimmt, gegen den Bescheid des Ag vom 13.08.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) zurückgewiesen und festgestellt, dass der Widerspruch des Beigeladenen zu 7) gegen den Bescheid des Ag vom 13.08.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) keine aufschiebende Wirkung entfalte. Der Antrag des Ast auf Sofortvollzug werde zurückgewiesen.
Der Beigeladene zu 7) hat mit Schreiben vom 17.06.2010 gegen den Bescheid des Ag vom 20.05.2010 (Beschluss vom 02.30.2010) Klage zum SG München (Az.: S 21 KA 404/10) erhoben.

Der Ast hat mit Schriftsatz vom 10. September 2010 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum SG erhoben mit folgenden Anträgen:
1. Es wird festgestellt, dass die vor dem Sozialgericht München unter dem Az.: S 21 KA 404/10 anhängige Klage des Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 02.03.2010, ausgefertigt per Bescheid vom 20.05.2010, keine aufschiebende Wirkung hat.
2. Hilfsweise wird beantragt, die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners aufgrund seiner Sitzung vom 02.03.2010, ausgefertigt per Bescheid vom 20.05.2010, anzuordnen.
Sei ein Dritter von einem durch ihn angefochtenen Verwaltungsakt nicht betroffen, habe er keine Anfechtungsbefugnis, sein Widerspruch bzw. die Klage seien offensichtlich unzulässig und entfalten keine aufschiebende Wirkung (vgl. SG Gotha, Az.: S 7 KA 2622/07 ER; BVerwG, DVBL 1993, S. 256 und BVerfG, Beschluss vom 24.05.2006, Az.: BvR 493/05). Die Voraussetzungen einer defensiven Konkurrentenklage gemäß dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.10.2009, Az.: B 6 KA 42/08, würden nicht vorliegen. Im SPZ und von dem Beigeladenen zu 7) würden nicht die gleichen Leistungen erbracht.

Es bestehe bereits aufgrund des unterschiedlichen Leistungsangebots kein Konkurrenzverhältnis im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Auch die zweitgenannte Voraussetzung einer defensiven Konkurrentenklage, dass der dem Begünstigten erteilte Status gegenüber dem des Anfechtenden im Sinne eines noch nicht gedeckten Versorgungsbedarfs nachrangig sei, sei hier nicht erfüllt. Der Beigeladene zu 7) sei mangels einer Konkurrenzsituation auch nicht am Verfahren über die Erteilung der SPZ-Ermächtigung zu beteiligen gewesen. Sollte das Gericht wider Erwarten dem Hauptantrag auf Feststellung des Nichtvorliegens der aufschiebenden Wirkung der Klage des Beigeladenen zu 7) nicht folgen, werde hilfsweise Antrag auf sofortige Vollziehung der Entscheidung des Ag vom 02.03.2010 nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG gestellt. Dem Hilfsantrag auf Sofortvollzug sei mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache und aufgrund überwiegendem öffentlichen und besonderem Interesse des Ast stattzugeben.
Der Ag hat mit Schreiben vom 27.09.2010 darauf hingewiesen, dass der Beigeladene zu 7) weder Adressat des von ihm angefochtenen Beschlusses sei noch sein rechtlicher Status durch die Entscheidung des Berufungsausschusses unmittelbar rechtlich betroffen sei. Der Kläger könne durch den streitgegenständlichen Beschluss des Ag vom 02.03.2010 lediglich mittelbar bzw. nur durch dessen wirtschaftliche Auswirkungen betroffen sein. Für eine rechtliche Betroffenheit und damit für die Annahme einer Klagebefugnis reiche dies nicht aus, denn die Rechtsordnung gewähre bei der Ausübung beruflicher Tätigkeiten grundsätzlich keinen Schutz vor Konkurrenz. Hinzuweisen sei darauf, dass mit dem hier angefochtenen Beschluss des Ag vom 02.03.2010 ein rechtskräftiges Urteil der 43. Kammer des Sozialgerichts München vom 30.07.2009 (Az.: S 43 KA 747/08) umgesetzt worden sei.
Der Beigeladene zu 7) hat mit Schriftsatz 04.10.2010 beantragt, den Antrag auf Feststellung, dass die vor dem SG unter dem Az.: S 21 KA 404/10 anhängige Klage gegen den Beschluss des Ag vom 02.03.2010 keine aufschiebende Wirkung habe, und den Antrag auf Anordnung des sofortigen Vollzugs des Beschlusses des Ag vom 02.03.2010 zurückzuweisen. Der Bescheid des Ag vom 20.05.2010 sei bereits aus sich heraus mangels eines Ermächtigungskataloges wegen Unbestimmtheit gemäß § 33 SGB X rechtswidrig. Der Bescheid sei nicht vollziehbar, da er weder Gegenstand noch Umfang der Ermächtigung nenne. Die Klage des Beigeladenen zu 7) habe sehr wohl aufschiebende Wirkung. Die Ausführungen des Ast zu dem Leistungsspektrum würden bereits im Ausgangspunkt daran kranken, dass aus dem Tenor des Beschlusses des Ag keine einzige bestimmte Leistung hervorgehe, geschweige denn eine andere Leistung als der Beigeladene zu 7) sie anbiete. Der Ast könne daher nicht darlegen, dass es sich bei den Leistungen des SPZ um andere Leistungen handle. Im Übrigen verkenne der Ast, dass die Ermächtigung zur Errichtung eines SPZ nachrangig zur vertragsärztlichen Versorgung sei. Auch der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschluss des Ag sei unbegründet. Der Beschluss sei bereits nicht vollziehbar gemäß § 33 SGB X. Die Klage des Beigeladenen zu 7) habe wegen der offensichtlichen Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 02.03.2010 überwiegende Erfolgsaussichten. Es bestehe auch kein überwiegendes öffentliches Interesse des Ast an der sofortigen Vollziehung. Hierzu hat der Ast mit Schriftsatz vom 04.11.2010 geltend gemacht, dass ein Dritter, wie der Beigeladene zu 7), keine Anfechtungsbefugnis habe, sein Widerspruch bzw. seine Klage offensichtlich unzulässig seien und keine aufschiebende Wirkung entfalten würden, wenn er von dem durch ihn angefochtenen Verwaltungsakt nicht betroffen sei (Hinweis auf SG Gotha, Beschluss vom 22.08.2007, Az.: S 7 KA 2622/07 ER; BVerwG, DVBL 1993, 256 und BVerfG, Beschluss vom 24.05.2006, Az.: 1 BvR 493/05). Der Beigeladene zu 7) sei als niedergelassener Kinderarzt von der angegriffenen Entscheidung nicht betroffen, da er die Leistungen, die ein SPZ erbringe, in seiner Kinderarztpraxis nicht zu erbringen in der Lage sei (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.1995, Az.: L 5 KA 644/94). Da der Beigeladene zu 7) nicht die gleichen Leistungen anbiete wie ein SPZ, habe er unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zur Dritt-Anfechtungsbefugnis (zuletzt Urteil vom 28.10.2009, Az.: B 6 KA 42/08 R) keine Anfechtungsbefugnis. Sollte das Gericht dieser Meinung nicht folgen, sei jedenfalls dem Antrag auf sofortige Vollziehung des Beschlusses des Ag im Bescheid vom 02.05.2010 stattzugeben. Dies ergebe sich aus der fehlenden Erfolgsaussicht in der Hauptsache und dem überwiegenden öffentlichen und besonderen Interesse des Ast.

Das SG hat mit Beschluss vom 17.11.2010 die sofortige Vollziehung des Bescheides des Ag vom 02.05.2010 (Beschluss vom 02.03.2010) angeordnet.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sei begründet. Hierbei könne dahingestellt bleiben, ob der Feststellungsantrag zulässig wäre. Denn der hilfsweise gestellte Antrag sei nach Auffassung der Kammer auf jeden Fall zulässig. Die Klage des Beigeladenen zu 7) (Az.: S 21 KA 404/10) gegen die Entscheidung des Ast sei zulässig. Damit habe die Klage aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG). Folglich sei auch der gestellte (Hilfs-)Antrag zulässig. Der Ag habe das rechtskräftige Urteil des SG vom 30.07.2009 korrekt umgesetzt. Nach einer intensiven und teilweise in alle Einzelheiten des Falles gehenden summarischen Überprüfung der streitbefangenen Entscheidung sei das Gericht zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen, dass die Entscheidung des Ag nicht zu beanstanden sei. Die Klage des Beigeladenen zu 7) (Az.: S 21 KA 404/10) dürfte

deshalb kaum Aussicht auf Erfolg haben. Damit sei für das vorliegende Anordnungsverfahren der Anordnungsanspruch als gegeben anzusehen. Die Notwendigkeit, die möglichst rasche ausreichende sozialpädiatrische Behandlung von Kindern in Bayern sicherzustellen, ergebe den Anordnungsgrund (überwiegendes öffentliches Interesse). Das Interesse des Beigeladenen zu 7) müsse vorläufig zurücktreten.

Gegen diesen Beschluss des SG richtet sich zum einen die Beschwerde des Beigeladenen zu 7) vom 01.12.2010, die mit Schriftsatz vom 07.01.2011 näher begründet wurde. Es liege weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch vor. Das SG begründe einen Anordnungsgrund mit der Notwendigkeit, die möglichst rasche ausreichende sozialpädiatrische Behandlung von Kindern in Bayern sicherzustellen. Dies stehe im Widerspruch zu den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Sinne von § 86b Abs. 1 SGG in Ermächtigungsangelegenheiten. Für die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts sei ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinaus gehe, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertige. Dies gelte insbesondere in Ermächtigungsangelegenheiten, weil hier in aller Regel nicht angenommen werden könne, dass durch die Erteilung oder Versagung einer Ermächtigung konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftgüter wie etwa das System der kassenärztlichen Versorgung oder eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen verursacht werden könnten. Deswegen sei in Zulassungs- und Ermächtigungssachen der Erlass einer einstweiligen Anordnung auf besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt. Bereits der Ausgangspunkt des SG, nämlich die Annahme einer Notwendigkeit der Sicherstellung der sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern in Bayern, sei verfehlt. Das SG verkenne, dass in Bayern flächendeckend bereits 13 sozialpädiatrische Zentren vorhanden seien. Niederbayern sei mit seinem ca. 1,2 Millionen Einwohnern mit 2 sozialpädiatrischen Zentren in Landshut und Passau und damit einem Verhältnis von knapp 600.000 Einwohnern pro SPZ weit überdurchschnittlich versorgt. Das SG habe weiterhin verkannt, dass zusätzlich zu der Versorgung Niederbayerns mit SPZ die Versorgung durch niedergelassene Kinderärzte träte. Diese Berücksichtigung fordere der Grundsatz des Vorrangs der vertragsärztlichen Versorgung. Der Planungsbereich B-Stadt sei mit den sechs niedergelassenen Kinderärzten bereits mit einem Versorgungsplan von 148 % gesperrt. Aufgrund dieser Verteilungsverhältnisse habe die Beigeladene zu 1) im Ermächtigungsverfahren als zuständige Stelle im Rahmen der Bedarfsplanung zutreffend festgestellt, dass für ein weiteres SPZ in B-Stadt kein Bedarf sei. Das SG habe weiterhin verkannt, dass zusätzlich zur Versorgung durch SPZ die Versorgung durch den Beschwerdeführer (Bf) als niedergelassenen Kinderarzt mit sozialpädiatrischem Schwerpunkt trete. Der Bf habe hier umfassend zu seinem sozialpädiatrischem Schwerpunkt vorgetragen und hierzu umfangreiches Beweismaterial vorgelegt. Der Ast habe im gesamten Verfahren bislang keine Patientengruppe, kein Krankheitsbild genannt, das ausschließlich innerhalb eines SPZ und nicht vom Bf versorgt werden könnte. Es liege entgegen der Auffassung des SG auch kein Anordnungsanspruch vor. Die Gewährung einer unbeschränkten Ermächtigung in Form des Bescheides des Bg vom 20.05.2010 sei mangels Bestimmtheit aus sich heraus rechtswidrig. Des Weiteren werde der Grundsatz des Vorrangs der niedergelassenen Vertragsärzte verletzt. Ebenso wenig würde das Stufensystem der vertragsärztlichen Ermächtigung beachtet. Die Institutsermächtigung sei im System der Formen der Teilnahme die subsidiärste Teilnahmeform. Aufgrund der Verletzung von Verfahrensrechten in Form der Versäumung der notwendigen Beiladung sei das Urteil des SG (Az.: S 43 KA 747/08) gegenüber dem Bf auch nicht rechtskräftig. Sei eine notwendige Beiladung versäumt worden, werde der Dritte nicht durch das Urteil gebunden, weil er nicht Beteiligter sei (§ 141 Abs. 1 SGG).

Der Bf und Beigeladene zu 7) stellt den Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17.11.2010 (Az.: S 21 KA 635/10 ER) aufzuheben und des Antrag des Antragstellers abzuweisen.

Der Ast stellt den Antrag,
1. den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17.11.2010 (Az.: S 21 KA 635/10 ER) insoweit aufzuheben, als dem Hauptantrag nicht stattgegeben wurde,
2. festzustellen, dass die vor dem Sozialgericht München unter dem Az.: S 21 KA 404/10 anhängige Klage des Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 02.03.2010 keine aufschiebende Wirkung habe.
3. Die Beschwerde des Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17.11.2010 zurückzuweisen.

Die Prozessbevollmächtigten des Ast haben mit Schriftsatz vom 02.02.2011 vorgetragen, dass das SG richtigerweise bereits dem Hauptantrag des Ast hätte stattgeben müssen. Insgesamt würden die Voraussetzungen einer Dritt-Anfechtungsbefugnis nicht vorliegen, der Beigeladene zu 7) sei von der erteilten SPZ-Ermächtigung nicht betroffen. Seine Klage in der Hauptsache gegen die SPZ-Ermächtigung sei offensichtlich unzulässig und entfalte keine aufschiebende Wirkung. Mit weiteren Schriftsatz vom 11.02.2011 haben die Prozessbevollmächtigten des Ast vorgetragen, dass mindestens jedoch dem hilfsweise gestellten Antrag, die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Ag vom 02.03.2010 anzuordnen, stattzugeben sei. Entgegen den Ausführungen des Beigeladenen zu 7) sei ohne die Erteilung der durch den Ast begehrten Ermächtigung für ein SPZ in B-Stadt die Versorgung der Versicherten mit den Leistungen eines Sozialpädiatrischen Zentrums nicht sichergestellt. Dies habe bereits das SG in seinem Urteil vom 30.07.2009, Az.: S 43 KA 747/08, rechtskräftig festgestellt. Wie das SG in dem Urteil richtig ausführe, komme es auf die Versorgung der Versicherten durch Kinder- und Jugendärzte, damit auch auf die Versorgung durch den Beigeladenen zu 7), nicht an. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers in § 119 SGB V. Der besondere Ermächtigungstatbestand nach § 119 SGB V sei deswegen geschaffen worden, da hierfür eine ganzheitliche Behandlung mit einem Bündel von integrierten, gezielten medizinischen, psychologischen, pädagogischen und sozialen Maßnahmen notwendig sei, die nur in fachübergreifend sozialpädiatrischen Zentren angeboten werden könnten. Diesen, vom Gesetzgeber gewollten Zweck eines SPZ, der multidiziplinären, ganzheitlichen Behandlung in einem Zentrum könne ein niedergelassener Kinderarzt, wie der Beigeladene zu 7), nicht erfüllen. Aus diesen Gründen habe das SG richtigerweise mindestens ein überwiegendes öffentliches Interesse für die Anordnung des Sofortvollzugs gesehen. Insbesondere sei auch nicht das Gebot des Vorrangs niedergelassener Vertragsärzte vor Ermächtigungen missachtet worden. Dies könne lediglich bei begehrten Ermächtigungen bezüglich Leistungen gelten, die niedergelassene Vertragsärzte auch erbringen könnten, so bei Ermächtigungen nach § 116 SGB V i.V.m. § 31a Ärzte-ZV bzw. nach § 31 Ärzte-ZV. Die sofortige Vollziehung stehe im besonderen öffentlichen Interesse, eine multiinterdisziplinäre Behandlung sei ohne die begehrte SPZ-Ermächtigung nicht sichergestellt, was eine unzumutbare und schwere Beeinträchtigung der Patienten bedeute, die zwingend medizinisch notwendig der Behandlung in einem SPZ bedürften. Der Anordnungsanspruch fehle auch nicht deshalb, weil angeblich die erteilte Ermächtigung zu unbestimmt sei. Obwohl im Urteil des SG eine Beschränkung des Ermächtigungsumfangs nicht vorgesehen sei, habe der Ag in seinem Beschluss vom 02.03.2010 in Ziffer II die SPZ-Ermächtigung auf die Behandlung derjenigen Kinder beschränkt, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden könnten. In Ziffer III des Beschlusses füge er zudem einen Überweisungsfilter ein (vgl. hierzu Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 12.07.1995, Az.: L 5 KA 644/94). Soweit der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 7) behaupte, dem Ast sei es nunmehr möglich, unbeschränkt Leistungen nach dem EBM abzurechnen, so verkenne er offensichtlich die entsprechenden Vergütungsregelungen. Der EBM sei im Rahmen der Abrechnung der Leistungen des SPZ nämlich überhaupt nicht anwendbar. Ein Blick in das Gesetz hätte genügt, um herauszufinden, dass nach § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB V die Leistungen der SPZ unmittelbar von den Krankenkassen vergütet würden. Dabei sei die Vergütung nicht Teil der Gesamtvergütung.

Der Ag hat mit Schriftsatz vom 08.02.2011 darauf hingewiesen, dass mit dem angefochtenen Beschluss des Ag vom 02.03.2010 ein rechtskräftiges Urteil der 43. Kammer des Sozialgerichts München vom 30.07.2009 (Az.: S 43 KA 747/08) umgesetzt worden sei.

Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 16.02.2011 darauf hingewiesen, dass vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung zu den Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.07.2009 im Ergebnis richtig sei und damit von den beigeladenen Krankenkassen nicht mit Rechtsmitteln angegriffen worden sei (Hinweis auf LSG NRW, Beschluss vom 02.04.2009, Az.: L 11 KA 2/09 ER sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.1995, Az.: L 5 KA 644/94).

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten des Ag, die Akte des Sozialgerichts München mit dem Az.: S 21 KA 635/10 ER sowie auf die Beschwerdeakte des Bayer. Landessozialgerichts mit dem Az.: L 12 KA 120/10 B ER verwiesen.

II.

Die zulässigen Beschwerden des Beigeladenen zu 7) und des Ast sind nicht begründet.
Der angefochtene Beschluss des SG vom 17. November 2010 (Az.: S 21 KA 635/10 ER) ist nicht zu beanstanden.
Daher ist zum einen die Beschwerde des Ast vom 20.12.2010 mit dem Ziel feststellen zu lassen, dass die vor dem SG unter dem Az.: S 21 KA 404/10 anhängige Klage des Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Ag vom 02.03.2010 keine aufschiebende Wirkung hat, zurückzuweisen.
Gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und wie hier die Anfechtungsklage (Az.: S 21 KA 404/10) des Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Ast vom 02.03.2010 (Bescheid vom 20.05.2010) aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung tritt dabei unabhängig von der Begründetheit des Rechtsbehelfs und grundsätzlich auch unabhängig von der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs ein. Ausnahmsweise soll die aufschiebende Wirkung bei offensichtlicher Unzulässigkeit (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 23.04.2002, Az.: L 6 RJ 113/02 ER in SGb 2002, 449) entfallen. Dies heißt umgekehrt aber auch, dass für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs bzw. wie hier einer Klage nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG es ausreichend ist, dass kein offensichtlich unzulässiges Rechtsmittel vorliegt. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn die Frage, ob ein niedergelassener Kinderarzt die Ermächtigung eines SPZ zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern anfechten kann, kann jedenfalls nicht im Sinne einer offensichtlichen Unzulässigkeit eines solchen Rechtsmittels beantwortet werden, weil die Frage der Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit eines Widerspruchs bzw. einer Klage von der Beantwortung einer Vielzahl von tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG (vgl. zuletzt Urteil vom 28.10.2009, Az.: B 6 KA 42/08 R = SozR 4-5520 § 24 Nr. 3) abhängt.

Zum anderen ist aber auch die Beschwerde des Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des SG vom 17. November 2010 (Az.: S 21 KA 635/10 ER) gegen die angeordnete sofortige Vollziehung des Bescheides des Ag vom 2. Mai 2010 (Beschluss vom 2. März 2010) zurückzuweisen.

Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen.
Bei der Entscheidung, ob entgegen der gesetzlichen Bestimmung in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG die sofortige Vollziehung der Klage anzuordnen ist, sind in einem ersten Prüfungsschritt die Erfolgsaussichten der Klage einer summarischen Prüfung zu unterziehen. Je größer die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 7) (Az.: S 21 KA 404/10) sind, umso größere Anforderungen sind an die Anordnung des Sofortvollzugs zu stellen. Je geringer umgekehrt die Erfolgsaussichten der Klage des Beigeladenen zu 7) zu bewerten sind, desto geringere Anforderungen sind an die Anordnung des Sofortvollzugs zu stellen. Offensichtlich rechtmäßige Verwaltungsakte können in der Regel sofort vollzogen werden, während an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte grundsätzlich kein legitimes Interesse besteht. Kann eine endgültige Prognose bezüglich der Erfolgsaussichten (noch) nicht gestellt werden, müssen die für und wider die sofortige Vollziehung sprechenden Interessen gegeneinander abgewogen werden.

Vorliegend stimmt der Senat der Einschätzung des SG in dem angefochtenen Beschluss vom 17. November 2010 (Az.: S 21 KA 635/10 ER) zu, dass die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage (Az.: S 21 KA 404/10) bei summarischer Prüfung als sehr gering einzuschätzen sind.

Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil des BSG vom 28.10.2009, Az.: B 6 KA 42/08 R = SozR 4-5520 § 24 Nr. 9, mit dem das Urteil des BayLSG vom 23.07.2008, Az.: L 12 KA 3/08, MedRecht 2009, 65-59 bestätigt wurde) besteht eine Anfechtungsberechtigung des Vertragsarztes gegenüber der Ermächtigung der Ast (sog. defensive Konkurrentenklage) nur dann, wenn
1. der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten,
2. dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert wird und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird sowie
3. der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist; dies ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von dem bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird.

Von den genannten drei Voraussetzungen ist bereits die erste Voraussetzung, wonach der Beigeladene zu 7) und der Ast im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, nicht erfüllt. Schon die Fassung des angefochtenen Bescheides des Ag vom 2. Mai 2010 (Beschluss vom 2. März 2010) in Ziffer II und III stellt sicher, dass es nicht zu einer ins Gewicht fallenden Überschneidung zwischen der Leistungserbringung durch den Ast und dem Beigeladenen zu 7) kommt. Denn in Ziffer II Satz 2 dieses Beschlusses ist die Ermächtigung zur Behandlung auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Diese Formulierung hat der Ag aus § 119 Abs. 2 Satz 1 SGB V übernommen. Aus dieser qualitativen Abgrenzung ergibt sich, dass unabhängig vom Vorhandensein niedergelassener Ärzte und geeigneter Frühförderstellen ein bestimmter Personenkreis wegen Art, Schwere oder Dauer des Krankheitsbildes einer Behandlung durch SPZ bedarf. Mit den "geeigneten Ärzten" sind gerade diejenigen Vertragsärzte gemeint, die typischerweise die vertragsärztliche Behandlung von Kindern übernehmen, wie der Beigeladene zu 7) als Kinderarzt und insbesondere Fachärzte für Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie und -psychotherapie. Nur wenn Art, Schwere oder Dauer des Krankheitsbildes keine hinreichende Behandlung durch diese Vertragsarztgruppen zulassen, ist die Behandlung in einem SPZ durchzuführen. Damit diese Abgrenzung auch eingehalten wird, sieht der angefochtene Beschluss in der Ziffer III vor, dass die Behandlung im SPZ nur auf Überweisung von Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin, Ärzten für Neurologie und Psychiatrie sowie für Kinder- und Jugendpsychiatrie zu erfolgen hat. Mit dem auf diese Facharztgruppen zugeschnittenen Überweisungsfilter ist sichergestellt, dass die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Behandlung in einem SPZ nur von denjenigen Ärzten zu treffen ist, die ansonsten selbst die sozialpädiatrische Versorgung sicherstellen. In tatsächlicher Hinsicht ist für den Senat nicht erkennbar, wie der Kläger, der allein als Kinderarzt in B-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, den Zweck eines SPZ einer multidisziplinären ganzheitlichen Behandlung mit entsprechender Personalausstattung (Kinderarzt mit spezieller Qualifikation, Dipl.-Psychologe mit spezieller Qualifikation, drei bis vier Therapeuten der Fachrichtungen Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie, Heilpädagogik und Sozialpädagogik, Sozialarbeit sowie ggf. ergänzendem Personalbedarf) und entsprechender apparativer Ausstattung (elektrophysiologische Diagnostik - insbesondere EEG, ferner Elektromyographie und Elektroneurographie, evozierte Potentiale -, audiologische Diagnostik, klinisch-chemisches Labor und bildgebende Verfahren - Röntgen, Ultraschall, MRT - sowie Videorecording) gewährleisten soll. Eine andere Betrachtungsweise wäre möglicherweise angebracht, wenn ein Medizinisches Versorgungszentrum sich gegen die Ermächtigung des Ast mit einer entsprechenden personellen und apparativen Ausstattung wenden würde.
Es kann vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben, ob der Beigeladene zu 7) die genannten Voraussetzungen 2) und 3) für die Bejahung einer Anfechtungsberechtigung erfüllen würde.
Insgesamt ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung des Ag auf dem rechtskräftigen Urteil des SG vom 30.07.2009, Az.: S 43 KA 747/08, beruht.

Der Senat folgt der erstinstanzlichen Entscheidung auch insoweit, als diese ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug bejaht hat.
Dieses Interesse, das die Anordnung entsprechend § 97 Abs. 4 SGB V voraussetzt, ergibt sich vorliegend daraus, dass dem von dem Ag in dem angefochtenen Beschluss begünstigten Personenkreis der schwerstbehinderten Kinder ein weiteres Zuwarten, insbesondere auch auf die weite Entfernung zu den anderen nächstgelegenen SPZ in Passau oder Landshut, nicht länger zuzumuten ist. Dies gilt um so mehr, als der angegriffene Beschluss bis 30.06.2012 befristet ist, so dass ein Zuwarten auf die rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache die Ermächtigung letztlich ins Leere laufen würde. Bei einer eventuellen Anschlussermächtigung ab 01.07.2012 handelt es sich um eine neue eigenständige Entscheidung mit entsprechenden eigenständigen Rechtsschutzmöglichkeiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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