Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 4864/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5174/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Wege des Zugunstenverfahrens, ihr darlehensweise bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) als Zuschuss zu gewähren.
Die 1974 geborene Klägerin beantragte im August 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Laut Zeugnis vom 19. Juli 2005 hatte sie die Jahrgangsstufe 12 des Abendgymnasiums K. abgeschlossen. Der Schulbesuch wurde im folgenden Schuljahr fortgesetzt. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhielt die Klägerin nicht, da sie bei Ausbildungsbeginn die Altersgrenze von 30 Jahren überschritten hatte (Ablehnungsbescheid vom 22. September 2005 betreffend den Zeitraum 1. September 2005 bis 30. Juni 2006).
Der Beklagte lehnte zunächst den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ab, da die Ausbildung der Klägerin dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG sei. Mit Bescheid vom 29. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2006 bewilligte der Beklagte sodann wegen Annahme eines Härtefalls nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 12. August 2005 bis 28. Februar 2006 als Darlehen, ab 1. Dezember 2005 unter Anrechnung von Erwerbseinkommen aus einer am 1. November 2005 aufgenommenen Tätigkeit mit einem Bruttogehalt von 640 EUR (Aufhebungsbescheid vom 26. Januar 2006). Mit Bescheid vom 16. November 2005 bewilligte der Beklagte zudem eine einmalige Beihilfe für Erstausstattung für Bekleidung bei Schwangerschaft i.H.v. 485 EUR sowie einen Mehrbedarf wegen Schwangerschaft i.H.v. 59 EUR monatlich ab 1. Dezember 2005 als Zuschuss.
Ein gegen die Gewährung als Darlehen gerichtetes Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid vom 4. Januar 2007 - S 11 AS 894/06).
Am 20. August 2009 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids vom 29. September 2005. Mit Bescheid vom 26. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2009 lehnte der Beklagte eine Abänderung des Bescheids vom 29. September 2005 ab. Im streitigen Zeitraum sei § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II, wonach bei Auszubildenden, die ein Abendgymnasium besuchen und die auf Grund von § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II keine Anwendung finde, noch nicht in Kraft gewesen.
Mit ihrer am 2. November 2009 zum SG erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, sie habe Anspruch auf Gewährung der Leistungen für die Zeit vom 12. August 2005 bis 28. Februar 2006 als Zuschuss gemäß dem in ihrem Fall analog anzuwendenden § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II. Trotz des Besuchs des Abendgymnasiums sei sie in der Lage gewesen, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Die darlehensweise Gewährung von Leistungen beziehe sich nicht auf Kosten der Unterkunft und Heizung.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. September 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Bescheid vom 29. September 2005 nicht gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) abzuändern sei, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung durchlaufen habe und damit nach § 7 Abs. 5 SGB II ein Anspruch auf Leistungen grundsätzlich nicht bestehe. Die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II habe im streitigen Zeitraum nicht gegolten und sei daher auf den Anspruch der Klägerin nicht anzuwenden. Abweichende Übergangsvorschriften habe der Gesetzgeber nicht erlassen. Verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergleich zu Teilnehmern an einem Fernhochschulstudium in Teilzeit sehe das Gericht hierin nicht. Auch soweit die Klägerin die darlehensweise Gewährung für rechtswidrig halte, weil sie neben dem Besuch des Abendgymnasiums einer Erwerbstätigkeit habe nachgehen können, begründe dies die Klage nicht. Auf die konkrete Verfügbarkeit komme es bei § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht an. Der Einwand, die darlehensweise gewährten Leistungen im Rahmen des angenommenen Härtefalls berücksichtigten nicht die Kosten der Unterkunft und Heizung, finde im Gesetz keine Stütze. Die Vorschrift differenziere nicht zwischen der Regelleistung und den Leistungen nach § 22 SGB II.
Gegen den ihrem damaligen Bevollmächtigten am 27. September 2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 27. Oktober 2010 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie trägt vor, der Bescheid vom 29. September 2005 berücksichtige nicht das ab November 2005 erzielte Erwerbseinkommen sowie den Schwangerschaftsmehrbedarf. Allein deshalb sei der Bescheid sachlich nicht richtig. Auch der Gerichtsbescheid lasse das Erwerbseinkommen außer Betracht. Damit habe sie ihren Lebensunterhalt bis auf die Kosten der Unterkunft selbst bestreiten können. Sie verstehe nicht, warum ihr nicht spätestens zum Zeitpunkt der Erwerbstätigkeit Wohngeld als Zuschuss zugestanden habe. Anders als beim Bezug von Arbeitslosengeld II scheine es beim Wohngeld durchaus eine Rolle zu spielen, ob die persönlichen Voraussetzungen für einen BAföG-Bezug erfüllt seien. Damit seien andere Wohngeldberechtigte, die keine berufsbegleitende Ausbildung absolvierten, ihr gegenüber besser gestellt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. September 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 26. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2009 zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheid vom 29. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2006 und des Änderungsbescheids vom 26. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 12. August 2005 bis 28. Februar 2006 als Zuschuss statt als Darlehen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidungen des SG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch in der Sache nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung der Leistungen für den Zeitraum 12. August 2005 bis 28. Februar 2006 als Zuschuss.
Nach §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1300 § 44 Nr. 24; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB X Rdnr. 2; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, § 44 Rdnr. 1b).
Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen hier nicht vor, denn der Bescheid vom 29. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2006, abgeändert durch Bescheid vom 26. Januar 2006 ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte sowie das SG haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Leistungen im hier streitigen Zeitraum nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II aufgrund des Vorliegens eines Härtefalls nur als Darlehen gewährt werden konnten. Insbesondere ist die Regelung des § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II, wonach Absatz 5 keine Anwendung findet auf Auszubildende, die u.a. ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, erst durch Gesetz vom 23. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3254) geschaffen worden und zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Die Vorschrift kann daher für den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung finden. Auch im Übrigen setzt sich das SG zutreffend mit dem Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren auseinander, so dass auf die überzeugenden Ausführungen des SG Bezug genommen wird und die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurückgewiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren ausführt, der Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil ihr Erwerbseinkommen und der Mehrbedarf wegen Schwangerschaft nicht berücksichtigt worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte mit Bescheid vom 26. Januar 2006 die Bewilligung ab 1. Dezember 2006 teilweise aufgehoben und das Erwerbseinkommen, welches der Klägerin nach Lage der Akten jeweils im Folgemonat zugeflossen ist, zutreffend angerechnet hat. Abgesehen davon hätte eine Nichtberücksichtigung von Erwerbseinkommen die Klägerin begünstigt und nicht zu einem Vorenthalten von Sozialleistungen i.S.v. § 44 SGB X geführt. Ebenso hat der Beklagte den Mehrbedarf wegen Schwangerschaft mit Bescheid vom 16. November 2005 beginnend ab 1. Dezember 2005 und somit nach der 12. Schwangerschaftswoche bei einem voraussichtlichen Geburtstermin am 15. Juni 2006 bewilligt, und zwar als Zuschuss. Unabhängig davon, ob eine Bewilligung durch gesonderten Bescheid zulässig war oder der Mehrbedarf unter Abänderung des Bescheids für den laufenden Bewilligungsabschnitt hätte bewilligt werden müssen (vgl. hierzu BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr. 5), sind der Klägerin insoweit jedenfalls nicht Sozialleistungen vorenthalten worden, denn sie hat den entsprechenden Mehrbedarf tatsächlich erhalten. Weitergehende Ansprüche nach dem SGB II auf darüber hinausgehende Leistungen bestehen im hier streitigen Zeitraum nicht.
Soweit die Klägerin schließlich rügt, ihr habe im streitigen Zeitraum Wohngeld zugestanden, kann dies im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden. Ansprüche auf Wohngeld sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, sie waren auch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Darüber hinaus ist der Beklagte nicht zuständige Wohngeldbehörde, so dass er derartige Leistungen in dem zu überprüfenden Bescheid vom 29. September 2005 gar nicht hätte gewähren können. Abgesehen davon ist für Streitigkeiten nach dem Wohngeldgesetz die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Wege des Zugunstenverfahrens, ihr darlehensweise bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) als Zuschuss zu gewähren.
Die 1974 geborene Klägerin beantragte im August 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Laut Zeugnis vom 19. Juli 2005 hatte sie die Jahrgangsstufe 12 des Abendgymnasiums K. abgeschlossen. Der Schulbesuch wurde im folgenden Schuljahr fortgesetzt. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhielt die Klägerin nicht, da sie bei Ausbildungsbeginn die Altersgrenze von 30 Jahren überschritten hatte (Ablehnungsbescheid vom 22. September 2005 betreffend den Zeitraum 1. September 2005 bis 30. Juni 2006).
Der Beklagte lehnte zunächst den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ab, da die Ausbildung der Klägerin dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG sei. Mit Bescheid vom 29. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2006 bewilligte der Beklagte sodann wegen Annahme eines Härtefalls nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 12. August 2005 bis 28. Februar 2006 als Darlehen, ab 1. Dezember 2005 unter Anrechnung von Erwerbseinkommen aus einer am 1. November 2005 aufgenommenen Tätigkeit mit einem Bruttogehalt von 640 EUR (Aufhebungsbescheid vom 26. Januar 2006). Mit Bescheid vom 16. November 2005 bewilligte der Beklagte zudem eine einmalige Beihilfe für Erstausstattung für Bekleidung bei Schwangerschaft i.H.v. 485 EUR sowie einen Mehrbedarf wegen Schwangerschaft i.H.v. 59 EUR monatlich ab 1. Dezember 2005 als Zuschuss.
Ein gegen die Gewährung als Darlehen gerichtetes Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid vom 4. Januar 2007 - S 11 AS 894/06).
Am 20. August 2009 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheids vom 29. September 2005. Mit Bescheid vom 26. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2009 lehnte der Beklagte eine Abänderung des Bescheids vom 29. September 2005 ab. Im streitigen Zeitraum sei § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II, wonach bei Auszubildenden, die ein Abendgymnasium besuchen und die auf Grund von § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II keine Anwendung finde, noch nicht in Kraft gewesen.
Mit ihrer am 2. November 2009 zum SG erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, sie habe Anspruch auf Gewährung der Leistungen für die Zeit vom 12. August 2005 bis 28. Februar 2006 als Zuschuss gemäß dem in ihrem Fall analog anzuwendenden § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II. Trotz des Besuchs des Abendgymnasiums sei sie in der Lage gewesen, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Die darlehensweise Gewährung von Leistungen beziehe sich nicht auf Kosten der Unterkunft und Heizung.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. September 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Bescheid vom 29. September 2005 nicht gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) abzuändern sei, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung durchlaufen habe und damit nach § 7 Abs. 5 SGB II ein Anspruch auf Leistungen grundsätzlich nicht bestehe. Die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II habe im streitigen Zeitraum nicht gegolten und sei daher auf den Anspruch der Klägerin nicht anzuwenden. Abweichende Übergangsvorschriften habe der Gesetzgeber nicht erlassen. Verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergleich zu Teilnehmern an einem Fernhochschulstudium in Teilzeit sehe das Gericht hierin nicht. Auch soweit die Klägerin die darlehensweise Gewährung für rechtswidrig halte, weil sie neben dem Besuch des Abendgymnasiums einer Erwerbstätigkeit habe nachgehen können, begründe dies die Klage nicht. Auf die konkrete Verfügbarkeit komme es bei § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II nicht an. Der Einwand, die darlehensweise gewährten Leistungen im Rahmen des angenommenen Härtefalls berücksichtigten nicht die Kosten der Unterkunft und Heizung, finde im Gesetz keine Stütze. Die Vorschrift differenziere nicht zwischen der Regelleistung und den Leistungen nach § 22 SGB II.
Gegen den ihrem damaligen Bevollmächtigten am 27. September 2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 27. Oktober 2010 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie trägt vor, der Bescheid vom 29. September 2005 berücksichtige nicht das ab November 2005 erzielte Erwerbseinkommen sowie den Schwangerschaftsmehrbedarf. Allein deshalb sei der Bescheid sachlich nicht richtig. Auch der Gerichtsbescheid lasse das Erwerbseinkommen außer Betracht. Damit habe sie ihren Lebensunterhalt bis auf die Kosten der Unterkunft selbst bestreiten können. Sie verstehe nicht, warum ihr nicht spätestens zum Zeitpunkt der Erwerbstätigkeit Wohngeld als Zuschuss zugestanden habe. Anders als beim Bezug von Arbeitslosengeld II scheine es beim Wohngeld durchaus eine Rolle zu spielen, ob die persönlichen Voraussetzungen für einen BAföG-Bezug erfüllt seien. Damit seien andere Wohngeldberechtigte, die keine berufsbegleitende Ausbildung absolvierten, ihr gegenüber besser gestellt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. September 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 26. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2009 zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheid vom 29. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2006 und des Änderungsbescheids vom 26. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 12. August 2005 bis 28. Februar 2006 als Zuschuss statt als Darlehen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidungen des SG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch in der Sache nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung der Leistungen für den Zeitraum 12. August 2005 bis 28. Februar 2006 als Zuschuss.
Nach §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-1300 § 44 Nr. 24; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB X Rdnr. 2; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, § 44 Rdnr. 1b).
Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen hier nicht vor, denn der Bescheid vom 29. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2006, abgeändert durch Bescheid vom 26. Januar 2006 ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte sowie das SG haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Leistungen im hier streitigen Zeitraum nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II aufgrund des Vorliegens eines Härtefalls nur als Darlehen gewährt werden konnten. Insbesondere ist die Regelung des § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II, wonach Absatz 5 keine Anwendung findet auf Auszubildende, die u.a. ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, erst durch Gesetz vom 23. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3254) geschaffen worden und zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Die Vorschrift kann daher für den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung finden. Auch im Übrigen setzt sich das SG zutreffend mit dem Vorbringen der Klägerin im Klageverfahren auseinander, so dass auf die überzeugenden Ausführungen des SG Bezug genommen wird und die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurückgewiesen wird (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren ausführt, der Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil ihr Erwerbseinkommen und der Mehrbedarf wegen Schwangerschaft nicht berücksichtigt worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte mit Bescheid vom 26. Januar 2006 die Bewilligung ab 1. Dezember 2006 teilweise aufgehoben und das Erwerbseinkommen, welches der Klägerin nach Lage der Akten jeweils im Folgemonat zugeflossen ist, zutreffend angerechnet hat. Abgesehen davon hätte eine Nichtberücksichtigung von Erwerbseinkommen die Klägerin begünstigt und nicht zu einem Vorenthalten von Sozialleistungen i.S.v. § 44 SGB X geführt. Ebenso hat der Beklagte den Mehrbedarf wegen Schwangerschaft mit Bescheid vom 16. November 2005 beginnend ab 1. Dezember 2005 und somit nach der 12. Schwangerschaftswoche bei einem voraussichtlichen Geburtstermin am 15. Juni 2006 bewilligt, und zwar als Zuschuss. Unabhängig davon, ob eine Bewilligung durch gesonderten Bescheid zulässig war oder der Mehrbedarf unter Abänderung des Bescheids für den laufenden Bewilligungsabschnitt hätte bewilligt werden müssen (vgl. hierzu BSGE 102, 290 = SozR 4-4200 § 21 Nr. 5), sind der Klägerin insoweit jedenfalls nicht Sozialleistungen vorenthalten worden, denn sie hat den entsprechenden Mehrbedarf tatsächlich erhalten. Weitergehende Ansprüche nach dem SGB II auf darüber hinausgehende Leistungen bestehen im hier streitigen Zeitraum nicht.
Soweit die Klägerin schließlich rügt, ihr habe im streitigen Zeitraum Wohngeld zugestanden, kann dies im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden. Ansprüche auf Wohngeld sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, sie waren auch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Darüber hinaus ist der Beklagte nicht zuständige Wohngeldbehörde, so dass er derartige Leistungen in dem zu überprüfenden Bescheid vom 29. September 2005 gar nicht hätte gewähren können. Abgesehen davon ist für Streitigkeiten nach dem Wohngeldgesetz die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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