Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 1 LW 3/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 374/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Einzelfall, in dem die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung an den übergebenden Landwirt mit Vollendung des 65. Lebensjahres seines übernehmenden Ehegatten endete.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Einstellung seiner Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1936 geborene Kläger beantragte am 25. September 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Dem beigefügt war eine Erklärung über das Ausscheiden aus dem landwirtschaftlichen Unternehmen; der Kläger hatte das landwirtschaftliche Unternehmen am 01.07.1997 an seine 1942 geborene Ehefrau abgegeben.
Mit Bescheid vom 12.11.1997 gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 27.08.1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte - ALG -. Dieser Bescheid enthielt als Anlage den Hinweis, dass die nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte notwendige Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens der Kläger in der Weise nachgewiesen habe, dass er seine landwirtschaftlich genutzten Flächen an seinen Ehegatten abgegeben habe. Eine wirksame Abgabe an den Ehegatten sei jedoch längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehegatten zulässig (§ 21 Abs. 9 ALG). Sollte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres seines Ehegatten eine erneute Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft an Dritte nicht nachgewiesen werden, falle der Rentenanspruch des Klägers weg.
Mit Schreiben der Beklagten vom 14.05.2007 wurde der Kläger nochmals darauf hingewiesen, dass seine Ehefrau nach den Unterlagen der Beklagten am xx.xx.2007 ihr 65. Lebensjahr vollende. Nachweise über die Abgabe des Unternehmens seien der Beklagten noch nicht vorgelegt worden. Die abgaberechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung an den Kläger würden daher mit dem Zeitpunkt entfallen, sofern das Unternehmen nicht formgerecht (an Dritte) abgegeben werde.
Ausweislich eines Vermerks der Beklagten vom 29.05.2007 teilte der Kläger im Rahmen eines Telefongesprächs mit, dass seine Ehe kinderlos geblieben sei und er somit Probleme bei der Abgabe der Landwirtschaft habe. Der Kläger zeigte sich davon überzeugt, dass man von ihm angesichts dieses Sachverhalts keine Abgabe verlangen könne und er dies auch nicht einsehe.
Nachdem der Kläger keinen Nachweis der Abgabe beim Beklagten eingereicht hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2007 die Zahlung der Rente wegen Erwerbsminderung an den Kläger mit dem 31.08.2007 ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 13 ALG Landwirte sowie deren Ehegatten Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung hätten, wenn unter anderem - das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben sei. Die Abgabe an den Ehegatten sei jedoch längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehegatten zulässig; dieses 65. Lebensjahr werde vom Ehegatten des Klägers mit Ablauf des xx.xx.2007 vollendet.
Dagegen legte der Kläger am 14.08.2007 Widerspruch ein, den er nicht begründete und den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2008 zurückwies.
Dagegen hat der Kläger am 26.02.2008 Klage erhoben. Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Rentengewährung an den Kläger mit der Maßgabe, ab Vollendung des 65. Lebensjahres der Ehefrau eine weitere Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens an Dritte nachzuweisen, insofern widersprüchlich sei, weil der Kläger keinen Einfluss darauf habe, dass der Ehegatte bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres den Betrieb weiter abgebe.
Das ganze, offensichtlich überholte System laufe auf eine Bestrafung des verheirateten Landwirts hinaus. Wenn der übernehmende Ehegatte sich entscheide, die Landwirtschaft über sein 65. Lebensjahr hinaus fortzuführen, dann nehme er dem abgebenden Ehegatten die Rente weg, obwohl dieser durch Versicherungsleistungen einen entsprechenden Rentenanspruch erworben habe. Bei einer Abgabe an einen sonstigen Dritten, z.B. eine Lebensgefährtin, würde diese Rechtsfolge nicht eintreten. Das Alter des Dritten spiele also keine Rolle, es sei denn, es handele sich um den Ehegatten. Dies verstoße nach Auffassung des Klägers gegen mehrere Vorschriften des Grundgesetzes. Dadurch, dass Ehepaare, die in der Landwirtschaft tätig seien, wesentlich schlechter gestellt würden als nicht verheiratete Lebenspartner, verstoße dies gegen den normierten besonderen Schutz von Ehe und Familie im Sinne von Art. 6 GG i. V. m. Art. 3 GG. Dass die Ehefrau indirekt gezwungen werde, ihre landwirtschaftliche Berufstätigkeit aufzugeben, um dem Ehemann die Rente zu erhalten, verstoße gegen Art. 12 GG. Werde - wie hier - das landwirtschaftliche Unternehmen vom Ehegatten nicht an einen Dritten abgegebenen, dann führe die Anwendung des Gesetzes zu einer entschädigungslosen Enteignung des Rentenanspruchs des Klägers, verstoße also gegen Art. 14 GG. Schließlich gingen die angefochtenen Bescheide zu Unrecht davon aus, dass die Ehefrau des Klägers mit Vollendung des 65. Lebensjahres die Regelaltersgrenze erreicht habe. Die Regelaltersgrenze werde nach § 11 Abs. 3 ALG mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab September 2007 bis März 2010 Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf ihren Widerspruchsbescheid. Ergänzend wird ausgeführt, dass bereits das am 1. Oktober 1957 in Kraft getretene Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte - GAL 1957 - die Abgabe des Betriebes, durch dessen Bewirtschaftung eine Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse von Gesetzes wegen entstanden war, von Anfang an als eine unabdingbare Voraussetzung für Geldleistungen aus diesem System der landwirtschaftlichen Altershilfe verlangt habe. Auch das Nachfolgegesetz zum GAL, das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG - habe die Hofabgabeklausel beibehalten. Lediglich unter den besonderen Bedingungen des § 21 Abs. 9 ALG sei für einen eng begrenzten Zeitraum ein Hofabgabe an den Ehegatten zulässig, bzw. werde eine zeitlich begrenzte fiktive Betriebsabgabe für gültig erklärt.
Die Ehefrau des Klägers verstarb am 11.04.2010 und ist vom Kläger alleine beerbt worden. Seit dem 12.04.2010 betreibt der Kläger wieder das landwirtschaftliche Unternehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die einschlägige Behördenakte (1 Hefter) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, § 105 SGG.
Der Antrag des Klägers ist sachdienlich (§ 123 SGG) dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 12.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 insoweit begehrt, als die Zahlung der Rente wegen Erwerbsminderung für den Zeitraum von September 2007 bis März 2010 eingestellt wurde. Mit einer auf diesen Zeitraum bezogenen Aufhebung des Bescheides vom 12.07.2007 lebt die Regelung aus dem Bescheid vom 12.11.1997 und die dort bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - die gemäß § 95 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ALG in der Fassung von Art. 10 Nr. 24 des Gesetzes vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) ab dem 01.01.2001 als Rente wegen voller Erwerbsminderung galt - wieder auf, so dass es keiner darüber hinausgehenden Verurteilung der Beklagten bedarf. Die in dieser Auslegung statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 12.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 SGG. Zu Recht hat die Beklagte mit den streitbefangenen Bescheiden die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit dem 31.08.2007 eingestellt. Der Kläger hat keinen Anspruch mehr auf Gewährung dieser Rente, nachdem seine Ehefrau das 65. Lebensjahr vollendet hatte.
Nach der Vorschrift des § 13 Abs. 1 S. 2 ALG erhalten Landwirte im Sinne des § 1 ALG eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert nach § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sind, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und die Wartezeit erfüllen (§ 13 Abs. 1 S. 2 i. V. m. S. 1 Nr. 2 und 3 ALG) und wenn das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist (§ 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ALG). Der Anspruch des Klägers, der die übrigen Voraussetzungen erfüllt, scheitert an der Voraussetzung einer formgerechten Unternehmensabgabe. Ob ein Unternehmen abgegeben ist, richtet sich nach der Vorschrift des § 21 ALG. Bei einer Abgabe unter Ehegatten gelten nach der Vorschrift des § 21 Abs. 9 ALG die Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens nur dann als erfüllt, wenn der die Flächen abgebende Ehegatte aus dem Unternehmen ausgeschieden ist und unabhängig von der jeweiligen Lage voll erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 2 SGB VI ist (§ 21 Abs. 9 S. 1 Nr. 1 ALG). Nach § 21 Abs. 9 S. 2 ALG gilt dies jedoch nur so lange, bis auch der übernehmende Ehegatte die Regelaltersgrenze erreicht hat oder erwerbsgemindert nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ist. Hier hat die Ehefrau des Klägers am xx.xx.2007 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die für sie maßgebliche Regelaltersgrenze erreicht. Der Auffassung des Klägers, dass aufgrund von § 11 Abs. 3 ALG die Regelaltersgrenze erst mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht werde, vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Denn durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demographische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz - vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) durch das auch § 11 ALG mit Wirkung vom 01.01.2008 neu gefasst wurde, wurde auch § 87a ALG eingefügt, wonach vor 1947 geborene Versicherte - zu denen die Ehefrau des Klägers gehörte - die Regelaltersgrenze abweichend von § 11 Abs. 3 mit Vollendung des 65. Lebensjahres und 0 Monaten erreichten.
Die Begrenzung der Wirkungen der Abgabe des Unternehmens bei einer Abgabe an den Ehegatten bis zur Vollendung von dessen 65. Lebensjahr begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die soziale Sicherung der Landwirte und ihrer Ehegatten beruht auf einem gegenüber der Rentenversicherung selbstständigen und berufsstandorientierten Sicherungssystem, welches gerade durch das Abgabeerfordernis auch sozial- und agrarpolitischen Zielen dient. Die vom Landwirt und seinem Ehegatten geforderte Unternehmensabgabe soll dazu beitragen, dass landwirtschaftliche Unternehmen zu einem wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt an jüngere Kräfte übergeben werden. Diese Verknüpfung von Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens und Gewährung einer Altersversorgung ist mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981 – SozR 5850 § 2 Nr. 8; Beschluss vom 20.09.1999 – SozR 3-5850 § 4 Nr. 1). Durch die in § 21 Abs. 9 S. 2 ALG vorgenommene Begrenzung der Wirkung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens unter Ehegatten auf den Zeitpunkt, an den der übernehmende Ehegatte das 65. Lebensjahr vollendete, wird der Kläger nicht in einer dem allgemeinen Gleichheitssatz widersprechenden Weise behandelt, auch nicht im Vergleich mit einem Landwirt mit unverheirateter Partnerin. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Grundrechts nach Art. 6 Abs. 1 GG, das Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung unterstellt. Es ist von Verfassungs wegen nicht verboten, an das Bestehen einer Ehe auch für den Einzelnen nachteilige Folgen anzuknüpfen. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft darf zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlich nachteiliger Rechtsfolgen genommen werden, sofern sich für eine Differenzierung zulasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses einleuchtende Sachgründe finden lassen und eine Diskriminierung der Ehe ausscheidet (BSG, Urteil vom 12.02.1998 – BSGE 81,294 (301) m. w. N.). Die Ehe ist - im Gegensatz zu einer eheähnlichen Gemeinschaft und stärker als diese - eine auf Dauer angelegte Gemeinschaft auch in wirtschaftlicher Hinsicht; hieraus können sich auch Folgen für Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit ergeben, wie § 1356 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt (BSG a. a. O.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 08.02.1984 - NJW 1984, 2040 (2041)) folgt aus dem Wesen der Ehe in Verbindung mit Treu und Glauben für beide Seiten die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 01.03.2004 – SozR 4-5868 § 1 Nr. 3) hat hieraus den Schluss gezogen, dass ein (landwirtschaftlicher) Unternehmer im Hinblick auf den Rentenanspruch des Ehegatten familienrechtlich zur Abgabe des Unternehmens verpflichtet sein könne.
Eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht gegeben. Zum einen fehlt in der Person des Klägers jeder Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit. Darüber hinaus ist der Kläger auch nicht befugt, vermeintlich seiner Ehefrau zustehende Grundrechte geltend zu machen. Schließlich ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 25.02.2010 - Breithaupt 2010, 952 (958) m. w. N.) anerkannt, dass das Grundrecht der Berufsfreiheit schon deswegen nicht berührt ist, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will.
Auch Art. 14 Abs. 1 GG ist im vorliegenden Fall nicht verletzt. Da - wie oben dargelegt - seit Inkrafttreten des GAL im Jahre 1957 die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente gegolten hatte, waren die vom Kläger erworbenen Rentenanwartschaften von vornherein mit diesem Abgabeerfordernis belastet (BSG, Urteil vom 25.02.2010 – a. a. O. (959)).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Einstellung seiner Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1936 geborene Kläger beantragte am 25. September 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Dem beigefügt war eine Erklärung über das Ausscheiden aus dem landwirtschaftlichen Unternehmen; der Kläger hatte das landwirtschaftliche Unternehmen am 01.07.1997 an seine 1942 geborene Ehefrau abgegeben.
Mit Bescheid vom 12.11.1997 gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 27.08.1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 13 Abs. 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte - ALG -. Dieser Bescheid enthielt als Anlage den Hinweis, dass die nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte notwendige Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens der Kläger in der Weise nachgewiesen habe, dass er seine landwirtschaftlich genutzten Flächen an seinen Ehegatten abgegeben habe. Eine wirksame Abgabe an den Ehegatten sei jedoch längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehegatten zulässig (§ 21 Abs. 9 ALG). Sollte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres seines Ehegatten eine erneute Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft an Dritte nicht nachgewiesen werden, falle der Rentenanspruch des Klägers weg.
Mit Schreiben der Beklagten vom 14.05.2007 wurde der Kläger nochmals darauf hingewiesen, dass seine Ehefrau nach den Unterlagen der Beklagten am xx.xx.2007 ihr 65. Lebensjahr vollende. Nachweise über die Abgabe des Unternehmens seien der Beklagten noch nicht vorgelegt worden. Die abgaberechtlichen Voraussetzungen für die Rentengewährung an den Kläger würden daher mit dem Zeitpunkt entfallen, sofern das Unternehmen nicht formgerecht (an Dritte) abgegeben werde.
Ausweislich eines Vermerks der Beklagten vom 29.05.2007 teilte der Kläger im Rahmen eines Telefongesprächs mit, dass seine Ehe kinderlos geblieben sei und er somit Probleme bei der Abgabe der Landwirtschaft habe. Der Kläger zeigte sich davon überzeugt, dass man von ihm angesichts dieses Sachverhalts keine Abgabe verlangen könne und er dies auch nicht einsehe.
Nachdem der Kläger keinen Nachweis der Abgabe beim Beklagten eingereicht hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2007 die Zahlung der Rente wegen Erwerbsminderung an den Kläger mit dem 31.08.2007 ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 13 ALG Landwirte sowie deren Ehegatten Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung hätten, wenn unter anderem - das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben sei. Die Abgabe an den Ehegatten sei jedoch längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Ehegatten zulässig; dieses 65. Lebensjahr werde vom Ehegatten des Klägers mit Ablauf des xx.xx.2007 vollendet.
Dagegen legte der Kläger am 14.08.2007 Widerspruch ein, den er nicht begründete und den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2008 zurückwies.
Dagegen hat der Kläger am 26.02.2008 Klage erhoben. Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Rentengewährung an den Kläger mit der Maßgabe, ab Vollendung des 65. Lebensjahres der Ehefrau eine weitere Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens an Dritte nachzuweisen, insofern widersprüchlich sei, weil der Kläger keinen Einfluss darauf habe, dass der Ehegatte bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres den Betrieb weiter abgebe.
Das ganze, offensichtlich überholte System laufe auf eine Bestrafung des verheirateten Landwirts hinaus. Wenn der übernehmende Ehegatte sich entscheide, die Landwirtschaft über sein 65. Lebensjahr hinaus fortzuführen, dann nehme er dem abgebenden Ehegatten die Rente weg, obwohl dieser durch Versicherungsleistungen einen entsprechenden Rentenanspruch erworben habe. Bei einer Abgabe an einen sonstigen Dritten, z.B. eine Lebensgefährtin, würde diese Rechtsfolge nicht eintreten. Das Alter des Dritten spiele also keine Rolle, es sei denn, es handele sich um den Ehegatten. Dies verstoße nach Auffassung des Klägers gegen mehrere Vorschriften des Grundgesetzes. Dadurch, dass Ehepaare, die in der Landwirtschaft tätig seien, wesentlich schlechter gestellt würden als nicht verheiratete Lebenspartner, verstoße dies gegen den normierten besonderen Schutz von Ehe und Familie im Sinne von Art. 6 GG i. V. m. Art. 3 GG. Dass die Ehefrau indirekt gezwungen werde, ihre landwirtschaftliche Berufstätigkeit aufzugeben, um dem Ehemann die Rente zu erhalten, verstoße gegen Art. 12 GG. Werde - wie hier - das landwirtschaftliche Unternehmen vom Ehegatten nicht an einen Dritten abgegebenen, dann führe die Anwendung des Gesetzes zu einer entschädigungslosen Enteignung des Rentenanspruchs des Klägers, verstoße also gegen Art. 14 GG. Schließlich gingen die angefochtenen Bescheide zu Unrecht davon aus, dass die Ehefrau des Klägers mit Vollendung des 65. Lebensjahres die Regelaltersgrenze erreicht habe. Die Regelaltersgrenze werde nach § 11 Abs. 3 ALG mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab September 2007 bis März 2010 Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf ihren Widerspruchsbescheid. Ergänzend wird ausgeführt, dass bereits das am 1. Oktober 1957 in Kraft getretene Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte - GAL 1957 - die Abgabe des Betriebes, durch dessen Bewirtschaftung eine Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse von Gesetzes wegen entstanden war, von Anfang an als eine unabdingbare Voraussetzung für Geldleistungen aus diesem System der landwirtschaftlichen Altershilfe verlangt habe. Auch das Nachfolgegesetz zum GAL, das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG - habe die Hofabgabeklausel beibehalten. Lediglich unter den besonderen Bedingungen des § 21 Abs. 9 ALG sei für einen eng begrenzten Zeitraum ein Hofabgabe an den Ehegatten zulässig, bzw. werde eine zeitlich begrenzte fiktive Betriebsabgabe für gültig erklärt.
Die Ehefrau des Klägers verstarb am 11.04.2010 und ist vom Kläger alleine beerbt worden. Seit dem 12.04.2010 betreibt der Kläger wieder das landwirtschaftliche Unternehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die einschlägige Behördenakte (1 Hefter) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, § 105 SGG.
Der Antrag des Klägers ist sachdienlich (§ 123 SGG) dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 12.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 insoweit begehrt, als die Zahlung der Rente wegen Erwerbsminderung für den Zeitraum von September 2007 bis März 2010 eingestellt wurde. Mit einer auf diesen Zeitraum bezogenen Aufhebung des Bescheides vom 12.07.2007 lebt die Regelung aus dem Bescheid vom 12.11.1997 und die dort bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - die gemäß § 95 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ALG in der Fassung von Art. 10 Nr. 24 des Gesetzes vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) ab dem 01.01.2001 als Rente wegen voller Erwerbsminderung galt - wieder auf, so dass es keiner darüber hinausgehenden Verurteilung der Beklagten bedarf. Die in dieser Auslegung statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 12.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 SGG. Zu Recht hat die Beklagte mit den streitbefangenen Bescheiden die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung mit dem 31.08.2007 eingestellt. Der Kläger hat keinen Anspruch mehr auf Gewährung dieser Rente, nachdem seine Ehefrau das 65. Lebensjahr vollendet hatte.
Nach der Vorschrift des § 13 Abs. 1 S. 2 ALG erhalten Landwirte im Sinne des § 1 ALG eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert nach § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sind, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und die Wartezeit erfüllen (§ 13 Abs. 1 S. 2 i. V. m. S. 1 Nr. 2 und 3 ALG) und wenn das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist (§ 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 ALG). Der Anspruch des Klägers, der die übrigen Voraussetzungen erfüllt, scheitert an der Voraussetzung einer formgerechten Unternehmensabgabe. Ob ein Unternehmen abgegeben ist, richtet sich nach der Vorschrift des § 21 ALG. Bei einer Abgabe unter Ehegatten gelten nach der Vorschrift des § 21 Abs. 9 ALG die Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens nur dann als erfüllt, wenn der die Flächen abgebende Ehegatte aus dem Unternehmen ausgeschieden ist und unabhängig von der jeweiligen Lage voll erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 2 SGB VI ist (§ 21 Abs. 9 S. 1 Nr. 1 ALG). Nach § 21 Abs. 9 S. 2 ALG gilt dies jedoch nur so lange, bis auch der übernehmende Ehegatte die Regelaltersgrenze erreicht hat oder erwerbsgemindert nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ist. Hier hat die Ehefrau des Klägers am xx.xx.2007 das 65. Lebensjahr vollendet und damit die für sie maßgebliche Regelaltersgrenze erreicht. Der Auffassung des Klägers, dass aufgrund von § 11 Abs. 3 ALG die Regelaltersgrenze erst mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht werde, vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Denn durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demographische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz - vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) durch das auch § 11 ALG mit Wirkung vom 01.01.2008 neu gefasst wurde, wurde auch § 87a ALG eingefügt, wonach vor 1947 geborene Versicherte - zu denen die Ehefrau des Klägers gehörte - die Regelaltersgrenze abweichend von § 11 Abs. 3 mit Vollendung des 65. Lebensjahres und 0 Monaten erreichten.
Die Begrenzung der Wirkungen der Abgabe des Unternehmens bei einer Abgabe an den Ehegatten bis zur Vollendung von dessen 65. Lebensjahr begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die soziale Sicherung der Landwirte und ihrer Ehegatten beruht auf einem gegenüber der Rentenversicherung selbstständigen und berufsstandorientierten Sicherungssystem, welches gerade durch das Abgabeerfordernis auch sozial- und agrarpolitischen Zielen dient. Die vom Landwirt und seinem Ehegatten geforderte Unternehmensabgabe soll dazu beitragen, dass landwirtschaftliche Unternehmen zu einem wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt an jüngere Kräfte übergeben werden. Diese Verknüpfung von Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens und Gewährung einer Altersversorgung ist mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981 – SozR 5850 § 2 Nr. 8; Beschluss vom 20.09.1999 – SozR 3-5850 § 4 Nr. 1). Durch die in § 21 Abs. 9 S. 2 ALG vorgenommene Begrenzung der Wirkung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens unter Ehegatten auf den Zeitpunkt, an den der übernehmende Ehegatte das 65. Lebensjahr vollendete, wird der Kläger nicht in einer dem allgemeinen Gleichheitssatz widersprechenden Weise behandelt, auch nicht im Vergleich mit einem Landwirt mit unverheirateter Partnerin. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Grundrechts nach Art. 6 Abs. 1 GG, das Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung unterstellt. Es ist von Verfassungs wegen nicht verboten, an das Bestehen einer Ehe auch für den Einzelnen nachteilige Folgen anzuknüpfen. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft darf zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlich nachteiliger Rechtsfolgen genommen werden, sofern sich für eine Differenzierung zulasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses einleuchtende Sachgründe finden lassen und eine Diskriminierung der Ehe ausscheidet (BSG, Urteil vom 12.02.1998 – BSGE 81,294 (301) m. w. N.). Die Ehe ist - im Gegensatz zu einer eheähnlichen Gemeinschaft und stärker als diese - eine auf Dauer angelegte Gemeinschaft auch in wirtschaftlicher Hinsicht; hieraus können sich auch Folgen für Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit ergeben, wie § 1356 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt (BSG a. a. O.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 08.02.1984 - NJW 1984, 2040 (2041)) folgt aus dem Wesen der Ehe in Verbindung mit Treu und Glauben für beide Seiten die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 01.03.2004 – SozR 4-5868 § 1 Nr. 3) hat hieraus den Schluss gezogen, dass ein (landwirtschaftlicher) Unternehmer im Hinblick auf den Rentenanspruch des Ehegatten familienrechtlich zur Abgabe des Unternehmens verpflichtet sein könne.
Eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht gegeben. Zum einen fehlt in der Person des Klägers jeder Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung des Grundrechts der Berufsfreiheit. Darüber hinaus ist der Kläger auch nicht befugt, vermeintlich seiner Ehefrau zustehende Grundrechte geltend zu machen. Schließlich ist in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 25.02.2010 - Breithaupt 2010, 952 (958) m. w. N.) anerkannt, dass das Grundrecht der Berufsfreiheit schon deswegen nicht berührt ist, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will.
Auch Art. 14 Abs. 1 GG ist im vorliegenden Fall nicht verletzt. Da - wie oben dargelegt - seit Inkrafttreten des GAL im Jahre 1957 die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente gegolten hatte, waren die vom Kläger erworbenen Rentenanwartschaften von vornherein mit diesem Abgabeerfordernis belastet (BSG, Urteil vom 25.02.2010 – a. a. O. (959)).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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