S 180 SF 4812/10 E

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
180
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 180 SF 4812/10 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Januar 2010 (S 57 AL /09) wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Erinnerungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Das auf Bescheidung des klägerischen Antrages vom 18. Juni 2008 gerichtete (Untätigkeits-)Klageverfahren endete nach Erlass des Bescheides 25. Februar 2009 durch Erledigungserklärung des Klägers vom 11. März 2009. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Berlin hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Juli 2009 die notwendigen Aufwendungen des Klägers auf brutto 238,00 Euro festgesetzt und bestimmt, dass der zu erstattende Betrag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 8. Juli 2009 zu verzinsen ist. Dieser Beschluss wurde der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 30. Juli 2009 zugestellt. Mit Schreiben vom 7. September 2009 zeigte der Kläger der Beklagten seine Vollstreckungsabsicht nach § 882a der Zivilprozessordnung (ZPO) an und teilte der Beklagten mit, dass er per 4. August 2009 eine Überweisung in Höhe von 238,00 Euro, nicht jedoch die angefallenen Zinsen erhalten habe. Gleichzeitig forderte der Kläger die Beklagte auf, die Restforderung von 0,93 EUR an Zinsen zuzüglich der Gebühren für dieses Schreiben iHv 14,28 EUR zu zahlen. Die Beklagte hat die Zinsforderung erfüllt. Den Kostenfestsetzungsantrag vom 5. Oktober 2009 lehnte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts (SG) durch Beschluss vom 15. Januar 2010 ab. Die Vollstreckungsankündigung vom 7. September 2009 sei eine zivilrechtliche Zwangsvollstreckungsmaßnahme, weshalb die Kostenfestsetzung hierfür nicht durch das SG erfolgen könne. Für die Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung sei gemäß §§ 788, 764 ZPO das Amtsgericht (AG) als Vollstreckungsgericht zuständig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Erinnerung, mit der der Kläger vorträgt, in Fällen, in denen die Vollstreckung gar nicht stattfinde, sondern nur eingeleitet werden solle, sei die Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht nicht gegeben. Vielmehr sei für die Festsetzung der Kosten der Vollstreckungsvorbereitung, wozu auch die Anzeige der Vollstreckungsabsicht gehöre, das Prozessgericht zuständig. Überdies seien die Kosten auch notwendig iSd § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen.

Die Beklagte ist dem Antrag sowie der Erinnerung entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, dass Kosten des Vollstreckungsverfahrens nicht zu erstatten seien, da sie keinen Anlass für Vollstreckungsmaßnahmen gegeben habe.

II.

Die Anfechtung des Kostenfestsetzungsbeschlusses mittels der Erinnerung ist statthaft und fristgerecht erfolgt (§ 197 Abs. 2 SGG).

Die Erinnerung ist jedoch im Ergebnis unbegründet. Es kann offenbleiben, ob die von dem Kläger geltend gemachten Kosten notwendig iSd § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen sind und damit als Kosten der Zwangsvollstreckung der Beklagten zur Last fallen. Denn jedenfalls ist das SG Berlin als Prozessgericht für die Festsetzung dieser Kosten nicht zuständig, weshalb die Urkundsbeamtin im Ergebnis zu Recht die Festsetzung dieser Kosten in der angefochtenen Entscheidung abgelehnt hat.

Soweit die Forderung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss vollstreckt werden soll, richtet sich die Vollstreckung grundsätzlich nach 198 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 882a ZPO. Vollstreckungsgericht hierfür ist nach § 764 ZPO das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll. Hieraus folgt, dass für die Entscheidung über die Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten nach § 788 Abs. 1 ZPO, für die Beitreibung der Vollstreckungskosten ohne Antrag nach § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO wie auch für die Kostenfestsetzung nach §§ 788 Abs. 2, 103 Abs. 2, 104, 107 ZPO das Vollstreckungsgericht zuständig ist, mithin das AG (§ 764 ZPO) und nicht das SG.

Soweit die Erinnerung meint, dass dieser Grundsatz nur für die Fälle eines gerichtlich anhängigen Vollstreckungsverfahrens oder eines bereits beendeten Vollstreckungsverfahrens gilt, geht sie fehl. Dies erhellt bereits aus § 764 Abs. 2 ZPO, wonach als Vollstreckungsgericht auch dann das AG, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll, anzusehen ist (vorbehaltlich einer anderen gesetzlichen Regelung). Dieser Ansicht entspricht die in der Kommentarliteratur vertretene Auffassung, wonach § 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO über seinen Wortlaut hinaus auch die Zuständigkeit desjenigen Amtsgerichts begründet, in dessen Bezirk die Vollstreckungssache gemäß § 764 Abs. 2 ZPO anhängig gemacht werden könnte (Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 788 Rdnr. 40; Saegner in Saenger, ZPO, 2. Aufl. 2007, § 788 Rdnr. 39; vgl. auch die Entscheidung BGH FamRZ 2004, 101, in der der Bundesgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall zwar lediglich über das Eingreifen von § 788 Abs. 1 ZPO zu entscheiden hatte, aber unbeanstandet gelassen hat, dass das Amtsgericht Langenfeld als Vollstreckungsgericht am Wohnsitz der Schuldner über die Kosten einer Zahlungsaufforderung des Gläubigers zur Vorbereitung der Vollstreckung aus einem vor dem Landgericht Köln geschlossenen Vergleich entschieden hat). Der hier vertretenen Auffassung steht zwar zunächst der Wortlaut des § 788 Abs. 2 ZPO, wonach es Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass "eine Vollstreckungshandlung anhängig ist", entgegen. Für die Auffassung der Kammer spricht jedoch der Umstand, dass § 788 Abs. 2 ZPO auf § 788 Abs. 1 ZPO Bezug nimmt und daher zu vermuten ist, dass der Gesetzgeber für alle Fälle des § 788 Abs. 1 ZPO eine Zuständigkeitsregelung in § 788 Abs. 2 ZPO schaffen wollte. Dabei ist im Hinblick auf § 788 Abs. 1 ZPO mit BGH FamRZ 2004, 101 [101] davon auszugehen, dass die Kosten der Vollstreckungsandrohung - soweit sie "notwendig" im Sinne von § 91 ZPO sind - "Kosten der Zwangsvollstreckung" gemäß § 788 Abs. 1 ZPO sind. Denn die Kosten der Vollstreckungsandrohung können schwerlich Kosten des Erkenntnisverfahrens sein und wären daher nur mittels erneuter, diesbezüglicher Klage zwangsweise geltend zu machen, wenn § 788 Abs. 1 ZPO nicht eingriffe, was dem Regelungszweck des § 788 Abs. 1 ZPO widerspräche. Damit müssen die Kosten der Vollstreckungsandrohung auch § 788 Abs. 2 ZPO unterliegen (vgl zum Ganzen Kammergericht, Beschluss vom 19. Oktober 2007, 2 AR 42/07 – BeckRS 65282 -).

Soweit die Erinnerung für sich in Anspruch nimmt, durch den vorgenannten Beschluss des Kammergerichts in ihrer Ansicht gestützt zu werden, verkennt sie, dass das Kammergericht in der angefochtenen Entscheidung am Ende lediglich für die spezielle Zuständigkeitszuweisung des § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Prozessgericht des ersten Rechtszuges) eine Zuständigkeit auch für die Kostenfestsetzung nach § 788 Abs. 2 ZPO bzw. § 103 ZPO angenommen hat; dies jedoch nur, weil für die Vollstreckung nach § 888 ZPO gerade das Prozessgericht erster Instanz auch das Vollstreckungsgericht ist. Für die vorliegend streitgegenständliche Vollstreckung wegen Geldforderungen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts fehlt es indes an einer solchen Zuständigkeitszuweisung iSd § 764 Abs. 2 ZPO.

Soweit der Erinnerungsführer unter Bezugnahme auf den Beschluss des SG Marburg vom 15. Juli 2008, S 6 KR 246/04 (Juris) meint, dass die Regelung in § 788 Abs. 2 ZPO lückenhaft sei und nicht sämtliche Vollstreckungskosten betreffe, sei angemerkt, dass das SG Marburg in der zitierten Entscheidung den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin nur deshalb aufgehoben hat, weil dem keine Kostengrundentscheidung für das Vollstreckungsverfahren zugrunde lag, indes zur Zuständigkeit des Prozessgerichts als Vollstreckungsgericht geschwiegen hat.

Die Kostenentscheidung für das Verfahren beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.

Die Kammer hält im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der Kostenkammern des Sozialgerichts Berlin eine eigenständige Kostenentscheidung auch im Erinnerungsverfahren für notwendig, und zwar aus den z. B. in den Beschlüssen der 164. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 164 SF 118/09 E vom 6. März 2009 - und der 165. Kammer des Sozialgerichts Berlin - S 165 SF 11/09 E vom 2. Februar 2009 - grundsätzlich dargelegten Gründen.

Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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