Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 KN 107/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 R 286/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. Juni 2009 – S 8 KN 107/08 – wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1955 geborene Klägerin durchlief eine Lehre als Lager- und Transportfacharbeiterin, ohne einen Abschluss zu erlangen. Von April 1974 bis Februar 1991 war sie als Produktionsarbeiterin, Lagerarbeiterin, Reinigungskraft, Wirtschaftsgehilfin und Eisenflechterin tätig. Nach Arbeitslosigkeit und verschiedenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen war sie von Oktober 2000 bis Mai 2004 als Reinigungskraft, zum Teil auch als Küchenhilfe bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt. Seit dem 1. Juni 2004 ist die Klägerin arbeitslos.
Im September 2004 wurde bei der Klägerin im Krankenhaus W. eine zementfreie Knie-Totalendoprothese (Knie-TEP) rechts implantiert. Am 20. September 2004 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Vom 8. Oktober bis 11. November 2004 nahm sie an einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme im Rehabilitationszentrum W. teil. In dem Entlassungsbericht vom 11. November 2004 werden als Diagnosen Zustand nach Knie-TEP rechts sowie Gonarthrose links genannt. Die Klägerin könne ihre letzte Tätigkeit als Lager- und Transportarbeiterin nur noch unter drei Stunden täglich ausüben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Stehen, im Gehen und im Sitzen in Tagesschicht sechs Stunden und mehr täglich möglich. Tätigkeiten mit längeren Gehstrecken, Ersteigen von Leitern sowie kniende Tätigkeiten könnten nicht mehr vollschichtig verrichtet werden. Eine wechselnd sitzend-stehende Tätigkeit sei der Klägerin unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen vollschichtig möglich.
Am 6. September 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbminderung. Dabei verwies sie auf ständige Schmerzen in der Wirbelsäule, den Bandscheiben sowie in beiden Knie- und Knöchelgelenken.
Die Beklagte zog daraufhin den Reha-Entlassungsbericht vom 11. November 2004 sowie verschiedene medizinische Unterlagen bei, darunter einen Beratungsvermerk des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit M. vom 27. April 2005, ein für diese Einrichtung erstelltes Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Allgemeinmedizin Dipl.-Med. G. vom 15. August 2005 und einen Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. B. vom 22. Juni 2005. Dr. G. stellte die Diagnosen Verschleißerscheinungen der Kniegelenke, der Wirbelsäule sowie Übergewicht. Die Klägerin könne noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten in Tagesschicht, Früh- und Spätschicht in Werkhallen, in geschlossenen und temperierten Räumen ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen, ohne erhöhte Verletzungsgefahr, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen und ohne häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel zeitweise stehend, gehend und sitzend verrichten. Die zumutbare Gehstrecke könne mit viermal 500 m täglich unter normalen Straßenbedingungen angenommen werden. Öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden.
In einem vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten erstatteten Gutachten gelangte die Fachärztin für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin Dr. S. unter dem 15. Dezember 2005 zu den Diagnosen
Gonarthrose beidseits mit Zustand nach Knie-TEP rechts mit mittelgradiger Leistungseinschränkung,
spondylotische Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule mit geringen Funktionseinschränkungen,
Fettstoffwechselstörung.
Insgesamt müsse von einer mittelgradigen Leistungseinschränkung ausgegangen werden. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten ohne Zwangshaltung für die Wirbelsäule, unter Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen (keine Überkopfarbeiten, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine knienden Tätigkeiten und keine Tätigkeiten mit längeren Laufstrecken) sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Ihre Tätigkeit als Reinigungskraft könne die Klägerin damit nicht mehr ausüben. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Hinblick auf den Hauptberuf der Klägerin als Reinigungskraft nicht vorlägen. Die Klägerin könne noch zumutbare Tätigkeiten als Telefonistin, Aufnehmerin von Daten mittels Codeleser, Bürohilfskraft, Prüf- und Qualitätskontrolleurin in der Metallindustrie (einfache Prüfplätze) verrichten.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass sie keine sechs Stunden täglich mehr arbeiten könne. Bei längerem Sitzen, Stehen oder Arbeiten in gebückter Stellung könne sie sich vor Schmerz nicht mehr bewegen. Auch könne sie keine Treppen mehr steigen. Weiter verwies die Klägerin darauf, dass bei ihr ein Grad der Behinderung von 30 anerkannt worden sei. Mit Bescheid vom 5. Juni 2007 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Mit ihrer am 20. Juni 2007 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, täglich nicht mehr drei Stunden arbeiten zu können. Ihre arthrotische Kniegelenkserkrankung habe sich erheblich verschlechtert. Sie leide in beiden Kniegelenken unter Spannungsgefühl und einer Instabilität des unteren Bewegungsapparates beim Laufen und Treppensteigen. Auch für ihr linkes Knie sei die Implantation einer Knie-TEP geplant. Die ihr zur Verfügung gestellte Unterarmstütze bringe keine wesentliche Entlastung bei der fortbestehenden Schmerzproblematik. Auch ihr Wirbelsäulenleiden habe sich erheblich verstärkt. Es liege bei ihr eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Zudem benötige sie zusätzliche betriebsunübliche Pausen und sei nicht in der Lage, eine Wegstrecke von 500 m mehrmals täglich zurückzulegen. Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin erklärt, dass sie einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht mehr weiter verfolge.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2007 aufzuheben,
die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Juli 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und den angegriffenen Bescheid verteidigt.
Das Sozialgericht hat den Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. B. vom 5. November 2007 eingeholt. Danach bestanden für den Behandlungszeitraum vom 27. Mai 2005 bis 23. Oktober 2007 die Diagnosen Zervikalsyndrom, zervikale Bandscheibendegeneration, Spondylose der Lendenwirbelsäule und Gonarthrose beidseits. Veränderungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes seien nicht eingetreten. Aus orthopädischer Sicht könne die Klägerin sechs Stunden täglich eine körperlich leichte Tätigkeit ohne längeres Stehen, Laufen und Sitzen und ohne Arbeiten im Knien und Hocken sowie ohne Besteigen von Leitern verrichten.
Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht ferner nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W. eingeholt. In seinem Gutachten vom 19. September 2008 gelangt Dr. W. zu den Diagnosen
Knie-TEP rechts,
Gonarthrose links,
Spondylose/Bandscheibendegeneration (untere HWS, thorakolumbaler Übergang),
Adipositas,
metabolisches Syndrom (Diabetes mellitus, Adipositas, Hypertonie).
Der Klägerin seien noch leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung und nur ausnahmsweise das Heben und Tragen von Lasten bis maximal 10 kg möglich. Arbeiten im Gehen, Stehen, wechselweise im Gehen, Stehen und/oder Sitzen seien mit Einschränkungen möglich. Arbeiten überwiegend oder ausschließlich im Sitzen oder ausschließlich im Stehen seien nicht möglich. Arbeiten mit ständigen längeren bzw. häufigen gelegentlich einseitigen körperlichen Belastungen bzw. in Zwangshaltungen seien für die Klägerin nicht geeignet (ebenso Tätigkeiten mit Knien, Hocken, Bücken sowie dem Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel). Die Klägerin könne nur noch in geschlossenen Räumen sowie unter Vermeidung äußerer Umwelteinflüsse (Temperaturschwankungen, Zugluft, Nässe, Lärm, Staub, Dampf, Rauch) arbeiten. Arbeiten in Wechselschicht, Nachschicht und unter besonderem Zeitdruck seien "unter den zum Untersuchungszeitpunkt vorliegenden Bedingungen" nicht mehr möglich. Arbeit mit Publikumsverkehr sei für die Klägerin nur eingeschränkt möglich, da sie keine Erfahrungen mit Tätigkeiten in der Öffentlichkeit habe. In Anbetracht des Ausprägungsgrades der Gonarthrose links und der Abnutzungserscheinungen in der Wirbelsäule erschienen Belastungen über die Grenze von sechs Stunden hinaus nicht realisierbar. Bei einem optimierten Arbeitsprofil und einer Arbeitszeit von drei bis maximal sechs Stunden werde die Klägerin unter üblichen betrieblichen Bedingungen arbeiten können. Bei einer Arbeitszeit über sechs Stunden hinaus würden die vorgeschriebenen Pausen nicht ausreichen. In Abhängigkeit von der Art der Tätigkeit sowie von äußeren und inneren Faktoren seien kurze Pausen im Abstand von ca. zwei bis drei Stunden notwendig. Diese könnten in aller Regel den betrieblichen Erfordernissen angepasst werden. Bei einem Arbeitsplatz, der dem körperlichen Vermögen der Klägerin angepasst sei und sie physisch und psychisch nicht überlaste, sei eine Arbeitsleistung an fünf Tagen in der Woche möglich. Die Chancen für eine motivierte Arbeitsaufnahme seien aber eher ungünstig. Ferner sei die Gehfähigkeit der Klägerin eingeschränkt. Bei Spaziergängen mit ihrem Hund müsse sie langsam laufen und auf mögliche Unebenheiten im Gehweg achten. Eine Distanz von 300 bis 400 Metern solle nicht überschritten werden. Hierfür benötige die Klägerin ca. fünf Minuten. Eine Wegstrecke von mehr als 500 m könne die Klägerin nicht viermal täglich zurücklegen. Öffentliche Verkehrsmittel könne die Klägerin benutzen, wenn ausreichend Sitzplätze vorhanden und der Gehweg zu den Haltestellen ausreichend befestigt und glatt sei. In der Benutzung eines Kraftfahrzeuges sei die Klägerin nur leicht eingeschränkt, Probleme ergäben sich nur bei längeren Fahrtstrecken von mehr als 30 bis 60 Minuten. Die Minderung der Leistungsfähigkeit bestehe seit dem Jahr 2004. Abweichend von den vorausgegangenen ärztlichen Stellungnahmen werde eingeschätzt, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, "mehr als sechs Stunden" täglich zu arbeiten; vielmehr sei nur eine tägliche Arbeitszeit von "drei bis unter sechs" Stunden umsetzbar.
Hilfsweise zu ihrem Klageantrag hat die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht beantragt, den Gutachter Dr. W. zu einem neuen Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden und zu seinem Gutachten anzuhören.
Mit Urteil vom 24. Juni 2009 hat das Sozialgericht ohne weitere Anhörung des Gutachters die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin seiner Einschätzung nach noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten vorzugsweise in Tagesschicht wechselweise im Stehen, Sitzen und Gehen mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen zu verrichten. Soweit Dr. W. nur eine tägliche Arbeitszeit von drei bis unter sechs Stunden für zumutbar halte, sei sein Gutachten insofern widersprüchlich, als darin an anderen Stellen ein Leistungsvermögen von bis zu sechs Stunden zu Grunde gelegt worden sei. Die vom Gutachter klinisch festgestellten Funktionsdefizite seien zudem nur als leicht bis mittelgradig einzuschätzen und unterschieden sich nicht von denen der Vorgutachter. In Bezug auf das linke Kniegelenk der Klägerin bestünde lediglich das Gefühl einer Instabilität ohne klinisches und objektives Korrelat. Bei dieser Sachlage sei die beantragte mündliche Anhörung des Gutachters nicht "zielführend und notwendig" gewesen. Selbst wenn der Gutachter seine Leistungseinschätzung dahin präzisierte, dass er von einem Leistungsvermögen der Klägerin von täglich unter sechs Stunden ausgehe, ließe sich ein solches Leistungsvermögen anhand der von ihm festgestellten Diagnosen und Bewegungsmaße nach Auffassung der Kammer nicht schlüssig begründen. Soweit der Gutachter neben den weiteren Diagnosen Übergewicht und Fettstoffwechselstörung auch eine diabetische Stoffwechselerkrankung und einen arteriellen Hypertonus diagnostiziere, fehle es an entsprechenden Untersuchungen und Befunderhebungen des begutachtenden Orthopäden; solche ergäben sich auch nicht aus den sonstigen Unterlagen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die über das bereits mit der Beschränkung auf "leichte Tätigkeiten" üblicherweise mitumfasste Maß hinausginge, liege bei der Klägerin nicht vor. Die Klägerin benötige ferner keine betriebsunüblichen Pausen; die von Dr. W. geforderten Kurzpausen im Abstand von ca zwei bis drei Stunden ließen sich jedenfalls im Hinblick auf die persönlichen Verteilzeiten am Arbeitsplatz betriebsüblich realisieren. Auch die Wegefähigkeit der Klägerin sei jedenfalls unter Verwendung von Gehstützen gewährleistet. Die Einschätzung von Dr. W., dass die Klägerin nicht viermal täglich eine Strecke von mehr als 500 m zurücklegen könne, stehe im Widerspruch zu seiner weiteren Einschätzung, dass die Klägerin mit ihrem Hund täglich spazieren gehe und kurze Wegstrecken mit einer Länge von ca 1 km ohne Hilfsmittel zurücklegen könne und 15 bis 20 Minuten, maximal 30 Minuten ohne Pause gehen könne, wobei sie in 5 Minuten 300 bis 400 m zurücklege. Im Übrigen verfüge die Klägerin über Führerschein und Pkw.
Gegen das ihr am 10. August 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. August 2009 Berufung eingelegt. Darin hat sie in erster Linie Verfahrensmängel des Sozialgerichts gerügt, insbesondere weil eine Anhörung des Sachverständigen unterblieben sei. Die Klägerin macht ferner geltend, dass selbst für körperlich leichte Arbeiten ihr Leistungsvermögen auf maximal drei bis sechs Stunden täglich begrenzt sei. Bei ihr bestünde eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Ferner sei der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen. Auch fehle die Wegefähigkeit.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle und den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 – 48 110155 O 508 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe ab dem 1. Juli 2004 zu bewilligen.
Hilfsweise beantragt sie,
von Amts wegen ein orthopädisches Fachgutachten einzuholen zum Beweis der Behauptung, dass bei ihr ein gemindertes Arbeitsvermögen auf dem Arbeitsmarkt zwischen drei und sechs Stunden noch vorhanden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. A. vom 23. Februar 2010 (Bl 186 d. Akten) und des Facharztes für Allgemeinmedizin Peter Fuchs (Hausarzt) vom 17. April 2010 (Bl 202 bis 203 der Akten) eingeholt. Auf die Befundberichte wird Bezug genommen.
Am 10. Februar 2010 wurde bei der Klägerin eine zementfreie Knie-TEP links implantiert. Der Senat hat den Bericht des Klinikums B.enlandkreis vom 19. Februar 2010 über die entsprechende stationäre Behandlung (Bl 205 ff der Akten) sowie den Entlassungsbericht der ALGOS Fachklinik B. K. über eine nachfolgend vom 3. bis 22. März 2010 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme eingeholt (Bericht vom 19. März 2010, Bl 215 ff der Akten). Nach dem Entlassungsbericht war die Klägerin für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Raumpflegerin nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie hingegen leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von häufigem Bücken, Ersteigen von Leitern, Gerüsten oder ähnlichem, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten mit Gang- und Standunsicherheit, ohne Zwangshaltungen, ohne langanhaltende Erschütterungen und Vibrationen auf den Becken- und Beinbereich sowie ohne Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr sechs Stunden und mehr verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Schließlich hat der Senat das Gutachten des Facharztes für Orthopädie sowie für Neurologie/Psychiatrie Dr. P. vom 23. August 2010 eingeholt. Der Gutachter hat die Diagnosen Zustand nach Implantation einer Knie-TEP rechts (2004) und links (2010) jeweils bei Gonarthrose sowie rezidivierende, statischfunktionell und degenerativ bedingte Rückenschmerzen bei zusätzlicher muskulärer Dysbalance und Adipositas ohne wesentliche klinische Relevanz gestellt. Neben einer mäßiggradigen Flexionseinschränkung beider Kniegelenke lägen weitere nennenswerte Funktionseinschränkungen des Haltungs- und Bewegungsapparates nicht vor. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen bei Meidung schwererer Hebe- und Trageleistungen, hockender und kniender Bewegungsabläufe, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, häufigem Treppensteigen, Kälte-, Nässe- und Zuglufteinwirkungen sowie Akkord- und Fließbandarbeiten ohne weitere Einschränkungen täglich sechs Stunden an fünf Wochentagen zu verrichten (zB leichte Sortierarbeiten, Büroarbeiten, Museumsaufsicht). Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Die Gehfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Klägerin sei in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und einen Pkw zu führen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 29. November 2010 das Gutachten des Dr. P. als oberflächlich und lückenhaft gerügt. Weiter hat sie mitgeteilt, dass bei ihr inzwischen ein Grad der Behinderung von 50 und das Merkzeichen "G" anerkannt sei.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Rechtsstreit war nicht wegen eines Verfahrensmangels an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2007 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu.
1.
Der Rechtsstreit war nicht, wie es die Klägerin zunächst angeregt hatte, wegen eines Verfahrensmangels an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Berufungsgericht von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Davon hat der Senat abgesehen.
Dabei konnte dahinstehen, ob das Verfahren vor dem Sozialgericht überhaupt an einem wesentlichen Mangel leidet. Die Klägerin hat insbesondere gerügt, das Sozialgericht habe ihr Fragerecht nach §§ 116 Satz 2, 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 Zivilprozessordnung (ZPO) und damit ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG)) verletzt (vgl dazu BVerfG 3. Februar 1998 – 1 BvR 909/94, NJW 1998, 2273; BSG 27. November 2007 – B 5a/5 R 60/07 B, SozR 4-1500 § 116 Nr 1; zuletzt BSG 19. November 2009 – B 13 R 247/09 B, Juris). Der Senat konnte offen lassen, ob das zutrifft und die Klägerin insbesondere rechtzeitig sachdienliche Fragen an den Gutachter Dr. W. angekündigt hat, als sie in der letzten mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009 beantragte, den Sachverständigen zu seinem seit Oktober 2008 vorliegenden Gutachten anzuhören (vgl Protokoll vom 24. Juni 2009, Bl 112 dA).
Denn von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits war hier auch für den Fall eines wesentlichen Verfahrensmangels abzusehen. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Berufungsinstanz uneingeschränkte Tatsacheninstanz. Der Verlust einer Instanz wiegt daher grundsätzlich nicht allzu schwer. Hinzu tritt die bisherige Dauer des Verfahrens von ca 3 1/2 Jahren zuzüglich derjenigen des Verwaltungsverfahrens. Schließlich hat der Senat berücksichtigt, dass selbst bei Annahme eines Verfahrensmangels erstinstanzlich durchaus eine Tatsachenermittlung und Feststellung stattgefunden hat, an die er anknüpfen und in der Sache entscheiden konnte.
2.
Der Klägerin steht die begehrte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht zu. Die Klägerin ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verfolgt die Klägerin nicht mehr, wie sie vor dem Sozialgericht erklärt hat.
Nach § 43 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Versicherte, die hierzu nicht mindestens sechs Stunden täglich in der Lage sind. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 2 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht war und ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats im Streitzeitraum in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; damit ist sie nicht erwerbsgemindert.
a.
Nach sämtlichen ärztlichen Einschätzungen leidet die Klägerin in orthopädischer Hinsicht unter einem Zervikalsyndrom, einer zervikalen Bandscheibendegeneration, einer Spondylose der Lendenwirbelsäule und einem Zustand nach Knie-TEP bei Gonarthrose rechts, einer mittelgradigen Gonarthrose links bis zum 9. Februar 2010 und sodann an einem Zustand nach Knie-TEP bei Gonarthrose links. Außerorthopädisch tritt hinzu eine Adipositas sowie eine Fettstoffwechselstörung.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin mit diesen Erkrankungen in der Lage war und ist, für mindestens sechs Stunden täglich leichte körperliche Arbeiten vorzugsweise in Tagesschicht im Wechsel von Stehen und Gehen und Sitzen, seit der Knie-Operation links am 10. Februar 2010 auch überwiegend im Sitzen, bei Meidung schwerer Hebe- und Trageleistungen, hockender und kniender Bewegungsabläufe, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, ohne häufiges Treppensteigen, ohne Kälte-, Nässe-Zuglufteinwirkungen und Temperaturschwankungen sowie ohne Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechsel- und Nachtschicht und ohne Einwirkung von Lärm, Staub, Dampf und Rauch und Ganzkörpervibrationen zu verrichten. Diese Feststellung beruht auf dem Reha-Entlassungsbericht vom 11. November 2004, dem Gutachten des Dipl.-Med. G. für die Agentur für Arbeit M. vom 15. August 2005, dem SMD-Gutachten von Dr. S. vom 15. Dezember 2005, den Befundberichten von Dr. B., Dr. A. und Dipl.-Med. F. sowie dem zweitinstanzlich eingeholten Gutachten von Dr. P. vom 23. August 2010. Das Gutachten nach § 109 SGG von Dr. W. vermag keine Zweifel an diesem Ergebnis zu begründen.
b.
Im Einzelnen ergibt sich das dargestellte Restleistungsvermögen der Klägerin wie folgt:
aa.
Aus den außerorthopädischen Erkrankungen (Adipositas und Fettstoffwechselstörung) leitet kein Mediziner Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit der Klägerin her, die über die eingangs unter a. wiedergegebenen hinausgingen. Das gilt auch für die etwaigen weiteren außerorthopädischen Diagnosen Hypertonus und Diabetes, die Dr. W. als einziger erwähnt. Insoweit ist allerdings nicht ersichtlich, wie Dr. W. als Orthopäde zu solchen, von den bisherigen ärztlichen Feststellungen abweichenden internistischen Diagnosen gelangt ist. Befunderhebungen hierzu erwähnt er nicht. Anlass zu weiteren Ermittlungen bestanden für den Senat nicht.
Aus den spondylotischen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und den hier auftretenden Beschwerden folgen mit Ausnahme des Gutachtens von Dr. W. nach allen medizinischen Stellungnahmen einschließlich derjenigen der behandelnden Orthopädin Dr. B. ebenfalls keine das og Leistungsbild weiter begrenzenden Funktionseinschränkungen. In seinem Gutachten sieht Dr. P. insoweit sogar überhaupt keine nennenswerten Funktionsbeeinträchtigungen (S 7 unten).
Schließlich steht die im Vordergrund stehende Erkrankung der Knie – auch in der Zusammenschau mit den weiteren Erkrankungen – dem eingangs beschriebenen Leistungsbild nicht entgegen. Dies bestätigen alle ärztlichen Stellungnahmen einschließlich derjenigen der behandelnden Orthopädin Dr. B. mit Ausnahme des Gutachtens von Dr. W ... Das gilt insbesondere auch in Ansehung des noch nicht operierten linken Knies der Klägerin. Aus der Gonarthrose links vor Implantierung der Knie-TEP ergaben sich hauptsächlich Schmerzbeschwerden, nicht aber nennenswerte Bewegungseinschränkungen (vgl Dr. W. auf S 6 des Gutachtens: Extension/Flexion von 0/0/130 und die Bemerkung "endgradig schmerzhaft eingeschränkt"). Das rechte Kniegelenk war dagegen bereits mit einer lotrechten und fest sitzenden Knieprothese versorgt.
Mit den vorgenannten Feststellungen in Einklang gelangt Dr. P. in seinem Gutachten vom 23. August 2010 auch für den Zeitraum nach Durchführung der Implantation einer Knie-TEP links im Wesentlichen zu der hier zugrunde gelegten Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Im Hinblick auf den einwandfreien Sitz beider Knieprothesen stellt er in Bezug auf die Knie nur eine mäßiggradige Flexionseinschränkung fest. Es erscheint plausibel, dass Dr. P. deshalb in seinem Gutachten - abweichend vom Vorgutachten – eine überwiegend sitzende Tätigkeit für zumutbar hielt. Dr. W. hatte eine solche Tätigkeit für unzumutbar gehalten, weil arthrotisch veränderte Gelenke vor allem in Ruhestellung schmerzten (S 9 des Gutachtens). Nachdem die Klägerin seit Februar 2010 über beidseitige Total-Knieprothesen verfügt, ist mit dem Gutachten des Dr. P. insoweit nicht mit weiteren Beschwerden zu rechnen.
Dieses Gutachten leidet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb an einem durchgreifenden Mangel, weil es sich nicht mit dem Vorgutachten von Dr. W. auseinandersetzt. Eine solche Auseinandersetzung war hier entbehrlich, da sich die Befundlage nach Implantierung der Knie-TEP links geändert hatte. Das Gutachten nach § 109 SGG des Dr. W. hatte noch den vorherigen Status zum Gegenstand und sein Ergebnis im Wesentlichen auf diesen Status gestützt.
Soweit bei der Klägerin inzwischen ein Grad der Behinderung von 50 und das Merkzeichen "G" anerkannt sind, ändert sich dadurch die hier getroffene Einschätzung nicht. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts zur Unzulässigkeit eines Rückschlusses aus dem Grad der Behinderung auf die Erwerbsminderung (S 12 des Urteils) wird Bezug genommen.
bb.
Zu einer abweichenden Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin gelangt allein der nach § 109 SGG bestellte Sachverständige Dr. W. in seinem Gutachten vom 19. September 2008. Er nimmt offenbar ein tägliches Leistungsvermögen von nur drei bis unter sechs Stunden an und sieht ansonsten im Wesentlichen zusätzliche Einschränkungen der Klägerin in ihrer Wegefähigkeit, in ihrer allgemeinen Belastbarkeit und Motivation, bei Tätigkeiten mit Publikumsverkehr und in ihrer Reaktionsfähigkeit bezüglich der Anpassung an neue Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dieser Beurteilung vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht nicht zu folgen. Vielmehr schließt er sich den ärztlichen Feststellungen im Reha-Entlassungsbericht vom 11. November 2004, im Gutachten des Dipl.-Med. G. vom 15. August 2005 und seinem Beratungsvermerk für die Arbeitsagentur, im Gutachten der Dr. S. vom 15. Dezember 2005 sowie im Befundbericht der behandelnden Orthopädin Dr. B. vom 5. November 2007 an. Diese gelangen bei gleicher Befundlage wie Dr. W. widerspruchsfrei zu der Einschätzung, dass die Klägerin mit den bei ihr bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen in dem eingangs beschriebenen Umfang noch erwerbsfähig sein kann.
Dr. W. trifft seine Einschätzung auf der Grundlage einer mit den vorausgegangenen Begutachtungen übereinstimmenden objektiven Befundlage. Ausdrücklich führt er aus, dass die inhaltliche Darstellung der körperlichen Einschränkungen in den bisherigen gutachterlichen Stellungnahmen seiner Befunderhebung vergleichbar war (vgl S 13 des Gutachtens, Bl 78 der Akten). Dementsprechend weichen die im Gutachten Dr. W. wiedergegebenen objektiven Befunde nicht wesentlich von früheren ab. Bei dieser identischen Ausgangslage kann der Senat – und konnte auch das Sozialgericht, auf dessen Ausführungen ergänzend Bezug genommen wird – seine Feststellungen auf die vorausgegangenen medizinischen Stellungnahmen stützen. Ein Anlass, Dr. W. anzuhören oder ein weiteres Gutachten zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Zeitraum vor der zweiten Knieoperation einzuholen, bestand im Berufungsverfahren nicht. Die dem Gutachten des Dr. W. vorausgegangenen Stellungnahmen beruhen auf orthopädischem und sozialmedizinischem Sachverstand. Ihre zeitlich frühere Erstellung ändert im Hinblick auf die unveränderte objektive Befundlage nichts an ihrer Gültigkeit.
Gegenüber den vorausgegangenen Stellungnahmen erweist sich das Gutachten Dr. W. aus folgenden Gründen als widersprüchlich und daher wenig überzeugend.
(1)
Bereits das Ergebnis seiner Einschätzung ist unklar: Auf Seite 10 des Gutachtens heißt es unter Ziffer 3, dass eine Belastung der Klägerin "über die Grenze von sechs Stunden hinaus nicht realisierbar" erscheine. Damit übereinstimmend führt der Sachverständige auf Seite 13 unter Ziffer 11 aus, dass die Klägerin aus seiner Sicht nicht in der Lage sei, "mehr als sechs Stunden pro Tag zu arbeiten". Bereits im Folgesatz gelangt der Sachverständige dann überraschend zu der Feststellung, dass aus seiner Sicht "unter den gegebenen Umständen eine tägliche Arbeitszeit von drei bis unter sechs Stunden umsetzbar" sei (Hervorhebung durch den Senat). Sodann heißt es wiederum, die Beurteilung der Dr. S., "dass die Klägerin mehr als sechs Stunden" tätig werden könne, halte er nicht für realistisch. Dem Sachverständigen scheint die maßgebliche Grenze von unter sechs Stunden für das Einsetzen der Erwerbsminderung nicht gewärtig gewesen zu sein.
Selbst wenn jedoch der Klägerin zugebilligt wird, dass der Sachverständige eine Leistungsfähigkeit von sechs Stunden und mehr verneint und nur eine solche bis zu unter sechs Stunden angenommen hat, können seine Ausführungen ein solches, von allen anderen medizinischen Stellungnahmen abweichendes Ergebnis nicht überzeugend begründen. Die Annahme einer zeitlichen Leistungsbeschränkung stützt Dr. W. auf den "Ausprägungsgrad der Gonarthrose links" und die "Abnutzungserscheinungen in der Wirbelsäule" (S 10 unten des Gutachtens). Gerade bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule falle es "den Patienten sehr schwer, länger als 30 Minuten auf einem Stuhl zu sitzen." Damit begründet der Sachverständige keine Leistungsbeschränkung auf unter sechs Stunden täglich, sondern nur ein begrenztes ununterbrochenes Sitzvermögen. Zudem beruht auch die Einschätzung des Sitzvermögens auf vager objektiver Grundlage ("mittelgradig ausgeprägte Gonarthrose mit verschmälertem Gelenkspalt" sowie mittelgradige Veränderungen des Bandscheibe, vgl S 6-8 des Gutachtens). Warum sich im Übrigen aus den erhobenen, im Wesentlichen unveränderten, maximal mittelgradigen orthopädischen Befunden die von Dr. W. angegebene zeitliche Leistungsbeschränkung ergeben soll, ist nicht erkennbar. Auf die Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts wird verwiesen.
Ferner führt Dr. W. seine abweichende Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Vergleich zu den bisherigen Stellungnahmen darauf zurück, dass "der Arbeitsplatz in aller Regel nicht optimal den körperlichen Voraussetzungen der Klägerin angepasst werden" könne (S 13 des Gutachtens unter Ziffer 11). Damit geht er über den Gutachtenauftrag hinaus und stellt außerhalb seines Fachgebietes ohne erkennbare Grundlage allgemein berufskundliche Erwägungen an. Diese überzeugen zudem in Anbetracht der Vielfalt denkbarer Arbeitsplätze nicht.
Schließlich gibt Dr. W. an, dass in Anbetracht der Erkrankungsdauer "zusätzlich von einem chronifizierten Schmerzsyndrom ausgegangen werden" müsse (S 14 oben des Gutachtens). Eine solche Diagnose führt er allerdings im Zusammenhang mit den von ihm festgestellten Erkrankungen nicht auf (S 8-9 des Gutachtens). Auch wird nicht deutlich, ob sich das Schmerzsyndrom auf die Knie oder die Wirbelsäule beziehen soll. Befunderhebungen über den Schmerzgrad sind nicht ersichtlich. Angaben über von der Klägerin eingenommene Schmerzmittel, deren Dosierung und Einnahmefrequenz fehlen. In Anbetracht des Umstandes, dass die Klägerin nach eigenen Angaben gegenüber Dr. W. sowohl mit ihrem Mann als auch mit dem Hund spazieren geht und sich dies "mobilitätsverbessernd" auswirkt (S 4 Mitte des Gutachtens), bestand für den Senat insoweit auch kein Anlass für weitere Ermittlungen.
(2)
Widersprüchlich ist sodann die Einschätzung der Wegefähigkeit durch Dr. W., wonach der Weg bis zu einer Haltestelle "eine Distanz von 300 bis 400 m nicht überschreiten sollte" bzw Wegstrecken von mehr als 500 m viermal am Tag wegen der Knieschäden der Klägerin nicht zurückgelegt werden könnten (S 12 des Gutachtens). Denn der Sachverständige gibt zugleich die Schilderung der Klägerin wieder, dass sie täglich mit ihrem Hund spazieren gehe, dabei Linderung ihrer Beschwerden verspüre, 15 bis 20 Minuten oder auch 30 Minuten gehen könne, bevor eine Pause notwendig sei (S 4-5 des Gutachtens). Ferner schätzt er ein, dass die Klägerin eine Strecke von 300 bis 400 m in fünf Minuten zurücklege (S 12). Allein aus diesen Angaben folgt, dass die Klägerin die geforderte Wegefähigkeit auch vor der Implantation der Knie-TEP links besaß. Denn danach kann sie mindestens 15 Minuten lang am Stück gehen und dabei mindestens 1.200 m zurücklegen. Dem entgegenstehende objektive Feststellungen trifft Dr. W. nicht. Soweit er auf die von der Klägerin subjektiv empfundene Instabilität im Kniegelenksbereich verwies, fehlt es hierzu an objektiven Korrelaten, wie er selber feststellt.
(3)
Weiter fehlt es in dem Gutachten von Dr. W. in Bezug auf die angenommene eingeschränkte allgemeine psychische Belastbarkeit und Motivation der Klägerin an konkreten, objektivierbaren Feststellungen. Eine "deutliche Verminderung der Klägerin in ihrer Reaktionsfähigkeit bezüglich der Anpassung an neue Lebens- und Arbeitsbedingungen" vermag der Senat nicht zu erkennen. Als einziger Mediziner gelangt der Orthopäde Dr. W. zu einer solchen Feststellung (S 10 des Gutachtens). Nachdem er zunächst das Reaktionsvermögen, die Aufmerksamkeit, das Verantwortungsbewusstsein und die Zuverlässigkeit der Klägerin als "altersentsprechend durchschnittlich" eingeschätzt und darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin ein geordnetes Familienleben führe und drei Kinder versorgt habe, zieht er die genannte Schlussfolgerung allein aus dem Umstand der seit 2004 bestehenden Arbeitslosigkeit der Klägerin. Eine solche pauschale Annahme ohne jeden konkreten Anhaltspunkt in der Lebensführung der Klägerin ist nicht gerechtfertigt. In dieser Hinsicht ist auch nicht ersichtlich, dass der Orthopäde Dr. W. über besondere Fachkenntnisse verfügt. Der Senat hält insoweit die sozialmedizinische Einschätzung der übrigen Ärzte, die keine entsprechende Einschränkung annehmen, für sachgerecht.
Der Entscheidung kann auch nicht zugrunde gelegt werden, dass die Klägerin für Tätigkeiten mit Publikumsverkehr nur eingeschränkt einsetzbar ist. Der Orthopäde Dr. W. folgert dies daraus, dass die Klägerin aufgrund ihres bisherigen Werdeganges keine Erfahrungen mit Tätigkeiten in der Öffentlichkeit habe. Hier fehle es daher an Grundvoraussetzungen für eine Arbeit in der Öffentlichkeit (S 10 des Gutachtens, Bl 75 d. Akten). Diese Ausführungen bewegen sich nicht im Rahmen des erteilten Gutachterauftrags. Sie sind berufskundlicher und bestenfalls psychiatrischer Natur, allerdings ohne entsprechende psychiatrische Exploration und Befundung. In berufskundlicher Hinsicht überzeugen sie nicht. Es kann nicht allgemein angenommen werden, dass eine Tätigkeit mit Publikumsverkehr "Erfahrung mit Tätigkeiten in der Öffentlichkeit" erfordere.
(4)
Schließlich führt Dr. W. zur Frage nach den Besserungschancen durch Implantation einer Knie-TEP links aus, dass danach die Belastbarkeit weiterhin eingeschränkt und Ziel einer solchen Behandlung lediglich "die Schmerzreduktion unter Alltagsbedingungen" sei (S 14 des Gutachtens unter Ziffer 12). Hier ist nicht ersichtlich, warum eine "Belastbarkeit unter Alltagsbedingungen" einer körperlich leichten Tätigkeit im eingangs genannten Umfang entgegenstehen sollte. Auch scheint nicht gewürdigt worden zu sein, dass im Vordergrund der Beschwerden am linken Knie der Klägerin gerade die Schmerzen standen.
(5)
Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche, Unklarheiten und fehlenden Substanz vermag die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin durch den Gutachter Dr. W. den Senat insgesamt nicht zu überzeugen. Für die vom Senat getroffenen Feststellungen bieten die weiteren medizinischen Stellungnahmen eine ausreichende Grundlage. Dies gilt sowohl für die auf gleicher objektiver Befundlage wie das Gutachten des Dr. W. erfolgten Stellungnahmen aus der Zeit vor Implantierung der zweiten Knie-TEP als auch für die Stellungnahme aus der Zeit danach (Gutachten Dr. P.).
Für die vom Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat (hilfsweise) beantragte Einholung eines orthopädischen Fachgutachtens zum Beweis eines "geminderten Leistungsvermögens auf dem Arbeitsmarkt zwischen drei und sechs Stunden" bestand aus diesem Grund kein Anlass. Zudem begründet ein solches Leistungsvermögen, worauf der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung unmittelbar vor der Antragstellung mehrfach hingewiesen hat, keinen Anspruch auf die begehrte Erwerbsminderungsrente; vielmehr bedarf es hierzu idR gerade einer Absenkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden.
c.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung kann nicht festgestellt werden. Dies gilt sowohl für den Zeitraum vor als auch nach der Implantation einer Knie-TEP am linken Bein der Klägerin. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die bei der Klägerin bestehenden, oben festgestellten Leistungseinschränkungen über das hinausgehen, was bereits vom Begriff "leichte Tätigkeiten" und den damit üblicherweise einhergehenden Beschränkungen umfasst ist. Die vom Gutachter Dr. W. angenommenen Einschränkungen der Klägerin bei Tätigkeiten im Publikumsverkehr sowie in ihrer "Reaktionsfähigkeit bezüglich der Anpassung an neue Lebens- und Arbeitsbedingungen" können der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden. Auf die Ausführungen oben unter b. bb. (3) wird Bezug genommen.
d.
Es kann auch nicht vermutet werden, dass für die Klägerin der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen sei, weil einer der vom großen Senat des BSG anerkannten sogenannten sieben Katalogfälle vorläge (BSG 19. Dezember 1996 – GS 2/95, BSGE 80, 24, 35 f.).
Die Klägerin ist zunächst wegefähig. Das nach der Rechtsprechung erforderliche Vermögen, zum Aufsuchen einer Arbeitsstelle viermal täglich Strecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können, ist bei der Klägerin gegeben. Auf die Ausführungen oben unter b. bb. (2) wird verwiesen. Die Wegefähigkeit bejahen auch Dr. S. in ihrem Gutachten vom 15. Dezember 2005 und Dr. G. unter dem 15. August 2005 (der allerdings missverständlich eine zumutbare Gehstrecke "mit 4 x 500 m" annimmt). Schließlich gelangt Dr. P. in seinem Gutachten vom 23. August 2010 für den Zeitraum nach Durchführung der Implantation einer Knie-TEP links zu der im Hinblick auf den einwandfreien Sitz beider Knieprothesen nachvollziehbaren Einschätzung einer uneingeschränkten Wegefähigkeit. Im Übrigen verfügt die Klägerin über einen Führerschein sowie einen Pkw und kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.
Die Klägerin benötigt schließlich keine betriebsunüblichen Pausen. Für eine – zum Ausschluss der Erwerbsminderung grundsätzlich genügende – Arbeitszeit von bis zu sechs Stunden täglich gilt dies nach den Feststellungen sämtlicher Ärzte unter Einschluss von Dr. W ... Die von ihm für notwendig gehaltenen kurzzeitigen Arbeitsunterbrechungen etwa alle zwei bis drei Stunden zum "Durchbewegen der Gelenke" lassen sich auch nach Einschätzung von Dr. W. mit den betrieblichen Erfordernissen regelmäßig vereinbaren. Dies steht, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, im Einklang mit der Rechtsprechung zu der Existenz sogenannter betrieblicher Verteilzeiten. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts wird insoweit Bezug genommen. Die Klägerin ist ihnen in zweiter Instanz nicht entgegen getreten.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 SGG bestanden nicht.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1955 geborene Klägerin durchlief eine Lehre als Lager- und Transportfacharbeiterin, ohne einen Abschluss zu erlangen. Von April 1974 bis Februar 1991 war sie als Produktionsarbeiterin, Lagerarbeiterin, Reinigungskraft, Wirtschaftsgehilfin und Eisenflechterin tätig. Nach Arbeitslosigkeit und verschiedenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen war sie von Oktober 2000 bis Mai 2004 als Reinigungskraft, zum Teil auch als Küchenhilfe bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt. Seit dem 1. Juni 2004 ist die Klägerin arbeitslos.
Im September 2004 wurde bei der Klägerin im Krankenhaus W. eine zementfreie Knie-Totalendoprothese (Knie-TEP) rechts implantiert. Am 20. September 2004 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Vom 8. Oktober bis 11. November 2004 nahm sie an einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme im Rehabilitationszentrum W. teil. In dem Entlassungsbericht vom 11. November 2004 werden als Diagnosen Zustand nach Knie-TEP rechts sowie Gonarthrose links genannt. Die Klägerin könne ihre letzte Tätigkeit als Lager- und Transportarbeiterin nur noch unter drei Stunden täglich ausüben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Stehen, im Gehen und im Sitzen in Tagesschicht sechs Stunden und mehr täglich möglich. Tätigkeiten mit längeren Gehstrecken, Ersteigen von Leitern sowie kniende Tätigkeiten könnten nicht mehr vollschichtig verrichtet werden. Eine wechselnd sitzend-stehende Tätigkeit sei der Klägerin unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen vollschichtig möglich.
Am 6. September 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbminderung. Dabei verwies sie auf ständige Schmerzen in der Wirbelsäule, den Bandscheiben sowie in beiden Knie- und Knöchelgelenken.
Die Beklagte zog daraufhin den Reha-Entlassungsbericht vom 11. November 2004 sowie verschiedene medizinische Unterlagen bei, darunter einen Beratungsvermerk des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit M. vom 27. April 2005, ein für diese Einrichtung erstelltes Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Allgemeinmedizin Dipl.-Med. G. vom 15. August 2005 und einen Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. B. vom 22. Juni 2005. Dr. G. stellte die Diagnosen Verschleißerscheinungen der Kniegelenke, der Wirbelsäule sowie Übergewicht. Die Klägerin könne noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten in Tagesschicht, Früh- und Spätschicht in Werkhallen, in geschlossenen und temperierten Räumen ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen, ohne erhöhte Verletzungsgefahr, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen und ohne häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel zeitweise stehend, gehend und sitzend verrichten. Die zumutbare Gehstrecke könne mit viermal 500 m täglich unter normalen Straßenbedingungen angenommen werden. Öffentliche Verkehrsmittel könnten benutzt werden.
In einem vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten erstatteten Gutachten gelangte die Fachärztin für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin Dr. S. unter dem 15. Dezember 2005 zu den Diagnosen
Gonarthrose beidseits mit Zustand nach Knie-TEP rechts mit mittelgradiger Leistungseinschränkung,
spondylotische Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule mit geringen Funktionseinschränkungen,
Fettstoffwechselstörung.
Insgesamt müsse von einer mittelgradigen Leistungseinschränkung ausgegangen werden. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten ohne Zwangshaltung für die Wirbelsäule, unter Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen (keine Überkopfarbeiten, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine knienden Tätigkeiten und keine Tätigkeiten mit längeren Laufstrecken) sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Ihre Tätigkeit als Reinigungskraft könne die Klägerin damit nicht mehr ausüben. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, da die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei und auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Hinblick auf den Hauptberuf der Klägerin als Reinigungskraft nicht vorlägen. Die Klägerin könne noch zumutbare Tätigkeiten als Telefonistin, Aufnehmerin von Daten mittels Codeleser, Bürohilfskraft, Prüf- und Qualitätskontrolleurin in der Metallindustrie (einfache Prüfplätze) verrichten.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass sie keine sechs Stunden täglich mehr arbeiten könne. Bei längerem Sitzen, Stehen oder Arbeiten in gebückter Stellung könne sie sich vor Schmerz nicht mehr bewegen. Auch könne sie keine Treppen mehr steigen. Weiter verwies die Klägerin darauf, dass bei ihr ein Grad der Behinderung von 30 anerkannt worden sei. Mit Bescheid vom 5. Juni 2007 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Mit ihrer am 20. Juni 2007 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, täglich nicht mehr drei Stunden arbeiten zu können. Ihre arthrotische Kniegelenkserkrankung habe sich erheblich verschlechtert. Sie leide in beiden Kniegelenken unter Spannungsgefühl und einer Instabilität des unteren Bewegungsapparates beim Laufen und Treppensteigen. Auch für ihr linkes Knie sei die Implantation einer Knie-TEP geplant. Die ihr zur Verfügung gestellte Unterarmstütze bringe keine wesentliche Entlastung bei der fortbestehenden Schmerzproblematik. Auch ihr Wirbelsäulenleiden habe sich erheblich verstärkt. Es liege bei ihr eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Zudem benötige sie zusätzliche betriebsunübliche Pausen und sei nicht in der Lage, eine Wegstrecke von 500 m mehrmals täglich zurückzulegen. Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin erklärt, dass sie einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht mehr weiter verfolge.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2007 aufzuheben,
die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Juli 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und den angegriffenen Bescheid verteidigt.
Das Sozialgericht hat den Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. B. vom 5. November 2007 eingeholt. Danach bestanden für den Behandlungszeitraum vom 27. Mai 2005 bis 23. Oktober 2007 die Diagnosen Zervikalsyndrom, zervikale Bandscheibendegeneration, Spondylose der Lendenwirbelsäule und Gonarthrose beidseits. Veränderungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes seien nicht eingetreten. Aus orthopädischer Sicht könne die Klägerin sechs Stunden täglich eine körperlich leichte Tätigkeit ohne längeres Stehen, Laufen und Sitzen und ohne Arbeiten im Knien und Hocken sowie ohne Besteigen von Leitern verrichten.
Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht ferner nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W. eingeholt. In seinem Gutachten vom 19. September 2008 gelangt Dr. W. zu den Diagnosen
Knie-TEP rechts,
Gonarthrose links,
Spondylose/Bandscheibendegeneration (untere HWS, thorakolumbaler Übergang),
Adipositas,
metabolisches Syndrom (Diabetes mellitus, Adipositas, Hypertonie).
Der Klägerin seien noch leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung und nur ausnahmsweise das Heben und Tragen von Lasten bis maximal 10 kg möglich. Arbeiten im Gehen, Stehen, wechselweise im Gehen, Stehen und/oder Sitzen seien mit Einschränkungen möglich. Arbeiten überwiegend oder ausschließlich im Sitzen oder ausschließlich im Stehen seien nicht möglich. Arbeiten mit ständigen längeren bzw. häufigen gelegentlich einseitigen körperlichen Belastungen bzw. in Zwangshaltungen seien für die Klägerin nicht geeignet (ebenso Tätigkeiten mit Knien, Hocken, Bücken sowie dem Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel). Die Klägerin könne nur noch in geschlossenen Räumen sowie unter Vermeidung äußerer Umwelteinflüsse (Temperaturschwankungen, Zugluft, Nässe, Lärm, Staub, Dampf, Rauch) arbeiten. Arbeiten in Wechselschicht, Nachschicht und unter besonderem Zeitdruck seien "unter den zum Untersuchungszeitpunkt vorliegenden Bedingungen" nicht mehr möglich. Arbeit mit Publikumsverkehr sei für die Klägerin nur eingeschränkt möglich, da sie keine Erfahrungen mit Tätigkeiten in der Öffentlichkeit habe. In Anbetracht des Ausprägungsgrades der Gonarthrose links und der Abnutzungserscheinungen in der Wirbelsäule erschienen Belastungen über die Grenze von sechs Stunden hinaus nicht realisierbar. Bei einem optimierten Arbeitsprofil und einer Arbeitszeit von drei bis maximal sechs Stunden werde die Klägerin unter üblichen betrieblichen Bedingungen arbeiten können. Bei einer Arbeitszeit über sechs Stunden hinaus würden die vorgeschriebenen Pausen nicht ausreichen. In Abhängigkeit von der Art der Tätigkeit sowie von äußeren und inneren Faktoren seien kurze Pausen im Abstand von ca. zwei bis drei Stunden notwendig. Diese könnten in aller Regel den betrieblichen Erfordernissen angepasst werden. Bei einem Arbeitsplatz, der dem körperlichen Vermögen der Klägerin angepasst sei und sie physisch und psychisch nicht überlaste, sei eine Arbeitsleistung an fünf Tagen in der Woche möglich. Die Chancen für eine motivierte Arbeitsaufnahme seien aber eher ungünstig. Ferner sei die Gehfähigkeit der Klägerin eingeschränkt. Bei Spaziergängen mit ihrem Hund müsse sie langsam laufen und auf mögliche Unebenheiten im Gehweg achten. Eine Distanz von 300 bis 400 Metern solle nicht überschritten werden. Hierfür benötige die Klägerin ca. fünf Minuten. Eine Wegstrecke von mehr als 500 m könne die Klägerin nicht viermal täglich zurücklegen. Öffentliche Verkehrsmittel könne die Klägerin benutzen, wenn ausreichend Sitzplätze vorhanden und der Gehweg zu den Haltestellen ausreichend befestigt und glatt sei. In der Benutzung eines Kraftfahrzeuges sei die Klägerin nur leicht eingeschränkt, Probleme ergäben sich nur bei längeren Fahrtstrecken von mehr als 30 bis 60 Minuten. Die Minderung der Leistungsfähigkeit bestehe seit dem Jahr 2004. Abweichend von den vorausgegangenen ärztlichen Stellungnahmen werde eingeschätzt, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, "mehr als sechs Stunden" täglich zu arbeiten; vielmehr sei nur eine tägliche Arbeitszeit von "drei bis unter sechs" Stunden umsetzbar.
Hilfsweise zu ihrem Klageantrag hat die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht beantragt, den Gutachter Dr. W. zu einem neuen Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden und zu seinem Gutachten anzuhören.
Mit Urteil vom 24. Juni 2009 hat das Sozialgericht ohne weitere Anhörung des Gutachters die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin seiner Einschätzung nach noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten vorzugsweise in Tagesschicht wechselweise im Stehen, Sitzen und Gehen mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen zu verrichten. Soweit Dr. W. nur eine tägliche Arbeitszeit von drei bis unter sechs Stunden für zumutbar halte, sei sein Gutachten insofern widersprüchlich, als darin an anderen Stellen ein Leistungsvermögen von bis zu sechs Stunden zu Grunde gelegt worden sei. Die vom Gutachter klinisch festgestellten Funktionsdefizite seien zudem nur als leicht bis mittelgradig einzuschätzen und unterschieden sich nicht von denen der Vorgutachter. In Bezug auf das linke Kniegelenk der Klägerin bestünde lediglich das Gefühl einer Instabilität ohne klinisches und objektives Korrelat. Bei dieser Sachlage sei die beantragte mündliche Anhörung des Gutachters nicht "zielführend und notwendig" gewesen. Selbst wenn der Gutachter seine Leistungseinschätzung dahin präzisierte, dass er von einem Leistungsvermögen der Klägerin von täglich unter sechs Stunden ausgehe, ließe sich ein solches Leistungsvermögen anhand der von ihm festgestellten Diagnosen und Bewegungsmaße nach Auffassung der Kammer nicht schlüssig begründen. Soweit der Gutachter neben den weiteren Diagnosen Übergewicht und Fettstoffwechselstörung auch eine diabetische Stoffwechselerkrankung und einen arteriellen Hypertonus diagnostiziere, fehle es an entsprechenden Untersuchungen und Befunderhebungen des begutachtenden Orthopäden; solche ergäben sich auch nicht aus den sonstigen Unterlagen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die über das bereits mit der Beschränkung auf "leichte Tätigkeiten" üblicherweise mitumfasste Maß hinausginge, liege bei der Klägerin nicht vor. Die Klägerin benötige ferner keine betriebsunüblichen Pausen; die von Dr. W. geforderten Kurzpausen im Abstand von ca zwei bis drei Stunden ließen sich jedenfalls im Hinblick auf die persönlichen Verteilzeiten am Arbeitsplatz betriebsüblich realisieren. Auch die Wegefähigkeit der Klägerin sei jedenfalls unter Verwendung von Gehstützen gewährleistet. Die Einschätzung von Dr. W., dass die Klägerin nicht viermal täglich eine Strecke von mehr als 500 m zurücklegen könne, stehe im Widerspruch zu seiner weiteren Einschätzung, dass die Klägerin mit ihrem Hund täglich spazieren gehe und kurze Wegstrecken mit einer Länge von ca 1 km ohne Hilfsmittel zurücklegen könne und 15 bis 20 Minuten, maximal 30 Minuten ohne Pause gehen könne, wobei sie in 5 Minuten 300 bis 400 m zurücklege. Im Übrigen verfüge die Klägerin über Führerschein und Pkw.
Gegen das ihr am 10. August 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. August 2009 Berufung eingelegt. Darin hat sie in erster Linie Verfahrensmängel des Sozialgerichts gerügt, insbesondere weil eine Anhörung des Sachverständigen unterblieben sei. Die Klägerin macht ferner geltend, dass selbst für körperlich leichte Arbeiten ihr Leistungsvermögen auf maximal drei bis sechs Stunden täglich begrenzt sei. Bei ihr bestünde eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Ferner sei der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen. Auch fehle die Wegefähigkeit.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle und den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 – 48 110155 O 508 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe ab dem 1. Juli 2004 zu bewilligen.
Hilfsweise beantragt sie,
von Amts wegen ein orthopädisches Fachgutachten einzuholen zum Beweis der Behauptung, dass bei ihr ein gemindertes Arbeitsvermögen auf dem Arbeitsmarkt zwischen drei und sechs Stunden noch vorhanden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr. A. vom 23. Februar 2010 (Bl 186 d. Akten) und des Facharztes für Allgemeinmedizin Peter Fuchs (Hausarzt) vom 17. April 2010 (Bl 202 bis 203 der Akten) eingeholt. Auf die Befundberichte wird Bezug genommen.
Am 10. Februar 2010 wurde bei der Klägerin eine zementfreie Knie-TEP links implantiert. Der Senat hat den Bericht des Klinikums B.enlandkreis vom 19. Februar 2010 über die entsprechende stationäre Behandlung (Bl 205 ff der Akten) sowie den Entlassungsbericht der ALGOS Fachklinik B. K. über eine nachfolgend vom 3. bis 22. März 2010 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme eingeholt (Bericht vom 19. März 2010, Bl 215 ff der Akten). Nach dem Entlassungsbericht war die Klägerin für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Raumpflegerin nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie hingegen leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von häufigem Bücken, Ersteigen von Leitern, Gerüsten oder ähnlichem, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten mit Gang- und Standunsicherheit, ohne Zwangshaltungen, ohne langanhaltende Erschütterungen und Vibrationen auf den Becken- und Beinbereich sowie ohne Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr sechs Stunden und mehr verrichten. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Schließlich hat der Senat das Gutachten des Facharztes für Orthopädie sowie für Neurologie/Psychiatrie Dr. P. vom 23. August 2010 eingeholt. Der Gutachter hat die Diagnosen Zustand nach Implantation einer Knie-TEP rechts (2004) und links (2010) jeweils bei Gonarthrose sowie rezidivierende, statischfunktionell und degenerativ bedingte Rückenschmerzen bei zusätzlicher muskulärer Dysbalance und Adipositas ohne wesentliche klinische Relevanz gestellt. Neben einer mäßiggradigen Flexionseinschränkung beider Kniegelenke lägen weitere nennenswerte Funktionseinschränkungen des Haltungs- und Bewegungsapparates nicht vor. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen bei Meidung schwererer Hebe- und Trageleistungen, hockender und kniender Bewegungsabläufe, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, häufigem Treppensteigen, Kälte-, Nässe- und Zuglufteinwirkungen sowie Akkord- und Fließbandarbeiten ohne weitere Einschränkungen täglich sechs Stunden an fünf Wochentagen zu verrichten (zB leichte Sortierarbeiten, Büroarbeiten, Museumsaufsicht). Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Die Gehfähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Klägerin sei in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und einen Pkw zu führen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 29. November 2010 das Gutachten des Dr. P. als oberflächlich und lückenhaft gerügt. Weiter hat sie mitgeteilt, dass bei ihr inzwischen ein Grad der Behinderung von 50 und das Merkzeichen "G" anerkannt sei.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Rechtsstreit war nicht wegen eines Verfahrensmangels an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2007 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu.
1.
Der Rechtsstreit war nicht, wie es die Klägerin zunächst angeregt hatte, wegen eines Verfahrensmangels an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Berufungsgericht von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, wenn das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Davon hat der Senat abgesehen.
Dabei konnte dahinstehen, ob das Verfahren vor dem Sozialgericht überhaupt an einem wesentlichen Mangel leidet. Die Klägerin hat insbesondere gerügt, das Sozialgericht habe ihr Fragerecht nach §§ 116 Satz 2, 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 Zivilprozessordnung (ZPO) und damit ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG)) verletzt (vgl dazu BVerfG 3. Februar 1998 – 1 BvR 909/94, NJW 1998, 2273; BSG 27. November 2007 – B 5a/5 R 60/07 B, SozR 4-1500 § 116 Nr 1; zuletzt BSG 19. November 2009 – B 13 R 247/09 B, Juris). Der Senat konnte offen lassen, ob das zutrifft und die Klägerin insbesondere rechtzeitig sachdienliche Fragen an den Gutachter Dr. W. angekündigt hat, als sie in der letzten mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2009 beantragte, den Sachverständigen zu seinem seit Oktober 2008 vorliegenden Gutachten anzuhören (vgl Protokoll vom 24. Juni 2009, Bl 112 dA).
Denn von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits war hier auch für den Fall eines wesentlichen Verfahrensmangels abzusehen. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Berufungsinstanz uneingeschränkte Tatsacheninstanz. Der Verlust einer Instanz wiegt daher grundsätzlich nicht allzu schwer. Hinzu tritt die bisherige Dauer des Verfahrens von ca 3 1/2 Jahren zuzüglich derjenigen des Verwaltungsverfahrens. Schließlich hat der Senat berücksichtigt, dass selbst bei Annahme eines Verfahrensmangels erstinstanzlich durchaus eine Tatsachenermittlung und Feststellung stattgefunden hat, an die er anknüpfen und in der Sache entscheiden konnte.
2.
Der Klägerin steht die begehrte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht zu. Die Klägerin ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verfolgt die Klägerin nicht mehr, wie sie vor dem Sozialgericht erklärt hat.
Nach § 43 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Versicherte, die hierzu nicht mindestens sechs Stunden täglich in der Lage sind. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 2 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht war und ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats im Streitzeitraum in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein; damit ist sie nicht erwerbsgemindert.
a.
Nach sämtlichen ärztlichen Einschätzungen leidet die Klägerin in orthopädischer Hinsicht unter einem Zervikalsyndrom, einer zervikalen Bandscheibendegeneration, einer Spondylose der Lendenwirbelsäule und einem Zustand nach Knie-TEP bei Gonarthrose rechts, einer mittelgradigen Gonarthrose links bis zum 9. Februar 2010 und sodann an einem Zustand nach Knie-TEP bei Gonarthrose links. Außerorthopädisch tritt hinzu eine Adipositas sowie eine Fettstoffwechselstörung.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin mit diesen Erkrankungen in der Lage war und ist, für mindestens sechs Stunden täglich leichte körperliche Arbeiten vorzugsweise in Tagesschicht im Wechsel von Stehen und Gehen und Sitzen, seit der Knie-Operation links am 10. Februar 2010 auch überwiegend im Sitzen, bei Meidung schwerer Hebe- und Trageleistungen, hockender und kniender Bewegungsabläufe, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, ohne häufiges Treppensteigen, ohne Kälte-, Nässe-Zuglufteinwirkungen und Temperaturschwankungen sowie ohne Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechsel- und Nachtschicht und ohne Einwirkung von Lärm, Staub, Dampf und Rauch und Ganzkörpervibrationen zu verrichten. Diese Feststellung beruht auf dem Reha-Entlassungsbericht vom 11. November 2004, dem Gutachten des Dipl.-Med. G. für die Agentur für Arbeit M. vom 15. August 2005, dem SMD-Gutachten von Dr. S. vom 15. Dezember 2005, den Befundberichten von Dr. B., Dr. A. und Dipl.-Med. F. sowie dem zweitinstanzlich eingeholten Gutachten von Dr. P. vom 23. August 2010. Das Gutachten nach § 109 SGG von Dr. W. vermag keine Zweifel an diesem Ergebnis zu begründen.
b.
Im Einzelnen ergibt sich das dargestellte Restleistungsvermögen der Klägerin wie folgt:
aa.
Aus den außerorthopädischen Erkrankungen (Adipositas und Fettstoffwechselstörung) leitet kein Mediziner Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit der Klägerin her, die über die eingangs unter a. wiedergegebenen hinausgingen. Das gilt auch für die etwaigen weiteren außerorthopädischen Diagnosen Hypertonus und Diabetes, die Dr. W. als einziger erwähnt. Insoweit ist allerdings nicht ersichtlich, wie Dr. W. als Orthopäde zu solchen, von den bisherigen ärztlichen Feststellungen abweichenden internistischen Diagnosen gelangt ist. Befunderhebungen hierzu erwähnt er nicht. Anlass zu weiteren Ermittlungen bestanden für den Senat nicht.
Aus den spondylotischen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und den hier auftretenden Beschwerden folgen mit Ausnahme des Gutachtens von Dr. W. nach allen medizinischen Stellungnahmen einschließlich derjenigen der behandelnden Orthopädin Dr. B. ebenfalls keine das og Leistungsbild weiter begrenzenden Funktionseinschränkungen. In seinem Gutachten sieht Dr. P. insoweit sogar überhaupt keine nennenswerten Funktionsbeeinträchtigungen (S 7 unten).
Schließlich steht die im Vordergrund stehende Erkrankung der Knie – auch in der Zusammenschau mit den weiteren Erkrankungen – dem eingangs beschriebenen Leistungsbild nicht entgegen. Dies bestätigen alle ärztlichen Stellungnahmen einschließlich derjenigen der behandelnden Orthopädin Dr. B. mit Ausnahme des Gutachtens von Dr. W ... Das gilt insbesondere auch in Ansehung des noch nicht operierten linken Knies der Klägerin. Aus der Gonarthrose links vor Implantierung der Knie-TEP ergaben sich hauptsächlich Schmerzbeschwerden, nicht aber nennenswerte Bewegungseinschränkungen (vgl Dr. W. auf S 6 des Gutachtens: Extension/Flexion von 0/0/130 und die Bemerkung "endgradig schmerzhaft eingeschränkt"). Das rechte Kniegelenk war dagegen bereits mit einer lotrechten und fest sitzenden Knieprothese versorgt.
Mit den vorgenannten Feststellungen in Einklang gelangt Dr. P. in seinem Gutachten vom 23. August 2010 auch für den Zeitraum nach Durchführung der Implantation einer Knie-TEP links im Wesentlichen zu der hier zugrunde gelegten Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Im Hinblick auf den einwandfreien Sitz beider Knieprothesen stellt er in Bezug auf die Knie nur eine mäßiggradige Flexionseinschränkung fest. Es erscheint plausibel, dass Dr. P. deshalb in seinem Gutachten - abweichend vom Vorgutachten – eine überwiegend sitzende Tätigkeit für zumutbar hielt. Dr. W. hatte eine solche Tätigkeit für unzumutbar gehalten, weil arthrotisch veränderte Gelenke vor allem in Ruhestellung schmerzten (S 9 des Gutachtens). Nachdem die Klägerin seit Februar 2010 über beidseitige Total-Knieprothesen verfügt, ist mit dem Gutachten des Dr. P. insoweit nicht mit weiteren Beschwerden zu rechnen.
Dieses Gutachten leidet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb an einem durchgreifenden Mangel, weil es sich nicht mit dem Vorgutachten von Dr. W. auseinandersetzt. Eine solche Auseinandersetzung war hier entbehrlich, da sich die Befundlage nach Implantierung der Knie-TEP links geändert hatte. Das Gutachten nach § 109 SGG des Dr. W. hatte noch den vorherigen Status zum Gegenstand und sein Ergebnis im Wesentlichen auf diesen Status gestützt.
Soweit bei der Klägerin inzwischen ein Grad der Behinderung von 50 und das Merkzeichen "G" anerkannt sind, ändert sich dadurch die hier getroffene Einschätzung nicht. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts zur Unzulässigkeit eines Rückschlusses aus dem Grad der Behinderung auf die Erwerbsminderung (S 12 des Urteils) wird Bezug genommen.
bb.
Zu einer abweichenden Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin gelangt allein der nach § 109 SGG bestellte Sachverständige Dr. W. in seinem Gutachten vom 19. September 2008. Er nimmt offenbar ein tägliches Leistungsvermögen von nur drei bis unter sechs Stunden an und sieht ansonsten im Wesentlichen zusätzliche Einschränkungen der Klägerin in ihrer Wegefähigkeit, in ihrer allgemeinen Belastbarkeit und Motivation, bei Tätigkeiten mit Publikumsverkehr und in ihrer Reaktionsfähigkeit bezüglich der Anpassung an neue Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dieser Beurteilung vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht nicht zu folgen. Vielmehr schließt er sich den ärztlichen Feststellungen im Reha-Entlassungsbericht vom 11. November 2004, im Gutachten des Dipl.-Med. G. vom 15. August 2005 und seinem Beratungsvermerk für die Arbeitsagentur, im Gutachten der Dr. S. vom 15. Dezember 2005 sowie im Befundbericht der behandelnden Orthopädin Dr. B. vom 5. November 2007 an. Diese gelangen bei gleicher Befundlage wie Dr. W. widerspruchsfrei zu der Einschätzung, dass die Klägerin mit den bei ihr bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen in dem eingangs beschriebenen Umfang noch erwerbsfähig sein kann.
Dr. W. trifft seine Einschätzung auf der Grundlage einer mit den vorausgegangenen Begutachtungen übereinstimmenden objektiven Befundlage. Ausdrücklich führt er aus, dass die inhaltliche Darstellung der körperlichen Einschränkungen in den bisherigen gutachterlichen Stellungnahmen seiner Befunderhebung vergleichbar war (vgl S 13 des Gutachtens, Bl 78 der Akten). Dementsprechend weichen die im Gutachten Dr. W. wiedergegebenen objektiven Befunde nicht wesentlich von früheren ab. Bei dieser identischen Ausgangslage kann der Senat – und konnte auch das Sozialgericht, auf dessen Ausführungen ergänzend Bezug genommen wird – seine Feststellungen auf die vorausgegangenen medizinischen Stellungnahmen stützen. Ein Anlass, Dr. W. anzuhören oder ein weiteres Gutachten zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Zeitraum vor der zweiten Knieoperation einzuholen, bestand im Berufungsverfahren nicht. Die dem Gutachten des Dr. W. vorausgegangenen Stellungnahmen beruhen auf orthopädischem und sozialmedizinischem Sachverstand. Ihre zeitlich frühere Erstellung ändert im Hinblick auf die unveränderte objektive Befundlage nichts an ihrer Gültigkeit.
Gegenüber den vorausgegangenen Stellungnahmen erweist sich das Gutachten Dr. W. aus folgenden Gründen als widersprüchlich und daher wenig überzeugend.
(1)
Bereits das Ergebnis seiner Einschätzung ist unklar: Auf Seite 10 des Gutachtens heißt es unter Ziffer 3, dass eine Belastung der Klägerin "über die Grenze von sechs Stunden hinaus nicht realisierbar" erscheine. Damit übereinstimmend führt der Sachverständige auf Seite 13 unter Ziffer 11 aus, dass die Klägerin aus seiner Sicht nicht in der Lage sei, "mehr als sechs Stunden pro Tag zu arbeiten". Bereits im Folgesatz gelangt der Sachverständige dann überraschend zu der Feststellung, dass aus seiner Sicht "unter den gegebenen Umständen eine tägliche Arbeitszeit von drei bis unter sechs Stunden umsetzbar" sei (Hervorhebung durch den Senat). Sodann heißt es wiederum, die Beurteilung der Dr. S., "dass die Klägerin mehr als sechs Stunden" tätig werden könne, halte er nicht für realistisch. Dem Sachverständigen scheint die maßgebliche Grenze von unter sechs Stunden für das Einsetzen der Erwerbsminderung nicht gewärtig gewesen zu sein.
Selbst wenn jedoch der Klägerin zugebilligt wird, dass der Sachverständige eine Leistungsfähigkeit von sechs Stunden und mehr verneint und nur eine solche bis zu unter sechs Stunden angenommen hat, können seine Ausführungen ein solches, von allen anderen medizinischen Stellungnahmen abweichendes Ergebnis nicht überzeugend begründen. Die Annahme einer zeitlichen Leistungsbeschränkung stützt Dr. W. auf den "Ausprägungsgrad der Gonarthrose links" und die "Abnutzungserscheinungen in der Wirbelsäule" (S 10 unten des Gutachtens). Gerade bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule falle es "den Patienten sehr schwer, länger als 30 Minuten auf einem Stuhl zu sitzen." Damit begründet der Sachverständige keine Leistungsbeschränkung auf unter sechs Stunden täglich, sondern nur ein begrenztes ununterbrochenes Sitzvermögen. Zudem beruht auch die Einschätzung des Sitzvermögens auf vager objektiver Grundlage ("mittelgradig ausgeprägte Gonarthrose mit verschmälertem Gelenkspalt" sowie mittelgradige Veränderungen des Bandscheibe, vgl S 6-8 des Gutachtens). Warum sich im Übrigen aus den erhobenen, im Wesentlichen unveränderten, maximal mittelgradigen orthopädischen Befunden die von Dr. W. angegebene zeitliche Leistungsbeschränkung ergeben soll, ist nicht erkennbar. Auf die Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts wird verwiesen.
Ferner führt Dr. W. seine abweichende Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Vergleich zu den bisherigen Stellungnahmen darauf zurück, dass "der Arbeitsplatz in aller Regel nicht optimal den körperlichen Voraussetzungen der Klägerin angepasst werden" könne (S 13 des Gutachtens unter Ziffer 11). Damit geht er über den Gutachtenauftrag hinaus und stellt außerhalb seines Fachgebietes ohne erkennbare Grundlage allgemein berufskundliche Erwägungen an. Diese überzeugen zudem in Anbetracht der Vielfalt denkbarer Arbeitsplätze nicht.
Schließlich gibt Dr. W. an, dass in Anbetracht der Erkrankungsdauer "zusätzlich von einem chronifizierten Schmerzsyndrom ausgegangen werden" müsse (S 14 oben des Gutachtens). Eine solche Diagnose führt er allerdings im Zusammenhang mit den von ihm festgestellten Erkrankungen nicht auf (S 8-9 des Gutachtens). Auch wird nicht deutlich, ob sich das Schmerzsyndrom auf die Knie oder die Wirbelsäule beziehen soll. Befunderhebungen über den Schmerzgrad sind nicht ersichtlich. Angaben über von der Klägerin eingenommene Schmerzmittel, deren Dosierung und Einnahmefrequenz fehlen. In Anbetracht des Umstandes, dass die Klägerin nach eigenen Angaben gegenüber Dr. W. sowohl mit ihrem Mann als auch mit dem Hund spazieren geht und sich dies "mobilitätsverbessernd" auswirkt (S 4 Mitte des Gutachtens), bestand für den Senat insoweit auch kein Anlass für weitere Ermittlungen.
(2)
Widersprüchlich ist sodann die Einschätzung der Wegefähigkeit durch Dr. W., wonach der Weg bis zu einer Haltestelle "eine Distanz von 300 bis 400 m nicht überschreiten sollte" bzw Wegstrecken von mehr als 500 m viermal am Tag wegen der Knieschäden der Klägerin nicht zurückgelegt werden könnten (S 12 des Gutachtens). Denn der Sachverständige gibt zugleich die Schilderung der Klägerin wieder, dass sie täglich mit ihrem Hund spazieren gehe, dabei Linderung ihrer Beschwerden verspüre, 15 bis 20 Minuten oder auch 30 Minuten gehen könne, bevor eine Pause notwendig sei (S 4-5 des Gutachtens). Ferner schätzt er ein, dass die Klägerin eine Strecke von 300 bis 400 m in fünf Minuten zurücklege (S 12). Allein aus diesen Angaben folgt, dass die Klägerin die geforderte Wegefähigkeit auch vor der Implantation der Knie-TEP links besaß. Denn danach kann sie mindestens 15 Minuten lang am Stück gehen und dabei mindestens 1.200 m zurücklegen. Dem entgegenstehende objektive Feststellungen trifft Dr. W. nicht. Soweit er auf die von der Klägerin subjektiv empfundene Instabilität im Kniegelenksbereich verwies, fehlt es hierzu an objektiven Korrelaten, wie er selber feststellt.
(3)
Weiter fehlt es in dem Gutachten von Dr. W. in Bezug auf die angenommene eingeschränkte allgemeine psychische Belastbarkeit und Motivation der Klägerin an konkreten, objektivierbaren Feststellungen. Eine "deutliche Verminderung der Klägerin in ihrer Reaktionsfähigkeit bezüglich der Anpassung an neue Lebens- und Arbeitsbedingungen" vermag der Senat nicht zu erkennen. Als einziger Mediziner gelangt der Orthopäde Dr. W. zu einer solchen Feststellung (S 10 des Gutachtens). Nachdem er zunächst das Reaktionsvermögen, die Aufmerksamkeit, das Verantwortungsbewusstsein und die Zuverlässigkeit der Klägerin als "altersentsprechend durchschnittlich" eingeschätzt und darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin ein geordnetes Familienleben führe und drei Kinder versorgt habe, zieht er die genannte Schlussfolgerung allein aus dem Umstand der seit 2004 bestehenden Arbeitslosigkeit der Klägerin. Eine solche pauschale Annahme ohne jeden konkreten Anhaltspunkt in der Lebensführung der Klägerin ist nicht gerechtfertigt. In dieser Hinsicht ist auch nicht ersichtlich, dass der Orthopäde Dr. W. über besondere Fachkenntnisse verfügt. Der Senat hält insoweit die sozialmedizinische Einschätzung der übrigen Ärzte, die keine entsprechende Einschränkung annehmen, für sachgerecht.
Der Entscheidung kann auch nicht zugrunde gelegt werden, dass die Klägerin für Tätigkeiten mit Publikumsverkehr nur eingeschränkt einsetzbar ist. Der Orthopäde Dr. W. folgert dies daraus, dass die Klägerin aufgrund ihres bisherigen Werdeganges keine Erfahrungen mit Tätigkeiten in der Öffentlichkeit habe. Hier fehle es daher an Grundvoraussetzungen für eine Arbeit in der Öffentlichkeit (S 10 des Gutachtens, Bl 75 d. Akten). Diese Ausführungen bewegen sich nicht im Rahmen des erteilten Gutachterauftrags. Sie sind berufskundlicher und bestenfalls psychiatrischer Natur, allerdings ohne entsprechende psychiatrische Exploration und Befundung. In berufskundlicher Hinsicht überzeugen sie nicht. Es kann nicht allgemein angenommen werden, dass eine Tätigkeit mit Publikumsverkehr "Erfahrung mit Tätigkeiten in der Öffentlichkeit" erfordere.
(4)
Schließlich führt Dr. W. zur Frage nach den Besserungschancen durch Implantation einer Knie-TEP links aus, dass danach die Belastbarkeit weiterhin eingeschränkt und Ziel einer solchen Behandlung lediglich "die Schmerzreduktion unter Alltagsbedingungen" sei (S 14 des Gutachtens unter Ziffer 12). Hier ist nicht ersichtlich, warum eine "Belastbarkeit unter Alltagsbedingungen" einer körperlich leichten Tätigkeit im eingangs genannten Umfang entgegenstehen sollte. Auch scheint nicht gewürdigt worden zu sein, dass im Vordergrund der Beschwerden am linken Knie der Klägerin gerade die Schmerzen standen.
(5)
Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche, Unklarheiten und fehlenden Substanz vermag die Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin durch den Gutachter Dr. W. den Senat insgesamt nicht zu überzeugen. Für die vom Senat getroffenen Feststellungen bieten die weiteren medizinischen Stellungnahmen eine ausreichende Grundlage. Dies gilt sowohl für die auf gleicher objektiver Befundlage wie das Gutachten des Dr. W. erfolgten Stellungnahmen aus der Zeit vor Implantierung der zweiten Knie-TEP als auch für die Stellungnahme aus der Zeit danach (Gutachten Dr. P.).
Für die vom Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat (hilfsweise) beantragte Einholung eines orthopädischen Fachgutachtens zum Beweis eines "geminderten Leistungsvermögens auf dem Arbeitsmarkt zwischen drei und sechs Stunden" bestand aus diesem Grund kein Anlass. Zudem begründet ein solches Leistungsvermögen, worauf der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung unmittelbar vor der Antragstellung mehrfach hingewiesen hat, keinen Anspruch auf die begehrte Erwerbsminderungsrente; vielmehr bedarf es hierzu idR gerade einer Absenkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden.
c.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung kann nicht festgestellt werden. Dies gilt sowohl für den Zeitraum vor als auch nach der Implantation einer Knie-TEP am linken Bein der Klägerin. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die bei der Klägerin bestehenden, oben festgestellten Leistungseinschränkungen über das hinausgehen, was bereits vom Begriff "leichte Tätigkeiten" und den damit üblicherweise einhergehenden Beschränkungen umfasst ist. Die vom Gutachter Dr. W. angenommenen Einschränkungen der Klägerin bei Tätigkeiten im Publikumsverkehr sowie in ihrer "Reaktionsfähigkeit bezüglich der Anpassung an neue Lebens- und Arbeitsbedingungen" können der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden. Auf die Ausführungen oben unter b. bb. (3) wird Bezug genommen.
d.
Es kann auch nicht vermutet werden, dass für die Klägerin der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen sei, weil einer der vom großen Senat des BSG anerkannten sogenannten sieben Katalogfälle vorläge (BSG 19. Dezember 1996 – GS 2/95, BSGE 80, 24, 35 f.).
Die Klägerin ist zunächst wegefähig. Das nach der Rechtsprechung erforderliche Vermögen, zum Aufsuchen einer Arbeitsstelle viermal täglich Strecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zu bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können, ist bei der Klägerin gegeben. Auf die Ausführungen oben unter b. bb. (2) wird verwiesen. Die Wegefähigkeit bejahen auch Dr. S. in ihrem Gutachten vom 15. Dezember 2005 und Dr. G. unter dem 15. August 2005 (der allerdings missverständlich eine zumutbare Gehstrecke "mit 4 x 500 m" annimmt). Schließlich gelangt Dr. P. in seinem Gutachten vom 23. August 2010 für den Zeitraum nach Durchführung der Implantation einer Knie-TEP links zu der im Hinblick auf den einwandfreien Sitz beider Knieprothesen nachvollziehbaren Einschätzung einer uneingeschränkten Wegefähigkeit. Im Übrigen verfügt die Klägerin über einen Führerschein sowie einen Pkw und kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.
Die Klägerin benötigt schließlich keine betriebsunüblichen Pausen. Für eine – zum Ausschluss der Erwerbsminderung grundsätzlich genügende – Arbeitszeit von bis zu sechs Stunden täglich gilt dies nach den Feststellungen sämtlicher Ärzte unter Einschluss von Dr. W ... Die von ihm für notwendig gehaltenen kurzzeitigen Arbeitsunterbrechungen etwa alle zwei bis drei Stunden zum "Durchbewegen der Gelenke" lassen sich auch nach Einschätzung von Dr. W. mit den betrieblichen Erfordernissen regelmäßig vereinbaren. Dies steht, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, im Einklang mit der Rechtsprechung zu der Existenz sogenannter betrieblicher Verteilzeiten. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts wird insoweit Bezug genommen. Die Klägerin ist ihnen in zweiter Instanz nicht entgegen getreten.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 SGG bestanden nicht.
Rechtskraft
Aus
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