L 8 SB 5194/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 3837/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5194/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. September 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 rückwirkend für die Zeit ab 16.11.2000 streitig.

Bei dem am 1947 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt K. (VA) mit Bescheid vom 25.04.1996 wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und der Gelenke (Teil-GdB 20), chronischer Bronchitis und Reizmagen (Teil-GdB jeweils 10) den GdB mit 20 fest.

Am 22.10.1999 beantragte der Kläger beim VA die Erhöhung des GdB wegen eines weiteren Bandscheibenvorfalles. Nach Auswertung medizinischer Befundunterlagen (Berichte Dr. Me. vom 05.10.1999, Klinikum K. vom 12.10.1999, 29.10.1999 und Operationsbericht vom 27.10.1999, D.-Krankenhaus K. vom 31.01.1996, Dr. Ra. vom 02.04.1996 und 18.06.1997, Dr. Sp. vom 19.06.1997, Dr. S. vom 15.10.1999 sowie Reha-Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad R. vom 04.01.2000) stellte das VA mit Bescheid vom 13.03.2000 den GdB weiterhin mit 20 fest.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 13.04.2000 Widerspruch ein, mit dem er sich gegen die Bewertung des GdB wandte und beantragte, ihm das Merkzeichen "G" zuzuerkennen. Nach Beiziehung weiterer medizinischer Befundunterlagen (Berichte Klinikum K. vom 01.06.2001 und 30.05.2001, Dr. Kr. vom 03.04.2000, Dr. E. vom 16.07.2001) stellte das VA mit Teilabhilfebescheid vom 12.09.2001 wegen Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, Polyarthrose und chronisches Schmerzsyndrom (Teil-GdB 30), Diabetes mellitus (Teil-GdB 20) sowie chronische Bronchitis, Reizmagen und Bluthochdruck (Teil-GdB jeweils 10) den GdB mit 40 seit 22.10.1999 fest. Im Verlaufe des vom Kläger weiterverfolgten Widerspruchsverfahrens zog das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg den Reha-Entlassungsbericht der P.-Klinik Bad N. vom 14.11.2001 bei. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2002 stellte das Landesversorgungsamt beim Kläger den GdB nunmehr mit 50 seit 01.01.2001 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, die bisher mit einem Teil-GdB von 10 bewertete chronische Bronchitis könne jetzt mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet werden. Die vorgenommene Erhöhung des GdB auf 50 gebe das Ausmaß der eingetretenen Änderungen des Gesundheitszustandes wieder. Eine weitere Erhöhung des GdB lasse sich nicht begründen. Das Merkzeichen "G" könne nicht zuerkannt werden. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage (S 9 SB 352/02) mit dem Ziel, ihm das Merkzeichen "G" zuzuerkennen. Das SG zog den Reha-Entlassungsbericht der Klinik F. vom 15.04.2002 bei und hörte Dr. E. schriftlich als sachverständigen Zeugen an (Stellungnahme vom 27.04.2003), der weitere medizinische Unterlagen vorlegte (Berichte Stadtklinik B. vom 11.02.2002 und 10.06.2002, Dr. R. vom 17.04.2002, Herzzentrum L. vom 13.02.2002, Ärztliche Dienststelle der LVA Baden-Württemberg vom 17.08.2001, Klinikum K. vom 19.07.2001). Die Klage nahm der Kläger in der öffentlichen Sitzung des SG am 19.01.2004 zurück.

Mit Bescheid vom 12.02.2004 stellte das VA beim Kläger unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Herzerkrankung den GdB mit 60 seit 01.01.2002 fest.

Am 14.11.2007 machte der Kläger - wegen einer Kürzung der Rente - eine Schwerbehinderung bereits seit dem Jahr 2000 geltend. Er legte einen Befundbericht von Dr. E. vom 10.12.2007 vor. Entsprechend einer gutachtlichen Stellungnahme von Dr. Z.-C. vom 18.02.2008 entsprach das zwischenzeitlich zuständige Landratsamt R. - Versorgungsamt - mit Bescheid vom 25.02.2008 dem Antrag des Klägers auf rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nicht. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 03.03.2008 Widerspruch ein, der nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 02.07.2008 vom Landesversorgungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2008 zurückgewiesen wurde.

Hiergegen erhob der Kläger am 29.08.2008 Klage beim SG, mit der er einen GdB von 50 ab 16.11.2000 geltend machte. Zur Begründung trug er vor, er leide bereits seit vielen Jahren an einer chronisch-obstruktiven Bronchitis mit wechselnden Graden der bronchialen Obstruktion. Die Erstdiagnose sei bereits 1982 erfolgt. Spätestens vor dem 16.11.2000 habe eine derartige schwere Bronchitis bestanden, die einen eigenen GdB von über 10 gerechtfertigt habe. Somit sei ein GdB von 50 gegeben gewesen. Der Kläger berief sich auf den Befundbericht von Dr. E. vom 10.12.2007.

Mit Urteil vom 23.09.2009 wies das SG die Klage ab. Es nahm zur Begründung auf die Darstellungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug. Ergänzend führte es aus, die Feststellung des GdB von 50 ab dem 01.01.2001 beruhe auf dem Nachweis einer mittelschweren obstruktiven Ventilationsstörung, der am 30.10.2001 erbracht worden sei. Früheren Befundunterlagen ließen sich eine solche Ventilationsstörung nicht entnehmen. Aufgrund dessen lasse sich kein Nachweis dafür erbringen, dass die Atemwegserkrankung jedenfalls für den Zeitraum ab dem 16.11.2000 eine höhere Bewertung rechtfertige. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen, die eine höhere GdB-Bewertung rechtfertigten, seien nicht ersichtlich.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 07.10.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.11.2009 (Montag) Berufung eingelegt. Der Kläger hat unter Bezug auf sein bisheriges Vorbringen zur Begründung vorgetragen, in der Vergangenheit sei nicht das nötige Augenmerk auf die bestehende chronische Bronchitis gerichtet worden. Diese Bronchitis mit obstruktiver Ventilationsstörung, die zu der Änderung des GdB zum 01.01.2001 geführt habe, sei vorhanden gewesen. Dass die Ärzte der Rheumaklinik Bad R. 1999 nur von einer geringen Beeinträchtigungen und Funktionsstörungen der Lunge ausgegangen seien, besage nicht, dass diese nicht gegeben gewesen seien. Ausführliche Untersuchungen hätten dort nicht stattgefunden. Dieses Versäumnis dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. Auch eine Linderung besage nicht, dass die Beeinträchtigung nicht gegeben gewesen sei. Die gehäuften Exacerbationen im Intervall mit einer notwendigen broncholytischen, auch antibiotischer Therapie, besage nichts anderes. Das Gericht habe deshalb dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nachgehen müssen. Der Kläger hat am 27.07.2011 das Attest der Allgemeinärztin W. vom 30.03.2011 vorgelegt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. die Anhörung der Ärzte werde beantragt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. September 2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter teilweiser Rücknahme des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2002 bei ihm den Grad der Behinderung mit 50 bereits ab dem 16. November 2000 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Antrag des Klägers auf Feststellung des GdB ab 16.11.2000 stelle einen Antrag nach § 44 SGB X dar, dessen Rückwirkung grundsätzlich auf vier Jahre beschränkt sei. Grundlage für die Erhöhung des Teil-GdB für die chronische Bronchitis mit Lungenfunktionseinschränkung von 10 auf 20 und die Feststellung des GdB mit 50 ab 01.01.2001 seien die Ergebnisse der Lungenfunktionsprüfung im Rahmen des Heilverfahrens in der P.-Klinik Bad N. im November 2001 gewesen. Objektive Befunde zur Lungenfunktion vor dem 01.01.2001 seien nicht aktenkundig. Ein Nachweis, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt beim Kläger die Schwerbehinderteneigenschaft vorgelegen habe, könne nicht geführt werden. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Erkenntnisse.

Mit den Beteiligten ist der Rechtsstreit in nichtöffentlicher Sitzung am 11.02.2011 erörtert worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die im vorliegenden Rechtsstreit angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Akten des SG S 9 352/02 sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers, ist statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2002 und auf Feststellung eines GdB von 50 bereits seit dem 16.11.2000. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers ist § 44 SGB X. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist nach Absatz 2 dieser Vorschrift ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 SGB X i.V.m. der Verfallklausel des Abs. 4 ist eine Spezialregelung für Verwaltungsakte über die Gewährung von sozialrechtlichen Leistungen. Die Unrichtigkeit eines Verwaltungsaktes, der zurückzunehmen und zu ersetzen sein soll, muss zur Folge gehabt haben, dass Leistungen der bezeichneten Art zunächst zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X), sodann aber für einen Zeitraum bis zu vier Jahren nachträglich zu erbringen sind (§ 44 SGB X). Um solche Leistungsbescheide geht es im SGB IX nicht. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 29.05.1991 (9a/9 RVSF/89) für den Bereich des Schwerbehindertenrechts entschieden. Es besteht kein Grund, dies nicht auch für das SGB IX, das das Schwerbehindertengesetz ab 01.07.2001 - allerdings ohne wesentliche Änderungen - abgelöst hat, anzunehmen. Ein Bescheid über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch oder die Höhe des GdB beschränkt sich nach diesem Urteil auf diese Feststellungen der zuständigen Behörden. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19.12.2008 - L 8 SB 3720/07 -). Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall § 44 Abs. 2 SGB X anzuwenden ist. Dabei sind die nach dem SGB IX zu treffenden Feststellungen auch i.V.m. der Rücknahme eines rechtswidrigen Bescheides zugunsten des Betroffenen grundsätzlich nur für die Zukunft zu treffen; die Rückwirkung liegt im Ermessen der Verwaltung.

Das bedeutet vorliegend, dass eine teilweise Rücknahme des Widerspruchsescheides vom 10.01.2002 gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X grundsätzlich nur für die Zukunft erfolgen kann. Auf eine Rücknahme für die Vergangenheit besteht kein Rechtsanspruch. Insoweit besteht nur ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung des Beklagten (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Damit kann die Klage nur dann Erfolg haben, wenn der Widerspruchsbescheid vom 10.01.2002 zum Zeitpunkt seines Ergehens unrichtig/rechtswidrig war. Spätere Änderungen fallen in den Anwendungsbereich des - hier nicht anzuwendenden - § 48 SGB X.

Offen bleiben kann vorliegend, ob eine rückwirkende Feststellung des GdB aufgrund § 44 Abs. 2 SGB X längstens nur für vier Jahre erfolgen kann, d.h. ob auch bei § 44 Abs. 2 SGB X die in § 44 Abs. 4 SGB X bestimmte Ausschlussfrist von vier Jahren Gültigkeit hat (vgl. hierzu Hessisches LSG, Urteil vom 29.03.2001 - L 5 SB 1220/98 -, juris), wovon der Beklagte ausgeht. Denn die Berufung des Klägers erweist sich unabhängig davon als unbegründet.

Der Widerspruchsbescheid vom 10.01.2002 war zum Zeitpunkt seines Ergehens nicht unrichtig/rechtwidrig. Das Vorliegen eines GdB von 50 ab dem 16.11.2000 ist - zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt - nicht belegt.

Ausgangspunkt im Widerspruchsbescheid vom 10.01.2002 der Feststellung des GdB mit 50 ab 01.01.2001 war (u.a.) die Neubewertung des Teil-GdB mit 20 für die chronische Bronchitis (bisher GdB 10) aufgrund einer hinzugetretenen Lungenfunktionseinschränkung, die nach dem Reha-Entlassungsbericht der P.-Klinik Bad N. vom 14.11.2001 anlässlich einer stationären Behandlung vom 17.10.2001 bis 07.11.2001 beim Kläger festgestellt wurde. Nach diesem Entlassungsbericht bestand beim Kläger eine mittelschwere obstruktive Ventilationsstörung. Für die Zeit davor ist jedoch eine solche Funktionseinschränkung der Atemwege des Klägers nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen nicht belegt. Im Reha- Entlassungsbericht der Rheumaklinik Bad R. vom 04.01.2000 werden eine Bronchitis nicht diagnostiziert, Beschwerden des Klägers wegen einer Bronchitis nicht genannt und entsprechende Symptome in der vegetativen Anamnese sogar ausdrücklich verneint. Hinsichtlich der Atemwege bestand lediglich ein ubiquitär abgeschwächtes Atemgeräusch und beidseits ein Brummen aber ohne pulmonale Insuffizienzzeichen. Eine Lungenfunktionseinschränkung, wie sie sich dem Reha-Entlassungsbericht der P.-Klinik vom 14.11.2001 entnehmen lässt, lag beim Kläger nach dem Reha-Entlassungsbericht vom 04.01.2000 nicht vor. Vielmehr bestanden beim Kläger - nach seinen Angaben zur vegetativen Anamnese - keine Dyspnoe, kein Husten und kein Auswurf (trotz eines täglichen Konsums von 20 Zigaretten), was eine chronische Bronchitis in der Ausprägung eines kontinuierlichen ausgiebigen Hustens und Auswurfs oder mit häufigen akuten Schüben mit einem Teil-GdB 20 nicht nahe legt. Auch nach dem Entlassungsbericht des Klinikums K. vom 30.05.2001 (anlässlich einer stationären Behandlung vom 29.04.2001 bis 04.05.2001) bestand beim Kläger ein unauffälliger cardio-pulmonaler Status und eine Bronchitis wurde neben den genannten, internistisch zu beurteilenden Leiden einer Hypertonie und eines Diabetes mellitus nicht diagnostiziert. Diese Befunde rechtfertigen nach den zur Zeit des Ergehens des Widerspruchsbescheids vom 10.01.2002 anwendbaren AHP (1996) Nummer 26.8 keinen Teil-GdB von 20. Dem entspricht auch das Vorbringen des Klägers im Verlauf des Neufeststellungsverfahrens, das zu der Feststellung des GdB mit 50 ab 01.01.2001 geführt hat. Der Kläger hat diese Feststellung - auch hinsichtlich des Zeitpunktes 01.01.2001 - nicht angefochten. Soweit er gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2002 beim SG Klage erhoben hat (S 9 SB 352/02), hat sich seine Klage ausschließlich gegen die Nichtzuerkennung des Merkzeichens "G" gerichtet, die der Kläger im Übrigen in der öffentlichen Sitzung des SG am 19.01.2004 zurückgenommen hat. Nicht ausreichend berücksichtigte Behinderungen/Beschwerden wegen der Bronchitis/der Atemwege hat der Kläger im Feststellungsverfahren/Widerspruchsverfahren nicht geltend gemacht. Auch dies spricht dafür, dass beim Kläger im November 2000 allenfalls eine geringgradige Atemwegserkrankung (Bronchitis) vorgelegen hat, die die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft beim Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt nicht rechtfertigt. Etwas anderes ergibt sich auch aus den sonst zu den Verwaltungsakten des Beklagten, zu den Gerichtsakten des SG im Verfahren S 9 SB 352/02 sowie zu den Akten im vorliegenden Verfahren gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht. Vielmehr wird im Reha-Entlassungsbericht der Klinik F. Bad H. vom 15.04.2002 eine Bronchitis / Lungenfunktionseinschränkung nicht mehr diagnostiziert und ein krankhafter Befund der Atemwege/Lunge nicht genannt. Auch den ärztlichen Befundberichten von Dr. E. (insbesondere vom 10.12.2007 und 19.03.1996), auf die sich der Kläger zur Begründung seines Begehrens beruft, rechtfertigt keine dem Kläger günstigere Entscheidung. Zwar bestätigt Dr. E. in diesen Berichten (u.a.) die Diagnose einer chronisch-obstruktiven Bronchitis mit wechselnden Graden der bronchialen Obstruktion, gehäufte Exacerbationen im Intervall mit einer broncholytischen, auch antibiotischen Therapie und eine Erstdiagnose bereits im Jahr 1982. Diesen Angaben lassen sich jedoch keine Funktionseinbußen entnehmen, die - nach den AHP (1996) - die Annahme der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bereits im November 2000 plausibel machen. Einer solchen Annahme stehen vielmehr die oben genannten Befundunterlagen wie ausgeführt entgegen. Dr. E. hat in seinem vom VA angeforderten Befundbericht vom 16.07.2001 zudem eine Bronchitis/Lungenfunktionsstörung sowie in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 27.04.2003 an das SG im Klageverfahren S 9 SB 352/02 eine für die Zeit ab 2001 wegen einer Bronchitis/Lungenfunktionsstörung erfolgte Behandlung des Klägers nicht genannt, was ebenfalls dafür spricht, dass beim Kläger zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt keine für die Bildung des Gesamt-GdB bedeutsame Atemwegserkrankung bestanden hat. Dies lässt sich auch dem am 27.07.2011 vom Kläger nachgereichten Attest der Allgemeinärztin W. vom 30.03.2011 nicht entnehmen, in dem hinsichtlich der Atemwege/Lunge des Klägers das Bestehen einer Blutung im linken Lungenlappen bei chronischer Raucherbronchitis attestiert wird. Dieser im August 1993 einmalig festgestellte Befund lässt keinen Rückschluss auf den Gesundheitszustand des Kläger zum vorliegend streitigen Zeitpunkt zu.

Befunde, die den Widerspruchsbescheid vom 10.01.2002 hinsichtlich der sonst berücksichtigten Gesundheitsstörungen des Klägers (Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen, Polyarthrose und chronisches Schmerzsyndrom - Teil-GdB 30 -, Diabetes mellitus - Teil-GdB 20- sowie Reizmagen und Bluthochdruck - Teil-GdB jeweils 10 -) rechtswidrig erscheinen lassen, sind nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht ersichtlich. Dies gilt auch für das Attest der Allgemeinärztin W. vom 30.03.2011. Darin werden keine nicht berücksichtigte oder neue dauerhaft bestehende Funktionsbehinderungen genannt, die eine dem Kläger günstigere Bewertung rechtfertigen. Damit fehlt es an einem Nachweis, dass beim Kläger bereits am 16.11.2000 ein GdB von 50 vorlag, was nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers geht.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt durch die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen für geklärt. Ansatzpunkte, den medizinischen Sachverhalt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder sonstige Ermittlungen weiter aufzuklären, bestehen für den maßgeblichen Beurteilungszeitraum nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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