Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 758/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 409/11 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zurückverweisung an das SG mangels Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 21.04.2011 - S 9 AS 758/10 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Würzburg zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 08.06.2006 bis 30.04.2010 (mit Unterbrechungen) und die Bewilligung dieser Leistungen in Form eines Darlehens.
Die Bewilligung von Alg II für die Zeit vom 08.06.2006 bis 30.04.2010 (mit Unterbrechungen) nahm der Beklagte mit Bescheid vom 30.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2010 zurück und bewilligte diese Leistung als Darlehen. Die Klägerin habe eine gegenüber ihren in Spanien lebenden Eltern bestehende Darlehensforderung aus 1997 in Höhe von mehr als 130.000,00 EUR in ihren Anträgen nicht angegeben. Dieses Vermögen sei aus der ex-post-Sicht verwertbar gewesen. Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Mehrfache Versuche, das Darlehen zurückerstattet zu erhalten, seien gescheitert. Die begehrte Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das SG mit Beschluss vom 21.04.2011 mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Darlehensforderung gegenüber den Eltern stelle innerhalb einer angemessenen Zeitspanne verwertbares Vermögen dar, die Nichtverwertbarkeit dieser Forderung sei durch die Klägerin nicht nachgewiesen und sie habe diese Forderung grob fahrlässig nicht angegeben. Die "Umwandlung" in ein Darlehen sei nicht zu beanstanden.
Dagegen hat die Klägerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie habe bei der Erstantragstellung die Forderung angegeben, dies hätte aber den Mitarbeiter des Beklagten nicht interessiert. Versuche, eine Rückzahlung des Darlehens zu erreichen, seien nachweislich gescheitert. Nach Forderungen sei nur in den anfänglich verwendeten Formblättern gefragt worden und diese Fragen seien zumindest missverständlich gewesen. Sie habe die Darlehensforderung nicht grob fahrlässig verschwiegen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist auch im Sinne der Aufhebung des Beschlusses und Rückverweisung an das SG begründet.
Gemäß § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Klägerin aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Hält das Gericht eine Beweiserhebung von Amts wegen für notwendig, so kann in der Regel Erfolgsaussicht nicht verneint werden. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein günstiges Ergebnis unwahrscheinlich bzw. die Erfolgschance nur eine entfernte ist (vgl. zum Ganzen Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 73a Rdnr 7a).
Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht ist vorliegend gegeben. Unabhängig davon, ob es sich bei der Darlehensrückforderung gegenüber ihren Eltern um verwertbares Vermögen handelt, stellt sich die Frage, an welcher Stelle in den Antragsformularen des Beklagten nach solchen Forderungen (ausdrücklich) gefragt worden ist, wobei von der Antragstellerin keine juristischen Wertungen erwartet werden dürfen. Zudem ist zu klären ob diese Fragen - soweit ausdrücklich gestellt - grob fahrlässig von der Klägerin unvollständig oder unrichtig beantwortet worden sind. Die eventuelle Missverständlichkeit von Fragen kann dabei nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
Bei der Wahl, in der PKH-Angelegenheit selbst zu entscheiden oder die Sache an das SG in entsprechender Anwendung des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG zurückzuverweisen, hat sich der Senat für letzteres entschieden. Das SG hat bislang im Rahmen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zumindest nicht geprüft, ob es dieser zumutbar ist, ihr Vermögen gemäß § 115 Abs 3 ZPO einzusetzen. Von der Verwertbarkeit der Darlehensrückforderung geht das SG gerade aus. Dabei wird das SG auch berücksichtigen können, dass
die Klägerin auch in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trotz ausdrücklicher Nachfrage nach Forderungen und Außenständen zu dem Darlehen keine Angaben gemacht hat.
Nach alledem war der Beschluss des SG aufzuheben und die Streitsache an das SG zurückzuverweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 08.06.2006 bis 30.04.2010 (mit Unterbrechungen) und die Bewilligung dieser Leistungen in Form eines Darlehens.
Die Bewilligung von Alg II für die Zeit vom 08.06.2006 bis 30.04.2010 (mit Unterbrechungen) nahm der Beklagte mit Bescheid vom 30.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2010 zurück und bewilligte diese Leistung als Darlehen. Die Klägerin habe eine gegenüber ihren in Spanien lebenden Eltern bestehende Darlehensforderung aus 1997 in Höhe von mehr als 130.000,00 EUR in ihren Anträgen nicht angegeben. Dieses Vermögen sei aus der ex-post-Sicht verwertbar gewesen. Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Mehrfache Versuche, das Darlehen zurückerstattet zu erhalten, seien gescheitert. Die begehrte Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das SG mit Beschluss vom 21.04.2011 mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die Darlehensforderung gegenüber den Eltern stelle innerhalb einer angemessenen Zeitspanne verwertbares Vermögen dar, die Nichtverwertbarkeit dieser Forderung sei durch die Klägerin nicht nachgewiesen und sie habe diese Forderung grob fahrlässig nicht angegeben. Die "Umwandlung" in ein Darlehen sei nicht zu beanstanden.
Dagegen hat die Klägerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie habe bei der Erstantragstellung die Forderung angegeben, dies hätte aber den Mitarbeiter des Beklagten nicht interessiert. Versuche, eine Rückzahlung des Darlehens zu erreichen, seien nachweislich gescheitert. Nach Forderungen sei nur in den anfänglich verwendeten Formblättern gefragt worden und diese Fragen seien zumindest missverständlich gewesen. Sie habe die Darlehensforderung nicht grob fahrlässig verschwiegen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist auch im Sinne der Aufhebung des Beschlusses und Rückverweisung an das SG begründet.
Gemäß § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Klägerin aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Hält das Gericht eine Beweiserhebung von Amts wegen für notwendig, so kann in der Regel Erfolgsaussicht nicht verneint werden. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn ein günstiges Ergebnis unwahrscheinlich bzw. die Erfolgschance nur eine entfernte ist (vgl. zum Ganzen Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 73a Rdnr 7a).
Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht ist vorliegend gegeben. Unabhängig davon, ob es sich bei der Darlehensrückforderung gegenüber ihren Eltern um verwertbares Vermögen handelt, stellt sich die Frage, an welcher Stelle in den Antragsformularen des Beklagten nach solchen Forderungen (ausdrücklich) gefragt worden ist, wobei von der Antragstellerin keine juristischen Wertungen erwartet werden dürfen. Zudem ist zu klären ob diese Fragen - soweit ausdrücklich gestellt - grob fahrlässig von der Klägerin unvollständig oder unrichtig beantwortet worden sind. Die eventuelle Missverständlichkeit von Fragen kann dabei nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
Bei der Wahl, in der PKH-Angelegenheit selbst zu entscheiden oder die Sache an das SG in entsprechender Anwendung des § 159 Abs 1 Nr 1 SGG zurückzuverweisen, hat sich der Senat für letzteres entschieden. Das SG hat bislang im Rahmen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zumindest nicht geprüft, ob es dieser zumutbar ist, ihr Vermögen gemäß § 115 Abs 3 ZPO einzusetzen. Von der Verwertbarkeit der Darlehensrückforderung geht das SG gerade aus. Dabei wird das SG auch berücksichtigen können, dass
die Klägerin auch in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trotz ausdrücklicher Nachfrage nach Forderungen und Außenständen zu dem Darlehen keine Angaben gemacht hat.
Nach alledem war der Beschluss des SG aufzuheben und die Streitsache an das SG zurückzuverweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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