S 76 KR 1643/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
76
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 1643/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KV) streitet mit dem beklagten Land über die Bestimmung des Krankenhauses des Beigeladenen zu 6) zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).

Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts; nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB V bilden die Vertragsärzte zur Erfüllung der ihnen durch das SGB V übertragenen Aufgaben für den Bereich jedes Landes eine KV. Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Die Kassenärztlichen Vereinigungen schließen mit den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen Gesamtverträge über die vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder (§ 83 SGB V), schließen Arznei- und Heilmittelvereinbarungen sowie Richtgrößenbestimmungen (§ 84 SGB V) ab und verteilen die Gesamtvergütung an die Vertragsärzte ihres Bezirkes (§ 85 Abs. 4 SGB V). Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.

Die für das Gesundheitswesen zuständige Senatsverwaltung als Vertreterin des beklagten Landes ist dessen Krankenhausplanungsbehörde.

Mit Schreiben vom 04. Juni 2008 beantragte der Beigeladene zu 6) bei dem Beklagten die Bestimmung zur Erbringung hoch spezialisierter ambulanter Leistungen nach § 116b SGB V, namentlich ambulanter Chemotherapien bei bösartigen Neubildungen des Ovarial (C56), der Mamma (C50) und der Verdauungsorgane (C15-C26, hier C18-C21) sowie Stanzbiopsien und Stereotaxien, ferner bei Patienten mit "seltenen Erkrankungen", hier Fehlbildungen, angeborenen Skelettfehlbildungen und neuromuskulären Erkrankungen (Kinderorthopädie) gemäß Anlage 3 Nr. 1 der Richtlinie des G-BA über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V.

Laut Antragsbegründung würden ca. 240 Fälle pro Jahr von ambulanten Chemotherapien bei bösartigen Neubildungen des Ovarial erwartet, ca. 340 Fälle pro Jahr bei bösartigen Neubildungen der Mamma, ca. 340 Fälle pro Jahr bei bösartigen Neubildungen der Verdauungsorgane sowie ca. 250 Stanzbiopsien und 30 Stereotaxien pro Jahr. Das Krankenhaus habe einen onkologischen Schwerpunkt, sowohl in der Gynäkologie als auch in der Inneren Medizin. Bedingt durch die Zunahme der "weniger invasiven Behandlungs- und/oder Operationsmethoden" bestehe ein verstärkter Bedarf nach ambulanten Leistungen. Die ambulanten Leistungen würden beantragt, um stationäre Patienten in den ambulanten Bereich auslagern zu können, insbesondere aus ökonomischen Aspekten und um den Patientenkomfort zu steigern. Die Diagnostik onkologischer Krankheitsbilder, insbesondere die Therapie und die therapiebegleitende Diagnostik, erforderten die fachliche Kompetenz eines interdisziplinären Ärzteteams sowie das Vorhalten entsprechender medizinisch-technischer Geräte, was beides im Krankenhaus des Beigeladenen zu 6) vorhanden sei. Die Durchführung von Stanzbiopsien und Stereotaxien sei notwendiger Bestandteil der Diagnostik bei Mammakarzinom. Die Qualitätssicherungsvereinbarungen gemäß § 135 Abs. 2 SGB V seien erfüllt.

In einer ergänzenden Antragsbegründung vom 28. Juli 2008 wurde ausgeführt, der Beigeladene zu 6) sei zur ambulanten Behandlung onkologischer Erkrankungen nach § 116b SGB V geeignet, da das Krankenhaus zur stationären Versorgung dieser Versicherten zugelassen sei. In 2007 seien 4.914 Chemotherapien in diesem Krankenhaus zubereitet und verabreicht worden, davon 3.752 stationär und 1.162 ambulant (jeweils Patientenzahlen). In demselben Jahr seien 680 Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren behandelt worden. Bei Erstzuweisung erfolge eine Überweisung durch einen niedergelassenen Arzt, dies schließe Patienten mit Carcinoma in situ ein. Es sei sichergestellt, dass die Diagnostik und Behandlungseinleitung zeitnah erfolge: Eine Terminvergabe bei Verdacht auf Mamma-Ca zur Abklärung in der Brustsprechstunde erfolge innerhalb von drei Werktagen, bei allen anderen Fragestellungen innerhalb von fünf bis zehn Tagen. Es stünden 16 Chemotherapieplätze zur Verfügung, für immundefiziente Patienten Einzelbehandlungsplätze. Sichergestellt sei auch, dass eine tägliche Zubereitung und Entsorgung der tumorspezifischen intravenösen Therapie einschließlich der notwendigen Sicherungsmechanismen zum Ausschluss von Verwechslungen von Zytostatikalösungen oder Blutprodukten erfolge. Die niedergelassenen Ärzte würden zeitnah über Arztbriefe zur erfolgten Behandlung informiert, jeder Patient erhalte einen Nachsorgeplan und eine Mappe mit allen relevanten Dokumenten. Es erfolge eine Kooperation mit einer Praxis für Radiologie, zwei Fachärzten für Strahlentherapie, zwei niedergelassenen internistischen Onkologinnen und einem gynäkologischen Onkologen, einem Psychiater, vier Pathologen sowie weiteren Ärzten und zwei Einrichtungen der ambulanten und stationären Palliativmedizin. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschriften nebst Anlagen Bezug genommen (Bl. 1-17 und 19-95 VA).

Mit Schreiben vom 15. August 2008 übersandte der Beklagte der Klägerin sowie der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen und Krankenkassenverbände in Berlin, dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. und der Berliner Krankenhausgesellschaft e. V. Teile der Antragsunterlagen des Beigeladenen zu 6) mit der Bitte um Stellungnahme bis zum 15. September 2008. Diese solle sich speziell auf den Aspekt der Eignung des Krankenhauses des Beigeladenen zu 6) zur ambulanten Behandlung in Verbindung mit den dargestellten Kooperationspartnern bzw. auf Aspekte der vertragsärztlichen Versorgungssituation beziehen. Nach einer ersten Einschätzung durch die Krankenhausplanungsbehörde sei festzustellen, dass das Krankenhaus in der Lage sei, die Voraussetzungen für eine ambulante Behandlung von Patientinnen mit den entsprechenden Krankheitsbildern gemäß den Anforderungen des G-BA zu erfüllen.

Die Klägerin forderte beim Beklagten mit Schreiben vom 26. August 2008 weitere Unterlagen zum Nachweis der Eignung des Krankenhauses an und erbat eine Verlängerung der Stellungnahmefrist bis zum 29. September 2008. Darauf antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 04. September 2008, die Stellungnahme möge möglichst bis zum 22. September 2008 vorgelegt werden. Die Klägerin könne sich darin auf die Einschätzung der vertragsärztlichen Versorgungssituation beschränken, die Eignungsprüfung erfolge vorrangig durch die unmittelbar Beteiligten, weshalb von der Übersendung weiterer Unterlagen zum Nachweis der Eignung des Krankenhauses abgesehen werde.

Die Berliner Krankenhausgesellschaft e. V. befürwortete mit Schreiben vom 11. September 2008 an den Beklagten die Bestimmung des Krankenhauses des Beigeladenen zu 6). Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen und Krankenkassenverbände in Berlin wandte sich mit Schreiben an den Beklagten vom 25. September 2009 gegen die Bestimmung und führte aus, ein qualitativ hochwertiges Versorgungsniveau in der ambulanten Onkologie sei bereits auch durch kassenübergreifende Vereinbarungen gewährleistet. Weitere Leistungserbringer würden den Fortbestand dieser onkologischen Praxen massiv gefährden, da zum einen "ein ruinöser ‚Wettbewerb’ um das entsprechende Patientengut stattfinden würde und zugleich wegen der Kostenbelastung der Krankenkassen die Finanzierung der entsprechenden Vereinbarungen in Frage gestellt würde". Es stehe somit zu befürchten, dass bestehende und nachweislich bewährte vertragsärztliche Versorgungsstrukturen durch eine Bestimmung des Krankenhauses in diesem Leistungsbereich "zerschlagen würden". Eine Vielzahl von Leistungserbringern im Krankenhaus werde nicht namentlich benannt, die angegebenen Patientenzahlen erschienen widersprüchlich. Die Voraussetzungen des speziellen Teils der Richtlinie des G-BA seien teilweise nicht erfüllt. Auch die allgemeinen Qualitätserfordernisse nach § 135 Abs. 2 SGB V seien nicht dargelegt.

Mit Schreiben an den Beklagten vom 30. September 2008 sprach sich die Klägerin wegen der von ihr erkannten sehr guten und hochwertigen Versorgung der onkologisch erkrankten Patienten durch niedergelassene Vertragsärzte im Planungsbereich Berlin-Bundeshauptstadt gegen die Bestimmung des Krankenhauses des Beigeladenen zu 6) aus und übermittelte die Behandlungszahlen der onkologischen Schwerpunktpraxen, gegliedert nach Tumorgruppen, für die vier Quartale des Jahres 2007. Eine Bestimmung würde überdies die über Jahrzehnte aufgebaute und belegbare Versorgung der Patienten durch onkologische Schwerpunktpraxen gefährden. Der Planungsbereich sei für die Arztgruppe der fachärztlich tätigen Internisten mit einem Versorgungsrad von 147,1 % wegen Überversorgung gesperrt. Der Nachweis der Erfüllung der sächlichen und personellen Anforderungen aus dem Allgemeinen Teil der Anlage 3 Nr. 1 der Richtlinie des G-BA sei nicht geführt worden. Nach dem Krankenhausplan verfüge das Krankenhaus des Beigeladenen zu 6) nicht über eine eigene Fachabteilung für internistische Onkologie, für die ersatzweise Erfüllung der Voraussetzungen fehlten die Nachweise.

Unter dem 3. Februar 2009 übersandte der Beklagte den Landesverbänden der Krankenkassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. und der Berliner Krankenhausgesellschaft e. V. zur Erteilung deren Einvernehmens Teile des bisherigen Schriftwechsels und drei Bescheidentwürfe. Das Einvernehmen wurde von der Berliner Krankenhausgesellschaft e. V. mit Schreiben vom 26. Februar 2009 erklärt; von den Landesverbänden der Krankenkassen wurden mit Schreiben vom 27. Februar 2009 Zweifel an der Umfang der Kooperation des Krankenhauses des Beigeladenen zu 6) mit niedergelassenen Vertragsärzten geäußert, möglicherweise hätten die benannten Kooperationspartner keine Kenntnis davon, dass die Kooperation auch im Zusammenhang mit der ambulanten Leistungserbringung im Krankenhaus nach § 116b SGB V erfolgen solle. Nach weiterem diesbezüglichem Schriftwechsel zwischen Beklagtem und Beigeladenem zu 6) sowie den Landesverbänden der Krankenkassen lehnten diese mit Schreiben vom 09. April 2009 die Erteilung des Einvernehmens in Bezug auf die Behandlung gynäkologischer Tumore ab, da ein Versorgungsbedarf in der Onkologie nicht bestehe. Einwände der Krankenkassen zur Versorgungssituation seien nicht berücksichtigt worden. Ob und wie eine kontinuierliche Leistungserbringung gemäß den Vorgaben der § 116b-Richtlinie gewährleistet werden könne, sei hier letztlich nicht überprüfbar. Die Existenz der schwerpunktmäßigen onkologischen Praxen sei gefährdet, auch infolge einer drohenden zusätzlichen Kostenbelastung für die Krankenkassen. Diese Bedenken seien auch durch das vorgestellte Kooperationsmodell nicht zu zerstreuen, denn eine Kooperation im Rahmen der ambulanten Leistungserbringung im Krankenhaus nach § 116b SGB V sei nicht vorgesehen.

Der Klägerin teilte der Beklagte mit Schreiben vom 18. Mai 2010 mit, man werde für geeignete Krankenhäuser nunmehr die Zulassungsverfahren abschließen und Bescheide erlassen. Zu den zu erwartenden Auswirkungen der Zulassungen auf die vertragsärztliche Versorgungssituation stünden sich verschiedene Meinungen gegenüber, sodass man sich entschlossen habe, zunächst die Entwicklung der ambulanten Behandlungsfallzahlen sowohl im Krankenhausbereich als auch im vertragsärztlichen Bereich der onkologischen Schwerpunktpraxen quartalsweise zu beobachten. Vorab bitte der Kläger, ihm die Behandlungszahlen der onkologischen Schwerpunktpraxen, gegliedert nach den vom G-BA vorgegebenen Tumorgruppen, für die vier Quartale des Jahres 2009 zu übermitteln.

Nach Anhörung des Beigeladenen zu 6) erließ der Beklagte am 20. Juli 2010 je einen Bescheid über die Bestimmung des Krankenhauses des Beigeladenen zu 6) zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 SGB V hinsichtlich der Tumorgruppe 1 und der Tumorgruppe 8 (gynäkologische Tumore) mit Nebenbestimmungen, der Klägerin bekannt gegeben am 3. August 2010.

In dem hier angefochtenen Bescheid betreffend die Tumorgruppe 8 wurde u. a. ausgeführt, das Krankenhaus sei für die Erbringung der Leistungen in Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern geeignet, die gesetzlichen Voraussetzungen seien erfüllt. Die Planungsbehörde habe sich mit den von der Klägerin und den Kostenträgern vorgetragenen Argumenten intensiv auseinandergesetzt. Eine Ermittlung zusätzlichen Bedarfs für ambulante Behandlungen nach § 116b Abs. 2 SGB V sei weder vorgesehen noch erforderlich. "Durch die Bestimmung Ihres Krankenhauses zur ambulanten Behandlung, die als kooperative Leistungserbringung mit onkologischen Schwerpunktpraxen erfolgen soll, sehe ich keine Gefährdung der vertragsärztlichen Versorgungssituation. Ich gehe vielmehr davon aus, dass die enge Verknüpfung stationärer und ambulanter Angebote die Behandlung weiter verbessern wird. Ungeachtet dessen behalte ich mir vor, innerhalb der nächsten zwei Jahre die Auswirkungen der Zulassung von Krankenhäusern zur ambulanten onkologischen Versorgung auf die vertragsärztliche Versorgungssituation zu beobachten und gegebenenfalls neu zu entscheiden." Auf die Begründung des Bescheides im Übrigen (Bl. a-g GA und 170-174 VA) wird Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 01. September 2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben. Diese hält sie für zulässig, denn eine Verletzung in ihren Rechten durch den angefochtenen Verwaltungsakt erscheine als möglich, sodass sie klagebefugt sei. Im Falle einer Drittanfechtung eines begünstigenden Verwaltungsaktes setze die Verletzung in eigenen Rechten voraus, dass den einschlägigen Regelungen drittschützende Wirkung zukomme. Dies sei eine Auslegungsfrage, die aber nicht schon der Zulässigkeit der Klage zuzuordnen sei. Ein Rechtsbehelf sei nur dann als unzulässig anzusehen, wenn durch den angefochtenen Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechte der Klägerin verletzt sein könnten. Demnach sei eine Klage nur unzulässig, wenn Drittschutz eindeutig nicht vorliege, weil die drittschützende Wirkung einer Rechtsnorm für streitige Fallgestaltungen bereits höchstrichterlich verneint worden sei. Vorliegend könne im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht davon ausgegangen werden, dass eine drittschützende Wirkung des § 116b SGB V eindeutig nicht gegeben sei. Durch die angefochtene Bestimmung sei der Sicherstellungsauftrag der Klägerin für die vertragsärztliche Versorgung nach § 75 Abs. 1 SGB V sowie § 72 Abs. 2 SGB V zumindest berührt. Zudem könne die Bestimmung nach § 116b SGB V die Existenz von im Einzugsbereich liegenden Vertragsarztpraxen gefährden, wodurch die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung negativ betroffen wäre. Im Ergebnis komme es auf den Sachvortrag des Beklagten, trotz zweifacher schriftlicher Bitte durch den Beklagten habe die Klägerin nicht die Behandlungsziffern für die Jahre ab 2008 übermittelt, nicht an. Die Klägerin hätte als unmittelbar Beteiligte zum Verwaltungsverfahren hinzugezogen werden müssen, dies folge aus § 12 SGB X, zumal die Klägerin unmittelbar Beteiligte im Sinne des § 116b Abs. 2 SGB V sei.

Zur Begründung in der Sache führt die Klägerin aus: Die vertragsärztliche Versorgungssituation sei vom Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt worden. Ermittlungen zur vertragsärztlichen Versorgungssituation habe der Beklagte wohl nicht durchgeführt. Es liege ein Beurteilungs- oder ein Ermessensnichtgebrauch vor. Dem Beklagten stehe im Rahmen von § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V zunächst ein Entscheidungsspielraum im Sinne eines Ermessens zu. Weiterhin bedeute der Begriff "Berücksichtigung", dass Gesichtspunkte in Betracht gezogen werden müssten und eine sachliche Auseinandersetzung mit ihnen zu erfolgen habe, wobei eine pflichtgemäße Abwägung stattfinden müsse. Diese Berücksichtigung der Versorgungssituation werde durch den Umfang und die Qualität des Angebots an ambulanten Katalogleistungen und die Nachfrage nach solchen Leistungen im Sinne von § 116b Abs. 3 und 4 SGB V bestimmt und könne durch Über- oder Unterversorgung geprägt sein. Zwingend habe eine Analyse und Würdigung der aktuellen Versorgungssituation im vertragsärztlichen Bereich zu erfolgen. Zwar erfolge laut Gesetzesbegründung keine Bedarfsprüfung, jedoch meine der Wortlaut der Bestimmung die Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten. Interessen der betreffenden Vertragsärzte seien zwingend zu berücksichtigen. Der Beklagte habe prognostisch einzuschätzen, ob nicht eine Verschlechterung der Versorgungssituation eintrete, weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Vertragsärzte im Einzugsbereich des Krankenhauses verschlechtert werde, soweit diese Leistungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erbringen könnten. Daher müssten gegebenenfalls auch befristete Kontingentierungen vorgesehen werden. Ob überhaupt eine solche Abwägung stattgefunden habe, sei nicht ersichtlich. Der Beklagte habe nicht dargelegt, ob und aus welchen Gründen die Versorgungssituation hier beeinflusst werde, ohne dass die vertragsärztliche Versorgungssituation nachteilig beeinträchtigt werde. Einen möglichen Wettbewerbsvorteil des Beigeladenen zu 6) durch die angegriffene Bestimmung habe der Beklagte nicht in Erwägung gezogen. Das Grundrecht der Berufsfreiheit könne jedoch eingeschränkt werden, wenn eine staatliche Planung zu Konkurrenznachteilen infolge von Wettbewerbsveränderungen führe. Eine Verletzung dieses Grundrechts der Vertragsärzte sei nicht fernliegend, insbesondere wenn es zu einer marktbeherrschenden Stellung des Beigeladenen zu 6) komme. Der Beklagte habe dies überhaupt nicht mit abgewogen.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 20.07.2010 über die Bestimmung des.krankenhauses S in B, S ...straße , zur ambulanten Behandlung von Patientinnen mit onkologischen Erkrankungen, Tumorgruppe 8: gynäkologische Tumore, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Klage sei bereits mangels Klagebefugnis der Klägerin unzulässig. Diese habe nichts vorgetragen, das die Beschwer in eigenen Rechten durch den angefochtenen Bescheid rechtfertigen könne. Insbesondere habe sie nicht darlegen können, dass sie selbst als Interessenvertreterin der niedergelassenen Vertragsärzte in Berlin in irgendeiner Weise von dem Bescheid betroffen wäre. Der Sicherstellungsauftrag der Klägerin sei durch den Bestimmungsbescheid nicht berührt, denn dieser greife weder unmittelbar in die Bedarfsplanung noch in das Vergütungssystem für niedergelassene Vertragsärzte ein. Auswirkungen könnten sich durch die Bestimmung eines Krankenhauses auf bestimmte niedergelassene Vertragsärzte ergeben, nicht aber auf die Klägerin selbst, deren Sicherstellungsauftrag sich dann lediglich verringere. Überdies habe die Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht dargetan, weshalb die angefochtene Bestimmung ihrer Ansicht nach die Versorgung durch onkologische Schwerpunktpraxen gefährden könne. Weder sei eine Gefährdung der vertragsärztlichen Versorgung insgesamt noch auch nur einzelner Praxen vorgetragen oder ersichtlich. Vielmehr sei eine Zunahme des Versorgungsbedarfs bei onkologischen Erkrankungen zu erwarten, was statistische Analysen ergäben. Die Prüfungen des Beklagten im Zusammenhang mit der Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation im Bestimmungsverfahren für das hier betroffene Krankenhaus hätten ergeben, dass die Auswirkungen auf den vertragsärztlichen Versorgungsbereich als gering eingeschätzt werden könnten. Zudem beschränke sich der Beigeladene zu 6) in seiner Leistungserbringung nach § 116b SGB V selbst und wolle die Kooperation mit den vertragsärztlichen Schwerpunktpraxen fortsetzen. Trotz zweifacher schriftlicher Bitte durch den Beklagten habe die Klägerin nicht die Behandlungsziffern für die Jahre ab 2008 übermittelt und somit die Ermittlungen des Beklagten erschwert. Die erst nach einem Gespräch der zuständigen Senatorin mit dem Vorstand der Klägerin im Februar 2011 übersandten Daten seien zunächst nicht nutzbar gewesen. Die Zusammenstellung der Daten durch den Beklagten bestätige die Erwartung steigender Behandlungszahlen.

Mit Beschluss des Gerichts vom 17. November 2010 sind die Beigeladenen zu 1) bis 6) zu dem Verfahren beigeladen worden, von denen sich schriftsätzlich die Beigeladenen zu 1) und 5) geäußert haben.

Die beigeladene Krankenkasse zu 1) stellt keinen Antrag, hält den angefochtenen Bescheid mit der Klägerin aber für materiell rechtswidrig, da die vertragsärztliche Versorgungssituation nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Von Bedeutung sei nicht der nach Arztgruppen bemessene quantitative Bedarf, sondern seien der auf die jeweilige Leistung bezogene qualitative Bedarf und die diesbezüglichen Kapazitäten der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer. Diesen habe der Beklagte nicht ermittelt und auch weitere notwendige Kriterien zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation nicht herausgearbeitet. Es liege ein "kompletter Abwägungsausfall" vor, da der Beklagte seine Erwägungen nicht so verdeutlicht und begründet habe, dass die zugrunde gelegten Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar seien.

Auch der zu 5) beigeladene Krankenkassenverband, der keinen Antrag stellt, hält den angefochtenen Bescheid aus denselben Gründen wie die Klägerin und die Beigeladene zu 1) für rechtswidrig. Bislang hat der Beklagte insgesamt 23 Bestimmungsbescheide in Bezug auf onkologische Indikationen erlassen, davon fünf in Bezug auf die Gruppe der gynäkologischen Tumore gegenüber insgesamt drei Krankenhäusern.

Entscheidungsgründe:

Für den Rechtsstreit ist das SG im Rahmen von § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuständig, da die Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V den Akt der Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan unberührt lässt. Die durch die von § 8 Abs. 1 Satz 4 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vorgenommene Rechtswegzuweisung an die Verwaltungsgerichte greift nicht ein (vgl. Landessozialgericht – LSG – Hamburg, Beschl. v. 11. Februar 2008 - L 2 B 485/07 ER KA -, juris).

Zuständig für den Rechtsstreit ist die nach Abschnitt I Nr. 1 lit. e, Nr. 7 des Geschäftsverteilungsplans des SG Berlin für Angelegenheiten der Krankenversicherung zuständige Kammer, die in der Besetzung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 SGG als Kammer für Angelegenheiten der Sozialversicherung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber entscheidet. Bei dem Rechtsstreit handelt es sich nicht um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts bzw. der Vertragsärzte im Sinne der §§ 10 Abs. 2, 12 Abs. 3 SGG, da die Streitigkeit nicht in den Rechtsbeziehungen zwischen den in § 10 Abs. 2 SGG genannten Rechtsträgern, zu denen der Beklagte nicht gehört, wurzelt (vgl. dazu ausführlich LSG Chemnitz, Beschl. v. 03. Juni 2010 - L 1 KR 94/10 B ER -, juris; a. A. LSG Essen, Beschl. v. 09. Februar 2011 - L 11 KA 91/10 B ER -, juris). Auch nimmt das nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V bestimmte Krankenhaus nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Vielmehr geht es vorliegend um eine Entscheidung über Strukturen der Gesetzlichen Krankenversicherung, die die rechtlichen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Krankenhaus betreffen und den rechtlichen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten (§ 10 Abs. 2 SGG) letztlich übergeordnet sind, sodass nur die Kammerbesetzung unter Mitwirkung ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber als Repräsentanten der Versichertengemeinschaft dem Gegenstand des Verfahrens gerecht wird (SG Dresden, Urt. v. 27. Oktober 2010 - S 18 KR 312/10 -, juris).

Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Sie ist nicht zulässig.

Es mangelt der Klägerin an der Klagebefugnis.

Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Dabei reicht es nach herrschender Meinung zur Bejahung der Klagebefugnis aus, wenn nach dem substantiierten Vorbringen des Klägers eine Verletzung seiner Rechte möglich ist. Die Klage ist unzulässig, wenn unter Zugrundelegung dieses Vorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (vgl. Bundessozialgericht – BSG –, Urt. v. 11. Mai 1999 - B 11 AL 45/98 R -, juris; Bundesverwaltungsgericht – BVerwG –, Urt. v. 17. Dezember 1986 - 7 C 29.85 -, juris; Urt. v. 16. März 1989 - 4 C 36.85 -, juris). Erforderlich ist die Möglichkeit einer Rechtsverletzung beim jeweiligen Rechtsinhaber. Die sog. formelle Beschwer ist dabei unzweifelhaft, wenn sich der Kläger als Adressat eines ihn belastenden Verwaltungsakts gegen diesen wendet (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 54 Rn. 10).

Ist der Verwaltungsakt wie vorliegend an einen Dritten ergangen, so ist die Verletzung einer eigenen Rechtsposition des Klägers möglich, sofern der Verwaltungsakt wenigstens mittelbar in eigene rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreift (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 54 Rn. 14). Der Kläger muss sich daher auf die Verletzung einer Norm – sei es einfaches Recht, sei es ein Grundrecht – berufen, die gerade auch ihn zu schützen bestimmt ist. Die Klagebefugnis ist in diesen Fällen zu bejahen, wenn es nach dem Vorbringen des Klägers zumindest als möglich erscheint, dass der angefochtene Verwaltungsakt gegen Normen verstößt, die auch dem drittbetroffenen Kläger schutzfähige Rechtspositionen einräumen, und der Drittbetroffene vom sachlichen und personellen Schutzbereich dieser Norm erfasst wird (vgl. etwa Verwaltungsgericht – VG – Freiburg, Urt. v. 15. Dezember 2004 - 1 K 899/01 -, juris).

Ein Grundsatz, wonach die Klagebefugnis eines Dritten nicht verneint werden kann, wenn das Bestehen oder Nichtbestehen der drittschützenden Wirkung einer Norm noch nicht höchstrichterlich erkannt worden ist, ist nicht anzuerkennen. Zwar kann in zweifelhaften Fällen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) den Ausschlag zur Bejahung der Klagebefugnis geben, jedoch erfolgt die inhaltlichen Prüfung von Zulässigkeitsvoraussetzungen unabhängig vom Instanzenzug. Auch hat das BSG im Urt. v. 28. Oktober 2009 - B 6 KA 42/08 R -, juris, eine ausstehende höchstrichterliche Klärung wohl nicht als eine hinreichende Bedingung für die Klagebefugnis herangezogen, sondern als einen Gesichtspunkt der Auslegung des Tatbestandes, dass eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise möglich erscheint.

Lässt sich dem anzuwendenden Recht eine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch nicht unmittelbar entnehmen, ist im Wege der Auslegung des einfachen Rechts unter Berücksichtigung des Schutzbereichs von Grundrechten zu ermitteln, ob die einschlägigen gesetzlichen Regelungen nicht nur eine objektive Ordnung aufstellen, sondern auch dazu dienen, dem Kläger ein subjektives Recht zur Wahrung seiner Interessen einzuräumen (sog. Schutznormlehre, BSG, Urt. v. 11. Mai 1999 - B 11 AL 45/98 R -, juris, mit Hinweisen auf die Rspr. des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - und BVerwG m. w. N.).

Eine solche wehrfähige Rechtsposition wird hier von der Klägerin in Form der Vorschrift des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 72 Abs. 2, 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V behauptet.

Eine Verletzung der Klägerin in eigenen subjektiven öffentlichen Rechten durch den angefochtenen Bestimmungsbescheid nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V scheidet jedoch offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise aus.

Verfahrensrechte der Klägerin können nicht verletzt sein. Solche stehen ihr aus § 116b SGB V nicht zu. Nach Abs. 2 Satz 3 dieser Vorschrift ist eine einvernehmliche Bestimmung mit den an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten anzustreben. In diesem Sinne ist die Klägerin kein an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligter. Wer dies ist, regeln die Krankenhausgesetze der Länder. Auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 KHG, welcher zwischen (mittelbar) Beteiligten und unmittelbar Beteiligten unterscheidet, regelt das Landeskrankenhausgesetz des Landes Berlin in § 17 Abs. 1 Satz 1, dass unmittelbar Beteiligte in diesem Sinne die Krankenhausgesellschaft, die Landesverbände der gesetzlichen Krankenkassen, die örtlich zuständigen Landwirtschaftlichen Krankenkassen, die Bundesknappschaft und die Verbände der Ersatzkassen sowie der Landesausschuss des Verbandes der privaten Krankenversicherung sind. Unmittelbar Beteiligte im Sinne des § 116b Abs. 2 SGB V ist die Klägerin daher nicht. Im Übrigen war die Klägerin im Verwaltungsverfahren auch nicht Beteiligter im Sinne von § 12 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Sie geht selbst davon aus, dass sie nicht nach § 12 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 SGB X förmlich hinzugezogen wurde. Gleichwohl ist sie von dem Beklagten vor Erlass des angefochtenen Bescheides angehört worden. Eine Verletzung von eigenen Verfahrensrechten der Klägerin aus dem SGB X scheidet aus.

Weiterhin ist ausgeschlossen, dass die Klägerin durch einen Bestimmungsbescheid nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V in eigenen materiell-rechtlichen Positionen verletzt sein kann.

Zur Klagebefugnis der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gegenüber Entscheidungen und Richtlinien des G-BA hat das BSG im Urt. v. 03. Februar 2010 - B 6 KA 31/09 R -, juris, ausgeführt, dass klagefähige Rechtspositionen im gegliederten System der vertragsärztlichen Versorgung auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung aus Kompetenzzuweisungen abgeleitet werden können und sich aus dem systematischen Zusammenhang der Zuweisungsnorm ergeben können. Dass sich aus dem den Kassenärztlichen Vereinigungen und der KBV zugewiesenen Sicherstellungsauftrag wie aus ihrer Verpflichtung zur Wahrnehmung der Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen Rechtspositionen der Kassenärztlichen Vereinigungen ergeben, die durch Richtlinien des G-BA beeinträchtigt werden können, hat das BSG jedoch verneint. Weiter heißt es: "Die Klägerin wertet auf dem Hintergrund ihrer aus verfassungsrechtlichen Gründen kritischen Sicht der in § 116b Abs 2 SGB V normierten partiellen Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Behandlungen jede Erleichterung des Zugangs der Versicherten zur dortigen ambulanten Versorgung als Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte. Das allein rechtfertigt keine Klagebefugnis gegenüber einer Richtlinie des G-BA, die den Vertragsärzten keine Rechtspositionen nimmt und sie in keiner Weise rechtlich von der Erbringung derjenigen Leistungen ausschließt, die die Versicherten im Rahmen der Diagnose und Therapie onkologischer Erkrankungen auf der Basis des § 116b Abs 2 SGB V nunmehr nicht nur bei Vertragsärzten, sondern auch in bestimmten Krankenhäusern in Anspruch nehmen können. Soweit die Klägerin in der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Behandlungen generell eine Gefährdung der hoch spezialisierten fachärztlichen Versorgung sieht, ist das als gesundheitspolitische Bewertung für die Klagebefugnis ohne Bedeutung. Ihre daran anknüpfende Annahme, eine (unterstellte) Gefährdung der Wirtschaftlichkeit spezialisierter fachärztlicher Praxen könne in der Zukunft die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs 1 SGB V) im fachärztlichen Bereich in Frage stellen, weil zu wenig Fachärzte niederlassungswillig seien, bleibt spekulativ" (BSG a. a. O.).

Zwar ist nicht auszuschließen, dass Bestimmungsentscheidungen nach § 116b Abs. 2 SGB V die vertragsärztliche Versorgung insofern beeinflussen können, als es zu einer sektorübergreifenden Konkurrenz des Krankenhauses mit vertragsärztlichen Leistungserbringern mit der Folge einer Verminderung des vertragsärztlichen Leistungsangebots insgesamt kommen kann, wodurch eine faktische Betroffenheit der Klägerin möglich erscheint. Nach Auffassung der Kammer kann sich eine Klagebefugnis der Klägerin gegen Bestimmungsentscheidungen nach § 116b Abs. 2 SGB V jedoch nicht allein aus Kompetenzzuweisungen ergeben, da der Gesetzgeber in dieser Vorschrift das Entscheidungsprogramm für das Bestimmungsverfahren und die daran zu Beteiligenden abschließend festgelegt hat. Es bedarf daher keiner endgültigen Klärung, ob und woraus sich für die Klägerin klagefähige Rechtspositionen ergeben könnten, die durch einen Bestimmungsbescheid betroffen wären (Sicherstellungsauftrag aus § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V, so SG Schwerin, Teilbeschl. v. 11. Dezember 2008 - S 3 ER 367/08 KA -, juris, a. A. LSG Celle-Bremen, Beschl. v. 25. Mai 2009 - L 4 KR 116/09 B ER -, juris, SG Hannover, Beschl. v. 02. Februar 2009 - S 16 KA 654/08 ER -, juris, LSG Hamburg, Beschl. v. 11. Februar 2008 - L 2 B 485/07 ER KA -, juris; Verpflichtung, auf eine angemessene Vergütung der Vertragsärzte hinzuwirken, § 72 Abs. 2 SGB V; zur "institutionellen Verantwortung" für die vertragsärztliche Versorgung vgl. Wenner, GesR 2009, S. 505, 509 unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 30. November 1994 - 6 RKa 32/93 - = SozR 3-2500 § 119 Nr. 1, juris; LSG Essen, Beschl. v. 09. Februar 2011 - L 11 KA 91/10 B ER -, juris, dort jedoch die Frage der Beschwerdebefugnis der KV aufgrund der institutionellen Verantwortung im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der Systems der vertragsärztlichen Versorgung offen gelassen). Denn jedenfalls vermittelt § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V keinen Drittschutz.

Nach der genannten Vorschrift ist ein zugelassenes Krankenhaus zur ambulanten Behandlung der in dem Katalog nach Absatz 3 und 4 des § 116b SGB V genannten hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen berechtigt, wenn und soweit es im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes auf Antrag des Krankenhausträgers unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation dazu bestimmt worden ist.

Eine drittschützende Wirkung lässt sich der Vorschrift des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V weder unmittelbar noch im Wege der Auslegung entnehmen. Durch den in der Norm enthaltenen Terminus "Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation" wird keine wehrfähige Rechtsposition begründet. Das Substantiv "Berücksichtigung" bringt gleichsam eine Grundform und damit eine verhältnismäßig schwache Form davon zum Ausdruck, bestimmte Gesichtspunkte im Rahmen einer Entscheidung zu erwägen, in Betracht zu ziehen. In Art. 23 GG, der zwischen "Berücksichtigung" und "maßgeblicher Berücksichtigung" (einer Stellungnahme) unterscheidet (sog. "weicher" und "harter" Berücksichtigungsbegriff), wird dieser Begriff verstanden als Pflicht zur Einbeziehung (der Stellungnahme) in die Entscheidungsbildung und Auseinandersetzung mit ihr, ohne dass eine Bindung besteht (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 23 Rn. 53, 58). Der Berücksichtigungsbegriff in Art. 33 Abs. 5 GG wird dahingehend ausgelegt, dass die zu berücksichtigenden Grundsätze "nicht unbedingt beachtet werden müssen" (Jarass a. a. O. Art. 29 Rn. 2 m. N. aus der Rspr. des BVerfG). Eine verbindlichere Form der Berücksichtigung stellt sonach die "Beachtung" dar, während der Begriffsinhalt der "Rücksichtnahme" als eine wohlwollende Beachtung verstanden werden kann. Es überzeugt bereits daher nur bedingt, wenn im Zusammenhang mit § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V von einem Gebot der Rücksichtnahme gesprochen wird.

Justiziabel ist ein Berücksichtigungsgebot dann, wenn das Entscheidungsprogramm des Gesetzes der Behörde aufgibt, bei der Ermessensausübung auch rechtlich geschützte Interessen des Betroffenen zu berücksichtigen. Schützt die Norm demgegenüber keine rechtlichen Interessen des Betroffenen, muss die Ermessensentscheidung für ihn nicht justiziabel sein; im Grenzbereich verdient die grundrechtsfreundliche Interpretation den Vorzug (BVerfG, Urt. v. 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236/04 -, juris, = BVerfGE 113, 273; BGBl I. 2005, 2300). Vorliegend begründet der Terminus "vertragsärztliche Versorgungssituation" kein rechtlich geschütztes Interesse Dritter. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine Bedarfsprüfung im Bestimmungsverfahren nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht erfolgt (vgl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung, BT-Drs. 16/3100, S. 139). Weiterhin meint der Begriff "vertragsärztliche Versorgungssituation" in § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V nach der Wortbedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch als Ausgangspunkt und Grenze der Auslegung nicht mehr als die Versorgung der Versicherten mit ambulanten Leistungen (a. A. LSG Essen, Beschl. v. 09. Februar 2011 - L 11 KA 91/10 B ER -, juris, m. w. N., LSG Chemnitz, Beschl. v. 03. Juni 2010 - L 1 KR 94/10 B ER -, juris). Daher kann auch die Klägerin von einer Bestimmung nicht betroffen sein. Unter "Versorgungssituation" ist unmittelbar nur die Situation der Versorgung zu verstehen und nicht die Situation der Leistungserbringer oder der Klägerin, für welche der Norm allenfalls eine Bedeutung als Reflexrecht zukommt (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 54 Rn. 12). Eine andere Bedeutung ist dem Begriff der vertragsärztlichen Versorgung, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung in anderem Zusammenhang und im allgemeinen Sprachgebrauch bisher auch nicht beigemessen worden (vgl. z. B. SG Marburg, Urt. v. 30. August 2006 - S 12 KA 39/06 -, juris; BSG, Beschl. v. 10. Mai 2000 - B 6 KA 56/99 B -, juris). Auch gesetzessystematisch kann die vertragsärztliche Versorgung nur als eine Aufgabe der Vertragsärzte verstanden werden (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Sinn und Zweck der Vorschrift des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V, unter Öffnung der Sektorengrenzen eine ambulante ärztliche Versorgung neben den vertragsärztlichen Strukturen zu ermöglichen, schließen zwar einen Drittschutz nicht aus, zielen aber auf die Generierung von mehr Wettbewerb ohne Prüfung der Bedarfslage. Die Entstehungsgeschichte der Norm unterstreicht dies, denn die Vorgängervorschrift in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14. November 2003 enthielt ebenfalls keinen Hinweis auf eine Bedarfsprüfung. Zur jetzigen Fassung, die mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) ab 01. April 2007 eingeführt wurde und im Wortlaut des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 24. Oktober 2006 ohne Änderungen Gesetz wurde, hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/3100, S. 139) nunmehr ausdrücklich eine Prüfung des Bedarfs ausgeschlossen, trotzdem die Fassung zusätzlich das Berücksichtigungsgebot enthält. Die Kammer erkennt auch keine durchgreifenden Argumente dafür, der Vorschrift des § 116b in Ansehung der Grundrechte drittschützende Wirkung beizumessen, denn ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin vorliegend nicht sich selbst auf Art. 12 GG berufen kann, folgt aus diesem Grundrecht auch auf einem regulierten Markt kein Schutz vor Konkurrenz oder ein wie auch immer gearteter Bestandsschutz (vgl. Vollmöller, NZS 2006, S. 572, 574, 575).

Wenn der Gesetzgeber für die Bestimmungsentscheidung nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V einerseits eine Bedarfsprüfung in der Gesetzesbegründung ausdrücklich ausgeschlossen, im Gesetzeswortlaut aber andererseits die Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation angeordnet hat, so kann diese Vorschrift nur als ein nicht justiziables Gebot zur Abwägung und Optimierung der ambulanten Versorgung in den Fällen des § 116b Abs. 3, 4 durch Krankenhäuser sowie durch niedergelassene Vertragsärzte im öffentlichen Interesse im Sinne einer objektiven Ordnung verstanden werden. Dabei wird der Gesetzestext durch die Gesetzesbegründung nicht überspielt, denn bereits der Wortlaut der Norm bietet keine Anhaltspunkte für eine durchzuführende Bedarfsprüfung.

Die Kammer kann offen lassen, ob eine Klagebefugnis von Dritten ausnahmsweise in Fällen gegeben sein kann, in denen eine Bestimmungsentscheidung nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V offensichtlich willkürlich und systemunverträglich erscheint. Denn dies ist hier nicht der Fall. In diesem Rahmen ist die Bestimmungsentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob sie mit guten Gründen sachlich vertretbar erscheint. Der Beklagte ist bei der Bestimmung des Krankenhauses des Beigeladenen zu 6) davon ausgegangen, dass die Leistungserbringung des Krankenhauses nach § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V aufgrund der bereits bestehenden Kooperation des Beigeladenen zu 6) mit zwei niedergelassenen internistischen Onkologinnen und einem gynäkologischen Onkologen sowie mit weiteren niedergelassenen Ärzten keine Auswirkungen auf die vertragsärztliche Versorgungssituation haben werde. Dass und weshalb diese Prognose evident fehlsam sein soll, ist nicht vorgetragen worden. Dass das Angebot der niedergelassenen Leistungserbringer durch die Bestimmung des Beigeladenen zu 6) auch nur zurückgehen wird, ist nicht geltend gemacht worden. Anhaltspunkte oder gar Belege für eine auf sachfremde Erwägungen gestützte, willkürliche Bestimmungsentscheidung sind nicht ersichtlich.

Die Klägerin kann auch nicht die Interessen der möglicherweise betroffenen Kassenärzte im Wege der Anfechtungsklage wahrnehmen. Denn eine Verbandsklage wegen fremder Interessen ist, sofern sie nicht gesetzlich ausdrücklich zugelassen ist, aus den oben angeführten Grundsätzen nicht zulässig; der Verband muss eine Verletzung eigener Rechte geltend machen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 54 Rn. 13a). Soweit die Klägerin anführt, das Grundrecht der Berufsfreiheit (der Kassenärzte) könne eingeschränkt werden, wenn eine staatliche Planung zu Konkurrenznachteilen infolge von Wettbewerbsveränderungen führe, und eine Verletzung dieses Grundrechts der Vertragsärzte sei nicht fernliegend, insbesondere wenn es zu einer marktbeherrschenden Stellung des Beigeladenen zu 6) komme, so muss dies für die Beurteilung der Klagebefugnis der Klägerin außer Betracht bleiben.

Eine gesetzliche Prozessstandschaft (dazu Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 54 Rn. 11c, 11d) liegt nicht vor, da die Klägerin nicht gesetzlich ermächtigt ist, Wettbewerbsinteressen der Kassenärzte gerichtlich zu verfolgen. Soweit die Klägerin auf grundrechtliche Beeinträchtigungen bei niedergelassenen Vertragsärzten abstellt, kommt eine gewillkürte Prozessstandschaft, die grundsätzlich möglich ist, wenn auch ein eigenes Rechtsschutzinteresse besteht (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, a. a. O. Rn. 11a), in Betracht. Eine solche liegt hier aber auch nicht vor, denn die Klägerin muss diesen Weg ausdrücklich verfolgen. Jedoch hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass und für welche individuellen Rechtsinhaber sie als Prozessstandschafter überhaupt auftreten will.

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt dem Ausgang des Verfahrens. Den Beigeladenen waren gemäß § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO keine Kosten aufzuerlegen, da sie keine Anträge gestellt haben. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Die außergerichtlichen Kosten Beigeladener können nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO dem Unterlegenen aus Billigkeit auferlegt werden. Da die Beigeladenen keinen Antrag gestellt und sich so keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht die Erstattung ihrer außergerichtlicher Kosten auch nicht der Billigkeit.

Das Gericht hat die Sprungsrevision gem. § 161 Abs. 2 i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nach pflichtgemäßem Ermessen von Amts wegen zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
Saved