L 2 AL 78/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AL 68/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 78/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob der Kläger für den Zeitraum vom 29. Februar bis zum 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) als die gewährte hat.

Der am. 1945 geborene Kläger ist verheiratet und lebt mit seiner Frau zusammen. Nach vorangegangener Berufstätigkeit als Industriemechaniker wurde er Anfang des Jahres 1998 arbeitslos und bezog bis zum Ausschöpfung der gesetzlich möglichen Höchstanspruchsdauer Arbeitslosengeld und anschließend Alhi. Mit einem Bescheid vom 7. April 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 29. Februar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Alhi in Höhe von 56,07 EUR wöchentlich bzw. von 8,01 EUR kalendertäglich. Dabei legte die Beklagte einen Anspruch auf ungekürzte Alhi in Höhe von wöchentlich 172,20 EUR zugrunde. Bei der Berechnung dieses Anspruchs berücksichtigte die Beklage ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 560 EUR, die Leistungsgruppe A und den allgemeinen Leistungssatz (ohne Kinderzuschlag). Die Leistungsgruppe A entsprach dabei der für das Jahr 2004 auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnstreuerklasse IV. Die Lohnsteuerklassenkombination IV/IV hatten der Kläger und seine Ehefrau zu Beginn des Jahres 1999 gewählt; vorher hatte der Kläger auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen und seine Frau die Lohnsteuerklasse V. Von dem errechneten Anspruch des Klägers setzte die Beklagte einen wöchentlichen Anrechnungsbetrag 116,13 EUR ab, den sie wie folgt errechnete: a. Partnereinkommen: Monatliches Nettoeinkommen der Ehefrau des Klägers in Höhe von 1048,85 EUR aus einer von der Ehefrau neu aufgenommenen Beschäftigung zuzüglich monatlicher Zinseinkünfte von 1,94 EUR = monatlich 1050,79 EUR abzüglich eines Pauschalbetrags von 38,56 EUR (3% des Nettoeinkommen) für private Versicherungen und eines Freibetrags für die hypothetische Arbeitslosenhilfe von monatlich 510,93 EUR = monatlich 501,29 EUR. b. Eigenes Einkommen des Klägers: Monatliche Zinseinkünfte von 1,94 EUR Anrechenbares Einkommen aus Partnereinkommen und eigenem Einkommen des Klägers monatlich 503,23 EUR bzw. wöchentlich 116,13 EUR.

Mit einem Schreiben vom 1. Juli 2005 beantrage der Kläger eine Überprüfung der Bewilligung von Alhi für die Zeit ab dem 29. Februar 2004. Hintergrund war, dass die Beklagte für andere davor liegende Zeiträume, in denen sie die zunächst vorläufige Leistungshöhe endgültig festgesetzt hatte, bei der für die zustehende Leistungen relevanten Einkommensanrechnung nun vom Einkommen der Ehefrau monatlich für private Versicherungen nicht einen Betrag von nur 38,56 EUR absetzte, sondern nach den tatsächlichen Beiträgen in Höhe von monatlich 188,91 EUR und zudem nach den tatsächlichen Kilometern für die Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstätte als Werbungskosten monatlich 11,40 EUR für Fahrtkosten vom Einkommen absetzte. Sinngemäß begehrte der Kläger eine entsprechende Berücksichtigung der tatsächlichen Versicherungsbeiträge auch bei der Berechnung der Alhi für die Zeit ab dem 29. Februar 2004. Die Beklagte lehnte eine zur Änderung der Bewilligung führende Überprüfung mit der Begründung ab, die tatsächliche Berücksichtigung der Versicherungsbeträge statt der Pauschale in Höhe von 3% des Nettoeinkommens erfolge aufgrund der entsprechenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), welche sei erst ab den 17. März 2005 zu berücksichtigen sei (Bescheid vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2006).

Der Kläger hat am 27. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Das SG hat dieses Klageverfahren mit einem anderen, am 4. November 2006 anhängig gemachten Klageverfahren verbunden. Darin wandte sich der Kläger gegen die endgültige Festsetzung der Höhe der Alhi für die Zeit vom 1. März 2003 bis 28. Februar 2004 und begehrte in erster Linie die Berechnung nach einer anderen Leistungsgruppe.

Mit Urteil vom 30. Juni 2009 hat das SG die Beklage verurteilt, dem Kläger für die im Streit stehenden beiden Zeiträume höhere Alhi zu leisten und im Tenor jeweils die Leistungsbeträge benannt. Dabei ist das SG davon ausgegangen, dass dem Kläger für die streitigen Zeiträume durchgehend jeweils Alhi nach der Leistungsgruppe C statt der Leistungsgruppe A zusteht. Dies ergebe sich aus den Gründsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, denn die Beklagte hätte den Kläger seinerzeit darauf hinweisen müssen, dass der im Jahre 1999 erfolgte Wechsel von der Lohnsteuerklasse III zur Lohnsteuerklasse IV (bei Wechsel der Ehefrau von der eingetragenen Lohnsteuerklasse V zu IV) in Hinblick auf die Leistungshöhe ungünstig und unzweckmäßig sei. Für den im Berufungsverfahren noch streitigen Zeitraum vom 29. Februar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 hat das SG das abzusetzende Partnereinkommen neu berechnet. Dabei ist das SG vom tatsächlich erzielten Nettoeinkommen (nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge und der Einkommensteuer nach der Lohnsteuerklasse IV) ausgegangen. Bei der Berechnung des vom Einkommen abzusetzenden Freibetrages hat das SG einen Betrag in Höhe des steuerlichen Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigt. Dazu hat das SG ausgeführt: Dieser Betrag sei zu berücksichtigen, weil er höher sei, als der Betrag der Arbeitslosenhilfe, den die Ehefrau bei der hypothetischen Berechnung nach der Leistungsgruppe 5 (gemeint ist offensichtlich die Lohnsteuerklasse V und die entsprechende Leistungsgruppe D) zu beanspruchen hätte. Beim Nettoeinkommen sei aber der tatsächliche Steuerabzug vom Einkommen der Ehefrau nach der Steuerklassenaufteilung IV/IV zu berücksichtigen. Das SG hat zudem eine Absetzung für Werbungskosten (Fahrkosten) vom anzurechnenden Einkommen der Ehefrau für geboten gehalten und weiter eine Berücksichtigung der tatsächlichen Beiträge für private Versicherungen statt des Pauschalbetrags; dies aber nur für die Zeit ab dem 10. Dezember 2004. Dazu hat das SG ausgeführt: Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 9. Dezember 2004 entschieden, dass die tatsächlichen Versicherungsbeiträge zu berücksichtigen seien, sofern diese angemessen seien. Schon dieses eine Urteil habe eine ständige Rechtsprechung im Sinne des § 330 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) entstehen lassen. Für die Zeiten davor scheide wegen § 330 Abs. 1 SGB III aber eine Berücksichtigung im Überprüfungsverfahren aus. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG verwiesen.

Gegen das ihm am 24. August 2010 zugestellte Urteil hat zunächst nur der Kläger am 31. August 2009 Berufung eingelegt. Er meint: Grundsätzlich sei es richtig, dass bei der Leistungsberechnung der Alhi im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die tatsächlichen Beiträge für angemessene private Versicherungen im Hinblick auf § 330 Abs. 1 SGB III erst ab der zitierten Rechtsprechung des BSG zu berücksichtigen sei. In seinem Fall müsse aber sowieso der gesamte Leistungszeitraum neu beschieden werden, weil eine andere Leistungsgruppe zugrunde zu legen sei und für deren Berücksichtigung im Überprüfungsverfahren § 330 Abs. 1 SGB III nicht gelte. In einem solchen Fall könne diese Norm insgesamt keine Anwendung finden. Denn wenn sowieso die Leistungshöhe neu zu berechnen sei, begründe es keinen großen Mehraufwand, auch die tatsächlichen Versicherungsbeiträge zu berücksichtigen. Somit seien für den gesamten Zeitraum vom 29. Februar 2004 bis zum 31. Dezember 2004 die Versicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 188,91 EUR vom Einkommen der Ehefrau abzusetzen. Zudem sei bei der Berechnung des Nettoeinkommens seiner Ehefrau die Lohnsteuerklasse V nicht nur bei der Berechnung der hypothetischen Alhi nach § 194 Abs. 1 Satz 2 SGB III zu berücksichtigen. Auch der vom Bruttoeinkommen abzuziehende Steuerbetrag sei dann konsequenterweise nach der Lohnsteuerklasse V zu berechnen, wodurch sich ein geringeres Nettoeinkommen ergebe. Die Eheleute seien insgesamt so zu stellen, als ob sie den Lohnsteuerklassenwechsel nicht vollzogen hätten.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juni 2009 abzuändern sowie den Bescheid der Beklagten vom Bescheid vom 20. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für den gesamten Zeitraum vom 29. Februar bis 31. Dezember 2004 die Arbeitslosenhilfe neu unter Berücksichtigung eines noch geringeren Anrechnungsbetrages festzusetzen und ihm den sich daraus ergebenden Differenzbetrag zu zahlen.

Die Beklagte hat am 19. Januar 2010 Anschlussberufung erhoben.

Sie beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das Urteil des Sozialgerichts Madeburg vom 30. Juni 2009 aufzuheben, soweit die tatsächlichen Versicherungsbeiträge bei der Berechnung der Leistungshöhe berücksichtigt wurden und die Klage insoweit abzuweisen.

Sie meint: Eine ständige Rechtsprechung dazu, dass bei der Einkommensanrechnung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge nicht auf 3% des Nettoeinkommens begrenzt sei, liege nicht schon aufgrund der Entscheidung des BSG vom 9. Dezember 2004 sondern erst ab der bestätigenden Entscheidung des BSG vom 18. März 2005 vor.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 28. September 2010 übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG-).

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes den notwendigen Beschwerdewert von 750,00 EUR übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG).

Die Berufung ist nicht begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Alhi für den streitigen Zeitraum als ihm im angefochtenen erstinstanzlichen Urteil zugesprochen worden ist. Klagegegenstand ist die Entscheidung der Beklagten im Verfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) betreffend den Leistungszeitraum vom 29. Februar bis 31. Dezember 2004.

Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum Anspruch auf Alhi nach §§ 190 ff. SGB III. Es kann insofern auf die rechnerisch zutreffende Berechnung der Leistungshöhe im Urteil des SG Bezug genommen werden. Dabei hat das SG - insofern vom Kläger und auch der Beklagten nicht beanstandet - nach §§ 198 Abs. 1 Satz 2, 136 Abs. 3 SGB III für die Leistungsberechnung der Alhi des Klägers die der Steuerklasse III entsprechende günstige Leistungsgruppe C zugrunde gelegt. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die vom SG vorgenommen Berechnung des bei der Bedürftigkeitsprüfung nach §§ 193, 194 SGB III zu berücksichtigenden Anrechnungsbetrages für das auf den streitigen Zeitraum entfallende Einkommen. Vom rechnerisch richtig berücksichtigten Erwerbseinkommen der Ehefrau ist der Freibetrag nach § 194 Abs. 1 Satz 2 SGB III abzuziehen und es sind weiter die Absetzungen nach § 194 Abs. 2 Satz 2 SGB III vorzunehmen. Dabei war für die Vergleichsberechnung nach § 194 Abs. 1 Satz 2 SGB III zur Bestimmung des vom Einkommen der Ehefrau abzusetzenden Freibetrages die hypothetische Alhi der Ehefrau nach der der Steuerklasse V entsprechenden Leistungsgruppe D zu bestimmen. Dies ist Folge der Berücksichtigung der Leistungsgruppe C nach der Lohnsteuerklasse III bei der Bestimmung der Leistungshöhe der Alhi des Klägers. Dabei ergibt sich insgesamt ein höherer Leistungsbetrag für den Kläger, als er von der Beklagten festgesetzt wurde. Insoweit kann auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen worden. Diese für den Kläger von den tatsächlichen Steuerklassen abweichende Leistungsberechnung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs führt aber nicht dazu, dass auch der Einkommensteuerabzug vom Einkommen der Ehefrau anders zu berücksichtigen ist, als real im streitigen Zeitraum bei der Lohnberechnung geschehen. Mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches lassen sich zwar bestimmte sozialrechtliche Anspruchsvoraussetzungen innerhalb des Sozialrechtsverhältnisses fingieren. Dies gilt aber nicht für tatsächlichen Umstände außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses (ständige Rechtsprechung des BSG, siehe u.a. Beschluss vom 7. Mai 2009 – AZ: B 11 AL 72/08 B, Rn. 16, Urteil vom 31. Januar 2006 – AZ: B 11a AL 15/05 R, Rn. 19 und Urteil vom 15. Mai 1985, AZ: 7 RAr 103/83, Rn. 20 – jeweils zitiert nach juris). Deshalb kann für die Berechnung der Alhi von der bei einer gebotenen Beratung mutmaßlich gewählten Steuerklassenkombination ausgegangen werden. Maßgeblich für die Bedürftigkeitsprüfung ist aber das tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen nach dem tatsächlichen Steuerabzug wie er im Anrechnungszeitraum erfolgt ist.

Das SG hat auch zutreffend eine höhere Absetzung für die Beiträge zu privaten Versicherungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Beiträge nur für die Zeit ab dem 10. Dezember 2005 berücksichtigt. Grundlage für die Absetzung der Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen vom für die Anrechnung heranzuziehenden Einkommen war § 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III. Auf der Grundlage der Ermächtigung im § 206 Nr. 4 SGB III bestimmte hierzu § 3 Abs. 2 AlhiVO 2002 eine Begrenzung des Anrechnungsbetrages auf einen Pauschbetrag. Dies entsprach auch der Praxis der Beklagten. Mit dem Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 7 AL 22/04 R (und der Parallelentscheidung vom selben Tage – B 7 AL 24/04 R) hat dann der 7. Senat des BSG festgestellt, diese Regelung sei nicht verfassungskonform und nicht anzuwenden. Der Kläger hat den Überprüfungsantrag für den streitigen Zeitraum am 1. Juli 2005 und somit nach dieser Entscheidung gestellt. Die Leistungsbewilligung für diesen Zeitraum mit Bescheid vom 7. April 2004 war auch schon unanfechtbar geworden. Damit findet § 330 Abs. 1 Alt. 2 SGB III Anwendung. Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, im Verfahren nach § 44 SGB X zugunsten des Betroffenen nur für die Zeit ab Entstehen einer ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen, wenn er auf einer Rechtsnorm beruht, die von dieser ständigen Rechtsprechung nun anders ausgelegt wird, als sie bisher von der Agentur für Arbeit ausgelegt wurde. Bei Beachtung dieser Vorschrift ist im konkreten Fall jedenfalls kein Raum für eine Berücksichtigung eines über die Pauschale hinausgehenden Abzugsbetrags für die Zeit vor den zitierten Entscheidungen des BSG vom 9. Dezember 2004. Die Auffassung des Klägers, die Anwendung des § 330 Abs. 1 Alt. 2 SGB III gelte nicht für die Fällen, in denen der unanfechtbar gewordene Verwaltungsakt auch aus anderen Gründen rechtswidrig und zur Überprüfung gestellt sei, überzeugt nicht. Denn erfasst werden die Fälle, in denen die Rücknahme darauf beruht, dass bei der Verwaltungsentscheidung eine Rechtsnorm zu Anwendung kam, die nun von der ständigen Rechtsprechung anderen ausgelegt wird, als es vorher der Verwaltungspraxis entsprach. Dieser Sachverhalt liegt bezogen auf die Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge vor. Ob daneben auch noch andere Rechtsfehler zur Abänderung im Verfahren nach § 44 SGB X führen, spielt keine Rolle, weil eine klare Trennung möglich ist. § 330 Abs. 1 SGB III dient alleine den Interessen der Beklagten. Einerseits soll der Verwaltungsaufwand aufgrund einer geänderten Rechtsprechung begrenzt werden; aber auch die finanziellen Auswirkungen. Dem zweiten Anliegen trägt die Norm auch dann Rechnung, wenn eine Überprüfung oder rückwirkende Neubewilligung auch aus anderen Gründen erfolgt. Aber auch der Verwaltungsaufwand wird begrenzt, wenn für bestimmte Zeiten eine Überprüfung aus einem bestimmten Grund ausscheidet.

Auch die Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat zutreffend die Begründung einer im Rahmen des § 330 Abs. 1 Alt. 2 SGB zu berücksichtigenden Rechtssprechung schon mit den Entscheidungen des BSG vom 9. Dezember 2004 als gegeben angesehen. Schon eine einzige Entscheidung des BSG kann ausreichen, um das Entstehen einer ständigen Rechtsprechung anzunehmen. Dies ist dann der Fall, wenn die entschiedene Rechtsfrage danach nicht mehr umstritten ist (Vor in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 31 Rdnr. 18). Dass alle mit dem Fachgebiet befassten Senate Gelegenheit zur Entscheidung hatten, ist nur erforderlich, wenn es sich um eine in Rechtsprechung und Literatur mit gewichtigen Gründen umstrittene Rechtsfrage handelt (BSG, Urteil vom 27.5.1977 – 5 RKnU 8/76 = SozR 2200 § 627 Nr. 4 S. 6 f). In diesem Sinne wurde hier schon durch die beiden Entscheidungen des BSG vom 9. Dezember 2004 eine ständige Rechtssprechung begründet. Die Entscheidungen waren im Ergebnis in Rechtsprechung und Literatur nicht umstritten. Die Auffassung, es solle ein Nachweis über den Pauschbetrag hinausgehender Beiträge ermöglicht werden, war schon vorher in der Literatur vertreten worden (Spellbrink in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 13 Rdnr. 128). Die von der Beklagten zitierten nachfolgenden Entscheidungen vom 17. März 2005 (B 7a/7 AL 90/04 R und B 7a/7 AL 70/04 R) stammen ebenfalls vom 7. Senat des BSG. In diesen wird die Frage von Senat nicht nochmals erörtert, sondern es wird im vollen Umfang auf die beiden Urteile des Senats vom 9. Dezember 2004 verwiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Das Unterliegen der Beklagten mit ihrer Anschlussberufung fällt dabei für die Kostenentscheidung nicht ins Gewicht.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Anwendung findet "ausgelaufenes Recht", weil die Vorschriften für die Alhi im SGB III ab dem 1. Januar 2005 keine Anwendung mehr finden. Außerdem können die Rechtsfragen durch Heranziehung der vorhandenen Rechtsprechung und der gesetzlichen Regelungen beantwortet werden.
Rechtskraft
Aus
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