S 149 AS 42641/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
149
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 149 AS 42641/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid vom 25. September 2009 in Gestalt des Widerspruchesbescheides vom 6. November 2009 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, die Klägerin von Ansprüchen auf Erstattung von Renovierungskosten für die Wohnung in der B A ,. B in einer Höhe von 1.118,52 EUR freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Der Beklagte hat ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten und zwar in Form von Renovierungskosten.

Die am. 1967 geborene Klägerin bewohnte sei dem 1. September 2001 eine 78,05 qm große Dreizimmerwohnung in der B A , B. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Vermieter, welche in den Mietvertrag ausdrücklich einbezogen wurden, enthielten in Nr. 5 eine Klausel zu Schönheitsreparaturen. Danach waren Schönheits¬reparaturen innerhalb von bestimmten Fristen auszuführen, welche je nach Grad der Abnutzung der Wohnung auf Antrag des Mieters verlängert oder verkürzt werden konnten. Darüber hinaus war eine Klausel enthalten, wonach der Mieter nur mit Zustimmung der Vermieter von der bisherigen Ausführungsart der Schönheitsreparaturen abweichen durfte. Darüber hinaus enthielten die Allgemeinen Vertragsbedingungen in Nr. 13 Abs. 2 eine Klausel, wonach Mieter Änderungen in der Wohnung spätestens zu Beendigung des Nutzungsverhältnisses rückgängig machen mussten. Für den genauen Wortlaut der Klauseln wird auf die Allgemeinen Vertragsbedingungen verwiesen (Bl. 18 und 21 der Gerichtsakte).

Seit dem Jahr 2005 bezog die Klägerin laufend Leistungen nach dem SGB II vom dem Beklagten. Jedenfalls ab dem Leistungsbezug bewohnte die Klägerin die Wohnung in der B A gemeinsam mit ihrem am 1981 geborenen Bruder, Herrn A H , sowie mit der am 1972 geborenen Frau R S. Frau S hatte den Mietvertrag für die Wohnung vom 31. August 2001 bereits als Bürgin mitunterschrieben. Der Beklagte bewilligte der Klägerin unter anderem die Kosten der Unterkunft in Höhe von einem Drittel der tatsächlichen Kosten.

Mit Schreiben vom 20. Juli 2007 und vom 19. September 2007 baten die Vermieter die Klägerin, einer Änderung des Mietvertrages hinsichtlich der Klausel zu Schönheitsreparaturen zuzustimmen. Anlass war das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2007 (Az. VIII ZR 199/06), wonach eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Wohnraum¬miet¬vertrages enthaltene Regelung, die dem Mieter die Verpflichtung zur Ausführung der Schönheits¬¬¬reparaturen auferlegt und bestimmt, dass der Mieter nur mit Zustimmung des Wohnungs¬unternehmens von der "bisherigen Ausführungsart" abweichen darf, auch dann insgesamt – und nicht nur hinsichtlich der Ausführungsart – wegen unangemessener Benach¬teiligung des Mieters unwirksam ist, wenn die Verpflichtung als solche und ihre inhaltliche Aus¬gestaltung in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2009 beantragte die Klägerin vom Beklagten die Zustimmung zu einem Umzug. Zur Begründung führte sie an, dass ihr Bruder voraussichtlich Ende August 2009 aus der Wohnung in der B A ausziehen werde und die Wohnung dann für sie und ihre Mitbewohnerin zu teuer werden würde. Der Beklagte gab mit Schreiben vom 20. August 2009 eine Zusicherung zur Übernahme der Kosten der Unterkunft für die derzeitige Wohnung der Klägerin in der F straße ,. B in Höhe der Hälfte der tatsächlichen Kosten ab.

Am 11. September 2009 fand ein Besichtigungstermin zwischen der Klägerin und den Vermietern in der Wohnung in der B A statt. Das von der Klägerin und den Vermietern unterzeichnete Protokoll zur Wohnungsbeschreibung und Übergabeverhandlung vom gleichen Tag führte umfangreiche bauliche Veränderungen oder eingebaute Anlagen und Objekte auf, welche von der Klägerin bei Vertragsende zu entfernen seien. Darunter fielen insbesondere die Entfernung von Wandfliesen in der Küche, der Einbauküche inklusive Spüle, der abgehängten Decken im Flur, der Wand- und Bodenfliesen im Bad sowie der Toilette, des Waschbeckens und der Badewanne sowie der Auslegware und Holzfaserplatten in den drei Zimmern. Darüber hinaus führte das Protokoll verschiedene zu erledigende Schönheits¬reparaturen auf. Darunter fallen insbesondere die Entfernung von Raufasertapeten an den Wänden und Decken sowie das Streichen von Wänden und Decken sowie der Heizkörper, Innenfenster und Türen. Für Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 11. September 2009 verwiesen (Bl. 286-288 der Verwaltungsakte).

Am 21. September 2009 unterzeichneten die Klägerin und Frau R S gemeinsam den Mietvertrag für die neue Wohnung in der F straße als Mieterinnen. Mit Schreiben ebenfalls vom 21. September 2009 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Übernahme von Renovierungskosten für die Wohnung in der B A , weil sie vom Vermieter die Auflage habe, in der Wohnung etliche Renovierungsarbeiten vorzunehmen. Mit Bescheid vom 25. September 2009 lehnte der Beklagte die Übernahme der Renovierungskosten ab, weil die Instandhaltung der Wohnung Angelegenheit des Vermieters sei. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 5. Oktober 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie an, dass die Vermieter sie verpflichtet hätten, Renovierungsarbeiten vorzunehmen. In der Wohnung befänden sich Einbauten, die sie vom Vormieter übernommen habe und welche sie nun entfernen müsse. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2009 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie zur Renovierung verpflichtet sei. Im Übrigen habe sie die Kosten einer Renovierung nicht beziffert.

Mit ihrer am 7. Dezember 2009 beim Sozialgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Zur Begründung führt sie an, dass sie einen Anspruch auf einen Renovierungszuschuss habe. Sie sei mietvertraglich zur Renovierung verpflichtet und aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, die erforderlichen Arbeiten selbst vorzunehmen.

Zum Nachweis der Höhe der Renovierungskosten hat die Klägerin ein an die Vermieter adressiertes Angebot der Firma M. Malereibetrieb GmbH vom 21. Dezember 2009 über 4.142,68 EUR vorgelegt. Außerdem hat die Klägerin einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Wedding zugunsten der ehemaligen Vermieter der Klägerin über eine Summe von 1.541,88 EUR vorgelegt. Daraus geht hervor, dass die Vermieter insgesamt eine Forderung in Höhe von 5.826,56 EUR (4.142,68 EUR für Malerarbeiten und 1.683,88 EUR für Fliesenarbeiten) gegen die Klägerin geltend gemacht haben. In Höhe von 4.284,68 EUR hat die Klägerin dieser Gesamtforderung widersprochen (Bl. 55 der Gerichtsakte). Außerdem hat die Klägerin ein Angebot der Firma GbR über Fliesenarbeiten in Höhe von 1.663,68 EUR und ein Schreiben der Vermieter vom 8. März 2010 vorgelegt, wonach die Klägerin insgesamt noch 5.615,74 EUR schulde, weil sich die Fliesenarbeiten auf 1.405,06 EUR reduziert hätten (Bl. 66 der Gerichtsakte). Schließlich hat die Klägerin mehrere Atteste über depressive Erkrankungen und Lendenwirbelsäulenbeschwerden vorgelegt (Bl. 56 ff der Gerichtsakte).

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 25. September 2009 in Form des Widerspruchesbescheides vom 6. November 2009 den Renovierungszuschuss für die Auszugsrenovierung der Wohnung, B A in B, ... OG. links, zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Zur Begründung verweist er darauf, dass es zweifelhaft sei, ob die Klägerin mietvertraglich zu Schönheitsreparaturen verpflichtet war. Im Übrigen habe sie die Auszugsrenovierung jedenfalls in Eigenleistung zu erbringen gehabt.

Das Gericht hat Erkundigungen bei den Vermietern der Klägerin eingeholt. Nach deren telefonischer Auskunft hat die Klägerin selbst keine Schönheitsreparaturen und Renovierungsarbeiten vorgenommen. Die Vermieter hätten Renovierungsarbeiten beauftragt und der Klägerin in Rechnung gestellt. Diese habe bislang keine Zahlungen geleistet. Es sei ein Betrag in Höhe von 4.142,68 EUR für Malerarbeiten und 1.405,06 EUR für das Entfernen von Fliesen noch offen.

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 14. Dezember 2010 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten einschließlich Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gem. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben.

Die in Form einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 SGG) zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Bescheid vom 25. September 2009 in Gestalt des Widerspruchesbescheides vom 6. November 2009 ist teilweise rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Freistellung von Ansprüchen auf Erstattung von Renovierungskosten für die Wohnung in der B A in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Gegenstand der Klage ist nach der Auslegung des Begehrens der Klägerin die Freistellung von Ansprüchen ihrer ehemaligen Vermieter auf Ersatz von Aufwendungen für Schönheits¬reparaturen in Höhe von insgesamt 5.615,74 EUR. Einen eigenen Aufwendungsersatz kann die Klägerin nicht fordern, weil sie bislang keine tatsächlichen Aufwendungen getätigt hat. Die Summe entspricht dem Betrag, über welchen die ehemaligen Vermieter insgesamt einen Mahnbescheid gegen die Klägerin erwirkt haben.

Der Anspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift werden Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Zu den Kosten der Unterkunft können unter Umständen auch Kosten für Schönheitsreparaturen gehören (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. März 2008, Az. B 11b AS 31/06 R, juris Rz. 17 ff), soweit der Mieter mietvertraglich dazu verpflichtet ist.

Nach Ansicht der Kammer ist bei der rechtlichen Beurteilung zwischen der grundsätzlichen Verpflichtung zur Leistung von Schönheitsreparaturen und deren konkreten Ausmaß zu unterscheiden.

Eine grundsätzliche Verpflichtung liegt hier nach Ansicht der Kammer vor. Dafür kommt es im Ergebnis nicht darauf an, inwieweit die ursprünglich im Mietvertrag enthaltene Klausel zivilrechtlich wirksam war und ob die Klausel nach der Bitte um Zustimmung des Vermieters zur Vertragsänderung wirksam geändert wurde. Ausreichend ist grundsätzlich, dass der Mieter einer ernsthaften Forderung seitens seines Vermieters ausgesetzt ist, die nicht offensichtlich unbegründet ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2009, Az. B 14 AS 31/07 R, juris Rz. 17; Urteil vom 6. April 2011, Az. B 4 AS 16/10 R, juris Rz. 13). Die streitige Forderung der ehemaligen Vermieter muss – in anderen Worten – soziale Wirksamkeit besitzen (Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27. Mai 2010, Az. L 8 AS 71/08, juris Rz. 36). Angesichts der ausdifferenzierten Kasuistik der mietrechtlichen Rechtsprechung der Zivilgerichte hinsichtlich der Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln ist es nach Ansicht der Kammer nicht angemessen, die Leistungsberechtigten bei einer nicht offensichtlich unbegründeten Forderung auf ein ggf. gerichtliches Vorgehen gegen ihre Vermieter vor den Zivilgerichten zu verweisen. Die Gerichte der Zivilgerichtsbarkeit wären selbst an eine höchstrichterliche Qualifizierung der betreffenden Klauseln durch die Sozialgerichte nicht gebunden.

Darüber hinaus hat die Klägerin sich durch die Unterzeichnung des Übergabeprotokolls zu Schönheitsreparaturen und Renovierungen verpflichtet. Diese Vereinbarung dürfte nicht der Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen. Es handelt sich nicht um eine vorformulierte Klausel.

Nach diesen Maßstäben liegt eine ernsthafte Forderung der Vermieter hier dem Grunde nach vor. Die Vermieter haben bereits einen Mahnbescheid sowie – über eine Teilsumme – einen Vollstreckungs¬bescheid gegen die Klägerin erwirkt. Es ist nicht ersichtlich, dass es der Forderung offenbar an einer Rechtsgrundlage mangelt. Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, vor Unterzeichnung des Übergabeprotokolls eine Zusicherung des Beklagten einzuholen. Eine Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft geboten. Darüber hinaus besteht trotz Fehlens einer Zusicherung eine Verpflichtung zur Übernahme der tatsächlichen angemessenen Kosten der Unterkunft im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II. Auch ein Zusicherungserfordernis nach § 22 Abs. 3 SGB II kommt nicht in Betracht. Es handelt sich bei den Aufwendungen für Schönheitsreparaturen der alten Wohnung nicht um Umzugskosten (vgl. für Einzugsrenovierungen LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Februar 2010, Az. L 1 AS 42/08). Die Pflicht zur Schönheitsreparatur besteht während des laufenden Mietverhältnisses der alten Wohnung. Auch ohne einen Umzug ist der Mieter nach gewissen Zeitabständen ggf. zur Schönheitsreparatur verpflichtet. Dass die Erfüllung dieser Verpflichtung regelmäßig spätestens zum Zeitpunkt eines Umzugs durch den Vermieter eingefordert wird macht die Aufwendungen nicht zu Umzugskosten.

Die Kammer hat auch keine Zweifel an der grundsätzlichen Erforderlichkeit der Schönheitsreparaturen im vorliegenden Fall. Nach einer Mietdauer von insgesamt 8 Jahren ist typischerweise von einer Renovierungsbedürftigkeit auszugehen.

Die Kammer ist weiterhin der Überzeugung, dass die Klägerin nicht im Rahmen ihrer Obliegenheit nach § 2 Abs. 2 SGB II auf die Verpflichtung zur Selbstvornahme der Schön¬heits¬reparaturen verwiesen werden kann. Grundsätzlich erfasst die in dieser Vorschrift enthaltene Verpflichtung, alle Möglichkeiten zu nutzen, den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten, zwar sämtliche Lebensbereiche. Auch die mietvertragliche Renovierungspflichten sind zunächst von den Leistungsberechtigen selbst in Eigenregie zu erfüllen. Hier liegen nach Überzeugung der Kammer allerdings zum einen gesundheitliche Gründe vor, die eine Selbstvornahme ausschließen. Nach den eingereichten ärztlichen Unterlagen ist die Kammer der Überzeugung, dass Renovierungsarbeiten in einer Altbauwohnung mit einer Deckenhöhe von bis zu 3,60 m nicht von der Klägerin selbst vorgenommen werden konnten. Darüber hinaus bestand nach dem Mietvertrag die Verpflichtung zur fachgerechten Ausführung. Dies war von der Klägerin selbst nicht zu leisten.

Die Klägerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass ihre ehemaligen Mitbewohner die Wohnung hätten renovieren können. Zwar besteht Hilfebedürftigkeit gem. § 9 Abs. 1 SGB II grundsätzlich nur soweit der Betroffene die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Daraus ergibt sich aber kein vollständiger Leistungsausschluss soweit es Angehörige oder Bekannte gibt. Die Mit¬bewohner haben die Wohnung auch nicht tatsächlich für die Klägerin renoviert.

Allerdings kann die Klägerin einen Anspruch gegen den Beklagten auf Freistellung von Ansprüchen ihrer ehemaligen Vermieter nur hinsichtlich des auf sie entfallenden Kopfteils der Kosten der Unterkunft für die gesamte Wohnung geltend machen. Die Kosten für Schönheitsreparaturen stellen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Teil der laufenden Kosten der Unterkunft dar (BSG, Urteil vom 19. März 2008, Az. B 11b AS 31/06 R). Die Klägerin bildete allerdings eine eigene Bedarfsgemeinschaft und hat vom Beklagten jeweils nur ein Drittel der Kosten der Unterkunft erhalten. Für die Geltendmachung von Kosten für Schönheitsreparaturen kann nichts anderes gelten.

Die Kammer ist schließlich der Überzeugung, dass die Klägerin nicht in Höhe von einem Drittel der insgesamt geltend gemachten Forderung ihrer Vermieter vom Beklagten freigestellt werden kann. Die Kammer hat Zweifel, ob es sich bei den Kosten in voller Höhe um mietvertraglich geschuldete Schönheitsreparaturen handelt

Hinsichtlich des Betrags von zuletzt 1.405,06 EUR für das Entfernen von Fliesen geht die Kammer nach der Leistungsbeschreibung des vorliegenden Angebots der Firma GbR davon aus, dass es sich nicht um Schönheitsreparaturen, sondern um allgemeine Renovierungsarbeiten handelt. Nach § 28 Abs. 4 S. 3 der Verordnung über wohnungs¬wirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. BV) umfassen Schönheitsreparaturen nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen. Diese Definition ist grundsätzlich auch bei preisfreiem Wohnraum anwendbar (vgl. Landgericht Essen, Urteil vom 17. Februar 2011, Az. 10 S 344/10, juris Rz. 24). Solche Arbeiten umfasst das Angebot der Firma L nicht.

Die Kammer hat auch Zweifel daran, dass die Klägerin hinsichtlich der Fliesen und Bodenbeläge eine wirksame Rückbauverpflichtung trifft. Eine solche Pflicht könnte sich aus der Pflicht zur Rückgabe der Mietsache nach § 546 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergeben. Grundsätzlich beinhaltet diese Verpflichtung, dass die vom Mieter vorgenommenen Einrichtungen, Einbauten, Ausbauten sowie der Umbau zu beseitigen sind (vgl. Landgericht Berlin, Urteil vom 6. Juli 2010, Rz. 65 S 355/09). Diese Verpflichtung entfällt, wenn es sich bei der Maßnahme des Mieters um eine dauerhafte, über das Mietverhältnis hinausreichende Wertverbesserungsmaßnahme handelt, die nur mit erheblichem Aufwand an Kosten wieder zu entfernen wäre und deren Beseitigung die Mietsache in einen schlechteren Zustand versetzen würde. Eine Rückbaupflicht ist ferner nicht gegeben, wenn der Mieter mit Einverständnis des Vermieters Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt hat (Landgericht Berlin, Urteil vom 6. Juli 2010, Rz. 65 S 355/09). Die Kammer geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass eine Pflicht der Klägerin zur Entfernung der Fliesen und Bodenbeläge äußerst zweifelhaft ist. Wand- und Bodenfliesen stellen grundsätzlich eine wertsteigernde Einrichtung dar, die nur mit erheblichem Aufwand zu entfernen ist. Darüber hinaus hält es die Kammer für äußerst zweifelhaft, dass die Klägerin ohne Einverständnis der Vermieter die Wohnung gefliest hat.

Auch hinsichtlich der Malerarbeiten hat die Kammer Zweifel, ob es sich dabei in voller Höhe um mietvertraglich geschuldete Schönheitsreparaturen handelt. In dem Betrag von 4.142,68 EUR aus dem Angebot der Firma M sind mehrere Positionen enthalten, die nach Ansicht der Kammer nicht im Rahmen von Schönheitsreparaturen geschuldet sind.

Die Position 1.07 des Angebots umfasst Fensteranlagen, die bereits in der Position 1.01 enthalten sind. Da die Position 1.01 im Übrigen ausschließlich Arbeiten in den Innenräumen betrifft, geht die Kammer davon aus, dass in Position 1.07 Außenfensteranlagen enthält. Insofern sind Streicharbeiten allerdings nicht von den mieterseitig geschuldeten Schönheitsreparaturen gem. § 28 Abs. 4 S. 3 II. BV umfasst. Die Position 1.08 des Angebots umfasst Tapezierarbeiten an der Decke. Nach der Definition für Schönheitsreparaturen ist aber entweder Tapezieren oder Anstreichen geschuldet. Das Anstreichen der Decke ist jedoch bereits in Position 1.01 enthalten

Darüber hinaus ist die Kammer der Überzeugung, dass die Klägerin ihrer aus § 2 Abs. 2 SGB II folgenden Obliegenheit zur Schadensminderung nicht vollständig nachgekommen ist. Nach Ansicht der Kammer folgt aus der grundsätzlichen Pflicht aus § 2 Abs. 2 SGB II, alle Möglichkeiten zu nutzen, den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten, auch eine Schadensminderungspflicht hinsichtlich von Forderungen, denen ein Leistungs¬berechtigter seitens Dritter ausgesetzt ist und die – jedenfalls dem Grunde nach – von den Leistungsträgern des SGB II übernommen werden. Dadurch kann eine Besserstellung von Leistungsberechtigten gegenüber Nichtleistungsberechtigten vermieden werden, die entstehen könnte, wenn Leistungsberechtigte gegen sie gerichtete Forderungen ohne weiteres an die Leistungsträger des SGB II weiterreichen könnten, ohne selbst die naheliegenden Rechtsmittel dagegen zu nutzen. Leistungsberechtigte haben nach Ansicht der Kammer eine Obliegenheit, sich gegen Forderungen, die dem Leistungsspektrum des SGB II zuzurechnen sind, jedenfalls insoweit zu wehren, dass die Leistungsträger des SGB II nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden und keine Chance mehr haben, ggf. selbst in Rechtsstreit diesbezüglich einzutreten. Diese Obliegenheit betrifft insbesondere den Widerspruch gegen Mahnbescheide, welche von Vermietern gegen Leistungsberechtigte erwirkt werden. Ohne Widerspruch erlässt das Vollstreckungsgericht gem. § 699 Abs. 1 S. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) einen Vollstreckungsbescheid auf Grundlage des Mahnbescheids, welcher einem Versäumnisurteil gleichsteht (§ 700 Abs. 1 ZPO).

Diese Obliegenheit hat die Klägerin teilweise verletzt. Sie hat gegen den Mahnbescheid über eine Summe von insgesamt 5.826,56 EUR nur Widerspruch in Höhe von 4.284,68 EUR eingelegt. Dadurch wurde über den restlichen Betrag ein Vollstreckungsbescheid erlassen. Ein Einspruch gegen diesen Vollstreckungsbescheid ist nicht ersichtlich. Hinsichtlich des Teilbetrags von 1.541,88 EUR ist damit eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Forderung nicht mehr möglich.

Der der Klägerin zustehende Anspruch auf Freistellung Erstattungsansprüchen für Renovierungskosten errechnet sich nach Überzeugung der Kammer vor diesem Hintergrund somit wie folgt:

Malerarbeiten gem. Angebot: 2.809,80 EUR An- und Abfahrt: 10,00 EUR Zwischensumme: 2.819,80 EUR Umsatzsteuer (19%): 535,76 EUR Gesamtsumme: 3.355,56 EUR Kopfteil der Klägerin (1/3): 1.118,52 EUR

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei wurde dem anteiligen Obsiegen der Klägerin angemessen Rechnung getragen. Soweit der Anteil des Obsiegens rechnerisch nicht genau einem Drittel entspricht, wurde dem Veranlassungsprinzip Rechnung getragen. Die Klägerin hat nach Ansicht der Kammer grundsätzlich einen Anspruch auf ein Drittel der notwendigen Kosten für Schönheitsreparaturen.

Die Berufung ist gem. § 143 SGG kraft Gesetzes zulässig. § 144 Abs. 1 S. 1 SGG ist nicht einschlägig.
Rechtskraft
Aus
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