Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 22 AY 5/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 AY 1/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. März 2011 dahingehend geändert, dass Rechtsanwalt M. zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk des Sozialgerichts Magdeburg ansässigen Rechtsanwalts bis zur Höhe der Kosten beigeordnet wird, die bei zusätzlicher Beiordnung eines Verkehrsanwalts angefallen wären. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die aus Ghana stammende Klägerin und Beschwerdeführerin (im Weiteren: Klägerin) begehrt in der Hauptsache vom Landkreis H. die Übernahme der Kosten für die Überprüfung von Unterlagen und Urkunden in ihrem Heimatland.
Bereits am 5. März 2009 hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für diese den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beim Landkreis H. gestellt. Dieser Antrag war mit Bescheid vom 22. Juni 2009 abgelehnt worden. Unter Bezugnahme auf die danach ausgesprochene Duldung beantragte die Klägerin am 29. Oktober 2009 die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für sich und ihre am 26. Februar 2007 geborene Tochter G. P ... Die Vaterschaft dieser Tochter ist von W. K. P., wohnhaft in H., am 2. April 2007 anerkannt worden. Der Klägerin ist u.a. vom 30. November bis zum 6. Dezember 2009 und vom 28. Mai bis zum 6. Juni 2010 erlaubt worden, H. vorübergehend zu verlassen, um sich nach H. zum Kindesvater zu begeben.
Am 8. Dezember 2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin, Kosten in Höhe von 400,00 EUR für die Beschaffung von Urkunden als Grundlage für die Ausstellung eines Passes und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu übernehmen. Gegen den Ablehnungsbescheid vom 17. Dezember 2009 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 22. Dezember 2009 Widerspruch ein und begründete ihn. Zu der Anhörung vom 4. Februar 2010 vor der beabsichtigten Ablehnung des Antrags äußerte sich der Bevollmächtigte unter dem 11. Februar 2010 erneut und verwies auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 10. März 2008 - L 20 AY 16/07 -. Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2010 erhob der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin am 17. Mai 2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg, begründete diese und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) sowie seine Beiordnung.
Mit Beschluss vom 17. März 2011 gewährte das SG Magdeburg der Klägerin PKH ohne Ratenzahlungsverpflichtung und ordnete den Prozessbevollmächtigten "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei. Dem Beschluss war die Rechtsmittelbelehrung beigefügt, der Beschluss sei für die Beteiligten unanfechtbar.
Gegen den ihr am 25. März 2011 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 29. März 2011 beim SG Magdeburg "sofortige Beschwerde" eingelegt. Der Beschluss sei hinsichtlich der Beschränkung auf einen ortsansässigen Rechtsanwalt abzuändern. Der Prozessbevollmächtigte habe die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen vertreten, so dass es dieser unzumutbar sei, einen weiteren Anwalt zu beauftragen, da er über sämtliche für diese Verfahren bedeutsamen Informationen verfüge. Das besondere Vertrauensverhältnis begründe eine uneingeschränkte Beiordnung, zumal der Kindesvater in H. wohnhaft sei und die Klägerin mit ihrer Tochter längerfristige Besuche in H. mit Zustimmung der Ausländerbehörde wahrnehme. Hilfsweise werde beantragt, die Einschränkung der Beiordnung dahingehend vorzunehmen, dass die weiteren Kosten des Prozessbevollmächtigten die Kosten eines Verkehrsanwalts nicht überschreiten dürften. Jedenfalls sei eine Beiordnung zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts auszusprechen.
Das SG Magdeburg hat die Beschwerde an das LSG Sachsen-Anhalt weitergeleitet.
Der Beschwerdegegner hält die Beschwerde teilweise für begründet. Die Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes sei aufzuheben und die Beiordnung zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk des SG Magdeburg ansässigen Rechtsanwalts zu verfügen. Er hat soweit Bezug genommen auf die Beschlüsse des LSG Sachsen-Anhalt vom 29. April 2009 - L 5 B 393/08 AS - sowie vom 20. Juni 2008 - L 3 B 27/08 R -.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der Frist des § 173 Satz 1 SGG eingelegt worden und nicht durch § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen. Denn das SG Magdeburg hat nicht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint, sondern PKH ohne Festsetzung von Raten bewilligt. Die gegen die beschränkte Beiordnung eines Rechtsanwalts durch das SG Magdeburg eingelegte Beschwerde ist damit zulässig (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 9. Auflage, § 73a Rdnr. 12b; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. September 2008 - L 3 B 27/08 R - nicht veröffentlicht; Beschluss vom 29. April 2009 - L 5 B 393/08 AS -; Hessisches LSG, Beschluss vom 24. März 2011 - L 1 KR 74/11 B -, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. März 2010 - L 19 AS 284/10 B PKH -, Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 10. Februar 2010 - L 8 B 195/09 R PKH -; Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (OVG), Beschluss vom 1. Dezember 2008 - 4 So 75/08 -, alle juris). Fehlt – wie hier – eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung, ist die Beschwerde innerhalb eines Jahres zulässig (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Die Beschwerde ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Eine unbeschränkte Beiordnung des Prozessbevollmächtigten, der seine Kanzlei in H. und damit außerhalb des Gerichtsbezirks des SG Magdeburg hat, ist nicht möglich.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die PKH entsprechend. Aus der entsprechenden Anwendung wurde bereits für § 121 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31. Mai 2007 gültigen Fassung: "Ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen." gefolgert, dass sich für die Sozialgerichtsbarkeit keine Einschränkung dahingehend ergäbe, dass nur ein ortsansässiger Rechtsanwalt beigeordnet werden könne, sondern vielmehr auf den gesamten Gerichtsbezirk des Sozialgerichts abzustellen sei (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. August 2005 - L 2 B 36/05 AL -, juris). Ab dem 1. Juni 2007 lautet § 121 Abs. 3 ZPO nunmehr: "Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen". Dadurch ist klargestellt, dass seit dem 1. Juni 2007 der Bezirk eines SG maßgeblich ist. Eine Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" kommt damit allein wegen des geänderten Wortlauts des § 121 Abs. 3 ZPO nicht in Betracht. Insoweit war der Beschluss abzuändern.
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes, der seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsbezirks hat, ist aber grundsätzlich nur möglich, wenn dadurch weitere Kosten, insbesondere in Form von Fahrtkosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeldern, nicht entstehen. Hier entstehen höhere Kosten, wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vom Sitz seiner Kanzlei in H. zum SG Magdeburg reisen muss, um dort einen Termin wahrzunehmen. Denn die Entfernung zwischen der Kanzlei und dem SG beträgt ca. 190 km, während der südlichste Ort im Gerichtsbezirk des SG Magdeburg ca. 160 km entfernt ist. Allerdings dürfte die dem Prozessbevollmächtigte der Klägerin zustehende Verfahrensgebühr wegen dessen Tätigwerden bereits im Verwaltungsverfahren nach Nr. 3103 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) nur in abgesenkter Höhe gegenüber einem erstmals im Gerichtsverfahren beigeordneten Bevollmächtigten entstehen.
Darüber hinaus ist aber im Rahmen einer bewilligten PKH bei der Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts zu prüfen, ob besondere Umstände für die Beiordung eines zusätzlichen sogenannten Verkehrsanwalts i.S. von § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 23. Juni 2006 – XII ZB 61/04 -, juris). Gemäß § 121 Abs. 4 ZPO kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden, wenn besondere Umstände dies erfordern. Die Beiordnung eines zusätzlichen Anwaltes, eines so genannten Verkehrsanwalts, kann somit geboten sein. Soweit durch die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Kosten eines solchen Verkehrsanwalts erspart werden, sind die durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstehenden Reisekosten erstattungsfähig (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 10. Februar 2010 - L 8 B 195/09 R PKH - juris, m.w.N.).
Bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO wegen besonderer Umstände erforderlich ist, ist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und die subjektiven Fähigkeiten der Parteien abzustellen (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2006, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 10. Februar 2010, a.a.O.). Hier stammt die Klägerin aus Ghana und ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Sie erstrebt im Hauptsacheverfahren die Übernahme von Kosten, die ihr für die Erstellung von Urkunden zur Erlangung eines Passes und damit einer Aufenthaltserlaubnis entstehen. Insoweit sind ihre besonderen Lebensumstände von besonderer Bedeutung, die dem Prozessbevollmächtigten aufgrund der langjährigen Betreuung der Klägerin bekannt sind. Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte über detaillierte Kenntnisse der persönlichen Lebensumstände der Klägerin verfügt und sich bei Antragstellung sowie Rechtsmitteleinlegung und -begründung eingehend mit der Sach- und Rechtslage befasst hat. Der Senat hält es deshalb aufgrund der besonderen Umstände dieses Einzelfalls nicht für zumutbar, dass sich die Klägerin ausschließlich von einem im Gerichtsbezirk des SG Magdeburg ansässigen Rechtsanwalt vertreten lässt. Es wäre daher sachgerecht, wenn die Klägerin neben der Betreuung durch ihren Prozessbevollmächtigten einen weiteren Rechtsanwalt im Gerichtsbezirk des SG Magdeburg beauftragen würde, der die Prozessvertretung vor dem SG Magdeburg wahrnähme. Durch die Einschaltung eines Verkehrsanwalts entstünden zusätzliche Kosten, die die Klägerin geltend machen könnte.
Eine unbeschränkte Beiordnung, wie sie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in erster Linie beantragt hat, kann nicht ausgesprochen werden, da sie der im Rahmen der PKH am Notwendigen orientierten Rechtsvertretung und den Anforderungen an eine Kostenminimierung entgegenstehen würde. Derjenige, der auf Kosten der Landeskasse durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, soll nicht besser gestellt werden als eine nicht bedürftige Person, die diese Vertretung aus eigenen Mitteln bestreiten und die kostengünstigste und sparsamste Variante auswählen muss.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Bewilligungsverfahren für die Klägerin kostenfrei ist (§ 183 Satz 1 SGG) und eine Erstattung der dem Gegner entstandenen Kosten nicht stattfindet (§ 73a SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die aus Ghana stammende Klägerin und Beschwerdeführerin (im Weiteren: Klägerin) begehrt in der Hauptsache vom Landkreis H. die Übernahme der Kosten für die Überprüfung von Unterlagen und Urkunden in ihrem Heimatland.
Bereits am 5. März 2009 hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für diese den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beim Landkreis H. gestellt. Dieser Antrag war mit Bescheid vom 22. Juni 2009 abgelehnt worden. Unter Bezugnahme auf die danach ausgesprochene Duldung beantragte die Klägerin am 29. Oktober 2009 die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für sich und ihre am 26. Februar 2007 geborene Tochter G. P ... Die Vaterschaft dieser Tochter ist von W. K. P., wohnhaft in H., am 2. April 2007 anerkannt worden. Der Klägerin ist u.a. vom 30. November bis zum 6. Dezember 2009 und vom 28. Mai bis zum 6. Juni 2010 erlaubt worden, H. vorübergehend zu verlassen, um sich nach H. zum Kindesvater zu begeben.
Am 8. Dezember 2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin, Kosten in Höhe von 400,00 EUR für die Beschaffung von Urkunden als Grundlage für die Ausstellung eines Passes und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu übernehmen. Gegen den Ablehnungsbescheid vom 17. Dezember 2009 legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 22. Dezember 2009 Widerspruch ein und begründete ihn. Zu der Anhörung vom 4. Februar 2010 vor der beabsichtigten Ablehnung des Antrags äußerte sich der Bevollmächtigte unter dem 11. Februar 2010 erneut und verwies auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 10. März 2008 - L 20 AY 16/07 -. Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2010 erhob der Prozessbevollmächtigte für die Klägerin am 17. Mai 2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg, begründete diese und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) sowie seine Beiordnung.
Mit Beschluss vom 17. März 2011 gewährte das SG Magdeburg der Klägerin PKH ohne Ratenzahlungsverpflichtung und ordnete den Prozessbevollmächtigten "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei. Dem Beschluss war die Rechtsmittelbelehrung beigefügt, der Beschluss sei für die Beteiligten unanfechtbar.
Gegen den ihr am 25. März 2011 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 29. März 2011 beim SG Magdeburg "sofortige Beschwerde" eingelegt. Der Beschluss sei hinsichtlich der Beschränkung auf einen ortsansässigen Rechtsanwalt abzuändern. Der Prozessbevollmächtigte habe die Klägerin in einer Vielzahl von Fällen vertreten, so dass es dieser unzumutbar sei, einen weiteren Anwalt zu beauftragen, da er über sämtliche für diese Verfahren bedeutsamen Informationen verfüge. Das besondere Vertrauensverhältnis begründe eine uneingeschränkte Beiordnung, zumal der Kindesvater in H. wohnhaft sei und die Klägerin mit ihrer Tochter längerfristige Besuche in H. mit Zustimmung der Ausländerbehörde wahrnehme. Hilfsweise werde beantragt, die Einschränkung der Beiordnung dahingehend vorzunehmen, dass die weiteren Kosten des Prozessbevollmächtigten die Kosten eines Verkehrsanwalts nicht überschreiten dürften. Jedenfalls sei eine Beiordnung zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts auszusprechen.
Das SG Magdeburg hat die Beschwerde an das LSG Sachsen-Anhalt weitergeleitet.
Der Beschwerdegegner hält die Beschwerde teilweise für begründet. Die Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes sei aufzuheben und die Beiordnung zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk des SG Magdeburg ansässigen Rechtsanwalts zu verfügen. Er hat soweit Bezug genommen auf die Beschlüsse des LSG Sachsen-Anhalt vom 29. April 2009 - L 5 B 393/08 AS - sowie vom 20. Juni 2008 - L 3 B 27/08 R -.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der Frist des § 173 Satz 1 SGG eingelegt worden und nicht durch § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung ausgeschlossen. Denn das SG Magdeburg hat nicht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint, sondern PKH ohne Festsetzung von Raten bewilligt. Die gegen die beschränkte Beiordnung eines Rechtsanwalts durch das SG Magdeburg eingelegte Beschwerde ist damit zulässig (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 9. Auflage, § 73a Rdnr. 12b; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. September 2008 - L 3 B 27/08 R - nicht veröffentlicht; Beschluss vom 29. April 2009 - L 5 B 393/08 AS -; Hessisches LSG, Beschluss vom 24. März 2011 - L 1 KR 74/11 B -, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. März 2010 - L 19 AS 284/10 B PKH -, Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 10. Februar 2010 - L 8 B 195/09 R PKH -; Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (OVG), Beschluss vom 1. Dezember 2008 - 4 So 75/08 -, alle juris). Fehlt – wie hier – eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung, ist die Beschwerde innerhalb eines Jahres zulässig (§ 66 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Die Beschwerde ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Eine unbeschränkte Beiordnung des Prozessbevollmächtigten, der seine Kanzlei in H. und damit außerhalb des Gerichtsbezirks des SG Magdeburg hat, ist nicht möglich.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten die Vorschriften der ZPO über die PKH entsprechend. Aus der entsprechenden Anwendung wurde bereits für § 121 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31. Mai 2007 gültigen Fassung: "Ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen." gefolgert, dass sich für die Sozialgerichtsbarkeit keine Einschränkung dahingehend ergäbe, dass nur ein ortsansässiger Rechtsanwalt beigeordnet werden könne, sondern vielmehr auf den gesamten Gerichtsbezirk des Sozialgerichts abzustellen sei (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. August 2005 - L 2 B 36/05 AL -, juris). Ab dem 1. Juni 2007 lautet § 121 Abs. 3 ZPO nunmehr: "Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen". Dadurch ist klargestellt, dass seit dem 1. Juni 2007 der Bezirk eines SG maßgeblich ist. Eine Beiordnung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" kommt damit allein wegen des geänderten Wortlauts des § 121 Abs. 3 ZPO nicht in Betracht. Insoweit war der Beschluss abzuändern.
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes, der seine Kanzlei außerhalb des Gerichtsbezirks hat, ist aber grundsätzlich nur möglich, wenn dadurch weitere Kosten, insbesondere in Form von Fahrtkosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeldern, nicht entstehen. Hier entstehen höhere Kosten, wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vom Sitz seiner Kanzlei in H. zum SG Magdeburg reisen muss, um dort einen Termin wahrzunehmen. Denn die Entfernung zwischen der Kanzlei und dem SG beträgt ca. 190 km, während der südlichste Ort im Gerichtsbezirk des SG Magdeburg ca. 160 km entfernt ist. Allerdings dürfte die dem Prozessbevollmächtigte der Klägerin zustehende Verfahrensgebühr wegen dessen Tätigwerden bereits im Verwaltungsverfahren nach Nr. 3103 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) nur in abgesenkter Höhe gegenüber einem erstmals im Gerichtsverfahren beigeordneten Bevollmächtigten entstehen.
Darüber hinaus ist aber im Rahmen einer bewilligten PKH bei der Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts zu prüfen, ob besondere Umstände für die Beiordung eines zusätzlichen sogenannten Verkehrsanwalts i.S. von § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 23. Juni 2006 – XII ZB 61/04 -, juris). Gemäß § 121 Abs. 4 ZPO kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden, wenn besondere Umstände dies erfordern. Die Beiordnung eines zusätzlichen Anwaltes, eines so genannten Verkehrsanwalts, kann somit geboten sein. Soweit durch die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Kosten eines solchen Verkehrsanwalts erspart werden, sind die durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstehenden Reisekosten erstattungsfähig (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 10. Februar 2010 - L 8 B 195/09 R PKH - juris, m.w.N.).
Bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO wegen besonderer Umstände erforderlich ist, ist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und die subjektiven Fähigkeiten der Parteien abzustellen (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2006, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 10. Februar 2010, a.a.O.). Hier stammt die Klägerin aus Ghana und ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Sie erstrebt im Hauptsacheverfahren die Übernahme von Kosten, die ihr für die Erstellung von Urkunden zur Erlangung eines Passes und damit einer Aufenthaltserlaubnis entstehen. Insoweit sind ihre besonderen Lebensumstände von besonderer Bedeutung, die dem Prozessbevollmächtigten aufgrund der langjährigen Betreuung der Klägerin bekannt sind. Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte über detaillierte Kenntnisse der persönlichen Lebensumstände der Klägerin verfügt und sich bei Antragstellung sowie Rechtsmitteleinlegung und -begründung eingehend mit der Sach- und Rechtslage befasst hat. Der Senat hält es deshalb aufgrund der besonderen Umstände dieses Einzelfalls nicht für zumutbar, dass sich die Klägerin ausschließlich von einem im Gerichtsbezirk des SG Magdeburg ansässigen Rechtsanwalt vertreten lässt. Es wäre daher sachgerecht, wenn die Klägerin neben der Betreuung durch ihren Prozessbevollmächtigten einen weiteren Rechtsanwalt im Gerichtsbezirk des SG Magdeburg beauftragen würde, der die Prozessvertretung vor dem SG Magdeburg wahrnähme. Durch die Einschaltung eines Verkehrsanwalts entstünden zusätzliche Kosten, die die Klägerin geltend machen könnte.
Eine unbeschränkte Beiordnung, wie sie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in erster Linie beantragt hat, kann nicht ausgesprochen werden, da sie der im Rahmen der PKH am Notwendigen orientierten Rechtsvertretung und den Anforderungen an eine Kostenminimierung entgegenstehen würde. Derjenige, der auf Kosten der Landeskasse durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, soll nicht besser gestellt werden als eine nicht bedürftige Person, die diese Vertretung aus eigenen Mitteln bestreiten und die kostengünstigste und sparsamste Variante auswählen muss.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da das Bewilligungsverfahren für die Klägerin kostenfrei ist (§ 183 Satz 1 SGG) und eine Erstattung der dem Gegner entstandenen Kosten nicht stattfindet (§ 73a SGG i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved