Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 2 SO 131/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 SO 83/10 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH in Klageverfahren ist nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG in der
seit dem 1.4.2008 geltenden Fassung nur dann ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die
persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat.
2. Die hinreichende Erfolgsaussicht eines Verfahrens im Sinne des Prozesskostenhilferechts kann nicht mit
der Begründung des tatsächlich fehlenden Erfolgs des Verfahrens verneint werden.
2. Eine gegenüber der Anhebung der Regellleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II sechs Monate spätere
Anhebung des Regelsatzes nach § 28 SGB XII verletzt Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz nicht.
seit dem 1.4.2008 geltenden Fassung nur dann ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die
persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat.
2. Die hinreichende Erfolgsaussicht eines Verfahrens im Sinne des Prozesskostenhilferechts kann nicht mit
der Begründung des tatsächlich fehlenden Erfolgs des Verfahrens verneint werden.
2. Eine gegenüber der Anhebung der Regellleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II sechs Monate spätere
Anhebung des Regelsatzes nach § 28 SGB XII verletzt Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz nicht.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 01. Oktober 2010, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das dem Beschwerdeverfahrens zugrunde liegende, anhängig gewesene Hauptsacheverfahren, in welchem er von der Beklagten des Hauptsacheverfahrens (im Folgenden: Beklagte) für November 2006 bis Dezember 2006 um 14,00 EUR monatlich höhere Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) begehrte.
Die Beklagte bewilligte dem am 1959 geborenen Kläger mit Bescheid vom 13.11.2006 Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2007. Bei der Leistungsberechnung ging die Beklagte jeweils bis einschließlich Dezember 2006 von einem monatlichen Regelsatz i.H.v. 331,00 EUR aus. Gegen den Bescheid vom 13.11.2006 legte die Betreuerin des Klägers am 17.11.2006 Widerspruch mit der Begründung ein, dass anstelle eines Regelsatzes von 331,00 EUR ein solcher i.H.v. 345,00 EUR in die Leistungsberechnung habe einfließen müssen. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Festsetzung der Regelsatzhöhe mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2007 zurück, da nach der Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zum SGB XII vom 08.06.2006 (Sächsisches Amtsblatt Nr. 26 vom 29.06.2006) die nach der Sächsischen Regelsatzverordnung vom 14.01.2005 festgelegten Regelsätze unverändert geblieben seien.
Mit der am 14.08.2007 beim Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass nur die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zum 01.07.2006 auf Grundlage der Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe für das Jahr 2003 (EVS 2003), die im Mai 2006 veröffentlicht worden seien, angehoben worden seien. Es seien keinerlei Gründe dafür ersichtlich, weshalb nicht auch der Regelsatz gemäß § 28 Abs. 2 SGB XII ab dem gleichen Zeitpunkt von 331,00 EUR monatlich auf 345,00 EUR monatlich angehoben worden sei. Ebenfalls am 14.08.2007 hat der Kläger unter Beifügung der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen die Bewilligung von PKH beantragt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13.09.2010 abgewiesen und mit dem hier streitgegenständlichem Beschluss vom 01.10.2010 den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt, weil die Klage keine Erfolgsaussicht gehabt habe, wie die Klageabweisung zeige. Zur Begründung der Klageabweisung hat das SG ausgeführt, die angegriffenen Bescheide entsprächen der Rechtsgrundlage, der Sächsischen Regelsatzverordnung. Diese verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Angesichts der Regelung des § 28 Abs. 3 SGB XII, wonach die anhand der bisherigen EVS festgelegten Regelsätze überprüft und ggf. weiterentwickelt werden sollten, sobald die Ergebnisse einer neuen EVS vorlägen, habe es nicht unangemessen lange gedauert, bis die im Mai 2006 publizierten Ergebnisse im Januar 2007 umgesetzt worden seien. Die im 2. Halbjahr 2006 voneinander abweichenden Regelleistungshöhen nach dem SGB II und dem SGB XII verstießen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), da Regelsätze nach dem SGB XII im Unterschied zu den Regelsätzen nach dem SGB II regional hätten geregelt werden sollen, um regionalen Unterschieden gerecht zu werden. Ein Gleichlauf mit den Regelsätzen nach dem SGB II sei danach gerade nicht gewollt gewesen. Eine Differenzierung zwischen den Regelsätzen des SGB II und des SGB XII sei vom Bundesgesetzgeber bewusst in Kauf genommen worden.
Am 18.10.2010 hat der Kläger gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 11.10.2010 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt. Das Gericht habe letztlich die Begründung des Urteils übernommen. Damit werde fehlerhaft der Begriff der hinreichenden Erfolgsaussichten mit dem tatsächlichen Erfolg gleichgesetzt.
Der Kläger beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 01.10.2010 aufzuheben und ihm für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Beschwerdegegner hat sinngemäß mitgeteilt, der Kläger sei bedürftig im Sinne der PKH, er habe bei gegebenen Erfolgsaussichten keine Zahlungen zu leisten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
Dabei ist nicht entscheidungserheblich, ob in der Hauptsache die Berufung statthaft wäre, da nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem Beschluss vom 18.03.2009 (L 7 B 446/08 AS-PKH) die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der seit dem 01.04.2008 geltenden Fassung nur dann ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat. Daran hat der Senat auch nach den später ergangenen abweichenden Entscheidungen hierzu - insbesondere anderer Senate des Sächsischen Landessozialgerichts (vgl. Beschlüsse vom 25.02.2011 – L 1 KR 214/10 B PKH – und 18.08.2009 - L 2 AS 321/09 B PKH und L 2 AS 352/09 B PKH) - festgehalten. Denn nach Auffassung des Senats bestehen insbesondere weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein Wertungswiderspruch und § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ist nicht entsprechend anzuwenden (vgl. ausführlich Beschluss vom 01.10.2009 - L 7 AS 294/09 B PKH und Beschluss vom 25.01.2010 - L 7 AS 487/09 B PKH). Hieran hat der Gesetzgeber in Bezug auf den Beschwerdeausschluss in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nichts geändert, sondern mit Wirkung vom 11.08.2010 lediglich die Beschwerdemöglichkeit gegen Prozesskostenhilfeentscheidungen in Eilverfahren weiter beschränkt (vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 1 2. HS SGG in der Fassung des Art. 6 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010, BGBl. I S. 1131-1132). Somit ist weiterhin nicht entscheidend, ob ein Ausschluss der Beschwerde mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar wäre (vgl. hierzu z.B. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 25.11.2009 - 1 BvR 2515/09, RdNr. 4). Das Sozialgericht hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ausschließlich auf die fehlende Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung gestützt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG - vgl. z.B. Beschlüsse vom 05.12.2008 - 1 BvR 746/08, RdNr. 63 und 18.11.2009 - 1 BvR 2455/08, RdNr. 9) gebietet Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Verfassungsrechtlich ist es danach zwar nicht zu beanstanden, wenn die Gewährung von PKH davon abhängig gemacht wird, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern und dieses gleichsam an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Dies bedeutet zugleich, dass PKH nur verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.
Zudem dürfen nach der ebenso ständigen Rechtsprechung des BVerfG (vgl. z.B. Beschluss vom 14.06.2006 – 2 BvR 626/06 und 2 BvR 656/06, RdNr. 12 sowie Beschluss vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07, RdNr. 23) schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im PKH-Verfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Zwar muss PKH nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen fehlender Erfolgsaussichten ihres Begehrens PKH vorzuenthalten.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags. Nach einem ordnungsgemäßen Antrag auf PKH tritt die Entscheidungsreife regelmäßig nach Vorlage der vollständigen PKH-Unterlagen (Belege im Sinne des § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO) sowie nach Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ein (vgl. z.B. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.09.2007 – 10 C 39/07 u.a., RdNr. 1 m.w.N.). Somit ist die Erfolgsaussicht im Regelfall zu Beginn des Verfahrens zu bewerten (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2008, a.a.O., RdNr. 65).
Unter Würdigung der oben dargestellten Grundsätze hatte aber die Klage zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Antrags keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im prozesskostenhilferechtlichen Sinne. Zwar kann die Erfolgsaussicht nicht unter Bezugnahme auf den tatsächlich fehlenden Erfolg verneint werden, wie dies das SG in seiner Begründung getan hat. Dennoch fehlt der Klage die hinreichende Erfolgsaussicht, weil die Beklagte im Rahmen der dem Kläger mit Bescheid vom 13.11.2006 und Widerspruchsbescheid vom 22.07.2007 bewilligten Leistungen zu Recht einen Regelsatz i.H.v. 331,00 EUR zugrunde gelegt hat. Insbesondere ist dem Kläger nicht dahingehend zuzustimmen, dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vorliege, weil in Sachsen der Regelsatz nach § 28 SGB XII i.V.m. der Sächsischen Regelsatzverordnung erst zum 01.01.2007 von 331,00 EUR auf 345,00 EUR angehoben wurde, wohingegen die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II bereits sechs Monate früher, zum 01.07.2006 in diesem Umfang angehoben wurde und dass deshalb Leistungsempfänger nach dem SGB XII gegenüber Leistungsempfängern nach dem SGB II benachteiligt worden seien.
Zwar erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.03.2006 (BGBl I S. 558) mit Wirkung zum 01.07.2006 die Angleichung der Regelleistungshöhe in Ost und West und damit auf 345,00 EUR monatlich für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II. Zur Begründung hat der Gesetzgeber ausgeführt:
"Zwar weist das Verbrauchsniveau und das private Konsumverhalten in Ost und West weiterhin deutliche Unterschiede auf. Solche Unterschiede bestehen jedoch nicht nur zwischen den alten und den neuen Bundesländern; vielmehr ergeben sich innerhalb des gesamten Bundesgebietes regionale Besonderheiten. Da es sich – anders als bei der Sozialhilfe - um eine Leistung des Bundes handelt, ist es vertretbar, ausschließlich einen einheitlichen Wert auf Westniveau zugrunde zu legen, um auf diese Weise dem Bedarfsdeckungsgrundsatz zu genügen und das soziokulturelle Existenzminimum bundesweit sicherzustellen. Mit dem Gesetzentwurf wird daher die Regelleistung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in den neuen Bundesländern an die Höhe der Regelleistung in den alten Bundesländern angeglichen. Das wichtigste Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die Eingliederung in Arbeit. Deshalb werden hohe Anforderungen an die überregionale Mobilität der Betroffenen gestellt. Eine bundeseinheitliche Regelleistung fördert die Bereitschaft des Einzelnen, eine Tätigkeit im gesamten Bundesgebiet, unabhängig von den bisher regional unterschiedlichen Regelleistungen, aufzunehmen." (BT-Drucksache 16/99, S. 6).
Im Unterschied zum SGB II war und ist in § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB XII geregelt, dass die Landesregierungen durch Rechtsverordnung die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII festsetzen. Nach § 28 Abs. 2 Satz 3 SGB XII in der vom 01.01.2005 bis 06.12.2006 geltenden Fassung durften die Regelsätze in den neuen Bundesländern bis zur Festsetzung im Jahre 2010 bis zu 14,00 EUR unter dem durchschnittlichen Regelsatz der anderen Länder festgesetzt werden. Diese Sonderregelung wurde zum 07.12.2007 abgeschafft (Gesetz vom 02.12.2006, BGBl. I, S.2670). Mit Verordnung vom 19.12.2006 (SächsGVBl S. 559) hat der Landesverordnungsgeber den Regelsatz erst zum 01.01.2007 auf 345,00 EUR festgesetzt.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt hierin jedoch nicht. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dies gilt für ungleiche Belastungen wie für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (vgl. zu alledem insbesondere BVerfG, Urteil vom 15.01.2008 – 1 BvL 2/04; Urteil vom 09.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a. jeweils mit zahlreichen w.N.).
Im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. hierzu z.B. BVerfG, Beschluss vom 14.03.2001 – 1 BvR 1931/96, RdNr. 29) und die unterschiedlichen Zielrichtungen der beiden Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII (s.o.) besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit im prozesskostenhilferechtlichen Sinne dafür, dass der Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber damit, dass er den Regelsatz nach dem SGB XII sechs Monate später als die Regelleistung nach dem SGB II heraufgesetzt hat, den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt hat. Denn ausgehend von den Motiven des Gesetzgebers für die vorgezogene Angleichung der Regelleistung in den neuen Bundesländern, wonach das wichtigste Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Eingliederung in Arbeit ist, weshalb eine bundeseinheitliche Regelleistung die überregionale Mobilität fördern könne (BT-Drucksache 16/99, S. 6), kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem Regelsatz nach dem SGB XII, der (nur) dem Lebensunterhalt dient, wesentlich Gleiches vorlag, das ungleich behandelt wurde. Vielmehr rechtfertigt die unterschiedliche Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen eine Differenzierung. Hinzu kommt, dass streng nach Bedarfsgesichtspunkten bemessen auch eine noch länger andauernde Abweichung der Regelleistungen begründbar gewesen wäre (vgl. BT-Drucksache 16/99, S. 6, wonach das Verbrauchsniveau und das private Konsumverhalten in Ost und West weiterhin deutliche Unterschiede aufweist).
Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei gemäß § 183 SGG. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 202 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Klotzbücher Wagner Schuler
Gründe:
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das dem Beschwerdeverfahrens zugrunde liegende, anhängig gewesene Hauptsacheverfahren, in welchem er von der Beklagten des Hauptsacheverfahrens (im Folgenden: Beklagte) für November 2006 bis Dezember 2006 um 14,00 EUR monatlich höhere Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) begehrte.
Die Beklagte bewilligte dem am 1959 geborenen Kläger mit Bescheid vom 13.11.2006 Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2007. Bei der Leistungsberechnung ging die Beklagte jeweils bis einschließlich Dezember 2006 von einem monatlichen Regelsatz i.H.v. 331,00 EUR aus. Gegen den Bescheid vom 13.11.2006 legte die Betreuerin des Klägers am 17.11.2006 Widerspruch mit der Begründung ein, dass anstelle eines Regelsatzes von 331,00 EUR ein solcher i.H.v. 345,00 EUR in die Leistungsberechnung habe einfließen müssen. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Festsetzung der Regelsatzhöhe mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2007 zurück, da nach der Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zum SGB XII vom 08.06.2006 (Sächsisches Amtsblatt Nr. 26 vom 29.06.2006) die nach der Sächsischen Regelsatzverordnung vom 14.01.2005 festgelegten Regelsätze unverändert geblieben seien.
Mit der am 14.08.2007 beim Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass nur die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zum 01.07.2006 auf Grundlage der Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe für das Jahr 2003 (EVS 2003), die im Mai 2006 veröffentlicht worden seien, angehoben worden seien. Es seien keinerlei Gründe dafür ersichtlich, weshalb nicht auch der Regelsatz gemäß § 28 Abs. 2 SGB XII ab dem gleichen Zeitpunkt von 331,00 EUR monatlich auf 345,00 EUR monatlich angehoben worden sei. Ebenfalls am 14.08.2007 hat der Kläger unter Beifügung der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen die Bewilligung von PKH beantragt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13.09.2010 abgewiesen und mit dem hier streitgegenständlichem Beschluss vom 01.10.2010 den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt, weil die Klage keine Erfolgsaussicht gehabt habe, wie die Klageabweisung zeige. Zur Begründung der Klageabweisung hat das SG ausgeführt, die angegriffenen Bescheide entsprächen der Rechtsgrundlage, der Sächsischen Regelsatzverordnung. Diese verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Angesichts der Regelung des § 28 Abs. 3 SGB XII, wonach die anhand der bisherigen EVS festgelegten Regelsätze überprüft und ggf. weiterentwickelt werden sollten, sobald die Ergebnisse einer neuen EVS vorlägen, habe es nicht unangemessen lange gedauert, bis die im Mai 2006 publizierten Ergebnisse im Januar 2007 umgesetzt worden seien. Die im 2. Halbjahr 2006 voneinander abweichenden Regelleistungshöhen nach dem SGB II und dem SGB XII verstießen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), da Regelsätze nach dem SGB XII im Unterschied zu den Regelsätzen nach dem SGB II regional hätten geregelt werden sollen, um regionalen Unterschieden gerecht zu werden. Ein Gleichlauf mit den Regelsätzen nach dem SGB II sei danach gerade nicht gewollt gewesen. Eine Differenzierung zwischen den Regelsätzen des SGB II und des SGB XII sei vom Bundesgesetzgeber bewusst in Kauf genommen worden.
Am 18.10.2010 hat der Kläger gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 11.10.2010 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt. Das Gericht habe letztlich die Begründung des Urteils übernommen. Damit werde fehlerhaft der Begriff der hinreichenden Erfolgsaussichten mit dem tatsächlichen Erfolg gleichgesetzt.
Der Kläger beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 01.10.2010 aufzuheben und ihm für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.
Der Beschwerdegegner hat sinngemäß mitgeteilt, der Kläger sei bedürftig im Sinne der PKH, er habe bei gegebenen Erfolgsaussichten keine Zahlungen zu leisten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
Dabei ist nicht entscheidungserheblich, ob in der Hauptsache die Berufung statthaft wäre, da nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem Beschluss vom 18.03.2009 (L 7 B 446/08 AS-PKH) die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der seit dem 01.04.2008 geltenden Fassung nur dann ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat. Daran hat der Senat auch nach den später ergangenen abweichenden Entscheidungen hierzu - insbesondere anderer Senate des Sächsischen Landessozialgerichts (vgl. Beschlüsse vom 25.02.2011 – L 1 KR 214/10 B PKH – und 18.08.2009 - L 2 AS 321/09 B PKH und L 2 AS 352/09 B PKH) - festgehalten. Denn nach Auffassung des Senats bestehen insbesondere weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein Wertungswiderspruch und § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ist nicht entsprechend anzuwenden (vgl. ausführlich Beschluss vom 01.10.2009 - L 7 AS 294/09 B PKH und Beschluss vom 25.01.2010 - L 7 AS 487/09 B PKH). Hieran hat der Gesetzgeber in Bezug auf den Beschwerdeausschluss in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nichts geändert, sondern mit Wirkung vom 11.08.2010 lediglich die Beschwerdemöglichkeit gegen Prozesskostenhilfeentscheidungen in Eilverfahren weiter beschränkt (vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 1 2. HS SGG in der Fassung des Art. 6 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010, BGBl. I S. 1131-1132). Somit ist weiterhin nicht entscheidend, ob ein Ausschluss der Beschwerde mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar wäre (vgl. hierzu z.B. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 25.11.2009 - 1 BvR 2515/09, RdNr. 4). Das Sozialgericht hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ausschließlich auf die fehlende Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung gestützt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG - vgl. z.B. Beschlüsse vom 05.12.2008 - 1 BvR 746/08, RdNr. 63 und 18.11.2009 - 1 BvR 2455/08, RdNr. 9) gebietet Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Verfassungsrechtlich ist es danach zwar nicht zu beanstanden, wenn die Gewährung von PKH davon abhängig gemacht wird, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der PKH vorzuverlagern und dieses gleichsam an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Dies bedeutet zugleich, dass PKH nur verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.
Zudem dürfen nach der ebenso ständigen Rechtsprechung des BVerfG (vgl. z.B. Beschluss vom 14.06.2006 – 2 BvR 626/06 und 2 BvR 656/06, RdNr. 12 sowie Beschluss vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07, RdNr. 23) schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im PKH-Verfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Zwar muss PKH nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Ablehnung der Gewährung kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen fehlender Erfolgsaussichten ihres Begehrens PKH vorzuenthalten.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrags. Nach einem ordnungsgemäßen Antrag auf PKH tritt die Entscheidungsreife regelmäßig nach Vorlage der vollständigen PKH-Unterlagen (Belege im Sinne des § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO) sowie nach Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ein (vgl. z.B. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.09.2007 – 10 C 39/07 u.a., RdNr. 1 m.w.N.). Somit ist die Erfolgsaussicht im Regelfall zu Beginn des Verfahrens zu bewerten (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 05.12.2008, a.a.O., RdNr. 65).
Unter Würdigung der oben dargestellten Grundsätze hatte aber die Klage zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des PKH-Antrags keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im prozesskostenhilferechtlichen Sinne. Zwar kann die Erfolgsaussicht nicht unter Bezugnahme auf den tatsächlich fehlenden Erfolg verneint werden, wie dies das SG in seiner Begründung getan hat. Dennoch fehlt der Klage die hinreichende Erfolgsaussicht, weil die Beklagte im Rahmen der dem Kläger mit Bescheid vom 13.11.2006 und Widerspruchsbescheid vom 22.07.2007 bewilligten Leistungen zu Recht einen Regelsatz i.H.v. 331,00 EUR zugrunde gelegt hat. Insbesondere ist dem Kläger nicht dahingehend zuzustimmen, dass eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vorliege, weil in Sachsen der Regelsatz nach § 28 SGB XII i.V.m. der Sächsischen Regelsatzverordnung erst zum 01.01.2007 von 331,00 EUR auf 345,00 EUR angehoben wurde, wohingegen die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II bereits sechs Monate früher, zum 01.07.2006 in diesem Umfang angehoben wurde und dass deshalb Leistungsempfänger nach dem SGB XII gegenüber Leistungsempfängern nach dem SGB II benachteiligt worden seien.
Zwar erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.03.2006 (BGBl I S. 558) mit Wirkung zum 01.07.2006 die Angleichung der Regelleistungshöhe in Ost und West und damit auf 345,00 EUR monatlich für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II. Zur Begründung hat der Gesetzgeber ausgeführt:
"Zwar weist das Verbrauchsniveau und das private Konsumverhalten in Ost und West weiterhin deutliche Unterschiede auf. Solche Unterschiede bestehen jedoch nicht nur zwischen den alten und den neuen Bundesländern; vielmehr ergeben sich innerhalb des gesamten Bundesgebietes regionale Besonderheiten. Da es sich – anders als bei der Sozialhilfe - um eine Leistung des Bundes handelt, ist es vertretbar, ausschließlich einen einheitlichen Wert auf Westniveau zugrunde zu legen, um auf diese Weise dem Bedarfsdeckungsgrundsatz zu genügen und das soziokulturelle Existenzminimum bundesweit sicherzustellen. Mit dem Gesetzentwurf wird daher die Regelleistung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in den neuen Bundesländern an die Höhe der Regelleistung in den alten Bundesländern angeglichen. Das wichtigste Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die Eingliederung in Arbeit. Deshalb werden hohe Anforderungen an die überregionale Mobilität der Betroffenen gestellt. Eine bundeseinheitliche Regelleistung fördert die Bereitschaft des Einzelnen, eine Tätigkeit im gesamten Bundesgebiet, unabhängig von den bisher regional unterschiedlichen Regelleistungen, aufzunehmen." (BT-Drucksache 16/99, S. 6).
Im Unterschied zum SGB II war und ist in § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB XII geregelt, dass die Landesregierungen durch Rechtsverordnung die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII festsetzen. Nach § 28 Abs. 2 Satz 3 SGB XII in der vom 01.01.2005 bis 06.12.2006 geltenden Fassung durften die Regelsätze in den neuen Bundesländern bis zur Festsetzung im Jahre 2010 bis zu 14,00 EUR unter dem durchschnittlichen Regelsatz der anderen Länder festgesetzt werden. Diese Sonderregelung wurde zum 07.12.2007 abgeschafft (Gesetz vom 02.12.2006, BGBl. I, S.2670). Mit Verordnung vom 19.12.2006 (SächsGVBl S. 559) hat der Landesverordnungsgeber den Regelsatz erst zum 01.01.2007 auf 345,00 EUR festgesetzt.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt hierin jedoch nicht. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dies gilt für ungleiche Belastungen wie für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (vgl. zu alledem insbesondere BVerfG, Urteil vom 15.01.2008 – 1 BvL 2/04; Urteil vom 09.12.2008 – 2 BvL 1/07 u.a. jeweils mit zahlreichen w.N.).
Im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. hierzu z.B. BVerfG, Beschluss vom 14.03.2001 – 1 BvR 1931/96, RdNr. 29) und die unterschiedlichen Zielrichtungen der beiden Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII (s.o.) besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit im prozesskostenhilferechtlichen Sinne dafür, dass der Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber damit, dass er den Regelsatz nach dem SGB XII sechs Monate später als die Regelleistung nach dem SGB II heraufgesetzt hat, den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt hat. Denn ausgehend von den Motiven des Gesetzgebers für die vorgezogene Angleichung der Regelleistung in den neuen Bundesländern, wonach das wichtigste Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Eingliederung in Arbeit ist, weshalb eine bundeseinheitliche Regelleistung die überregionale Mobilität fördern könne (BT-Drucksache 16/99, S. 6), kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem Regelsatz nach dem SGB XII, der (nur) dem Lebensunterhalt dient, wesentlich Gleiches vorlag, das ungleich behandelt wurde. Vielmehr rechtfertigt die unterschiedliche Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen eine Differenzierung. Hinzu kommt, dass streng nach Bedarfsgesichtspunkten bemessen auch eine noch länger andauernde Abweichung der Regelleistungen begründbar gewesen wäre (vgl. BT-Drucksache 16/99, S. 6, wonach das Verbrauchsniveau und das private Konsumverhalten in Ost und West weiterhin deutliche Unterschiede aufweist).
Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei gemäß § 183 SGG. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 202 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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