Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 314/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 24/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zugunsten der Klägerin Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die dabei erzielten Entgelte festzustellen sind.
Die 1942 geborene Klägerin erwarb mit Urkunde der Agraringenieurschule W. vom 26. Oktober 1972 das Recht, die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" zu führen. Nach ihrem Sozialversicherungsausweis (SVA) arbeitete sie zu diesem Zeitpunkt im VVB Saat- und Pflanzgut Q ... Nach den Eintragungen im Register der volkseigenen Wirtschaft (HRC 110-08-452) endete die Rechtsfähigkeit des VVB zum 31. Dezember 1987. Rechtsnachfolger war das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q ... Aus einem Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 14. März 1990 ergibt sich, dass Beschäftigungsbetrieb der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q. war. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung trat die Klägerin mit Wirkung zum 1. Juni 1973 bei. Eine Zusatzversorgungszusage erhielt sie nicht.
Nachdem die Klägerin bereits im Jahre 2002 erfolglos versucht hatte, Zeiten der Zugehörigkeit zu der AVItech festgestellt zu bekommen (Bescheid vom 26. Februar 2003, Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2003, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg (SG) vom 9. August 2004, Az: S 10 RA 486/03; Berufungsrücknahme durch die Klägerin am 2. Februar 2006, Az: L 1 RA 287/04), beantragte sie am 17. Dezember 2007 bei der Beklagten erneut die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diese wertete den Antrag als Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) und lehnte ihn mit Bescheid vom 15. Februar 2008 ab, da weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Den dagegen am 21. Februar 2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2008 zurück.
Am 12. Juni 2008 hat die Klägerin Klage bei dem SG erhoben. Sie sei bis Ende August 1990 in einer Vereinigung Volkseigener Betriebe beschäftigt gewesen, die den Produktionsbetrieben gleichgestellt gewesen sei. Ihr Beschäftigungsbetrieb habe auch Massengüter industriell gefertigt, hergestellt bzw. produziert. Zum 1. Januar 1988 sei lediglich eine Umbenennung erfolgt, ohne dass sich die volkswirtschaftlichen Aufgaben verändert hätten. Es sei außerdem nicht nachvollziehbar, dass ehemaligen Kollegen die Zusatzversorgung zuerkannt worden sei. Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei, da er innerhalb der Systematik der Volkswirtschaftszweige der Wirtschaftsgruppe 61131 zugeordnet gewesen sei. In dieser Gruppe seien wirtschaftsleitende Organe der Landwirtschaft eingeordnet gewesen. Mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine Versorgungsanwartschaft habe nicht eintreten können, weil der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin im Juni 1990 nicht von der AVItech erfasst worden sei.
Gegen den ihr am 10. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Januar 2009 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Januar 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 aufzuheben und die Beschäftigungszeit vom 1. Oktober 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Januar 2009 zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend und verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur fiktiven Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem nicht folgt.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte verwiesen. Insbesondere lagen in der Verwaltungsakte der Beklagten die umfangreichen in dem ersten Verfahren der Klägerin beigezogenen Unterlagen zu dem Beschäftigungsbetrieb vor.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Sowohl der Ausgangsbescheid der Beklagten vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 als auch der Bescheid vom 15. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2008 sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Nachdem der Bescheid vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 durch die Berufungsrücknahme unanfechtbar geworden ist, besteht ein Anspruch auf eine Änderung zugunsten der Klägerin nur nach Maßgabe des § 44 SGB X. Hierzu muss sich im Einzelfall ergeben, dass das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Bei Erlass des Ausgangsbescheides wurde das Recht richtig angewandt. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Zeit vom 1. Oktober 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) festgestellt wird. Sie unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil sie weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).
Die Klägerin erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihr von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist sie aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in ihrem Falle nicht stattgefunden.
Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12; nunmehr BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 22, 23). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht nahelegt. Es ist deshalb nicht notwendig, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az: B 10 EG 1/08 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 19).
Selbst wenn man bei Anknüpfung an den Wortlaut wegen des verwendeten Begriffs "Zugehörigkeit" zu einem Verständnis der Norm gelangen würde, welches nicht allein auf die tatsächliche Einbeziehung abstellt (so nunmehr der 5. Senat des BSG, der die fiktive Einbeziehung bereits mit dem Wortlaut begründet, siehe Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 23, 24, 27), verbietet sich dieses Ergebnis bei Berücksichtigung der weiteren Auslegungskriterien (Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Systematik, siehe zu den Auslegungskriterien z. B. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1999, Az: 1 BvL 25/97, dokumentiert in juris). Bereits nach der Auffassung des früheren 4. Senats des BSG waren dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG nur zwei Tatbestände zu entnehmen, die zu einer Anwendbarkeit des AAÜG führen. Entweder war der Betreffende tatsächlich Inhaber einer Versorgungsanwartschaft oder er hatte diese durch Ausscheiden vor dem Leistungsfall wieder verloren (BSG, Urteil vom 23. August 2007, Az: B 4 RS 3/06 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 17, 16).
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Es trifft auch nicht zu, dass bereits durch den EVertr das Neueinbeziehungsverbot modifiziert worden ist (so aber BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 22). In Art. 17 EVertr wurde die Absicht bekräftigt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um Personen, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen Entscheidung geworden sind, rehabilitieren zu können. Hier ist schon fraglich, ob einer bloßen Absichtserklärung überhaupt ein Regelungsinhalt entnommen werden kann. Darüber hinaus ist dem Wortlaut von Art. 17 EVertr nicht zu entnehmen, wie die Rehabilitierung im Einzelfall erfolgen sollte und insbesondere auch nicht, dass diese unter Durchbrechung des Neueinbeziehungsverbotes durch Einbeziehung in ein Versorgungssystem möglich sein sollte. Dementsprechend ergeben sich aus dem Rehabilitierungsgesetz vom 6. September 1990 (RehabG, GBl. I S. 1459) Hinweise, dass das Neueinbeziehungsverbot auch bei Rehabilitierungsmaßnahmen zu berücksichtigen war (zur Heranziehung des RehabG zum Verständnis des Art. 17 EVertr siehe Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Januar 1999, Az: 3 C 5/98, dokumentiert in juris, dort Rdnr. 21). Nach § 9 Nr. 2 RehabG waren nämlich Zeiten des Freiheitsentzuges bei einem Rehabilitierten nur dann als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anzurechnen, wenn er vor Beginn des Freiheitsentzuges dem Zusatzversorgungssystem angehörte. Es geht also nicht um eine Neueinbeziehung, sondern um die Feststellung weiterer Zeiten, vergleichbar der Regelung des § 5 Abs. 2 AAÜG. Auch dem Wortlaut von Art. 19 Satz 2 EVertr ist eine Modifizierung des Neueinbeziehungsverbots nicht zu entnehmen. Darüber hinaus behandelt er, soweit danach untergegangene Versorgungszusagen wieder aufleben können (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, a. a. O.), keine Fälle der Neu-, sondern der Wiedereinbeziehung. Art. 17 EVertr und Art. 19 EVertr lassen damit nur Schlussfolgerungen für die Fälle zu, in denen bereits, im Gegensatz zu der fiktiven Einbeziehung nach der Rechtsprechung des BSG, eine durch Zusage oder dergleichen dokumentierte Beziehung zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem vorlag.
Den Senat überzeugt nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. M. B., BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009).
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, Az: 1 BvR 1921/04 u. a., dokumentiert in juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007, Az: 1 BvF 1/05, dokumentiert in juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
II.
Nach der Rechtsprechung des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die kumulativ vorliegen müssen (siehe BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 32),
von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),
von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung),
und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Damit das AAÜG anwendbar ist, müssen diese Voraussetzungen am 30. Juni 1990 vorgelegen haben (BSG, a. a. O., Rdnr. 17).
Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte die Klägerin am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist.
Ein Indiz dafür, ob es sich bei dem betreffenden volkseigenen Betrieb um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat, lässt sich aus der Zuordnung zu einem bestimmten Fachministerium entnehmen (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 6, S. 47, 48). Allerdings spricht nicht allein der Umstand, dass der Betrieb nicht direkt einem Industrieministerium unterstellt war, bereits dafür, dass es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2006, Az: B 4 RA 57/03 R, SozR 4-8570 § 1 AAÜG, Nr. 3, Rdnr. 16). Außerdem können dem Statut des Betriebes, soweit dort Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebes enthalten sind, Anhaltspunkte dafür entnommen werden, ob es sich um einen Produktionsbetrieb der Industrie handelte (BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 10/02 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 5, S. 34). Soweit danach eine Zuordnung nicht eindeutig möglich ist, kommt es darauf an, ob die industrielle Produktion dem VEB das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war (BSG, a. a. O., S. 35). Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004, Az: B 4 RA 11/04 R, dokumentiert in Juris). Das BSG setzt industriell und serienmäßig wiederkehrend dabei ausdrücklich gleich (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, Az: B 4 RA 14/03 R, dokumentiert in Juris, dort Rdnr. 28).
Ob die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer Arbeitgeber im rechtlichen Sinn war (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, Az: B 4 RA 20/03 R, SozR 4-8570, § 1 AAÜG, Nr. 2, Rdnr. 31). Arbeitgeber der Klägerin im Juni 1990 war das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q. und nicht die VVB Saat- und Pflanzgut Q ... Dies ergibt sich daraus, dass letztere ihre Rechtsfähigkeit bereits Ende 1987 verloren hatte und das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q. Rechtsnachfolger geworden war. Der VVB ist auch nicht bloß umbenannt worden, sondern rechtlich vollständig untergegangen.
Bereits die Unterordnung des VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q. unter das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft B. spricht dagegen, dass es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin um einen Betrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt hat. Die innerhalb der Systematik der Volkswirtschaftszweige erfolgte Zuordnung des Beschäftigungsbetriebes zu der Wirtschaftsgruppe 61131 spricht ebenfalls dagegen (Landwirtschaft). Auch durch § 1 des Statuts des VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft vom 31. Dezember 1987 wird bestätigt, dass der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin nicht zu dem Bereich der Industrie oder des Bauwesens zählte. Danach war er das wirtschaftsleitende Organ des Ministeriums für die Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft für die Saatgutwirtschaft der DDR. Bei den in § 2 des Statuts beschriebenen Aufgaben des Kombinats findet sich an keiner Stelle die Angabe, dass das Kombinat selber die Produktion von Massengütern durchgeführt hätte. Vielmehr hatte es eine Vielzahl von Querschnittsaufgaben, die der Leitung und Unterstützung der kombinatsangehörigen Betriebe dienten. Es sollte in Verbindung mit der Produktion nur die schnelle Überleitung des züchterischen Fortschritts in die Produktion sichern (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Statuts), eine bedarfsgerechte und effektive Saatgut- und Pflanzenproduktion organisieren (§ 2 Abs. 2 Buchst. f) des Statuts) und den Bau von saatbauspezifischen Rationalisierungsmitteln organisieren und leiten (§ 2 Abs. 2 Buchst. i) des Statuts). Für eine eigene originäre Produktionsaufgabe des VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft finden sich keine Hinweise.
Das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB.
Ein Kombinat war keine in § 1 Abs. 2 der 2. DB aufgeführte Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB). VVB wurden von den Kombinaten begrifflich und rechtlich unterschieden (siehe §§ 34 ff. der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973, GBl. DDR I S. 129, VEB-V. zu den VVB; zu den Kombinaten siehe §§ 2 ff. der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979, GBl. DDR I S. 355, KombinatsVO). Die Regelungen zu den VVB aus der VEB-V. wurden durch die KombinatsVO nicht außer Kraft gesetzt (siehe § 43 Abs. 2 KombinatsVO). Daher gab es auch im Juni 1990 noch ein Nebeneinander der juristischen Personen Kombinat und VVB.
Kombinate hingegen sind in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht genannt. Gleichgestellt sind nur solche "Einrichtungen", die in § 1 Abs. 2 der 2. DB abschließend aufgeführt sind (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, Az: B 4 RA 23/04 R, Soz-R 4-8570 § 1 AAÜG, Nr. 6, S. 31). Einer Analogie ist der Text der 2. DB nicht zugänglich. Der Einigungsvertrag hat grundsätzlich nur die Überführung bestehender Versorgungsansprüche und anwartschaften von "Einbezogenen" in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich untersagt.
Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten der Klägerin beeinflusst, dass die Beklagte möglicherweise in vergleichbaren Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech festgestellt hat. Selbst bei gleicher Sachlage könnte die Klägerin sich nicht darauf berufen. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979, Az: 1 BvL 25/77, BVerfGE 50, 142, 166).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob zugunsten der Klägerin Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die dabei erzielten Entgelte festzustellen sind.
Die 1942 geborene Klägerin erwarb mit Urkunde der Agraringenieurschule W. vom 26. Oktober 1972 das Recht, die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" zu führen. Nach ihrem Sozialversicherungsausweis (SVA) arbeitete sie zu diesem Zeitpunkt im VVB Saat- und Pflanzgut Q ... Nach den Eintragungen im Register der volkseigenen Wirtschaft (HRC 110-08-452) endete die Rechtsfähigkeit des VVB zum 31. Dezember 1987. Rechtsnachfolger war das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q ... Aus einem Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 14. März 1990 ergibt sich, dass Beschäftigungsbetrieb der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q. war. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung trat die Klägerin mit Wirkung zum 1. Juni 1973 bei. Eine Zusatzversorgungszusage erhielt sie nicht.
Nachdem die Klägerin bereits im Jahre 2002 erfolglos versucht hatte, Zeiten der Zugehörigkeit zu der AVItech festgestellt zu bekommen (Bescheid vom 26. Februar 2003, Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2003, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg (SG) vom 9. August 2004, Az: S 10 RA 486/03; Berufungsrücknahme durch die Klägerin am 2. Februar 2006, Az: L 1 RA 287/04), beantragte sie am 17. Dezember 2007 bei der Beklagten erneut die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diese wertete den Antrag als Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) und lehnte ihn mit Bescheid vom 15. Februar 2008 ab, da weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Den dagegen am 21. Februar 2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2008 zurück.
Am 12. Juni 2008 hat die Klägerin Klage bei dem SG erhoben. Sie sei bis Ende August 1990 in einer Vereinigung Volkseigener Betriebe beschäftigt gewesen, die den Produktionsbetrieben gleichgestellt gewesen sei. Ihr Beschäftigungsbetrieb habe auch Massengüter industriell gefertigt, hergestellt bzw. produziert. Zum 1. Januar 1988 sei lediglich eine Umbenennung erfolgt, ohne dass sich die volkswirtschaftlichen Aufgaben verändert hätten. Es sei außerdem nicht nachvollziehbar, dass ehemaligen Kollegen die Zusatzversorgung zuerkannt worden sei. Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei, da er innerhalb der Systematik der Volkswirtschaftszweige der Wirtschaftsgruppe 61131 zugeordnet gewesen sei. In dieser Gruppe seien wirtschaftsleitende Organe der Landwirtschaft eingeordnet gewesen. Mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine Versorgungsanwartschaft habe nicht eintreten können, weil der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin im Juni 1990 nicht von der AVItech erfasst worden sei.
Gegen den ihr am 10. Januar 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Januar 2009 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Januar 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 aufzuheben und die Beschäftigungszeit vom 1. Oktober 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Januar 2009 zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend und verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur fiktiven Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem nicht folgt.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte verwiesen. Insbesondere lagen in der Verwaltungsakte der Beklagten die umfangreichen in dem ersten Verfahren der Klägerin beigezogenen Unterlagen zu dem Beschäftigungsbetrieb vor.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Sowohl der Ausgangsbescheid der Beklagten vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 als auch der Bescheid vom 15. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2008 sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Nachdem der Bescheid vom 26. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2003 durch die Berufungsrücknahme unanfechtbar geworden ist, besteht ein Anspruch auf eine Änderung zugunsten der Klägerin nur nach Maßgabe des § 44 SGB X. Hierzu muss sich im Einzelfall ergeben, dass das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Bei Erlass des Ausgangsbescheides wurde das Recht richtig angewandt. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Zeit vom 1. Oktober 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) festgestellt wird. Sie unterfällt nicht dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, weil sie weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung der AVItech (Zusatzvorsorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) angehörte.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 11).
Die Klägerin erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihr von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist sie aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in ihrem Falle nicht stattgefunden.
Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, dass der Senat nicht der Rechtsprechung des BSG folgt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (siehe unter I.), da auch die dafür vom BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (II.).
I.
Der Senat ist zum einen nicht der Auffassung, dass das AAÜG den Kreis der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen erweitert und das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 12; nunmehr BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 22, 23). Erst diese Annahme führt jedoch zu einer vom BSG behaupteten Ungleichbehandlung ("Wertungswiderspruch"), die durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu korrigieren sei. Zum anderen ist der Senat der Ansicht, dass, wenn die Annahme des BSG tatsächlich zutreffen sollte und mit dem AAÜG der einbezogene Personenkreis erweitert worden ist, zumindest keine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, da die behauptete Ungleichbehandlung zu rechtfertigen wäre. Im Übrigen hätte das Bundessozialgericht wegen des von ihm unterstellten "Wertungswiderspruchs" keine erweiternde Auslegung vornehmen dürfen, sondern eine konkrete Normenkontrolle an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) veranlassen müssen. Denn die vom Bundessozialgericht vorgenommene Rechtsfortbildung überschreitet nach Auffassung des erkennenden Senats die sich aus Art. 20 Abs. 2 und 3 GG ergebenden Grenzen der richterlichen Entscheidungsbefugnis, weil der Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG die vom BSG vorgenommene Interpretation nicht nahelegt. Es ist deshalb nicht notwendig, die bei einem unklaren oder nicht eindeutigen Wortlaut heranzuziehenden einschlägigen Auslegungskriterien anzuwenden (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, Az: B 10 EG 1/08 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 19).
Selbst wenn man bei Anknüpfung an den Wortlaut wegen des verwendeten Begriffs "Zugehörigkeit" zu einem Verständnis der Norm gelangen würde, welches nicht allein auf die tatsächliche Einbeziehung abstellt (so nunmehr der 5. Senat des BSG, der die fiktive Einbeziehung bereits mit dem Wortlaut begründet, siehe Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 23, 24, 27), verbietet sich dieses Ergebnis bei Berücksichtigung der weiteren Auslegungskriterien (Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Systematik, siehe zu den Auslegungskriterien z. B. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1999, Az: 1 BvL 25/97, dokumentiert in juris). Bereits nach der Auffassung des früheren 4. Senats des BSG waren dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG nur zwei Tatbestände zu entnehmen, die zu einer Anwendbarkeit des AAÜG führen. Entweder war der Betreffende tatsächlich Inhaber einer Versorgungsanwartschaft oder er hatte diese durch Ausscheiden vor dem Leistungsfall wieder verloren (BSG, Urteil vom 23. August 2007, Az: B 4 RS 3/06 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 17, 16).
In den Gesetzesmaterialien findet sich kein Hinweis dafür, dass durch das AAÜG außer den Personen, die durch einen nach Art. 19 EVertr bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 11), weitere Personen einbezogen werden sollten (siehe BTDrs. 12/405, S. 113, 146; BTDrs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BTDrs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BTDrs. 12/405, S. 113). Aus der weiteren Gesetzesbegründung ist jedoch ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechnung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelüberprüfung und der Kostenerstattung durch den Bund beziehen (a. a. O., S. 113, 114). Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Auch bei der Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (BTDrs. 12/405, S. 146).
Es trifft auch nicht zu, dass bereits durch den EVertr das Neueinbeziehungsverbot modifiziert worden ist (so aber BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 22). In Art. 17 EVertr wurde die Absicht bekräftigt, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um Personen, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme oder sonst einer rechtsstaats- und verfassungswidrigen gerichtlichen Entscheidung geworden sind, rehabilitieren zu können. Hier ist schon fraglich, ob einer bloßen Absichtserklärung überhaupt ein Regelungsinhalt entnommen werden kann. Darüber hinaus ist dem Wortlaut von Art. 17 EVertr nicht zu entnehmen, wie die Rehabilitierung im Einzelfall erfolgen sollte und insbesondere auch nicht, dass diese unter Durchbrechung des Neueinbeziehungsverbotes durch Einbeziehung in ein Versorgungssystem möglich sein sollte. Dementsprechend ergeben sich aus dem Rehabilitierungsgesetz vom 6. September 1990 (RehabG, GBl. I S. 1459) Hinweise, dass das Neueinbeziehungsverbot auch bei Rehabilitierungsmaßnahmen zu berücksichtigen war (zur Heranziehung des RehabG zum Verständnis des Art. 17 EVertr siehe Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Januar 1999, Az: 3 C 5/98, dokumentiert in juris, dort Rdnr. 21). Nach § 9 Nr. 2 RehabG waren nämlich Zeiten des Freiheitsentzuges bei einem Rehabilitierten nur dann als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anzurechnen, wenn er vor Beginn des Freiheitsentzuges dem Zusatzversorgungssystem angehörte. Es geht also nicht um eine Neueinbeziehung, sondern um die Feststellung weiterer Zeiten, vergleichbar der Regelung des § 5 Abs. 2 AAÜG. Auch dem Wortlaut von Art. 19 Satz 2 EVertr ist eine Modifizierung des Neueinbeziehungsverbots nicht zu entnehmen. Darüber hinaus behandelt er, soweit danach untergegangene Versorgungszusagen wieder aufleben können (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, a. a. O.), keine Fälle der Neu-, sondern der Wiedereinbeziehung. Art. 17 EVertr und Art. 19 EVertr lassen damit nur Schlussfolgerungen für die Fälle zu, in denen bereits, im Gegensatz zu der fiktiven Einbeziehung nach der Rechtsprechung des BSG, eine durch Zusage oder dergleichen dokumentierte Beziehung zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem vorlag.
Den Senat überzeugt nicht, dass aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auf eine Modifizierung des Verbots der Neueinbeziehung zu schließen sei (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12). In den Gesetzesmaterialien findet sich nämlich kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Der Gesetzgeber benutzt im Gegenteil auch zur Beschreibung des Personenkreises des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, der auch nach Ansicht des BSG konkret einbezogen war (BSG, a. a. O., S. 12), den Terminus "Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" (BTDrs. 12/826, S. 21) und nicht etwa "Einbeziehung in ein Versorgungssystem".
Der Gesetzgeber ging auch nicht davon aus, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochene Personengruppe eine Erweiterung der "potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten" Personen darstellt. Ursprünglich war Satz 2 in der Gesetzesvorlage nicht enthalten (BTDrs. 12/405, S. 77). Erst in den Ausschussberatungen wurde dann die Anfügung des Satzes 2 empfohlen (BTDrs. 12/786, S. 139). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass diese Anfügung nur eine Klarstellung bedeute (BTDrs. 12/826, S. 21). Der Gesetzgeber nahm also an, dass diese Personengruppe ohnehin von Satz 1 und vom Überführungsauftrag des EVertr umfasst ist.
Im Übrigen hat auch die Bundesregierung mehrfach betont, dass das AAÜG nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nur anwendbar sein sollte, wenn eine ausdrückliche Versorgungszusage vorliegt (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BTDrs. 16/11127 vom 28. November 2008; Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Franz-Josef Lersch-Mense auf eine Frage der Abgeordneten Dr. M. B., BTDrs. 16/13916 vom 21. August 2009).
Auch mit einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (über den Wortlaut hinaus) lässt sich ein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung nicht begründen (so aber BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R, a. a. O., S. 12).
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist jedoch nicht jede Differenzierung ausgeschlossen. Das Grundrecht wird jedoch verletzt, wenn eine Gruppe von Rechtsanwendungsbetroffenen anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (z. B. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2005, Az: 1 BvR 1921/04 u. a., dokumentiert in juris, Rdnr. 36).
Für den Senat ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb das BSG der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, also der Personen, die irgendwann vor dem 30. Juni 1990 (aber nicht am 30. Juni 1990) konkret einbezogen waren (BSG, a. a. O.), die Personengruppe gegenüberstellt, die nie konkret einbezogen war, aber zumindest am 30. Juni 1990 nach den Regeln der Versorgungssysteme alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatte. Verfassungsrechtlich relevant ist nämlich nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem (z. B. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007, Az: 1 BvF 1/05, dokumentiert in juris, Rdnr. 89). Hier unterscheiden sich jedoch die Tatbestände in wesentlichen Gesichtspunkten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft nämlich an ein in der Vergangenheit verliehenes Versorgungsprivileg an, welches ein Bedürfnis nach der im AAÜG vorgesehenen Sonderprüfung der Rentenwirksamkeit erzielter Arbeitsentgelte anzeigt. Bei Personen, die nie in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, besteht ein solches Bedürfnis hingegen nicht.
Richtiger wäre es nach Ansicht des Senats ohnehin, der Personengruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als Vergleichsgruppe die Personen gegenüberzustellen, die nicht konkret einbezogen waren, irgendwann vor dem – aber nicht am – 30. Juni 1990 jedoch alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatten.
Das Bundesverfassungsgericht führt zum Vergleich dieser Personengruppen aus (Beschluss vom 26. Oktober 2005, a. a. O., Rdnr. 45):
"Der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten (vgl. BTDrs. 12/826, S. 21). Der hier in Frage stehende Personenkreis (gemeint ist der Personenkreis, der irgendwann vor dem 30. Juni 1990, aber nicht am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für die Einbeziehung erfüllt hatte) hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der Deutschen Demokratischen Republik zu keinem Zeitpunkt inne. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der Deutschen Demokratischen Republik der Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung offen, war dort allerdings - anders als in vielen Systemen der Zusatzversorgung - mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu untersagen."
Die gleichen Überlegungen gelten für einen Vergleich zwischen den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG betroffenen Personen und denjenigen, die nach der Rechtsprechung des BSG vom fiktiven Anspruch profitieren sollen. Auch die fiktiv in den Anwendungsbereich des AAÜG Einbezogenen hatten zu Zeiten der DDR keine Rechtsposition inne, die ihnen einen Zugang zu einer zusätzlichen Altersversorgung aus einem Zusatzversorgungssystem ermöglicht hätte. Auch ihnen stand die Möglichkeit offen, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten. Diese Punkte lässt das BVerfG genügen, um eine Ungleichbehandlung mit den von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen zu rechtfertigen. Dasselbe muss dann auch bei einem Vergleich der von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG erfassten Personen und den Personen gelten, die am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem erfüllt hatten.
II.
Nach der Rechtsprechung des BSG hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844, VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. I S. 487, 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die kumulativ vorliegen müssen (siehe BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az: B 5 RS 3/09 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 32),
von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),
von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung),
und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Damit das AAÜG anwendbar ist, müssen diese Voraussetzungen am 30. Juni 1990 vorgelegen haben (BSG, a. a. O., Rdnr. 17).
Bei Beachtung dieser Voraussetzungen hatte die Klägerin am 1. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech, da die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt ist.
Ein Indiz dafür, ob es sich bei dem betreffenden volkseigenen Betrieb um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat, lässt sich aus der Zuordnung zu einem bestimmten Fachministerium entnehmen (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 6, S. 47, 48). Allerdings spricht nicht allein der Umstand, dass der Betrieb nicht direkt einem Industrieministerium unterstellt war, bereits dafür, dass es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2006, Az: B 4 RA 57/03 R, SozR 4-8570 § 1 AAÜG, Nr. 3, Rdnr. 16). Außerdem können dem Statut des Betriebes, soweit dort Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebes enthalten sind, Anhaltspunkte dafür entnommen werden, ob es sich um einen Produktionsbetrieb der Industrie handelte (BSG, Urteil vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 10/02 R, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 5, S. 34). Soweit danach eine Zuordnung nicht eindeutig möglich ist, kommt es darauf an, ob die industrielle Produktion dem VEB das Gepräge gegeben hat, ob diese also überwiegend und vorherrschend war (BSG, a. a. O., S. 35). Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R, SozR 3–8570 § 1 Nr. 6 S. 47; Urteil vom 27. Juli 2004, Az: B 4 RA 11/04 R, dokumentiert in Juris). Das BSG setzt industriell und serienmäßig wiederkehrend dabei ausdrücklich gleich (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, Az: B 4 RA 14/03 R, dokumentiert in Juris, dort Rdnr. 28).
Ob die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer Arbeitgeber im rechtlichen Sinn war (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, Az: B 4 RA 20/03 R, SozR 4-8570, § 1 AAÜG, Nr. 2, Rdnr. 31). Arbeitgeber der Klägerin im Juni 1990 war das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q. und nicht die VVB Saat- und Pflanzgut Q ... Dies ergibt sich daraus, dass letztere ihre Rechtsfähigkeit bereits Ende 1987 verloren hatte und das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q. Rechtsnachfolger geworden war. Der VVB ist auch nicht bloß umbenannt worden, sondern rechtlich vollständig untergegangen.
Bereits die Unterordnung des VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft Q. unter das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft B. spricht dagegen, dass es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb der Klägerin um einen Betrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt hat. Die innerhalb der Systematik der Volkswirtschaftszweige erfolgte Zuordnung des Beschäftigungsbetriebes zu der Wirtschaftsgruppe 61131 spricht ebenfalls dagegen (Landwirtschaft). Auch durch § 1 des Statuts des VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft vom 31. Dezember 1987 wird bestätigt, dass der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin nicht zu dem Bereich der Industrie oder des Bauwesens zählte. Danach war er das wirtschaftsleitende Organ des Ministeriums für die Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft für die Saatgutwirtschaft der DDR. Bei den in § 2 des Statuts beschriebenen Aufgaben des Kombinats findet sich an keiner Stelle die Angabe, dass das Kombinat selber die Produktion von Massengütern durchgeführt hätte. Vielmehr hatte es eine Vielzahl von Querschnittsaufgaben, die der Leitung und Unterstützung der kombinatsangehörigen Betriebe dienten. Es sollte in Verbindung mit der Produktion nur die schnelle Überleitung des züchterischen Fortschritts in die Produktion sichern (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Statuts), eine bedarfsgerechte und effektive Saatgut- und Pflanzenproduktion organisieren (§ 2 Abs. 2 Buchst. f) des Statuts) und den Bau von saatbauspezifischen Rationalisierungsmitteln organisieren und leiten (§ 2 Abs. 2 Buchst. i) des Statuts). Für eine eigene originäre Produktionsaufgabe des VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft finden sich keine Hinweise.
Das VE Kombinat Pflanzenzüchtung und Saatgutwirtschaft war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB.
Ein Kombinat war keine in § 1 Abs. 2 der 2. DB aufgeführte Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB). VVB wurden von den Kombinaten begrifflich und rechtlich unterschieden (siehe §§ 34 ff. der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973, GBl. DDR I S. 129, VEB-V. zu den VVB; zu den Kombinaten siehe §§ 2 ff. der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979, GBl. DDR I S. 355, KombinatsVO). Die Regelungen zu den VVB aus der VEB-V. wurden durch die KombinatsVO nicht außer Kraft gesetzt (siehe § 43 Abs. 2 KombinatsVO). Daher gab es auch im Juni 1990 noch ein Nebeneinander der juristischen Personen Kombinat und VVB.
Kombinate hingegen sind in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht genannt. Gleichgestellt sind nur solche "Einrichtungen", die in § 1 Abs. 2 der 2. DB abschließend aufgeführt sind (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, Az: B 4 RA 23/04 R, Soz-R 4-8570 § 1 AAÜG, Nr. 6, S. 31). Einer Analogie ist der Text der 2. DB nicht zugänglich. Der Einigungsvertrag hat grundsätzlich nur die Überführung bestehender Versorgungsansprüche und anwartschaften von "Einbezogenen" in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich untersagt.
Die Entscheidung wird auch nicht dadurch zu Gunsten der Klägerin beeinflusst, dass die Beklagte möglicherweise in vergleichbaren Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech festgestellt hat. Selbst bei gleicher Sachlage könnte die Klägerin sich nicht darauf berufen. Denn auf eine rechtswidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979, Az: 1 BvL 25/77, BVerfGE 50, 142, 166).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.
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