Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 R 405/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 492/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 16. November 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Die am ... 1955 geborene Klägerin absolvierte von 1968 bis 1970 eine Ausbildung zur Köchin. Danach war sie als Produktionsarbeiterin, Tier- bzw. Viehpflegerin und zuletzt bis 30. April 1992 als Verkäuferin beschäftigt. Im Anschluss war sie bis zum 18. April 1995 wegen Arbeitslosigkeit pflichtversichert – unterbrochen durch eine erfolgreich abgeschlossene versicherungspflichtige Umschulung zur Hotelfachfrau vom 1. März 1993 bis zum 26. Januar 1995, während der sie Unterhaltsgeld erhielt. Vom 19. April 1995 bis zum 14. August 1995 enthält das Versicherungskonto eine Lücke. Anschließend sind vom 15. August 1995 bis zum 25. März 1996 weitere Pflichtbeitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit gespeichert, denen eine erneute Lücke vom 26. März 1996 bis zum 28. Juli 1996 folgt. Vom 20. Juni 1996 bis zum 31. Mai 1997 hielt sich die Klägerin nach eigenen Angaben in Spanien (Teneriffa) auf und ist einer nicht versicherungspflichtigen Maklertätigkeit nachgegangen. Ausweislich des Versicherungskontos bei der Beklagten war die Klägerin vom 29. Juli 1996 bis zum 19. August 1996 nochmals wegen Arbeitslosigkeit pflichtversichert. Vom 20. August 1996 bis zum 12. August 1997 meldete sie sich weiter Arbeit suchend. Nach dem 12. August 1997 sind keine Zeiten gespeichert. Für die Monate Oktober und November 1997 legte die Klägerin Entgeltabrechnungen vor. Aus diesen ergibt sich, dass keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt wurden.
Am 4. Dezember 2001 beantragte die Klägerin eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung gab sie an, seit dem 1. Juli 1998 wegen mehrerer Gesundheitsstörungen erwerbsgemindert zu sein. Die Beklagte holte zunächst einen Befundbericht der Fachärztin f. Allgemeinmedizin Gedai vom 21. April 2002 ein und veranlasste sodann ein neurologischpsychiatrisches Gutachten der Fachärztin f. Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 25. September 2002 nach Untersuchung der Klägerin am 17. September 2002 sowie ein internistisches Gutachten des Facharztes. für Innere Medizin Dr. H. vom 6. Oktober 2002 nach Untersuchung vom 28. September 2002. Dr. D. stellte die Diagnosen Migräne, schmerzmittelinduzierter Dauerkopfschmerz und anankastischaggressivgehemmte Persönlichkeitsstruktur. Die Klägerin sei dringend psychotherapiebedürftig, um negative Lebenserfahrungen aufzuarbeiten. Nach einer fachspezifischen Kopfschmerztherapie in einer Schmerzklinik sei sie uneingeschränkt beruflich einsetzbar. Dr. H. diagnostizierte chronische Infekte der Atemwege sowie Migräne. Aus internistischer Sicht sei die Klägerin für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit ausreichend belastbar. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 mit der Begründung ab, die Klägerin sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie in ihrem bisherigen Beruf als Verkäuferin mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Dagegen legte die Klägerin am 11. November 2002 Widerspruch ein und trug vor, die Beklagte habe ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht vollständig ermittelt. Bei geringster Anstrengung bekomme sie Schmerzanfälle und könne dann nur noch liegen. Während des Widerspruchsverfahrens fanden mehrere Operationen statt, u. a. am 21. Januar 2003 wegen einer unklaren Raumforderung der Keilbeinhöhle rechts in der Klinik für HNO-Heilkunde der Martin-Luther-Universität H.-W., am 27. November 2003 wegen chronischer Pansinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen), Septumdeviation (seitliche Abweichung bzw. Verbiegung der Nasenscheidewand) und Muschelhyperplasie (Muschelvergrößerung) sowie am 18. Mai 2004 eine ambulante Septumrevision (beides im Unfallkrankenhaus B.). Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es hätten sich keine weiteren Einschränkungen des festgestellten Leistungsvermögens ergeben.
Dagegen hat die Klägerin am 25. April 2005 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Sie leide an einem Hirntumor, der wegen seiner Lage operativ nicht vollständig entfernt werden könne. Wegen des ständigen Wachstums des Tumors müsse sie sich dauernd weiteren Operationen unterziehen. Sie leider weiterhin unter Tinnitus, Kreislaufstörungen, Schwindelanfällen, ständigen Kopfschmerzen mit extremen Schmerzanfällen, Beeinträchtigungen des Sehvermögens des rechten Auges sowie Angstzuständen. Sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen problematisch seien, stehe ihr wegen eines Beratungsfehlers des damaligen Arbeitsamtes ein Wiederherstellungsanspruch gegen die Beklagte zu. Mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Ausgehend von der Rentenantragstellung im Dezember 2001 seien für den Zeitraum Dezember 1996 bis Dezember 2001 überhaupt keine Pflichtbeiträge im Versicherungskonto der Klägerin gespeichert. Eine Schließung dieser Lücke sei nicht möglich. Es habe kein Beratungsfehler der seinerzeitigen Bundesanstalt für Arbeit vorgelegen. Vielmehr sei sie mit Schreiben vom 25. November 1997 ausführlich informiert worden. Auch für den von der Klägerin geltend gemachten früheren Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls am 1. Juli 1998 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da lediglich 32 Monate mit Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor diesem fiktiven Leistungsfall vorlägen.
Gegen den ihr am 23. November 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Dezember 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ergänzend und vertiefend trägt sie vor, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien in ihrem Fall sehr wohl gegeben. Von 1993 bis 1996 lägen insgesamt 38 Monate Pflichtbeiträge vor. Es gehe nicht zu ihren Lasten, dass die Akte der Bundesagentur für Arbeit, aus der ihre Beitragszahlung zur Rentenversicherung zu entnehmen sei, abhanden gekommen sei. Darüber hinaus weist sie auf gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund eines Meningeoms im Kopf und auf Kniegelenksbeschwerden hin. Es komme immer wieder zu starken Kopfschmerzen, bei denen sie zu nichts fähig sei. Diese Schmerzen hielten lange an, obwohl sie ständig viermal täglich Medikamente einnehme.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 16. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Dezember 2002 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 16. November 2007 zurückzuweisen.
Das SG habe die Klage zu Recht abgewiesen. Letztmalig seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente am 31. März 1998 erfüllt, so dass trotz der Vermutung einer Leistungsminderung ab 2005 die Voraussetzungen für eine Rentenzahlung nicht erfüllt wären.
Auf eine Aktenanforderung durch den Senat hat die Bundesagentur für Arbeit mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 mitgeteilt, dass diese bereits vernichtet worden sei.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2005 die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und auch nicht wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung hat.
Entgegen der Auffassung des SG sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen allerdings bei einem Leistungsfall bis spätestens 31. März 1999 erfüllt. Denn die Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vom 20. August 1996 bis zum 12. August 1997 ist zwar keine Anrechnungszeit, weil es an dem Tatbestand der Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit fehlt (§ 58 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI). Sie stellt aber eine so genannte Aufschubzeit gemäß §§ 43 Abs. 3 Nr. 3, 44 Abs. 4, 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI in der Fassung bis 31. Dezember 2000 dar.
Allerdings waren die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bis zum 31. März 1999 nicht erfüllt. § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung besagte, dass erwerbsunfähig nicht ist, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war.
Bei der Klägerin lag bis zum 31. März 1999 keine Erwerbsunfähigkeit vor. Für den Senat steht aufgrund der Gutachten von Dr. D. und Dr. H. fest, dass die Klägerin zumindest noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne wesentliche qualitative Leistungseinschränkungen vollschichtig, d.h. mindestens acht Stunden täglich, verrichten konnte. Zwar haben beide Gutachter auf dem von der Beklagten vorgegebenen Vordruck angekreuzt, die Klägerin könne noch "6 Stunden und mehr" täglich arbeiten, woraus nicht zwangsläufig geschlossen werden kann, dass sie – mit Blick auf den Rechtszustand bis zum 31. Dezember 2000 – auch noch vollschichtig, also acht Stunden täglich, arbeiten konnte. Das ergibt sich aber aus den sonstigen Ausführungen der Gutachter.
Dr. H. erklärte, aus internistischer Sicht hätten sich keine gravierenden Funktionseinschränkungen objektivieren lassen, so dass die Klägerin für eine regelmäßige Tätigkeit ausreichend belastbar sei. Er hielt jedoch eine psychiatrische Einschätzung für erforderlich. Diese nahm Dr. D. in ihrem Gutachten vor. Sie gelangte zu der Einschätzung, die Klägerin sei nach einer fachspezifischen Kopfschmerztherapie in einer Schmerzklinik uneingeschränkt beruflich einsetzbar. Daraus kann der Senat aber nicht schließen, dass eine derartige Schmerztherapie zwingend einer vollschichtigen leichten bis mittelschweren körperlichen Tätigkeit vorausgehen musste. Das verdeutlicht schon der Tagesablauf, den die Klägerin der Gutachterin geschildert hat. Sie stehe gegen 7.30 Uhr auf und müsse dann in der Wohnung erst alles gründlich sauber machen, da sie einen "Putzfimmel" habe. Sie habe über 70 Grünpflanzen, die sie dann pflege, gehe Einkaufen und male sehr gern Aquarelle und stricke Pullover. Ab und zu gehe sie zu ihrem Sohn und den Enkelkindern. Ca. 10 Uhr frühstücke sie – ein Mittagessen brauche sie nicht, hier nehme sie nur Obst zu sich. Gegen 16 Uhr bereite sie die warme Mahlzeit für sich und den Ehemann für den Abend vor. Sie gehe mit ihm noch täglich spazieren und lese gern. Ferngesehen werde relativ selten. Ca. 22 Uhr gehe sie zu Bett. Diese Schilderung zeigt, dass die Klägerin jedenfalls bis zur Untersuchung durch Dr. D. im September 2002 den Tag gut strukturieren konnte. Sie war aktiv, hatte Hobbys und pflegte den Kontakt zum Sohn und den Enkelkindern. Angesichts dessen konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin aufgrund der glaubhaften Schmerzen nicht mehr in der Lage war, regelmäßig leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten acht Stunden täglich zu verrichten.
Dies wird auch durch den psychischen Befund bestätigt, den Dr. D. erhoben hat. Danach wirkte die Klägerin in der Stimmungslage ausgeglichen. Die geklagten Beschwerden wie auch die dauernden Kopfschmerzen wurden ohne wesentliche emotionale Beteiligung geschildert. Im Übrigen gab die Klägerin gegenüber Dr. D. sogar an, dass sie gerne in der Kinderbetreuung tätig wäre. Dieses würde sie sich durchaus zutrauen. Das könnte darauf hindeuten, dass die Klägerin sich eigentlich doch noch für leistungsfähig hielt. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, warum die Klägerin erst im Dezember 2001 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt hat, obwohl sie sich ausweislich des Antrages schon weit vorher – seit dem 1. Juli 1998 – für erwerbsgemindert gehalten hat.
Der Senat zweifelt nicht daran, dass die von Dr. D. für erforderlich gehaltene Schmerztherapie medizinisch indiziert war. Er ist aus den genannten Gründen aber nicht überzeugt, dass sie zwingend war, um ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeit herzustellen. In der Gesamtschau spricht einiges mehr dafür, dass die Klägerin eine leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit noch vollschichtig verrichten konnte, weil sie es noch schaffte, einen Tagesablauf zu strukturieren und Aufgaben zu bewältigen. Etwas anderes verlangt auch eine vollschichtige Beschäftigung nicht.
Bei der Klägerin lagen auch weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des vollschichtigen Leistungsvermögens eine Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes bedingt hätten. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reichte vielmehr noch für körperlich leichte Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, Rdnr. 34, juris). Der Klägerin war auch nicht deshalb der Arbeitsmarkt verschlossen, weil sie nur unter nicht betriebsüblichen Bedingungen hätte arbeiten können. Schließlich war die Klägerin auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Es ist nicht zweifelhaft, dass sie täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen konnte.
Es lag bis zum 31. März 1999 auch keine Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis zum 31. Dezember 2000 vor. Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf der Versicherten auszugehen. Es ist zu prüfen, ob sie diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben können. Sind sie hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten die Versicherten verwiesen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 1994 – 4 RA 35/93 –, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; Urteil vom 16. November 2000 – B 13 RJ 79/99 R –, SozR 3-2600 § 43 Nr. 23, S. 78; jeweils m.w.N.). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dabei ist nicht unbedingt auf die letzte Berufstätigkeit abzustellen, sondern auf diejenige, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1985 – 4a RJ 53/84 –, SozR 2200 § 1246 Nr. 130 m.w.N.).
Bisheriger Beruf der Klägerin in diesem Sinne ist deren Tätigkeit als Verkäuferin. Sie übte zuletzt – bis zum 30. April 1992 – versicherungspflichtig diese Tätigkeit aus, denn die spätere Maklertätigkeit in Spanien war nach ihren eigenen Angaben nicht versicherungspflichtig. Der Senat kann offenlassen, ob sie diesen Beruf noch ausüben kann. Denn jedenfalls kann sie zumutbar auf den Umschulungsberuf der Hotelfachfrau verwiesen werden, weil gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der Fassung bis zum 31. Dezember 2000 eine Tätigkeit stets zumutbar ist, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind.
Die Tätigkeit einer Hotelfachfrau hätte die Klägerin jedenfalls bis zum 31. März 1999 auch in gesundheitlicher Hinsicht nicht überfordert. Die Arbeit von Hotelfachleuten ist vielfältig, sie können in nahezu allen Bereichen eines Hotelbetriebes mitarbeiten, sowohl in Empfangshallen und Büros als auch in Gasträumen, Restaurants, Hotelküchen und im Bereich der Gästezimmer. Deshalb müssen sie vielseitig sein. Ein nicht seltener schneller Wechsel zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen fordert von ihnen zudem ein gutes Maß an Flexibilität. Unter Umständen sind sie in den Gasträumen einem höheren Lärmpegel und Tabakrauch sowie im Küchenbereich häufig Essensgerüchen ausgesetzt, was eine gewisse Unempfindlichkeit auf diesen Gebieten von ihnen verlangt. Ebenso können sie bei Reinigungsarbeiten mit Staub in Kontakt kommen. Sie arbeiten im Team mit Kollegen und Kolleginnen aus allen Bereichen des Hotels zusammen, z.B. mit Hotelkaufleuten oder Restaurantfachleuten. In vielen Funktionen, wie etwa bei der Arbeit an der Rezeption, stehen sie in unmittelbarem Kontakt mit den Gästen und repräsentieren dabei ihr Unternehmen. Ein gepflegtes Äußeres und seriöses Auftreten sind dabei selbstverständlich. Freundlichkeit und Zuvorkommenheit sind auch kurz vor Schichtende - selbst wenn dann vielleicht noch eine Reisegruppe auf Englisch zu empfangen ist - ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Berufs. Stets ist Sorgfalt geboten, damit nicht bei einer Zimmerbestellung etwas fehlt. Auch bei hektischem Betrieb darf die Konzentration nicht nachlassen, damit ein bestelltes Zimmer nicht versehentlich anderweitig vergeben wird, der Nachschub rechtzeitig das Büfett erreicht und die Abrechnung stimmt. Immer trachten Hotelfachleute nach der Erreichung von Kundenzufriedenheit, auch unter Einbringung ihres Improvisationstalents, wenn sie besondere Gästewünsche erfüllen. Gelegentlich ist ihre Arbeit körperlich anstrengend, wenn Hotelfachleute z.B. schwere Serviertabletts tragen, die Zimmer reinigen oder die Betten machen. Am Empfang, im Restaurant und auf der Etage arbeiten sie im Stehen und Gehen, wofür eine körperliche Belastbarkeit benötigt wird. Sind sie im Bereich Organisation und Verwaltung tätig, sitzen Hotelfachleute viel am Computer. Auch wenn die Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet sind, kann dauerhafte Bildschirmarbeit anstrengend für die Augen sein oder zu Verspannungen führen. Deshalb halten Hotelfachleute die vorgeschriebenen Bildschirmpausen ein. Erledigen sie die Buchhaltung, wird von ihnen große Genauigkeit verlangt. Erstellen sie im Marketing Angebote für den Markt, tragen sie in besonderem Maße Verantwortung für die geschäftliche Entwicklung des Hauses. Hotelfachleute arbeiten häufig in Schichtarbeit. Da in der Hotellerie samstags und sonntags besonders viel Betrieb herrscht, ist Wochenendarbeit üblich. Arbeit frühmorgens, spät am Abend und an Feiertagen ist ebenso selbstverständlich. In vielen Hotelleriebetrieben fallen saisonbedingte Arbeitsspitzen an, in Fremdenverkehrsregionen z.B. zu den Hauptreisezeiten im Sommer oder in Skigebieten im Winter (www.berufenet.arbeitsagentur.de).
Es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Klägerin bis zum 31. März 1999 nicht noch als Hotelfachfrau vollschichtig hätte arbeiten können. Denn sie konnte zumindest bis zu diesem Zeitpunkt – wie bereits dargestellt – noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne wesentliche qualitative Leistungseinschränkungen vollschichtig verrichten. Zwar ist die Arbeit gelegentlich körperlich anstrengend, wenn Hotelfachleute z.B. schwere Serviertabletts tragen, die Zimmer reinigen oder die Betten machen. Das bedeutet aber nicht, dass die Arbeitsschwere über körperlich mittelschwere Tätigkeiten hinaus geht, zumal diese Verrichtungen nicht tätigkeitsbestimmend sind. Abgesehen davon beruht die Leistungseinschätzung "körperlich mittelschwer" auf dem Votum der Fachärztin f. Neurologie und Psychiatrie Dr. D., während der Facharzt f. Innere Medizin Dr. H., der aufgrund seines Fachgebietes die körperlich noch zumutbare Tätigkeit besser einzuschätzen vermag, keine gravierenden Funktionseinschränkungen objektivieren konnte und dementsprechend auch keine wesentlichen qualitativen Leistungseinschränkungen benannte. Dr. D. hat darüber hinaus Nachtschichtarbeit im Gegensatz zu Früh-, Tages- und Spätschicht nicht für zumutbar erachtet. Für diese Einschränkung lässt sich ihrem Gutachten aber keine nachvollziehbare Begründung entnehmen. Abgesehen davon ist den geschilderten Arbeitsbedingungen einer Hotelfachfrau nicht zwingend zu entnehmen, dass Nachtschichttätigkeiten verlangt werden. Schließlich kann der Einsatz als Hotelfachfrau auch nicht an fehlenden Englischkenntnissen scheitern, denn Englisch war Bestandteil der Umschulung.
Bei einem späteren Leistungsfall – d.h. nach dem 31. März 1999 – wäre die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der so genannten 3/5-Belegung auch nicht gemäß §§ 43 Abs. 4 SGB VI, 44 Abs. 4 SGB VI in der Fassung bis 31. Dezember 2000 bzw. gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 entbehrlich. Voraussetzung hierfür wäre nämlich gewesen, dass die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Als ein solcher Tatbestand käme vorliegend allenfalls der Eintritt der vollen Erwerbsminderung (bis 31. Dezember 2000: Erwerbsunfähigkeit) vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung in Betracht (§ 53 Abs. 2 SGB VI). Dann müsste die Klägerin, die ihre Umschulung zur Hotelfachfrau am 26. Januar 1995 beendete, spätestens am 26. Januar 2001 voll erwerbsgemindert (bzw. erwerbsunfähig) gewesen sein. Das ist indes, wie bereits dargelegt, nicht der Fall.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen können auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs für einen späteren Leistungsfall als den 31. März 1999 fingiert werden. Dieses Rechtsinstitut ist auf die Beseitigung der Folgen einer Pflichtverletzung der Verwaltung gerichtet, d.h. auf Herstellung desjenigen sozialrechtlichen Zustandes, der bestanden hätte, wenn die Behörde von Anfang an richtig gehandelt hätte (BSG, Urteil vom 25. August 1993, BSGE 73, 56, 59). Die Rechtsprechung knüpft den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch an das Vorliegen folgender Voraussetzungen: objektive Pflichtverletzung, Schaden, Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Schaden, grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Folgenbeseitigung durch eine gesetzlich zulässige Amtshandlung des Sozialleistungsträgers (BSG, Urteil vom 18. August 1983, BSGE 55, 261, 262). Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt also zunächst eine objektive Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers voraus. Als verletzbare Pflichten kommen Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 1986, BSGE 60, 158, 164). Hier liegt schon kein Beratungsfehler vor. Die Klägerin ist durch das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 25. November 1997 umfassend informiert worden. Auch das Argument, es könne nicht zu ihren Lasten gehen, dass die Akte der Bundesagentur für Arbeit abhanden gekommen sei, greift nicht durch. Es bestehen nämlich nicht ansatzweise Hinweise darauf, dass Zeiten oder Beiträge unvollständig im Versicherungskonto der Klägerin bei der Beklagten gespeichert sind. Deshalb kommt es auf Veränderungen des Gesundheitszustandes nach dem 31. März 1999 nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Die am ... 1955 geborene Klägerin absolvierte von 1968 bis 1970 eine Ausbildung zur Köchin. Danach war sie als Produktionsarbeiterin, Tier- bzw. Viehpflegerin und zuletzt bis 30. April 1992 als Verkäuferin beschäftigt. Im Anschluss war sie bis zum 18. April 1995 wegen Arbeitslosigkeit pflichtversichert – unterbrochen durch eine erfolgreich abgeschlossene versicherungspflichtige Umschulung zur Hotelfachfrau vom 1. März 1993 bis zum 26. Januar 1995, während der sie Unterhaltsgeld erhielt. Vom 19. April 1995 bis zum 14. August 1995 enthält das Versicherungskonto eine Lücke. Anschließend sind vom 15. August 1995 bis zum 25. März 1996 weitere Pflichtbeitragszeiten wegen Arbeitslosigkeit gespeichert, denen eine erneute Lücke vom 26. März 1996 bis zum 28. Juli 1996 folgt. Vom 20. Juni 1996 bis zum 31. Mai 1997 hielt sich die Klägerin nach eigenen Angaben in Spanien (Teneriffa) auf und ist einer nicht versicherungspflichtigen Maklertätigkeit nachgegangen. Ausweislich des Versicherungskontos bei der Beklagten war die Klägerin vom 29. Juli 1996 bis zum 19. August 1996 nochmals wegen Arbeitslosigkeit pflichtversichert. Vom 20. August 1996 bis zum 12. August 1997 meldete sie sich weiter Arbeit suchend. Nach dem 12. August 1997 sind keine Zeiten gespeichert. Für die Monate Oktober und November 1997 legte die Klägerin Entgeltabrechnungen vor. Aus diesen ergibt sich, dass keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt wurden.
Am 4. Dezember 2001 beantragte die Klägerin eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zur Begründung gab sie an, seit dem 1. Juli 1998 wegen mehrerer Gesundheitsstörungen erwerbsgemindert zu sein. Die Beklagte holte zunächst einen Befundbericht der Fachärztin f. Allgemeinmedizin Gedai vom 21. April 2002 ein und veranlasste sodann ein neurologischpsychiatrisches Gutachten der Fachärztin f. Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 25. September 2002 nach Untersuchung der Klägerin am 17. September 2002 sowie ein internistisches Gutachten des Facharztes. für Innere Medizin Dr. H. vom 6. Oktober 2002 nach Untersuchung vom 28. September 2002. Dr. D. stellte die Diagnosen Migräne, schmerzmittelinduzierter Dauerkopfschmerz und anankastischaggressivgehemmte Persönlichkeitsstruktur. Die Klägerin sei dringend psychotherapiebedürftig, um negative Lebenserfahrungen aufzuarbeiten. Nach einer fachspezifischen Kopfschmerztherapie in einer Schmerzklinik sei sie uneingeschränkt beruflich einsetzbar. Dr. H. diagnostizierte chronische Infekte der Atemwege sowie Migräne. Aus internistischer Sicht sei die Klägerin für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit ausreichend belastbar. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 mit der Begründung ab, die Klägerin sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie in ihrem bisherigen Beruf als Verkäuferin mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Dagegen legte die Klägerin am 11. November 2002 Widerspruch ein und trug vor, die Beklagte habe ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht vollständig ermittelt. Bei geringster Anstrengung bekomme sie Schmerzanfälle und könne dann nur noch liegen. Während des Widerspruchsverfahrens fanden mehrere Operationen statt, u. a. am 21. Januar 2003 wegen einer unklaren Raumforderung der Keilbeinhöhle rechts in der Klinik für HNO-Heilkunde der Martin-Luther-Universität H.-W., am 27. November 2003 wegen chronischer Pansinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen), Septumdeviation (seitliche Abweichung bzw. Verbiegung der Nasenscheidewand) und Muschelhyperplasie (Muschelvergrößerung) sowie am 18. Mai 2004 eine ambulante Septumrevision (beides im Unfallkrankenhaus B.). Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es hätten sich keine weiteren Einschränkungen des festgestellten Leistungsvermögens ergeben.
Dagegen hat die Klägerin am 25. April 2005 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Sie leide an einem Hirntumor, der wegen seiner Lage operativ nicht vollständig entfernt werden könne. Wegen des ständigen Wachstums des Tumors müsse sie sich dauernd weiteren Operationen unterziehen. Sie leider weiterhin unter Tinnitus, Kreislaufstörungen, Schwindelanfällen, ständigen Kopfschmerzen mit extremen Schmerzanfällen, Beeinträchtigungen des Sehvermögens des rechten Auges sowie Angstzuständen. Sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen problematisch seien, stehe ihr wegen eines Beratungsfehlers des damaligen Arbeitsamtes ein Wiederherstellungsanspruch gegen die Beklagte zu. Mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Ausgehend von der Rentenantragstellung im Dezember 2001 seien für den Zeitraum Dezember 1996 bis Dezember 2001 überhaupt keine Pflichtbeiträge im Versicherungskonto der Klägerin gespeichert. Eine Schließung dieser Lücke sei nicht möglich. Es habe kein Beratungsfehler der seinerzeitigen Bundesanstalt für Arbeit vorgelegen. Vielmehr sei sie mit Schreiben vom 25. November 1997 ausführlich informiert worden. Auch für den von der Klägerin geltend gemachten früheren Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls am 1. Juli 1998 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da lediglich 32 Monate mit Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor diesem fiktiven Leistungsfall vorlägen.
Gegen den ihr am 23. November 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Dezember 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ergänzend und vertiefend trägt sie vor, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien in ihrem Fall sehr wohl gegeben. Von 1993 bis 1996 lägen insgesamt 38 Monate Pflichtbeiträge vor. Es gehe nicht zu ihren Lasten, dass die Akte der Bundesagentur für Arbeit, aus der ihre Beitragszahlung zur Rentenversicherung zu entnehmen sei, abhanden gekommen sei. Darüber hinaus weist sie auf gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund eines Meningeoms im Kopf und auf Kniegelenksbeschwerden hin. Es komme immer wieder zu starken Kopfschmerzen, bei denen sie zu nichts fähig sei. Diese Schmerzen hielten lange an, obwohl sie ständig viermal täglich Medikamente einnehme.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 16. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Dezember 2002 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 16. November 2007 zurückzuweisen.
Das SG habe die Klage zu Recht abgewiesen. Letztmalig seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente am 31. März 1998 erfüllt, so dass trotz der Vermutung einer Leistungsminderung ab 2005 die Voraussetzungen für eine Rentenzahlung nicht erfüllt wären.
Auf eine Aktenanforderung durch den Senat hat die Bundesagentur für Arbeit mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 mitgeteilt, dass diese bereits vernichtet worden sei.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2005 die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit und auch nicht wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung hat.
Entgegen der Auffassung des SG sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen allerdings bei einem Leistungsfall bis spätestens 31. März 1999 erfüllt. Denn die Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vom 20. August 1996 bis zum 12. August 1997 ist zwar keine Anrechnungszeit, weil es an dem Tatbestand der Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit fehlt (§ 58 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI). Sie stellt aber eine so genannte Aufschubzeit gemäß §§ 43 Abs. 3 Nr. 3, 44 Abs. 4, 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI in der Fassung bis 31. Dezember 2000 dar.
Allerdings waren die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit bis zum 31. März 1999 nicht erfüllt. § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung besagte, dass erwerbsunfähig nicht ist, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war.
Bei der Klägerin lag bis zum 31. März 1999 keine Erwerbsunfähigkeit vor. Für den Senat steht aufgrund der Gutachten von Dr. D. und Dr. H. fest, dass die Klägerin zumindest noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne wesentliche qualitative Leistungseinschränkungen vollschichtig, d.h. mindestens acht Stunden täglich, verrichten konnte. Zwar haben beide Gutachter auf dem von der Beklagten vorgegebenen Vordruck angekreuzt, die Klägerin könne noch "6 Stunden und mehr" täglich arbeiten, woraus nicht zwangsläufig geschlossen werden kann, dass sie – mit Blick auf den Rechtszustand bis zum 31. Dezember 2000 – auch noch vollschichtig, also acht Stunden täglich, arbeiten konnte. Das ergibt sich aber aus den sonstigen Ausführungen der Gutachter.
Dr. H. erklärte, aus internistischer Sicht hätten sich keine gravierenden Funktionseinschränkungen objektivieren lassen, so dass die Klägerin für eine regelmäßige Tätigkeit ausreichend belastbar sei. Er hielt jedoch eine psychiatrische Einschätzung für erforderlich. Diese nahm Dr. D. in ihrem Gutachten vor. Sie gelangte zu der Einschätzung, die Klägerin sei nach einer fachspezifischen Kopfschmerztherapie in einer Schmerzklinik uneingeschränkt beruflich einsetzbar. Daraus kann der Senat aber nicht schließen, dass eine derartige Schmerztherapie zwingend einer vollschichtigen leichten bis mittelschweren körperlichen Tätigkeit vorausgehen musste. Das verdeutlicht schon der Tagesablauf, den die Klägerin der Gutachterin geschildert hat. Sie stehe gegen 7.30 Uhr auf und müsse dann in der Wohnung erst alles gründlich sauber machen, da sie einen "Putzfimmel" habe. Sie habe über 70 Grünpflanzen, die sie dann pflege, gehe Einkaufen und male sehr gern Aquarelle und stricke Pullover. Ab und zu gehe sie zu ihrem Sohn und den Enkelkindern. Ca. 10 Uhr frühstücke sie – ein Mittagessen brauche sie nicht, hier nehme sie nur Obst zu sich. Gegen 16 Uhr bereite sie die warme Mahlzeit für sich und den Ehemann für den Abend vor. Sie gehe mit ihm noch täglich spazieren und lese gern. Ferngesehen werde relativ selten. Ca. 22 Uhr gehe sie zu Bett. Diese Schilderung zeigt, dass die Klägerin jedenfalls bis zur Untersuchung durch Dr. D. im September 2002 den Tag gut strukturieren konnte. Sie war aktiv, hatte Hobbys und pflegte den Kontakt zum Sohn und den Enkelkindern. Angesichts dessen konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin aufgrund der glaubhaften Schmerzen nicht mehr in der Lage war, regelmäßig leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten acht Stunden täglich zu verrichten.
Dies wird auch durch den psychischen Befund bestätigt, den Dr. D. erhoben hat. Danach wirkte die Klägerin in der Stimmungslage ausgeglichen. Die geklagten Beschwerden wie auch die dauernden Kopfschmerzen wurden ohne wesentliche emotionale Beteiligung geschildert. Im Übrigen gab die Klägerin gegenüber Dr. D. sogar an, dass sie gerne in der Kinderbetreuung tätig wäre. Dieses würde sie sich durchaus zutrauen. Das könnte darauf hindeuten, dass die Klägerin sich eigentlich doch noch für leistungsfähig hielt. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, warum die Klägerin erst im Dezember 2001 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragt hat, obwohl sie sich ausweislich des Antrages schon weit vorher – seit dem 1. Juli 1998 – für erwerbsgemindert gehalten hat.
Der Senat zweifelt nicht daran, dass die von Dr. D. für erforderlich gehaltene Schmerztherapie medizinisch indiziert war. Er ist aus den genannten Gründen aber nicht überzeugt, dass sie zwingend war, um ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeit herzustellen. In der Gesamtschau spricht einiges mehr dafür, dass die Klägerin eine leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit noch vollschichtig verrichten konnte, weil sie es noch schaffte, einen Tagesablauf zu strukturieren und Aufgaben zu bewältigen. Etwas anderes verlangt auch eine vollschichtige Beschäftigung nicht.
Bei der Klägerin lagen auch weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz des vollschichtigen Leistungsvermögens eine Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes bedingt hätten. Das Restleistungsvermögen der Klägerin reichte vielmehr noch für körperlich leichte Verrichtungen im Wechsel der drei Körperhaltungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, Rdnr. 34, juris). Der Klägerin war auch nicht deshalb der Arbeitsmarkt verschlossen, weil sie nur unter nicht betriebsüblichen Bedingungen hätte arbeiten können. Schließlich war die Klägerin auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Es ist nicht zweifelhaft, dass sie täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen konnte.
Es lag bis zum 31. März 1999 auch keine Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis zum 31. Dezember 2000 vor. Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf der Versicherten auszugehen. Es ist zu prüfen, ob sie diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben können. Sind sie hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten die Versicherten verwiesen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 1994 – 4 RA 35/93 –, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; Urteil vom 16. November 2000 – B 13 RJ 79/99 R –, SozR 3-2600 § 43 Nr. 23, S. 78; jeweils m.w.N.). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dabei ist nicht unbedingt auf die letzte Berufstätigkeit abzustellen, sondern auf diejenige, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 1985 – 4a RJ 53/84 –, SozR 2200 § 1246 Nr. 130 m.w.N.).
Bisheriger Beruf der Klägerin in diesem Sinne ist deren Tätigkeit als Verkäuferin. Sie übte zuletzt – bis zum 30. April 1992 – versicherungspflichtig diese Tätigkeit aus, denn die spätere Maklertätigkeit in Spanien war nach ihren eigenen Angaben nicht versicherungspflichtig. Der Senat kann offenlassen, ob sie diesen Beruf noch ausüben kann. Denn jedenfalls kann sie zumutbar auf den Umschulungsberuf der Hotelfachfrau verwiesen werden, weil gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI in der Fassung bis zum 31. Dezember 2000 eine Tätigkeit stets zumutbar ist, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind.
Die Tätigkeit einer Hotelfachfrau hätte die Klägerin jedenfalls bis zum 31. März 1999 auch in gesundheitlicher Hinsicht nicht überfordert. Die Arbeit von Hotelfachleuten ist vielfältig, sie können in nahezu allen Bereichen eines Hotelbetriebes mitarbeiten, sowohl in Empfangshallen und Büros als auch in Gasträumen, Restaurants, Hotelküchen und im Bereich der Gästezimmer. Deshalb müssen sie vielseitig sein. Ein nicht seltener schneller Wechsel zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen fordert von ihnen zudem ein gutes Maß an Flexibilität. Unter Umständen sind sie in den Gasträumen einem höheren Lärmpegel und Tabakrauch sowie im Küchenbereich häufig Essensgerüchen ausgesetzt, was eine gewisse Unempfindlichkeit auf diesen Gebieten von ihnen verlangt. Ebenso können sie bei Reinigungsarbeiten mit Staub in Kontakt kommen. Sie arbeiten im Team mit Kollegen und Kolleginnen aus allen Bereichen des Hotels zusammen, z.B. mit Hotelkaufleuten oder Restaurantfachleuten. In vielen Funktionen, wie etwa bei der Arbeit an der Rezeption, stehen sie in unmittelbarem Kontakt mit den Gästen und repräsentieren dabei ihr Unternehmen. Ein gepflegtes Äußeres und seriöses Auftreten sind dabei selbstverständlich. Freundlichkeit und Zuvorkommenheit sind auch kurz vor Schichtende - selbst wenn dann vielleicht noch eine Reisegruppe auf Englisch zu empfangen ist - ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Berufs. Stets ist Sorgfalt geboten, damit nicht bei einer Zimmerbestellung etwas fehlt. Auch bei hektischem Betrieb darf die Konzentration nicht nachlassen, damit ein bestelltes Zimmer nicht versehentlich anderweitig vergeben wird, der Nachschub rechtzeitig das Büfett erreicht und die Abrechnung stimmt. Immer trachten Hotelfachleute nach der Erreichung von Kundenzufriedenheit, auch unter Einbringung ihres Improvisationstalents, wenn sie besondere Gästewünsche erfüllen. Gelegentlich ist ihre Arbeit körperlich anstrengend, wenn Hotelfachleute z.B. schwere Serviertabletts tragen, die Zimmer reinigen oder die Betten machen. Am Empfang, im Restaurant und auf der Etage arbeiten sie im Stehen und Gehen, wofür eine körperliche Belastbarkeit benötigt wird. Sind sie im Bereich Organisation und Verwaltung tätig, sitzen Hotelfachleute viel am Computer. Auch wenn die Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet sind, kann dauerhafte Bildschirmarbeit anstrengend für die Augen sein oder zu Verspannungen führen. Deshalb halten Hotelfachleute die vorgeschriebenen Bildschirmpausen ein. Erledigen sie die Buchhaltung, wird von ihnen große Genauigkeit verlangt. Erstellen sie im Marketing Angebote für den Markt, tragen sie in besonderem Maße Verantwortung für die geschäftliche Entwicklung des Hauses. Hotelfachleute arbeiten häufig in Schichtarbeit. Da in der Hotellerie samstags und sonntags besonders viel Betrieb herrscht, ist Wochenendarbeit üblich. Arbeit frühmorgens, spät am Abend und an Feiertagen ist ebenso selbstverständlich. In vielen Hotelleriebetrieben fallen saisonbedingte Arbeitsspitzen an, in Fremdenverkehrsregionen z.B. zu den Hauptreisezeiten im Sommer oder in Skigebieten im Winter (www.berufenet.arbeitsagentur.de).
Es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Klägerin bis zum 31. März 1999 nicht noch als Hotelfachfrau vollschichtig hätte arbeiten können. Denn sie konnte zumindest bis zu diesem Zeitpunkt – wie bereits dargestellt – noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne wesentliche qualitative Leistungseinschränkungen vollschichtig verrichten. Zwar ist die Arbeit gelegentlich körperlich anstrengend, wenn Hotelfachleute z.B. schwere Serviertabletts tragen, die Zimmer reinigen oder die Betten machen. Das bedeutet aber nicht, dass die Arbeitsschwere über körperlich mittelschwere Tätigkeiten hinaus geht, zumal diese Verrichtungen nicht tätigkeitsbestimmend sind. Abgesehen davon beruht die Leistungseinschätzung "körperlich mittelschwer" auf dem Votum der Fachärztin f. Neurologie und Psychiatrie Dr. D., während der Facharzt f. Innere Medizin Dr. H., der aufgrund seines Fachgebietes die körperlich noch zumutbare Tätigkeit besser einzuschätzen vermag, keine gravierenden Funktionseinschränkungen objektivieren konnte und dementsprechend auch keine wesentlichen qualitativen Leistungseinschränkungen benannte. Dr. D. hat darüber hinaus Nachtschichtarbeit im Gegensatz zu Früh-, Tages- und Spätschicht nicht für zumutbar erachtet. Für diese Einschränkung lässt sich ihrem Gutachten aber keine nachvollziehbare Begründung entnehmen. Abgesehen davon ist den geschilderten Arbeitsbedingungen einer Hotelfachfrau nicht zwingend zu entnehmen, dass Nachtschichttätigkeiten verlangt werden. Schließlich kann der Einsatz als Hotelfachfrau auch nicht an fehlenden Englischkenntnissen scheitern, denn Englisch war Bestandteil der Umschulung.
Bei einem späteren Leistungsfall – d.h. nach dem 31. März 1999 – wäre die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der so genannten 3/5-Belegung auch nicht gemäß §§ 43 Abs. 4 SGB VI, 44 Abs. 4 SGB VI in der Fassung bis 31. Dezember 2000 bzw. gemäß § 43 Abs. 5 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 entbehrlich. Voraussetzung hierfür wäre nämlich gewesen, dass die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Als ein solcher Tatbestand käme vorliegend allenfalls der Eintritt der vollen Erwerbsminderung (bis 31. Dezember 2000: Erwerbsunfähigkeit) vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung in Betracht (§ 53 Abs. 2 SGB VI). Dann müsste die Klägerin, die ihre Umschulung zur Hotelfachfrau am 26. Januar 1995 beendete, spätestens am 26. Januar 2001 voll erwerbsgemindert (bzw. erwerbsunfähig) gewesen sein. Das ist indes, wie bereits dargelegt, nicht der Fall.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen können auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs für einen späteren Leistungsfall als den 31. März 1999 fingiert werden. Dieses Rechtsinstitut ist auf die Beseitigung der Folgen einer Pflichtverletzung der Verwaltung gerichtet, d.h. auf Herstellung desjenigen sozialrechtlichen Zustandes, der bestanden hätte, wenn die Behörde von Anfang an richtig gehandelt hätte (BSG, Urteil vom 25. August 1993, BSGE 73, 56, 59). Die Rechtsprechung knüpft den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch an das Vorliegen folgender Voraussetzungen: objektive Pflichtverletzung, Schaden, Ursächlichkeit zwischen Pflichtverletzung und Schaden, grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Folgenbeseitigung durch eine gesetzlich zulässige Amtshandlung des Sozialleistungsträgers (BSG, Urteil vom 18. August 1983, BSGE 55, 261, 262). Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt also zunächst eine objektive Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers voraus. Als verletzbare Pflichten kommen Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juli 1986, BSGE 60, 158, 164). Hier liegt schon kein Beratungsfehler vor. Die Klägerin ist durch das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 25. November 1997 umfassend informiert worden. Auch das Argument, es könne nicht zu ihren Lasten gehen, dass die Akte der Bundesagentur für Arbeit abhanden gekommen sei, greift nicht durch. Es bestehen nämlich nicht ansatzweise Hinweise darauf, dass Zeiten oder Beiträge unvollständig im Versicherungskonto der Klägerin bei der Beklagten gespeichert sind. Deshalb kommt es auf Veränderungen des Gesundheitszustandes nach dem 31. März 1999 nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved