Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 R 689/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 145/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
Augsburg vom 29.01.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Die 1960 geborene Klägerin hat bis 31.07.1977 eine zweijährige Ausbildung zur Hauswirtschafterin sowie von 01.10.1983 bis 29.09.1985 eine ebenfalls zweijährige Ausbildung zur Altenpflegerin erfolgreich absolviert. Nach eigenen Angaben war sie in ersterem Beruf nicht tätig, als Altenpflegerin arbeitete sie von 1983 bis 1990, danach als Reinigungskraft. Ab 01.08.1994 übte die Klägerin keine versicherungspflichtige Beschäftigung mehr aus (Hausfrau). Der Versicherungsverlauf der Klägerin weist durchgehende Pflichtbeitragszeiten bis 31.07.1994 aus, danach sind keine Beitragszeiten mehr gespeichert.
Bereits am 11.02.2003 hatte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt. Die Beklagte zog einen ärztlichen Befundbericht des Hausarztes Dr. C. sowie medizinische Unterlagen der AOK G. bei. Bestätigt wurden hierbei die Diagnosen Schizophrenie, cerebrale Krampfanfälle, LWS-Syndrom, Gonarthrose sowie arterielle Hypertonie. Die AOK bestätigte nahezu durchgehende Arbeitsunfähigkeitszeiten von September 1993 bis 27.07.1994 aufgrund von Kopfschmerzen, Wirbelsäulensyndromen, Gastritis, gynäkologischen Befunden, psychovegetativer Erschöpfungszustände sowie einer Alkoholentgiftung von 15. bis 26.11.1993. Der von der Beklagten eingeschaltete ärztliche Dienst führte mit Stellungnahme vom 17.03.2003 (Dr. K.) aus, dass sich aus den verfügbaren Unterlagen und insbesondere aus dem Befundbericht des Dr. C. eine rentenrelevante Erwerbsminderung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ergebe. Mit Bescheid vom 20.03.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Die Klägerin erfülle nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Unabhängig vom Gesundheitszustand der Klägerin lägen im maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum vom 11.02.1998 bis 10.02.2003 keine Pflichtbeiträge vor. Dieser Bescheid wurde nicht angegriffen.
Am 03.05.2007 stellte die Klägerin einen erneuten Rentenantrag, welchen die Beklagte wiederum unter Hinweis auf die Nichterfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung mit Bescheid vom 29.5.2007 ablehnte. Am 20.06.2007 legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, der Leistungsfall der Erwerbsminderung sei aufgrund der aktenkundigen Diagnosen einer Schizophrenie, einer Alkoholabhängigkeit, eines Wirbelsäulensyndroms sowie einer Hüft- und Sprunggelenksarthrose bei Adipositas und Diabetes bereits im August 1994 eingetreten. Für den dann maßgeblichen Zeitraum vom 01.08.1989 bis 31.07.1994 liege eine Pflichtbeitragszeit von 52 Monaten vor. Damit seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt.
Auf Anregung der Beklagten legte die Klägerin in der Folge weitere medizinische Unterlagen vor. Neben Befundberichten aus den Jahren 1998 bis 2007 auf orthopädischem, chirurgischem, internistischem und phlebologischem Fachgebiet wurde auch die erste Seite eines Befundbericht der Nervenärztin Frau Dr. P. vom 23.03.1994 vorgelegt. Mit diesem wurde die Diagnose einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie einer Alkoholerkrankung bestätigt. Gleichzeitig wurde die Klägerin als wach, bewusstseinsklar, in allen Qualitäten orientiert, ohne mnestische, inhaltliche oder formale Denkstörungen beschrieben. Antrieb und affektive Schwingungsfähigkeiten erwiesen sich als nicht eingeschränkt. Bestätigt wurde eine Ich-Störung in Form von Gedankenausbreitung, Willensbeeinflussung und akustischen Halluzinationen. Die Seite 2 dieses Befundberichts konnte auch im weiteren Verfahrensverlauf nicht mehr aufgefunden werden.
Der Beklagte holte daraufhin erneut eine Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes (Dr. M.) ein. Dieser hielt die vorgelegten Unterlagen weiterhin für nicht geeignet, ein quantitatives Absinkung des Leistungsvermögens bis April 1996 zu belegen. Lediglich der Bericht von Frau Dr. P. weise darauf hin, dass die Klägerin wegen einer paranoid-halluzinatorischen Psychose und sekundärem Alkoholabusus nervenärztlich behandelt wurde. Eine Aussage zum quantitativen Leistungsvermögen bis April 1996 sei aber nicht möglich, da psychotische Schübe schnell abklingen würden und eine längere schubfreie Zeit folgen könne. Es lägen keine fachmedizinischen Befunde vor, welche objektiv und eindeutig eine quantitative Absinkung des Leistungsvermögens bis April 1996 belegen würden. Die Beklagte wies dementsprechend den Widerspruch mit Bescheid vom 14.9.2007 als unbegründet zurück.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin am 15.10.2007 durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG). Das SG forderte Befundberichte der behandelnden Nervenärztin Dr. P. sowie des Hausarztes Dr. C. an. In seinem Befundbericht vom 02.12.2007 gab Dr. C. an, dass sich die Klägerin ist seit 1993 in seiner Behandlung befinde und durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Weiter übermittelte er eine Vielzahl ärztlicher Unterlagen, von welchen für den hier maßgeblichen Zeitraum im Wesentlichen ein Arztbrief des Nervenarztes Dr. E. vom 04.03.1993, ein Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses L. vom 12.01.1994, sowie ein Arztbrief der Nervenärztin Dr. P. vom 28.03.1994 von Bedeutung sind. Das SG zog weiter sämtliche stationären Behandlungsberichte insbesondere des Bezirkskrankenhauses G. bei.
Die Beklagte legte nach Übermittlung dieser Unterlagen eine erneute Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes (Dr. S.) vor, welcher mit Datum vom 14.2.2008 und 06.06.2008 die bisherige Einschätzung bestätigte. Bei der Klägerin lägen Störungen auf nervenärztlichem, internistischem und orthopädischem Fachgebiet vor, wobei die internistischen und orthopädischen Erkrankungen mit den Diagnosen Adipositas Grad II, Zuckerkrankheit, deutliches Lip- und Lymphödem der Beine, Lendenwirbelsäulenverschleiß, Arthrose des Talonavikulargelenks am rechten Fuß, Meniskusschaden und Knorpelschaden am linken Kniegelenk nicht zu einer rentenrelevanten Einschränkung des Leistungsvermögens geführt hätten. Soweit die einzig relevanten Diagnosen Schizophrenie und Alkoholmissbrauch bereits vor 1996 gestellt worden seien, sei ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens 6 Monaten zwar möglich, jedoch könne der Nachweis nicht mit Sicherheit oder zumindest mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erbracht werden.
Das Gericht holte daraufhin ein psychiatrisches Gutachten nach Aktenlage ein und gab hierbei als maßgeblichen Zeitpunkt, bis zu welchem eine Erwerbsminderung vorliegen müsse, den April 1996 an. Der Sachverständige Dr. V. stellte mit Gutachten vom 15.11.2008 als sozialmedizinisch relevante Diagnosen eine paranoid-halluzinatorische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie einen chronischen Alkoholismus fest. Er kam zu dem Ergebnis, dass nicht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einem spätestens April 1996 eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen werden könne. Zwar sprächen die Symptomschilderungen der Nervenärztin Frau Dr. P. und Dr. E. wie auch die von 1989 bis 1992 dokumentierten Zeiten von Arbeitsunfähigkeit wegen einer psychischen Erkrankung führ das Vorliegen einer Erwerbsminderung, es gebe aber keine ausreichenden Befunddokumentationen, die den geforderten Sicherheitsgrad begründen würden.
Dementsprechend wies das SG mit Urteil vom 29.01.2009 die Klage ab. Aus den durchgeführten Ermittlungen ergebe sich, dass in dem Zeitpunkt, in welchem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr.2 SGB VI letztmalig vorlagen, der Eintritt einer Erwerbsminderung nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Sowohl die medizinischen Ausführungen durch den sozialmedizinischen Dienst der Beklagten (Dr. S.) wie auch der Sachverständige Dr. V. kamen letztendlich zum Ergebnis, dass nicht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass das Leistungsvermögen bereits im April 1996 eingeschränkt war. Es müsse aufgrund der vorliegenden Befunde daher davon ausgegangen werden, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten ohne Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit (Zeitdruck, Schichtdienst, Publikumsverkehr) mindestens 6 Stunden täglich verrichten konnte und auch in der Lage gewesen war, zumutbare Wegstrecken zur Erreichung des Arbeitsplatzes zurückzulegen.
Gegen das am 06.02.2009 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 21.02.2009 Berufung beim Bayer. LSG ein. Zur Begründung wurde der bisherige Sachvortrag wiederholt sowie eine Zeugenvernehmung des Hausarztes Dr. C. zur Frage einer bereits 1996 bestehenden Erwerbsminderung beantragt. Der Senat ordnete die Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage an und beauftragte erneut Dr. V ... Hinsichtlich der Beweisfragen wurde nunmehr für die Annahme von Erwerbsminderung der Maßstab eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit vorgegeben sowie als maßgeblicher Zeitpunkt auf den August 1996 abgestellt. In seinem Gutachten vom 08.07.2009 wies der Sachverständige auf die unveränderte Aktenlage hin. Auch unter Berücksichtigung des nunmehr abweichenden Beurteilungszeitpunkts und unter Zugrundelegung des veränderten Beweismaßstabes kommt er zu keinem anderen Ergebnis. Eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin spätestens im August 1996 lasse sich medizinisch weiterhin nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit begründen.
Mit Schreiben vom 27.8.2009 legte der Bevollmächtigte der Klägerin nochmals drei bereits aktenkundige Befundberichte aus den Jahren 1993 und 1994 (Kreiskrankenhaus L., Nervenärzte Dr. E. und Dr. P.) vor. Mit Schreiben vom 01.09.2009 wies der Senat darauf hin, dass beabsichtigt werde, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG als unbegründet zurückzuweisen. Nachdem der Klägerbevollmächtigte erneut die Vernehmung des Hausarztes Dr. C. als Zeugen beantragt hatte, forderte der Senat eine schriftliche Stellungnahme des Hausarztes an. Hierbei wurden zum einen um Übermittlung sämtlicher Befunddokumentationen der Jahre 1993 bis 1996, zum anderen um begründete Einschätzung der Frage einer bis August 1996 eingetretenen Erwerbsminderung gebeten. Dr. C. äußerte zunächst lediglich, dass ihm Unterlagen für die maßgebliche Zeit nicht mehr vorlägen. Nachdem der Senat daraufhin mitgeteilt hatte, dass es bei dem Hinweis auf § 153 Abs. 4 SGG mit Schreiben vom 01.09.2009 verbleibt, teilte der Klägerbevollmächtigte mit, Kontakt mit Dr. C. aufgenommen zu haben, dieser werde schriftlich Stellung nehmen. Mit Datum vom 28.04.2011 übermittelte Dr. C. nochmals die bereits bekannten Befundberichte und stellte ohne weitere Begründung fest, dass sich sowohl aus seiner Erinnerung wie auch aus den beiliegenden Dokumenten eine vollständige Erwerbsunfähigkeit seit 1993 ableiten lasse.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Augsburg vom 29.01.2009 sowie des Bescheides der Beklagten vom 29.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 zu verurteilen, der Klägerin antragsgemäß Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung konnte gem. § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ergehen, weil der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden hierzu angehört, § 153 Abs. 4 S.2 SGG. Eine erneute Anhörung der Beteiligten nach der Stellungnahme durch Dr. C. vom 28.04.2011 war nicht mehr erforderlich, da dessen Aussage lediglich die bereits im Befundbericht gegenüber dem SG abgegebene Äußerung bestätigt, ohne dass hierdurch eine wesentliche Änderung der Prozesssituation eingetreten wäre (vgl. Meyer-Ladewig Rn. 19 zu § 153 SGG).
Prüfungsmaßstab ist hierbei §§ 43, 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung, da der maßgebliche Rentenantrag nach dem 01.04.2001 gestellt wurde, vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI. Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI in der geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, vgl. § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 3 SGB VI.
Der Nachweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen muss hierbei im Wege des Vollbeweises erfolgen. Dies erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG vom 14.12.2006, Az.: B 4 R 29/06 R; BayLSG vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann. Oder in anderen Worten gesagt: Das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können. Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. BayLSG a.a.O.; BSGE 45, 285: BSGE 58, 80). Können die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte. Für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Erwerbsminderung trägt insoweit der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG vom 23.10.1996, Az.: 4 RA 1/96).
Unter Berücksichtigung dieser Prämissen besteht nach dem Ergebnis der Ermittlungen kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Es konnte nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass eine rentenbegründende quantitative Leistungseinschränkung bereits in dem Zeitpunkt vorlag, in dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen i.S.v. § 43 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 2 Nr. 2 SGB VI letztmals gegeben waren. Dieser Zeitpunkt ist entgegen der Auffassung des SG nicht im April 1996 anzusetzen. Aufgrund der durchgehenden Pflichtbeitragszeiten bis 31.07.1994 würde noch ein bis 01.08.1996 eingetretener Leistungsfall anspruchsbegründend wirken.
Ein solcher Leistungsfall ist jedoch nicht feststellbar. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. V. an. Der in beiden Instanzen gehörte Sachverständige hat mit seinen psychiatrischen Gutachten nach Aktenlage unter Auswertung der noch vorhandenen ärztlichen Unterlagen bestätigt, dass bei der Klägerin an sozialmedizinisch relevanten Diagnosen im fraglichen Zeitpunkt eine paranoid-halluzinato-rische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie ein chronischer Alkoholismus vorgelegen haben. Diese Gesundheitsstörungen konnten grundsätzlich die Einsatzfähigkeit im Erwerbsleben beeinträchtigen. Zu beachten ist aber, dass zwischen Juli 1991 und November 2001 nach den Unterlagen keine stationäre psychiatrische Behandlung stattfand (die Behandlung im Kreiskrankenhaus L. im November 1993 diente ausschließlich der stationären Alkoholentgiftung). In welchem Umfang ambulante psychiatrische Behandlungen stattfanden, lässt sich ebenso wie der Verlauf der diagnostizierten Gesundheitsstörungen des psychiatrischen Fachgebiets nicht mehr rekonstruieren. Zusammenfassend stellt der Sachverständige fest, dass keine ausreichenden Befunddokumentationen vorliegen, so dass sich nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass bereits im April respektive August 1996 eine quantitative Leistungseinschränkung vorlag. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch leichte Tätigkeiten ohne Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit (Zeitdruck, Schichtdienst, Publikumsverkehr) verrichten konnte, zu vermeiden war außerdem Griffnähe zu Alkohol. Zusätzliche Arbeitspausen waren nicht notwendig. Ebensowenig ließen sich Einschränkungen hinsichtlich der Anmarschwege zur Arbeitsstelle zu Fuß oder mit Hilfe öffentlicher Verkehrsmittel begründen. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass sich eine quantitative Leistungseinschränkung bis spätestens August 1996 weiterhin nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit medizinisch begründen lässt.
Der Senat hält dieses Gutachtensergebnis für überzeugend. Insbesondere ist zu beachten, dass für die Zeit von August 1994 bis November 2001 keine ambulanten oder stationären nervenärztliche Befundberichte vorliegen. Dies spricht gegen eine länger andauernde zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Aus der Bescheinigung über die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der AOK Bayern vom 26.02.2003 ergibt sich weiterhin, dass in der Zeit von 1985 bis August 1996 lediglich in den Jahren 1989 bis 1992 Arbeitsunfähigkeiten aufgrund psychiatrischer Diagnosen festgestellt worden waren. In den Jahren 1993 und 1994 wurde die Klägerin ausschließlich wegen jeweils akuter internistischer, gynäkologischer sowie orthopädischer Befunde krankgeschrieben. Zudem ist anzumerken, dass eine Alkoholerkrankung wie auch eine medikamentös eingestellte Psychose aus dem schizoiden Formenkreis nicht zwangsläufig eine Erwerbsminderung auf unter sechs Stunden täglich bedingt. Die Klägerin konnte trotz dieser Erkrankungen ihre Tätigkeit als Reinigungskraft jedenfalls bis August 1994 zumindest zeitweise weiter ausüben. Aus den aktenkundigen Arbeitsunfähigkeit-Diagnosen der Jahre 1993 und 1994 lässt sich insoweit kein Rückschluss auf eine maßgebliche Verschlechterung gerade der psychiatrischen Erkrankungen im maßgeblichen Zeitraum ziehen.
Trotz entsprechender Bemühungen der Beteiligten wie auch des Gerichts konnten weitere medizinische Unterlagen über den Gesundheitszustand der Klägerin im fraglichen Zeitraum nicht mehr aufgefunden werden. Zwar hat die Klägerin nach Einholung des Gutachtens im Berufungsverfahren erneut ärztliche Befundberichte vorgelegt. Diese haben aber bereits im Klageverfahren vorgelegen und waren damit auch dem Sachverständigen bei Fertigung der Gutachten bekannt. Soweit Dr. C. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 28.04.2011 die Auffassung vertritt, dass sich sowohl aus seiner Erinnerung wie auch aus dem beiliegenden Dokumenten eine vollständige Erwerbsunfähigkeit der Klägerin seit 1993 ableiten lasse, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Bereits mit Befundbericht an das Sozialgericht vom 02.12.2007 bestätigte Dr. C. eine seit 1993 durchgehend bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin. Gleichwohl ist der Sachverständige Dr. V. in seinem Gutachten vom 15.11.2008 und 08.07.2009 dieser Einschätzung gerade nicht gefolgt. Der erforderliche Vollbeweis für die Annahme einer bereits zum 01.08.1996 vorliegenden Erwerbsminderung kann durch die erneute Bestätigung durch Dr. C. nicht geführt werden. Ein Antrag auf Vernehmung von Dr. C. als Zeuge wurde vom Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 27.04.2011 im Hinblick auf die schriftliche Stellungnahme nicht mehr wiederholt und wird auch vom Gericht im Hinblick auf den langen Zeitraum und die entsprechenden Einlassungen das Dr. C. nicht als zielführend erachtet. Von dem Antragsrecht nach § 109 SGG wurde klägerseits nicht Gebrauch gemacht.
Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI scheidet aus. Zwar hat die Klägerin zwei Berufsausbildungen absolviert, und zumindest den Beruf der Altenpflegerin auch zeitweise ausgeübt. Unbeschadet der Frage, dass bezüglich dieser Tätigkeit der Umstand einer bis 31.07.1996 eingetretenen Berufsunfähigkeit ebenfalls nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, war die Klägerin zuletzt über mehrere Jahre hinweg als Reinigungskraft tätig. Bei dieser maßgeblichen Beschäftigung handelt es sich um eine ungelernte beziehungsweise angelernte Tätigkeit des unteren Bereiches, welche der Klägerin keinen Berufschutz vermittelt.
Die Berufung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Augsburg vom 29.01.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Die 1960 geborene Klägerin hat bis 31.07.1977 eine zweijährige Ausbildung zur Hauswirtschafterin sowie von 01.10.1983 bis 29.09.1985 eine ebenfalls zweijährige Ausbildung zur Altenpflegerin erfolgreich absolviert. Nach eigenen Angaben war sie in ersterem Beruf nicht tätig, als Altenpflegerin arbeitete sie von 1983 bis 1990, danach als Reinigungskraft. Ab 01.08.1994 übte die Klägerin keine versicherungspflichtige Beschäftigung mehr aus (Hausfrau). Der Versicherungsverlauf der Klägerin weist durchgehende Pflichtbeitragszeiten bis 31.07.1994 aus, danach sind keine Beitragszeiten mehr gespeichert.
Bereits am 11.02.2003 hatte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestellt. Die Beklagte zog einen ärztlichen Befundbericht des Hausarztes Dr. C. sowie medizinische Unterlagen der AOK G. bei. Bestätigt wurden hierbei die Diagnosen Schizophrenie, cerebrale Krampfanfälle, LWS-Syndrom, Gonarthrose sowie arterielle Hypertonie. Die AOK bestätigte nahezu durchgehende Arbeitsunfähigkeitszeiten von September 1993 bis 27.07.1994 aufgrund von Kopfschmerzen, Wirbelsäulensyndromen, Gastritis, gynäkologischen Befunden, psychovegetativer Erschöpfungszustände sowie einer Alkoholentgiftung von 15. bis 26.11.1993. Der von der Beklagten eingeschaltete ärztliche Dienst führte mit Stellungnahme vom 17.03.2003 (Dr. K.) aus, dass sich aus den verfügbaren Unterlagen und insbesondere aus dem Befundbericht des Dr. C. eine rentenrelevante Erwerbsminderung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ergebe. Mit Bescheid vom 20.03.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Die Klägerin erfülle nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Unabhängig vom Gesundheitszustand der Klägerin lägen im maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum vom 11.02.1998 bis 10.02.2003 keine Pflichtbeiträge vor. Dieser Bescheid wurde nicht angegriffen.
Am 03.05.2007 stellte die Klägerin einen erneuten Rentenantrag, welchen die Beklagte wiederum unter Hinweis auf die Nichterfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung mit Bescheid vom 29.5.2007 ablehnte. Am 20.06.2007 legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, der Leistungsfall der Erwerbsminderung sei aufgrund der aktenkundigen Diagnosen einer Schizophrenie, einer Alkoholabhängigkeit, eines Wirbelsäulensyndroms sowie einer Hüft- und Sprunggelenksarthrose bei Adipositas und Diabetes bereits im August 1994 eingetreten. Für den dann maßgeblichen Zeitraum vom 01.08.1989 bis 31.07.1994 liege eine Pflichtbeitragszeit von 52 Monaten vor. Damit seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt.
Auf Anregung der Beklagten legte die Klägerin in der Folge weitere medizinische Unterlagen vor. Neben Befundberichten aus den Jahren 1998 bis 2007 auf orthopädischem, chirurgischem, internistischem und phlebologischem Fachgebiet wurde auch die erste Seite eines Befundbericht der Nervenärztin Frau Dr. P. vom 23.03.1994 vorgelegt. Mit diesem wurde die Diagnose einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie einer Alkoholerkrankung bestätigt. Gleichzeitig wurde die Klägerin als wach, bewusstseinsklar, in allen Qualitäten orientiert, ohne mnestische, inhaltliche oder formale Denkstörungen beschrieben. Antrieb und affektive Schwingungsfähigkeiten erwiesen sich als nicht eingeschränkt. Bestätigt wurde eine Ich-Störung in Form von Gedankenausbreitung, Willensbeeinflussung und akustischen Halluzinationen. Die Seite 2 dieses Befundberichts konnte auch im weiteren Verfahrensverlauf nicht mehr aufgefunden werden.
Der Beklagte holte daraufhin erneut eine Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes (Dr. M.) ein. Dieser hielt die vorgelegten Unterlagen weiterhin für nicht geeignet, ein quantitatives Absinkung des Leistungsvermögens bis April 1996 zu belegen. Lediglich der Bericht von Frau Dr. P. weise darauf hin, dass die Klägerin wegen einer paranoid-halluzinatorischen Psychose und sekundärem Alkoholabusus nervenärztlich behandelt wurde. Eine Aussage zum quantitativen Leistungsvermögen bis April 1996 sei aber nicht möglich, da psychotische Schübe schnell abklingen würden und eine längere schubfreie Zeit folgen könne. Es lägen keine fachmedizinischen Befunde vor, welche objektiv und eindeutig eine quantitative Absinkung des Leistungsvermögens bis April 1996 belegen würden. Die Beklagte wies dementsprechend den Widerspruch mit Bescheid vom 14.9.2007 als unbegründet zurück.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin am 15.10.2007 durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG). Das SG forderte Befundberichte der behandelnden Nervenärztin Dr. P. sowie des Hausarztes Dr. C. an. In seinem Befundbericht vom 02.12.2007 gab Dr. C. an, dass sich die Klägerin ist seit 1993 in seiner Behandlung befinde und durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Weiter übermittelte er eine Vielzahl ärztlicher Unterlagen, von welchen für den hier maßgeblichen Zeitraum im Wesentlichen ein Arztbrief des Nervenarztes Dr. E. vom 04.03.1993, ein Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses L. vom 12.01.1994, sowie ein Arztbrief der Nervenärztin Dr. P. vom 28.03.1994 von Bedeutung sind. Das SG zog weiter sämtliche stationären Behandlungsberichte insbesondere des Bezirkskrankenhauses G. bei.
Die Beklagte legte nach Übermittlung dieser Unterlagen eine erneute Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes (Dr. S.) vor, welcher mit Datum vom 14.2.2008 und 06.06.2008 die bisherige Einschätzung bestätigte. Bei der Klägerin lägen Störungen auf nervenärztlichem, internistischem und orthopädischem Fachgebiet vor, wobei die internistischen und orthopädischen Erkrankungen mit den Diagnosen Adipositas Grad II, Zuckerkrankheit, deutliches Lip- und Lymphödem der Beine, Lendenwirbelsäulenverschleiß, Arthrose des Talonavikulargelenks am rechten Fuß, Meniskusschaden und Knorpelschaden am linken Kniegelenk nicht zu einer rentenrelevanten Einschränkung des Leistungsvermögens geführt hätten. Soweit die einzig relevanten Diagnosen Schizophrenie und Alkoholmissbrauch bereits vor 1996 gestellt worden seien, sei ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens 6 Monaten zwar möglich, jedoch könne der Nachweis nicht mit Sicherheit oder zumindest mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erbracht werden.
Das Gericht holte daraufhin ein psychiatrisches Gutachten nach Aktenlage ein und gab hierbei als maßgeblichen Zeitpunkt, bis zu welchem eine Erwerbsminderung vorliegen müsse, den April 1996 an. Der Sachverständige Dr. V. stellte mit Gutachten vom 15.11.2008 als sozialmedizinisch relevante Diagnosen eine paranoid-halluzinatorische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie einen chronischen Alkoholismus fest. Er kam zu dem Ergebnis, dass nicht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einem spätestens April 1996 eingeschränkten Leistungsvermögen ausgegangen werden könne. Zwar sprächen die Symptomschilderungen der Nervenärztin Frau Dr. P. und Dr. E. wie auch die von 1989 bis 1992 dokumentierten Zeiten von Arbeitsunfähigkeit wegen einer psychischen Erkrankung führ das Vorliegen einer Erwerbsminderung, es gebe aber keine ausreichenden Befunddokumentationen, die den geforderten Sicherheitsgrad begründen würden.
Dementsprechend wies das SG mit Urteil vom 29.01.2009 die Klage ab. Aus den durchgeführten Ermittlungen ergebe sich, dass in dem Zeitpunkt, in welchem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr.2 SGB VI letztmalig vorlagen, der Eintritt einer Erwerbsminderung nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Sowohl die medizinischen Ausführungen durch den sozialmedizinischen Dienst der Beklagten (Dr. S.) wie auch der Sachverständige Dr. V. kamen letztendlich zum Ergebnis, dass nicht mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass das Leistungsvermögen bereits im April 1996 eingeschränkt war. Es müsse aufgrund der vorliegenden Befunde daher davon ausgegangen werden, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten ohne Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit (Zeitdruck, Schichtdienst, Publikumsverkehr) mindestens 6 Stunden täglich verrichten konnte und auch in der Lage gewesen war, zumutbare Wegstrecken zur Erreichung des Arbeitsplatzes zurückzulegen.
Gegen das am 06.02.2009 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 21.02.2009 Berufung beim Bayer. LSG ein. Zur Begründung wurde der bisherige Sachvortrag wiederholt sowie eine Zeugenvernehmung des Hausarztes Dr. C. zur Frage einer bereits 1996 bestehenden Erwerbsminderung beantragt. Der Senat ordnete die Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage an und beauftragte erneut Dr. V ... Hinsichtlich der Beweisfragen wurde nunmehr für die Annahme von Erwerbsminderung der Maßstab eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit vorgegeben sowie als maßgeblicher Zeitpunkt auf den August 1996 abgestellt. In seinem Gutachten vom 08.07.2009 wies der Sachverständige auf die unveränderte Aktenlage hin. Auch unter Berücksichtigung des nunmehr abweichenden Beurteilungszeitpunkts und unter Zugrundelegung des veränderten Beweismaßstabes kommt er zu keinem anderen Ergebnis. Eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin spätestens im August 1996 lasse sich medizinisch weiterhin nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit begründen.
Mit Schreiben vom 27.8.2009 legte der Bevollmächtigte der Klägerin nochmals drei bereits aktenkundige Befundberichte aus den Jahren 1993 und 1994 (Kreiskrankenhaus L., Nervenärzte Dr. E. und Dr. P.) vor. Mit Schreiben vom 01.09.2009 wies der Senat darauf hin, dass beabsichtigt werde, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG als unbegründet zurückzuweisen. Nachdem der Klägerbevollmächtigte erneut die Vernehmung des Hausarztes Dr. C. als Zeugen beantragt hatte, forderte der Senat eine schriftliche Stellungnahme des Hausarztes an. Hierbei wurden zum einen um Übermittlung sämtlicher Befunddokumentationen der Jahre 1993 bis 1996, zum anderen um begründete Einschätzung der Frage einer bis August 1996 eingetretenen Erwerbsminderung gebeten. Dr. C. äußerte zunächst lediglich, dass ihm Unterlagen für die maßgebliche Zeit nicht mehr vorlägen. Nachdem der Senat daraufhin mitgeteilt hatte, dass es bei dem Hinweis auf § 153 Abs. 4 SGG mit Schreiben vom 01.09.2009 verbleibt, teilte der Klägerbevollmächtigte mit, Kontakt mit Dr. C. aufgenommen zu haben, dieser werde schriftlich Stellung nehmen. Mit Datum vom 28.04.2011 übermittelte Dr. C. nochmals die bereits bekannten Befundberichte und stellte ohne weitere Begründung fest, dass sich sowohl aus seiner Erinnerung wie auch aus den beiliegenden Dokumenten eine vollständige Erwerbsunfähigkeit seit 1993 ableiten lasse.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Augsburg vom 29.01.2009 sowie des Bescheides der Beklagten vom 29.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2007 zu verurteilen, der Klägerin antragsgemäß Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung konnte gem. § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ergehen, weil der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten wurden hierzu angehört, § 153 Abs. 4 S.2 SGG. Eine erneute Anhörung der Beteiligten nach der Stellungnahme durch Dr. C. vom 28.04.2011 war nicht mehr erforderlich, da dessen Aussage lediglich die bereits im Befundbericht gegenüber dem SG abgegebene Äußerung bestätigt, ohne dass hierdurch eine wesentliche Änderung der Prozesssituation eingetreten wäre (vgl. Meyer-Ladewig Rn. 19 zu § 153 SGG).
Prüfungsmaßstab ist hierbei §§ 43, 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung, da der maßgebliche Rentenantrag nach dem 01.04.2001 gestellt wurde, vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI. Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI in der geltenden Fassung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, vgl. § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, § 43 Abs. 3 SGB VI.
Der Nachweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen muss hierbei im Wege des Vollbeweises erfolgen. Dies erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG vom 14.12.2006, Az.: B 4 R 29/06 R; BayLSG vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann. Oder in anderen Worten gesagt: Das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können. Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. BayLSG a.a.O.; BSGE 45, 285: BSGE 58, 80). Können die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte. Für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Erwerbsminderung trägt insoweit der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG vom 23.10.1996, Az.: 4 RA 1/96).
Unter Berücksichtigung dieser Prämissen besteht nach dem Ergebnis der Ermittlungen kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Es konnte nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass eine rentenbegründende quantitative Leistungseinschränkung bereits in dem Zeitpunkt vorlag, in dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen i.S.v. § 43 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 2 Nr. 2 SGB VI letztmals gegeben waren. Dieser Zeitpunkt ist entgegen der Auffassung des SG nicht im April 1996 anzusetzen. Aufgrund der durchgehenden Pflichtbeitragszeiten bis 31.07.1994 würde noch ein bis 01.08.1996 eingetretener Leistungsfall anspruchsbegründend wirken.
Ein solcher Leistungsfall ist jedoch nicht feststellbar. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des Sachverständigen Dr. V. an. Der in beiden Instanzen gehörte Sachverständige hat mit seinen psychiatrischen Gutachten nach Aktenlage unter Auswertung der noch vorhandenen ärztlichen Unterlagen bestätigt, dass bei der Klägerin an sozialmedizinisch relevanten Diagnosen im fraglichen Zeitpunkt eine paranoid-halluzinato-rische Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie ein chronischer Alkoholismus vorgelegen haben. Diese Gesundheitsstörungen konnten grundsätzlich die Einsatzfähigkeit im Erwerbsleben beeinträchtigen. Zu beachten ist aber, dass zwischen Juli 1991 und November 2001 nach den Unterlagen keine stationäre psychiatrische Behandlung stattfand (die Behandlung im Kreiskrankenhaus L. im November 1993 diente ausschließlich der stationären Alkoholentgiftung). In welchem Umfang ambulante psychiatrische Behandlungen stattfanden, lässt sich ebenso wie der Verlauf der diagnostizierten Gesundheitsstörungen des psychiatrischen Fachgebiets nicht mehr rekonstruieren. Zusammenfassend stellt der Sachverständige fest, dass keine ausreichenden Befunddokumentationen vorliegen, so dass sich nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass bereits im April respektive August 1996 eine quantitative Leistungseinschränkung vorlag. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch leichte Tätigkeiten ohne Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit (Zeitdruck, Schichtdienst, Publikumsverkehr) verrichten konnte, zu vermeiden war außerdem Griffnähe zu Alkohol. Zusätzliche Arbeitspausen waren nicht notwendig. Ebensowenig ließen sich Einschränkungen hinsichtlich der Anmarschwege zur Arbeitsstelle zu Fuß oder mit Hilfe öffentlicher Verkehrsmittel begründen. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass sich eine quantitative Leistungseinschränkung bis spätestens August 1996 weiterhin nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit medizinisch begründen lässt.
Der Senat hält dieses Gutachtensergebnis für überzeugend. Insbesondere ist zu beachten, dass für die Zeit von August 1994 bis November 2001 keine ambulanten oder stationären nervenärztliche Befundberichte vorliegen. Dies spricht gegen eine länger andauernde zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Aus der Bescheinigung über die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der AOK Bayern vom 26.02.2003 ergibt sich weiterhin, dass in der Zeit von 1985 bis August 1996 lediglich in den Jahren 1989 bis 1992 Arbeitsunfähigkeiten aufgrund psychiatrischer Diagnosen festgestellt worden waren. In den Jahren 1993 und 1994 wurde die Klägerin ausschließlich wegen jeweils akuter internistischer, gynäkologischer sowie orthopädischer Befunde krankgeschrieben. Zudem ist anzumerken, dass eine Alkoholerkrankung wie auch eine medikamentös eingestellte Psychose aus dem schizoiden Formenkreis nicht zwangsläufig eine Erwerbsminderung auf unter sechs Stunden täglich bedingt. Die Klägerin konnte trotz dieser Erkrankungen ihre Tätigkeit als Reinigungskraft jedenfalls bis August 1994 zumindest zeitweise weiter ausüben. Aus den aktenkundigen Arbeitsunfähigkeit-Diagnosen der Jahre 1993 und 1994 lässt sich insoweit kein Rückschluss auf eine maßgebliche Verschlechterung gerade der psychiatrischen Erkrankungen im maßgeblichen Zeitraum ziehen.
Trotz entsprechender Bemühungen der Beteiligten wie auch des Gerichts konnten weitere medizinische Unterlagen über den Gesundheitszustand der Klägerin im fraglichen Zeitraum nicht mehr aufgefunden werden. Zwar hat die Klägerin nach Einholung des Gutachtens im Berufungsverfahren erneut ärztliche Befundberichte vorgelegt. Diese haben aber bereits im Klageverfahren vorgelegen und waren damit auch dem Sachverständigen bei Fertigung der Gutachten bekannt. Soweit Dr. C. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 28.04.2011 die Auffassung vertritt, dass sich sowohl aus seiner Erinnerung wie auch aus dem beiliegenden Dokumenten eine vollständige Erwerbsunfähigkeit der Klägerin seit 1993 ableiten lasse, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Bereits mit Befundbericht an das Sozialgericht vom 02.12.2007 bestätigte Dr. C. eine seit 1993 durchgehend bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin. Gleichwohl ist der Sachverständige Dr. V. in seinem Gutachten vom 15.11.2008 und 08.07.2009 dieser Einschätzung gerade nicht gefolgt. Der erforderliche Vollbeweis für die Annahme einer bereits zum 01.08.1996 vorliegenden Erwerbsminderung kann durch die erneute Bestätigung durch Dr. C. nicht geführt werden. Ein Antrag auf Vernehmung von Dr. C. als Zeuge wurde vom Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 27.04.2011 im Hinblick auf die schriftliche Stellungnahme nicht mehr wiederholt und wird auch vom Gericht im Hinblick auf den langen Zeitraum und die entsprechenden Einlassungen das Dr. C. nicht als zielführend erachtet. Von dem Antragsrecht nach § 109 SGG wurde klägerseits nicht Gebrauch gemacht.
Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI scheidet aus. Zwar hat die Klägerin zwei Berufsausbildungen absolviert, und zumindest den Beruf der Altenpflegerin auch zeitweise ausgeübt. Unbeschadet der Frage, dass bezüglich dieser Tätigkeit der Umstand einer bis 31.07.1996 eingetretenen Berufsunfähigkeit ebenfalls nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, war die Klägerin zuletzt über mehrere Jahre hinweg als Reinigungskraft tätig. Bei dieser maßgeblichen Beschäftigung handelt es sich um eine ungelernte beziehungsweise angelernte Tätigkeit des unteren Bereiches, welche der Klägerin keinen Berufschutz vermittelt.
Die Berufung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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