S 164 SF 4703/10 E

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
164
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 164 SF 4703/10 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Gegenstand der Klage vom 12. September 2008 im Verfahren S 202 (vormals S 135) AS 28124/08 waren höhere Unterkunfts- und Heizkosten im Zeitraum August 2008 bis Januar 2009. Mit Beschluss vom 29. Januar 2009 bewilligte das Gericht der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers.

Im Verfahren S 158 AS 17253/08 war die Höhe der Unterkunftskosten im Zeitraum Februar bis Juli 2008 streitig. Im Verfahren S 8 AS 33401/07, in dem die Höhe der Unterkunftskosten im Zeitraum August 2007 bis Januar 2008 Streitgegenstand waren, schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 25. Februar 2009 einen Vergleich, wonach der Beklagte Unterkunftskosten bis April 2008 in tatsächlicher Höhe unter Abzug der Warmwasserpauschale trägt, ferner die Hälfte der außergerichtlichen Kosten im Verfahren S 8 AS 33401/07 und in den Verfahren S 135 AS 28124/08 und S 158 AS 17253/08, die Klägerin die Klage im Verfahren S 135 AS 28124/08 zurücknahm und im Verfahren S 158 AS 17253/08 nach Entscheidung über die Prozesskostenhilfe sich zurückzunehmen verpflichtete.

Mit Kostenrechnung vom 29. September 2009 stellte der Erinnerungsführer für das Verfahren S 135 AS 28124/08 der Landeskasse 355,22 Euro in Rechnung: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 187,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro Einigungsgebühr Nr. 190 VV RVG 190,00 Euro Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 113,43 Euro Summe: 710,43 Euro abzügl. Vorschüsse/Zahlungen 355,21 Euro Betrag: 355,22 Euro.

Mit Beschluss vom 27. April 2010 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen die aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung auf 169,58 Euro fest: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 140,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 125,00 Euro Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 54,15 Euro Summe: 339,15 Euro Davon ½ 169,58 Euro. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Die Erinnerung ist am 07. Mai 2010 beim Sozialgericht Berlin eingegangen. Der Erinnerungsführer macht geltend, die Urkundsbeamtin berücksichtige nicht die für die Klägerin zumindest leicht überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit. Gleiches gelte für die überdurchschnittliche Schwierigkeit, da er sich mit dem gesundheitlichen Zustand der Klägerin habe auseinandersetzen müssen. Nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss im Verfahren S 158 AS 17253/08 sei die Mittelgebühr noch nicht unbillig, die hier geltend gemachte Gebühr liege innerhalb der Toleranzgrenze von 10%. Die fiktive Terminsgebühr folge quasi der Verfahrensgebühr. Der Vergleich vor der 8. Kammer umfasse auch das hiesige Verfahren, weshalb die Einigungsgebühr entstanden sei.

Der Erinnerungsgegner beantragt die Zurückweisung der Erinnerung.

II.

Die Erinnerung ist zulässig, aber nicht begründet. Höhere als die im angefochtenen Beschluss der Urkundsbeamtin vom 27. April 2010 festgesetzten Gebühren sind nicht erstattungsfähig.

Die Verfahrensgebühr, die sich infolge Vertretung der Klägerin durch den Erinnerungsführer hier nach Nr. 3103 VV RVG richtet, ist in Höhe der geltend gemachten Gebühr oberhalb der Mittelgebühr unbillig. Zutreffend weist die Urkundsbeamtin im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass im Hinblick auf die Vertretung der Klägerin im Parallelverfahren Synergien entstanden sind, die sich mindernd auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit auswirken. (Synergieeffekte bei vor- oder gleichzeitiger Befassung des Rechtsanwaltes im Widerspruchs – und Eilverfahren bejahen die Kostenkammern des SG Berlin in ständiger Rechtsprechung; ausführlich hierzu der Beschluss vom 18. März 2011, S 165 SF 1563/09 E, Fundstelle juris). Auch vorliegend ist es gerechtfertigt, die tatsächlich entstandenen Synergien mindernd zu berücksichtigen. So verweist der Erinnerungsführer zur Begründung der Klage weitgehend auf seine Ausführungen in dem bereits im Mai 2008 anhängig gemachten Parallelverfahren S 158 AS 17253/08. Über das dortige Vorbringen hinaus findet sich lediglich der Hinweis, dass die dem Widerspruchsbescheid beigefügten Wohnungsangebote nicht erkennen lassen, inwieweit sie der AV-Wohnen entsprechen würden. Im weiteren Verfahrensverlauf wurde seitens des Erinnerungsführers der Streitgegenstand infolge Umzugs der Klägerin zum 01. November 2008 begrenzt. Schriftsätzlicher Vortrag insbesondere über den Gesundheitszustand der Klägerin fand im dieser Kostenentscheidung zugrundeliegenden Verfahren nicht statt. Soweit die überdurchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit begründet wird, hat dieser Umstand bei Gebührenbemessung der Verfahrensgebühr im Parallelverfahren, in dem die Auseinandersetzung tatsächlich stattgefunden hat, Berücksichtigung zu finden und tatsächlich auch gefunden. Neue Tatsachen oder Rechtsfragen bzw. Veränderungen sind im Klageverfahren über den nachfolgenden Bewilligungsabschnitt weder schriftsätzlich vorgetragen noch nach Aktenlage tatsächlich ein- bzw. aufgetreten.

Die überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin wird durch deren deutlich unterdurchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse kompensiert. Sonstige Umstände, die sich ggf. weiter gebührenerhöhend auswirken könnten sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.

Auch eine Terminsgebühr oberhalb der festgesetzten Gebühr ist nicht billig. Im vorliegenden Verfahren hat ein Termin nicht stattgefunden. Auch eine sogenannte fiktive Terminsgebühr ist hier nicht entstanden, das Klageverfahren endete insbesondere nicht durch ein Anerkenntnis des Beklagten. Dass die Sache anlässlich der mündlichen Verhandlung am 25. Februar 2009 im Termin vor der 8. Kammer mitverglichen wurde, rechtfertigt aber den Anfall einer Terminsgebühr als Besprechungsgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3, 3. Alt. zu Teil 3 VV RVG (so auch schon SG Berlin, Beschluss vom 27. Oktober 2010, S 127 SF 3807/10 E).

Nach der Vorb. 3 Abs. 3, 3. Alt. zu Teil 3 VV RVG entsteht eine Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts, soweit es sich nicht um Besprechungen mit dem (eigenen) Auftraggeber handelt. Dabei sind an die Besprechung keine besonderen Anforderungen zu stellen. Es genügt ein, auch telefonischer, mündlicher Austausch von Erklärungen, wobei die Gegenseite allerdings bereit sein muss, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten (BGH, Beschluss vom 20. November 2006, -II ZB 9/06-, JurBüro 2007, 136; OVG Hamburg, NJW 2006, 1543). Eine vorherige Verabredung der Beteiligten ist nicht erforderlich (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04. Januar 2006, -10 W 32/05-, Fundstelle juris; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Vorb. 3 VV, Rdnr. 119, unter Verweis auf OLG Koblenz NJW 05, 2162).

Die Zubilligung der Terminsgebühr in Form der Besprechungsgebühr entspricht vorliegend auch ihrem Sinn und Zweck. Denn damit soll vermieden werden, dass ein gerichtlicher Termin nur deshalb anberaumt werden muss, um den abgeschlossenen Vergleich zu protokollieren, und damit die Terminsgebühr entstehen zu lassen (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Hier konnte im Verfahren S 135 AS 28124/08 auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

Vorliegend hat eine Besprechung der Angelegenheit zwischen den Beteiligten im Termin vor der 8. Kammer stattgefunden, das Klageverfahren wurde dort einvernehmlich auch tatsächlich beendet. Bei der Höhe der Gebühr ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Rahmen der Besprechung deutlich unterdurchschnittlich war. Im Termin dürfte im Vordergrund die Verhandlung über den Streitgegenstand des vor der 8. Kammer anhängigen Verfahrens gestanden haben. Auch ein drittes Verfahren wurde in den Vergleich mit einbezogen. Bei ansonsten durchschnittlichen Umständen erscheint eine Gebühr in Höhe von 125 Euro, wie festgesetzt, als jedenfalls angemessen.

Eine Einigungsgebühr ist im Klageverfahren S 8 AS 33401/07, nicht aber im Verfahren S 135 AS 28124/08 entstanden. Eine einheitliche Einigung führt stets nur zu einer Einigungsgebühr, es spielt keine Rolle, ob in der Einigung Gegenstände mitgeregelt werden, die zu verschiedenen Angelegenheiten gehören; unerheblich ist auch, ob die Gegenstände in verschiedenen gerichtlichen Verfahren anhängig sind (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, VV 1003, 1004 Rdnr. 68 m.w.N.). Im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius verbleibt es hier bei dem festgesetzten Betrag.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG).

Eine Beschwerde gegen diese Entscheidung ist nicht statthaft, vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 20. Juni 2008, L 1 B 60/08 SF AL, und vom 08. Mai 2009, L 8 B 190/08 SF, Fundstellen juris.
Rechtskraft
Aus
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