L 5 KR 174/11 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 KR 158/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 174/11 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Rechtsbehelfe gegen Beitragsvollstreckung
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 07.02.2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Der am 1960 geborene Kläger war bei der Beklagten bis 17.08.2001 aus einem Beschäftigungsverhältnis gesetzlich krankenversichert gewesen. Anschließend war er selbstständig tätig und verzichtete auf eine Absicherung des Krankheitsrisikos. Mit Schreiben vom 29.10.2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er durch die gesetzliche Neuregelung ab 01.04.2007 bei ihr gesetzlich krankenversichert war und forderte die entsprechenden Beiträge, die seither entstanden waren, nach. Dem widersetzte sich der Kläger und erklärte u. a. die Kündigung des Versicherungsverhältnisses. Mit Bescheid vom 22.12.2009/Widerspruchsbescheid vom 16.04.2010 bestätigte die Beklagte die gesetzliche Pflichtversicherung und forderte die bis dahin angelaufenen Beiträge einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von zusammen 10.054,60 EUR nach. Gleichzeitig erwirkte die Beklagte aufgrund Ausstandsverzeichnisses vom 04.02.2010 die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek auf eine dem Kläger gehörende Immobilie unter der Adresse A-Straße, 97318 Schwarzach/Main. Die entsprechende Eintragung erfolgte am 14.04.2010 im Grundbuch des Amtsgerichts Kitzingen.

Gegen den Bescheid vom 22.12.2009/Widerspruchsbescheid vom 16.04.2010 sowie gegen die Eintragung der Zwangssicherungshypothek hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben und sich gegen die Vorgehensweise der Klägerin gewandt, welche nicht berechtigt gewesen sei, Beiträge in der angegebenen Höhe geltend zu machen und zu vollstrecken. Einen für dieses Verfahren gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 07.02.2011 mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.

Dagegen hat der Kläger Beschwerde erhoben im Wesentlichen mit der Begründung, das Sozialgericht habe zu Unrecht die Erfolgsaussicht als mangelhaft beurteilt. Er hat zum Beweis seine Einkommensteuerbescheide für 2008 und 2009 vorgelegt, welche als Gesamtbetrag der Einkünfte 7.500,00 EUR bzw. 7.800,00 EUR ausweisen. Ausgehend davon könne die Berechnung der Beklagten nicht zutreffen, weil er dann die Hälfte des Einkommens für die Beiträge zur Beklagten hätte aufwenden müssen. Zudem sei die Beklagte verpflichtet, dem Kläger rückständige Beiträge zu erlassen oder dazu wenigstens ihr Ermessen auszuüben. Es sei ihm deshalb Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Der Kläger beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 07.02.2011 aufzuheben und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. B. zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts Würzburg für zutreffend.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 Abs. 1 SGG, 73 a, 127 ZPO), aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten der Klage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

1. Prozesskostenhilfe erhält nach § 73 a SGG i. V. m. § 114 ff. ZPO ein bedürftiger Beteiligter, soweit die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. In diesem Rahmen wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).

Bei der Abwägung, ob einer Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg zukommt, gebietet Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i. V. m. dem in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsprinzip, welches für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 2 GG ihren besonderen Ausdruck findet, eine weitgehende Angleichung der Situation von bemittelten und unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Deshalb dürfen die Anforderungen an die hinreichende Erfolgsaussicht nicht überzogen werden, weil das Prozesskostenhilfeverfahren den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bietet, sondern ihn erst zugänglich macht (ständige Rechtsprechung, vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG - Beschluss vom 06.05.2009 - 1 BvR 439/08 sowie Bayer. LSG, Beschluss vom 20.07.2010 - L 9 AL 114/10 B PKH).

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist zunächst festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 22.12.2009/Widerspruchsbescheid vom 16.04.2010 im Rahmen der summarischen Überprüfung und soweit er mit der Klage angefochten ist, aus rechtlichen Gründen nicht zu beanstanden ist. Wie das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend ausführt, besteht aufgrund gesetzlicher Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ab dem 01.04.2007 eine gesetzliche Krankenversicherung des Klägers bei der Beklagten. Die entsprechende Beitragshöhe wurde für den Kläger als Selbstständigen zutreffend ermittelt, weil insoweit Mindestberechnungsgrößen maßgeblich sind. Von diesen abzuweichen ist nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. Die dafür nötigen Voraussetzungen hat der Kläger nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Überprüfung nicht erfüllt. Sofern der Kläger im Prozesskostenhilfeverfahren erstmals neue Einkommensnachweise vorgelegt hat, können diese nicht für die streitgegenständliche in die Vergangenheit wirkende Zeit Berücksichtigung finden.

Zudem ist der Kläger darauf hinzuweisen, dass die Beklagte die Geltendmachung von Säumniszuschlägen in zutreffender, den Kläger nicht belastender Weise vorgenommen hat.

Soweit der Kläger sich auf Unkenntnis seiner Versicherungspflicht ab 01.04.2007 beruft und Ermäßigung, Stundung oder Niederschlagung der Beiträge gemäß § 186 Abs. 11 SGB IV i. V. m. der Satzung der Beklagten beantragt, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger bereits seit Ende Dezember 2009 von der Versicherungspflicht und den aufgelaufenen Beiträgen Kenntnis hatte, gleichwohl aber keine Zahlungen geleistet hat oder nur unangemessene Zahlungsangebote - Monatsbeitrag in Höhe von 60,00 EUR - unterbreitet hat. Die Voraussetzungen einer Stundung in der Gestalt eines Zahlungswillens sind damit nicht erkennbar. Es kommt hinzu, dass der Kläger - wie aus der Zwangshypothek ersichtlich - über Vermögen verfügt, mit welchem er die angefallenen Rückstände zu zahlen in der Lage wäre.

3. Soweit sich die erhobene Klage gegen die Eintragung der Zwangshypothek richtet, ist sie zulässig. Die Beklagte hat zur Vollstreckung ihrer Beitragsnachforderung die ihr eröffnete Wahl des Vollstreckungsweges (§ 66 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 SGB X; BSG Urteil vom 15.02.1989 - 12 RK 3/88 Rdnr 19 - zitiert nach Juris; LSG Essen Urteil vom 08.11.2004 - L 17 U 201/03) dahingehend getroffen, dass sie nach dem Bayerischen Zwangsvollstreckungs- und Zustellungsgesetz (BayVwZVG ) vorgeht. Der insoweit entsprechende Rechtsbehelf nach Art. 26 Abs. 7 BayVwZVG ist die Vollstreckungsabwehrklage, welche wegen der Verweisung auf § 767 ZPO vor dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen ist, welches im vorliegenden Fall das Sozialgericht Würzburg ist (vgl. BSG Urteil vom 15.02.1989 - 12 KA 3/88).

Hierzu ist - ebenfalls im Rahmen der gebotenen summarischen Überprüfung - festzustellen, dass die Beklagte die Vollstreckungsvoraussetzungen des Art. 23 Abs. 1 sowie Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 BayVwZVG für den gem. § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG mit Sofortvollzug versehenem Beitragsbescheid erfüllt hatte. Die vom Kläger materiell erhobenen Einwendungen zum von der Beklagten im Verwaltungsvollstreckungswege festgestellten Anspruch sind deckungsgleich mit denjenigen, die er zur Rechtmäßigkeit des Bescheides/Widerspruchsbescheides vorgebracht hat. Wie ausgeführt lassen sich dazu Fehler in der Verwaltungsentscheidung der Beklagten nicht erkennen.

Damit fehlt es an der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage, für welche der Kläger Prozesskostenhilfe begehrt. Die Beschwerde bleibt damit ohne Erfolg.

Die Kosten der Beschwerde werden nicht erstattet, § 127 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 73 a SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG, § 73 a SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Abs. 3 ZPO.
Rechtskraft
Aus
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