L 3 U 179/11 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 421/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 179/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 05. Juli 2011 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die form- und fristgerechte, nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) vom 05. Juli 2011 ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat im Ergebnis zu Recht den mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrag des Antragstellers abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine Umschulung zum Fahrlehrer bei der Firma G K zu übernehmen, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht vorliegen.

Nach § 86 b Abs. 2 Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO)).

Hiervon ausgehend hat der Antragsteller die erforderlichen Anordnungsvoraussetzungen nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere hat der Antragsteller bereits nicht glaubhaft gemacht, welche konkreten mit Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall vom 20. Januar 2011 verursachten Gesundheitsschäden bei ihm noch vorliegen und dass aufgrund dieser unfallbedingten Gesundheitsschäden seine Erwerbsfähigkeit oder die Wettbewerbschancen auf dem Arbeitsmarkt behinderungsbedingt nicht unerheblich beeinträchtigt sind, bzw. dass die Gefahr besteht, dass eine nicht unerhebliche behinderungsbedingte Erwerbsminderung oder nicht unerhebliche behinderungsbedingte Beeinträchtigung der Wettbewerbschancen einzutreten drohen (§§ 26 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 35 Abs. 1 Sieb-tes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i. V. m. § 33 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX); vgl. z. B. das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 25. März 2009 – L 3 U 239/07 -, in UV-Recht Aktuell 2009 S. 796 ff.). Denn nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten und hier insbesondere der Durchgangsarztberichte des Dr. M-B vom 01. April 2011 und 05. Mai 2011 bestanden bei ihm zum Zeitpunkt dieser Berichte zwar noch eine Bewegungseinschränkung in der I. Zehe rechts sowie eine mäßige Schwellung, außerdem klagte er über Ermüdungserscheinungen. Dr. M-B ist aber dennoch von einer Arbeitsfähigkeit des Antragstellers, der zuletzt als Auslieferer von Pizzas geringfügig beschäftigt war, ausgegangen. Dem hat der Antragsteller lediglich Behauptungen ent-gegen gestellt, jedoch keinerlei medizinischen Nachweise (z. B. Atteste) oder etwa Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Darüber hinaus war er nach seinem eigenen Vortrag inzwischen – zumindest in Teilzeit - weiterhin als Pizzalieferant tätig. Entgegen der Ansicht des Antragstellers war hier auch das SG nicht zu weiteren Ermittlungen im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens verpflichtet. Eine solche Ermittlungspflicht könnte nur dann im Raum stehen, wenn der Antragsteller zumindest ansatzweise Anhaltspunkte für das Fortbestehen unfallbedingter Gesundheitsstörungen, die seine Erwerbsfähigkeit vermindern bzw. gefährden könnten, vorgelegt hätte. Schließlich geht der Antragsteller auch in der Annahme fehl, hier seien etwaige, auf einem etwaigen Arbeitsunfall vom 08. Februar 2003 beruhende Gesundheitsstörungen, zu berücksichtigen. Hinsichtlich dieses geltend gemachten Unfalls hat die Antragsgegnerin keine Entscheidung getroffen. Auch besteht keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin für eine derartige Entscheidung, vielmehr muss sich der Antragsteller an die dafür laut dem Durchgangsarztbericht vom 01. Dezember 2003 zuständige Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft wenden. Soweit der Antragsteller auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zum Aktenzeichen B 2 U 9/05 R Bezug nimmt, betrifft dieses eine völlig andere Fallkonstellation – nämlich die Zuständigkeit für die Entschädigung von Berufserkrankungen, wenn diese im Wesentlichen dasselbe Erkrankungsbild erfassen - und ist hier nicht einschlägig. Zudem liegen – worauf das SG zutreffend hingewiesen hat – keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass hier das Ermessen der Antragsgegnerin bzgl. der Auswahl der Maßnahme zu Teilhabe am Arbeitsleben (siehe hierzu u. a. die nach § 33 Abs.4 SGB IX und §69 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) zu beachtenden Kriterien) auf Null reduziert sein könnte.

Schließlich fehlt es auch an einem Anordnungsgrund. Die vom Antragsteller begehrte einjährige Umschulungsmaßnahme hat bereits am 24. Juni 2011 begonnen. Dass er noch über einen Monat später genau diese Umschulungsmaßnahme beginnen könnte, hat er weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Für eine etwaige Kostenerstattung hat er ebenfalls nicht dargetan, dass er die Umschulung – auf eigene Kosten – tatsächlich angefangen hätte. Sollte es diese Umschulungsmaßnahme immer wieder geben, so besteht bereits deshalb kein Eilbedürfnis, weil er die Maßnahme immer wieder beginnen könnte und die Klärung der Frage daher dem Widerspruchs- bzw. gerichtlichen Hauptsacheverfahren überlassen bleiben kann. Anhaltspunkte dafür, dass er nur diese, vom 24. Juni 2011 bis zum 30. Juni 2012 laufende Maßnahme und keine spätere Maßnahme absolvieren kann, hat er nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.

Die vom Gericht durchgeführte summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügt auch eingedenk der besonderen Umstände des Falls dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 S. 1 des Grundgesetzes (GG). Eine Folgenabwägung (zu den Anforderungen grundlegend Bundesverfassungsgericht (BVerfG), stattgebende Kammerbeschlüsse vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586//02 -, zitiert nach juris Rn. 6 ff., und vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 -, zitiert nach juris Rn. 24 ff.) war nicht geboten, weil die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes im vorliegenden Fall nicht zu schweren und unzumutbaren Nachteilen für den An-tragsteller führt.

Im Hinblick auf die zuvor gemachten Ausführungen fehlt es dem Beschwerdeverfahren an einer hinreichenden Erfolgsaussicht im Sinne von § 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO, so dass der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgte dem Ausgang des Verfah-rens in der Sache selbst.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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