Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 1794/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. In der Schweiz wohnhafte Rentenbezieher haben gemäß
§ 106 SGB VI Anspruch auf einen Zuschuss zu den Auf-
wendungen der Krankenversicherung unter Berück-
sichtigung der Kosten der obligatorischen Krankenpflege-
versicherung.
2. Der Rentenversicherungsträger war verpflichtet, in der
Schweiz wohnhafte Rentenbezieher auf die mit Inkrafttreten
des Freizügigkeitsabkommens am 01.06.2002 erweiterten
Möglichkeiten eines Beitragszuschusses hinzuweisen.
§ 106 SGB VI Anspruch auf einen Zuschuss zu den Auf-
wendungen der Krankenversicherung unter Berück-
sichtigung der Kosten der obligatorischen Krankenpflege-
versicherung.
2. Der Rentenversicherungsträger war verpflichtet, in der
Schweiz wohnhafte Rentenbezieher auf die mit Inkrafttreten
des Freizügigkeitsabkommens am 01.06.2002 erweiterten
Möglichkeiten eines Beitragszuschusses hinzuweisen.
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 28.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2010 verurteilt, dem Kläger ab 01.01.2005 einen Zuschuss zu dessen Aufwendungen für die Kranken-versicherung unter Berücksichtigung der Kosten seiner obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Zahlungsansprüche beginnend ab 01.03.2005 mit vier vom Hundert zu verzinsen. Im Üb-rigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Beklagte hat zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Beitragszuschusses zu den seit 01.01.2001 angefallenen Aufwendungen des Klägers für die Krankenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Der in der Schweiz wohnhafte Kläger bezieht seit dem 01.01.2001 eine Regelalters-rente (Bescheid der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 31.01.2001). Im Antragsformular machte er keine Angaben zu seiner Krankenversicherung und verneinte die Frage nach der Beantragung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung.
Mit Bescheiden vom 09.12.2009 und vom 10.02.2010 stellte die Beklagte die bewilligte Rente unter Berücksichtigung der im Verhältnis zur Schweiz seit dem 01.06.2002 geltenden europarechtlichen Vorschriften rückwirkend ab 01.01.2005 neu fest. Mit Schreiben vom 05.02.2010 führte die Beklagte hierzu aus, zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung im Jahr 2001 sei die zum Juni 2002 erfolgende Einführung des europäischen Gemeinschaftsrechts im Verhältnis zur Schweiz bereits bekannt gewesen und ein Hinweis auf einen Antrag auf Neufeststellung der noch auf Grundlage des Deutsch-Schweizerischen Sozialversicherungsabkommens festgestellten Rente versehentlich unterblieben. Dies sei im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsan-spruchs zu korrigieren.
Am 17.08.2009 beantragte der Kläger rückwirkend seit Rentenbeginn am 01.01.2001 einen Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung sowie eine Verzinsung der Nachzahlungsbeträge mit vier vom Hundert. Er legte hierzu Ver-sicherungspolicen der Xxx Versicherungen vor, aus denen sich monatliche Prämien zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung sowie ergänzenden Zusatzversicherungen ergaben.
Mit Bescheid vom 28.08.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Beitragszuschuss mit der Begründung ab, wegen der bestehenden schweizerischen gesetzlichen Krankenversicherungspflicht sei ein Anspruch auf Beitragszuschuss ausgeschlossen. Dies gelte auch für freiwillige private Zusatzversicherungen.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 05.10.2009 und machte gel-tend, seit Inkrafttreten des europäischen Gemeinschaftsrechts im Verhältnis zur Schweiz habe er jedenfalls bis zu einer am 01.05.2007 eingetretenen Gesetzesänderung Anspruch auf Beitragszuschuss gehabt und hätte einen solchen auch beantragt, wäre er von Beklagten insoweit hinreichend informiert worden. Dieser Beratungsmangel sei im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu korrigieren, so dass ihm rückwirkend und aufgrund der Besitzstandsregel gemäß § 315 Abs. 4 SGB VI auch fortlaufend ein Beitragszuschuss zustehe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010 zu-rück. Zur Begründung führte sie aus, die über den Deckungsumfang des schweizeri-sches Krankenversicherungsobligatoriums hinausgehenden Zusatzversicherungen seien in der Zeit vom 01.06.2002 bis zum 30.04.2007 zwar grundsätzlich zuschussfähig gewesen. Einen entsprechenden Antrag habe der Kläger jedoch nicht gestellt, ohne dass sie insoweit Auskunfts- und Beratungspflichten verletzt habe. Der Kläger habe weder um entsprechende Beratung nachgesucht noch habe sie gegen ihre Pflicht zur Spontanberatung hinsichtlich klar zu Tage tretender Gestaltungsmöglichkeiten verletzt, die ggf. hätten anlässlich eines Bearbeitungsvorgangs auffallen können. Nach § 106 Absatz 1 Satz 2 SGB VI in seit dem 01.05.2007 geltenden Fassung sei der Beitragszuschuss inzwischen ausgeschlossen, da die obligatorische Kranken Pflegeversicherung nach schweizerischem Recht eine den Beitragszuschuss aus-schließende ausländische gesetzliche Krankenversicherung darstelle.
Mit der am 28.04.2010 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, dass die Beklagte im Zusammenhang mit seinem Rentenantrag hinsichtlich des Inkrafttretens des europäischen Gemeinschaftsrechts am 01.06.2002 ihre Bera-tungspflichten verletzt habe, habe sie mit ihrem Schreiben vom 05.02.2010 betreffend die Rentenneuberechnung letztlich zugestanden. Im Übrigen werde in der Schweiz lebenden Rentenempfängern durch die Rechtsprechung inzwischen ein Bei-tragszuschuss auch zu den Aufwendungen der obligatorischen Krankenpflegversi-cherung zugebilligt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2010 zu verurteilen, ihm ab 01.01.2001 einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten seiner obligatorischen Krankenpfle-geversicherung zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Zahlungsansprüche mit vier vom Hundert zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte die angefochtene Ablehnungsentscheidung unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010. Ergänzend führt sie aus, bei der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach schweizerischem Recht handle es sich um eine Pflichtversicherung und nicht um ein freiwilliges Krankenver-sicherungsverhältnis. Der Versicherte könne lediglich das Versicherungsunternehmen wählen. Dieses müsse jedoch im Verzeichnis der zugelassenen Krankenversicherer erfasst sein, so dass das Wahlrecht eingeschränkt sei und es sich eindeutig um eine gesetzliche Krankenversicherung handle. Eine Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung bestehe in der Schweiz anders als im deutschen Recht nicht. Dort sei gesetzlich die Durchführung der gesetzlichen Krankenversicherung durch private Krankenversicherungsunternehmen vorgegeben.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Für das weitere Vorbringen der Beteiligten und die Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Zu-stimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
2. Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begrün-det. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher abzuweisen.
Der Kläger hat seit beginnend ab dem 01.01.2005 Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten der in der Schweiz obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Die angefochtene Ablehnungsentscheidung ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Rechte des Klägers. Für die Zeit vor dem 01.01.2005 besteht hingegen kein An-spruch auf Beitragszuschuss.
a) Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, erhalten zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 106 Abs. 1. Satz 1 SGB VI). Dies gilt gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der seit dem 01.05.2007 geltenden Fassung nicht, wenn sie gleichzeitig in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Der Zuschuss wird nur auf Antrag geleistet (§ 19 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB VI)), dem als anspruchsbegründende Tatsache materiell-rechtliche Bedeutung zukommt (§ 108 i.V.m. § 99 Abs. 1 SGB VI).
aa) Der Kläger bezieht sei dem 01.01.2001 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und gehört damit zu dem nach § 106 Abs. 1 SGB VI grund-sätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis. Er ist bei der Xxx mit einer obli-gatorischen Krankenpflegeversicherung nach dem schweizerischen Kranken-pflegeversicherungsgesetz (KVG) sowie einer Zusatzversicherung auch kran-kenversichert.
(1) Bei der Xxx handelt es sich um ein Unternehmen, das nicht der deutschen, sondern der schweizerischen Versicherungsaufsicht unterliegt. Dies steht einem Anspruch auf Beitragszuschuss indes nicht entgegen. Denn nach Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (konsolidierte Fassung, Amtsblatt EG L 28 vom 30.01.1997, Seite 1), der gemäß Art. 8 des Abkommens zwischen der der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Schweizerischen Eidgenossenschaft anderseits über die Freizügigkeit vom 21.06.1999 (Amtsblatt EG L 114 vom 30.04.2002, Seite 6) seit dem 01.06.2002 auch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz gilt, dürfen Geldleistungen bei Alter nicht gekürzt, geändert oder entzogen werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat. Dies betrifft auch den im Recht eines Mitgliedstaats vorgesehenen Zuschuss zu den Kosten der Krankenversicherung, der von den Rentenversicherungsträgern gewährt wird (vgl. grundlegend Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06.07.2000 – C-73/99 "Victor Movrin./. Landesversicherungsanstalt Westfalen", Slg. 2000, I-5625). Bei europarechtskonformer Auslegung ist es daher ausreichend, dass das Krankenversicherungsunternehmen, bei welchem der Rentenbezieher versichert ist, der Aufsicht des ausländischen Staates, hier der Schweiz, unterliegt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnr. 27; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnr. 25 (Juris); Peters, in: KASSELER KOMMENTAR ZUM SOZIALVERSICHERUNGSRECHT, 69. Ergl. 2011, § 106 SGB VI, Rdnr. 12 m.w.N.). Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben steht der Gewährung eines Beitragszuschusses entgegen der Grundregel gemäß § 111 Abs. 2 SGB VI auch nicht der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland entgegen (§ 110 Abs. 3 SGB VI).
(2) Für den Beitragszuschuss ist es unerheblich, ob sich der Kläger freiwillig oder aufgrund des in der Schweiz bestehenden Obligatoriums gemäß Art. 3 KVG krankenversichert hat. Denn das Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit bezieht sich ausschließlich auf eine freiwillige Mitgliedschaft in einer (inländischen) ge-setzlichen Krankenversicherung, nicht hingegen auf den Fall einer Versicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen im Sinne der zweiten Al-ternative des § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnr. 27; Landessozial-gericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnr. 26 (Ju-ris)).
(3) Der Anspruch auf Beitragszuschuss ist schließlich auch nicht gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ausgeschlossen. In der Zeit bis zum 30.04.2007 galt ein Ausschluss nach der bis dahin geltenden Fassung der Vorschrift ohnehin nur bei gleichzeitiger Pflichtversicherung in der (inländischen) gesetzlichen Krankenversicherung. Unabhängig vom Eingreifen der Besitzstandsregelung gemäß § 315 Abs. 4 SGB VI hat sich für den Anspruch des Klägers auf Beitragszuschuss mit der zum 01.05.2007 erfolgten Gesetzesänderung nichts geändert. Denn die obligatorische Krankenversicherung nach dem schweizerischen KVG stellt keine gleichzeitige Pflichtversicherung in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung dar.
(a) Es fehlt bereits am Kriterium der Gleichzeitigkeit. Der Beitragszuschuss ist nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI nur dann ausgeschlossen, wenn zeitgleich mit einem Versicherungsverhältnis, für das ein Zuschuss begehrt wird, eine weitere Versicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Es müssen also zwei Versicherungsverhältnisse, eines davon in der gesetzlichen Krankenver-sicherung, vorliegen. Der Kläger ist indes nur ein Versicherungsverhältnis mit der Xxx, bestehend aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und er-gänzenden Zusatzversicherungen, eingegangen. Selbst bei einer Qualifikation der obligatorischen Krankenpflegeversicherung als Pflichtversicherungsverhältnis würde § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI einen Zuschuss damit nicht ausschließen. Dies wird durch den Sinn und Zweck der Ausschlussregelung bestätigt. Denn Hintergrund der Regelung ist, dass die Rentenversicherungsträger nach § 249 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bei den in der gesetzlichen Kranken-versicherung pflichtversicherten Rentnern einen Beitragsanteil zu tragen haben. Durch den Ausschluss von Zuschüssen einer daneben ggf. bestehenden privaten Krankenversicherung werden Doppelleistungen vermieden und § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf seinen Regelungszweck der Gleichstellung gesetzlich und privat krankenversicherter Rentner reduziert. Dieser Regelungszweck greift nicht, wenn wie im vorliegenden Fall nur ein einziges Krankenversicherungsverhältnis besteht (vgl. ausführlich Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnrn. 35 ff. m.w.N. (Juris)).
(b) Die obligatorische Krankenpflegeversicherung stellt im Übrigen auch keine Pflichtversicherung in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung dar. Vielmehr gleicht die in der Schweiz gemäß Art. 3 KVG geltende Rechtslage entgegen der Ansicht der Beklagten derjenigen, die gemäß § 193 Abs. 3 Versi-cherungsvertragsgesetz (VVG) seit dem 01.01.2009 in der Bundesrepublik Deutschland gilt. Geregelt ist insoweit lediglich die Verpflichtung, eine Kranken-versicherung mit einem bestimmten Basisschutz zu unterhalten. Diese Verpflich-tung des Versicherten macht den die obligatorische Krankenpflegeversicherung anbietenden privaten Versicherer indes, ungeachtet des in Art. 13 KVG geregelten Zulassungsverfahrens, nicht zu einer gesetzlichen Krankenversicherung. Insoweit ist vielmehr allein danach zu differenzieren, ob jemand lediglich zur Begründung eines bestimmten Krankenversicherungsschutzes verpflichtet oder kraft Gesetzes automatisch in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist. Letzteres ist beim Krankenversicherungsobligatorium nach dem schweizerischen KVG ebenso wenig wie bei der Verpflichtung gemäß § 193 VVG der Fall, so dass es sich in beiden Fällen nicht um eine Pflichtversicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung handelt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnrn. 39 f.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnrn. 27 ff. (Juris)).
bb) Nachdem der Kläger den Beitragszuschuss am 17.08.2009 beantragt hat, besteht hierauf ohne Weiteres seit dem 01.08.2009 Anspruch (§ 108 i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Trotz der Ausgestaltung des Beitragszuschusses als antragsabhängige Leistung hat der Kläger darüber hinaus auch Anspruch auf rückwirkende Zuschussge-währung. Denn er ist im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe er rechtzeitig zum Inkrafttreten des europäischen Gemein-schaftsrechts im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz zum 01.06.2002 einen Beitragszuschuss beantragt. Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsan-spruchs ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des sozial-rechtlichen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungs-träger (oder ein für diesen handelnder Dritter) die ihm aufgrund eines Gesetzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwach-senden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteil vom 16.12.1993 – 13 RJ 19/92, Rdnr. 24; Urteil vom 01.09.1999 – B 13 RJ 73/98 R, Rdnr. 21; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011 – L 3 R 748/10, Rdnr. 21 (Juris)). Demnach kommt es insbesondere auf das Vorliegen folgender Voraussetzungen an: Die verletzte Pflicht muss dem Träger gerade gegenüber dem Versicherten obliegen, die zugrunde liegende Norm letzterem also ein entsprechendes subjektives Recht eingeräumt haben. Die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung muss zumindest gleichwertig (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des Versicherten bewirkt haben. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (sog. Schutzzweckzusammenhang).
(1) Die Beklagte hat gegen ihre dem Kläger gegenüber bestehenden Hinweis- und Beratungspflichten verstoßen, indem sie ihn nicht auf die nach der Änderung der Zugangsvoraussetzungen zum 01.06.2002 nahe liegende Möglichkeit der Bean-tragung eines Beitragszuschusses hingewiesen hat. Denn waren unter Geltung des Deutsch-Schweizerischen Sozialversicherungsabkommens in der Schweiz wohnhafte Versicherte überwiegend, jedenfalls soweit sie auch eine schweizeri-sche Rente bezogen, von der Gewährung eines Beitragszuschusses ausge-schlossen, änderte sich dies mit dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens im Verhältnis zur Schweiz grundlegend. Auch nach der Rechtsauffassung der Beklagten waren seitdem zumindest bis zur Änderung des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI zum 01.05.2007 jedenfalls über den Deckungsumfang des Krankenversicherungsobligatoriums hinausgehende Zusatzversicherungen zu-schussfähig (vgl. hierzu die ausführlichen Erläuterungen der Beklagten im ange-fochtenen Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010). Die Beklagte hat es gleich-wohl unterlassen, den Kläger hierüber und über das insoweit bestehende Antragserfordernis zu informieren.
Sie hat hierdurch gegen die ihr gemäß §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) obliegenden Auskunfts- und Beratungspflichten verstoßen. Entgegen ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid bestand vorliegend hinreichender Anlass zu einer Spontanberatung anlässlich der Rentenantragstellung. Wie die Beklagte im Zusammenhang mit der Rentenneuberechnung eingeräumt hat, ist insoweit ein Hinweis auf die sich aus der damals bereits bekannten Einführung des europäischen Gemeinschaftsrechts im Verhältnis zur Schweiz ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten und die entsprechenden Antragserfordernisse unter-blieben. Es handelte sich aber nicht nur bei der möglichen Rentenneuberechnung, sondern auch bei der Beantragung eines Beitragszuschusses um eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit, die sich der Beklagten aufdrängen musste. Dies gilt auch, obwohl der Kläger die Frage nach Beantragung eines solchen Zuschusses im Rentenantragsformular verneint hat. Denn bei Rentenantragstellung bestand für den Kläger insoweit nach der Rechtsansicht der Beklagten auf Grundlage der damaligen Gesetzeslage kein Anspruch. Die Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass der Kläger über die Folgen der zum 01.06.2002 ein-tretenden Änderung der gesetzlichen Grundlagen informiert war und insoweit bewusst auch zukünftig auf einen Beitragszuschuss verzichten wollte. Angesichts der zeitlichen Nähe zwischen Rentenantragstellung- und Bewilligung einerseits und dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens im Verhältnis zum anderen war sie zur Spontanberatung über die klar zu Tage liegende Möglichkeit der Beantragung eines Beitragszuschusses verpflichtet.
Durch ihre unzureichende Information hat die Beklagte darüber hinaus auch gegen ihre aus § 115 Abs. 6 SGB VI folgende Hinweispflicht verstoßen. Danach sollen die Rentenversicherungsträger die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die nicht ausreichend Informierten vor Nachteilen aus dem Antragsprinzip zu bewahren. Während sich für den Leistungsträger eine Pflicht zur Auskunft und Beratung im Sinne der §§ 14, 15 SGB I nur bei konkretem Anlass wie im vorliegenden Fall ergibt, ist die allgemeine Hinweispflicht der Träger der Rentenversicherung nach § 115 Abs. 6 SGB VI auf geeignete Fälle beschränkt. Die Geeignetheit einer Fallgruppe richtet sich im Wesentlichen nach folgenden Merkmalen: Für den Versicherungsträger muss ohne einzelfallbezogene Sachaufklärung erkennbar sein, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung erfüllt, die von solchen Personen im Regelfall in Anspruch genommen wird. Hinweispflichten bestehen dabei insbesondere bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der Materie geläufig sind. Da die Adressaten derartiger Hinweise bestimmbar sind und die Regelung den Schutz des Einzelnen bezweckt, vermittelt die Regelung ein subjektives Recht auf Erteilung des Hinweises (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnr. 41; Urteil vom 01.09.1999 – B 13 RJ 73/98 R, Rdnrn. 23 ff. (Juris)).
Die Beklagte war auch unter diesem Gesichtspunkt verpflichtet, den Kläger darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage ab 01.06.2002 die Möglichkeit eines Beitragszuschusses bei entsprechender Beantragung bestand. Bei den in der Schweiz wohnhaften Rentnern, die nach der zuvor geltenden Rechtslage überwiegend von der Bezuschussung ihrer Krankenversiche-rungskosten ausgeschlossen waren, handelte es sich um einen abgrenzbaren Personenkreis, der – nach Auffassung der Beklagten jedenfalls im Hinblick auf Zusatzversicherungen, bei korrekter Gesetzesauslegung wie dargelegt darüber hinaus auch hinsichtlich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung – grundsätzlich die Anspruchsvoraussetzungen für den Beitragszuschuss erfüllte. Es handelte sich dabei um eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit, die für die betreffenden Rentner ohne Fachkenntnis nicht ohne Weiteres ersichtlich war. Es lag damit ein geeigneter Fall vor, der entsprechende Hinweispflichten auslöste.
Die Beklagte konnte ihrer Beratungs- und Hinweispflichten schließlich auch nicht durch Veröffentlichung einer Pressemitteilung genügen. Denn ein subjektives öf-fentliches Recht auf Beratung bzw. Hinweiserteilung kann nur erfüllt werden, wenn die entsprechenden Informationen auch beim Betroffenen ankommen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.07.2007 – B 13 R 4/06, Rdnr. 17 (Juris)). Dies ist bei Pressemitteilungen, unabhängig von dem im vorliegenden Fall gewählten Wortlaut, wie hier nicht gewährleistet.
(2) Der Kläger hat durch die unzureichende Beratung und den unterlassenen Hinweis einen Nachteil erlitten, indem er einen Antrag auf Beitragszuschuss nicht gestellt hat und bei Anwendung des in §§ 108, 99 SGB VI verankerten Antragsprinzips von einer Zuschussgewährung für die Zeit vor dem 01.08.2009 ausgeschlossen ist.
(3) Der Schutzzweckzusammenhang zwischen der Beratungs- und Hinweispflicht-verletzung der Beklagten und dem hierdurch verursachten Schaden ist erfüllt, da die Beratungspflichten gerade der Durchsetzung der sozialen Rechte des Betroffenen zu dienen bestimmt sind und § 115 Abs. 6 SGB VI die Anspruchsberechtigten gerade vor mit dem Antragsprinzip verbundenen Rechtsverlusten schützen soll (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnr. 41 m.w.N. (Juris)).
cc) Anspruch auf Beitragszuschuss besteht trotz Erfüllung der Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs jedoch nicht für die Zeit vor dem 01.01.2005. Denn auch dann, wenn aufgrund eines sozialrechtlichen Herstel-lungsanspruchs eine Leistung rückwirkend verlangt werden kann, gilt in entspre-chender Anwendung des § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eine Ausschlussfrist von vier Jahren zum Beginn des Kalenderjahres (vgl. Bun-dessozialgericht, Urteil vom 27.03.2007 – B 13 R 58/06 R, Rdnrn. 11 ff. m.w.N. (Juris)). Dies folgt daraus, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, der die Verletzung einer Nebenpflicht eines Leistungsträgers, hier einer Beratungs- und Hinweispflicht, mit für den Leistungsträger nachteiligen Rechtsfolgen belegt, nicht weiter reichen kann als der Anspruch nach § 44 Abs. 1 SGB X als Rechtsfolge der Verletzung einer Hauptpflicht. Wäre § 44 SGB X auf den vorliegenden Fall unmittelbar anwendbar, so würden Leistungen nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X beginnend ab dem Monat der Antragstellung rückwirkend für vier Jahre bis zum Beginn des Kalenderjahres erbracht. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall der entsprechenden Anwendung des § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X, dass Leistungen – ausgehend von einer Antragstellung im Jahre 2009 – rückwirkend bis zum 01. Januar 2005 zu erbringen und für die Zeit davor ausgeschlossen sind (vgl. zuletzt Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011 – L 3 R 748/10, Rdnr. 32 (Juris)).
b) Der Anspruch auf Verzinsung der monatlichen Zahlungsansprüche mit vier vom Hundert nach Ablauf eines Monats nach Eintritt ihrer Fälligkeit folgt aus der – auch bei einer rückwirkenden Leistungsgewährung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs anwendbaren (vgl. hierzu ausführlich Sozialgericht Berlin, Urteil vom 20.05.2010 – S 97 R 4899/07, Rdnrn. 13 ff. (Juris)) – Regelung des § 44 Abs. 1 SGB I. Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Antragsprinzip (§ 44 Abs. 2 SGB I) ergeben sich nicht, da der Kläger seinen Zuschussantrag bei korrekter Beratung und Hinweiserteilung bereits im Jahr 2002 gestellt hätte.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt das auf eine rückwirkende Bezuschussung seit 2001 gerichtete Klagebegehren.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Beitragszuschusses zu den seit 01.01.2001 angefallenen Aufwendungen des Klägers für die Krankenversicherung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Der in der Schweiz wohnhafte Kläger bezieht seit dem 01.01.2001 eine Regelalters-rente (Bescheid der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg vom 31.01.2001). Im Antragsformular machte er keine Angaben zu seiner Krankenversicherung und verneinte die Frage nach der Beantragung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung.
Mit Bescheiden vom 09.12.2009 und vom 10.02.2010 stellte die Beklagte die bewilligte Rente unter Berücksichtigung der im Verhältnis zur Schweiz seit dem 01.06.2002 geltenden europarechtlichen Vorschriften rückwirkend ab 01.01.2005 neu fest. Mit Schreiben vom 05.02.2010 führte die Beklagte hierzu aus, zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung im Jahr 2001 sei die zum Juni 2002 erfolgende Einführung des europäischen Gemeinschaftsrechts im Verhältnis zur Schweiz bereits bekannt gewesen und ein Hinweis auf einen Antrag auf Neufeststellung der noch auf Grundlage des Deutsch-Schweizerischen Sozialversicherungsabkommens festgestellten Rente versehentlich unterblieben. Dies sei im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsan-spruchs zu korrigieren.
Am 17.08.2009 beantragte der Kläger rückwirkend seit Rentenbeginn am 01.01.2001 einen Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung sowie eine Verzinsung der Nachzahlungsbeträge mit vier vom Hundert. Er legte hierzu Ver-sicherungspolicen der Xxx Versicherungen vor, aus denen sich monatliche Prämien zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung sowie ergänzenden Zusatzversicherungen ergaben.
Mit Bescheid vom 28.08.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Beitragszuschuss mit der Begründung ab, wegen der bestehenden schweizerischen gesetzlichen Krankenversicherungspflicht sei ein Anspruch auf Beitragszuschuss ausgeschlossen. Dies gelte auch für freiwillige private Zusatzversicherungen.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 05.10.2009 und machte gel-tend, seit Inkrafttreten des europäischen Gemeinschaftsrechts im Verhältnis zur Schweiz habe er jedenfalls bis zu einer am 01.05.2007 eingetretenen Gesetzesänderung Anspruch auf Beitragszuschuss gehabt und hätte einen solchen auch beantragt, wäre er von Beklagten insoweit hinreichend informiert worden. Dieser Beratungsmangel sei im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu korrigieren, so dass ihm rückwirkend und aufgrund der Besitzstandsregel gemäß § 315 Abs. 4 SGB VI auch fortlaufend ein Beitragszuschuss zustehe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010 zu-rück. Zur Begründung führte sie aus, die über den Deckungsumfang des schweizeri-sches Krankenversicherungsobligatoriums hinausgehenden Zusatzversicherungen seien in der Zeit vom 01.06.2002 bis zum 30.04.2007 zwar grundsätzlich zuschussfähig gewesen. Einen entsprechenden Antrag habe der Kläger jedoch nicht gestellt, ohne dass sie insoweit Auskunfts- und Beratungspflichten verletzt habe. Der Kläger habe weder um entsprechende Beratung nachgesucht noch habe sie gegen ihre Pflicht zur Spontanberatung hinsichtlich klar zu Tage tretender Gestaltungsmöglichkeiten verletzt, die ggf. hätten anlässlich eines Bearbeitungsvorgangs auffallen können. Nach § 106 Absatz 1 Satz 2 SGB VI in seit dem 01.05.2007 geltenden Fassung sei der Beitragszuschuss inzwischen ausgeschlossen, da die obligatorische Kranken Pflegeversicherung nach schweizerischem Recht eine den Beitragszuschuss aus-schließende ausländische gesetzliche Krankenversicherung darstelle.
Mit der am 28.04.2010 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, dass die Beklagte im Zusammenhang mit seinem Rentenantrag hinsichtlich des Inkrafttretens des europäischen Gemeinschaftsrechts am 01.06.2002 ihre Bera-tungspflichten verletzt habe, habe sie mit ihrem Schreiben vom 05.02.2010 betreffend die Rentenneuberechnung letztlich zugestanden. Im Übrigen werde in der Schweiz lebenden Rentenempfängern durch die Rechtsprechung inzwischen ein Bei-tragszuschuss auch zu den Aufwendungen der obligatorischen Krankenpflegversi-cherung zugebilligt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2010 zu verurteilen, ihm ab 01.01.2001 einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten seiner obligatorischen Krankenpfle-geversicherung zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Zahlungsansprüche mit vier vom Hundert zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte die angefochtene Ablehnungsentscheidung unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010. Ergänzend führt sie aus, bei der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach schweizerischem Recht handle es sich um eine Pflichtversicherung und nicht um ein freiwilliges Krankenver-sicherungsverhältnis. Der Versicherte könne lediglich das Versicherungsunternehmen wählen. Dieses müsse jedoch im Verzeichnis der zugelassenen Krankenversicherer erfasst sein, so dass das Wahlrecht eingeschränkt sei und es sich eindeutig um eine gesetzliche Krankenversicherung handle. Eine Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung bestehe in der Schweiz anders als im deutschen Recht nicht. Dort sei gesetzlich die Durchführung der gesetzlichen Krankenversicherung durch private Krankenversicherungsunternehmen vorgegeben.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Für das weitere Vorbringen der Beteiligten und die Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Zu-stimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
2. Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begrün-det. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher abzuweisen.
Der Kläger hat seit beginnend ab dem 01.01.2005 Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten der in der Schweiz obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Die angefochtene Ablehnungsentscheidung ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Rechte des Klägers. Für die Zeit vor dem 01.01.2005 besteht hingegen kein An-spruch auf Beitragszuschuss.
a) Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, erhalten zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 106 Abs. 1. Satz 1 SGB VI). Dies gilt gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der seit dem 01.05.2007 geltenden Fassung nicht, wenn sie gleichzeitig in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Der Zuschuss wird nur auf Antrag geleistet (§ 19 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB VI)), dem als anspruchsbegründende Tatsache materiell-rechtliche Bedeutung zukommt (§ 108 i.V.m. § 99 Abs. 1 SGB VI).
aa) Der Kläger bezieht sei dem 01.01.2001 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und gehört damit zu dem nach § 106 Abs. 1 SGB VI grund-sätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis. Er ist bei der Xxx mit einer obli-gatorischen Krankenpflegeversicherung nach dem schweizerischen Kranken-pflegeversicherungsgesetz (KVG) sowie einer Zusatzversicherung auch kran-kenversichert.
(1) Bei der Xxx handelt es sich um ein Unternehmen, das nicht der deutschen, sondern der schweizerischen Versicherungsaufsicht unterliegt. Dies steht einem Anspruch auf Beitragszuschuss indes nicht entgegen. Denn nach Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (konsolidierte Fassung, Amtsblatt EG L 28 vom 30.01.1997, Seite 1), der gemäß Art. 8 des Abkommens zwischen der der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Schweizerischen Eidgenossenschaft anderseits über die Freizügigkeit vom 21.06.1999 (Amtsblatt EG L 114 vom 30.04.2002, Seite 6) seit dem 01.06.2002 auch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz gilt, dürfen Geldleistungen bei Alter nicht gekürzt, geändert oder entzogen werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat. Dies betrifft auch den im Recht eines Mitgliedstaats vorgesehenen Zuschuss zu den Kosten der Krankenversicherung, der von den Rentenversicherungsträgern gewährt wird (vgl. grundlegend Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06.07.2000 – C-73/99 "Victor Movrin./. Landesversicherungsanstalt Westfalen", Slg. 2000, I-5625). Bei europarechtskonformer Auslegung ist es daher ausreichend, dass das Krankenversicherungsunternehmen, bei welchem der Rentenbezieher versichert ist, der Aufsicht des ausländischen Staates, hier der Schweiz, unterliegt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnr. 27; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnr. 25 (Juris); Peters, in: KASSELER KOMMENTAR ZUM SOZIALVERSICHERUNGSRECHT, 69. Ergl. 2011, § 106 SGB VI, Rdnr. 12 m.w.N.). Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben steht der Gewährung eines Beitragszuschusses entgegen der Grundregel gemäß § 111 Abs. 2 SGB VI auch nicht der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland entgegen (§ 110 Abs. 3 SGB VI).
(2) Für den Beitragszuschuss ist es unerheblich, ob sich der Kläger freiwillig oder aufgrund des in der Schweiz bestehenden Obligatoriums gemäß Art. 3 KVG krankenversichert hat. Denn das Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit bezieht sich ausschließlich auf eine freiwillige Mitgliedschaft in einer (inländischen) ge-setzlichen Krankenversicherung, nicht hingegen auf den Fall einer Versicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen im Sinne der zweiten Al-ternative des § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnr. 27; Landessozial-gericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnr. 26 (Ju-ris)).
(3) Der Anspruch auf Beitragszuschuss ist schließlich auch nicht gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ausgeschlossen. In der Zeit bis zum 30.04.2007 galt ein Ausschluss nach der bis dahin geltenden Fassung der Vorschrift ohnehin nur bei gleichzeitiger Pflichtversicherung in der (inländischen) gesetzlichen Krankenversicherung. Unabhängig vom Eingreifen der Besitzstandsregelung gemäß § 315 Abs. 4 SGB VI hat sich für den Anspruch des Klägers auf Beitragszuschuss mit der zum 01.05.2007 erfolgten Gesetzesänderung nichts geändert. Denn die obligatorische Krankenversicherung nach dem schweizerischen KVG stellt keine gleichzeitige Pflichtversicherung in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung dar.
(a) Es fehlt bereits am Kriterium der Gleichzeitigkeit. Der Beitragszuschuss ist nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI nur dann ausgeschlossen, wenn zeitgleich mit einem Versicherungsverhältnis, für das ein Zuschuss begehrt wird, eine weitere Versicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Es müssen also zwei Versicherungsverhältnisse, eines davon in der gesetzlichen Krankenver-sicherung, vorliegen. Der Kläger ist indes nur ein Versicherungsverhältnis mit der Xxx, bestehend aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und er-gänzenden Zusatzversicherungen, eingegangen. Selbst bei einer Qualifikation der obligatorischen Krankenpflegeversicherung als Pflichtversicherungsverhältnis würde § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI einen Zuschuss damit nicht ausschließen. Dies wird durch den Sinn und Zweck der Ausschlussregelung bestätigt. Denn Hintergrund der Regelung ist, dass die Rentenversicherungsträger nach § 249 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bei den in der gesetzlichen Kranken-versicherung pflichtversicherten Rentnern einen Beitragsanteil zu tragen haben. Durch den Ausschluss von Zuschüssen einer daneben ggf. bestehenden privaten Krankenversicherung werden Doppelleistungen vermieden und § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf seinen Regelungszweck der Gleichstellung gesetzlich und privat krankenversicherter Rentner reduziert. Dieser Regelungszweck greift nicht, wenn wie im vorliegenden Fall nur ein einziges Krankenversicherungsverhältnis besteht (vgl. ausführlich Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnrn. 35 ff. m.w.N. (Juris)).
(b) Die obligatorische Krankenpflegeversicherung stellt im Übrigen auch keine Pflichtversicherung in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung dar. Vielmehr gleicht die in der Schweiz gemäß Art. 3 KVG geltende Rechtslage entgegen der Ansicht der Beklagten derjenigen, die gemäß § 193 Abs. 3 Versi-cherungsvertragsgesetz (VVG) seit dem 01.01.2009 in der Bundesrepublik Deutschland gilt. Geregelt ist insoweit lediglich die Verpflichtung, eine Kranken-versicherung mit einem bestimmten Basisschutz zu unterhalten. Diese Verpflich-tung des Versicherten macht den die obligatorische Krankenpflegeversicherung anbietenden privaten Versicherer indes, ungeachtet des in Art. 13 KVG geregelten Zulassungsverfahrens, nicht zu einer gesetzlichen Krankenversicherung. Insoweit ist vielmehr allein danach zu differenzieren, ob jemand lediglich zur Begründung eines bestimmten Krankenversicherungsschutzes verpflichtet oder kraft Gesetzes automatisch in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist. Letzteres ist beim Krankenversicherungsobligatorium nach dem schweizerischen KVG ebenso wenig wie bei der Verpflichtung gemäß § 193 VVG der Fall, so dass es sich in beiden Fällen nicht um eine Pflichtversicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung handelt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnrn. 39 f.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnrn. 27 ff. (Juris)).
bb) Nachdem der Kläger den Beitragszuschuss am 17.08.2009 beantragt hat, besteht hierauf ohne Weiteres seit dem 01.08.2009 Anspruch (§ 108 i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Trotz der Ausgestaltung des Beitragszuschusses als antragsabhängige Leistung hat der Kläger darüber hinaus auch Anspruch auf rückwirkende Zuschussge-währung. Denn er ist im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe er rechtzeitig zum Inkrafttreten des europäischen Gemein-schaftsrechts im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz zum 01.06.2002 einen Beitragszuschuss beantragt. Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsan-spruchs ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des sozial-rechtlichen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungs-träger (oder ein für diesen handelnder Dritter) die ihm aufgrund eines Gesetzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwach-senden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteil vom 16.12.1993 – 13 RJ 19/92, Rdnr. 24; Urteil vom 01.09.1999 – B 13 RJ 73/98 R, Rdnr. 21; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011 – L 3 R 748/10, Rdnr. 21 (Juris)). Demnach kommt es insbesondere auf das Vorliegen folgender Voraussetzungen an: Die verletzte Pflicht muss dem Träger gerade gegenüber dem Versicherten obliegen, die zugrunde liegende Norm letzterem also ein entsprechendes subjektives Recht eingeräumt haben. Die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung muss zumindest gleichwertig (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des Versicherten bewirkt haben. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (sog. Schutzzweckzusammenhang).
(1) Die Beklagte hat gegen ihre dem Kläger gegenüber bestehenden Hinweis- und Beratungspflichten verstoßen, indem sie ihn nicht auf die nach der Änderung der Zugangsvoraussetzungen zum 01.06.2002 nahe liegende Möglichkeit der Bean-tragung eines Beitragszuschusses hingewiesen hat. Denn waren unter Geltung des Deutsch-Schweizerischen Sozialversicherungsabkommens in der Schweiz wohnhafte Versicherte überwiegend, jedenfalls soweit sie auch eine schweizeri-sche Rente bezogen, von der Gewährung eines Beitragszuschusses ausge-schlossen, änderte sich dies mit dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens im Verhältnis zur Schweiz grundlegend. Auch nach der Rechtsauffassung der Beklagten waren seitdem zumindest bis zur Änderung des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI zum 01.05.2007 jedenfalls über den Deckungsumfang des Krankenversicherungsobligatoriums hinausgehende Zusatzversicherungen zu-schussfähig (vgl. hierzu die ausführlichen Erläuterungen der Beklagten im ange-fochtenen Widerspruchsbescheid vom 03.02.2010). Die Beklagte hat es gleich-wohl unterlassen, den Kläger hierüber und über das insoweit bestehende Antragserfordernis zu informieren.
Sie hat hierdurch gegen die ihr gemäß §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) obliegenden Auskunfts- und Beratungspflichten verstoßen. Entgegen ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid bestand vorliegend hinreichender Anlass zu einer Spontanberatung anlässlich der Rentenantragstellung. Wie die Beklagte im Zusammenhang mit der Rentenneuberechnung eingeräumt hat, ist insoweit ein Hinweis auf die sich aus der damals bereits bekannten Einführung des europäischen Gemeinschaftsrechts im Verhältnis zur Schweiz ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten und die entsprechenden Antragserfordernisse unter-blieben. Es handelte sich aber nicht nur bei der möglichen Rentenneuberechnung, sondern auch bei der Beantragung eines Beitragszuschusses um eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit, die sich der Beklagten aufdrängen musste. Dies gilt auch, obwohl der Kläger die Frage nach Beantragung eines solchen Zuschusses im Rentenantragsformular verneint hat. Denn bei Rentenantragstellung bestand für den Kläger insoweit nach der Rechtsansicht der Beklagten auf Grundlage der damaligen Gesetzeslage kein Anspruch. Die Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass der Kläger über die Folgen der zum 01.06.2002 ein-tretenden Änderung der gesetzlichen Grundlagen informiert war und insoweit bewusst auch zukünftig auf einen Beitragszuschuss verzichten wollte. Angesichts der zeitlichen Nähe zwischen Rentenantragstellung- und Bewilligung einerseits und dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens im Verhältnis zum anderen war sie zur Spontanberatung über die klar zu Tage liegende Möglichkeit der Beantragung eines Beitragszuschusses verpflichtet.
Durch ihre unzureichende Information hat die Beklagte darüber hinaus auch gegen ihre aus § 115 Abs. 6 SGB VI folgende Hinweispflicht verstoßen. Danach sollen die Rentenversicherungsträger die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die nicht ausreichend Informierten vor Nachteilen aus dem Antragsprinzip zu bewahren. Während sich für den Leistungsträger eine Pflicht zur Auskunft und Beratung im Sinne der §§ 14, 15 SGB I nur bei konkretem Anlass wie im vorliegenden Fall ergibt, ist die allgemeine Hinweispflicht der Träger der Rentenversicherung nach § 115 Abs. 6 SGB VI auf geeignete Fälle beschränkt. Die Geeignetheit einer Fallgruppe richtet sich im Wesentlichen nach folgenden Merkmalen: Für den Versicherungsträger muss ohne einzelfallbezogene Sachaufklärung erkennbar sein, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung erfüllt, die von solchen Personen im Regelfall in Anspruch genommen wird. Hinweispflichten bestehen dabei insbesondere bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der Materie geläufig sind. Da die Adressaten derartiger Hinweise bestimmbar sind und die Regelung den Schutz des Einzelnen bezweckt, vermittelt die Regelung ein subjektives Recht auf Erteilung des Hinweises (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnr. 41; Urteil vom 01.09.1999 – B 13 RJ 73/98 R, Rdnrn. 23 ff. (Juris)).
Die Beklagte war auch unter diesem Gesichtspunkt verpflichtet, den Kläger darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage ab 01.06.2002 die Möglichkeit eines Beitragszuschusses bei entsprechender Beantragung bestand. Bei den in der Schweiz wohnhaften Rentnern, die nach der zuvor geltenden Rechtslage überwiegend von der Bezuschussung ihrer Krankenversiche-rungskosten ausgeschlossen waren, handelte es sich um einen abgrenzbaren Personenkreis, der – nach Auffassung der Beklagten jedenfalls im Hinblick auf Zusatzversicherungen, bei korrekter Gesetzesauslegung wie dargelegt darüber hinaus auch hinsichtlich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung – grundsätzlich die Anspruchsvoraussetzungen für den Beitragszuschuss erfüllte. Es handelte sich dabei um eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit, die für die betreffenden Rentner ohne Fachkenntnis nicht ohne Weiteres ersichtlich war. Es lag damit ein geeigneter Fall vor, der entsprechende Hinweispflichten auslöste.
Die Beklagte konnte ihrer Beratungs- und Hinweispflichten schließlich auch nicht durch Veröffentlichung einer Pressemitteilung genügen. Denn ein subjektives öf-fentliches Recht auf Beratung bzw. Hinweiserteilung kann nur erfüllt werden, wenn die entsprechenden Informationen auch beim Betroffenen ankommen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.07.2007 – B 13 R 4/06, Rdnr. 17 (Juris)). Dies ist bei Pressemitteilungen, unabhängig von dem im vorliegenden Fall gewählten Wortlaut, wie hier nicht gewährleistet.
(2) Der Kläger hat durch die unzureichende Beratung und den unterlassenen Hinweis einen Nachteil erlitten, indem er einen Antrag auf Beitragszuschuss nicht gestellt hat und bei Anwendung des in §§ 108, 99 SGB VI verankerten Antragsprinzips von einer Zuschussgewährung für die Zeit vor dem 01.08.2009 ausgeschlossen ist.
(3) Der Schutzzweckzusammenhang zwischen der Beratungs- und Hinweispflicht-verletzung der Beklagten und dem hierdurch verursachten Schaden ist erfüllt, da die Beratungspflichten gerade der Durchsetzung der sozialen Rechte des Betroffenen zu dienen bestimmt sind und § 115 Abs. 6 SGB VI die Anspruchsberechtigten gerade vor mit dem Antragsprinzip verbundenen Rechtsverlusten schützen soll (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnr. 41 m.w.N. (Juris)).
cc) Anspruch auf Beitragszuschuss besteht trotz Erfüllung der Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs jedoch nicht für die Zeit vor dem 01.01.2005. Denn auch dann, wenn aufgrund eines sozialrechtlichen Herstel-lungsanspruchs eine Leistung rückwirkend verlangt werden kann, gilt in entspre-chender Anwendung des § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eine Ausschlussfrist von vier Jahren zum Beginn des Kalenderjahres (vgl. Bun-dessozialgericht, Urteil vom 27.03.2007 – B 13 R 58/06 R, Rdnrn. 11 ff. m.w.N. (Juris)). Dies folgt daraus, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, der die Verletzung einer Nebenpflicht eines Leistungsträgers, hier einer Beratungs- und Hinweispflicht, mit für den Leistungsträger nachteiligen Rechtsfolgen belegt, nicht weiter reichen kann als der Anspruch nach § 44 Abs. 1 SGB X als Rechtsfolge der Verletzung einer Hauptpflicht. Wäre § 44 SGB X auf den vorliegenden Fall unmittelbar anwendbar, so würden Leistungen nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X beginnend ab dem Monat der Antragstellung rückwirkend für vier Jahre bis zum Beginn des Kalenderjahres erbracht. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall der entsprechenden Anwendung des § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X, dass Leistungen – ausgehend von einer Antragstellung im Jahre 2009 – rückwirkend bis zum 01. Januar 2005 zu erbringen und für die Zeit davor ausgeschlossen sind (vgl. zuletzt Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011 – L 3 R 748/10, Rdnr. 32 (Juris)).
b) Der Anspruch auf Verzinsung der monatlichen Zahlungsansprüche mit vier vom Hundert nach Ablauf eines Monats nach Eintritt ihrer Fälligkeit folgt aus der – auch bei einer rückwirkenden Leistungsgewährung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs anwendbaren (vgl. hierzu ausführlich Sozialgericht Berlin, Urteil vom 20.05.2010 – S 97 R 4899/07, Rdnrn. 13 ff. (Juris)) – Regelung des § 44 Abs. 1 SGB I. Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Antragsprinzip (§ 44 Abs. 2 SGB I) ergeben sich nicht, da der Kläger seinen Zuschussantrag bei korrekter Beratung und Hinweiserteilung bereits im Jahr 2002 gestellt hätte.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt das auf eine rückwirkende Bezuschussung seit 2001 gerichtete Klagebegehren.
Rechtskraft
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