Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 164/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. In der Schweiz wohnhafte Rentenbezieher haben gemäß
§ 106 SGB VI Anspruch auf einen Zuschuss zu den Auf-
wendungen der Krankenversicherung unter Berück-
sichtigung der Kosten der obligatorischen Krankenpflege-
versicherung.
2. Der Rentenversicherungsträger war verpflichtet, in der
Schweiz wohnhafte Rentenbezieher auf die mit Inkrafttreten
des Freizügigkeitsabkommens am 01.06.2002 erweiterten
Möglichkeiten eines Beitragszuschusses hinzuweisen.
§ 106 SGB VI Anspruch auf einen Zuschuss zu den Auf-
wendungen der Krankenversicherung unter Berück-
sichtigung der Kosten der obligatorischen Krankenpflege-
versicherung.
2. Der Rentenversicherungsträger war verpflichtet, in der
Schweiz wohnhafte Rentenbezieher auf die mit Inkrafttreten
des Freizügigkeitsabkommens am 01.06.2002 erweiterten
Möglichkeiten eines Beitragszuschusses hinzuweisen.
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 25.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2009 verurteilt, an die Klägerin als Rechts-nachfolgerin ihres verstorbenen Ehemanns für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2010 einen Zuschuss zu dessen Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten der obligatorischen Kran-kenpflegeversicherung zu zahlen und die jeweiligen mo-natlichen Zahlungsansprüche beginnend ab 01.03.2005 mit vier vom Hundert zu verzinsen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Beklagte hat ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Beitragszuschusses zu den in der Zeit vom 01.08.1992 bis zum 31.12.2010 angefallenen Aufwendungen für die Kran-kenversicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin nach dem Sozialge-setzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Der am 17.12.2010 verstorbene und bis dahin in der Schweiz wohnhafte Ehemann der Klägerin bezog seit dem 01.08.1992 eine Regelaltersrente (Bescheid der Lan-desversicherungsanstalt Baden vom 21.04.1993). Im Antragsformular machte er keine Angaben zu seiner Krankenversicherung und ließ die Frage nach der Beantragung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung unbeantwortet.
Am 25.04.2009 beantragte der verstorbene Ehemann der Klägerin rückwirkend seit Rentenbeginn am 01.08.1992 einen Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung sowie eine Verzinsung der Nachzahlungsbeträge mit vier vom Hundert. Er legte hierzu Versicherungspolicen der Xxx Krankenversicherung vor, aus denen sich monatliche Prämien zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung sowie ergänzenden Zusatzversicherungen ergaben.
Mit Bescheid vom 25.05.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Beitragszuschuss mit der Begründung ab, wegen der bestehenden schweizerischen gesetzlichen Krankenversicherungspflicht sei ein Anspruch auf Beitragszuschuss ausgeschlossen. Dies gelte auch für freiwillige private Zusatzversicherungen.
Hiergegen wandte sich der verstorbene Ehemann der Klägerin mit Widerspruch vom 03.08.2009 und machte geltend, die obligatorische Krankenpflegeversicherung sei in der Schweiz erst zum 01.01.1996 eingeführt worden. Hätte die Beklagte ihm bei Ren-tenantragstellung entsprechend beraten, wäre zum Rentenbeginn auch ein Beitrags-zuschuss beantragt und bewilligt worden. Im Übrigen unterliege der Anspruch auf Beitragszuschuss den Exportgebot nach dem inzwischen auch im Verhältnis zur Schweiz geltenden europäischen Recht. Er habe daher jedenfalls bis zu einer am 01.05.2007 eingetretenen Gesetzesänderung unabhängig vom Bestehen einer Pflichtversicherung nach dem Recht des Wohnsitzes Anspruch auf Beitragszuschuss gehabt. Aufgrund der in § 315 Abs. 4 SGB VI geregelten Besitzstandsregelung sei dieser auch weiterhin zu zahlen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 zu-rück. Zur Begründung führte sie aus, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe allenfalls ab dem Zeitpunkt der Anwendbarkeit der EWG-Verordnung über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer Nrn. 1408/71 und 574/72 auch im Verhältnis zur Schweiz ab 01.06.2002 Anspruch auf einen Zuschuss zu solchen Krankenversiche-rungen gehabt, die über den Umfang des Krankenversicherung obligatorisch ums hinausgingen. Einen entsprechenden Antrag habe er jedoch nicht gestellt, ohne dass sie insoweit Beratungspflichten verletzt habe. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide insoweit aus. Nach § 106 Absatz 1 Satz 2 SGB VI in seit dem 01.05.2007 geltenden Fassung sei der Beitragszuschuss inzwischen ausgeschlossen, da die obligatorische Kranken Pflegeversicherung nach schweizerischem Recht eine den Beitragszuschuss ausschließende ausländische gesetzliche Krankenversicherung darstelle.
Mit der am 11.12.2009 erhobenen Klage hat der verstorbene Ehemann der Klägerin sein Begehren weiter verfolgt. Nach seinem Tod hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.02.2011 die Aufnahme und Fortführung des Rechtsstreits erklärt. Sie beruft sich weiter auf Beratungsfehler der Beklagten und trägt vor, dass in der Schweiz lebenden Rentenempfängern durch die Rechtsprechung inzwischen ein Beitragszuschuss auch zu den Aufwendungen der obligatorischen Krankenpflegversicherung zugebilligt werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2009 zu verurteilen, ihr als Rechts-nachfolgerin ihres verstorbenen Ehemanns für die Zeit vom 01.08.1992 bis zum 31.12.2010 einen Zuschuss zu dessen Aufwendungen für die Kranken-versicherung unter Berücksichtigung der Kosten der obligatorischen Kran-kenpflegeversicherung zu zahlen und die Zahlungsansprüche mit vier vom Hundert zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte die angefochtene Ablehnungsentscheidung unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Für das weitere Vorbringen der Beteiligten und die Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Zu-stimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
2. Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begrün-det. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher abzuweisen.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2010 Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten der in der Schweiz ob-ligatorischen Krankenpflegeversicherung. Die angefochtene Ablehnungsent-scheidung ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemanns (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)). Für die Zeit vor dem 01.01.2005 besteht hingegen kein Anspruch auf Beitragszuschuss.
a) Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, erhalten zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 106 Abs. 1. Satz 1 SGB VI). Dies gilt gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der seit dem 01.05.2007 geltenden Fassung nicht, wenn sie gleichzeitig in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Der Zuschuss wird nur auf Antrag geleistet (§ 19 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB VI)), dem als anspruchsbegründende Tatsache materiell-rechtliche Bedeutung zukommt (§ 108 i.V.m. § 99 Abs. 1 SGB VI).
aa) Der verstorbene Ehemann der Klägerin bezog seit dem 01.08.1992 eine Alters-rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und gehört damit zu dem nach § 106 Abs. 1 SGB VI grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis. Er war bei der Xxx Krankenversicherung mit einer obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach dem schweizerischen Krankenpflegeversicherungsgesetz (KVG) sowie einer Zusatzversicherung auch krankenversichert.
(1) Bei der Xxx Krankenversicherung handelt es sich um ein Unternehmen, das nicht der deutschen, sondern der schweizerischen Versicherungsaufsicht unterliegt. Dies steht einem Anspruch auf Beitragszuschuss indes nicht entgegen. Denn nach Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (konsolidierte Fassung, Amtsblatt EG L 28 vom 30.01.1997, Seite 1), der gemäß Art. 8 des Abkommens zwischen der der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Schweizerischen Eidgenossenschaft anderseits über die Freizügigkeit vom 21.06.1999 (Amtsblatt EG L 114 vom 30.04.2002, Seite 6) seit dem 01.06.2002 auch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz gilt, dürfen Geldleistungen bei Alter nicht gekürzt, geändert oder entzogen werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat. Dies betrifft auch den im Recht eines Mitgliedstaats vorgesehenen Zuschuss zu den Kosten der Krankenversicherung, der von den Rentenversicherungsträgern gewährt wird (vgl. grundlegend Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06.07.2000 – C-73/99 "Victor Movrin./. Landesversicherungsanstalt Westfalen", Slg. 2000, I-5625). Bei europarechtskonformer Auslegung ist es daher ausreichend, dass das Krankenversicherungsunternehmen, bei welchem der Rentenbezieher versichert ist, der Aufsicht des ausländischen Staates, hier der Schweiz, unterliegt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnr. 27; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnr. 25 (Juris); Peters, in: KASSELER KOMMENTAR ZUM SOZIALVERSICHERUNGSRECHT, 69. Ergl. 2011, § 106 SGB VI, Rdnr. 12 m.w.N.). Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben steht der Gewährung eines Beitragszuschusses entgegen der Grundregel gemäß § 111 Abs. 2 SGB VI auch nicht der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland entgegen (§ 110 Abs. 3 SGB VI). (2) Für den Beitragszuschuss ist es unerheblich, ob sich der verstorbene Ehemann der Klägerin freiwillig oder aufgrund des in der Schweiz bestehenden Obligatoriums gemäß Art. 3 KVG krankenversichert hat. Denn das Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit bezieht sich ausschließlich auf eine freiwillige Mitgliedschaft in einer (inländischen) gesetzlichen Krankenversicherung, nicht hingegen auf den Fall einer Versicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen im Sinne der zweiten Alternative des § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnr. 27; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnr. 26 (Juris)).
(3) Der Anspruch auf Beitragszuschuss ist schließlich auch nicht gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ausgeschlossen. In der Zeit bis zum 30.04.2007 galt ein Ausschluss nach der bis dahin geltenden Fassung der Vorschrift ohnehin nur bei gleichzeitiger Pflichtversicherung in der (inländischen) gesetzlichen Krankenversicherung. Unabhängig vom Eingreifen der Besitzstandsregelung gemäß § 315 Abs. 4 SGB VI hat sich für den Anspruch des verstorbenen Ehemanns der Klägerin auf Beitragszuschuss mit der zum 01.05.2007 erfolgten Gesetzesänderung nichts geändert. Denn die obligatorische Krankenversicherung nach dem schweizerischen KVG stellt keine gleichzeitige Pflichtversicherung in einer aus-ländischen gesetzlichen Krankenversicherung dar.
(a) Es fehlt bereits am Kriterium der Gleichzeitigkeit. Der Beitragszuschuss ist nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI nur dann ausgeschlossen, wenn zeitgleich mit einem Versicherungsverhältnis, für das ein Zuschuss begehrt wird, eine weitere Versicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Es müssen also zwei Versicherungsverhältnisse, eines davon in der gesetzlichen Krankenver-sicherung, vorliegen. Der verstorbene Ehemann des Klägers ist indes nur ein Versicherungsverhältnis mit der Xxx Krankenversicherung, bestehend aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und ergänzenden Zusatzversiche-rungen, eingegangen. Selbst bei einer Qualifikation der obligatorischen Kran-kenpflegeversicherung als Pflichtversicherungsverhältnis würde § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI einen Zuschuss damit nicht ausschließen. Dies wird durch den Sinn und Zweck der Ausschlussregelung bestätigt. Denn Hintergrund der Regelung ist, dass die Rentenversicherungsträger nach § 249 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bei den in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentnern einen Beitragsanteil zu tragen haben. Durch den Ausschluss von Zuschüssen einer daneben ggf. bestehenden privaten Krankenversicherung werden Doppelleistungen vermieden und § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf seinen Regelungszweck der Gleichstellung gesetzlich und privat krankenversicherter Rentner reduziert. Dieser Regelungszweck greift nicht, wenn wie im vorliegenden Fall nur ein einziges Krankenversicherungsverhältnis besteht (vgl. ausführlich Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnrn. 35 ff. m.w.N. (Juris)).
(b) Die obligatorische Krankenpflegeversicherung stellt im Übrigen auch keine Pflichtversicherung in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung dar. Vielmehr gleicht die in der Schweiz gemäß Art. 3 KVG geltende Rechtslage derjenigen, die gemäß § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) seit dem 01.01.2009 in der Bundesrepublik Deutschland gilt. Geregelt ist insoweit lediglich die Verpflichtung, eine Krankenversicherung mit einem bestimmten Basisschutz zu unterhalten. Diese Verpflichtung des Versicherten macht den privaten Versicherer indes nicht zu einer gesetzlichen Krankenversicherung. Insoweit ist vielmehr zu differenzieren, ob jemand lediglich zur Begründung eines bestimmten Krankenversicherungsschutzes verpflichtet oder kraft Gesetzes automatisch in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist. Letzteres ist beim Krankenversicherungsobligatorium nach dem schweizerischen KVG ebenso wenig wie bei der Verpflichtung gemäß § 193 VVG der Fall, so dass es sich in beiden Fällen nicht um eine Pflichtversicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung handelt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnrn. 39 f.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnrn. 27 ff. (Juris)).
bb) Nachdem der verstorbene Ehemann der Klägerin den Beitragszuschuss am 25.04.2009 beantragt hat, bestand darauf ohne Weiteres vom 01.04.2009 bis zum 31.12.2010 Anspruch (§ 108 i.V.m. §§ 99 Abs. 1 Satz 2, 102 Abs. 5 SGB VI).
Trotz der Ausgestaltung des Beitragszuschusses als antragsabhängige Leistung hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin Anspruch auf rückwirkende Zu-schussgewährung. Denn er war im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsan-spruchs so zu stellen, als habe er rechtzeitig zum Inkrafttreten des europäischen Gemeinschaftsrechts im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz zum 01.06.2002 einen Beitragszuschuss beantragt. Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstel-lungsanspruchs ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des sozialrechtlichen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versiche-rungsträger (oder ein für diesen handelnder Dritter) die ihm aufgrund eines Ge-setzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Be-ratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteil vom 16.12.1993 – 13 RJ 19/92, Rdnr. 24; Urteil vom 01.09.1999 – B 13 RJ 73/98 R, Rdnr. 21; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011 – L 3 R 748/10, Rdnr. 21 (Juris)). Demnach kommt es insbesondere auf das Vorliegen folgender Voraussetzungen an: Die verletzte Pflicht muss dem Träger gerade gegenüber dem Versicherten obliegen, die zugrunde liegende Norm letzterem also ein entsprechendes subjektives Recht eingeräumt haben. Die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung muss zumindest gleichwertig (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des Versicherten bewirkt haben. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (sog. Schutzzweckzusammenhang).
(1) Die Beklagte hat gegen ihre dem verstorbenen Ehemann der Klägerin gegenüber bestehenden Hinweis- und Beratungspflichten verstoßen, indem sie ihn nicht auf die nach der Änderung der Zugangsvoraussetzungen zum 01.06.2002 nahe liegende Möglichkeit der Beantragung eines Beitragszuschusses hingewiesen hat. Denn waren unter Geltung des Deutsch-Schweizerischen Sozialver-sicherungsabkommens in der Schweiz wohnhafte Versicherte überwiegend, je-denfalls soweit sie auch eine schweizerische Rente bezogen, von der Gewährung eines Beitragszuschusses ausgeschlossen, änderte sich dies mit dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens im Verhältnis zur Schweiz grundlegend. Auch nach der Rechtsauffassung der Beklagten waren seitdem zumindest bis zur Änderung des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI zum 01.05.2007 jedenfalls über den Deckungsumfang des Krankenversicherungsobligatoriums hinausgehende Zusatzversicherungen zuschussfähig (vgl. hierzu die ausführlichen Erläuterungen der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009). Die Beklagte hat es gleichwohl unterlassen, den grundsätzlich zuschussberechtigten Personenkreis hierüber und über das insoweit bestehende Antragserfordernis zu informieren.
Die Beklagte hat damit zwar nicht gegen die ihr gemäß §§ 14, 15 SGB I oblie-genden Auskunfts- und Beratungspflichten verstoßen. Denn Voraussetzung für das Entstehen einer solchen Pflicht ist entweder ein konkretes Auskunfts- bzw. Beratungsbegehren oder zumindest ein konkreter Anlass zur Spontanberatung, der beispielsweise anlässlich eines Bearbeitungsvorgangs zu Tage treten kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnrn. 36 ff. (Juris)). Dies war vorliegend nicht der Fall, nachdem der Beklagten bis zum 25.04.1999 weder eine Anfrage des verstorbenen Ehemanns der Klägerin vorlag noch seit der Rentengewährung im Jahr 1992 ein Vorgang vorlag, bei dessen Bearbeitung die nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit ohne komplizierte Überlegungen auffallen musste. Auch aus einer möglicherweise ungenügenden Aufklärung der Allgemeinheit gemäß § 13 SGB I durch die von der Beklagten im Jahr 2002 veröffentlichen Pressemitteilungen kann ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch mangels subjektiver Rechtsverletzung nicht abgeleitet werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16.12.1993 – 13 RJ 19/92, Rdnr. 25 (Juris)).
Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ist indes nicht auf die Verletzung der Pflichten gemäß §§ 14, 15 SGB I beschränkt, sondern kommt auch bei anders-artigen Nicht- oder Fehlinformationen in Betracht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 08.11.1995 – 13 RJ 5/95, Rdnr. 29 (Juris)). Als Pflicht, deren Verletzung grundsätzlich geeignet ist, einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu begründen, kommt im Verhältnis zu den Trägern der Rentenversicherung insbe-sondere § 115 Abs. 6 SGB VI in Betracht. Danach sollen diese die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die nicht ausreichend Informierten vor Nachteilen aus dem Antragsprinzip zu bewahren. Während sich für den Leistungsträger eine Pflicht zur Auskunft und Beratung im Sinne der §§ 14, 15 SGB I nur bei konkretem Anlass ergibt, ist die allgemeine Hinweispflicht der Träger der Rentenversicherung nach § 115 Abs. 6 SGB VI auf geeignete Fälle beschränkt. Die Geeignetheit einer Fallgruppe richtet sich im Wesentlichen nach folgenden Merkmalen: Für den Versicherungsträger muss ohne einzelfallbezogene Sachaufklärung erkennbar sein, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung erfüllt, die von solchen Personen im Regelfall in Anspruch genommen wird. Hinweispflichten bestehen dabei insbesondere bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der Materie geläufig sind. Da die Adressaten derartiger Hinweise bestimmbar sind und die Regelung den Schutz des Einzelnen bezweckt, vermittelt die Regelung ein subjektives Recht auf Erteilung des Hinweises (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnr. 41; Urteil vom 01.09.1999 – B 13 RJ 73/98 R, Rdnrn. 23 ff. (Juris)).
Die Beklagte war im vorliegenden Fall verpflichtet, den verstorbenen Ehemann der Klägerin darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage ab 01.06.2002 die Möglichkeit eines Beitragszuschusses bei entsprechender Beantragung bestand. Bei den in der Schweiz wohnhaften Rentnern, die nach der zuvor geltenden Rechtslage überwiegend von der Bezuschussung ihrer Krankenversicherungskosten ausgeschlossen waren, handelte es sich um einen abgrenzbaren Personenkreis, der – nach Auffassung der Beklagten jedenfalls im Hinblick auf Zusatzversicherungen, bei korrekter Gesetzesauslegung wie dargelegt darüber hinaus auch hinsichtlich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung – grundsätzlich die Anspruchsvoraussetzungen für den Beitragszuschuss erfüllte. Es handelte sich dabei um eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit, die für die betreffenden Rentner ohne Fachkenntnis nicht ohne Weiteres ersichtlich war. Es lag damit ein geeigneter Fall vor, der entsprechende Hinweispflichten auslöste.
Die Beklagte konnte ihrer Hinweispflicht schließlich auch nicht durch Veröffentli-chung einer Pressemitteilung genügen. Denn ein subjektives öffentliches Recht auf Hinweiserteilung kann nur erfüllt werden, wenn der dieser Hinweis auch beim Betroffenen ankommt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.07.2007 – B 13 R 4/06, Rdnr. 17 (Juris)). Dies ist bei Pressemitteilungen, unabhängig von dem im vorliegenden Fall gewählten Wortlaut, wie hier nicht gewährleistet.
(2) Der verstorbene Ehemann der Klägerin hat durch den unterlassenen Hinweis einen Nachteil erlitten, indem er einen Antrag auf Beitragszuschuss nicht gestellt hat und bei Anwendung des in §§ 108, 99 SGB VI verankerten Antragsprinzips von einer Zuschussgewährung für die Zeit vor dem 01.04.2009 ausgeschlossen ist.
(3) Der Schutzzweckzusammenhang zwischen der Hinweispflichtverletzung der Be-klagten und dem hierdurch verursachten Schaden ist erfüllt, da § 115 Abs. 6 SGB VI die Anspruchsberechtigten gerade vor mit dem Antragsprinzip verbundenen Rechtsverlusten schützen soll (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnr. 41 m.w.N. (Juris)).
cc) Anspruch auf Beitragszuschuss besteht trotz Erfüllung der Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs jedoch nicht für die Zeit vor dem 01.01.2005. Denn auch dann, wenn aufgrund eines sozialrechtlichen Herstel-lungsanspruchs eine Leistung rückwirkend verlangt werden kann, gilt in entspre-chender Anwendung des § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eine Ausschlussfrist von vier Jahren zum Beginn des Kalenderjahres (vgl. Bun-dessozialgericht, Urteil vom 27.03.2007 – B 13 R 58/06 R, Rdnrn. 11 ff. m.w.N. (Juris)). Dies folgt daraus, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, der die Verletzung einer Nebenpflicht eines Leistungsträgers, hier einer Hinweispflicht, mit für den Leistungsträger nachteiligen Rechtsfolgen belegt, nicht weiter reichen kann als der Anspruch nach § 44 Abs. 1 SGB X als Rechtsfolge der Verletzung einer Hauptpflicht. Wäre § 44 SGB X auf den vorliegenden Fall unmittelbar anwendbar, so würden Leistungen nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X beginnend ab dem Monat der Antragstellung rückwirkend für vier Jahre bis zum Beginn des Kalenderjahres erbracht. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall der entsprechenden Anwendung des § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X, dass Leistungen – ausgehend von einer Antragstellung im Jahre 2009 – rückwirkend bis zum 01. Januar 2005 zu erbringen und für die Zeit davor ausgeschlossen sind (vgl. zuletzt Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011 – L 3 R 748/10, Rdnr. 32 (Juris)).
b) Der Anspruch auf Verzinsung der monatlichen Zahlungsansprüche mit vier vom Hundert nach Ablauf eines Monats nach Eintritt ihrer Fälligkeit folgt aus der – auch bei einer rückwirkenden Leistungsgewährung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs anwendbaren (vgl. hierzu ausführlich Sozialgericht Berlin, Urteil vom 20.05.2010 – S 97 R 4899/07, Rdnrn. 13 ff. (Juris)) – Regelung des § 44 Abs. 1 SGB I. Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Antragsprinzip (§ 44 Abs. 2 SGB I) ergeben sich nicht, da der verstorbene Ehemann der Klägerin seinen Zuschussantrag bei korrekter Hinweiserteilung bereits im Jahr 2002 gestellt hätte.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt das auf eine rückwirkende Bezuschussung seit 1992 gerichtete Klagebegehren.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung eines Beitragszuschusses zu den in der Zeit vom 01.08.1992 bis zum 31.12.2010 angefallenen Aufwendungen für die Kran-kenversicherung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin nach dem Sozialge-setzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Der am 17.12.2010 verstorbene und bis dahin in der Schweiz wohnhafte Ehemann der Klägerin bezog seit dem 01.08.1992 eine Regelaltersrente (Bescheid der Lan-desversicherungsanstalt Baden vom 21.04.1993). Im Antragsformular machte er keine Angaben zu seiner Krankenversicherung und ließ die Frage nach der Beantragung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung unbeantwortet.
Am 25.04.2009 beantragte der verstorbene Ehemann der Klägerin rückwirkend seit Rentenbeginn am 01.08.1992 einen Beitragszuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung sowie eine Verzinsung der Nachzahlungsbeträge mit vier vom Hundert. Er legte hierzu Versicherungspolicen der Xxx Krankenversicherung vor, aus denen sich monatliche Prämien zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung sowie ergänzenden Zusatzversicherungen ergaben.
Mit Bescheid vom 25.05.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Beitragszuschuss mit der Begründung ab, wegen der bestehenden schweizerischen gesetzlichen Krankenversicherungspflicht sei ein Anspruch auf Beitragszuschuss ausgeschlossen. Dies gelte auch für freiwillige private Zusatzversicherungen.
Hiergegen wandte sich der verstorbene Ehemann der Klägerin mit Widerspruch vom 03.08.2009 und machte geltend, die obligatorische Krankenpflegeversicherung sei in der Schweiz erst zum 01.01.1996 eingeführt worden. Hätte die Beklagte ihm bei Ren-tenantragstellung entsprechend beraten, wäre zum Rentenbeginn auch ein Beitrags-zuschuss beantragt und bewilligt worden. Im Übrigen unterliege der Anspruch auf Beitragszuschuss den Exportgebot nach dem inzwischen auch im Verhältnis zur Schweiz geltenden europäischen Recht. Er habe daher jedenfalls bis zu einer am 01.05.2007 eingetretenen Gesetzesänderung unabhängig vom Bestehen einer Pflichtversicherung nach dem Recht des Wohnsitzes Anspruch auf Beitragszuschuss gehabt. Aufgrund der in § 315 Abs. 4 SGB VI geregelten Besitzstandsregelung sei dieser auch weiterhin zu zahlen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 zu-rück. Zur Begründung führte sie aus, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe allenfalls ab dem Zeitpunkt der Anwendbarkeit der EWG-Verordnung über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer Nrn. 1408/71 und 574/72 auch im Verhältnis zur Schweiz ab 01.06.2002 Anspruch auf einen Zuschuss zu solchen Krankenversiche-rungen gehabt, die über den Umfang des Krankenversicherung obligatorisch ums hinausgingen. Einen entsprechenden Antrag habe er jedoch nicht gestellt, ohne dass sie insoweit Beratungspflichten verletzt habe. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide insoweit aus. Nach § 106 Absatz 1 Satz 2 SGB VI in seit dem 01.05.2007 geltenden Fassung sei der Beitragszuschuss inzwischen ausgeschlossen, da die obligatorische Kranken Pflegeversicherung nach schweizerischem Recht eine den Beitragszuschuss ausschließende ausländische gesetzliche Krankenversicherung darstelle.
Mit der am 11.12.2009 erhobenen Klage hat der verstorbene Ehemann der Klägerin sein Begehren weiter verfolgt. Nach seinem Tod hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.02.2011 die Aufnahme und Fortführung des Rechtsstreits erklärt. Sie beruft sich weiter auf Beratungsfehler der Beklagten und trägt vor, dass in der Schweiz lebenden Rentenempfängern durch die Rechtsprechung inzwischen ein Beitragszuschuss auch zu den Aufwendungen der obligatorischen Krankenpflegversicherung zugebilligt werde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2009 zu verurteilen, ihr als Rechts-nachfolgerin ihres verstorbenen Ehemanns für die Zeit vom 01.08.1992 bis zum 31.12.2010 einen Zuschuss zu dessen Aufwendungen für die Kranken-versicherung unter Berücksichtigung der Kosten der obligatorischen Kran-kenpflegeversicherung zu zahlen und die Zahlungsansprüche mit vier vom Hundert zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte die angefochtene Ablehnungsentscheidung unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Für das weitere Vorbringen der Beteiligten und die Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Zu-stimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
2. Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begrün-det. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher abzuweisen.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2010 Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen Aufwendungen für die Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kosten der in der Schweiz ob-ligatorischen Krankenpflegeversicherung. Die angefochtene Ablehnungsent-scheidung ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemanns (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)). Für die Zeit vor dem 01.01.2005 besteht hingegen kein Anspruch auf Beitragszuschuss.
a) Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, erhalten zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 106 Abs. 1. Satz 1 SGB VI). Dies gilt gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der seit dem 01.05.2007 geltenden Fassung nicht, wenn sie gleichzeitig in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Der Zuschuss wird nur auf Antrag geleistet (§ 19 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB VI)), dem als anspruchsbegründende Tatsache materiell-rechtliche Bedeutung zukommt (§ 108 i.V.m. § 99 Abs. 1 SGB VI).
aa) Der verstorbene Ehemann der Klägerin bezog seit dem 01.08.1992 eine Alters-rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und gehört damit zu dem nach § 106 Abs. 1 SGB VI grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis. Er war bei der Xxx Krankenversicherung mit einer obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach dem schweizerischen Krankenpflegeversicherungsgesetz (KVG) sowie einer Zusatzversicherung auch krankenversichert.
(1) Bei der Xxx Krankenversicherung handelt es sich um ein Unternehmen, das nicht der deutschen, sondern der schweizerischen Versicherungsaufsicht unterliegt. Dies steht einem Anspruch auf Beitragszuschuss indes nicht entgegen. Denn nach Art. 10 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (konsolidierte Fassung, Amtsblatt EG L 28 vom 30.01.1997, Seite 1), der gemäß Art. 8 des Abkommens zwischen der der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Schweizerischen Eidgenossenschaft anderseits über die Freizügigkeit vom 21.06.1999 (Amtsblatt EG L 114 vom 30.04.2002, Seite 6) seit dem 01.06.2002 auch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz gilt, dürfen Geldleistungen bei Alter nicht gekürzt, geändert oder entzogen werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat. Dies betrifft auch den im Recht eines Mitgliedstaats vorgesehenen Zuschuss zu den Kosten der Krankenversicherung, der von den Rentenversicherungsträgern gewährt wird (vgl. grundlegend Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06.07.2000 – C-73/99 "Victor Movrin./. Landesversicherungsanstalt Westfalen", Slg. 2000, I-5625). Bei europarechtskonformer Auslegung ist es daher ausreichend, dass das Krankenversicherungsunternehmen, bei welchem der Rentenbezieher versichert ist, der Aufsicht des ausländischen Staates, hier der Schweiz, unterliegt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnr. 27; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnr. 25 (Juris); Peters, in: KASSELER KOMMENTAR ZUM SOZIALVERSICHERUNGSRECHT, 69. Ergl. 2011, § 106 SGB VI, Rdnr. 12 m.w.N.). Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben steht der Gewährung eines Beitragszuschusses entgegen der Grundregel gemäß § 111 Abs. 2 SGB VI auch nicht der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland entgegen (§ 110 Abs. 3 SGB VI). (2) Für den Beitragszuschuss ist es unerheblich, ob sich der verstorbene Ehemann der Klägerin freiwillig oder aufgrund des in der Schweiz bestehenden Obligatoriums gemäß Art. 3 KVG krankenversichert hat. Denn das Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit bezieht sich ausschließlich auf eine freiwillige Mitgliedschaft in einer (inländischen) gesetzlichen Krankenversicherung, nicht hingegen auf den Fall einer Versicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen im Sinne der zweiten Alternative des § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnr. 27; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnr. 26 (Juris)).
(3) Der Anspruch auf Beitragszuschuss ist schließlich auch nicht gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ausgeschlossen. In der Zeit bis zum 30.04.2007 galt ein Ausschluss nach der bis dahin geltenden Fassung der Vorschrift ohnehin nur bei gleichzeitiger Pflichtversicherung in der (inländischen) gesetzlichen Krankenversicherung. Unabhängig vom Eingreifen der Besitzstandsregelung gemäß § 315 Abs. 4 SGB VI hat sich für den Anspruch des verstorbenen Ehemanns der Klägerin auf Beitragszuschuss mit der zum 01.05.2007 erfolgten Gesetzesänderung nichts geändert. Denn die obligatorische Krankenversicherung nach dem schweizerischen KVG stellt keine gleichzeitige Pflichtversicherung in einer aus-ländischen gesetzlichen Krankenversicherung dar.
(a) Es fehlt bereits am Kriterium der Gleichzeitigkeit. Der Beitragszuschuss ist nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI nur dann ausgeschlossen, wenn zeitgleich mit einem Versicherungsverhältnis, für das ein Zuschuss begehrt wird, eine weitere Versicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Es müssen also zwei Versicherungsverhältnisse, eines davon in der gesetzlichen Krankenver-sicherung, vorliegen. Der verstorbene Ehemann des Klägers ist indes nur ein Versicherungsverhältnis mit der Xxx Krankenversicherung, bestehend aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und ergänzenden Zusatzversiche-rungen, eingegangen. Selbst bei einer Qualifikation der obligatorischen Kran-kenpflegeversicherung als Pflichtversicherungsverhältnis würde § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI einen Zuschuss damit nicht ausschließen. Dies wird durch den Sinn und Zweck der Ausschlussregelung bestätigt. Denn Hintergrund der Regelung ist, dass die Rentenversicherungsträger nach § 249 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bei den in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentnern einen Beitragsanteil zu tragen haben. Durch den Ausschluss von Zuschüssen einer daneben ggf. bestehenden privaten Krankenversicherung werden Doppelleistungen vermieden und § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf seinen Regelungszweck der Gleichstellung gesetzlich und privat krankenversicherter Rentner reduziert. Dieser Regelungszweck greift nicht, wenn wie im vorliegenden Fall nur ein einziges Krankenversicherungsverhältnis besteht (vgl. ausführlich Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnrn. 35 ff. m.w.N. (Juris)).
(b) Die obligatorische Krankenpflegeversicherung stellt im Übrigen auch keine Pflichtversicherung in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung dar. Vielmehr gleicht die in der Schweiz gemäß Art. 3 KVG geltende Rechtslage derjenigen, die gemäß § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) seit dem 01.01.2009 in der Bundesrepublik Deutschland gilt. Geregelt ist insoweit lediglich die Verpflichtung, eine Krankenversicherung mit einem bestimmten Basisschutz zu unterhalten. Diese Verpflichtung des Versicherten macht den privaten Versicherer indes nicht zu einer gesetzlichen Krankenversicherung. Insoweit ist vielmehr zu differenzieren, ob jemand lediglich zur Begründung eines bestimmten Krankenversicherungsschutzes verpflichtet oder kraft Gesetzes automatisch in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist. Letzteres ist beim Krankenversicherungsobligatorium nach dem schweizerischen KVG ebenso wenig wie bei der Verpflichtung gemäß § 193 VVG der Fall, so dass es sich in beiden Fällen nicht um eine Pflichtversicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung handelt (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.04.2011 – L 10 R 5221/07, Rdnrn. 39 f.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2010 – L 4 R 583/06, Rdnrn. 27 ff. (Juris)).
bb) Nachdem der verstorbene Ehemann der Klägerin den Beitragszuschuss am 25.04.2009 beantragt hat, bestand darauf ohne Weiteres vom 01.04.2009 bis zum 31.12.2010 Anspruch (§ 108 i.V.m. §§ 99 Abs. 1 Satz 2, 102 Abs. 5 SGB VI).
Trotz der Ausgestaltung des Beitragszuschusses als antragsabhängige Leistung hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin Anspruch auf rückwirkende Zu-schussgewährung. Denn er war im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsan-spruchs so zu stellen, als habe er rechtzeitig zum Inkrafttreten des europäischen Gemeinschaftsrechts im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz zum 01.06.2002 einen Beitragszuschuss beantragt. Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstel-lungsanspruchs ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des sozialrechtlichen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versiche-rungsträger (oder ein für diesen handelnder Dritter) die ihm aufgrund eines Ge-setzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Be-ratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteil vom 16.12.1993 – 13 RJ 19/92, Rdnr. 24; Urteil vom 01.09.1999 – B 13 RJ 73/98 R, Rdnr. 21; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011 – L 3 R 748/10, Rdnr. 21 (Juris)). Demnach kommt es insbesondere auf das Vorliegen folgender Voraussetzungen an: Die verletzte Pflicht muss dem Träger gerade gegenüber dem Versicherten obliegen, die zugrunde liegende Norm letzterem also ein entsprechendes subjektives Recht eingeräumt haben. Die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung muss zumindest gleichwertig (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des Versicherten bewirkt haben. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (sog. Schutzzweckzusammenhang).
(1) Die Beklagte hat gegen ihre dem verstorbenen Ehemann der Klägerin gegenüber bestehenden Hinweis- und Beratungspflichten verstoßen, indem sie ihn nicht auf die nach der Änderung der Zugangsvoraussetzungen zum 01.06.2002 nahe liegende Möglichkeit der Beantragung eines Beitragszuschusses hingewiesen hat. Denn waren unter Geltung des Deutsch-Schweizerischen Sozialver-sicherungsabkommens in der Schweiz wohnhafte Versicherte überwiegend, je-denfalls soweit sie auch eine schweizerische Rente bezogen, von der Gewährung eines Beitragszuschusses ausgeschlossen, änderte sich dies mit dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens im Verhältnis zur Schweiz grundlegend. Auch nach der Rechtsauffassung der Beklagten waren seitdem zumindest bis zur Änderung des § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI zum 01.05.2007 jedenfalls über den Deckungsumfang des Krankenversicherungsobligatoriums hinausgehende Zusatzversicherungen zuschussfähig (vgl. hierzu die ausführlichen Erläuterungen der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009). Die Beklagte hat es gleichwohl unterlassen, den grundsätzlich zuschussberechtigten Personenkreis hierüber und über das insoweit bestehende Antragserfordernis zu informieren.
Die Beklagte hat damit zwar nicht gegen die ihr gemäß §§ 14, 15 SGB I oblie-genden Auskunfts- und Beratungspflichten verstoßen. Denn Voraussetzung für das Entstehen einer solchen Pflicht ist entweder ein konkretes Auskunfts- bzw. Beratungsbegehren oder zumindest ein konkreter Anlass zur Spontanberatung, der beispielsweise anlässlich eines Bearbeitungsvorgangs zu Tage treten kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnrn. 36 ff. (Juris)). Dies war vorliegend nicht der Fall, nachdem der Beklagten bis zum 25.04.1999 weder eine Anfrage des verstorbenen Ehemanns der Klägerin vorlag noch seit der Rentengewährung im Jahr 1992 ein Vorgang vorlag, bei dessen Bearbeitung die nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit ohne komplizierte Überlegungen auffallen musste. Auch aus einer möglicherweise ungenügenden Aufklärung der Allgemeinheit gemäß § 13 SGB I durch die von der Beklagten im Jahr 2002 veröffentlichen Pressemitteilungen kann ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch mangels subjektiver Rechtsverletzung nicht abgeleitet werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 16.12.1993 – 13 RJ 19/92, Rdnr. 25 (Juris)).
Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ist indes nicht auf die Verletzung der Pflichten gemäß §§ 14, 15 SGB I beschränkt, sondern kommt auch bei anders-artigen Nicht- oder Fehlinformationen in Betracht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 08.11.1995 – 13 RJ 5/95, Rdnr. 29 (Juris)). Als Pflicht, deren Verletzung grundsätzlich geeignet ist, einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu begründen, kommt im Verhältnis zu den Trägern der Rentenversicherung insbe-sondere § 115 Abs. 6 SGB VI in Betracht. Danach sollen diese die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die nicht ausreichend Informierten vor Nachteilen aus dem Antragsprinzip zu bewahren. Während sich für den Leistungsträger eine Pflicht zur Auskunft und Beratung im Sinne der §§ 14, 15 SGB I nur bei konkretem Anlass ergibt, ist die allgemeine Hinweispflicht der Träger der Rentenversicherung nach § 115 Abs. 6 SGB VI auf geeignete Fälle beschränkt. Die Geeignetheit einer Fallgruppe richtet sich im Wesentlichen nach folgenden Merkmalen: Für den Versicherungsträger muss ohne einzelfallbezogene Sachaufklärung erkennbar sein, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung erfüllt, die von solchen Personen im Regelfall in Anspruch genommen wird. Hinweispflichten bestehen dabei insbesondere bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der Materie geläufig sind. Da die Adressaten derartiger Hinweise bestimmbar sind und die Regelung den Schutz des Einzelnen bezweckt, vermittelt die Regelung ein subjektives Recht auf Erteilung des Hinweises (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnr. 41; Urteil vom 01.09.1999 – B 13 RJ 73/98 R, Rdnrn. 23 ff. (Juris)).
Die Beklagte war im vorliegenden Fall verpflichtet, den verstorbenen Ehemann der Klägerin darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage ab 01.06.2002 die Möglichkeit eines Beitragszuschusses bei entsprechender Beantragung bestand. Bei den in der Schweiz wohnhaften Rentnern, die nach der zuvor geltenden Rechtslage überwiegend von der Bezuschussung ihrer Krankenversicherungskosten ausgeschlossen waren, handelte es sich um einen abgrenzbaren Personenkreis, der – nach Auffassung der Beklagten jedenfalls im Hinblick auf Zusatzversicherungen, bei korrekter Gesetzesauslegung wie dargelegt darüber hinaus auch hinsichtlich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung – grundsätzlich die Anspruchsvoraussetzungen für den Beitragszuschuss erfüllte. Es handelte sich dabei um eine nahe liegende Gestaltungsmöglichkeit, die für die betreffenden Rentner ohne Fachkenntnis nicht ohne Weiteres ersichtlich war. Es lag damit ein geeigneter Fall vor, der entsprechende Hinweispflichten auslöste.
Die Beklagte konnte ihrer Hinweispflicht schließlich auch nicht durch Veröffentli-chung einer Pressemitteilung genügen. Denn ein subjektives öffentliches Recht auf Hinweiserteilung kann nur erfüllt werden, wenn der dieser Hinweis auch beim Betroffenen ankommt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26.07.2007 – B 13 R 4/06, Rdnr. 17 (Juris)). Dies ist bei Pressemitteilungen, unabhängig von dem im vorliegenden Fall gewählten Wortlaut, wie hier nicht gewährleistet.
(2) Der verstorbene Ehemann der Klägerin hat durch den unterlassenen Hinweis einen Nachteil erlitten, indem er einen Antrag auf Beitragszuschuss nicht gestellt hat und bei Anwendung des in §§ 108, 99 SGB VI verankerten Antragsprinzips von einer Zuschussgewährung für die Zeit vor dem 01.04.2009 ausgeschlossen ist.
(3) Der Schutzzweckzusammenhang zwischen der Hinweispflichtverletzung der Be-klagten und dem hierdurch verursachten Schaden ist erfüllt, da § 115 Abs. 6 SGB VI die Anspruchsberechtigten gerade vor mit dem Antragsprinzip verbundenen Rechtsverlusten schützen soll (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.10.1996 – 13 RJ 23/95, Rdnr. 41 m.w.N. (Juris)).
cc) Anspruch auf Beitragszuschuss besteht trotz Erfüllung der Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs jedoch nicht für die Zeit vor dem 01.01.2005. Denn auch dann, wenn aufgrund eines sozialrechtlichen Herstel-lungsanspruchs eine Leistung rückwirkend verlangt werden kann, gilt in entspre-chender Anwendung des § 44 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eine Ausschlussfrist von vier Jahren zum Beginn des Kalenderjahres (vgl. Bun-dessozialgericht, Urteil vom 27.03.2007 – B 13 R 58/06 R, Rdnrn. 11 ff. m.w.N. (Juris)). Dies folgt daraus, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, der die Verletzung einer Nebenpflicht eines Leistungsträgers, hier einer Hinweispflicht, mit für den Leistungsträger nachteiligen Rechtsfolgen belegt, nicht weiter reichen kann als der Anspruch nach § 44 Abs. 1 SGB X als Rechtsfolge der Verletzung einer Hauptpflicht. Wäre § 44 SGB X auf den vorliegenden Fall unmittelbar anwendbar, so würden Leistungen nach § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X beginnend ab dem Monat der Antragstellung rückwirkend für vier Jahre bis zum Beginn des Kalenderjahres erbracht. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall der entsprechenden Anwendung des § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X, dass Leistungen – ausgehend von einer Antragstellung im Jahre 2009 – rückwirkend bis zum 01. Januar 2005 zu erbringen und für die Zeit davor ausgeschlossen sind (vgl. zuletzt Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011 – L 3 R 748/10, Rdnr. 32 (Juris)).
b) Der Anspruch auf Verzinsung der monatlichen Zahlungsansprüche mit vier vom Hundert nach Ablauf eines Monats nach Eintritt ihrer Fälligkeit folgt aus der – auch bei einer rückwirkenden Leistungsgewährung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs anwendbaren (vgl. hierzu ausführlich Sozialgericht Berlin, Urteil vom 20.05.2010 – S 97 R 4899/07, Rdnrn. 13 ff. (Juris)) – Regelung des § 44 Abs. 1 SGB I. Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Antragsprinzip (§ 44 Abs. 2 SGB I) ergeben sich nicht, da der verstorbene Ehemann der Klägerin seinen Zuschussantrag bei korrekter Hinweiserteilung bereits im Jahr 2002 gestellt hätte.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt das auf eine rückwirkende Bezuschussung seit 1992 gerichtete Klagebegehren.
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