S 6 VE 22/09

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 6 VE 22/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Nach § 24 Abs. 1 S.2 BVG besteht ein Anspruch auf Ersatz der Kosten einer notwendigen Kurdauerbegleitung.
2. Da § 24 Abs. 1 S.2 BVG eine Differenzierung zwischen der Übernahme der Kosten einer Reisebegleitung und einer Kurdauerbegleitung vornimmt, folgt aus der Feststellung, dass beim Beschädigten die Voraussetzungen des Merkzeichens "B" vorliegen, nicht automatisch die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung.
3. Die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung ist im Regelfall nur bejahen, wenn der kurfähige Beschädigte auf Hilfe in einem Umfang angewiesen ist, der die Betreuungsmöglichkeiten der Kureinrichtungen überschreitet oder - im Hinblick auf die Intimsphäre des Beschädigten - wenn der Beschädigte darlegt, dass er Hilfe bei der Intimpflege benötigt und dass er diese Hilfe nur von einer ihm vertrauten Begleitperson annehmen möchte.
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger eine Kurdauerbegleitung zu genehmigen ist.

Der 1927 geborene Kläger ist Kriegsbeschädigter.

Als Kriegsbeschädigung wurde mit Neufeststellungsbescheid vom 06.06.1972 (Bl. 403 Verwaltungsakte) beim Kläger anerkannt:

"Verlust des linken Unterarmes unterhalb des Ellbogengelenkes mit Stumpf- und Phantomschmerzen"

Auf der Grundlage dieser Schädigungsfolge wurde eine MdE von 60 festgestellt.

Mit Bescheid vom 14.11.2003 hatte der Beklagte beim Kläger einen Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen "G" und "B" festgestellt (Bl. 143 SB-Verwaltungsakte). Der Beklagte hatte hierbei ausweislich der gutachterlichen Stellungnahme vom 13.11.2003 folgende Einzel-Grade der Behinderung berücksichtigt (Bl. 141 SB-Verwaltungsakte): 1. Deformierende Wirbelsäulenveränderungen, enger Spinalkanal mit Claudicatio spinalis 60 2. Bluthochdruck, Arteriosklerose mit Herzmangeldurchblutung 30 3. Schrumpfblase mit häufigem Harndrang und Harninkontinenz 30 4. Kniegelenk-Funktionsstörungen 20 5. Diabetes mellitus 10 6. Schuppenflechte 10 7. Verlust des linken Unterarms unterhalb des Ellenbogengelenkes mit Stumpf- und Phantomschmerz 60

Mit Schriftsatz vom 20.03.2006 übersandte die AOK dem Beklagten ein Pflegegutachten des MDK vom 06.03.2006, in dem die Voraussetzungen der Pflegestufe I bejaht wurden (Bl. 995 ff. Verwaltungsakte). Dem Gutachten kann entnommen werden, dass der Kläger seit dem Tod der zweiten Ehefrau vor zwei Jahren allein bzw. mit der neuen Lebensgefährtin zusammen in einem Einfamilienhaus lebe. Arztbesuche würden selbständig 1-2 x im Monat mit dem PKW erledigt. Trotz des Verlustes des linken Armes sei der Kläger mit Hilfe seiner Ehefrau immer gut zu recht gekommen. Alle bimanuellen Tätigkeiten seien von ihr allerdings "schon immer" verrichtet worden. Durch den Tod vor zwei Jahren bestehe nun die Notwendigkeit der permanenten Fremdhilfe, so dass der Hausarzt zur Antragstellung geraten habe. Der Kläger befinde sich in einem normalen Kräfte- und gutem Pflegezustand. Er könne sich problemlos erheben und sicher und zügig durch das Zimmer gehen und auch Treppen steigen. Beim Bücken würden die Füße erreicht. Der rechte Arm und die Hand seien unauffällig. Links liege nur noch ein kleiner Oberarmstumpf vor, der zum Gegenhalten kaum noch verwendet werden könne. Hilfe sei beim Transfer in die Dusche und bei allen bimanuellen Tätigkeiten erforderlich. Kadiopulmonal zeigten sich keine Auffälligkeiten. Eine Dranginkontinenz werde mit Vorlagen versorgt. Der Einfachheit halber trage der Kläger häufig auch Winden, weil er dann nicht so häufig auf Fremdhilfe angewiesen sei. Hinsichtlich des Sehens und Hörens zeigten sich keine pflegerelevanten Einschränkungen. Es bestehe eine reaktive depressive Verstimmung nach dem Tod der Ehefrau. Im Übrigen würden sich keine demenzbedingten oder dauerhaften psychischen Fähigkeitsstörungen zeigen. Aus den Funktionsbeeinträchtigungen resultiere kein regelmäßiger und auf Dauer angelegter Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf. Zusammenfassend wird ausgeführt, dass der Kläger für die Grundpflege einen Bedarf von 51 Minuten und weiterhin einen Hilfebedarf in Höhe von 45 Minuten täglich im hauswirtschaftlichen Bereich habe (Bl. 1001 Verwaltungsakte).

Zur Linderung seiner Beschwerden gewährte der Beklagte dem Kläger wiederholt Badekuren (vgl. Verwaltungsakte Teilband Badekuren). Im Rahmen eines Antrags auf Gewährung einer Badekur hatte der Kläger die Bewilligung einer Begleitperson für die Dauer der Kur und hierbei seiner Ehefrau beantragt (Bl. 28 Verwaltungsakte Teilband Badekuren). Mit Bescheid vom 20.03.1990 bewilligte der Beklagte dem Kläger entsprechend eine Kur in der Kurklinik C. in C. nebst Reise- und Kurdauerbegleitung (Bl. 51 Verwaltungsakte Teilband Badekuren).

Am 25.02.2009 beantragte der Kläger einen neuen Kuraufenthalt. Bei diesem Kuraufenthalt wolle er von seiner neuen Lebensgefährtin begleitet werden (Bl. 62 Verwaltungsakte Teilband Badekuren).

Der Beklagte forderte sodann medizinische Unterlagen an, denen u.a. entnommen werden kann, dass beim Kläger im Jahr 2007 ein Herzschrittmacher implantiert wurde (Bl. 73 Verwaltungsakte Teilband Badekuren).

Der Beklagte wandte sich sodann an den Hausarzt des Klägers Dr. RW. und bat diesen um Beantwortung eines Fragebogens. Dr. RW. gab an, dass der Kläger mit einem Gehstock gehen könne, den er wegen seiner LWS-Veränderung benutze. Der Kläger benötige eine Begleitung für die Hin- und Rückfahrt, um Gepäck zu transportieren und für das Ein- und Aussteigen. Nach eigener Angabe benötige der Kläger während der gesamten Kurdauer eine Begleitung, da er Hilfe beim An- und Auskleiden brauche (Bl. 94 Verwaltungsakte).

Der Beklagte ließ die Unterlagen durch seinen ärztlichen Dienst auswerten. Der Sozialmediziner Dr. D. gelangte zu der Einschätzung, dass aus versorgungsärztlicher Sicht eine Begleitung für den gesamten Badeaufenthalt nicht gerechtfertigt sei, da für Einzelhilfeleistungen, z.B. das Ein- und Auskleiden, geschultes Personal in der Kureinrichtung zur Verfügung stehe. Eine Begleitung für die Hin- und Rückfahrt sei aber angezeigt (Bl. 95 f. Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 08.07.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger nach § 11 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) einen stationären Aufenthalt in der Kureinrichtung "Rehabilitationsklinik E. e.V." für die Dauer von 29 Tagen sowie eine Begleitung für die Hin- und Rückfahrt (Bl. 97 Verwaltungsakte).

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23.07.2009 Widerspruch ein. Er begehre eine Begleitung für die Kurdauer. Er benötige für das An- und Auskleiden fremde Hilfe. Im Übrigen sei seine Ehefrau, als sie noch gelebt habe, immer dabei gewesen. Seine neue Lebensgefährtin erfülle die gleichen Erfordernisse. Als Kriegsbeschädigter mit dem Merkzeichen "B" sei er auf eine Begleitung angewiesen (Bl. 98 Verwaltungsakte).

Der Beklagte überreichte den Widerspruchsschriftsatz seinem zentralärztlichen Dienst. Die Sozialmedizinerin F. gelangte in ihrer Versorgungsmedizinischen Äußerung vom 28.08.2009 zu der Einschätzung, dass aus den übersandten Unterlagen nicht hervorgehe, dass der Kläger allein nicht mehr im Stande sei, eine Badekur mit Aussicht auf Erfolg durchzuführen und daher eine Kurdauerbegleitung benötige. Es bestünden insbesondere keine Anhaltspunkte für eine Schädigung der gesunden rechten Hand, die auf zahlreiche notwendige Hilfeleistungen während der Kur schließen lassen würde. Der Hausarzt habe zwar die Notwendigkeit einer Kurbegleitung bescheinigt, ohne jedoch detaillierte Angaben über das Ausmaß der Hilfebedürftigkeit zu machen. Einzelne Hilfeleistungen könnten durchaus vom Personal der Kureinrichtung geleistet werden, so dass die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung nicht gesehen werde (Bl. 100 Verwaltungsakte).

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2009 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung sei medizinisch nicht begründet. Einzelne Hilfeleistungen könnten durchaus vom Personal der Kureinrichtung geleistet werden. Ungeachtet dessen stehe es dem Kläger aber frei, seine Lebensgefährtin auf eigene Kosten zur Kur mitzunehmen (Bl. 101 Verwaltungsakte).

Am 13.10.2009 hat der Kläger gegen den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids Klage beim Sozialgericht Kassel erhoben.

Mit Schriftsatz vom 09.03.2010 überreichte der Kläger zur Klagebegründung ein ärztliches Attest des Hausarztes Dr. RW. vom 05.03.2010. Der Kläger benötige Hilfe bei nahezu allen körperlichen Verrichtungen. Eine Badekur habe nur Aussicht auf Erfolg, wenn sich der Kläger entsprechend aus- und ankleiden könne. Es bestehe eine erhebliche Unsicherheit. Auch benötige der Kläger gelegentlich Hilfe beim Gehen. Aus diesem Grunde werde eine Badekur ohne Kurdauerbegleitung für nicht erfolgversprechend bzw. für unmöglich gehalten (Bl. 25 Gerichtsakte).

Der Beklagte hat das ärztliche Attest durch seinen ärztlichen Dienst und hierbei durch die Sozialmedizinerin F. auswerten lassen. In dem Attest wiederhole Dr. RW. die vom Kläger geäußerten subjektiven Angaben der Fremdhilfe beim An- und Auskleiden und der Körperpflege. Es würden außer den bekannten Schädigungsfolgen mit Verlust des linken Unterarms unterhalb des Ellenbogengelenks, Lendenwirbelsäulenveränderungen, eine arterielle Verschlusskrankheit, eine Herzerkrankung und Hilfe beim Gehen dokumentiert. Funktionsdefizite würden nicht beschrieben. Der beantragte Fremdhilfebedarf bei den Hygieneverrichtungen und dem An- und Auskleiden sei medizinisch nicht nachvollziehbar, zumal Kurdauerbegleitungen in der Regel erst bei der Zuerkennung des Merkzeichens "H" (Hilflosigkeit) und bei Pflegezulage Stufe I bewilligt würden. Aus dem Bescheid nach dem Schwerbehindertenrecht gehe keine Funktionsbeeinträchtigung des rechten Arms hervor. Die Zuerkennung des Merkzeichens "B" rechtfertige nicht eine Reisedauerbegleitung während eines Krankenhausaufenthaltes, da sich die Begleitung im Schwerbehindertenrecht auf die Hilfestellung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel beziehe (Bl. 32 Gerichtsakte).

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger angegeben, dass bei ihm weiterhin die Pflegestufe I vorliege. Er sei aber der Meinung, dass er die Pflegestufe II bekommen könne. Hilfe beim Besuch der Toilette benötige er nicht. Seine Lebensgefährtin müsse ihm aber das Hemd, welches er selbst anziehen könne, teilweise richten.

Der Kläger hat den Sitzungssaal im Rahmen der mündlichen Verhandlung kurz verlassen, um die Toilette aufzusuchen. Hierbei hat das Gericht beobachten können, dass der Kläger in der Lage war, die Tür des Sitzungssaals mit dem linken Armstumpf zu öffnen (vgl. Bl. 60 Gerichtsakte).

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Kurdauerbegleitung erfüllt sind.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 08.07.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 01.10.2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm den Kuraufenthalt mit Dauerbegleitung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Kurdauerbegleitung nach § 11 Abs. 2 S.1 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in Verbindung mit § 24 BVG.

Gem. § 11 Abs. 2 S.1 BVG kann eine stationäre Behandlung in einer Kureinrichtung (Badekur) Beschädigten unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1, 2, 7 und 8 BVG gewährt werden, wenn sie notwendig ist, um den Heilerfolg zu sichern oder um einer in absehbarer Zeit zu erwartenden Verschlechterung des Gesundheitszustands, einer Pflegebedürftigkeit oder einer Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen.

§ 24 BVG normiert den Ersatz persönlicher Kosten.

Gem. § 24 Abs. 1 S.1 BVG haben Berechtigte einen Anspruch auf Übernahme der Reisekosten, die im Zusammenhang mit einer Leistung der Heil- oder Krankenbehandlung sowie einer Badekur entstehen.

Den Berechtigten werden gem. § 24 Abs. 1 S.2 BVG für sich, eine notwendige Begleitung sowie für Kinder, deren Mitnahme an den Rehabilitationsort erforderlich ist, weil ihre anderweitige Betreuung nicht sichergestellt ist, die notwendigen Reisekosten einschließlich des erforderlichen Gepäcktransports sowie die Kosten für Verpflegung und Unterkunft in angemessenem Umfang ersetzt.

Wie sich aus dem Wortlaut der Regelungen ergibt, steht die Gewährung von Badekuren im Ermessen des Beklagten. Wird die Badekur aber gewährt, so besteht, soweit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 24 Abs. 1 BVG erfüllt sind, ein gebundener Anspruch des Beschädigten auf Übernahme der notwendigen Kosten.

Eine Kostenübernahme für eine Kurdauerbegleitung setzt die Notwendigkeit einer entsprechenden Begleitung voraus.

Das Bundessozialgericht (BSG) legt den Begriff der Notwendigkeit in seinem Urteil vom 28.01.1981 (9 RV 26/80, juris, Rn.19 f.) in der Sache unter Heranziehung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eng aus. Dem Beschädigten ist danach zunächst jede denkbar notwendige Hilfe für die Heilbehandlung zu erbringen. Auf der anderen Seite muss die Krankenpflege nach dem BVG aber "ausreichend und zweckmäßig sein. Sie darf jedoch das Maß der Notwendigkeit nicht überschreiten."

Die Kurrichtlinien stellen in Nr. 21 bei der Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung zutreffend darauf ab, ob sich die Behinderungen so erheblich auswirken, dass der Berechtigte allein nicht imstande wäre, die Badekur mit Aussicht auf Erfolg durchzuführen (vgl. auch Rohr / Sträßer / Dahm, BVG-Kommentar, Stand Oktober 2007, § 11 Nr. 34). Die Kurdauerbegleitung muss also aus medizinischen Gründen geboten sein. Der Wunsch des Beschädigten, beim Kuraufenthalt Gesellschaft zu haben, ist nicht ausreichend, um eine Pflicht der Versorgungsverwaltung zu begründen, die Kosten des Aufenthalts der Begleitperson zu tragen.

Da § 24 Abs. 1 S.2 BVG eine Differenzierung zwischen den Kosten der Reisebegleitung und einer Kurdauerbegleitung vornimmt (vgl. Rohr / Sträßer / Dahm, BVG-Kommentar, Stand September 2008, § 24 Nr. 8), folgt aus der Feststellung, dass beim Beschädigten die Voraussetzungen des Merkzeichens "B" im Sinne der Notwendigkeit ständiger Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (§ 146 Abs. 2 SGB IX) vorliegen, nicht automatisch die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung (so auch: Rohr / Sträßer / Dahm, BVG-Kommentar, § 11 Nr. 34). Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer Kurdauerbleitung ist nämlich – worauf auch der Beklagte hingewiesen hat – zu berücksichtigen, dass in den Kureinrichtungen im Regelfall ein behindertengerechtes Umfeld mit professioneller Betreuung zur Verfügung steht (Vgl. zur Parallelvorschrift des § 53 Abs. 1 SGB IX: Schlette in: Juris-Praxiskommentar, SGB IX, 2010, § 53 Rn.28).

Die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung im Sinne des § 24 Abs. 1 S.2 BVG ist dementsprechend im Regelfall nur zu bejahen, wenn der kurfähige Beschädigte auf Hilfe in einem Umfang angewiesen ist, der die Betreuungsmöglichkeiten der Kureinrichtung überschreitet oder – im Hinblick auf die Intimsphäre des Beschädigten – wenn der Beschädigte darlegt, dass er Hilfe bei der Intimpflege benötigt und diese Hilfe nur von einer ihm vertrauten Begleitperson annehmen möchte.

Die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung wird damit übereinstimmend vom wissenschaftlichen Schrifttum generell anerkannt bei Hilflosen im Sinne des Merkzeichens "H", Blinden und außergewöhnlich Gehbehinderten im Sinne des Merzeichens "aG" (vgl. Rohr / Sträßer / Dahm, BVG-Kommentar, § 11 Nr. 34; Schlette in: Juris-Praxiskommentar, SGB IX, § 53 Rn. 28).

1. Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger aus medizinischen Gründen auf einen entsprechenden Hilfebedarf angewiesen ist, der die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung begründet.

Zunächst gehört der Kläger nicht zu dem Personenkreis, bei dem das wissenschaftliche Schrifttum generell die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung bejaht.

Auch ist die Kammer nach der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der beim Kläger während eines Kuraufenthalts bestehende Hilfebedarf vom Personal der Kureinrichtung gewährleistet werden kann. Der Kläger ist bei der Verrichtung der Notdurft und bei der Intimpflege nicht auf fremde Hilfe angewiesen und ist trotz seiner Behinderungen noch in einem hohen Maße selbständig. So hat die Lebensgefährtin des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der Kläger noch in der Lage ist, seinen umgebauten PKW selbständig über Wegstrecken von ca. 160 Kilometern von A-Stadt nach X-Stadt zu führen (Bl. 60 Gerichtsakte). Fremde Hilfe benötigt der Kläger laut eigenen Angaben beim Anziehen seiner Gummistrümpfe und beim Anlegen seines Korsetts sowie beim Richten seines Hemds. Dies sind jedoch Verrichtungen, die nach der Überzeugung der Kammer durchaus vom Personal der Kureinrichtung verrichtet werden können und die nicht den engsten Intimbereich berühren. Der Beklagte hat die Notwendigkeit einer Begleitung zutreffend auf die Hin- und Rückfahrt beschränkt. Die Notwendigkeit einer Kurdauerbegleitung besteht somit nicht.

2. Ein anderes Ergebnis kann auch nicht aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung abgeleitet werden. Eine solche Selbstbindung würde nur bestehen, wenn es sich bei der Übernahme der Kosten der Dauerbegleitung um eine Ermessensleistung handeln würde und sich die Behörde noch in dem von der Anspruchsgrundlage vorgegeben Rahmen bewegen würde. Dies ist aber nicht der Fall. Die Kammer ist im Hinblick auf den im Rahmen der mündlichen Verhandlung ermittelten Hilfebedarf des Klägers davon überzeugt, dass die mit Bescheid vom 20.03.1990 gewährte Kurdauerbegleitung rechtswidrig war. Ein Anspruch auf die Fortsetzung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis besteht nicht (Kopp / Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 9. A. 2005, § 40 Rn. 25).

Die Klage war somit unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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