L 8 SO 12/11 NZB

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 16 SO 3/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 12/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid über die Anrechnung eines Betriebskostenguthabens in Höhe von 103,03 EUR auf die ihm gewährten laufenden Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII).

Der am ... 1949 geborene Kläger bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See laufend Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das Versorgungsamt stellte ab dem 8. August 2006 bei ihm einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 und die Merkzeichen "B" und "G" fest.

Er steht seit dem 1. November 2007 im laufenden Bezug von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, die von dem beklagten Landkreis gewährt werden. Dabei wurde dem Kläger für die sich aus der Jahresverbrauchsabrechnung 2008 des Stromversorgers vom 13. Januar 2009 ergebende Nachforderung in Höhe von 109,56 EUR ein Darlehen gewährt, für das auf die Leistungen bis November 2009 monatliche Rückzahlungsraten durch den Beklagten in Höhe von 10 EUR bei der Leistungsbewilligung in Abzug gebracht wurden. Dem Kläger wurden von dem Beklagten mit Bescheid vom 15. Oktober 2009 Leistungen der Grundsicherung für den Bewilligungszeitraum vom 1. November 2009 bis zum 31. Oktober 2010 in Höhe von monatlich 169,27 EUR bewilligt. Hierbei wurden als Bedarf des Klägers die von ihm mietvertraglich geschuldete monatliche Grundmiete sowie in voller Höhe die Kosten für Heizung, Kaltwasser, Abwasser, Zählermiete und sonstige Betriebskosten und Abfallgebühren (insgesamt 313,65 EUR), der Regelbedarf (359 EUR) und ein Mehrbedarf auf Grund des zuerkannten Merkzeichens "G" von 17 v.H. (61,03 EUR) unter Anrechnung der Erwerbsminderungsrente als Einkommen (564,41 EUR) zugrunde gelegt. Nach Tilgung des Darlehens für die Stromnachzahlung in Höhe von 89,56 EUR von April bis Dezember 2009 in Raten von 10 EUR bzw. für Dezember 9,56 EUR rechnete der Beklagte das sich aus der Betriebskostenabrechnung des Vermieters vom 8. Juni 2009 ergebende Guthaben des Klägers in Höhe von 103,03 EUR ab dem 1. Januar 2010 mit einem Betrag in Höhe von 10 EUR monatlich auf die Leistungen an.

Den auf höhere Leistungen - ohne Anrechnung des Betriebskostenguthabens - ab dem 1. Januar 2010 gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2009 als unbegründet zurück. Die Bedarfsberechnung sei zutreffend erfolgt. Die Anrechnung des Betriebskostenguthabens sei in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens erst ab dem 1. Januar 2010 vorgenommen worden. Dabei sei der mögliche Anrechnungsbetrag in Höhe von 17,95 EUR (5 v.H. des Eckregelsatzes) nicht ausgeschöpft worden.

Mit seiner am 4. Januar 2010 bei dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Anrechnung sei rechtswidrig. Es sei versäumt worden, die sich aus der Jahresverbrauchsabrechnung 2008 des Stromversorgers vom 13. Januar 2009 ergebende Nachforderung in Höhe von 109,56 EUR zu berücksichtigen. Durch die Anrechnung ab dem 1. Januar 2010 verblieben ihm nicht die Mittel, seinen notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Das Sozialgericht hat den Beteiligten mit Richterbrief vom 3. September 2010 Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid gegeben und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22. November 2010 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. In Auslegung des Vorbringens des Klägers hat das Sozialgericht seiner Entscheidung den sinngemäßen Antrag zugrunde gelegt, den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 15. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2010 zu verpflichten, dem Kläger weitere Leistungen in Höhe von insgesamt 103,03 EUR zu zahlen. Der angefochtene Bescheid vom 15. Oktober 2009 sei hinsichtlich des von dem Beklagten ermittelten Bedarfs des Klägers rechnerisch richtig und rechtlich nicht zu beanstanden. Die Betriebskostengutschrift in Höhe von 103,03 EUR sei als Einkommen des Klägers anzurechnen und führe damit zu einer Verminderung seines Leistungsanspruchs. Durch die nicht bereits ab dem Monat des Zuflusses, sondern erst ab dem 1. Januar 2010 erfolgte Anrechnung des Einkommens werde der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Die Rückzahlungsrate für das zur Begleichung des der Stromkostennachzahlung gewährte Darlehen stehe hiermit nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang. Für die Höhe seiner Stromkosten sei der Kläger selbst verantwortlich. Er müsse die Nachforderung aus Stromkostenabrechnungen aus dem ihm zur Verfügung stehenden Geld begleichen und könne sich gegenüber dem Beklagten nicht auf einen Ausgleich mit Einkommen aus Betriebskostengutschriften berufen. Der Beklagte habe dem Kläger das Guthaben auch nicht teilweise zu belassen, da die Nebenkosten der Wohnung in voller Höhe in die Bedarfsberechnung eingestellt worden seien. Der Gerichtsbescheid enthält in den Entscheidungsgründen den Hinweis auf die mangels einer Berufungswertes von 750 EUR nicht statthafte Berufung. Die beigefügte Rechtsmittelbelehrung ist nach den Vorgaben von § 105 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgestaltet.

Eine Ausfertigung des Gerichtsbescheides ist dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 7. Dezember 2010 zugestellt worden.

Am 10. Dezember 2010 hat der Kläger bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eine an den Präsidenten des LSG adressierte "Eilbeschwerde" erhoben, die nachfolgend auch als Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid vom 22. November 2010 registriert worden ist. Ein den vom Sozialgericht beschiedenen Sachverhalt konkret betreffendes Vorbringen ist den Ausführungen des Klägers im Rechtsmittelzug nicht zu entnehmen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. November 2010 zuzulassen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, die "Eilbeschwerde" sei unzulässig. Der Vortrag des Klägers sei zudem unsubstantiiert. Die Beschwerde sei bei einer Auslegung als Nichtzulassungsbeschwerde unbegründet, da der Kläger einen Grund für die auf Grund für die Zulassung der nicht bereits von Gesetzes wegen statthaften Berufung nicht vorgetragen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, welche Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.

II.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. November 2010 ist gemäß § 145 SGG zulässig, aber nicht begründet. Zulassungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGG sind nicht gegeben.

Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Berufung hier nicht bereits kraft Gesetzes zulässig ist. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt, soweit die Berufung keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Die für den Zeitraum von November 2009 bis Oktober 2010 begehrten höheren Leistungen betreffen eine Geldleistung mit einem Wert des Beschwerdegegenstandes von 100 EUR mit Auswirkungen auf die Höhe der wiederkehrenden Leistungen für insgesamt zehn Monate (Einkommensanrechnung in Höhe von 10 EUR für die Monate Januar bis Oktober 2010). Die Frage der dem Kläger für den am dem 1. November 2010 beginnenden Bewilligungsabschnitt zustehenden Leistungen ist nicht Gegenstand des hier angefochtenen Bescheides.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr.1), das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2), oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung kommt einem Rechtsstreit nur zu, wenn von der Entscheidung der Rechtssache erwarten werden kann, dass sie zur Erhaltung und Sicherung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Dies ist wiederum nur dann der Fall, wenn es in einem Rechtsstreit um eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage geht, deren Entscheidung über ein bloßes individuelles Interesse hinausgeht (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 144 RdNr. 28). Vorliegend vermag der Senat eine grundsätzliche Bedeutung im vorstehenden Sinne nicht zu erkennen. Der Rechtsstreit wirft keine grundsätzlichen Fragen auf, die für eine Mehrzahl anderer Fälle von Bedeutung sind.

Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zuzulassen. Eine solche liegt nur vor, wenn das Sozialgericht eine Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, die von einem durch ein übergeordnetes Gericht in seiner Entscheidung aufgestellten tragenden abstrakten Rechtssatz abweicht und die Entscheidung des Sozialgerichts auf dieser Abweichung beruht, d.h. die Entscheidung des Sozialgerichts anders ausgefallen wäre, wenn die obergerichtliche Rechtsprechung beachtet worden wäre (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144 RdNr. 30 unter Hinweis auf § 160 RdNr. 10 ff.). Eine abweichende Rechtsprechung des LSG Sachsen-Anhalt oder des BSG existiert nicht.

Schließlich hat der Kläger auch einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG). Nach § 105 Abs. 3 i.V.m. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.
Rechtskraft
Aus
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