Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 32 AS 60/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AS 83/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Urteil Im Namen des Volkes In dem Rechtsstreit
hat der Senat 5 des Landessozialgerichts Hamburg ohne mündliche Verhandlung am 18. Juli 2011 durch
für Recht erkannt:
hat der Senat 5 des Landessozialgerichts Hamburg ohne mündliche Verhandlung am 18. Juli 2011 durch
für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 3. Februar 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch(SGB II) für die Vergangenheit höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwendigerer Ernährung zustehen.
Der im XXXXX 1947 geborene Kläger hatte erstmals im Dezember 2004 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gestellt, welchem entsprochen worden war. Leistungen für besondere Mehrbedarfe hatte er damals nicht geltend gemacht und auch nicht erhalten.
In einem Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen vom Mai 2008 gab er erstmals an, er bedürfe aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigereren Ernährung. Unter Bezugnahme auf diesen Antrag legte er im Oktober 2008 der Behörde eine ärztliche Bescheinigung vor, wonach er an einer lebenslangen Stoffwechselerkrankung (Diabetes mellitus) leide.
Mit Bescheid vom 10. November 2008 bewilligte die Rechtsvorgängerin des Beklagten dem Kläger Leistungen ab 1. Mai 2008 unter Einschluss einer Krankenkostzulage.
Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, der Mehrbedarf zum Lebensunterhalt wegen seiner Diabetes-Erkrankung stehe ihm bereits seit dem 1. Mai 2003 zu. Über die Möglichkeit, eine Krankenkostzulage schon früher beantragen zu können, sei er nicht informiert gewesen.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 wies die Rechtsvorgängerin des Beklagten den Widerspruch des Klägers gegen den Bewilligungsbescheid vom 10. November 2008 zurück: Der Kläger habe keinen Anspruch auf rückwirkende Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende könnten nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden. Einen Antrag auf Mehrbedarf habe der Kläger jedoch erstmals am 5. Mai 2008 gestellt.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 17. Dezember 2008 zur Post gegeben. Am 8. Januar 2009 hat er vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben mit dem Begehren, den Bescheid vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2008 ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm einen Mehrbedarf für kostenaufwendigere Ernährung rückwirkend ab 1. Januar 2005 zu gewähren. Er habe gegenüber dem Beklagten deutlich gemacht, dass es ihm um eine Überprüfung sämtlicher Bescheide nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gehe. Ihm könne nicht entgegengehalten werden, dass er zunächst einen Mehrbedarfszuschlag nicht ausdrücklich beansprucht habe. Bei der Erstantragstellung sei er nicht gefragt worden, ob er aus medizinischen Gründen einen Mehrbedarf habe. Dazu habe umso mehr Anlass bestanden, da er aufgrund seines Diabetes mellitus Typ II häufig krank gemeldet gewesen sei.
Vom Gericht auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in der 3. Auflage vom 1. Oktober 2008 hingewiesen, hat der Kläger geltend gemacht, dass die dort enthaltene Aussage, bei Diabetes mellitus sei Vollkost einzuhalten und diese sei aus dem Regelsatz zu finanzieren, von einer irreführenden Fragestellung ausgehe. Es werde nicht beachtet, dass der im Regelsatz enthaltene Bedarfsbereich Ernährung mehr umfasse als Lebensmittel, nämlich Tabakwaren und Verpflegungsdienstleistung und auch alkoholische Getränke.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Februar 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfszuschlages wegen kostenaufwendiger Ernährung ab 1. Januar 2005 nach § 21 Abs. 5 SGB II. Der Mehrbedarf sei nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen. Die Höhe eines Mehrbedarfs richte sich nach dem ernährungswissenschaftlich notwendigen Ernährungsbedarf. Im Falle des Klägers bestehe ein solcher Mehrbedarf nicht für die Zeit vor Mai 2008. Nach den aktuellen medizinischen Erkenntnissen, wie sie in den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (3. Auflage) ihren Niederschlag gefunden hätten, erfordere die Krankheit des Klägers keine andere Ernährung als Vollkost, welche bei preisbewusster Einkaufsweise jedoch aus dem Regelsatz zu finanzieren sei.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 15. Februar 2011 zugestellt worden. Am 22. Februar 2011 hat er Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus der ersten Instanz, insbesondere hält er es nicht für zutreffend, zur Finanzierung der erforderlichen Vollkost auf den Regelsatz verwiesen werden zu können. Der Gerichtsbescheid sei auf die von ihm vorgetragene Kritik an den aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins nicht eingegangen. Es gehe ihm nicht um die Frage, ob aus dem Regelsatz Vollkost finanzierbar sei, denn dieses wäre nach den Empfehlungen nur zu Lasten anderer schützenswerter Bedürfnisse möglich.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 3. Februar 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2008 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2005 einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts.
Mit Beschluss vom 22. März 2010 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt: Die Berufung habe keine Erfolgsaussicht. Dem geltend gemachten Anspruch auf rückwirkende Bewilligung eines Mehrbedarfszuschlags stehe schon entgegen, das über seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II für die fragliche Zeit bereits bestandskräftig entschieden worden sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Inbetrachtkommen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X wären nicht erfüllt, denn der Kläger habe im Dezember 2004 in seinem Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts die Frage, ob aus medizinischen Gründen der Bedarf einer kostenaufwendigeren Ernährung bestehe, nicht beantwortet und damit in Bezug auf sein Begehren unvollständige Angaben gemacht.
Gegen die Begründung dieses Beschlusses hat der Kläger ausführlich argumentiert und insbesondere auf seinen Schriftsatz vom 27. Mai 2011 wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich einverstanden erklärt.
Die Sachakten des Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den Vorschriften des SGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch rechtlich nicht zu. Der Senat lässt offen, ob dies bereits aus den Überlegungen folgt, die der Ablehnung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 12. April 2011 zugrunde lagen. Nach dem neuerlichen Vorbringen des Klägers mag zweifelhaft sein, ob er bei Erstantragstellung vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unvollständige Angaben gemacht hatte. Auch mag von einer Überprüfbarkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide nach § 44 SGB X auszugehen sein, und zwar zurückreichend auch bis zum 1. Januar 2005 (vgl. § 77 Abs. 13 i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II n.F.); der entsprechende Antrag des Klägers (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X) wäre jedenfalls in seinem Widerspruchsschreiben vom November 2008 zu sehen.
Indes vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Rechtsvorgängerin des Beklagten im Zusammenhang mit den ursprünglichen Bewilligungen das Recht unrichtig angewandt habe oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei mit der Folge, dass dem Kläger deshalb Sozialleistungen – hier die allein streitige Krankenkostzulage – nicht erbracht worden wären.
Dem Kläger stand in der fraglichen Zeit ab Januar 2005, auch wenn er damals bereits an Diabetes mellitus Typ II litt, kein Anspruch auf höhere Leistungen nach § 21 Abs. 5 SGB II in der damals geltenden Fassung zu. Danach erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigeren Ernährung bedurften, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Das Gesetz begründete damit beim medizinischen Erfordernis kostenaufwendiger Ernährung einen Rechtsanspruch des Hilfebedürftigen. Bei dem Begriff der "angemessenen Höhe" des Mehrbedarfs handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung in vollem Umfang der rechtlichen Überprüfung unterliegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 64/06 R).
Für die Beurteilung, ob die Erkrankung des Klägers einen Mehrkosten verursachenden erhöhten Ernährungsaufwand erfordert, greift der Senat auf die aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in der 3. Auflage 2008 zurück. Diese Empfehlungen beruhen auf qualifizierten, wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen und sind eine tragfähige Beurteilungsgrundlage, und zwar auch für den hier streitigen früheren Zeitraum (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.1.2008 – L 8 SO 32/07 - juris). Aus diesen Empfehlungen ergibt sich, wie dem Kläger nach seinen Ausführungen bekannt ist, dass nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin bei Diabetes mellitus regelmäßig eine sogenannte Vollkost angezeigt ist. Auch der Kläger behauptet nicht, aus medizinischen Gründen einer anderen Kost zu bedürfen, weshalb hierzu keine weiteren Ermittlungen medizinischer oder ernährungswissenschaftlicher Art erforderlich sind (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7.2.2011 – L 19 AS 1868/10 B, juris; Beschluss des Senats vom 22.3.2010 – L 5 B 157/09 PKH AS). Die danach für den Kläger erforderliche Kost konnte entgegen seiner Darstellung aus dem Regelsatz finanziert werden. Die gebotene Voll- oder auch "Basiskost" ist keine besondere Krankenkost, die bei einer Gesamtbetrachtung einen gegenüber dem Regelbedarf an Ernährung erhöhten finanziellen Aufwand verursachen würde.
Die aktuelle Fassung der Empfehlung des Deutschen Vereins weicht von der vorhergehenden Fassung von 1997 ab, in der noch Krankenkostzulagen für Diabetes mellitus als notwendig erachtet wurden. Dies war zunehmend als nicht mehr aktuell in die fachliche Kritik geraten. Die Erarbeitung der 3. Auflage 2008 durch medizinische und sozialrechtliche Fachkräfte nahm diese Kritik auf und berücksichtigte neuere und neueste einschlägige Erkenntnisquellen (u.a. "Rationalisierungsschema 2004" des Bundesverbandes deutscher Ernährungsmediziner – "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwendiger Ernährung (Krankenkostzulagen) gemäß § 23 Abs. 4 BSHG", veröffentlicht vom Landschaftsverband Westfalen Lippe 2002; Karg/Wagner/ Gedrich, Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung, wissenschaftliche Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. vom April 2008; Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003). Danach ist bei Diabetes mellitus keine spezielle Kostform einzuhalten, vielmehr ist diese Erkrankung diätetisch mit einer Vollkost zu begleiten. Das wird auch von der D. D1-Gesellschaft so gesehen (Beschluss des Senats vom 22.3.2010 – L 5 B 157/09 PKH AS). Die Revision der Empfehlungen des Deutschen Vereins beruht in medizinischer Hinsicht auf langjährig gesicherten allgemein anerkannten Erkenntnissen. Die Ernährungsempfehlungen für Diabetiker sind seit Jahren unverändert. Die hiernach angezeigte Vollkost sichert ebenso wie die im Rahmen der Primärprävention zur Gesunderhaltung empfohlene Ernährungsweise eine dem Aktivitätsniveau angepasste Kalorienzufuhr, ausreichend Ballaststoffe, eine Limitierung der Fettstoffe, besonders der gesättigten Fettsäuren, eine gänzliche oder zumindest weitgehende Vermeidung von Alkohol, eine ausreichende Mineralstoffzufuhr sowie eine Beschränkung der Zufuhr von Einfachzuckern und Cholesterin (Rationalisierungsschema 2004). Dagegen lässt sich die vom Kläger angedeutete Notwendigkeit von Ersatzprodukten für Diabetiker nicht begründen. In den Ernährungsempfehlungen für Diabetiker 2000 der European Association for the study of diabetes (EASD) heißt es, dass der Verzehr spezieller Diabetikerprodukte oder Diätprodukte für Diabetiker nicht empfohlen werde. Fruktose, Zucker, Alkohole und andere energiehaltige Zuckeraustauschstoffe, die alle Kalorienlieferanten seien, hätten gegenüber der Verwendung von üblichem Zucker (Zaccharose) für Menschen mit Diabetes keine nennenswerten Vorteile außer einer verminderten Kariesbildung. Viele Lebensmittel, die derzeit als für Diabetiker geeignet deklariert würden, enthielten große Fett- und Energiemengen und seien häufig teurer als reguläre Produkte. Die ständige Werbung für solche Produkte könne die Compliance zur Umsetzung der Ernährungsempfehlungen für Diabetiker eher behindern als fördern (Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9.3.2009 – L 8 AS 68/08, juris). Allerdings war bisher in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob die für Diabetiker ebenso wie die für Gesunde empfohlene Vollkornkost im Vergleich zu "üblicher Ernährung" mit den Regelsatz sprengenden Mehrkosten verbunden ist. Diese Frage ist zu verneinen. Auch wenn Vollkost etwas teurer sein mag als "normale ungesunde" Kost, ist sie doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes zu finanzieren. Die Einwendungen des Klägers, dass der auf der Grundlage der EVS 2003 berechnete Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost nicht decke, greifen nicht durch. Die Regelsätze sind so bemessen, dass der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts mit Ausnahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung dadurch gedeckt werden kann. Die Regelsatzbemessung berücksichtigt den Stand und die Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten. Auf der Grundlage der Ergebnisse der EVS 2003 sind Ausgaben von Alleinlebenden in der untersten Einkommensgruppe für Nahrung, Getränke und Genussmittel in Höhe von 135,55 EUR (tagesdurchschnittlich 4,52 EUR) in die Bemessung des Eckregelsatzes eingeflossen (127,31 EUR für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren zuzüglich 8,24 EUR für Verpflegungsdienstleistungen). Demgegenüber war bei preisbewusster Einkaufsweise eine Vollkost mit einem Aufwand von ungefähr 4,- EUR täglich zu finanzieren (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.1.2008 – L 8 SO 32/07 m.w.N.). Damit reicht der Regelsatz für eine Vollkost selbst dann, wenn man aus dem tagesdurchschnittlichen 4,52 EUR, den monatlichen Anteil von 8,24 EUR für Verpflegungsdienstleistungen herausrechnet.
Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass dies nicht zutreffen könnte, wenn Kosten für Ersatzprodukte, Tabakwaren und alkoholische Getränke für die Betrachtung herauszurechnen wären. Damit kann er jedoch nicht gehört werden. Es ist geradezu das Wesen einer pauschalierten Regelleistung, dass sie dem Leistungsempfänger in ihrer Gesamtheit zur selbstverantwortlichen Gestaltung seines Lebens zur Verfügung gestellt wird (BSG, Urteil vom 27 ...2.2008 – B 14/11b AS 15/07 R, juris). Dass das individuelle Verbrauchsverhalten der konkreten Leistungsempfänger von den Berechnungsgrundlagen der Regelleistung abweicht, ist darin angelegt und rechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen: § 21 Abs. 5 SGB II billigt einen Mehrbedarfszuschlag lediglich in "angemessener" Höhe zu. Ersatzprodukte sind, wie oben ausgeführt worden ist, für Diabetiker nicht notwendig, ihre Finanzierung aus Grundleistungsmitteln schon aus diesem Grunde nicht angemessen. Entsprechendes gilt für Tabakwaren und alkoholische Getränke, und zwar unabhängig davon, dass bei der Bemessung des Regelsatzes jedem Grundsicherungsberechtigten zugestanden worden ist, solche Produkte zu erwerben, auch wenn sie gesundheitsschädlich sein mögen. Geht es jedoch - wie hier - gerade darum, dem Betroffenen eine möglichst gesundheitsfördernde Ernährung zu ermöglichen, weil er hierfür bestimmter Produkte bedarf, so können regelsatzerhöhende Produkte, die der Gesundheit schaden oder der jeweils empfohlenen Kostform widersprechen, nicht kumulativ bei dem individuell zu ermittelnden Bedarf berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch(SGB II) für die Vergangenheit höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwendigerer Ernährung zustehen.
Der im XXXXX 1947 geborene Kläger hatte erstmals im Dezember 2004 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gestellt, welchem entsprochen worden war. Leistungen für besondere Mehrbedarfe hatte er damals nicht geltend gemacht und auch nicht erhalten.
In einem Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen vom Mai 2008 gab er erstmals an, er bedürfe aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigereren Ernährung. Unter Bezugnahme auf diesen Antrag legte er im Oktober 2008 der Behörde eine ärztliche Bescheinigung vor, wonach er an einer lebenslangen Stoffwechselerkrankung (Diabetes mellitus) leide.
Mit Bescheid vom 10. November 2008 bewilligte die Rechtsvorgängerin des Beklagten dem Kläger Leistungen ab 1. Mai 2008 unter Einschluss einer Krankenkostzulage.
Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, der Mehrbedarf zum Lebensunterhalt wegen seiner Diabetes-Erkrankung stehe ihm bereits seit dem 1. Mai 2003 zu. Über die Möglichkeit, eine Krankenkostzulage schon früher beantragen zu können, sei er nicht informiert gewesen.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 wies die Rechtsvorgängerin des Beklagten den Widerspruch des Klägers gegen den Bewilligungsbescheid vom 10. November 2008 zurück: Der Kläger habe keinen Anspruch auf rückwirkende Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende könnten nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden. Einen Antrag auf Mehrbedarf habe der Kläger jedoch erstmals am 5. Mai 2008 gestellt.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 17. Dezember 2008 zur Post gegeben. Am 8. Januar 2009 hat er vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben mit dem Begehren, den Bescheid vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2008 ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm einen Mehrbedarf für kostenaufwendigere Ernährung rückwirkend ab 1. Januar 2005 zu gewähren. Er habe gegenüber dem Beklagten deutlich gemacht, dass es ihm um eine Überprüfung sämtlicher Bescheide nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gehe. Ihm könne nicht entgegengehalten werden, dass er zunächst einen Mehrbedarfszuschlag nicht ausdrücklich beansprucht habe. Bei der Erstantragstellung sei er nicht gefragt worden, ob er aus medizinischen Gründen einen Mehrbedarf habe. Dazu habe umso mehr Anlass bestanden, da er aufgrund seines Diabetes mellitus Typ II häufig krank gemeldet gewesen sei.
Vom Gericht auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in der 3. Auflage vom 1. Oktober 2008 hingewiesen, hat der Kläger geltend gemacht, dass die dort enthaltene Aussage, bei Diabetes mellitus sei Vollkost einzuhalten und diese sei aus dem Regelsatz zu finanzieren, von einer irreführenden Fragestellung ausgehe. Es werde nicht beachtet, dass der im Regelsatz enthaltene Bedarfsbereich Ernährung mehr umfasse als Lebensmittel, nämlich Tabakwaren und Verpflegungsdienstleistung und auch alkoholische Getränke.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Februar 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfszuschlages wegen kostenaufwendiger Ernährung ab 1. Januar 2005 nach § 21 Abs. 5 SGB II. Der Mehrbedarf sei nur bei Nachweis des Bedarfs aus medizinischen Gründen anzuerkennen. Die Höhe eines Mehrbedarfs richte sich nach dem ernährungswissenschaftlich notwendigen Ernährungsbedarf. Im Falle des Klägers bestehe ein solcher Mehrbedarf nicht für die Zeit vor Mai 2008. Nach den aktuellen medizinischen Erkenntnissen, wie sie in den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe (3. Auflage) ihren Niederschlag gefunden hätten, erfordere die Krankheit des Klägers keine andere Ernährung als Vollkost, welche bei preisbewusster Einkaufsweise jedoch aus dem Regelsatz zu finanzieren sei.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 15. Februar 2011 zugestellt worden. Am 22. Februar 2011 hat er Berufung eingelegt. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus der ersten Instanz, insbesondere hält er es nicht für zutreffend, zur Finanzierung der erforderlichen Vollkost auf den Regelsatz verwiesen werden zu können. Der Gerichtsbescheid sei auf die von ihm vorgetragene Kritik an den aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins nicht eingegangen. Es gehe ihm nicht um die Frage, ob aus dem Regelsatz Vollkost finanzierbar sei, denn dieses wäre nach den Empfehlungen nur zu Lasten anderer schützenswerter Bedürfnisse möglich.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 3. Februar 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2008 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2005 einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts.
Mit Beschluss vom 22. März 2010 hat der Senat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt: Die Berufung habe keine Erfolgsaussicht. Dem geltend gemachten Anspruch auf rückwirkende Bewilligung eines Mehrbedarfszuschlags stehe schon entgegen, das über seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II für die fragliche Zeit bereits bestandskräftig entschieden worden sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Inbetrachtkommen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X wären nicht erfüllt, denn der Kläger habe im Dezember 2004 in seinem Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts die Frage, ob aus medizinischen Gründen der Bedarf einer kostenaufwendigeren Ernährung bestehe, nicht beantwortet und damit in Bezug auf sein Begehren unvollständige Angaben gemacht.
Gegen die Begründung dieses Beschlusses hat der Kläger ausführlich argumentiert und insbesondere auf seinen Schriftsatz vom 27. Mai 2011 wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich einverstanden erklärt.
Die Sachakten des Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den Vorschriften des SGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch rechtlich nicht zu. Der Senat lässt offen, ob dies bereits aus den Überlegungen folgt, die der Ablehnung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 12. April 2011 zugrunde lagen. Nach dem neuerlichen Vorbringen des Klägers mag zweifelhaft sein, ob er bei Erstantragstellung vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unvollständige Angaben gemacht hatte. Auch mag von einer Überprüfbarkeit der ursprünglichen Bewilligungsbescheide nach § 44 SGB X auszugehen sein, und zwar zurückreichend auch bis zum 1. Januar 2005 (vgl. § 77 Abs. 13 i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II n.F.); der entsprechende Antrag des Klägers (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X) wäre jedenfalls in seinem Widerspruchsschreiben vom November 2008 zu sehen.
Indes vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Rechtsvorgängerin des Beklagten im Zusammenhang mit den ursprünglichen Bewilligungen das Recht unrichtig angewandt habe oder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei mit der Folge, dass dem Kläger deshalb Sozialleistungen – hier die allein streitige Krankenkostzulage – nicht erbracht worden wären.
Dem Kläger stand in der fraglichen Zeit ab Januar 2005, auch wenn er damals bereits an Diabetes mellitus Typ II litt, kein Anspruch auf höhere Leistungen nach § 21 Abs. 5 SGB II in der damals geltenden Fassung zu. Danach erhielten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigeren Ernährung bedurften, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Das Gesetz begründete damit beim medizinischen Erfordernis kostenaufwendiger Ernährung einen Rechtsanspruch des Hilfebedürftigen. Bei dem Begriff der "angemessenen Höhe" des Mehrbedarfs handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung in vollem Umfang der rechtlichen Überprüfung unterliegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 64/06 R).
Für die Beurteilung, ob die Erkrankung des Klägers einen Mehrkosten verursachenden erhöhten Ernährungsaufwand erfordert, greift der Senat auf die aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in der 3. Auflage 2008 zurück. Diese Empfehlungen beruhen auf qualifizierten, wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen und sind eine tragfähige Beurteilungsgrundlage, und zwar auch für den hier streitigen früheren Zeitraum (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.1.2008 – L 8 SO 32/07 - juris). Aus diesen Empfehlungen ergibt sich, wie dem Kläger nach seinen Ausführungen bekannt ist, dass nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin bei Diabetes mellitus regelmäßig eine sogenannte Vollkost angezeigt ist. Auch der Kläger behauptet nicht, aus medizinischen Gründen einer anderen Kost zu bedürfen, weshalb hierzu keine weiteren Ermittlungen medizinischer oder ernährungswissenschaftlicher Art erforderlich sind (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7.2.2011 – L 19 AS 1868/10 B, juris; Beschluss des Senats vom 22.3.2010 – L 5 B 157/09 PKH AS). Die danach für den Kläger erforderliche Kost konnte entgegen seiner Darstellung aus dem Regelsatz finanziert werden. Die gebotene Voll- oder auch "Basiskost" ist keine besondere Krankenkost, die bei einer Gesamtbetrachtung einen gegenüber dem Regelbedarf an Ernährung erhöhten finanziellen Aufwand verursachen würde.
Die aktuelle Fassung der Empfehlung des Deutschen Vereins weicht von der vorhergehenden Fassung von 1997 ab, in der noch Krankenkostzulagen für Diabetes mellitus als notwendig erachtet wurden. Dies war zunehmend als nicht mehr aktuell in die fachliche Kritik geraten. Die Erarbeitung der 3. Auflage 2008 durch medizinische und sozialrechtliche Fachkräfte nahm diese Kritik auf und berücksichtigte neuere und neueste einschlägige Erkenntnisquellen (u.a. "Rationalisierungsschema 2004" des Bundesverbandes deutscher Ernährungsmediziner – "Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwendiger Ernährung (Krankenkostzulagen) gemäß § 23 Abs. 4 BSHG", veröffentlicht vom Landschaftsverband Westfalen Lippe 2002; Karg/Wagner/ Gedrich, Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung, wissenschaftliche Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. vom April 2008; Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003). Danach ist bei Diabetes mellitus keine spezielle Kostform einzuhalten, vielmehr ist diese Erkrankung diätetisch mit einer Vollkost zu begleiten. Das wird auch von der D. D1-Gesellschaft so gesehen (Beschluss des Senats vom 22.3.2010 – L 5 B 157/09 PKH AS). Die Revision der Empfehlungen des Deutschen Vereins beruht in medizinischer Hinsicht auf langjährig gesicherten allgemein anerkannten Erkenntnissen. Die Ernährungsempfehlungen für Diabetiker sind seit Jahren unverändert. Die hiernach angezeigte Vollkost sichert ebenso wie die im Rahmen der Primärprävention zur Gesunderhaltung empfohlene Ernährungsweise eine dem Aktivitätsniveau angepasste Kalorienzufuhr, ausreichend Ballaststoffe, eine Limitierung der Fettstoffe, besonders der gesättigten Fettsäuren, eine gänzliche oder zumindest weitgehende Vermeidung von Alkohol, eine ausreichende Mineralstoffzufuhr sowie eine Beschränkung der Zufuhr von Einfachzuckern und Cholesterin (Rationalisierungsschema 2004). Dagegen lässt sich die vom Kläger angedeutete Notwendigkeit von Ersatzprodukten für Diabetiker nicht begründen. In den Ernährungsempfehlungen für Diabetiker 2000 der European Association for the study of diabetes (EASD) heißt es, dass der Verzehr spezieller Diabetikerprodukte oder Diätprodukte für Diabetiker nicht empfohlen werde. Fruktose, Zucker, Alkohole und andere energiehaltige Zuckeraustauschstoffe, die alle Kalorienlieferanten seien, hätten gegenüber der Verwendung von üblichem Zucker (Zaccharose) für Menschen mit Diabetes keine nennenswerten Vorteile außer einer verminderten Kariesbildung. Viele Lebensmittel, die derzeit als für Diabetiker geeignet deklariert würden, enthielten große Fett- und Energiemengen und seien häufig teurer als reguläre Produkte. Die ständige Werbung für solche Produkte könne die Compliance zur Umsetzung der Ernährungsempfehlungen für Diabetiker eher behindern als fördern (Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9.3.2009 – L 8 AS 68/08, juris). Allerdings war bisher in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob die für Diabetiker ebenso wie die für Gesunde empfohlene Vollkornkost im Vergleich zu "üblicher Ernährung" mit den Regelsatz sprengenden Mehrkosten verbunden ist. Diese Frage ist zu verneinen. Auch wenn Vollkost etwas teurer sein mag als "normale ungesunde" Kost, ist sie doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes zu finanzieren. Die Einwendungen des Klägers, dass der auf der Grundlage der EVS 2003 berechnete Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost nicht decke, greifen nicht durch. Die Regelsätze sind so bemessen, dass der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts mit Ausnahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung dadurch gedeckt werden kann. Die Regelsatzbemessung berücksichtigt den Stand und die Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten. Auf der Grundlage der Ergebnisse der EVS 2003 sind Ausgaben von Alleinlebenden in der untersten Einkommensgruppe für Nahrung, Getränke und Genussmittel in Höhe von 135,55 EUR (tagesdurchschnittlich 4,52 EUR) in die Bemessung des Eckregelsatzes eingeflossen (127,31 EUR für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren zuzüglich 8,24 EUR für Verpflegungsdienstleistungen). Demgegenüber war bei preisbewusster Einkaufsweise eine Vollkost mit einem Aufwand von ungefähr 4,- EUR täglich zu finanzieren (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.1.2008 – L 8 SO 32/07 m.w.N.). Damit reicht der Regelsatz für eine Vollkost selbst dann, wenn man aus dem tagesdurchschnittlichen 4,52 EUR, den monatlichen Anteil von 8,24 EUR für Verpflegungsdienstleistungen herausrechnet.
Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass dies nicht zutreffen könnte, wenn Kosten für Ersatzprodukte, Tabakwaren und alkoholische Getränke für die Betrachtung herauszurechnen wären. Damit kann er jedoch nicht gehört werden. Es ist geradezu das Wesen einer pauschalierten Regelleistung, dass sie dem Leistungsempfänger in ihrer Gesamtheit zur selbstverantwortlichen Gestaltung seines Lebens zur Verfügung gestellt wird (BSG, Urteil vom 27 ...2.2008 – B 14/11b AS 15/07 R, juris). Dass das individuelle Verbrauchsverhalten der konkreten Leistungsempfänger von den Berechnungsgrundlagen der Regelleistung abweicht, ist darin angelegt und rechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen: § 21 Abs. 5 SGB II billigt einen Mehrbedarfszuschlag lediglich in "angemessener" Höhe zu. Ersatzprodukte sind, wie oben ausgeführt worden ist, für Diabetiker nicht notwendig, ihre Finanzierung aus Grundleistungsmitteln schon aus diesem Grunde nicht angemessen. Entsprechendes gilt für Tabakwaren und alkoholische Getränke, und zwar unabhängig davon, dass bei der Bemessung des Regelsatzes jedem Grundsicherungsberechtigten zugestanden worden ist, solche Produkte zu erwerben, auch wenn sie gesundheitsschädlich sein mögen. Geht es jedoch - wie hier - gerade darum, dem Betroffenen eine möglichst gesundheitsfördernde Ernährung zu ermöglichen, weil er hierfür bestimmter Produkte bedarf, so können regelsatzerhöhende Produkte, die der Gesundheit schaden oder der jeweils empfohlenen Kostform widersprechen, nicht kumulativ bei dem individuell zu ermittelnden Bedarf berücksichtigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund, nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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