L 6 U 2627/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 2175/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2627/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. April 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist erneut die Feststellung von Kniebeschwerden als Berufskrankheit (BK) streitig.

Die 1968 geborene Klägerin arbeitete von 1986 bis 1987 in Teilzeit als Reinigungskraft in einem Krankenhaus, anschließend von 1988 bis 1989 als Bügelerin bei einer Reinigung. Seit 1989 war sie bis zum Juni 2005 als Maschinenbedienerin in der mechanischen Nachbearbeitung von Zink- und Aluminiumdruckgussteilen an Tisch-Reihenbohrmaschinen und Fräsmaschinen beschäftigt. Die Tätigkeit wurde stehend ausgeübt. Die zu bearbeitenden Werkstückrohlinge (Gewicht 0,1 bis 0,9 kg) wurden in gestapelten Blechkästen auf Paletten neben der Maschine bereitgestellt (Gewicht einer Materialkiste 20 kg), wovon pro Arbeitstag ca. 30 Kästen auf- bzw. abgestellt werden mussten. Ab 1997 war die Klägerin an Montage- und Sichtkontrollplätzen (im Sitzen oder Stehen) tätig, wobei je Arbeitsschicht entweder 20 Kisten mit ca. 11 kg oder ca. 5 große Behälter mit max. 22 kg und 10 kleine mit max. 11 kg zu bewegen waren (vgl. Bericht der Präventionsabteilung der Beklagten vom 16.11.2004, Bl. 13 bis 16 V-Akte). Ab Juli 2005 wurde sie aus gesundheitlichen Gründen in die Kontrolle versetzt, wo sie eigenen Angaben zufolge im Sitzen arbeitet.

Ihren ersten Antrag vom 2. Juli 2004 auf Feststellung einer BK begründete die Klägerin damit, dass sie ihre Tätigkeit als Maschinenbedienerin ausschließlich stehend verrichtet habe. Ihre Arbeit sei mit dem Heruntertragen von Kisten von der Maschine verbunden gewesen. Probleme mit beiden Knien habe sie seit Ende 1998. Auch nach mehreren Operationen könne sie nicht längere Zeit laufen und nicht mehr knien. Die Klägerin legte die Operationsberichte vom 6. Juli 2000 (Belegabteilung für Orthopädie und Sporttraumatologie vom 25. Juli 2000) wegen einer Varusgonarthrose bei Genu varum linkes Knie und vom 28. Oktober 2002 (Patellalateralisation beidseits, erstgradige Chondromalazie retropatellar am linken Knie und Zustand nach valgisierender Umstellung linker Tibiakopf) vor. Daraufhin erfolgte am 22. Oktober 2004 ein Besuch des Außendienstes der Edel- und Unedelmetall-BG, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, beim Arbeitgeber der Klägerin (vgl. Bericht vom 16.11.2004 a.a.O.), der zum Ergebnis kam, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 2101 nicht vorlägen. Die Staatliche Gewerbeärztin Dr. E. führte ergänzend aus, auch die BK Nr. 2102 werde nicht zur Anerkennung vorgeschlagen, da die Klägerin keinen als gefährdend einzustufenden mechanischen Belastungen im Bereich der oberen Extremitäten und der Kniegelenke ausgesetzt gewesen sei. Der behandelnde Orthopäde Dr. T. berichtete über eine Behandlung seit April 2004 wegen einer beidseitigen Gonarthrose, der Orthopäde Dr. H. von einer Behandlung ab 25. Mai 2000 wegen Varusgonarthrose ohne Meniskusschaden.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26. Januar 2005 die Anerkennung einer BK Nr. 2101 (Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze) mit der Begründung ab, es fehle an der erforderlichen einseitigen, langandauernden mechanischen Beanspruchung, nachdem die Klägerin mit ständig wechselnden Arbeits- und Greifhaltungen vertraut gewesen sei. Auch Hinweise auf eine BK Nr. 2102 ergäben sich nicht, da die medizinischen und arbeitstechnischen Voraussetzungen dafür fehlten. Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, es werde nur noch die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 verfolgt. Mit weiterem Bescheid vom 26. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2006 lehnte die Beklagte auch die Feststellung einer BK 2102 (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten) mit der Begründung ab, die medizinischen sowie die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Auch eine Wie-BK liege nicht vor.

Das nachfolgende Klageverfahren beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) blieb ebenso erfolglos (Urteil vom 9. Januar 2008 - S 14 U 4703/06 - das Heben und Tragen von Lasten im Stehen erfülle auch bei Annahme einer Drehbewegung die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht) wie das Berufungsverfahren (Beschluss vom 28. Oktober 2008 - L 10 U 633/08 - auch keine Wie-Berufskrankheit, weil es an neuen Erkenntnissen über ein erhöhtes Gonarthrose-Risiko in Abhängigkeit von Art und Häufigkeit der Manipulation sowie der Größe von Lasten fehle).

Auch der Antrag der Klägerin auf Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten) blieb erfolglos (Bescheid vom 14.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.2008, Gerichtsbescheid des SG vom 13.05.2009 - S 4 U 4954/08 - und Rücknahme der Berufung vom 28.01.2010 - L 9 U 2679/09 -).

Bereits am 20. Januar 2008 beantragte die Klägerin erneut unter Vorlage eines ärztlichen Attests von Dr. H. vom 21. Januar 2008 (u. a. am 15. März 2005 festgestellter Verdacht auf kleinen Einriss des Innenmeniskushinterhornes links und am 12. Oktober 2006 Verdacht auf Außenmeniskopathie rechts) die Anerkennung von Meniskopathien an beiden Knien als Berufskrankheit.

Mit Bescheid vom 26. Februar 2008 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV seien nicht erfüllt, da die Klägerin keine knienden Tätigkeiten verrichtet und auch keine vergleichbaren kniebelastenden Tätigkeiten ausgeübt habe.

Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin erneut geltend, sie habe regelmäßig schwere Kisten heben und schleppen müssen. Sie sei beim Stapeln und Umsetzen der Kisten gezwungen gewesen, die Tätigkeit mit einer Schwenkbewegung von rund 120° durchzuführen. Dies habe zu einer nachhaltigen und stetigen Belastung des Kniegelenks geführt. Sie weise eine zierliche Statur auf. Der zum Transport der Kisten erforderliche Wagen sei ihr nicht zur Verfügung gestellt worden. Im Privatleben sei sie keinen außergewöhnlichen Kniebelastungen ausgesetzt gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2008 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es fehle an einer geeigneten schädigenden Einwirkung. Auch bei Annahme einer Drehung während des Hebevorgangs erfülle das Arbeiten im Stehen bzw. das Heben und Tragen schwerer Lasten nicht die Voraussetzungen einer kniebelastenden Tätigkeit, wie sie nach dem arbeitstechnischen Kenntnisstand für die Anerkennung einer BK 2102 zu fordern sei. Außerdem läge nach den vorliegenden Befundmitteilungen von Dr. H. das zu fordernde medizinische Bild der Berufskrankheit - ein primärer Meniskusschaden - nicht vor.

Hiergegen hat die Klägerin erneut am 16. Mai 2008 Klage beim SG erhoben und zur Begründung vorgetragen, auch durch die Operationen hätten die Beschwerden nicht beseitigt werden können.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen gehört und das im Schwerbehindertenverfahren (S 10 SB 4423/03) erstattete Gutachten von Dr. Sch. vom 5. Oktober 2005 beigezogen (Gesundheitsstörung: Funktionsbehinderung der Kniegelenke bei Arthrose und Knorpelschäden).

Der behandelnde Orthopäde Dr. H. hat über regelmäßige Behandlungen im Abstand von vier bis sechs Wochen seit 22. März 2000 berichtet. Meniskusverletzungen oder Veränderungen hätten sich keine gefunden, wohl eine mediale innenseitige Gonarthrose. Die Knieschmerzen seien bedingt durch Knorpelschäden und arthrotische Veränderungen. Insgesamt sei es im Behandlungsverlauf zur Zunahme der beschriebenen Beschwerden gekommen.

Dr. B. hat über eine einmalige Behandlung der Klägerin am 10. November 2005 wegen einer Retropatellararthrose links bei Ausschluss einer medialen Gonarthrose und Zustand nach Tibiakopfumstellung berichtet.

Die Allgemeinmedizinerin W., bei der die Klägerin seit 6. Dezember 2007 in Behandlung steht, hat berichtet, dass sich die HWS- und LWS-Beschwerden nach Rückentraining (Beginn Januar 2008) deutlich gebessert hätten. Bezüglich der Knie habe die Klägerin keine Beschwerden geäußert.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2010, den klägerischen Bevollmächtigen zugestellt am 3. Mai 2010, die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe die erforderlichen Tätigkeiten für die BK 2102 nicht verrichtet, weil sie entweder im Stehen oder Sitzen gearbeitet habe. Darüber hinaus sei auch eine Meniskuserkrankung nicht nachgewiesen. Entsprechende Verdachtsdiagnosen seien kernspintomographisch nicht bestätigt worden. Dr. H., der in dem von der Klägerin bei Antragstellung vorgelegten Attest einen Verdacht auf einen kleinen Einriss des Innenmeniskushinterhorns links und eine Außenmeniskopathie rechts bescheinigt habe, habe auf Nachfrage ausdrücklich jedwede Meniskusschädigung verneint und nachvollziehbar ausgeführt, die Kniebeschwerden seien durch die Gonarthrose erklärbar. Auch keiner der anderen von der Beklagten und vom Gericht befragten Ärzte habe eine Meniskuserkrankung angegeben. Dies gelte auch für das beigezogenen Gutachten von Dr. Sch ... Damit fehle es an den erforderlichen medizinischen und arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Feststellung einer BK 2102.

Mit ihrer dagegen am 4. Juni 2010 (gesetzlicher Feiertag 3. Juni 2010) eingelegten Berufung macht die Klägerin erneut geltend, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt seien, denn sie habe regelmäßig schwere Kisten heben müssen. Diese kniebelastenden Tätigkeiten habe sie auch häufig wiederkehrend verrichtet. Alternativursachen seien nicht erkennbar.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. April 2010 sowie den Bescheid vom 26. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. Juli 2005 festzustellen, dass eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung vorliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten V-Akten und die beigezogenen Akten L 9 U 2679/09, L 10 U 633/08 und S 14 U 4703/06 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin (§§ 143, 144 SGG), über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 26. Juli 2005 zurückzunehmen und festzustellen, dass eine BK nach Nr. 2102 der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt.

Die Klägerin erstrebt bei sinnentsprechender Auslegung ihres Begehrens (§ 123 SGG) die Aufhebung sowohl der jetzigen als auch der früheren, bestandskräftig gewordenen Verwaltungsentscheidungen sowie die gerichtliche Feststellung, dass eine BK nach Nr. 2102 der Anlage 1 der BKV vorliegt (BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 24/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).

Nach § 44 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden.

Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin nicht vor. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 26. Juli 2005 zu Recht die Feststellung der BK Nr. 2102 abgelehnt.

Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VII). Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind und die in ihrer Anlage 1 die BK Nr. 2102 enthält.

Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis erwiesen sein, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , zit. nach juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt jeweils das Bestehen einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße - nicht auszuschließende - Möglichkeit. Danach muss bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999 - B 2 U 47/98 R - SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Bei der BK Nr. 2102 handelt es sich um einen Meniskusschaden nach mehrjährigen, andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.

Für die Anerkennung als BK Nr. 2102 ist nach den Ausführungen der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur zunächst eine primäre Meniskopathie zu fordern, diese ist primär belastungsabhängig (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 632 ff.). Bei der primären Meniskopathie handelt es sich um Aufbrauch- und Degenerationserscheinungen mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems, während bei der sekundären Meniskopathie zunächst ausgedehnte Knorpelschäden erscheinen. Ursächlich hierfür seien die Minderwertigkeit des Gelenkknorpels, Folgen arthrotischer Veränderungen bei anlagebedingten oder posttraumatischen Achsenfehlstellungen, posttraumatische Stufenbildungen im Bereich der Gelenkkörper nach Frakturen oder eine posttraumatische Instabilität des Gelenkes nach Kapselbandverletzungen. Sekundär folgt dann der Meniskusschaden. Dabei handelt es sich dann nicht um eine Berufskrankheit, weil die versicherte Tätigkeit keine rechtlich-wesentliche Ursache für diesen sekundären Meniskusschaden ist (Mehrtens/Brandenburg, M 2102, S. 4, m. w. N., ebenso Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Kommentar, a. a. O. S. 633 f. m.w.N.) Der danach für die Anerkennung als BK zu fordernde primäre Meniskusschaden, der als berufsbedingt anerkannt werden kann, liegt bei der Klägerin nicht vor.

Der Senat entnimmt dies der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. H., der nur eine mediale innenseitige Gonarthrose beschrieben, Meniskusveränderungen oder –verletzungen hingegen nicht gefunden hat. Das wird auch bestätigt durch das im Wege des Urkundsbeweises verwertbare Gutachten von Dr. Sch., der ebenfalls die Funktionseinschränkungen der Klägerin allein auf die Arthrose und Knorpelschäden der Kniegelenke zurückgeführt hat, mithin die für die Anerkennung der BK erforderliche primäre Meniskopathie nicht diagnostizierte.

Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK 2102 sind ebenfalls nicht erfüllt. Die Klägerin war von Juli 1989 bis Juni 2005 bereits ihren eigenen Angaben zufolge nicht "mehrjährig" im Sinne des BK-Tatbestandes kniebelastend tätig, sondern überwiegend stehend. Das wird auch durch den Bericht der Präventionsabteilung vom 16.11.2004 bestätigt. Auch bei Annahme einer Drehbewegung während des Hebevorgangs fehlt es an jeglicher kniebelastender Tätigkeit, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen und wie das bestätigend das SG und ihm nachfolgend das LSG entschieden hat.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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