L 13 AS 3195/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 3383/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3195/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (vgl. §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet; das Sozialgericht (SG) hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann bei Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistung für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, herbeizuführen ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert in der Regel nur eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor; der Antragsgegner ist nicht im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig (weitere) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren. Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller, wie das SG angenommen hat, bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat, weil die mit dem Sohn und dem Schwiegervater des Antragsstellers geschlossenen Darlehensverträge den vom Bundessozialgericht (BSG) im Hinblick auf die Prüfung u. a. der Ernsthaftigkeit einer solchen schuldrechtlichen Verpflichtung entwickelten Anforderungen (BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 - BSGE 106, 185-190) möglicherweise nicht genügen. Jedenfalls hat der Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht; es ist nicht ersichtlich, dass ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache - dass die zuletzt ergangenen Bescheide des Antragsgegners mit dem Widerspruch angefochten worden wären, hat der Antragssteller nicht vorgetragen - für den Antragsteller zu unzumutbaren Nachteilen führen würde. Der Antragsteller hat allein in der Zeit von Februar bis Mai 2011 von seinem Sohn und seinem Schwiegervater Zahlungen in Höhe von insgesamt 10.600,00 EUR erhalten. Unabhängig von der - im Hauptsacheverfahren zu klärenden - Frage, ob diese Zahlungen als Einkommen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach dem SGB II zu berücksichtigen sind, standen bzw. stehen sie dem Antragsteller jedenfalls zur Verfügung, da eine Rückzahlungsverpflichtung nach seinem eigenen Vortrag erst bei Eintritt eines gewerblichen bzw. beruflichen Erfolgs, spätestens ab dem Bezug einer Altersrente besteht. Der Antragsteller bedient offenbar weiterhin einen mit der Sparkasse F.-N. B. geschlossenen Darlehensvertrag und zahlt monatliche Raten in Höhe von 1.750,00 EUR (Darlehenssumme: 270.000,00 EUR; Restforderung am 1. Januar 2010: 265.254,44 EUR). Es ist, auch wenn Leistungen nach dem SGB II Gegenstand des Verfahrens sind, nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsteller (vorübergehend) in die Lage zu versetzen, derartige Zahlungen weiterhin leisten zu können. Eine mit der - hier begehrten - vorläufigen Leistungsgewährung notwendig verbundene Vorwegnahme der Hauptsache ist nur dann ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn dies - anders als im vorliegenden Fall - zur Sicherstellung des durch das Grundgesetz gewährleisteten Existenzminimums zwingend erforderlich ist. Lediglich ergänzend ist hierbei auch zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner mit Bescheid vom 8. August 2011 bereits Leistungen für den Monat März 2011 bewilligt sowie für die Zeit ab April 2011 einen weiteren Bescheid angekündigt hat und dem Antragsteller ausweislich der vorgelegten E-Mail vom 5. August 2011 ein Angebot zur Aufnahme einer am 1. Oktober 2011 beginnenden Beschäftigung bei der Firma M. Engineering GmbH unterbreitet worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren war mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 der ZPO) abzulehnen.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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