Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
27
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 27 AS 480/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1533/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs-/Rücknahme- und Erstattungsbescheid.
Die Klägerin lebte im Jahr 2006 mit ihrem damaligen Ehemann, dem Zeugen B. K., und dem gemeinsamen Sohn C. K. in einer Bedarfsgemeinschaft. Nach Auslaufen seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld beantragte der Zeuge am 15.08.2006 bei der Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Er gab damals als Familienstand "verheiratet" und als seine Partnerin die Klägerin an. Außerdem gab er an, dass die Klägerin über Erwerbseinkommen verfüge und legte dazu Abrechnungen der monatlichen Bezüge der Klägerin für die Monate Februar bis Juli 2006 vor. Daraus ergab sich ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 805,42 EUR. Mit dem an den Zeugen adressierten Bescheid vom 12.10.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 679,01 EUR für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 28.02.2007, wobei sie das Netto-Einkommen der Klägerin in Höhe von 805,42 EUR bedarfsmindernd berücksichtigte. Für die Zeit ab 01.11.2006 erging am 13.12.2006 ein Änderungsbescheid da der Zeuge im November 2006 Einkommen in Höhe von 252,82 EUR erzielte, welches in Höhe von 121,86 EUR bedarfsmindernd berücksichtigt wurde. Obwohl sich die Einkommenserzielung auf einen Monat beschränkte, fand eine Anrechnung auch für die nachfolgenden Monate bis zum 28.02-2007 statt.
Mit Bescheid vom 19.02.2007 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Ober- und Mittelfranken dem Zeugen eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.11.2006 in Höhe von 340,48 EUR. Die Rente wurde für die Zeit ab 01.04.2007 monatlich laufend gezahlt. Für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 31.03.2007 fiel eine Nachzahlung in Höhe von 1710,95 EUR an. Mit Schreiben vom 07.03.2007 machte die Beklagte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1302,24 EUR für die an den Zeugen gezahlten Leistungen bei dem Rentenversicherungsträger geltend.
Mit dem an den Zeugen adressierten Bescheid vom 06.03.2007 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007, wobei sie den Bedarf und das Einkommen des Zeugen ab 01.04.2007 nicht mehr berücksichtigte. Daraus ergab sich für den Monat März 2007 ein Anspruch für die gesamte Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 709,01 EUR und für die Zeit ab 01.04.2007 ein Anspruch für die Klägerin und deren Sohn in Höhe von insgesamt 254,53 EUR.
Am 15.08.2007 wurde ein auf den Namen der Klägerin lautender und von dieser unterschriebener Antrag auf Fortzahlung der Leistungen bei der Beklagten eingereicht. Dieser Antrag enthält den Vermerk "Antragsteller(in) hat sich ausgewiesen durch: Pass". Dieser Vermerk ist gezeichnet mit dem Kürzel "Kö" und dem Datum 15.08.2007.
Am 11.10.2007 sprach der Zeuge bei der Beklagten vor und gab bekannt, dass er sich von seiner Frau getrennt habe und ausgezogen sei. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin auf, Wohngeld als vorrangige Leistung zu beantragen. Daraufhin legte die Klägerin ein von ihr am 29.10.2007 unterschriebenes Rückantwort-Formular vor, in dem festgestellt wird, dass sie am 02.11.2007 beim Wohngeldamt der Stadt D. einen Antrag auf Sozialleistungen gestellt habe.
Zu einem nicht erkennbaren Zeitpunkt und auf ebenso wenig erkennbarem Wege gelangten dann Abrechnungen der Bezüge der Klägerin für die Zeit von Februar 2007 bis Juli 2007 zur Akte. Daraus ging hervor, dass sich das Nettoeinkommen der Klägerin aufgrund eines Wechsels von Steuerklasse 5 in Steuerklasse 3 auf 1374,14 EUR monatlich erhöht hatte. Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 11.03.2008 hob die Beklagte die Entscheidungen vom 12.10.2006 und 06.03.2007 über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.08.2007 teilweise in Höhe von 2881,09 EUR auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe in der genannten Zeit erhöhtes Einkommen erzielt. Mit diesen Einkommensverhältnissen sei sie nicht in bisher festgestellter und bewilligte Höhe hilfebedürftig gewesen. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe daher nur noch in geringerer Höhe. Der Verpflichtung, alle Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, sei die Klägerin zumindest grob fahrlässig nicht rechtzeitig nachgekommen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen Widerspruch damit, dass der Beklagten sämtliche Lohnabrechnungen zur Verfügung gestellt worden seien. Sie teilte mit, dass schon vor dem Auszug des Zeugen Ende September 2007 eine Trennung innerhalb der Ehewohnung stattgefunden habe. Die Höhe der geltend gemachten Forderung von 2881,09 EUR sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Es könne erst dann Stellung genommen werden, wenn im Einzelnen aufgeschlüsselt werde, in welcher Höhe die Beklagte welche Leistungen zurückverlange.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2008 änderte die Beklagte den Bescheid vom 11.04.2008 dahingehend ab, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 28.02.2007 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) teilweise aufgehoben und für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007 nach § 45 SGB X teilweise zurückgenommen werde. Es werde eine Erstattung in Höhe von 1503,03 EUR gefordert. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 05.12.2008 Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie vor, dass sie zu keinem Zeitpunkt einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt habe. Antragsteller sei der nunmehr geschiedene Ehemann der Klägerin gewesen. Sämtliche Bescheide seien an diesen gerichtet gewesen. Die Klägerin sei auch nicht Empfängerin des Geldes gewesen. Das Geld sei zwar auf Ihr Konto überwiesen worden. Anspruchsinhaber sei aber der geschiedene Ehemann gewesen. Daher müsse die Rückforderung an diesen gerichtet werden. Zu Unrecht habe die Beklagte auch bei der Leistungsberechnung lediglich zwei Drittel der Unterkunftskosten berücksichtigt. Der Zeuge sei bis zu seinem Auszug aus der Wohnung zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11.04.2008 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass Leistungen für die Klägerin bewilligt und gezahlt worden sind, da der Zeuge diese Leistungen mit der nach § 38 SGB II vermuteten Vertretungsvollmacht wirksam beantragt und entgegengenommen hat.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 11.04.2008 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Denn dieser Bescheid ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2008 rechtmäßig. Die Beklagte hat damit zurecht die zu Grunde liegenden Bewilligungsbescheide vom 12.10.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.12.2006 und vom 06.03.2007 für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 28.02.2007 aufgehoben und für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007 zurückgenommen.
Dass die Beklagte den Bescheid vom 13.12.2006 nicht ausdrücklich im Bescheidtenor genannt hat ist hinsichtlich der Bestimmtheit des Bescheides vom 11.04.2006 unschädlich, da spätestens durch die ausführliche Darstellung des Sachverhaltes im Widerspruchsbescheid und die dortige Benennung des Bescheids vom 13.12.2006 hinreichend deutlich geworden ist, dass sich die Aufhebungs-/ Rücknahmeentscheidung auch auf diesen Bescheid bezieht.
Die Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.12.2006 für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 28.02.2007 erfolgte zu Recht gemäß § 48 SGB X. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 3 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. In den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vom 12.10.2006 und des Änderungsbescheides vom 13.12.2006 vorgelegen haben, ist im Januar 2007 eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn mit der Auszahlung des Januar-Gehalts – die Klägerin erhielt ihr Gehalt jeweils zum Ende desselben Monats – erhöhte sich das Einkommen der Klägerin durch den Wechsel der Steuerklasse von 805,42 EUR auf 1374,14 EUR. Daraus ergibt sich auch gleichzeitig, dass die Klägerin nach Erlass des aufgehobenen Verwaltungsaktes Einkommen erzielt hat, dass zum Wegfall der ihr zustehenden Leistung führte.
Die Höhe der für diesen Zeitraum zu erstattenden Leistungen hat die Beklagte zutreffend mit 464,24 EUR ermittelt. Ausweislich des Änderungsbescheides vom 13.12.2006 wurden der Klägerin in den Monaten Januar 2007 und Februar 2007 an Regelleistungen 88,64 EUR und an Leistungen für Unterkunft und Heizung 143,48 EUR bewilligt, also monatlich 232,12 EUR. Durch das Ausscheiden des Zeugen aus der Bedarfsgemeinschaft zum 01.01.2007 und die Erhöhung des Einkommens der Klägerin auf 1374,14 EUR ergibt sich für die Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Klägerin und dem unter 25 jährigen Sohn ein monatlicher Bedarf von 907,95 EUR. Die Beklagte hat dabei zurecht die Regelleistung der Klägerin (345,00 EUR), die Regelleistung des Sohnes der Klägerin (276,00 EUR) und zwei Drittel der Unterkunftskosten (286,95 Euro) berücksichtigt. Der im Haushalt der Klägerin lebende Zeuge hatte seinen Anteil an den Unterkunftskosten aus seinem Einkommen (Rente, evtl. Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe –) zu decken. Diesem Bedarf stand ein monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 1188,14 EUR gegenüber, so dass kein Leistungsanspruch verblieb.
Die Rücknahme des Bescheides vom 06.03.2007 erfolgte zu Recht gemäß § 45 SGB X. Gemäß § 45 Abs. 1, 2 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht vertraut hat oder sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig ist. Gemäß § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Hier kann dahinstehen, wer im einzelnen die erbrachte Leistung verbraucht hat. Der Einwand der Klägerin, dass nicht sie diejenige es war, die die von der Beklagten erbrachten Leistungen verbraucht hat, kann ihr nicht entgegen gehalten werden. Denn es ist ohne weiteres anzunehmen, dass die Klägerin nicht mehr über die Leistungen verfügen kann und sie somit verbraucht sind.
Dennoch genießt die Klägerin keinen Vertrauensschutz. Gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X kann sich nämlich der Begünstigte nicht auf Vertrauensschutz berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Der Bescheid vom 06.03.2007 beruht auf der durch die Lohnabrechnungen der Klägerin belegten Angabe des Zeugen, dass das Nettoeinkommen der Klägerin 805,42 EUR beträgt. Der Zeuge ist auch bei der Antragstellung darauf hingewiesen worden, dass Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen anzuzeigen sind. Darüber hinaus hat der Zeuge in dem Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen vom 06.03.2007 als Änderungen in den Einkommensverhältnissen der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen lediglich seinen eigenen Rentenbezug ab 01.04.2007 angegeben. Obwohl die Klägerin persönlich weder den Erstantrag im August 2006 noch den Weiterbewilligungsantrag im März 2007 unterschrieben hat und auch die jeweils ergangenen Bewilligungsbescheide an den Zeugen adressiert waren, geht die Kammer davon aus, dass auch die Klägerin grob fahrlässig gehandelt hat, als sie die Erhöhung ihres Nettoeinkommens ab Januar 2007 nicht spätestens mit dem Weiterbewilligungsantrag vom 06.03.2007 bei der Beklagten angezeigt hat. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht gelassen hat. Dies tut derjenige, der schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was jedem einleuchten muss (Schütze in: von Wulfen, SGB X, 6. Auflage 2008, § 45 Rn 52 unter Verweis auf die stRspr des BSG). Nach Auffassung der Kammer musste der Klägerin ohne weiteres einleuchten, dass sie die Erhöhung ihres Nettogehaltes bei der Beklagten anzuzeigen hatte. Da sie bereits bei der Erstantragstellung im August 2006 ihre Einkommensbescheinigungen zur Verfügung gestellt hatte, musste ihr bewusst sein, dass die Höhe ihres Einkommens Einfluss auf die Höhe der der Bedarfsgemeinschaft bewilligten Leistungen hatte. Ihr Einwand, dass sie niemals Leistungen erhalten habe, da sie auch niemals einen Antrag unterschrieben habe und auch niemals einen Bewilligungsbescheid zu Gesicht bekommen habe, hält das Gericht für nicht glaubhaft. Das Vorbringen der Klägerin, sie sei immer davon ausgegangen, dass die Leistungen der Beklagten lediglich für ihren damaligen Ehemann gewährt worden seien, wird massiv dadurch erschüttert, dass zu einem Zeitpunkt, in dem sich abzeichnete, dass der Zeuge die gemeinsame Ehewohnung verlassen würde, nämlich am 15.08.2007, sie diejenige war, die den Fortzahlungsantrag auf Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten gestellt hat. Auch wenn die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung behauptete, sie könne sich nicht an eine Antragstellung erinnern, geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin den Antrag nicht nur unterschrieben, sondern auch persönlich bei der Beklagten vorgelegt hat. So versteht die Kammer jedenfalls den auf dem Antrag befindlichen Vermerk, dass sich die Antragsteller(in) durch einen Pass am 15.08.2007 ausgewiesen habe. Erst im Rahmen dieser Antragstellung wurde durch die Vorlage der Einkommensbescheinigungen ab Februar 2007 die tatsächliche Höhe des Arbeitsentgelts bei der Beklagten bekannt. Die Klägerin war dann auch diejenige, die auf die Aufforderung der Beklagten bei der Stadt D. Wohngeld beantragt hat. Diese Vorgänge zeigen nach Auffassung der Kammer auf, dass die Klägerin sich sehr wohl der Tatsache bewusst war, dass die Leistungen der Beklagten dazu dienten den Lebensunterhalt der gesamten Bedarfsgemeinschaft, und nicht nur den des Zeugen, zu sichern.
Zu einem anderen Schluss kommt das Gericht auch nicht unter Würdigung der Aussage des Zeugen. Dessen Aussagen sind im Hinblick auf die bei der Klägerin vorherrschenden Vorstellungen nicht sehr ergiebig. Der Zeuge gab aber an, dass die Klägerin gewusst habe, dass er Arbeitslosengeld II bei der Beklagten beantragt hatte. Er gab sogar an, dass die Klägerin seiner Erinnerung nach einmal dabei gewesen sei, als sie den Antrag gestellt hätten. Nach seiner Erinnerung sei dies sogar bei der Erstantragstellung nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldbezugs der Fall gewesen. Ihm sei auch klar gewesen, dass die Leistungen der Beklagten für den Lebensunterhalt der gesamten Familie vorgesehen waren.
Auch für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007 hat die Beklagte die nach § 50 SGB X zurück geforderten Leistungen zutreffend berechnet. Die Klägerin und ihr Sohn hatten in der Zeit von März bis Juni 2007 einen Bedarf von 907,95 EUR (siehe oben). In der Zeit von Juli bis August 2007 erhöhte sich dieser Bedarf aufgrund der Regelsatzerhöhung zum 01.07.2007 um vier Euro auf 911,95 EUR. Wie auch bereits in den Monaten Januar und Februar 2007 steht dem ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 1188,14 EUR gegenüber. Ausweislich des Bescheides vom 06.03.2007 wurden der Klägerin im März 267,54 EUR und in den Monaten April bis August 2007 154,25 EUR bewilligt. Daraus ergibt sich ein zu viel gezahlte Betrag in Höhe von 1038,79 EUR. Zusammen mit den im Januar und Februar 2007 überzahlten Leistungen in Höhe von 464,24 EUR ergibt sich die von der Beklagten geforderte Summe von 1503,03 EUR.
Unter den oben genannten Gesichtspunkten und unter Beachtung des § 38 SGB II greift auch der Einwand der Klägerin, sie sei die falsche Anspruchsgegnerin, da sie niemals Leistungen nach dem SGB II beantragt und erhalten habe, nicht durch. Denn die Vermutung des § 38 SGB II, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige, hier der Zeuge, bevollmächtigt ist, Leistungen nach dem SGB II auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit Anhaltspunkte nicht entgegenstehen, führt hier – jedenfalls bis zur Mitteilung, dass die Eheleute bereits seit Januar 2007 innerhalb ihrer Wohnung getrennt lebten – dazu, dass der Zeuge wirksam für die Klägerin Leistungen beantragt hat. Entgegenstehende Anhaltspunkte waren für die Beklagte nicht zu erkennen, zumal dann, wenn die Klägerin - so wie der Zeuge meint, sich erinnern zu können - tatsächlich bei der ersten Antragstellung im August 2006 mit dem Zeugen gemeinsam bei der Beklagten vorgesprochen hat.
Allein der Umstand, dass der Zeuge von dem der Bedarfsgemeinschaft gemeinsam zur Verfügung stehenden monatlichen Geldbetrag für seine persönlichen Bedürfnisse wohl mehr verbraucht hat als ihm rechnerisch zustand, führt nicht dazu, dass von der Geltendmachung der der Klägerin bewilligten und gezahlten Leistungen abzusehen wäre. Denn die Höhe der von den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zurück zu fordernden Leistungen hängt allein von der Höhe der jeweils bewilligten Leistungen und nicht von der Höhe des persönlichen Verbrauchs ab. Der Einwand der Klägerin, sie habe gar nicht gewusst, dass sie überhaupt Leistungen erhalten habe, kann unter den oben beschriebenen Umständen nicht durchgreifen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs-/Rücknahme- und Erstattungsbescheid.
Die Klägerin lebte im Jahr 2006 mit ihrem damaligen Ehemann, dem Zeugen B. K., und dem gemeinsamen Sohn C. K. in einer Bedarfsgemeinschaft. Nach Auslaufen seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld beantragte der Zeuge am 15.08.2006 bei der Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Er gab damals als Familienstand "verheiratet" und als seine Partnerin die Klägerin an. Außerdem gab er an, dass die Klägerin über Erwerbseinkommen verfüge und legte dazu Abrechnungen der monatlichen Bezüge der Klägerin für die Monate Februar bis Juli 2006 vor. Daraus ergab sich ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 805,42 EUR. Mit dem an den Zeugen adressierten Bescheid vom 12.10.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 679,01 EUR für die Zeit vom 01.10.2006 bis zum 28.02.2007, wobei sie das Netto-Einkommen der Klägerin in Höhe von 805,42 EUR bedarfsmindernd berücksichtigte. Für die Zeit ab 01.11.2006 erging am 13.12.2006 ein Änderungsbescheid da der Zeuge im November 2006 Einkommen in Höhe von 252,82 EUR erzielte, welches in Höhe von 121,86 EUR bedarfsmindernd berücksichtigt wurde. Obwohl sich die Einkommenserzielung auf einen Monat beschränkte, fand eine Anrechnung auch für die nachfolgenden Monate bis zum 28.02-2007 statt.
Mit Bescheid vom 19.02.2007 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Ober- und Mittelfranken dem Zeugen eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.11.2006 in Höhe von 340,48 EUR. Die Rente wurde für die Zeit ab 01.04.2007 monatlich laufend gezahlt. Für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 31.03.2007 fiel eine Nachzahlung in Höhe von 1710,95 EUR an. Mit Schreiben vom 07.03.2007 machte die Beklagte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1302,24 EUR für die an den Zeugen gezahlten Leistungen bei dem Rentenversicherungsträger geltend.
Mit dem an den Zeugen adressierten Bescheid vom 06.03.2007 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007, wobei sie den Bedarf und das Einkommen des Zeugen ab 01.04.2007 nicht mehr berücksichtigte. Daraus ergab sich für den Monat März 2007 ein Anspruch für die gesamte Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 709,01 EUR und für die Zeit ab 01.04.2007 ein Anspruch für die Klägerin und deren Sohn in Höhe von insgesamt 254,53 EUR.
Am 15.08.2007 wurde ein auf den Namen der Klägerin lautender und von dieser unterschriebener Antrag auf Fortzahlung der Leistungen bei der Beklagten eingereicht. Dieser Antrag enthält den Vermerk "Antragsteller(in) hat sich ausgewiesen durch: Pass". Dieser Vermerk ist gezeichnet mit dem Kürzel "Kö" und dem Datum 15.08.2007.
Am 11.10.2007 sprach der Zeuge bei der Beklagten vor und gab bekannt, dass er sich von seiner Frau getrennt habe und ausgezogen sei. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin auf, Wohngeld als vorrangige Leistung zu beantragen. Daraufhin legte die Klägerin ein von ihr am 29.10.2007 unterschriebenes Rückantwort-Formular vor, in dem festgestellt wird, dass sie am 02.11.2007 beim Wohngeldamt der Stadt D. einen Antrag auf Sozialleistungen gestellt habe.
Zu einem nicht erkennbaren Zeitpunkt und auf ebenso wenig erkennbarem Wege gelangten dann Abrechnungen der Bezüge der Klägerin für die Zeit von Februar 2007 bis Juli 2007 zur Akte. Daraus ging hervor, dass sich das Nettoeinkommen der Klägerin aufgrund eines Wechsels von Steuerklasse 5 in Steuerklasse 3 auf 1374,14 EUR monatlich erhöht hatte. Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 11.03.2008 hob die Beklagte die Entscheidungen vom 12.10.2006 und 06.03.2007 über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.08.2007 teilweise in Höhe von 2881,09 EUR auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe in der genannten Zeit erhöhtes Einkommen erzielt. Mit diesen Einkommensverhältnissen sei sie nicht in bisher festgestellter und bewilligte Höhe hilfebedürftig gewesen. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe daher nur noch in geringerer Höhe. Der Verpflichtung, alle Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, sei die Klägerin zumindest grob fahrlässig nicht rechtzeitig nachgekommen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen Widerspruch damit, dass der Beklagten sämtliche Lohnabrechnungen zur Verfügung gestellt worden seien. Sie teilte mit, dass schon vor dem Auszug des Zeugen Ende September 2007 eine Trennung innerhalb der Ehewohnung stattgefunden habe. Die Höhe der geltend gemachten Forderung von 2881,09 EUR sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Es könne erst dann Stellung genommen werden, wenn im Einzelnen aufgeschlüsselt werde, in welcher Höhe die Beklagte welche Leistungen zurückverlange.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2008 änderte die Beklagte den Bescheid vom 11.04.2008 dahingehend ab, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 28.02.2007 nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) teilweise aufgehoben und für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007 nach § 45 SGB X teilweise zurückgenommen werde. Es werde eine Erstattung in Höhe von 1503,03 EUR gefordert. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 05.12.2008 Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie vor, dass sie zu keinem Zeitpunkt einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt habe. Antragsteller sei der nunmehr geschiedene Ehemann der Klägerin gewesen. Sämtliche Bescheide seien an diesen gerichtet gewesen. Die Klägerin sei auch nicht Empfängerin des Geldes gewesen. Das Geld sei zwar auf Ihr Konto überwiesen worden. Anspruchsinhaber sei aber der geschiedene Ehemann gewesen. Daher müsse die Rückforderung an diesen gerichtet werden. Zu Unrecht habe die Beklagte auch bei der Leistungsberechnung lediglich zwei Drittel der Unterkunftskosten berücksichtigt. Der Zeuge sei bis zu seinem Auszug aus der Wohnung zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11.04.2008 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass Leistungen für die Klägerin bewilligt und gezahlt worden sind, da der Zeuge diese Leistungen mit der nach § 38 SGB II vermuteten Vertretungsvollmacht wirksam beantragt und entgegengenommen hat.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid vom 11.04.2008 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Denn dieser Bescheid ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2008 rechtmäßig. Die Beklagte hat damit zurecht die zu Grunde liegenden Bewilligungsbescheide vom 12.10.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.12.2006 und vom 06.03.2007 für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 28.02.2007 aufgehoben und für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007 zurückgenommen.
Dass die Beklagte den Bescheid vom 13.12.2006 nicht ausdrücklich im Bescheidtenor genannt hat ist hinsichtlich der Bestimmtheit des Bescheides vom 11.04.2006 unschädlich, da spätestens durch die ausführliche Darstellung des Sachverhaltes im Widerspruchsbescheid und die dortige Benennung des Bescheids vom 13.12.2006 hinreichend deutlich geworden ist, dass sich die Aufhebungs-/ Rücknahmeentscheidung auch auf diesen Bescheid bezieht.
Die Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.12.2006 für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 28.02.2007 erfolgte zu Recht gemäß § 48 SGB X. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 3 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. In den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vom 12.10.2006 und des Änderungsbescheides vom 13.12.2006 vorgelegen haben, ist im Januar 2007 eine wesentliche Änderung eingetreten. Denn mit der Auszahlung des Januar-Gehalts – die Klägerin erhielt ihr Gehalt jeweils zum Ende desselben Monats – erhöhte sich das Einkommen der Klägerin durch den Wechsel der Steuerklasse von 805,42 EUR auf 1374,14 EUR. Daraus ergibt sich auch gleichzeitig, dass die Klägerin nach Erlass des aufgehobenen Verwaltungsaktes Einkommen erzielt hat, dass zum Wegfall der ihr zustehenden Leistung führte.
Die Höhe der für diesen Zeitraum zu erstattenden Leistungen hat die Beklagte zutreffend mit 464,24 EUR ermittelt. Ausweislich des Änderungsbescheides vom 13.12.2006 wurden der Klägerin in den Monaten Januar 2007 und Februar 2007 an Regelleistungen 88,64 EUR und an Leistungen für Unterkunft und Heizung 143,48 EUR bewilligt, also monatlich 232,12 EUR. Durch das Ausscheiden des Zeugen aus der Bedarfsgemeinschaft zum 01.01.2007 und die Erhöhung des Einkommens der Klägerin auf 1374,14 EUR ergibt sich für die Bedarfsgemeinschaft bestehend aus der Klägerin und dem unter 25 jährigen Sohn ein monatlicher Bedarf von 907,95 EUR. Die Beklagte hat dabei zurecht die Regelleistung der Klägerin (345,00 EUR), die Regelleistung des Sohnes der Klägerin (276,00 EUR) und zwei Drittel der Unterkunftskosten (286,95 Euro) berücksichtigt. Der im Haushalt der Klägerin lebende Zeuge hatte seinen Anteil an den Unterkunftskosten aus seinem Einkommen (Rente, evtl. Grundsicherungsleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe –) zu decken. Diesem Bedarf stand ein monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 1188,14 EUR gegenüber, so dass kein Leistungsanspruch verblieb.
Die Rücknahme des Bescheides vom 06.03.2007 erfolgte zu Recht gemäß § 45 SGB X. Gemäß § 45 Abs. 1, 2 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht vertraut hat oder sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig ist. Gemäß § 45 Abs. 2 S. 2 SGB X ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Hier kann dahinstehen, wer im einzelnen die erbrachte Leistung verbraucht hat. Der Einwand der Klägerin, dass nicht sie diejenige es war, die die von der Beklagten erbrachten Leistungen verbraucht hat, kann ihr nicht entgegen gehalten werden. Denn es ist ohne weiteres anzunehmen, dass die Klägerin nicht mehr über die Leistungen verfügen kann und sie somit verbraucht sind.
Dennoch genießt die Klägerin keinen Vertrauensschutz. Gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X kann sich nämlich der Begünstigte nicht auf Vertrauensschutz berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Der Bescheid vom 06.03.2007 beruht auf der durch die Lohnabrechnungen der Klägerin belegten Angabe des Zeugen, dass das Nettoeinkommen der Klägerin 805,42 EUR beträgt. Der Zeuge ist auch bei der Antragstellung darauf hingewiesen worden, dass Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen anzuzeigen sind. Darüber hinaus hat der Zeuge in dem Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen vom 06.03.2007 als Änderungen in den Einkommensverhältnissen der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen lediglich seinen eigenen Rentenbezug ab 01.04.2007 angegeben. Obwohl die Klägerin persönlich weder den Erstantrag im August 2006 noch den Weiterbewilligungsantrag im März 2007 unterschrieben hat und auch die jeweils ergangenen Bewilligungsbescheide an den Zeugen adressiert waren, geht die Kammer davon aus, dass auch die Klägerin grob fahrlässig gehandelt hat, als sie die Erhöhung ihres Nettoeinkommens ab Januar 2007 nicht spätestens mit dem Weiterbewilligungsantrag vom 06.03.2007 bei der Beklagten angezeigt hat. Grob fahrlässig handelt derjenige, der die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße außer Acht gelassen hat. Dies tut derjenige, der schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was jedem einleuchten muss (Schütze in: von Wulfen, SGB X, 6. Auflage 2008, § 45 Rn 52 unter Verweis auf die stRspr des BSG). Nach Auffassung der Kammer musste der Klägerin ohne weiteres einleuchten, dass sie die Erhöhung ihres Nettogehaltes bei der Beklagten anzuzeigen hatte. Da sie bereits bei der Erstantragstellung im August 2006 ihre Einkommensbescheinigungen zur Verfügung gestellt hatte, musste ihr bewusst sein, dass die Höhe ihres Einkommens Einfluss auf die Höhe der der Bedarfsgemeinschaft bewilligten Leistungen hatte. Ihr Einwand, dass sie niemals Leistungen erhalten habe, da sie auch niemals einen Antrag unterschrieben habe und auch niemals einen Bewilligungsbescheid zu Gesicht bekommen habe, hält das Gericht für nicht glaubhaft. Das Vorbringen der Klägerin, sie sei immer davon ausgegangen, dass die Leistungen der Beklagten lediglich für ihren damaligen Ehemann gewährt worden seien, wird massiv dadurch erschüttert, dass zu einem Zeitpunkt, in dem sich abzeichnete, dass der Zeuge die gemeinsame Ehewohnung verlassen würde, nämlich am 15.08.2007, sie diejenige war, die den Fortzahlungsantrag auf Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten gestellt hat. Auch wenn die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung behauptete, sie könne sich nicht an eine Antragstellung erinnern, geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin den Antrag nicht nur unterschrieben, sondern auch persönlich bei der Beklagten vorgelegt hat. So versteht die Kammer jedenfalls den auf dem Antrag befindlichen Vermerk, dass sich die Antragsteller(in) durch einen Pass am 15.08.2007 ausgewiesen habe. Erst im Rahmen dieser Antragstellung wurde durch die Vorlage der Einkommensbescheinigungen ab Februar 2007 die tatsächliche Höhe des Arbeitsentgelts bei der Beklagten bekannt. Die Klägerin war dann auch diejenige, die auf die Aufforderung der Beklagten bei der Stadt D. Wohngeld beantragt hat. Diese Vorgänge zeigen nach Auffassung der Kammer auf, dass die Klägerin sich sehr wohl der Tatsache bewusst war, dass die Leistungen der Beklagten dazu dienten den Lebensunterhalt der gesamten Bedarfsgemeinschaft, und nicht nur den des Zeugen, zu sichern.
Zu einem anderen Schluss kommt das Gericht auch nicht unter Würdigung der Aussage des Zeugen. Dessen Aussagen sind im Hinblick auf die bei der Klägerin vorherrschenden Vorstellungen nicht sehr ergiebig. Der Zeuge gab aber an, dass die Klägerin gewusst habe, dass er Arbeitslosengeld II bei der Beklagten beantragt hatte. Er gab sogar an, dass die Klägerin seiner Erinnerung nach einmal dabei gewesen sei, als sie den Antrag gestellt hätten. Nach seiner Erinnerung sei dies sogar bei der Erstantragstellung nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldbezugs der Fall gewesen. Ihm sei auch klar gewesen, dass die Leistungen der Beklagten für den Lebensunterhalt der gesamten Familie vorgesehen waren.
Auch für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.08.2007 hat die Beklagte die nach § 50 SGB X zurück geforderten Leistungen zutreffend berechnet. Die Klägerin und ihr Sohn hatten in der Zeit von März bis Juni 2007 einen Bedarf von 907,95 EUR (siehe oben). In der Zeit von Juli bis August 2007 erhöhte sich dieser Bedarf aufgrund der Regelsatzerhöhung zum 01.07.2007 um vier Euro auf 911,95 EUR. Wie auch bereits in den Monaten Januar und Februar 2007 steht dem ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 1188,14 EUR gegenüber. Ausweislich des Bescheides vom 06.03.2007 wurden der Klägerin im März 267,54 EUR und in den Monaten April bis August 2007 154,25 EUR bewilligt. Daraus ergibt sich ein zu viel gezahlte Betrag in Höhe von 1038,79 EUR. Zusammen mit den im Januar und Februar 2007 überzahlten Leistungen in Höhe von 464,24 EUR ergibt sich die von der Beklagten geforderte Summe von 1503,03 EUR.
Unter den oben genannten Gesichtspunkten und unter Beachtung des § 38 SGB II greift auch der Einwand der Klägerin, sie sei die falsche Anspruchsgegnerin, da sie niemals Leistungen nach dem SGB II beantragt und erhalten habe, nicht durch. Denn die Vermutung des § 38 SGB II, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige, hier der Zeuge, bevollmächtigt ist, Leistungen nach dem SGB II auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen, soweit Anhaltspunkte nicht entgegenstehen, führt hier – jedenfalls bis zur Mitteilung, dass die Eheleute bereits seit Januar 2007 innerhalb ihrer Wohnung getrennt lebten – dazu, dass der Zeuge wirksam für die Klägerin Leistungen beantragt hat. Entgegenstehende Anhaltspunkte waren für die Beklagte nicht zu erkennen, zumal dann, wenn die Klägerin - so wie der Zeuge meint, sich erinnern zu können - tatsächlich bei der ersten Antragstellung im August 2006 mit dem Zeugen gemeinsam bei der Beklagten vorgesprochen hat.
Allein der Umstand, dass der Zeuge von dem der Bedarfsgemeinschaft gemeinsam zur Verfügung stehenden monatlichen Geldbetrag für seine persönlichen Bedürfnisse wohl mehr verbraucht hat als ihm rechnerisch zustand, führt nicht dazu, dass von der Geltendmachung der der Klägerin bewilligten und gezahlten Leistungen abzusehen wäre. Denn die Höhe der von den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zurück zu fordernden Leistungen hängt allein von der Höhe der jeweils bewilligten Leistungen und nicht von der Höhe des persönlichen Verbrauchs ab. Der Einwand der Klägerin, sie habe gar nicht gewusst, dass sie überhaupt Leistungen erhalten habe, kann unter den oben beschriebenen Umständen nicht durchgreifen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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