L 8 R 442/11 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 29 R 1/11 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 442/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 29.3.2011 geändert. Der Streitwert für das Klageverfahren wird auf 23.000 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat sich im Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 1.3.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2005 gewehrt. In diesem Bescheid stellte die Beklagte - ohne Benennung konkret betroffener Personen - fest, dass die Klägerin verpflichtet sei, für die von ihr gewährte Studienförderung an sog. interne Stipendiaten in Höhe von 350 Euro monatlich Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Zugleich "bat" die Beklagte die Klägerin, die Zahlung "ab sofort" aufzunehmen. Die Klägerin hat mit der Klagebegründung mitgeteilt, seit Beginn des Jahres 2000 seien bis 2005 15 interne und 3 externe Stipendiaten gefördert worden.

Nach Erledigung des Verfahrens haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragt, den Streitwert auf 69.552 Euro festzusetzen (18 Stipendiaten in den Jahren 2000 bis 2005 x 48 Monate Stipendium x 350 Euro monatliches Stipendium ergebe eine Gesamtlohnsumme von 302.400 Euro; hiervon 23 % Arbeitgeberbeiträge). Zwischenzeitlich seien noch mehr Personen gefördert worden.

Das Sozialgericht (SG) hat den Streitwert auf 5.000 Euro festgesetzt, da der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Streitwerts biete (Beschluss v. 29.3.2011).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die vortragen, sie hätten die notwendigen Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts bereits mit der Klagebegründung vorgetragen.

Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen. Sie trägt vor, eine konkrete Beitragsnachforderung sei (auch für die Vergangenheit) nicht erhoben worden.

Der Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Nordrhein-Westfalen beantragt, die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

Das SG hat von seiner Abhilfemöglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

II.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (vgl. Senat, Beschluss v. 3.9.2009, L 8 B 12/09 R, sozialgerichtsbarkeit.de und juris, m.w.N.).

Die Beschwerde ist zulässig und zum Teil auch begründet. Der Streitwert für das Klageverfahren ist endgültig auf 23.000 Euro festzusetzen. Soweit die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Festsetzung eines höheren Streitwerts begehren, ist die Beschwerde dagegen unbegründet.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz [GKG]). Nur wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts, d.h. die Feststellung der Bedeutung der Sache für den Kläger, keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).

In Betriebsprüfungsverfahren nach § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) besteht das Interesse des klagenden (möglichen) Arbeitgebers in der Regel im Wesentlichen darin, eine Beitragsbelastung zu vermeiden. Wird die Beitragsbelastung im Bescheid der Höhe nach festgesetzt, so ist diese für den Streitwert maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Fehlt es an einer solchen Festsetzung, ist auf die allgemeine Regelung des § 52 Abs. 1, 2 GKG zurückzugreifen, sodass es darauf ankommt, ob der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Streitwert ausreichende Anhaltspunkte bietet, um die Höhe einer möglichen Beitragsbelastung abzusehen. Insofern ist die Rechtslage in Fällen der vorliegenden Art nicht anders als im Bereich der Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV, in denen auch keine bezifferte Beitragsforderung erhoben wird (vgl. hierzu Senat, Beschluss v. 14.12.2009, L 8 B 21/09 R, sozialgerichtsbarkeit.de und juris, m.w.N.).

Für die Bestimmung des Streitwerts ist damit einmal die Höhe des von der Beitragspflicht betroffenen Arbeitsentgelts maßgebend, zum anderen der hierauf vom klagenden (möglichen) Arbeitgeber zu entrichtende Sozialversicherungsbeitrag, allerdings begrenzt auf einen Zeitraum von drei Jahren (§ 42 Abs. 2 Satz 1 GKG).

Für beide Werte bietet der Sach- und Streitstand ausreichende Anhaltspunkte. Die Klägerin hat angegeben, sie habe in den Jahren 2000 bis 2005 15 interne Stipendiaten (nur auf diese hat sich die Feststellung der Beklagten bezogen, das Stipendium sei beitragspflichtig) gehabt. Legt man diese Zahl im von der Klägerin angenommenen Zeitraum von sechs Jahren zugrunde, so ergeben sich für einen Zeitraum von drei Jahren geschätzt acht Stipendiaten, an die innerhalb von drei Jahren 100.800 Euro Stipendien gezahlt werden (8 Stipendiaten x 36 Monate x 350 Euro). Da keine Anhaltspunkte gegen geringfügige Beschäftigungen sprechen, ist hierauf ausgehend von der Rechtslage bei Erlass des angefochtenen Bescheides ein Beitragssatz von 23 % anzuwenden (§§ 249b Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, 172 Abs. 3 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in den jeweils im Jahr 2005 geltenden Fassungen). Hieraus ergibt sich eine (zu vermeidende) Beitragsbelastung von rund 23.000 Euro.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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