L 2 AS 217/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 AS 1512/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 217/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens über die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 1. November 2010 bis zum 30. April 2011.

Der am 1949 geborene Antragsteller und die am 1949 geborene Antragstellerin sind miteinander verheiratet.

Sie erwarben 1995 ein Dreifamilienhaus (nach ihren Angaben Baujahr 1910 bzw. 1914) mit 211 qm Grundfläche in N. Eine Wohnung mit 73 qm bewohnen die Antragsteller, die anderen Wohnungen haben sie vermietet. Zur Finanzierung und Sanierung der Wohnungen nahmen die Antragsteller Kredite bei der D ... Bank auf in Höhe von anfänglich 310.000 DM, dabei entfielen 100.000 DM auf den Kaufpreis und 210.000 DM auf die Sanierung und den Umbau. Für weitere Einzelheiten wird auf Bl. 294 der Verwaltungsakte verwiesen. Dabei sollten sich die nicht von den Antragstellern bewohnten Wohnungen durch die Mieteinnahmen "selbst tragen". Eine Abtretung der Mieteinnahmen an die Bank nahmen die Antragsteller nicht vor. Für den Kreditgeber ist eine Grundschuld in Höhe von 210.000 DM in das Grundbuch eingetragen worden.

Seit dem 1. Januar 2005 beziehen die Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von der Rechtsvorgängerin des Antragsgegners, der ARGE SGB II Burgenlandkreis (künftig ARGE). Zeitweilig erzielten die Antragsteller Einnahmen aus geförderten Beschäftigungen. Bis zum 31. März 2007 berücksichtigte die ARGE bei der Leistungsbewilligung die Einnahmen aus den vermieteten Wohnungen als Einkommen.

In einem Schreiben vom 12. Oktober 2007 bestätigte die D Bank den Antragstellern, dass die monatlichen Mieteingänge über 975 EUR zur Deckung der Baufinanzierungsraten von monatlich 762,35 EUR eingesetzt würden. Die Verbuchung erfolge über das Konto von Frau N B -S , der Tochter der Antragsteller.

In der Folgezeit ging die ARGE davon aus, dass die Mieteinnahmen an die D ... Bank abgetreten worden seien und berücksichtigte sie nicht mehr als Einkommen der Antragsteller.

Seit dem 15. Juni 2008 war die Antragstellerin für drei Jahre als pädagogische Mitarbeiterin in der Sekundarschule als ABM-Kraft beschäftigt.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2010 bewilligte die ARGE den Antragstellern für Juli bis Oktober 2010 insgesamt monatlich 392,50 EUR. Als Einkommen setzte sie nur die Einnahmen aus der Tätigkeit der Antragstellerin in Höhe von 578,71 EUR netto an. Sie teilte den Antragstellern mit, dass sie bei künftigen Bewilligungen ab November 2010 die Mieteinnahmen als Einkommen anrechnen würde. Bei den Absetzungen von den Mieteinnahmen würden Tilgungsleistungen außer Betracht bleiben. Es sollten daher mit der Bank Gespräche über eine Tilgungsaussetzung bzw. Tilgungsstreckung aufgenommen werden.

Am 27. September 2010 stellten die Antragsteller einen Weiterbewilligungsantrag bei der ARGE. Hierbei gaben sie an, dass die Antragstellerin unverändert ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 708,33 EUR bzw. ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 578,71 EUR erziele. Für die Kfz-Haftpflichtversicherung seien jährlich 169,06 EUR zu entrichten. Die Mieteinnahmen betrügen monatlich 385 EUR, da seit August 2010 eine Wohnung leer stehe. Sie legten einen Mietvertrag für sich selbst für die von ihnen bewohnte Wohnung mit einer Miete von 390 EUR, Nebenkosten von 55 EUR und Heizungskosten von 45 EUR monatlich vor. Daneben legten sie Belege für anfallende Kosten vor: Für Abfallgebühren fielen alle drei Monate (15.11.2010 und 15.02.2011 usw.) 81,36 EUR für alle Hausbewohner an, für Abwasser war im Jahr 2010 eine Gesamtvorauszahlung von 585 EUR zu leisten mit neun Abschlägen in Höhe von monatlich 65 EUR (für alle Nutzer), für die Wohngebäudeversicherung ein im Januar fälliger Jahresbeitrag, welcher im Jahr 2010 317,84 EUR betrug. Daneben fiel ein Betrag für die Grundsteuer, welcher vierteljährlich am 15.2, 15.5 usw. in Höhe von 53,83 EUR zu entrichten sei (Jahresbeitrag von 215,35 EUR), an. Die Antragsteller legten die Jahresrechnung 2010 für Schornsteinfegerarbeiten (Fälligkeit 8. Juni 2010) in Höhe von 50,91 EUR und eine Rechnung für die Wartung der Heizungsanlage im Jahr 2009 in Höhe von 188,27 EUR vor.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2010 bewilligte die ARGE den Antragstellern für November 2010 Alg II in Höhe von insgesamt 149,62 EUR (wobei 148,61 EUR auf KdU entfielen), für Dezember 2010 in Höhe von 104,55 EUR (wobei 103,54 EUR auf KdU entfielen) und für die Monate Januar bis April 2011 in Höhe von 1,01 EUR, wobei sie keine KdU berücksichtigte. Hierbei setzte die ARGE von den Mieteinnahmen 97,05 EUR als Freibetrag für Zinsen, Instandhaltung und Bewirtschaftung ab, so dass sie im Ergebnis weitere 287,95 EUR als Einkommen berücksichtigte.

Hiergegen legten die Antragsteller Widerspruch ein: Die Mieteinnahmen würden von dem Kreditgeber einbehalten. Hierzu legte sie ein aktualisiertes Schreiben der D. Bank vom 27. April 2010 vor, wonach die monatlichen Mieteingänge zur Deckung der Baufinanzierung eingesetzt würden und die Verbuchung unverändert über das Konto der Tochter der Antragsteller erfolge.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2011 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragsteller zurück.

Am 17. März 2011 haben die Antragsteller dem Sozialgericht Halle (SG) mitgeteilt, dass sie eine am 17. Februar 2011 erhobene Klage auch als einstweilige Anordnung geltend machen wollten, weil es ihnen nicht zumutbar sei, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Am SG ist seit 12. Januar 2010 eine Klage gegen fehlerhafte Berechnung von Leistungen und Rückforderungen aus den Jahren 2008 und 2009 anhängig (S 6 AS 147/10). In diesem Verfahren haben die Antragsteller ein Schreiben mit Datum 17. Februar 2011 vorgelegt und auf eine nicht nachvollziehbare Berechnung der ARGE vom 20. Januar 2011 verwiesen. Zur Begründung ihres einstweiligen Rechtsschutzantrages haben sie vorgetragen: Trotz des Einkommens der Antragstellerin als pädagogische Mitarbeiterin würde das Leistungsniveau des Alg II durch die bisher bewilligten Leistungen unterschritten. Die jetzt noch laufenden Kredite seien allein für die Sanierung der vermieteten Wohnungen aufgenommen worden. Würden sie den Kredit nicht bedienen, würden die Wohnungen in den Besitz der Bank übergehen und sie würden ihre selbst bewohnte Wohnung verlieren. Nach Abzügen ihrer vereinbarten Pflichten gegenüber der Bank würde ihnen kein Cent zur Verwendung für den Lebensunterhalt übrig bleiben. Faktisch würden sie enteignet, wenn sie die Mieteinnahmen für den Lebensunterhalt verbrauchen müssten.

Mit Änderungsbescheid vom 17. März 2011 hat der Antragsgegner den geringfügig geänderten Nettoverdienst (576,96 EUR) ab Januar 2011 (Auszahlung des Verdienstes im Folgemonat) berücksichtigt und die Leistung ab 1. Februar 2011 auf 2,76 EUR angehoben.

Am 14. April 2011 haben die Antragsteller einen Antrag auf Weiterbewilligung über den 30. April 2011 hinaus bei den Antragsgegner gestellt und weitere Unterlagen zu ihren Hauskosten vorgelegt. Danach haben sie Zinsen für die Baufinanzierung für das Jahr 2010 in Höhe von 1.894,16 gezahlt. Der Jahresbeitrag für die Kfz-Haftpflichtversicherung beträgt zzgl. Versicherungssteuer 164,41 EUR für 2011. Zudem habe sich der Abschlag für das Abwasser auf 504 EUR jährlich, zu zahlen in neun Raten, 15.04.2011: 23,04 EUR (wegen Gutschrift von 32,96 EUR in diesem Monat), 15.05.2011: 56 EUR usw.) reduziert. Die eigenen Heizkosten gaben sie in dem Antrag mit 58,14 EUR monatlich an.

Am 15. April 2011 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es sei kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Mieteinnahmen seien als Einkommen anzurechnen. Die Einnahmen stünden als bereite Mittel zur Verfügung, auch wenn sie teilweise zur Finanzierung der Mietwohnungen verwendet würden. Bei der Bereinigung der Mieteinnahmen könnten Tilgungsleistungen keine Berücksichtigung finden.

Gegen diesen ihnen am 23. April 2011 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 23. Mai 2011 Beschwerde erhoben und diese wie folgt begründet: Sie würden den Darlehensvertrag mit den Mieteinnahmen der zwei vermieteten Wohnungen bedienen. Die eingehenden Mietzahlungen würden ihnen daher erst nach der Abzahlung des Kredites zur Verfügung stehen. Eine Abtretung der Mietzinseinnahmen an die Bank sei nur deshalb nicht praktiziert worden, weil dies keine ausreichende Sicherheit für die Bank geboten hätte. So seien die Mietwohnungen zeitweilig nicht vermietet gewesen. Es müsse Berücksichtigung finden, dass sie einen Betrag von 48.000 EUR für die Altersvorsorge besitzen dürften, den sie nicht für den Lebensunterhalt einsetzen müssten. Es müsse doch unerheblich sein, ob dieser Betrag als Bargeld geschützt werde, oder ob er zur Sanierung von Mietwohnungen investiert worden sei. Der Kredit würde den Staat nicht belasten, da der Schuldendienst durch die Nutzer der Wohnungen zurück gezahlt werde. Hausbesitzer, die langjährig gearbeitet hätten und nur aufgrund des Alters, nicht aber der Qualifikation, nicht mehr vermittelbar seien, dürften nicht benachteiligt werden.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 15. April 2010 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache Leistungen für 1. November 2010 bis 30. April 2011 ohne Berücksichtigung der Mieteinnahmen zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auf Nachfrage haben die Antragsteller im Mai 2011 mitgeteilt, dass auch die zweite Wohnung ab 1. Januar 2011 wieder vermietet sei (Kaltmietzins 390 EUR, zzgl. 55 EUR Nebenkostenvorauszahlung und 45 EUR Heizkostenvorauszahlung). Die Miete ist im Voraus, spätestens am dritten Werktag zu zahlen. Die Antragsteller haben zusätzlich eine Rechnung über das Wasserentgelt für 2010 in Höhe von 536,14 EUR vorgelegt.

Mit Bescheid vom 26. März 2011 hat der Antragsgegner die geänderten Regelsätze ab 1. Januar 2011 berücksichtigt, wodurch sich der bewilligte monatliche Gesamtbetrag für Januar 2011 auf 11,01 EUR und für Februar bis April 2011 auf 12,76 EUR erhöht hat.

Mit Bescheiden vom 14. Juni 2011 hat der Antragsgegner Leistungen für den Zeitraum 1. Mai 2011 bis 31. Juli 2011 abgelehnt und für den Zeitraum 1. August 2011 in einer Gesamthöhe von 338,76 EUR und für September bis Oktober 2011 in Höhe von 284,93 EUR bewilligt. Hiergegen haben die Antragsteller Widerspruch eingelegt.

Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Antragsgegners und die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte des SG Az. S 6 AS 147/10 verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerde ist auch statthaft. Die Beschwerdesumme des § 172 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 EUR ist erreicht. Das Begehren der Antragsteller muss so ausgelegt werden, dass sie nicht mehr bis zur Hauptsacheentscheidung des SG abwarten können, sondern eine vorläufige Regelung begehren.

Insofern ist Gegenstand das Begehren in der Hauptsache. Sie wenden sich im Schriftsatz vom 17. Februar 2011 gegen aktuell zu niedrige Leistungen wegen der Anrechnung der Mieteinnahmen und bringen spätestens mit dem neuen Antrag vom 17. März 2011 zum Ausdruck, hiergegen klagen zu wollen. Bei der Nichtberücksichtigung der Mieteinnahmen würde das hieraus berücksichtigte Einkommen in Höhe von 287,95 EUR wegfallen. Für den begehrten Leistungszeitraum wird daher der Beschwerdewert von 750 EUR erreicht.

Streitgegenstand der Beschwerde ist der Zeitraum bis zum 30. April 2011.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller ist als Regelungsverfügung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG auszulegen. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers bzw. der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Hier kommt allein eine Regelungsanordnung in Betracht. Die Anordnung kann erlassen werden, wenn ein Antragsteller glaubhaft macht, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und dass er ohne den Erlass der begehrten Anordnung bei Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens (hier des anhängigen Klageverfahrens) wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund).

Der Anordnungsgrund für Leistungen, die inzwischen in der Vergangenheit liegen, ist für den Zeitraum 17. März 2011 bis 30. April 2011 gegeben. Es handelt sich bei dem streitigen Betrag um einen so erheblichen Anteil der Leistungen, dass die Darstellung der Antragsteller, auf die fehlende Zahlung dringend angewiesen zu sein, glaubhaft ist. Daran ändert auch nichts, dass es sich inzwischen um Leistungen aus der Vergangenheit handelt. Es entspricht der Spruchpraxis des erkennenden Senats, dass bei einem auf höhere Leistungen gerichteten Begehren von Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II auch ohne besondere Glaubhaftmachung eingetretener oder zu befürchtender Nachteile für die Zeit ab Eingang des Rechtsschutzantrages beim Sozialgericht bis zum Ende des im Streit stehenden Bewilligungsabschnitts vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes auszugehen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn in diesem Zeitraum keine Veränderungen in den Verhältnissen bezogen auf die Hilfebedürftigkeit eingetreten sind. Dann rechtfertigt allein der Umstand, dass zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmte Leistungen nicht oder nicht im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen erbracht worden sind, in der Regel die Bejahung des Anordnungsgrundes, ohne dass der Hilfebedürftige z. B. nachweisen muss, einen Nachholbedarf wegen des unterbliebenen Ersatzes verschlissener Kleidung oder des unterbliebenen Ankaufs von Wasch- und Reinigungsmitteln zu haben oder aber aktuell keine ausreichenden Mittel zur auskömmlichen Sicherung seines Lebensunterhalts zur Verfügung zu haben. Im konkreten Fall ist nach den vorgenannten Grundsätzen davon auszugehen, dass ein Anordnungsgrund in dem Umfang bejaht werden kann, wie an sich zustehende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab Anrufung des SG, also ab dem 17. März 2011, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht erbracht worden sind. Wohingegen ein Anordnungsgrund für Leistungen vor der Einreichung des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz zu verneinen ist.

Die Antragsteller haben jedoch keinen Anordnungsanspruch für den danach noch zu prüfenden Bewilligungszeitraum von März 2011 bis 30. April 2011 glaubhaft gemacht.

Die Antragsteller erfüllen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 19 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 SGB II sind, und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) haben, soweit sie hilfebedürftig im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 SGB II sind.

Eine solche Hilfebedürftigkeit fehlt, da die Antragsteller mit ihren Einnahmen ihren Lebensunterhalt sichern können. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Der von den Antragstellern glaubhaft gemachte Gesamtbedarf betrug für den Monat März 2011 776,36 EUR.

Zutreffend ging der Antragsgegner bei der Feststellung des Hilfebedarfs bzw. ihrer Leistungspflicht von einer monatlichen Regelleistung von 328 Euro aus (§ 20 Abs. 4 SGB II). Mehrbedarfe sind nicht ersichtlich und nicht geltend gemacht.

Als Bedarf für Unterkunft und Heizung sind nach § 22 Abs. 1 SGB II die tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie angemessen sind, anzuerkennen. Die Antragsteller bewohnen eine Wohnung von 73 qm in dem ihnen gehörenden Haus. Nur die tatsächlichen Kosten, die auf diese selbstbewohnte Wohnung entfallen, können sie als Kosten der Unterkunft geltend machen. Kosten der Unterkunft, die nicht monatlich anfallen, sind dabei grds. nur im Monat der Fälligkeit dem Bedarf hinzuzurechnen (so BSG; Urteil vom 15. April 2008 – B 14/7b AS 58/06 R – zitiert nach juris).

Da die Antragsteller einen Anteil von 73 qm von insgesamt 211 qm bewohnen, ist für die nicht vom Verbrauch abhängenden Kosten ein Anteil von 34,6 % anzusetzen. Bei einer solchen konkreten Betrachtungsweise sind bei den verbrauchsunabhängigen Kosten keine Kosten im Monat März 2011 zu berücksichtigen. Denn weder der Abschlag für die Abfallbeseitigung (Fälligkeit 15.2. und 15.5.) noch der Jahresbeitrag für die Gebäudeversicherung (Fälligkeit Januar 2011) noch die Grundsteuer (Fälligkeit 15.2. und 15.5.) fällt in diesen Monat. Auch Kosten für die Wartung der Heizungsanlage, für den Schornsteinfeger o.ä. sind für den betreffenden Monat nicht glaubhaft gemacht (sie fielen im Vorjahr auch in anderen Monaten an). Bei den verbrauchsabhängigen Kosten Abwasser und Wasser hat eine konkrete Abrechnung noch nicht stattgefunden. Von den Gesamtabschlägen für alle Hausbewohner von 56 EUR monatlich bzw. 52 EUR monatlich sind daher überschlägig anteilig (34,6 %) 19,38 EUR bzw. 17,99 EUR zu berücksichtigen. Zinsen für Kapitaldienst sind nicht zu berücksichtigen, denn nach Angaben der Antragsteller sind die noch laufenden Kredite nur zur Sanierung der beiden vermieteten Wohnungen aufgenommen worden (dort werden sie in voller Höhe als Abzugsposten von den Mieteinkünften berücksichtigt, so dass auch eine Verteilung auf eigene Kosten der Unterkunft und Abzug bei den Mieteinnahmen das Ergebnis nicht verändern würde).

Für die Heizung entfielen in der Vergangenheit (Abrechnung für 2009) auf die Antragsteller 58,14 EUR = 24,01 % der Gesamtheizungskosten für alle Bewohner, im aktuellen Fortzahlungsantrag ab Mai 2011 machten die Antragsteller Heizkosten in dieser Höhe geltend. Aktuell werden für alle Bewohner für 2011 Abschläge in Höhe von 249 EUR monatlich an den Gasversorger gezahlt. Hierauf kann zu Gunsten der Antragsteller überschlägig ein Anteil in Höhe von 1/3 den Antragstellern zugerechnet werden = 83 EUR. Eine Überprüfung auf die Angemessenheit der Heizkosten kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht vorgenommen werden. Seit dem 1. Januar 2011 sind nach SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 die Kosten für die Warmwassererwärmung nicht mehr in Abzug zu bringen. Die konkreten glaubhaft gemachten Unterkunftskosten für März 2011 betragen daher 120,36 EUR.

Stehen die jeweils anfallenden Kosten noch nicht fest, bzw. werden von dem Antragsgegner auf den Monat umgerechnet übernommen, kann jedenfalls für das einstweilige Rechtsschutzverfahren auch eine überschlägige durchschnittliche Betrachtungsweise angestellt werden, um zu ermitteln, ob die Kosten der Unterkunft durch Einnahmen gedeckt sind oder nicht. Bei einer überschlägigen Betrachtungsweise auch unter Berücksichtigung der eigenen Berechnung von Heizung und Nebenkosten in Höhe von 144,70 EUR (eigene Abrechnung für 2009) bzw. der maximalen Bewilligung des Antragsgegners bezogen auf monatliche Ausgaben von 148,61 EUR (für November 2010) ändert sich das Ergebnis nicht. Die Einnahmen der Antragsteller decken auch diesen weitergehenden Bedarf von maximal 804,61 EUR (328 EUR+ 328 EUR+ 148,61 EUR) ab.

Denn zutreffend hat der Antragsgegner bzw. die ARGE neben den Erwerbseinkommen der Antragstellerin auch die Mieteinnahmen als Einkommen angerechnet. Hieraus errechnet sich insgesamt ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 804,74 EUR.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert, soweit sie nicht von der Einkommensanrechnung ausgenommen sind.

Die Antragstellerin erzielte eine Arbeitseinkommen in Höhe von 708,33 EUR. Nach § 11 Abs. 2 SGB II gültig bis 31.03.2011 sind von diesem Einkommen die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und die Steuern abzusetzen. Von diesem Nettoeinkommen in Höhe von 576,96 EUR ist nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten anstelle der Absetzungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von 100 EUR monatlich abzusetzen. Höhere Absetzungen (Berücksichtigung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II möglich) hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht, so dass es bei der Pauschale verbleibt. Für den Erwerbstätigenfreibetrag gilt nach § 77 Abs. 3 SGB II für bis zum 31. März 2011 zufließende Erwerbseinkommen, die bis zum 31. Dezember 2010 geltende Fassung des § 30 SGB II weiter. Danach ist ein Freibetrag von 121,67 EUR anzusetzen (20 % von 608,33). Insgesamt ist das Erwerbseinkommen um 353,04 EUR zu bereinigen, so dass noch ein anrechenbares Erwerbseinkommen von 355,29 EUR verbleibt.

Als weiteres Einkommen sind Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 449,45 EUR zu berücksichtigen. Zutreffend hat das SG sie als bereite Mittel qualifiziert, obwohl die Antragsteller sie größtenteils für den Schuldendienst einsetzen. Denn es handelt sich um eine jeden Monat neu zu treffende bzw. frei widerrufbare Verwendungsbestimmung. Die Antragsteller haben die Mieteinnahmen nicht an die Bank abgetreten oder verpfändet, so dass sie hierüber verfügen können. So werden die Mieteinnahmen ihnen (auf das selbst ausgewählte Konto der eigenen Tochter) überwiesen. Eine Abtretung haben die Antragsteller nicht vereinbart.

Dabei sind als Einkünfte der Überschuss der Einnahmen über die mit ihrer Erzielung verbundenen notwendigen Ausgaben anzusetzen. Nach § 4 Alg II-V ist für die Berechnung von Einkommen aus Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung die Vorschrift des § 2 AlgII-V über die Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend anzuwenden. Eine gesonderte Regelung für diese Einkommensart findet sich in den Vorschriften zur Einkommensanrechnung nicht. Die Nebenkosten sind als reiner Durchlaufposten außer Acht zu lassen. Die monatlichen Bruttoeinnahmen betrugen für beide vermietete Wohnungen 775 EUR (385 EUR + 390 EUR).

Die Mieteinkünfte stehen beiden Antragstellern als Eigentümern der Mietwohnungen hälftig zu. Für den auf den Antragsteller entfallenden Anteil der Einnahmen muss noch der Pauschbetrag für vom Einkommen abzusetzende Beträge für die Beiträge zu privaten Versicherungen in Höhe von 30 EUR abgezogen werden (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 AlgII-V). Hinzu kommen die Beiträge für die Kfz-Haftpflichtversicherung als Pflichtversicherung in Höhe von 13,70 EUR monatlich. Der Pauschbetrag für Versicherungen für die Antragstellerin ist bereits bei ihren Erwerbseinkünften abgezogen worden und kann nicht erneut in Ansatz gebracht werden.

Es sind weiter nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 SGB II die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben in Abzug zu bringen. Hierbei können die zu berücksichtigenden Ausgaben einschließlich der Pauschalen für Erhaltungs- und Bewirtschaftungsaufwand in entsprechender Anwendung nach § 7 Abs. 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII herangezogen werden (vgl. ebenso Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rn. 236; Brühl in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 11 Rn. 110). § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII bestimmt ebenso wie § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II, dass von den Einnahmen die mit der Erzielung des Einkommens notwendigen Ausgaben in Abzug zu bringen sind. Für das SGB XII sind für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die notwendigen Abzüge in § 7 Abs. 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII geregelt und für den Erhaltungs- und den Bewirtschaftungsaufwand Pauschalen ohne besonderen Nachweis festgelegt. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 3. März 2009 (– B 4 AS 38/08 R – zitiert nach juris) klargestellt, dass für die Bestimmung der Kosten der Unterkunft von Hauseigentümern nicht auf die Pauschalen nach § 7 Abs. 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII abgestellt werden dürfe. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II setzte für Leistungen für Unterkunft und Heizung den Nachweis von tatsächlichen Kosten voraus. Während es jedoch dort um die Frage ging, ob Pauschalen für den Erhaltungsaufwand bedarfserhöhend als tatsächliche Kosten berücksichtigt werden können, geht es hier um die Frage, ob das Einkommen aus Vermietung und Verpachtung nach dem SGB II ebenso wie ein solches Einkommen nach dem SGB XII bereinigt werden kann.

Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zu § 82 SGB XII gehören zu den berücksichtigungsfähigen Ausgaben die Schuldzinsen und dauernden Lasten, die Steuern vom Grundbesitz sowie sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, Leistungen zur Hypothekengewinnabgabe und die Kreditgewinnabgabe, soweit es sich um Zinsen nach § 211 Abs. 1 Nr. 2 des Lastenausgleichsgesetzes handelt, der Erhaltungsaufwand und sonstige Aufwendungen zur Bewirtschaftung des Haus- und Grundbesitzes.

Die von den Antragstellern gezahlten Zinsen sind vollständig anzusetzen. Denn die zugrundeliegenden Kredite sind nach den Angaben der Antragsteller allein für die vermieteten Wohnungen aufgenommenen worden. Die Zinslast betrug ausgehend von den gezahlten Zinsen im Jahr 2010 monatlich 157,85 EUR (Jahreszinsen für 2010: 1.894,16 EUR), so dass die Zinsen 2011 bei gleichbleibendem Zinssatz jedenfalls nicht höher liegen können. Die öffentlichen Abgaben sind bereits als Nebenkosten auf die Mieter umgelegt worden.

Daneben können noch Erhaltungsaufwendungen und Aufwendungen zur Bewirtschaftung abgesetzt werden. Für die Absetzungen für den Erhaltungsaufwand bzw. den Bewirtschaftungsaufwand sind dabei Pauschalen festgeschrieben, wenn keine höheren Aufwendungen nachgewiesen sind. Für Wohngrundstücke, die vor dem 1. Januar 1925 bezugsfähig geworden sind, sind dabei 15 % der Jahresroheinnahmen für den Erhaltungsaufwand anzusetzen, für die Bewirtschaftung ein weiteres Prozent. Der Antragsgegner bzw. seine Rechtsvorgängerin haben die betreffenden Pauschalen entsprechend ihren Dienstanweisungen berücksichtigt. Allerdings haben sie nur die Pauschale von 10 % für den Erhaltungsaufwand von nach dem 31. Dezember 1924 bezugsfähig gewordenen Wohngrundstücken herangezogen. Das Haus der Antragsteller ist nach ihren Angaben jedoch bereits 1910 bzw. 1914 erbaut worden, so dass die Pauschale von 15% Anwendung finden muss. Der Bewirtschaftungsaufwand ist dabei mit einem weiteren Prozent anzusetzen. Insofern sind weitere Abzüge in Höhe von 124 EUR vorzunehmen.

Tilgungsleistungen sind nach § 7 Abs. 2 der betreffenden Verordnung nicht als Abzugsposten von den Mieteinnahmen berücksichtigt. Dies entspricht auch den Wertungen des SGB II. Die Tilgungsleistungen für die vermieteten Wohnungen dienen dazu, die Schulden zu mindern und damit im Ergebnis das Vermögen der Hilfebedürftigen zu mehren. Durch die Reduzierung der Schulden erhöht sich das Vermögen aus dem Grundeigentum. Denn dieses stellt den Wert des Grundstückes abzüglich der dinglich gesicherten Verbindlichkeiten dar. Die betreffenden Tilgungsleistungen müssen zwar vertraglich von den Antragstellern aufgebracht werden, die Antragsteller erhalten aber den oben dargestellten Wertzuwachs. Dies entspricht wohl auch der allgemeinen Meinung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008 - L 28 B 289/08 AS ER -; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rn. 236; Hohm/Klaus in GK-SGB II; Hrsg. Hohm, § 11 Rn. 132).

Nach alledem können die Antragsteller für März 2011 keinen höheren Anspruch als den ihnen bewilligten Gesamtanspruch von 12,76 EUR beanspruchen. Nichts anderes gilt auch für Monat April 2011. Insoweit liegen keine geänderten Einkommensverhältnisse vor. Auch die Anwendung der Änderungen in § 11 ff. SGB II zum 1. April 2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 24.3.2011 wirkt sich nicht zu Gunsten der Antragsteller aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG entsprechend.

Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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