L 10 KR 58/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 13 KR 219/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 10 KR 58/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Dezember 1995 bis 30. Juni 1996 versicherungspflichtig bei der Firma T. Fußbodenbau GmbH (im Folgenden T.) beschäftigt war.

Der 19 geborene Kläger betrieb in M. in der Rechtsform einer GmbH Bodenverlegung. Die GmbH geriet 1995 in Gesamtvollstreckung. Der Kläger trat mit den geschäftsführenden Gesellschaftern der in B. ansässigen T., den Zeugen S. und T., in Kontakt. Diese Gesellschaft hatte sich bis dahin ausschließlich mit Estrichverlegung befasst. Am 1. Dezember 1995 gründete sie in M. eine Filiale mit dem Betriebszweck Bodenverlegung. Der Auftragsbestand, das Personal, das Lager in der Lübecker Straße und das Werkzeug der Firma des Klägers wurden von der T. übernommen. Der Kläger selbst war ab dem 1. Dezember 1995 für diese T.-Filiale tätig. Dabei wohnte er unentgeltlich in dem von der T. angemieteten Haus, in dem sich auch die Büroräume der Niederlassung befanden und benutzte kostenlos einen der T. übereigneten PKW, der zuvor seiner GmbH gehört hatte.

Unter dem 15. Juli 1996 rechnete er gegenüber der T. für die streitige Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. Juni 1996 pauschal für eine "Außendiensttätigkeit in ihrem Unternehmen" 24.000,43 DM ab. Unter dem gleichen Datum schloss er mit der T. einen Arbeitsvertrag, wonach er ab dem 1. Juli 1996 als Filialleiter für die Niederlassung M. zu einer Vergütung in Höhe von 4.000,00 DM tätig werden sollte. Unter § 2c des Vertrages wurde eine Tantieme in Höhe von 20% des Reingewinns der Niederlassung in dem betreffenden Kalenderjahr vereinbart. Ausdrücklich einbezogen war damit auch der Gewinn in der hier umstrittenen Zeit. Hinzu kam das Nutzungsrecht an dem (früher der GmbH des Klägers gehörenden) PKW im Wert von 420,00 DM (vgl. die Lohnabrechnung von November 1996) sowie weitere 790,00 DM für die "Unterkunft", die der Kläger bewohnte. Insgesamt ergaben sich damit Bruttobezüge von 5.210,00 DM. Netto errechnete sich nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung und 1.210,00 DM für die "Kfz-Nutzung" sowie 357,00 DM aufgrund einer "Pfändung" ein Auszahlungsbetrag von 1.375,33 DM.

Unter dem 26. März 1997 kündigte die T. dem Kläger fristlos, d. h. mit sofortiger Wirkung. Zur Begründung heißt es u. a., der Kläger sei wiederholt im Januar 1997 und in der Folgezeit vorsätzlich der Arbeit fern geblieben. Die Schlüssel für die Betriebswohnung und den dienstlich verwendeten Pkw seien herauszugeben.

Unter dem 22. August 1999 erstattete der Kläger gegenüber dem Finanzamt B. eine "Anzeige über Scheinselbständigkeit" für den hier streitigen Zeitraum. Er habe auftragsgemäß ab dem 1. Dezember 1995 für die T. eine Niederlassung in M. aufgebaut. Es sei vereinbart gewesen, dass er ab dem 1. Dezember 1995 einen ordentlichen Arbeitsvertrag erhalte. Dies könne Frau K. bestätigen. Die anderen Produktivkräfte der Niederlassung hätten einen solchen Arbeitsvertrag erhalten. In den folgenden Monaten habe er auf den Abschluss des Vertrages gedrängt, der ihm auch ständig zugesichert worden sei. Im Juni 1996 habe man ihm dann erklärt, dass man ihn nicht mehr rückwirkend anstellen könne, da das zuviel Ärger mit dem Finanzamt und den Sozialversicherungsträgern geben würde. Ihm sei zusätzlich mitgeteilt worden, dass er als Privatperson bis zu 30.000,00 DM netto einnehmen dürfe, ohne dies dem Finanzamt gegenüber erklären zu müssen. Erst später habe er Kenntnis davon erhalten, dass dies unrichtig gewesen sei. Da er in der Zeit vom 1. Dezember 1995 bis 30. Juni 1996 bezugslos gewesen sei, habe er aus der Barkasse der Niederlassung jeden Monat Beträge in Höhe von etwa 1.300,00 DM entnommen. Man habe sich schließlich darauf geeinigt, dass er für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. Juni 1996 4.000,00 DM pro Monat inklusive Umsatzsteuer abrechnen könne; dies habe er im Weiteren auch getan. Diese Rechnung sei nicht vollständig bezahlt worden, weshalb er die Auffassung vertrete, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 3.130,43 DM von ihm nicht abzuführen sei.

Eine Durchschrift dieses Schreibens sandte der Kläger unter dem 14. September 1999 an die beklagte Krankenkasse. Er habe 1995 Verhandlungen mit der T. zwecks Gründung einer Niederlassung in M. aufgenommen. In diese Niederlassung habe er neben einigen Aktiva seiner ehemaligen GmbH auch das komplette Personal eingebracht. Der Kaufpreis für den eingebrachten Pkw und der vereinbarte Mietzins für das Werkzeug seien bis heute nicht bezahlt worden.

Die Beklagte nahm daraufhin im Juni 2000 Rücksprache mit Frau L. (einer früheren Mitarbeiterin der T.) und dem Zeugen T. (dem ehemaligen Geschäftsführer der T.). Nach deren Angaben hatte der Kläger den Auftrag, eine Niederlassung in M. aufzubauen. Er habe Neuaufträge beschaffen und Kunden betreuen sollen. Die Mitarbeiter seien von Herrn T. eingestellt worden. Frau K. sei mit der Leitung des Büros beauftragt gewesen. Der Kläger habe alle organisatorischen Angelegenheiten erledigt. Die Rechnungslegung sei in B. in der Hauptniederlassung erfolgt. Während des Aufbaus sei kein hauptberuflicher Niederlassungsleiter erforderlich gewesen; Herr T. sei regelmäßig in M. gewesen. Es sei nicht gewollt gewesen, den Kläger bereits ab dem 1. Dezember 1995 einzustellen. Als Selbständiger habe er auch weiterhin Umsatzsteuer gezahlt. Als die Aufträge zunahmen, sei er eingestellt worden, um Herrn T. zu entlasten.

Die benannte Frau K. gab im Weiteren nach einem Telefonvermerk vom 11. Oktober 2000 an, sie könne zu dem streitigen Sachverhalt nicht viel sagen, weil sie selbst erst ab dem 15. Dezember (das Jahr ist nicht vermerkt) eingestellt worden sei. Der Kläger habe Prognosen sowie Kosten- und Erlösrechnungen für die Niederlassung erstellt, Aufträge beschafft, die Baustellen betreut und die Arbeitskräfte bei Bodenbelägen eingewiesen. Die Rechnungen habe sie nach seiner Weisung erstellt.

Unter dem 15. November 2000 teilte der Zeuge T. der Beklagten mit, der Kläger habe vor dem 1. Juli 1995 (seiner Anstellung) der T. diverse Aufträge beschafft, weshalb er für diese Tätigkeit auch die Umsatzsteuer in Rechnung gestellt habe.

Mit Bescheid vom 25. April 2001 stellte die Beklagte fest, dass es sich bei der Tätigkeit in dem streitigen Zeitraum nicht um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt habe. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 4. Januar 2002 zurückwies. Zur Begründung führte sie u. a. aus, es sei unverständlich, dass der Kläger nach Ablauf mehrerer Jahre seine Tätigkeit nun völlig anders einschätze. Es liege eine Tätigkeit als Handelsvertreter nach § 84 Handelsgesetzbuch (HGB) vor. Aufgabe des Klägers sei es gewesen, Aufträge zu beschaffen und die neuen Vertragspartner zu betreuen. Dies hätte nahe gelegen und sei plausibel, da der Kläger auf Grund der zuvor in dieser Branche ausgeübten selbständigen Tätigkeit genügend Erfahrung, Kenntnisse und Kontakte besessen habe. Aufträge oder Weisungen habe er den Mitarbeitern der T. nicht erteilen können. Er habe im Wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten können und seine Arbeitszeit selbst bestimmt. Er habe nicht dem Weisungsrecht des Auftraggebers unterlegen.

Hiergegen hat der Kläger am 23. September 2002 Klage erhoben und seinen bisherigen Vortrag weiter vertieft. Er hat behauptet, der Widerspruchsbescheid sei ihm erst am 14. September 2002 zugegangen. Er hat weiter vorgetragen, er sei nicht ausschließlich mit der Vermittlung von Aufträgen beschäftigt gewesen, sondern vielmehr mit der Realisierung von Bauvorhaben, Neuakquise und Kundenbetreuung; dabei sei er den Weisungen der T. unterstellt gewesen. Das Tätigkeitsfeld, welches er in der späteren Zeit ausgeübt habe, habe dem entsprochen, in welchem er zuvor bereits tätig geworden sei. Der einzige Unterschied habe darin bestanden, dass er ab dem 1. Juli 1996 nachweislich als Arbeitnehmer geführt worden sei.

Die beigeladene Bundesagentur für Arbeit hat auf ein Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Februar 2001 - L 2 AL 65/99 - hingewiesen. Danach sei der Kläger im hier streitigen Zeitraum nicht versicherungspflichtig tätig gewesen. Gegen ein Arbeitsverhältnis in dem hier streitigen Zeitraum spreche auch, dass der Kläger noch am 23. August 1998 in einem Brief an Frau K. ausgeführt habe, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 1. Juli 1996 zustande gekommen sei.

Frau K. hat gegenüber dem Sozialgericht angegeben, zu den Aufgaben des Klägers hätten ab Gründung der Niederlassung am 1. Dezember 1995 die Auftragsakquise, Angebotsbearbeitung, Baustelleneinrichtung, Materialbedarfsermittlung, das Erstellen des Verlegeplans sowie die Abrechnungsüberwachung gehört. Eine Änderung der Aufgaben ab 1. Juli 1996 hat sie verneint. Da der Kläger nur ein sehr geringes Gehalt bezogen hätte, sollte er am Gewinn der Bodenbelagsarbeiten beteiligt werden. Er hätte sich ständig seine Gelder ausgerechnet, die er erwartet hätte. Ein eigenes Unternehmerrisiko des Klägers vor dem 1. Juli 1996 sei ihr nicht bekannt. Vor dem 1. Juli 1996 hätte er seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit selbst bestimmt, da die Geschäftsführer der T. bislang nur Estricharbeiten ausgeführt hätten und der Kläger seine Erfahrungen aus der Bodenbelagsbranche einbringen konnte. Er hätte jedoch dem Weisungsrecht der Geschäftsführer unterlegen. Der Kläger sei in der Zeit vor dem 1. Juli 1996 zu unterschiedlichen Zeiten ins Büro gekommen, so dass sie nicht sagen könne, wie seine Arbeitszeit gewesen sei. Er sei auch schon vor dem 1. Juli 1996 in die Arbeitsorganisation der T. eingegliedert gewesen. Personalfragen seien direkt mit der Hauptniederlassung der T. geregelt worden. Einen monatlich festen Betrag als Arbeitsentgelt hätte der Kläger nicht erhalten, sondern sich selbst bedient. Er hätte Beträge unterschiedlicher Höhe aus der Kasse entnommen und einen Zettel mit Unterschrift als Nachweis hineingelegt. Sein Gehalt hätte netto 1.333,39 DM betragen ("Pfändungsfreigrenze").

Unter dem 19. Dezember 2006 hat der Zeuge T. in einem Schreiben an das Sozialgericht ausgeführt, der Kläger habe vor dem 1. Juli 1996 auf Honorarbasis gearbeitet. In diesem Zeitraum habe er ein eigenes Unternehmerrisiko getragen. Er sei selbstbestimmt tätig gewesen. Er habe in der Zeit vor dem 1. Juli 1996 weder feste Arbeitszeiten gehabt noch sei er in die Arbeitsorganisation der T. eingegliedert gewesen. Der Kläger sei mit der "Beschaffung von Aufträgen" und "Beaufsichtigung der Arbeiten" betraut gewesen. Diese Aufgaben und der Urlaub seien abgestimmt worden.

Mit Urteil vom 24. Mai 2007 hat das Sozialgericht Magdeburg antragsgemäß der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Dezember 1995 bis 30. Juni 1996 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Zur Begründung hat sich das Sozialgericht im Wesentlichen auf die Angaben von Frau K. und ergänzend des Zeugen T. gestützt. Selbst dieser habe angegeben, der Kläger sei ab dem 1. Dezember 1995 als "Niederlassungsleiter" mit der "Beschaffung von Aufträgen, Beaufsichtigung der Arbeiten" beschäftigt gewesen. Bereits vor dem 1. Juli 1996 sei auch nach den Angaben des Zeugen T. eine Abstimmung des Urlaubs mit den Geschäftsführern der T. erfolgt.

Gegen die ihr am 14. August 2007 zugestellte Entscheidung hat die Beigeladene zu 1) - die Bundesagentur für Arbeit - am 10. September 2007 Berufung eingelegt und ihren bisherigen Vortrag vertieft. Ergänzend hat sie ein Schreiben des Klägers vom 1. Juli 1997 vorgelegt, in dem es heißt, das Dienstverhältnis könnte erst zum 1. Juli 1996 und nicht wie ursprünglich vereinbart zum 1. April 1997 beginnen, da der Arbeitsvertrag nicht rechtzeitig zur Vorlage gekommen sei. Auf Nachfrage des Senats hat die Beigeladene zu 1) mitgeteilt, dass der Kläger am 27. August 2007 einen Antrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) mit dem Ziel gestellt habe, höhere Arbeitslosenhilfe zu erhalten.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. Mai 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und betont, dass ihm Wohnung und Pkw bereits seit November 1995 zur Verfügung gestellt worden seien.

Der Zeuge D. hat telefonisch gegenüber dem Berichterstatter angegeben, er sei ehemals Fußbodenleger bei der T. gewesen. Der Kläger sei vor dieser Zeit (d.h. vor seiner Tätigkeit bei T.) sein Chef gewesen. Dieser habe damals eine Baustelle - seiner Erinnerung nach in L. - gehabt. Der Kläger habe die Arbeitnehmer seiner Firma aber häufiger nicht bezahlen können, da die Bauherren ihm selbst das Geld nicht gezahlt hätten. Daher seien sie damals von der T. übernommen worden; diese habe sie aufgekauft. Er und der Kläger seien dann gemeinsam zur T. gegangen. Sie hätten beide für diese gearbeitet. Was allerdings der Kläger mit der T. "gekungelt" habe, könne er nicht sagen. Verträge habe er insoweit nie gesehen. Der Kläger sei aber von Anfang an dabei gewesen. Irgendwelche Änderungen in der Tätigkeit des Klägers für die T. seien ihm nicht erinnerlich.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T., S. und D.; ferner hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2011 ausführlich die damaligen Vorgänge geschildert. Wegen des Beweisergebnisses und der Angaben des Klägers wird auf das Protokoll dieser Sitzung verwiesen.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat angesichts der schwierigen Tatsachenfeststellungen mit der Vernehmung von drei Zeugen und den erwartbaren umfangreichen Erläuterungen des Klägers beschlossen, von dem Einverständnis der Beteiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter allein keinen Gebrauch zu machen.

Da die seit 1998 insolvente und vollständig liquidierte T. nach den Angaben der ehemaligen Geschäftsführer und Liquidatoren S. und T. über kein Vermögen mehr verfügt und die Beteiligten keine anderen Erkenntnisse haben, hat der Senat die Beiladung dieser Firma aufgehoben.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet, denn das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

I.

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Hierfür besteht auch ein Feststellungsinteresse. Bei Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung hat der Kläger nach einem Zugunstenverfahren gemäß § 44 SGB X ab dem 11. April 1997 anstelle der bisher gewährten Arbeitslosenhilfe grundsätzlich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld und nachgehend auf höhere Arbeitslosenhilfe bis längstens 31. Dezember 2004. Eine Beitragszahlung ist nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht erforderlich, um Leistungsansprüche zu erwerben (Coseriu/Jakob in Beck-online-Kommentar § 123 SGB III Rn. 6). Die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X steht dem nicht für den gesamten Zeitraum entgegen.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. April 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 2002 ist rechtmäßig. Der Senat kann nicht feststellen, dass der Kläger im streitigen Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen ist. Dies geht zu Lasten des Klägers. Die Feststellungslast für die Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, trägt allgemein derjenige, der sich auf Versicherungspflicht beruft (BSG 7.12.1989 - 12 RK 7/88, Juris; BSG 21.6.1990 - 12 BK 10/90, Die Beiträge 1990, 346; BSG 29.9.1998 - B 1 KR 10/96 R, SozR 3-2500 § 5 Nr. 40; BSG 4.12.1997 - 12 RK 3/97, BSGE 81, 231, 240). Dies ist hier der Kläger.

1.

Gemäß § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltpunkte sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl nur BSG, 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, Juris) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.

Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Durchführung der Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, 8.8.1990 - 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S 14, BSG 8.12.1994 - 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 S 45). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG 1.12.1977 - 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199, 200 ff = SozR 2200 § 1227 Nr. 8; BSG, 10.8.2000 - B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 15 S 46, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (hierzu insgesamt BSG 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R, ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149).

2.

Bei Anlegung dieses Maßstabes lässt sich auch nach umfangreicher Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung aller Umstände nicht feststellen, dass der Kläger im Streitzeitraum vom 1. Dezember 1995 bis zum 30. Juni 1996 abhängig beschäftigt war. Die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls sprechen im Gegenteil eher dafür, dass der Kläger seine GmbH faktisch fortführen wollte und sich dazu der T. - quasi als Strohmann - bediente, da er persönlich seine GmbH wegen der Insolvenz rechtlich nicht fortführen konnte. Im Ergebnis liegt es insgesamt nahe, dass der Kläger im Streitzeitraum bezogen auf die M.er Niederlassung der T. die Rechtsstellung eines atypischen stillen Gesellschafters inne hatte, der in Bezug auf diese Niederlassung an Gewinn und Verlust beteiligt war und ihre Geschicke maßgeblich wie ein selbständiger Unternehmer beeinflusst hat (vgl. zu dieser gesellschaftsrechtlichen Konstellation näher BSG 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 m.w.N.). Zwar kann daneben ein Beschäftigungsverhältnis vorliegen; hierfür liegen aber keine ausreichenden Anhaltspunkte vor. Gegen ein Beschäftigungsverhältnis sprechen die zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen bzw. ihre eigenen, jedenfalls damaligen Einschätzungen (dazu a) und die tatsächlichen Verhältnisse, wonach der Kläger faktisch ein wirtschaftliches Risiko trug sowie Leitungsmacht (Weisungsrecht) in Bezug auf die M.er Niederlassung inne hatte. Der Kläger hat fast alle Betriebsmittel, die Arbeitnehmer, die Kundenbeziehungen und den Auftragsbestand eingebracht. Im Innenverhältnis sowohl zu den Geschäftsführern der T. als auch gegenüber den Mitarbeitern dieses Unternehmens in M. handelte der Kläger wie ein Selbständiger. Faktisch handelte es sich bei dieser Niederlassung nicht um einen für den Kläger "fremden" Betrieb, in dem er tätig war (zu alledem b).

a)

Die feststellbaren Vereinbarungen der Vertragsparteien und ihre eigene Einschätzung sprechen eher für eine selbständige Tätigkeit des Klägers im Streitzeitraum.

Eine feststellbare Vereinbarung haben die Vertragsparteien erstmals mit dem Arbeitsvertrag vom 15. Juni 1996 getroffen. Danach haben sie für die Zeit ab dem 1. Juli 1996 ein Arbeitsverhältnis begründet. Dies spricht indiziell dafür, dass sie ihr Rechtsverhältnis für den - davor liegenden - Streitzeitraum, nicht auf die Grundlage eines Arbeitsvertrages stellen wollten.

Für den Streitzeitraum liegen demgegenüber schriftliche Abreden nicht vor, mündliche wurden jedenfalls nicht ausdrücklich getroffen, zumindest ließen sie sich nicht feststellen. Damit existierte rechtlich keine Möglichkeit, dem Kläger Weisungen zu erteilen. Der Kläger sprach in seiner Anhörung vor dem Senat von einer "verdeckten Übernahme" und hat seine umstrittene Tätigkeit mindestens bis in das Jahr 2001 hinein als selbständige Tätigkeit angesehen, wie das von der beigeladenen Arbeitsagentur zitierte Urteil des Landessozialgerichts vom 8. Februar 2001 (L 2 AL 65/99) belegt, in dem es um die Gewährung von Arbeitslosengeld ging. Erst elf Jahre nach Ablauf des Streitzeitraums hat der Kläger insoweit bei der Arbeitsagentur einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt, um aufgrund seiner nunmehr anderen Einschätzung des Rechtsverhältnisses nachträglich höhere Arbeitslosenhilfe verlangen zu können. Im Einklang mit der ursprünglichen Einschätzung des Klägers steht die von ihm für den Streitzeitraum in Rechnung gestellte "Außendiensttätigkeit" unter Berücksichtigung von Umsatzsteuer. Auch wenn der Kläger ohne Zweifel keine bloße Außendiensttätigkeit ausgeübt, sondern die Niederlassung insgesamt geleitet hat, spricht diese Abrechung dafür, dass die Parteien seine Tätigkeit damals als selbständig angesehen haben.

Der Zeuge S. gab in seiner Vernehmung vor dem Senat an, dass man es sich auf Seiten der T. so vorgestellt habe, dass der Kläger "den Laden weiterführt und quasi "unser Mann in M." war." Über diese Angabe hinaus vermochte er sich beharrlich nicht daran zu erinnern, was damals vereinbart worden ist.

Der Zeuge T. gab in seiner Vernehmung vor dem Senat an, gewusst zu haben, dass der Kläger zuvor selbständig gewesen sei. Man habe mit ihm verhandelt, wie man es machen könnte. Der Kläger habe seine Vorstellungen genannt, die Firma T. die ihren, dann habe man sich angenähert und einen Kompromiss gefunden. Auch der Zeuge T. blieb jedoch dabei, nicht mehr zu wissen, was vereinbart worden ist. Eine Strohmannfunktion der Fa. T. in Bezug auf die Geschäfte des Klägers stellte er zwar in Abrede. Zugleich hat er aber die Tätigkeit des Klägers im Streitzeitraum als selbständig betrachtet. Dies folgt sowohl aus seinen Angaben im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten als auch aus seiner Aussage vor dem Senat. Soweit er dies dort auf einen Zeitraum von wenigen Wochen beschränkt hat, während der Streitzeitraum sieben Monate umfasst, misst der Senat dem angesichts der bereits verstrichenen Zwischenzeit von rund 15 Jahren keine Bedeutung bei. Ein anderer möglicher Zeitpunkt einer Änderung in den Beziehungen des Klägers zur T. als diejenige der Begründung des Arbeitsverhältnisses zum 1. Juli 1996 ist nicht erkennbar.

Auch die übrigen Umstände sprechen eher für eine gleichberechtigte Teilhabe des Klägers an den Geschicken der M.er Niederlassung als für seine abhängige Beschäftigung dort.

Auf der einen Seite hatte der Kläger bis unmittelbar vor dem Streitzeitraum in M. eine eigene Bodenlegerfirma in der Rechtsform einer GmbH betrieben, die in Gesamtvollstreckung geriet. Aus dieser Betätigung verfügte er persönlich noch über erhebliche wirtschaftlich verwertbare Güter in Form von Werkzeugen, angemieteten Lagerräumen, Kundenbeziehungen nebst Aufträgen, "Know how" (insbesondere auch in Gestalt seiner ehemaligen Arbeitnehmer), Beziehungen zu Lieferanten etc. Einer eigenständigen Verwertung dieser Güter stand der Zugriff seiner Gläubiger entgegen, dem nicht nur die insolvente GmbH, sondern auch er selbst ausgesetzt war, wie die Pfändung seines Entgelts bei der Fa. T. später zeigte. Für die wirtschaftliche Verwertung dieser fortbestehenden "Aktiva" bedurfte der Kläger eines anderen nach außen auftretenden Rechtsträgers, der allerdings insolvenzbedingt sowie zur Vermeidung der Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den vormaligen Betrieb des Klägers nicht einfach übernehmen konnte, sondern einen neuen Betrieb gründen musste, in den der Kläger seine Aktiva einbrachte. Diesen Vorgang hat der Kläger mit dem Ausdruck "verdeckte Übernahme" unter "Einbeziehung" der T. sinngemäß richtig umschrieben.

Auf der anderen Seite steht die Fa. T., die als Rechtsträger für die M.er Niederlassung fungieren sollte, ohne selber in deren Geschäftszweig und in dieser Region bislang tätig gewesen zu sein. T. konnte auf diese Weise an der wirtschaftlichen Verwertung der beim Kläger weiterhin vorhandenen Aktiva partizipieren. In Ermangelung eigener Kenntnisse über die Gegebenheiten der Bodenlegerbranche in M. und ohne Einsatz nennenswerter eigener Betriebsmittel war T. hierfür vollständig auf eine Zusammenarbeit mit dem Kläger angewiesen.

Diese Sachlage spricht daher stark für ein zumindest gleichberechtigtes Engagement des Klägers und der T. in Bezug auf die M.er Niederlassung im Streitzeitraum. Damit steht die eigene Bewertung der Vertragsparteien im Einklang, wie sie vor dem Senat geäußert wurde (Kläger: "verdeckte Übernahme; Zeuge S.: Der Kläger habe "den Laden weitergeführt").

b)

Auch die tatsächliche Abwicklung der Rechtsbeziehungen spricht eher für eine zumindest gleichberechtigte Teilhabe des Klägers an den Geschäften der M.er Niederlassung als für abhängige Beschäftigung.

aa)

Der Kläger hat anders als ein abhängig Beschäftigter ein erhebliches wirtschaftliches Risiko in Bezug auf die M.er Niederlassung getragen.

Er dürfte bezogen auf die M.er Niederlassung den Großteil der Investitionen aufgebracht haben. Nach seinen eigenen Angaben hat er Lagereinrichtungen, ein Hochregallager, eine Eintellerschleifmaschine, Schweißgeräte etc., den Pkw und Materialien in die Niederlassung mit eingebracht. Den Wert bezifferte er selbst mit 30.000,00 bis 40.000,00 DM. Ferner hat er zumindest in der Anfangszeit mit eigenem Geld die Büromöbel gekauft und Geld in die Kasse der Niederlassung gelegt, um den normalen Betrieb zu ermöglichen. Fast alle Betriebsmittel stammten damit aus dem Vermögen des Klägers. Dies steht im Einklang mit der Aussage des Zeugen T. vor dem Senat, dass man - von Ausnahmen abgesehen - mit den Mitteln des Klägers gewirtschaftet habe, insbesondere mit seinem Regal und seinem Werkzeug. Hinzu kamen "Good will" und "Know how" aus der zahlungsunfähigen GmbH des Klägers in Form seiner eigenen Person, des eingearbeiteten Personals und dessen Fachwissen, der Kundenbeziehungen und insbesondere des Auftragsbestandes. Der Wert des Letzteren erschließt sich u. a. daraus, dass nach der damaligen Aufstellung des Klägers die Niederlassung schon im ersten Monat (Dezember 1995) einen Reingewinn von 37.453,97 DM machte (Bl. 54 d. VA der Beigeladenen zu 1).

Das Verlustrisiko des Klägers in Bezug auf diese Werte im Falle einer Insolvenz der T. hat sich im Weiteren auch realisiert, denn der Kläger hat seine Investitionen nach seinem Ausscheiden überwiegend nicht zurückerhalten.

Dem steht auf Seiten der T. nur ein sehr geringes bzw. gar kein finanzielles Engagement in der Niederlassung M. gegenüber. So hat der Zeuge S. auf die Frage des Senats, ob man in die Niederlassung Geld investiert habe, zunächst länger geschwiegen und anschließend ausgeführt, dies könne er nicht mehr sagen. Nach den Angaben des Klägers hatte die T. zunächst nicht einmal das Notwendigste wie etwa Geld für die Portokasse bereitgestellt, was in deutlichem Gegensatz zu den finanziellen Einlagen des Klägers steht. Zwar zahlte die T. im Weiteren Geld in die Kasse der Niederlassung; dies stammte aber offensichtlich aus den inzwischen getätigten Umsätzen bzw. den erzielten Gewinnen, die der Kläger damals für das Jahr 1996 mit fast 95.000,00 DM beziffert hat (vgl. seine Auflistung Bl. 54 d. VA der Beigeladenen zu 1) und insbesondere das Schreiben seines Rechtsanwaltes Kaufmann vom 9. April 1997).

Das wesentliche Engagement der T. bestand offenbar in der Übernahme der Außenhaftung. Wie sehr sie sich aber auch dabei zurückhielt wird daran deutlich, dass sie nicht oder kaum jemals die Miete für die Wohnung des Klägers und die angrenzenden Büroräume gezahlt hat. Denn zum 27. Februar 1997 waren nach rund 14 Monaten Mietdauer Rückstände in Höhe von 21.485,75 DM angefallen, weshalb das Mietverhältnis fristlos gekündigt wurde. Hierzu hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dies entspräche ungefähr dem Mietzins für den gesamten Mietzeitraum. Unterstellt man, dass die Miete des Büros (mit einer Angestellten) ungefähr gleich hoch war wie die für die Wohnung des Klägers, ist dies rechnerisch schlüssig (790,00 DM [Miete der Wohnung]- 14 [Monate] - 2 = 22.120,00 DM). Ähnlich hat die T. nach dem Vortrag des Klägers den Kaufpreis für den eingebrachten Pkw und den vereinbarten Mietzins für das Werkzeug nie bezahlt. Bezogen auf die M.er Niederlassung hatte die T. somit deutlich weniger investiert als der Kläger.

Der Kläger verhielt sich in dem streitigen Zeitraum zum großen Teil wie ein Betriebsinhaber. So hat er nach eigenen Angaben, weil die Firmenkasse aufgrund fehlenden Startkapitals seitens der T. leer war, dort zunächst eigenes Geld hineingelegt. Weiter hat er das Büro mit eigenen Mitteln selbst eingerichtet. Nachdem im Weiteren die Kasse gefüllt wurde, hat der Kläger mit Wissen und Wollen der T. wie ein Betriebsinhaber regelmäßig in die Kasse gegriffen und so seinen Lebensunterhalt finanziert. Dies sind Handlungen und Gestaltungsmöglichkeiten eines Selbständigen. Es zeigt sich ein erhebliches Eigeninteresse an dem Betrieb, welches weit über das hinausgeht, welches ein Beschäftigter auch in herausgehobener Position hat. Dies ist kennzeichnend für einen Selbständigen und unterstreicht das laufende Risiko des Klägers und seine Abhängigkeit vom finanziellen Erfolg der Niederlassung. Umgekehrt war der Kläger in diesem Zeitraum mangels Arbeitsvertrages und Anmeldung bei den Sozialversicherungsträgern zumindest aus seiner damaligen Sicht nicht abgesichert.

An dem wirtschaftlichen Risiko des Klägers änderten auch die späteren vertraglichen Abreden nichts. In dem ab dem 1. Juli 1996 geltenden Arbeitsvertrag wurde dem Kläger zwar eine Tantieme zugebilligt, die auf Basis des gesamten bisherigen Gewinns der Niederlassung M. berechnet werden sollte. In dieser Abrede kommt jedoch nicht das wirtschaftliche Risiko des Klägers im Streitzeitraum zum Ausdruck. Etwaige Verluste hätten vielmehr insbesondere auch den Kläger mit seinen eingebrachten Aktiva betroffen. Auch spiegelt die Tantiemeregelung nicht die tatsächliche Beteiligung des Klägers an den Gewinnen im Streitzeitraum wieder, da sie weder die Nutzung von Wohnung und Pkw noch die Entnahmen des Klägers noch seine Abrechnung über die "Außendiensttätigkeit" in Höhe von 24.000,00 DM berücksichtigt. Es handelt sich vielmehr lediglich um die Gewährung eines von den Vertragspartnern nachträglich als angemessen angesehenen zusätzlichen Gewinnanteils.

bb)

Der Senat konnte ferner nicht feststellen, dass auf Seiten der Geschäftsführer der T. im Streitzeitraum gegenüber dem Kläger ein faktisches Weisungsrecht bestanden hat, wie es für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis kennzeichnend ist. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass das Weisungsrecht - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein kann (BSG, 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R, HVBG-INFO 2001, 949).

Dass eine entsprechende Rechtsmacht zur Erteilung von Weisungen (vgl. zu deren Bedeutung BSG 8.81990 - 11 RAR 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG 8.12.1994 - 11 RAR 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18) nicht besteht oder jedenfalls nicht festgestellt werden kann, hat der Senat bereits oben unter a) ausgeführt.

Tatsächlich hat der Kläger die Niederlassung nahezu ohne Einfluss der T. geführt. Dies wird zunächst durch die Aussagen des Zeugen D. bestätigt, wonach der Kläger weiterhin sein "Chef" gewesen sei und er selbst die Geschäftsführer der T. praktisch nie gesehen habe. Der Zeuge S. hat ausgesagt, nicht oft in M. gewesen zu sein. Wenn es sich habe vermeiden lassen, sei er nicht dagewesen. Insgesamt habe er sechs bis sieben Mal die Niederlassung besucht, insbesondere in der Zeit, als es "drunter und drüber" ging, d.h. in dem hier nicht mehr streitigen Abschnitt. Zumeist sei er zusammen mit dem Zeugen T. dort gewesen. Auch aus der Aussage des Zeugen T. ergibt sich keine stärkere Einmischung der Geschäftsführer in die Führung der M.er Niederlassung. Dem Zeugen war offenbar nicht einmal bekannt, dass der Kläger eine Dienstwohnung hatte, die direkt mit dem Büro der Niederlassung zusammenhing. Dies spricht dafür, dass er sich kaum jemals dort aufgehalten hat. In die gleiche Richtung weist die weitere Aussage des Zeugen S., man habe "zumindest später versucht", Einfluss auf die Geschicke der Niederlassung zu nehmen; man habe "eigentlich ausreichend mit dem Estrich zu tun gehabt". Dies kann nur so verstanden werden, dass der Kläger zumindest zu Beginn seiner Tätigkeit und damit in dem Streitzeitraum agieren konnte wie er wollte und keinen Weisungen unterlag. Damit steht die Angabe des Zeugen in Einklang, man habe sich vorgestellt, dass der Kläger "den Laden weiterführt und quasi "unser Mann in M." war". Dies passt zu der Erklärung des Klägers, wonach im streitigen Zeitraum kaum Abmachungen bestanden und die Geschäftsführer gesagt hätten, "lass den mal machen".

Die Auskunft von Frau K. steht dem nicht entgegen. Gegenüber dem Sozialgericht hat sie angegeben, der Kläger habe seine Arbeitszeit und seine Tätigkeit im umstrittenen Zeitraum selbst gestaltet. Zwar hat sie hinzugefügt, dass er einem Weisungsrecht unterlegen habe. Diese Einschätzung hat sie jedoch nicht durch Tatsachenangaben unterlegt. Demgegenüber lässt sich feststellen, dass sie die Abmachungen zwischen dem Kläger und der T. nicht kannte. Anderenfalls wäre nicht zu erklären, dass nach ihrer Einschätzung der Kläger nur ein sehr geringes "Entgelt" erhalten habe. Davon kann in Anbetracht des Nutzungsrechts für Wohnung und Pkw sowie der Abrechnung von "Außendiensttätigkeit" in Höhe von 24.000,00 DM im Streitzeitraum nicht die Rede sein. Legt man die spätere Bewertung der Nutzungsrechte zugrunde, so lag das Entgelt im streitigen Zeitraum bei ca. 5.210,00 DM/Monat.

Auch die Behandlung von Urlaubsansprüchen steht der Weisungsfreiheit des Klägers nicht entgegen. Der Zeuge T. hat gegenüber dem Sozialgericht angegeben, der Kläger habe seinen Urlaub im streitigen Zeitraum mit den Geschäftsführern abgestimmt. Dies ist ein übliches Verfahren bspw. auch zwischen mehreren selbständigen Geschäftsführern. Im Übrigen hat der Kläger nach eigenen Angaben im gesamten Jahr 1996 keinen Urlaub genommen (vgl. sein Schreiben vom 21. Februar 1997 an die T.; Schreiben seines Rechtsanwaltes Kaufmann vom 28. Februar 1997 an das Arbeitsgericht; vgl. auch die späteren Lohnabrechnungen im Jahre 1996).

Weiterhin trat der Kläger auch nach außen im Wesentlichen allein für die Niederlassung auf, wenn für die T. Verträge zu schließen waren. Nach seinen Angaben hat er die Vereinbarungen mit den Auftraggebern persönlich ausgehandelt. Dass sie zunächst vom Zeugen T. gegengezeichnet wurden, ist dem Umstand geschuldet, dass die T. nach außen Vertragspartner war. Darin kommt nicht zum Ausdruck, dass der Zeuge T. ernstlich Einfluss auf die Geschäfte der Niederlassung genommen hätte, zumal er in Bezug auf den örtlichen Markt der Bodenbelagsbranche keine Kenntnisse hatte.

Eine Weisungsbefugnis zur Arbeitszeit des Klägers bestand nicht. Nach Angaben von Frau K. hat der Kläger vor dem 1. Juli 1996 seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit selbst bestimmt. Dies hat der Zeuge T. unter dem 19. Dezember 2006 schriftlich bestätigt.

Einem faktischen Weisungsrecht der Geschäftsführer der T. gegenüber dem Kläger hätte neben der fehlenden Rechtsgrundlage auch entgegengestanden, dass T. in Bezug auf die Führung der M.er Niederlassung vollständig auf die Zusammenarbeit mit dem Kläger angewiesen war. Er hatte die Verfügungsgewalt über das eingebrachte Werkzeug und über die noch offenen Kundenaufträge. Beides konnte der Kläger im Streitzeitraum jederzeit rechtlich und faktisch aus dem Betrieb der Niederlassung abziehen und seine Tätigkeit einstellen. In diesem Falle hätte die Niederlassung nicht weitergeführt werden können. Dies bestätigt die nachträgliche Entwicklung, wonach die T. die Niederlassung nach der fristlosen Kündigung des Klägers im Jahr 1997 alsbald schloss. cc)

Dass der Kläger faktisch in den Betrieb der M.er Niederlassung eingegliedert war, wie das Sozialgericht insoweit zutreffend festgestellt hat, spricht im vorliegenden Fall nicht für eine abhängige Beschäftigung im Streitzeitraum. Denn es lässt sich unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände gerade nicht feststellen, dass es sich dabei um einen fremden Betrieb gehandelt hat. Vielmehr spricht viel dafür, dass der Betrieb nur im Außenverhältnis der T. zugeordnet war, im Innenverhältnis der Kläger aber maßgeblicher Mitinhaber und damit im eigenen Betrieb tätig war. Wie dargelegt hat der Kläger fast alle Betriebsmittel, die Arbeitsnehmer, die Kundenbeziehungen und den Auftragsbestand in die Niederlassung eingebracht. Faktisch wurde der Betrieb seiner insolventen GmbH unter seiner Leitung, jedoch unter dem Namen der T. fortgeführt, die bislang in dieser Branche und in dem M.er Raum nicht unternehmerisch tätig war.

Hinzu kommt, dass die Niederlassung im gesamten Streitzeitraum getrennt von den übrigen Unternehmensteilen geführt wurde. Dies zeigt sich bereits daran, dass die Gewinne der Niederlassung eigenständig verbucht und abgerechnet wurden, da sonst die wohl stets angedachte und später auch realisierte Gewinnbeteiligung des Klägers nur an den Gewinnen der Niederlassung rechnerisch gar nicht möglich gewesen wäre. Die Niederlassung hatte auch nicht nur eigene Mitarbeiter, die soweit ersichtlich nur vom Kläger angeleitet wurden, sondern auch ein eigenes Büro in einer anderen Stadt. Plastisch ist hier die bereits erwähnte Aussage des Zeugen S., der Kläger habe "den Laden weitergeführt".

Für die Stellung eines Mitinhabers im Innenverhältnis spricht schließlich auch, dass der Kläger seine Tätigkeit im streitigen Zeitraum bereits beim Antrag auf Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe direkt nach seinem Ausscheiden aus der T. im April 1997 als die eines "Geschäftsführers" bezeichnete, sich also als gleichrangig gegenüber den Geschäftsführern des T. ansah. Für den darauffolgenden Zeitraum charakterisiert er sich dagegen in demselben Antrag in der nächsten Zeile als abhängig beschäftigter "Niederlassungsleiter".

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wurde zugelassen, weil Gründe hierfür vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG). Es handelt sich um einen Einzelfall. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die zitierten Entscheidungen des BSG geklärt, wobei sich der Senat diesen anschließt.
Rechtskraft
Aus
Saved