Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 8 KR 278/10 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 387/10 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
gen einstweiliger Anordnung
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom
8. September 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu
erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Beschwerdeverfahren, die vom Sozialgericht ausgesprochene Befristung der vorläufigen Übernahme der Kosten einer 24-Stunden-Kranken-beobachtung bis zur Entscheidung über den Widerspruch oder bis zum 30. September 2010, falls keine weitere ärztliche Verordnung über den 30. September 2010 hinaus erfolgt, aufzuheben bzw. diese Leistung ohne Befristung als Sachleistung zu gewähren, sowie die Antragstellerin mit einer Sitzwaage durch Stellung eines Leihgeräts auszustatten.
Die 1916 geborene Ast. ist bei der Antragsgegnerin (Ag.) gesetzlich versichert. Sie leidet an denen Folgen eines im November 2008 erlittenen Schlaganfalls sowie an einer arteriellen Hypertonie, einer dekompensierten Herzinsuffizienz, rezidivierender Elektrolytentgleisung mit Hyponatriämie und Hypokaliämie, Niereninsuffizienz und Gonarthrose beidseits. Die Ast. bezieht von der Pflegekasse Leistungen nach der Pflegestufe II.
Der behandelnde Arzt Dr. H. verordnete vom 16. Juli 2010 bis 30. September 2010 neben dem Anlegen von Kompressionsverbänden und Medikamentengabe auch eine 24 Stunden spezielle Krankenbeobachtung, sowie einmal tägliches Wiegen und außerdem einmal täglich, siebenmal wöchentlich Infusionen subkutan und Pulsoximetrie (erste Verordnung vom 13. Juli 2010).
Unmittelbar vor dieser Verordnung hatte sich in die Ast. vom 24. Juni 2010 bis 13. Juli 2010 in stationärer Behandlung des W.Krankenhauses St. M. befunden. Danach war nochmals vom 14. August 2010 bis 23. August 2010 eine stationäre Behandlung im Klinikum A-Stadt wegen Elektrolytentgleisung erforderlich.
Mit Bescheid vom 3. August 2010 bewilligte die Ag. die verordneten Injektionsleistungen, die Medikamentenabgabe sowie das An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe. Nicht bewilligt wurden die Infusionen subkutan bei Bedarf, die Kosten der Grundpflege bzw. hauswirtschaftlichen Versorgung sowie die spezielle 24-Stunden-Krankenbeobach-
tung. Die Übernahme der Kosten der Grundpflege bzw. hauswirtschaftlichen Versorgung wurden mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der AOK Pflegekasse abgelehnt. Die Infusionen subkutan bei Bedarf wurden abgelehnt, da es sich nach den Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege um keine Leistungen der häuslichen Krankenpflege handele. Ebenso wurde abgelehnt die spezielle 24-Stunden-Krankenbeobachtung, da diese Leistung nur verordnungsfähig sei, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich ist und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können oder wenn über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden festgestellt werden soll, ob die ärztliche Behandlung zuhause sichergestellt werden kann oder ob Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Zur speziellen Krankenbeobachtung gehörten auch die dauernde Erreichbarkeit der Ärztin oder des Arztes und die laufende Information der Ärzte oder des Arztes über Veränderungen der Vitalzeichen. Die allgemeine Krankenbeobachtung sei hingegen Bestandteil jeder pflegerischen Leistung. Nach den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sei die Notwendigkeit einer speziellen Krankenbeobachtung ohne detaillierte fachliche Begründung nicht nachvollziehbar, so dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Ausgewertet wurden die zur Beurteilung der Pflegestufe eingeholten Gutachten für die Pflegekasse.
Dagegen legte der Bevollmächtigte der Ast. mit Schreiben vom 11. August 2007 Widerspruch ein, mit der Begründung es sei nicht nachvollziehbar, wie der ärztliche Dienst ohne körperliche Untersuchung nur nach Aktenlage die Notwendigkeit der Krankenbeobachtung verneinen konnte.
Im weiteren Schreiben vom 23. August 2010 wurde auch die Übernahme der Kosten für eine Pulsoximetrie abgelehnt, da es sich nach den Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege um keine erstattungsfähigen Leistungen handele. Außerdem wurde gebeten, den Widerspruch ausführlich zu begründen.
Am 27. August 2010 beantragte die Ast. beim Sozialgericht Bayreuth den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Kosten der speziellen Krankenbeobachtung durch Gewährung einer spezialisierten Intensivpflegekraft bzw. eines Intensivpflegedienstes 24 Stunden täglich oder durch Finanzierung einer von der Ast. selbst beschafften, spezialisierten Pflegekraft. Vorgetragen wurde, dass zur Vermeidung von Krankenhausaufenthalten und von lebensbedrohenden Zuständen die intensive medizinische und pflegerische Überwachung in der Häuslichkeit der Ast. 24 Stunden täglich erforderlich sei. Die von der Ag. benannten Pflegedienste hätten nach Mitteilung keine 24- Stunden-Kranken- beobachtungen erbringen können, da diese Dienste keine Nachtbetreuung anbieten, sondern lediglich im Zwei-Schichtsystem arbeiten und in der Nacht nur eine telefonische Rufbereitschaft zur Verfügung stehe. Die Notwendigkeit dieser 24-Stunden-Krankenbeo-
bachtung sei aber durch die Verordnung der Hausärzte belegt, außerdem zeigten die erforderlichen stationären Behandlungen, dass es ohne die entsprechende Krankenbeobachtung zu lebensbedrohenden Zuständen, insbesondere zu einer Somnolenz komme. Die spezielle Krankenbeobachtung müsse über einen längeren Zeitraum durchgängig und kontinuierlich durch die gleiche Person erfolgen, da andernfalls die notwendige Zufuhr von Natrium nicht im gesundheitszuträglichen Umfang erfolgen könne, da die Ast. gleichzeitig an einer Herzinsuffizienz leide. Das bedeute, dass das Wechselspiel zwischen der notwendigen Salzzufuhr einerseits und notwendiger Entwässerung andererseits bei der multimorbiden Ast. eine kontinuierliche Anpassung der Medikamente erfordere und darum eine zeitlich lückenlose Beobachtungskontrolle der Vitalzeichen, körperliche Inspektion und Wiegens nötig sei. Der langjährige Hausarzt habe die ständige 24-Stunden-Krankenbeobachtung und Überwachung angeordnet. Außerdem gehe aus dem Entlassungsbericht des Krankenhauses A-Stadt hervor, dass diese 24- Stunden-Pflege notwendig sei. Auch sei die Gewährung einer Sitzwaage erforderlich, diese habe bereits im Arztbrief des W.Krankenhauses vom 12. Juli 2007 gestanden. Die Ast. sei auch nicht in der Lage, die Kosten der 24-Stunden-Krankenpflege vorzustrecken, zumal ein Antrag auf Eingliederungshilfe wegen Hilfe zur Pflege noch nicht verbeschieden sei. Wegen verschiedener Rechtsstreitigkeiten habe die Ast. auch Forderungen der Justizkasse zu erfüllen. Sie sei als betagte Person aufgrund von Machenschaften der früher bevollmächtigten Tochter unverschuldet in eine Notsituation geraten. Sie lebe seit ihrer Geburt in ihrem Haus, nehme am Leben in der Hausgemeinschaft teil, so dass eine stationäre Unterbringung zum Beispiel in einem Altenheim nicht infrage komme.
Die Ag. beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, da aus ihrer Sicht ein Anordnungsgrund nicht vorliege. Sie verweist dazu auf die Unterlagen des Medizinischen Dienstes sowie den Entlassungsbericht des W.Krankenhauses St. M ...
Das Sozialgericht hat am 7. September 2010 den behandelnden Arzt Dr. H. sowie den Oberarzt des Klinikums A-Stadt Dr. D. befragt. Beide teilten mit, dass der Gesundheitszustand der Ast. eigentlich nicht mehr geeignet sei diese zuhause zu pflegen, sie wäre in einem Pflegeheim besser untergebracht. Es sei keine intensive medizinische Betreuung oder Pflege notwendig, sondern nur eine normale pflegerische Überwachung, wobei Dr. D. ergänzte, dass es andere Methoden gebe, um eine Entgleisung des Elektrolythaushalts zu vermeiden. Beide Ärzte erklärten, dass selbst bei Schläfrigkeit genügend Zeit sei, um darauf zu reagieren, es habe zu keinem Zeitpunkt eine intensiv-pflichtige Maßnahme vorgelegen.
Mit Beschluss vom 8. September 2010 verpflichtete das Sozialgericht die Ag., vorläufig ab 27. August 2010 die Kosten für eine spezielle 24-Stunden-Krankenbeobachtung zu übernehmen. Befristet wurde die Anordnung bis zur Entscheidung über den Widerspruch oder bis zum 30. September 2010, falls keine weitere ärztliche Verordnung über den 30. September 2010 hinaus erfolge. Im Übrigen wurde der Antrag zurückgewiesen. Die Ag. wurde verpflichtet, die Hälfte der notwendigen Kosten der Ast. zu erstatten.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass bezüglich der 24-Stunden-Kranken- beobachtung von einer existenziell bedeutsamen Leistung der Krankenversicherung auszugehen sei und diese vom behandelnden Arzt verordnet wurde. Diese Verordnung sei aufgrund der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege in der Fassung vom 17. September 2009, zuletzt geändert am 15. April 2010, dann zu bewilligen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische-ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situation täglich erforderlich sind und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können oder wenn über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden festgestellt werden soll, ob die ärztliche Behandlung zuhause sichergestellt werden kann oder ob Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Im Hinblick auf diese existenziell bedeutsame Leistung der Krankenversicherung sei eine summarische Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich. Da aber eine vollständige Aufklärung des medizinischen Sachverhalts aus Zeitgründen nicht möglich sei, habe die Kammer nicht abschließend klären können, ob die Durchführung der beantragten 24-Stunden-Krankenbeobachtung entsprechend den Richtlinien über die häusliche Krankenpflege bei der Ast. medizinisch notwendig sei. Das Gericht habe aber zumindest starke Zweifel an der Notwendigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Befundberichte der Kliniken A-Stadt und St. M. und nach dem Ergebnis der Telefongespräche mit den behandelnden Ärzten. Daher sei in Güterabwägung der betroffenen Grundrechte der Ast. und den Interessen der Versichertengemeinschaft die im Hinblick auf das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu gewährende Leistung auf die Zeit ab Rechtshängigkeit bis zum 30. September 2010 zu begrenzen, falls keine weitere Verordnung einer speziellen 24-Stunden-Kranken-
beobachtung darüber hinaus erfolge. Das Sozialgericht berücksichtige dabei auch die gerade noch in ausreichendem Ausmaß glaubhaft gemachte finanzielle Situation der Ast., die es nicht möglich mache, die immensen Kosten einer speziellen 24-Stunden-Kranken- beobachtung zu tragen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Schreiben vom 16. September 2010 am
20. September 2010 beim Sozialgericht Bayreuth erhobene Beschwerde, die am
24. September 2010 beim Bayerischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Hausarzt Dr. H. nach Rücksprache mitgeteilt habe, eine weitere Verordnung für das 4. Quartal 2010 bis 31. Dezember 2010 ausstellen zu wollen. Im Übrigen gehe die Entscheidung des Sozialgerichts ins Leere, da der Ast. bisher Leistungen von der Ag. nicht gewährt wurden und die Pflegedienste nicht in der Lage waren, kurzfristig eine entsprechende Leistung anzubieten. Darüber hinaus wurden Ausführungen dazu gemacht, dass entgegen der Aussage des Klinikums A-Stadt sehr wohl ein Aufenthalt auf der Intensivstationen zumindest vom 24. Juni bis 25. Juni 2010 erforderlich war, anschließend die offensichtlich bessere Betreuung auf der Privatstation erfolgte. Die im Gespräch von Dr. D. vorgeschlagene Therapie mit einer Sonde sei abzulehnen, da die Ast. nicht zu dem Personenkreis gehöre, der nicht oder nicht problemlos schlucken könne und daher eine wesentliche Beeinträchtigung der Lebensqualität durch diese Behandlung für die Ast. bestehe. Eine Versorgung in einem Heim komme deshalb nicht in Betracht, da die Ast. auch in einer Kurzzeitpflege bereits sehr negative Erfahrungen gemacht habe. Hier sei insbesondere auch die Krankenbeobachtung durch das in aller Regel überforderte Personal nicht gegeben, da z.B. auf 30 bis 40 Bewohner nur zwei Pflegekräfte entfallen und damit die Überwachung in keinster Weise sichergestellt sei. Gleiches gelte auch für die Station der Kurzzeitpflege am Wohnort der Ast. in A-Stadt.
Bezüglich der Sitzwaage wurde ausgeführt, dass das von der Ag. empfohlene Wiegeverfahren mit zwei Personen und zwei Waagen in der Praxis nicht umsetzbar und sehr gefährlich sei. Dies habe ein Versuch der Zeugin T. A. mit einer Mitarbeiterin des Pflegedienstes ergeben.
Die weitere Verordnung häuslicher Krankenpflege vom 27. September 2010 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010 durch Dr. H. wurde am 29. September 2010 beim BayLSG vorgelegt.
Die telefonische Nachfrage des Senats bei der als Zeugen benannten T. A. ergab, dass die Ast. seit 28. September 2010 in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung in der Nähe des Wohnorts der Zeugin für maximal 14 Tage untergebracht ist.
Die Ag. beantragte im Schriftsatz vom 28. September 2010 die Beschwerde zurückzuweisen. Sie teilte mit, in der nächsten Widerspruchsitzung über den Widerspruch der Ast., voraussichtlich am 19. Oktober 2010, zu entscheiden. Eine weitere Verordnung für Leistungen über den 30. September 2010 hinaus sei allerdings bisher nicht vorgelegt worden. Die Ag. habe entsprechend der Empfehlung im Beschluss des Sozialgerichts den MDK im Rahmen des laufenden Widerspruchsverfahrens beauftragt, zur Abklärung der medizinischen Notwendigkeit der speziellen Krankenbeobachtung eine körperliche Begutachtung im Wege eines Hausbesuches durchzuführen. Nachdem die Ast. zunächst den Termin vom 23. September 2010 abgelehnt habe, sei die Begutachtung am 27. September 2010 vereinbart und auch durchgeführt worden. Diese Begutachtung habe ergeben, dass eine Intensivpflegebedürftigkeit im Sinne der speziellen Krankenbehandlung nach der HKP-Richtlinie Nr. 24 nicht vorliege. Erforderlich sei vielmehr eine allgemeine Krankenbeobachtung, wie sie Bestandteil aller pflegerischen Leistungen sei. Auch die Befragung der behandelnden Ärzte hätte ergeben, dass die Ast. intensivpflegebedürftig, jedoch nicht intensiv-pflichtig sei. Ein Anordnungsanspruch bestehe daher weiterhin nicht.
Bezüglich der Sitzwaage wurde mitgeteilt, dass der MDK nunmehr die Sitzwaage empfohlen habe und diesbezüglich demnächst eine erneute Entscheidung erfolgen werde. Eine Entscheidung darüber im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes müsse daher nicht ergehen. Es sei insbesondere diesbezüglich eine besondere Dringlichkeit auch in der Beschwerdebegründung nicht dar getan.
Die Ast. beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 8. September 2010 abzuändern so- weit darin die Bewilligung der 24-Stunden-Krankenbeobachtung befristet bewilligt wur-
de und die Versorgung mit der Sitzwaage abgelehnt wurde.
Die Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Ag. sowie des Sozialgerichts Bayreuth und des Bayerischen Landessozialgerichts sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz - SGG -), erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend die von der Ast. begehrte Leistung auf den Zeitraum der zunächst erfolgten Verordnung bis 30. September 2010 bzw. bis zur Entscheidung über den Widerspruch begrenzt. Eine darüber hinausgehende Übernahme der Kosten einer Krankenbeobachtung ist im Hinblick auf die von der Ag. zwischenzeitlich durchgeführte Begutachtung sowie die derzeitige Unterbringung der Ast. in einer Kurzzeitpflege nicht erforderlich.
Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung
(§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG). Diese Anträge sind schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 3 SGG). Beide Arten der einstweiligen Anordnung setzen einen Anordnungsanspruch, als einen materiellen Anspruch auf die begehrte Entscheidung, und einen Anspruchsgrund voraus, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der vorläufigen Regelung gekennzeichnet ist. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gegenüber dem Gericht glaubhaft zu machen.
Bereits aufgrund der Auskünfte der behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. D. gegenüber dem Sozialgericht bestehen auch nach Auffassung des Senats begründete Zweifel an der Erforderlichkeit der 24 Stunden-Krankenbeobachtung bei der Ast ... Vor dem Hintergrund des weiteren Gutachtens des MDK haben sich diese Zweifel verstärkt, wobei der behandelnde Arzt Dr. H. schriftlich am 21.September 2010 gegenüber der Ag. erläutert hat, dass zwar eine umfangreichere Überwachung der Patientin, sollte sie weiter im häuslichen Bereich gepflegt werden, als notwendig anzusehen ist, dass aber sicherlich keine intensiv-pflichtige Pflegebedürftigkeit besteht. Damit erfüllt nach Auffassung des Senats der vorliegende Sachverhalt nicht die Voraussetzungen der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege, insbesondere nicht die Voraussetzungen der speziellen Krankenbeobachtung, da nicht erkennbar ist, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich werden können. Aus den Einlassungen der behandelnden Ärzte wird deutlich, dass zwar eine sorgfältige Beobachtung der Vitalfunktionen der Ast. erforderlich ist, hier aber nicht innerhalb von Minuten ein lebensbedrohlicher Zustand auftreten kann, sondern vielmehr ein deutlich längerer Zeitraum zur Erfassung der nachlassenden Vitalität und zum ärztlichen Einschreiten zur Verfügung steht. Somit ist die bei der Ast. erforderliche Beobachtung als allgemeine Krankenbeobachtung aufzufassen, die nach den genannten Richtlinien Bestandteil jeder pflegerischen Leistung ist und somit die begehrte spezielle Krankenbeobachtung nicht rechtfertigt. Nicht unberücksichtigt bleiben kann dabei auch, dass der Klägerin die Pflegestufe II unverändert zusteht, also auch von der Pflegekasse nicht die Notwendigkeit der Pflege rund um die Uhr anerkannt werden konnte. Inwieweit durch die bisherigen pflegerischen Maßnahmen dem Umfang der Pflegestufe II Rechnung getragen wird, kann hier ungeprüft bleiben.
Aufgrund der fehlenden Bejahung einer notwendigen speziellen Krankenbeobachtung sowie aufgrund des Umstandes, dass die Ast. derzeit in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung untergebracht ist, konnte der Senat keine Notwendigkeit erkennen, einen Anspruch der Ast. über die vom Sozialgericht bereits bewilligte Maßnahme hinaus auszusprechen. Der Ast. bzw. ihren Angehörigen wird dadurch Gelegenheit gegeben, für die adäquate Unterbringung der Ast. bzw. die Bereitstellung der notwendigen allgemeinen Krankenbeobachtung die notwendigen Maßnahmen vorzubereiten. Aus der Sicht des Senats ist daher keine Regelung erforderlich, die den gesamten von Dr. H. verordneten Zeitraum umfassen muss.
Soweit die Bereitstellung der Sitzwaage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrt wird, wurde der Antrag vom Sozialgericht ebenfalls zu Recht abgelehnt. Selbst wenn nunmehr durch die Ag. selbst die Notwendigkeit der Verordnung des Hilfsmittels nach
§ 33 Abs. 1 SGB V bejaht wird, ergibt sich kein Anordnungsgrund im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, da nicht erkennbar ist, warum es der Ast. nicht zumutbar ist, die nun in Aussicht gestellte Entscheidung der Ag. abzuwarten. Dies gilt umso mehr als die Kontrolle des Gewichts nur eine von mehreren notwendigen Kontrollmaßnahmen darstellt und somit lediglich ein Teilbereich der erforderlichen Pflegemaßnahmen davon abgedeckt wird. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bayreuth zu dieser Frage Bezug genommen.
Somit ist die Beschwerde der Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 8. September 2010 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des §§ 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Die Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
8. September 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu
erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Beschwerdeverfahren, die vom Sozialgericht ausgesprochene Befristung der vorläufigen Übernahme der Kosten einer 24-Stunden-Kranken-beobachtung bis zur Entscheidung über den Widerspruch oder bis zum 30. September 2010, falls keine weitere ärztliche Verordnung über den 30. September 2010 hinaus erfolgt, aufzuheben bzw. diese Leistung ohne Befristung als Sachleistung zu gewähren, sowie die Antragstellerin mit einer Sitzwaage durch Stellung eines Leihgeräts auszustatten.
Die 1916 geborene Ast. ist bei der Antragsgegnerin (Ag.) gesetzlich versichert. Sie leidet an denen Folgen eines im November 2008 erlittenen Schlaganfalls sowie an einer arteriellen Hypertonie, einer dekompensierten Herzinsuffizienz, rezidivierender Elektrolytentgleisung mit Hyponatriämie und Hypokaliämie, Niereninsuffizienz und Gonarthrose beidseits. Die Ast. bezieht von der Pflegekasse Leistungen nach der Pflegestufe II.
Der behandelnde Arzt Dr. H. verordnete vom 16. Juli 2010 bis 30. September 2010 neben dem Anlegen von Kompressionsverbänden und Medikamentengabe auch eine 24 Stunden spezielle Krankenbeobachtung, sowie einmal tägliches Wiegen und außerdem einmal täglich, siebenmal wöchentlich Infusionen subkutan und Pulsoximetrie (erste Verordnung vom 13. Juli 2010).
Unmittelbar vor dieser Verordnung hatte sich in die Ast. vom 24. Juni 2010 bis 13. Juli 2010 in stationärer Behandlung des W.Krankenhauses St. M. befunden. Danach war nochmals vom 14. August 2010 bis 23. August 2010 eine stationäre Behandlung im Klinikum A-Stadt wegen Elektrolytentgleisung erforderlich.
Mit Bescheid vom 3. August 2010 bewilligte die Ag. die verordneten Injektionsleistungen, die Medikamentenabgabe sowie das An- und Ausziehen der Kompressionsstrümpfe. Nicht bewilligt wurden die Infusionen subkutan bei Bedarf, die Kosten der Grundpflege bzw. hauswirtschaftlichen Versorgung sowie die spezielle 24-Stunden-Krankenbeobach-
tung. Die Übernahme der Kosten der Grundpflege bzw. hauswirtschaftlichen Versorgung wurden mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der AOK Pflegekasse abgelehnt. Die Infusionen subkutan bei Bedarf wurden abgelehnt, da es sich nach den Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege um keine Leistungen der häuslichen Krankenpflege handele. Ebenso wurde abgelehnt die spezielle 24-Stunden-Krankenbeobachtung, da diese Leistung nur verordnungsfähig sei, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich ist und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können oder wenn über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden festgestellt werden soll, ob die ärztliche Behandlung zuhause sichergestellt werden kann oder ob Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Zur speziellen Krankenbeobachtung gehörten auch die dauernde Erreichbarkeit der Ärztin oder des Arztes und die laufende Information der Ärzte oder des Arztes über Veränderungen der Vitalzeichen. Die allgemeine Krankenbeobachtung sei hingegen Bestandteil jeder pflegerischen Leistung. Nach den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sei die Notwendigkeit einer speziellen Krankenbeobachtung ohne detaillierte fachliche Begründung nicht nachvollziehbar, so dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Ausgewertet wurden die zur Beurteilung der Pflegestufe eingeholten Gutachten für die Pflegekasse.
Dagegen legte der Bevollmächtigte der Ast. mit Schreiben vom 11. August 2007 Widerspruch ein, mit der Begründung es sei nicht nachvollziehbar, wie der ärztliche Dienst ohne körperliche Untersuchung nur nach Aktenlage die Notwendigkeit der Krankenbeobachtung verneinen konnte.
Im weiteren Schreiben vom 23. August 2010 wurde auch die Übernahme der Kosten für eine Pulsoximetrie abgelehnt, da es sich nach den Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege um keine erstattungsfähigen Leistungen handele. Außerdem wurde gebeten, den Widerspruch ausführlich zu begründen.
Am 27. August 2010 beantragte die Ast. beim Sozialgericht Bayreuth den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Kosten der speziellen Krankenbeobachtung durch Gewährung einer spezialisierten Intensivpflegekraft bzw. eines Intensivpflegedienstes 24 Stunden täglich oder durch Finanzierung einer von der Ast. selbst beschafften, spezialisierten Pflegekraft. Vorgetragen wurde, dass zur Vermeidung von Krankenhausaufenthalten und von lebensbedrohenden Zuständen die intensive medizinische und pflegerische Überwachung in der Häuslichkeit der Ast. 24 Stunden täglich erforderlich sei. Die von der Ag. benannten Pflegedienste hätten nach Mitteilung keine 24- Stunden-Kranken- beobachtungen erbringen können, da diese Dienste keine Nachtbetreuung anbieten, sondern lediglich im Zwei-Schichtsystem arbeiten und in der Nacht nur eine telefonische Rufbereitschaft zur Verfügung stehe. Die Notwendigkeit dieser 24-Stunden-Krankenbeo-
bachtung sei aber durch die Verordnung der Hausärzte belegt, außerdem zeigten die erforderlichen stationären Behandlungen, dass es ohne die entsprechende Krankenbeobachtung zu lebensbedrohenden Zuständen, insbesondere zu einer Somnolenz komme. Die spezielle Krankenbeobachtung müsse über einen längeren Zeitraum durchgängig und kontinuierlich durch die gleiche Person erfolgen, da andernfalls die notwendige Zufuhr von Natrium nicht im gesundheitszuträglichen Umfang erfolgen könne, da die Ast. gleichzeitig an einer Herzinsuffizienz leide. Das bedeute, dass das Wechselspiel zwischen der notwendigen Salzzufuhr einerseits und notwendiger Entwässerung andererseits bei der multimorbiden Ast. eine kontinuierliche Anpassung der Medikamente erfordere und darum eine zeitlich lückenlose Beobachtungskontrolle der Vitalzeichen, körperliche Inspektion und Wiegens nötig sei. Der langjährige Hausarzt habe die ständige 24-Stunden-Krankenbeobachtung und Überwachung angeordnet. Außerdem gehe aus dem Entlassungsbericht des Krankenhauses A-Stadt hervor, dass diese 24- Stunden-Pflege notwendig sei. Auch sei die Gewährung einer Sitzwaage erforderlich, diese habe bereits im Arztbrief des W.Krankenhauses vom 12. Juli 2007 gestanden. Die Ast. sei auch nicht in der Lage, die Kosten der 24-Stunden-Krankenpflege vorzustrecken, zumal ein Antrag auf Eingliederungshilfe wegen Hilfe zur Pflege noch nicht verbeschieden sei. Wegen verschiedener Rechtsstreitigkeiten habe die Ast. auch Forderungen der Justizkasse zu erfüllen. Sie sei als betagte Person aufgrund von Machenschaften der früher bevollmächtigten Tochter unverschuldet in eine Notsituation geraten. Sie lebe seit ihrer Geburt in ihrem Haus, nehme am Leben in der Hausgemeinschaft teil, so dass eine stationäre Unterbringung zum Beispiel in einem Altenheim nicht infrage komme.
Die Ag. beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, da aus ihrer Sicht ein Anordnungsgrund nicht vorliege. Sie verweist dazu auf die Unterlagen des Medizinischen Dienstes sowie den Entlassungsbericht des W.Krankenhauses St. M ...
Das Sozialgericht hat am 7. September 2010 den behandelnden Arzt Dr. H. sowie den Oberarzt des Klinikums A-Stadt Dr. D. befragt. Beide teilten mit, dass der Gesundheitszustand der Ast. eigentlich nicht mehr geeignet sei diese zuhause zu pflegen, sie wäre in einem Pflegeheim besser untergebracht. Es sei keine intensive medizinische Betreuung oder Pflege notwendig, sondern nur eine normale pflegerische Überwachung, wobei Dr. D. ergänzte, dass es andere Methoden gebe, um eine Entgleisung des Elektrolythaushalts zu vermeiden. Beide Ärzte erklärten, dass selbst bei Schläfrigkeit genügend Zeit sei, um darauf zu reagieren, es habe zu keinem Zeitpunkt eine intensiv-pflichtige Maßnahme vorgelegen.
Mit Beschluss vom 8. September 2010 verpflichtete das Sozialgericht die Ag., vorläufig ab 27. August 2010 die Kosten für eine spezielle 24-Stunden-Krankenbeobachtung zu übernehmen. Befristet wurde die Anordnung bis zur Entscheidung über den Widerspruch oder bis zum 30. September 2010, falls keine weitere ärztliche Verordnung über den 30. September 2010 hinaus erfolge. Im Übrigen wurde der Antrag zurückgewiesen. Die Ag. wurde verpflichtet, die Hälfte der notwendigen Kosten der Ast. zu erstatten.
Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass bezüglich der 24-Stunden-Kranken- beobachtung von einer existenziell bedeutsamen Leistung der Krankenversicherung auszugehen sei und diese vom behandelnden Arzt verordnet wurde. Diese Verordnung sei aufgrund der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege in der Fassung vom 17. September 2009, zuletzt geändert am 15. April 2010, dann zu bewilligen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische-ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situation täglich erforderlich sind und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können oder wenn über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden festgestellt werden soll, ob die ärztliche Behandlung zuhause sichergestellt werden kann oder ob Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Im Hinblick auf diese existenziell bedeutsame Leistung der Krankenversicherung sei eine summarische Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich. Da aber eine vollständige Aufklärung des medizinischen Sachverhalts aus Zeitgründen nicht möglich sei, habe die Kammer nicht abschließend klären können, ob die Durchführung der beantragten 24-Stunden-Krankenbeobachtung entsprechend den Richtlinien über die häusliche Krankenpflege bei der Ast. medizinisch notwendig sei. Das Gericht habe aber zumindest starke Zweifel an der Notwendigkeit, insbesondere im Hinblick auf die Befundberichte der Kliniken A-Stadt und St. M. und nach dem Ergebnis der Telefongespräche mit den behandelnden Ärzten. Daher sei in Güterabwägung der betroffenen Grundrechte der Ast. und den Interessen der Versichertengemeinschaft die im Hinblick auf das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu gewährende Leistung auf die Zeit ab Rechtshängigkeit bis zum 30. September 2010 zu begrenzen, falls keine weitere Verordnung einer speziellen 24-Stunden-Kranken-
beobachtung darüber hinaus erfolge. Das Sozialgericht berücksichtige dabei auch die gerade noch in ausreichendem Ausmaß glaubhaft gemachte finanzielle Situation der Ast., die es nicht möglich mache, die immensen Kosten einer speziellen 24-Stunden-Kranken- beobachtung zu tragen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Schreiben vom 16. September 2010 am
20. September 2010 beim Sozialgericht Bayreuth erhobene Beschwerde, die am
24. September 2010 beim Bayerischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Hausarzt Dr. H. nach Rücksprache mitgeteilt habe, eine weitere Verordnung für das 4. Quartal 2010 bis 31. Dezember 2010 ausstellen zu wollen. Im Übrigen gehe die Entscheidung des Sozialgerichts ins Leere, da der Ast. bisher Leistungen von der Ag. nicht gewährt wurden und die Pflegedienste nicht in der Lage waren, kurzfristig eine entsprechende Leistung anzubieten. Darüber hinaus wurden Ausführungen dazu gemacht, dass entgegen der Aussage des Klinikums A-Stadt sehr wohl ein Aufenthalt auf der Intensivstationen zumindest vom 24. Juni bis 25. Juni 2010 erforderlich war, anschließend die offensichtlich bessere Betreuung auf der Privatstation erfolgte. Die im Gespräch von Dr. D. vorgeschlagene Therapie mit einer Sonde sei abzulehnen, da die Ast. nicht zu dem Personenkreis gehöre, der nicht oder nicht problemlos schlucken könne und daher eine wesentliche Beeinträchtigung der Lebensqualität durch diese Behandlung für die Ast. bestehe. Eine Versorgung in einem Heim komme deshalb nicht in Betracht, da die Ast. auch in einer Kurzzeitpflege bereits sehr negative Erfahrungen gemacht habe. Hier sei insbesondere auch die Krankenbeobachtung durch das in aller Regel überforderte Personal nicht gegeben, da z.B. auf 30 bis 40 Bewohner nur zwei Pflegekräfte entfallen und damit die Überwachung in keinster Weise sichergestellt sei. Gleiches gelte auch für die Station der Kurzzeitpflege am Wohnort der Ast. in A-Stadt.
Bezüglich der Sitzwaage wurde ausgeführt, dass das von der Ag. empfohlene Wiegeverfahren mit zwei Personen und zwei Waagen in der Praxis nicht umsetzbar und sehr gefährlich sei. Dies habe ein Versuch der Zeugin T. A. mit einer Mitarbeiterin des Pflegedienstes ergeben.
Die weitere Verordnung häuslicher Krankenpflege vom 27. September 2010 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010 durch Dr. H. wurde am 29. September 2010 beim BayLSG vorgelegt.
Die telefonische Nachfrage des Senats bei der als Zeugen benannten T. A. ergab, dass die Ast. seit 28. September 2010 in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung in der Nähe des Wohnorts der Zeugin für maximal 14 Tage untergebracht ist.
Die Ag. beantragte im Schriftsatz vom 28. September 2010 die Beschwerde zurückzuweisen. Sie teilte mit, in der nächsten Widerspruchsitzung über den Widerspruch der Ast., voraussichtlich am 19. Oktober 2010, zu entscheiden. Eine weitere Verordnung für Leistungen über den 30. September 2010 hinaus sei allerdings bisher nicht vorgelegt worden. Die Ag. habe entsprechend der Empfehlung im Beschluss des Sozialgerichts den MDK im Rahmen des laufenden Widerspruchsverfahrens beauftragt, zur Abklärung der medizinischen Notwendigkeit der speziellen Krankenbeobachtung eine körperliche Begutachtung im Wege eines Hausbesuches durchzuführen. Nachdem die Ast. zunächst den Termin vom 23. September 2010 abgelehnt habe, sei die Begutachtung am 27. September 2010 vereinbart und auch durchgeführt worden. Diese Begutachtung habe ergeben, dass eine Intensivpflegebedürftigkeit im Sinne der speziellen Krankenbehandlung nach der HKP-Richtlinie Nr. 24 nicht vorliege. Erforderlich sei vielmehr eine allgemeine Krankenbeobachtung, wie sie Bestandteil aller pflegerischen Leistungen sei. Auch die Befragung der behandelnden Ärzte hätte ergeben, dass die Ast. intensivpflegebedürftig, jedoch nicht intensiv-pflichtig sei. Ein Anordnungsanspruch bestehe daher weiterhin nicht.
Bezüglich der Sitzwaage wurde mitgeteilt, dass der MDK nunmehr die Sitzwaage empfohlen habe und diesbezüglich demnächst eine erneute Entscheidung erfolgen werde. Eine Entscheidung darüber im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes müsse daher nicht ergehen. Es sei insbesondere diesbezüglich eine besondere Dringlichkeit auch in der Beschwerdebegründung nicht dar getan.
Die Ast. beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 8. September 2010 abzuändern so- weit darin die Bewilligung der 24-Stunden-Krankenbeobachtung befristet bewilligt wur-
de und die Versorgung mit der Sitzwaage abgelehnt wurde.
Die Ag. beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Ag. sowie des Sozialgerichts Bayreuth und des Bayerischen Landessozialgerichts sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz - SGG -), erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend die von der Ast. begehrte Leistung auf den Zeitraum der zunächst erfolgten Verordnung bis 30. September 2010 bzw. bis zur Entscheidung über den Widerspruch begrenzt. Eine darüber hinausgehende Übernahme der Kosten einer Krankenbeobachtung ist im Hinblick auf die von der Ag. zwischenzeitlich durchgeführte Begutachtung sowie die derzeitige Unterbringung der Ast. in einer Kurzzeitpflege nicht erforderlich.
Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung
(§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG). Diese Anträge sind schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86 b Abs. 3 SGG). Beide Arten der einstweiligen Anordnung setzen einen Anordnungsanspruch, als einen materiellen Anspruch auf die begehrte Entscheidung, und einen Anspruchsgrund voraus, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der vorläufigen Regelung gekennzeichnet ist. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gegenüber dem Gericht glaubhaft zu machen.
Bereits aufgrund der Auskünfte der behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. D. gegenüber dem Sozialgericht bestehen auch nach Auffassung des Senats begründete Zweifel an der Erforderlichkeit der 24 Stunden-Krankenbeobachtung bei der Ast ... Vor dem Hintergrund des weiteren Gutachtens des MDK haben sich diese Zweifel verstärkt, wobei der behandelnde Arzt Dr. H. schriftlich am 21.September 2010 gegenüber der Ag. erläutert hat, dass zwar eine umfangreichere Überwachung der Patientin, sollte sie weiter im häuslichen Bereich gepflegt werden, als notwendig anzusehen ist, dass aber sicherlich keine intensiv-pflichtige Pflegebedürftigkeit besteht. Damit erfüllt nach Auffassung des Senats der vorliegende Sachverhalt nicht die Voraussetzungen der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege, insbesondere nicht die Voraussetzungen der speziellen Krankenbeobachtung, da nicht erkennbar ist, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich werden können. Aus den Einlassungen der behandelnden Ärzte wird deutlich, dass zwar eine sorgfältige Beobachtung der Vitalfunktionen der Ast. erforderlich ist, hier aber nicht innerhalb von Minuten ein lebensbedrohlicher Zustand auftreten kann, sondern vielmehr ein deutlich längerer Zeitraum zur Erfassung der nachlassenden Vitalität und zum ärztlichen Einschreiten zur Verfügung steht. Somit ist die bei der Ast. erforderliche Beobachtung als allgemeine Krankenbeobachtung aufzufassen, die nach den genannten Richtlinien Bestandteil jeder pflegerischen Leistung ist und somit die begehrte spezielle Krankenbeobachtung nicht rechtfertigt. Nicht unberücksichtigt bleiben kann dabei auch, dass der Klägerin die Pflegestufe II unverändert zusteht, also auch von der Pflegekasse nicht die Notwendigkeit der Pflege rund um die Uhr anerkannt werden konnte. Inwieweit durch die bisherigen pflegerischen Maßnahmen dem Umfang der Pflegestufe II Rechnung getragen wird, kann hier ungeprüft bleiben.
Aufgrund der fehlenden Bejahung einer notwendigen speziellen Krankenbeobachtung sowie aufgrund des Umstandes, dass die Ast. derzeit in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung untergebracht ist, konnte der Senat keine Notwendigkeit erkennen, einen Anspruch der Ast. über die vom Sozialgericht bereits bewilligte Maßnahme hinaus auszusprechen. Der Ast. bzw. ihren Angehörigen wird dadurch Gelegenheit gegeben, für die adäquate Unterbringung der Ast. bzw. die Bereitstellung der notwendigen allgemeinen Krankenbeobachtung die notwendigen Maßnahmen vorzubereiten. Aus der Sicht des Senats ist daher keine Regelung erforderlich, die den gesamten von Dr. H. verordneten Zeitraum umfassen muss.
Soweit die Bereitstellung der Sitzwaage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren begehrt wird, wurde der Antrag vom Sozialgericht ebenfalls zu Recht abgelehnt. Selbst wenn nunmehr durch die Ag. selbst die Notwendigkeit der Verordnung des Hilfsmittels nach
§ 33 Abs. 1 SGB V bejaht wird, ergibt sich kein Anordnungsgrund im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, da nicht erkennbar ist, warum es der Ast. nicht zumutbar ist, die nun in Aussicht gestellte Entscheidung der Ag. abzuwarten. Dies gilt umso mehr als die Kontrolle des Gewichts nur eine von mehreren notwendigen Kontrollmaßnahmen darstellt und somit lediglich ein Teilbereich der erforderlichen Pflegemaßnahmen davon abgedeckt wird. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bayreuth zu dieser Frage Bezug genommen.
Somit ist die Beschwerde der Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 8. September 2010 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des §§ 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Die Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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