L 15 VG 29/09

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 VG 5/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VG 29/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 2/11 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Nachrangigkeit der Leistungen nach § 3 AsylbLG gegenüber einer Grundrente nach dem OEG.
2. Da Leistungsrecht des § 3 AsylbLG ist in sich abgeschlossen und autark; ein Rückgriff auf Regelungen des allgemeinen Sozialhilferechts zum Einkommen kommt nicht in Betracht.
3. Verfassungsrecht gebietet nicht, dass die Grundrente nach dem OEG nicht als Einkommen im Sinn von § 7 Abs. 1 AsylbLG anzusehen ist (Erörterung von BVerfGE 116, 229).
4. Obwohl ihre immaterielle Komponente faktisch immer mehr in den Vordergrund getreten ist, besitzt die Grundrente nach dem OEG rechtlich noch immer eine Doppelfunktion; sie gleicht neben dem immateriellen Schaden auch materiellen Mehraufwand aus (Bezugnahme auf BVerfGE 102, 41).
I. Auf die Berufung wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 30. September 2009 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, dem Kläger 966 EUR zu bezahlen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten in beiden Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 966 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten wegen der Erstattung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die der Kläger der Beigeladenen für den Zeitraum 01.12.2003 bis 31.05.2004 gewährt hat.

Die 1966 geborene Beigeladene bezog bis einschließlich Mai 2004 zusammen mit ihrer Familie vom Kläger Leistungen nach § 3 AsylbLG. Während des streitgegenständlichen Zeitraums vom 01.12.2003 bis 31.05.2004 erhielt sie laufende monatliche Leistungen in Höhe von 292,96 EUR. Dieser Betrag setzte sich laut Bewilligungsbescheid vom 18.05.2004 zusammen aus 132,92 EUR für Ernährung, 10,74 EUR für Verbrauchsgüter des Haushalts, 7,16 EUR für Gesundheits- und Körperpflegemittel, 40,90 EUR zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, 93,55 EUR für anteilige Miete - die Beigeladene bewohnte damals mit ihren beiden 1985 und 1989 geborenen Kindern eine Mietwohnung - sowie 7,67 EUR für Haushaltsenergie. Wohngeld leistete der Kläger damals in Höhe von 134 EUR (Bescheid vom 29.07.2004); er ging dabei von drei zum Haushalt rechnenden Personen aus.

Am 08. und 09.12.2001 war die Beigeladene Opfer von Gewalttätigkeiten ihres damaligen Lebensgefährten und vormaligen Ehemanns geworden. Angesichts dessen meldete der Kläger am 25.02.2002 wegen möglicher Ansprüche der Beigeladenen auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) beim damaligen Amt für Versorgung und Familienförderung Würzburg einen Erstattungsanspruch an und stellte auf der Grundlage von § 91a des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) einen Leistungsantrag.

Mit Bescheid vom 15.04.2004 gewährte der Beklagte der Beigeladenen Versorgung nach dem OEG für den Zeitraum vom 08.12.2001 bis 30.11.2003 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H ... Über den 30.11.2003 hinaus wollte der Beklagte zunächst nicht leisten.

Mit Schreiben vom 11.05.2004 erinnerte der Kläger den Beklagten an den geltend gemachten Erstattungsanspruch für bis 30.11.2003 erbrachte Leistungen. Dieser lehnte mit Schreiben vom 09.06.2004 eine Erstattung mit der Begründung ab, die Grundrente nach dem OEG solle als Entschädigung die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit durch die erlittene Gewalttat ausgleichen. Sie sei integrierender Bestandteil der Rehabilitation der Geschädigten und Ausdruck des Rechtsanspruchs auf eine angemessene und würdige Entschädigung; sie werde ohne Rücksicht auf das Einkommen gewährt. Eine Anrechnung als Einkommen sei nicht möglich, zumal § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG als sozialhilferechtliche Vorschrift von dem im Sozialhilferecht allgemein verwendeten Einkommensbegriff ausgehe; nach § 76 Abs. 1 BSHG gehörten zum Einkommen alle Einkünfte in Geld und Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem BSHG und der Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Die Anrechnung als Einkommen sei wegen des besonderen Charakters der Entschädigung nach dem OEG, die immerhin für ein Versagen des Staates gewährt werde, unbillig.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21.06.2004 "Widerspruch" ein. Der Kläger vertrat die Ansicht, die in § 76 Abs. 1 BSHG geregelten Ausnahmen vom Einkommensbegriff würden im AsylbLG gerade nicht gelten. Nach dessen Reglement würde der Einsatz jeglichen Einkommens ohne Ausnahme verlangt. Auf den "Widerspruch" des Klägers reagierte der Beklagte mit Schreiben vom 12.10.2004. Er, so schrieb der Beklagte, sehe sich weiterhin außer Stande, den geltend gemachten Erstattungsanspruch zu befriedigen. Die Beschädigtengrundrenten nach dem BVG und dessen Nebengesetzen dienten weder dem allgemeinen Lebensunterhalt noch der Linderung konkreter Not, sondern sollten typisierend und pauschalierend einen schädigungsbedingten Mehrbedarf abdecken. Mit der Intention des Gesetzgebers sei es nicht zu vereinbaren, die Grundrente als Einkommen im Sinn von § 7 AsylbLG zu berücksichtigen. Der Kläger brachte mit Schreiben vom 06.06.2005 erneut vor, die Ausnahmen des § 76 BSHG würden für das AsylbLG nicht gelten.

Da die Beigeladene mit der Befristung der Zuerkennung einer MdE von 30 v.H. bis 30.11.2003 nicht einverstanden war, hatte sie vor dem Sozialgericht Würzburg geklagt (S 1 VG 3/04) und erhielt mit Urteil vom 02.05.2006 Versorgung nach dem OEG über den 30.11.2003 hinaus nach einer MdE von 40 v.H. zugesprochen. Zunächst legte der Beklagte gegen dieses Urteil Berufung ein (L 15 VG 10/06), nahm diese aber wieder zurück. Der Beklagte führte das somit rechtskräftig gewordene Urteil des Sozialgerichts Würzburg mit Bescheid vom 21.02.2007 aus. Er bestimmte, die Beigeladene erhalte ab 01.12.2003 eine monatliche Grundrente von 161 EUR, wobei der Nachzahlungsbetrag bis zur endgültigen Klärung des Erstattungsanspruchs des Klägers einbehalten werde. Daran hielt sich der Beklagte auch in der Folgezeit, so dass die Leistungen für den Zeitraum Dezember 2003 bis Mai 2004 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 19.04.2011 nicht an die Beigeladene ausbezahlt worden waren.

Auf Aufforderung des Beklagten vom 18.06.2008 bezifferte der Kläger gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 24.06.2008 seinen Erstattungsanspruch für den Zeitraum vom 18.12.2001 bis 31.05.2004 auf 4.830 EUR, wobei auf den erstmals einbezogenen Zeitraum Dezember 2003 bis Mai 2004 966 EUR entfielen. Als Betrag der monatlichen Leistung an die Beigeladene gab er für die Monate Dezember 2003 bis Mai 2004 jeweils 560,37 EUR an. Nach einer Erinnerung des Klägers vom 26.01.2009 teilte der Beklagte mit Schreiben vom 16.02.2009 mit, er gehe weiterhin davon aus, dass kein Erstattungsanspruch bestehe und verwies auf sein Schreiben vom 09.06.2004. Der Beklagte empfahl dem Kläger, Klage zu erheben, und setzte eine Frist, nach deren Ablauf der zurückbehaltene Nachzahlungsbetrag an die Beigeladene ausbezahlt würde, wenn der Kläger nicht Klage erheben würde.

Gleichwohl versuchte der Kläger mit Schreiben vom 20.04.2009 unter Hinweis auf diverse verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung erneut, den Beklagten zur Erstattung zu bewegen. Dabei hob er die Unterschiede der Einkommensanrechnung nach § 76 BSHG einerseits und § 7 AsylbLG andererseits hervor. Der Gesetzgeber habe mit dem AsylbLG ein eigenständiges Regelwerk schaffen wollen, das unabhängig vom BSHG/Sozialgesetz-buch Zwölftes Buch (SGB XII) einen umfassenden Einkommens- und Vermögenseinsatz verlangen sollte. Dieses Regelwerk verfolge das Ziel, auf die Bedürfnisse eines in Deutschland in der Regel nur kurzen, vorübergehenden Aufenthalts abgestimmte Leistungen zu erbringen. Dabei habe das Leistungsrecht wesentlich dem Ausländer- und Asylrecht angepasst werden sollen. Die Bestimmungen zum Einkommenseinsatz nach dem Sozialhilferecht könnten nicht übertragen werden. Der Gesetzgeber habe das Sozialhilferecht und das AsylbLG unterschiedlich gefasst. Auch der neue § 7 Abs. 5 AsylbLG spreche gegen eine Ausklammerung der Grundrente. Denn diese sei vom Schmerzensgeld wesensverschieden; nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) solle die Grundrente nach dem BVG nämlich die durch eine körperliche Beeinträchtigung bedingten Mehraufwendungen und Ausgaben ausgleichen. Damit sei klargestellt, dass nach § 1 OEG ein durch die Körperverletzung entstehender Vermögensschaden ausgeglichen werden solle und gerade kein Ausgleich für einen Nichtvermögensschaden wie beim Schmerzensgeld stattfinde. Mit Schreiben vom 13.05.2009 reagierte der Beklagte erneut ablehnend und vertrat die Ansicht, die vom Kläger genannten Gerichtsentscheidungen würden nicht die Grundrente nach dem OEG betreffen.

Am 02.06.2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Würzburg Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er stütze die Klage auf § 9 Abs. 3 AsylbLG i.V.m. § 104 des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch (SGB X). Im Rahmen des § 7 AsylbLG sei die Grundrente vor dem Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG für den allgemeinen Lebensunterhalt aufzubrauchen. Sie dürfe nicht anrechnungsfrei gestellt werden. In der weiteren Klagebegründung hat der Kläger im Wesentlichen die Argumente aus seinem Schreiben vom 20.04.2009 wiederholt.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30.09.2009 abgewiesen. Es hat dies damit begründet, die Grundrente dürfe nicht als Einkommen behandelt werden. Gleichwohl hat es die Ansicht des Klägers bestätigt, wonach die Regelungen des BSHG zum Einsatz von Einkommen nicht auf Leistungen nach dem AsylbLG übertragen werden dürften. In der Tat habe der Gesetzgeber damit eine sondergesetzliche Regelung zur Herstellung des Nachrang- und Selbsthilfegedankens geschaffen. Insoweit hat das Sozialgericht auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.11.2008 - B 14 AS 24/07 R verwiesen, wonach der Gesetzgeber für Asylbewerber ein eigenes Konzept zur Sicherung des Lebensbedarfs entwickelt habe und der Zweck des AsylbLG der sei, keine leistungsrechtlichen Anreize zur Einreise und zum Verbleib von Ausländern zu bieten. Das BSG habe auch darauf hingewiesen, dass das besondere Sicherungssystem aus dem Asylkompromiss hervorgegangen sei und eigenständige und abschließende Regelungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen begrenzten Personenkreis von Ausländern enthalte (BTDrucks 15/1516, S. 52).

Allerdings, so das Sozialgericht in der Begründung weiter, müsse angesichts des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 11.07.2006 - 1 BvR 293/05 (= BVerfGE 116, 229) § 7 Abs. 5 AsylbLG analog angewandt werden. Denn es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), wenn § 7 Abs. 5 AsylbLG einerseits Entschädigungen nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von der Anrechnung ausnehme, nicht aber (wie § 11 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch [SGB II], § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) die Grundrenten. Die Gründe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts seien insoweit in vollem Umfang übertragbar. Auch hier liege eine Verschiedenbehandlung der Empfänger von Leistungen nach dem AsylbLG und anderen Sozialhilfeempfängern vor. Eine Benachteiligung liege auch gegenüber denjenigen Asylbewerbern vor, die Leistungen nach § 2 AsylbLG erhielten und bei denen daher das BSHG entsprechend anzuwenden sei. Wie bei den Nichtvermögensschäden nach § 253 Abs. 2 BGB bestehe auch bei den Grundrenten eine Sonderstellung der Leistung innerhalb der sonstigen Einkommens- und Vermögensarten, der auch in der Rechtsordnung ansonsten Rechnung getragen werde. Beim Schmerzensgeld habe das Bundesverfassungsgericht auf dessen besondere Funktion abgestellt, nicht der Deckung des materiellen Bedarfs, den das AsylbLG im Auge habe, zu dienen, sondern der Abdeckung eines Schadens immaterieller Art. Das treffe nahezu auch für die Grundrente zu; das Sozialgericht hat insoweit auf ein Urteil des BSG vom 10.04.2003 - B 4 RA 32/02 R verwiesen. Dagegen solle gerade kein Vermögensschaden ausgeglichen werden. Auch das BSG habe in der vom Kläger zitierten Entscheidung aus dem Jahr 1999 - B 9 VG 6/98 R dargelegt, die Grundrente diene nicht dem allgemeinen Lebensunterhalt und solle nicht den Lebensunterhalt des Beschädigten und seiner Familie sicherstellen, auch wenn sie die durch die körperliche Beeinträchtigung bedingten Mehraufwendungen und Ausgaben ausgleichen solle. Das BSG habe vielmehr unterstrichen, zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts seien andere Versorgungsbezüge gedacht (z.B. Ausgleichsrente, Familienzuschlag, Berufsschadensausgleich). Die Grundrenten seien gerade nicht dazu gedacht, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschädigten zu sichern, auch wenn sie einen schädigungsbedingten Mehraufwand ausgleichen sollten. Aus dem besonderen Charakter der Opferentschädigung ergebe sich, dass diese keinen Schadenersatzanspruch bürgerlich-rechtlicher Art verkörpere. Allein die Abhängigkeit der Grundrente vom Grad der Schädigung (GdS) belege, dass diese ursprünglich sowohl einen materiellen als auch immateriellen Schaden ausgleichen sollte. In der weiteren Rechtsentwicklung seien materielle Schäden aus der körperlichen Beeinträchtigung derart weitgehend durch besondere Versorgungsbezüge erfasst worden, dass nunmehr für die Grundrente an sich nur noch die Abdeckung eines immateriellen Schadens verbleibe. Somit gehe es bei der Grundrente um einen Bedarf, der nicht Gegenstand des Leistungskonzepts des AsylbLG sei. Die Nichtanrechnung der Grundrenten stelle auch nicht das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel in Frage, Anreize zur Einreise von Ausländern aus wirtschaftlichen Gründen zu verringern.

Dagegen hat der Kläger am 30.10.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, das Sozialgericht habe keine verfassungskonforme Auslegung, sondern eine unzulässige Analogie vorgenommen. Wenn das Sozialgericht zu der Überzeugung gelangt sei, § 7 Abs. 5 AsylbLG sei verfassungswidrig, hätte es nach Art. 100 Abs. 1 GG ein konkretes Normenkontrollverfahren einleiten müssen. Eine bloße Auslegung der Norm, die Grundrente würde darunter fallen, sei nicht möglich. Mit der Grundrente solle auch ein Vermögensschaden ausgeglichen werden. Eine Analogie scheitere nicht zuletzt am Fehlen einer unbewussten Regelungslücke; vielmehr spreche alles dafür, dass der Gesetzgeber § 7 Abs. 5 AsylbLG bewusst auf Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB beschränkt habe. Zudem liege keine vergleichbare Interessenlage zwischen Schmerzensgeld und Grundrente vor, wobei das Bundesverfassungsgericht die Sonderstellung des Schmerzensgelds betont habe. Zudem sei § 7 Abs. 5 AsylbLG nach dem System des Leistungsrechts für Asylbewerber eng auszulegen.

Mit Beschluss vom 24.02.2010 hat der Senat der Beigeladenen Prozesskostenhilfe bewilligt und ihre Prozessbevollmächtigte beigeordnet.

Der Kläger beantragt zuletzt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 30.09.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz in Höhe von 966 EUR für den Zeitraum 01.12.2003 bis 31.05.2004 zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat im Berufungsverfahren keinen Sachantrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten, auf die Akten des Sozialgerichts zu den Verfahren S 1 VG 3/04 und S 5 VG 5/09 sowie auf die Akten des Bayerischen Landessozialgerichts zum Verfahren L 15 VG 10/06 und zum hier vorliegenden Verfahren verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Senat war nicht gehindert, trotz des Ausbleibens der Beigeladenen und ihrer Prozessbevollmächtigten mündlich zu verhandeln und durch Urteil zu entscheiden. In der ordnungsgemäßen Ladung, welche die Prozessbevollmächtigte erhalten hatte, war ein korrekter Hinweis auf die Folgen ihres Fernbleibens enthalten. Nach einer telefonischen Rücksprache mit dem Vorsitzenden hat sich die Prozessbevollmächtigte bewusst dafür entschieden, nicht zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen; das hat sie mit Schriftsatz vom 18.04.2011 mitgeteilt.

Streitgegenstand ist der vom Kläger im Wege einer reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geltend gemachte Anspruch, für seine von Dezember 2003 bis Mai 2004 erbrachten Leistungen vom Beklagten eine Erstattung in Höhe von insgesamt 966 EUR zu erhalten. Darüber hinaus - insbesondere für frühere Zeiträume - macht der Kläger keine Ansprüche geltend. Von vornherein nicht Streitgegenstand sind eventuelle Ansprüche auf Verzinsung.

Die Berufung ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist gegeben. Dieser richtet sich gemäß § 114 Satz 1 SGB X nach der Rechtswegzuständigkeit des zugrunde liegenden Sozialleistungsanspruchs gegen den erstattungspflichtigen Leistungsträger. Weil das Sozialgericht die Berufung zugelassen hat, ist sie statthaft. Da der Kläger und der Beklagte in einem Gleichordnungsverhältnis stehen, bedarf es keines Ablehnungsbescheids und keines Widerspruchsverfahrens. Der Kläger hat sich hinreichend bemüht, die Erstattung ohne gerichtliche Hilfe zu erhalten, so dass ein Rechtsschutzinteresse zweifelsfrei vorliegt.

Die Berufung ist in vollem Umfang begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten wegen seiner Leistungen nach dem AsylbLG für den Zeitraum Dezember 2003 bis Mai 2004 Anspruch auf Erstattung von 966 EUR.

Rechtsgrundlage des Anspruchs ist § 9 Abs. 3 AsylbLG in Verbindung mit § 104 SGB X. In Bezug auf die Erstattung der Leistungen nach dem AsylbLG von anderen Sozialleistungsträgern verweist § 9 Abs. 3 AsylbLG auf §§ 102 ff. SGB X. Einschlägig ist der Erstattungstatbestand des § 104 SGB X. Diese Norm lautet in der seit 01.01.2001 unverändert gebliebenen und daher einschlägigen Fassung wie folgt:

(1) Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn von den Trägern der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann; Satz 3 gilt in diesen Fällen nicht.
(2) ...
(3) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.
(4) ...

Die Voraussetzungen dieser Erstattungsvorschrift sind erfüllt, so dass der Kläger entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Anspruch auf Erstattung von 966 EUR hat.

1. Voraussetzungen für die Entstehung eines Erstattungsanspruchs dem Grunde nach ohne "Nachrangigkeit"

Das Vorliegen der meisten Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs dem Grunde nach liegt auf der Hand.
a) § 103 Abs. 1 SGB X ist nicht einschlägig. Denn der Anspruch der Beigeladenen gegen den Kläger ist nicht dadurch, dass die Versorgung zuerkannt worden ist, nachträglich entfallen (vgl. zur Abgrenzung zwischen § 103 und § 104 SGB X Klattenhoff in: Hauck/Noftz, SGB X, § 103 Rn. 5: Abstellen auf institutionelle Gleichrangigkeit - dann § 103 SGB X - oder Verschiedenrangigkeit der Leistungsträger). Vielmehr liegt ein typischer Fall des § 104 SGB X vor, weil die Leistungen nach dem AsylbLG von vornherein nachrangig sind und nur eine Auffangfunktion haben.
b) Die erforderliche sachliche und zeitliche Kongruenz der Leistungen ist gegeben. Betroffen sind jeweils Leistungen für die Monate Dezember 2003 bis einschließlich Mai 2004.
c) Dem Beklagten stehen im Verhältnis zum Kläger keine Einwendungen zu, die sich auf den Leistungsanspruch nach dem OEG beziehen. Denn der Anspruch der Beigeladenen gegen den Beklagten ist durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt worden. Diese Bindungswirkung muss der Beklagte auch im Verhältnis zum Kläger gegen sich gelten lassen (vgl. § 325 Abs. 1 ZPO analog). Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten ist zwar ein anderer als der der Beigeladenen gegen den Beklagten. Trotzdem lässt sich dem Gesetz hinreichend die Wertung entnehmen, dass der Beklagte auch im Verhältnis zum Kläger an das rechtskräftige Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 02.05.2006 gebunden ist.
d) Der Beklagte als Schuldner des Erstattungsanspruchs hat seinerseits noch nicht "in gutem Glauben" geleistet (vgl. den mit "soweit" beginnenden Halbsatz in § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Er hat für den fraglichen Zeitraum vielmehr überhaupt keine Leistungen erbracht, sondern diese bis zuletzt zurückbehalten.
e) Der Kläger war bei seiner Leistung auch nicht in irgendeiner Weise "bösgläubig", so dass sein Erstattungsbegehren gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen könnte. Er hat die Leistungen für den Zeitraum Dezember 2003 bis Mai 2004 dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig erbracht (vgl. dazu, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des die Erstattung begehrenden Leistungsträgers Erstattungsvoraussetzung ist, Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 104 Rn. 8).

2. Die Nachrangigkeit der Leistungen nach dem AsylbLG

Auch die von § 104 Abs. 1 SGB X geforderte Nachrangigkeit der Leistungen nach dem AsylbLG gegenüber der Grundrente nach dem OEG ist zu bejahen. Anders als bei den unter 1. bejahten Tatbestandsvoraussetzungen liegt darin ein gravierendes rechtliches Problem. Während das Sozialgericht - mit beachtlichen Gründen - zum Ergebnis gelangt ist, zwischen den Leistungen nach dem AsylbLG und der Grundrente nach dem OEG läge kein Verhältnis des Nachrangs/Vorrangs vor, ist der Senat anderer Meinung und bejaht folglich einen Erstattungsanspruch des Klägers. Die Nachrangigkeit hat in § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X eine Legaldefinition erfahren: Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Ob die Leistungen nach dem AsylbLG nachrangig sind, hängt also davon ab, ob sie auch dann unvermindert zu gewähren sind, wenn zeitgleich eine Grundrente nach dem OEG zufließt; entscheidend ist mithin, ob die Grundrente auf Leistungen nach dem AsylbLG "anzurechnen" ist. Der Senat bejaht dies.

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die Regelungen des BSHG zur Einkommensanrechnung, insbesondere § 76 Abs. 1, nicht auch im sachlichen Geltungsbereich des AsylbLG anwendbar. Vielmehr trifft das AsylbLG insoweit abschließende Regelungen und ist keiner Erweiterung durch Rekurs auf sozialhilferechtliche Vorschriften zugänglich.

Die so genannten Grundleistungen regelt § 3 AsylbLG, der in der seinerzeit geltenden Fassung folgenden Wortlaut hatte:

(1) Der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts wird durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich erhalten Leistungsberechtigte
1. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 40 Deutsche Mark,
2. von Beginn des 15. Lebensjahres an 80 Deutsche Mark
monatlich als Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens ...
(2) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylverfahrensgesetzes können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen nach Absatz 1 Satz 1 Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden. Der Wert beträgt
1. für den Haushaltsvorstand 360 Deutsche Mark,
2. für Haushaltsangehörige bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres 220 Deutsche Mark,
3. für Haushaltsangehörige von Beginn des 8. Lebensjahres an 310 Deutsche Mark

monatlich zuzüglich der notwendigen Kosten für Unterkunft, Heizung und Hausrat. Absatz 1 Satz 3 und 4 findet Anwendung.
(3) ...
(4) ...

Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen ist Gegenstand von § 7 AsylbLG, dessen einschlägige Fassung wie folgt lautete:

(1) Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, sind von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen. § 122 des Bundessozialhilfegesetzes findet entsprechende Anwendung. Bei der Unterbringung in einer Einrichtung, in der Sachleistungen gewährt werden, haben Leistungsberechtigte, soweit Einkommen und Vermögen im Sinne des Satzes 1 vorhanden sind, für erhaltene Leistungen dem Kostenträger für sich und ihre Familienangehörigen die Kosten in entsprechender Höhe der in § 3 Abs. 2 Satz 2 genannten Leistungen sowie die Kosten der Unterkunft und Heizung zu erstatten; für die Kosten der Unterkunft und Heizung können die Länder Pauschalbeträge festsetzen oder die zuständige Behörde dazu ermächtigen.
(2) bis (4) ...

Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden und überzeugend begründet, dass § 7 Abs. 1 AsylbLG nicht durch § 76 Abs. 1 BSHG "aufgeweicht" werden darf. Nach dieser Bestimmung gehören zum Einkommen im Sinn des BSHG alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, wobei unter anderem die Grundrente nach dem BVG davon ausgenommen wird. Wie das Sozialgericht ist der Senat der Auffassung, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des AsylbLG ein eigenständiges Reglement schaffen wollte. Das AsylbLG weist auch einen eigenen Einkommensbegriff auf.

Auch das Bundesverfassungsgericht geht offenkundig davon aus, dass die Regelungen des BSHG zum Einsatz von Einkommen kein "vor die Klammer gezogenes" allgemeines Sozialhilferecht verkörpern, welches im "besonderen" Sozialhilferecht des AsylbLG ohne Weiteres Anwendung fände. In der Entscheidung BVerfGE 116, 229 hat das Bundesverfassungsgericht eingeräumt, es stehe im sozialpolitischen Ermessen des Gesetzgebers, für Asylbewerber ein eigenes Konzept zur Sicherung ihres Lebensbedarfs zu entwickeln und dabei auch Regelungen über die Gewährung von Leistungen abweichend vom Recht der Sozialhilfe zu treffen. Insbesondere sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, Art und Umfang von Sozialleistungen an Ausländer grundsätzlich von der voraussichtlichen Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland abhängig zu machen (BVerfGE 116, 229 ). Diese Entscheidungspassage erhält für den vorliegenden Fall besondere Aussagekraft dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht gerade über die Frage zu entscheiden hatte, ob eine bestimmte Einkommensart - seinerzeit Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB - zu "verschonen" sei; die Problemlage war somit vergleichbar. Vor diesem Hintergrund ist von besonderer Bedeutung, dass das Bundesverfassungsgericht explizit festgestellt hat, das AsylbLG verkörpere ein eigenständiges Konzept zur Sicherung des Lebensunterhalts von Asylbewerbern - diese Aussage ist zwangsläufig gerade auf das Reglement zum Einsatz von Einkommen gemünzt. Damit wird zwar logisch noch nicht mit letzter Stringenz ausgeschlossen, dass § 76 Abs. 1 BSHG nicht doch in Bezug auf die Definition des Einkommens zur Anwendung kommen darf, jedoch dürfte es äußerst schwer fallen, dies dem Gesetzgeber trotz des eigenständigen Einkommenskonzepts zu unterstellen. Restzweifel werden jedenfalls durch den Umstand beseitigt, dass es das Bundesverfassungsgericht überhaupt für notwendig erachtet hat, in Bezug auf das Schmerzensgeld umfangreiche verfassungsrechtliche Überlegungen anzustellen, ob und inwieweit Empfänger von Leistungen nach dem AsylbLG nicht schlechter gestellt werden dürften als Empfänger von Leistungen nach dem BSHG. Wäre nämlich das Bundesverfassungsgericht davon ausgegangen, das Recht des AsylbLG zum Einkommenseinsatz sei für die Bestimmungen des BSHG "durchlässig", hätte es lediglich eines einfachen Rückgriffs auf § 77 Abs. 2 BSHG bedurft, um ein Gleichheitsproblem von vornherein zu negieren. Dass das Bundesverfassungsgericht nicht so vorgegangen ist, zeigt eindeutig, dass es § 77 Abs. 2 BSHG für unanwendbar gehalten hat. Dagegen kann nicht eingewandt werden, das Bundesverfassungsgericht würde das einfache Recht, in jenem Fall also § 77 Abs. 2 BSHG, nicht prüfen; das wäre in dem vorliegenden Kontext schlicht falsch. Es fehlen jegliche Ansatzpunkte, bei § 76 Abs. 1 anders als bei § 77 Abs. 2 BSHG vorzugehen. Somit ist sowohl der einhelligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung als auch dem Beschluss BVerfGE 116, 229 zu entnehmen, dass das Leistungsrecht des AsylbLG in sich abgeschlossen und autark ist.

Auf die Entscheidung BVerfGE 116, 229 hat der Gesetzgeber reagiert, indem durch Artikel 6 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970, 2007) an § 7 AsylbLG folgender Absatz 5 angefügt worden ist:

Eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

Es ist bezeichnend, dass der Gesetzgeber dabei in der Begründung zum Gesetzentwurf eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er sich an der entsprechenden Regelung des Sozialhilferechts (§ 83 Abs. 2 SGB XII) orientiert (vgl. BTDrucks 16/5065, S. 232), diese sogar wörtlich übernommen hat, aber trotz dieser äußerst engen Anlehnung an das Sozialhilferecht nach wie vor im AsylbLG auf die anderen einkommensbezogenen Regelungen des SGB XII, insbesondere § 82 Abs. 1, verzichtet. Daraus kann nur geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Übernahme des § 83 Abs. 2 SGB XII durch § 7 Abs. 5 AsylbLG nicht als deklaratorischen Akt angesehen hat, und weiter, dass er durch die komplette Einbeziehung des sozialhilferechtlichen Reglements seinen Willen verfälscht sähe. Ausschließlich § 83 Abs. 2 SGB XII ist (punktuell) übernommen worden; der Regelungsgehalt des § 82 Abs. 1 SGB XII soll im AsylbLG dagegen nicht greifen.

Als Argument für einen anders lautenden Willen des Gesetzgebers kann nicht ins Feld geführt werden, die ersichtlich angestrebte Begünstigung für "sonstige" Ausländer gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 OEG mache keinen Sinn, wenn man die Grundrente auf die Leistungen nach dem AsylbLG anrechne. Zwar dürften die über § 1 Abs. 5 Satz 2 OEG einbezogenen Personenkreise in der Tat dem Grunde nach stets dem AsylbLG zuzuordnen sein. Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, der Gesetzgeber habe die Grundrente nach dem OEG als anzurechnende Leistung ausschließen wollen, weil andernfalls de facto Grundrenten sich für die Betroffenen kaum als finanzielle Verbesserungen auswirken könnten; denn sie würden in aller Regel dadurch "aufgezehrt", dass sie auf die Leistungen nach dem AsylbLG anzurechnen seien. Diese Prämisse wäre schief. Man findet nämlich innerhalb des Kreises des § 1 Abs. 5 Satz 2 OEG durchaus Personen, die dem Grunde nach unter das AsylbLG fallen, die aber schon deswegen Leistungen nach diesem Gesetz nicht beziehen können, weil anderweitiges Einkommen oder Vermögen vorhanden ist. Solche Personen könnten sehr wohl von der Grundrente profitieren. Zudem gibt es zahlreiche Personen, die dem Grunde nach unter das AsylbLG fallen, die aber gemäß § 2 AsylbLG Leistungen nach den Vorschriften des SGB XII beziehen - bei diesen Personen bleibt die Grundrente schon deshalb unberücksichtigt; deswegen erfahren auch diese durch die Gewährung einer Grundrente eine tatsächliche Verbesserung. Zudem darf die durch § 1 Abs. 5 Satz 2 OEG ermöglichte Vergünstigung nicht auf den Rentenanspruch reduziert werden. So bringt der Versorgungsanspruch große Vorteile in Bezug auf Heilbehandlung oder Krankenbehandlung im Vergleich zum dürftigen § 4 AsylbLG; auch von daher "lohnt" sich ein Versorgungsanspruch nach dem OEG.

b) Der somit im Gesetz angelegte Nachrang der Leistungen nach dem AsylbLG gegenüber der Grundrente nach dem OEG wird nicht dadurch beseitigt, dass die Grundrente aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht als Einkommen angesehen werden dürfte. Das Verfassungsrecht gebietet diese Betrachtungsweise nämlich nicht.

Das Sozialgericht hat eine andere Auffassung vertreten. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung BVerfGE 116, 229 ist es zum Ergebnis gekommen, ebenso wie das Schmerzensgeld nehme auch die Grundrente nach dem OEG eine Sonderstellung ein, indem sie praktisch ausschließlich immateriellen Schaden kompensieren solle. Somit decke die Grundrente einen Bedarf ab, der außerhalb des Leistungskonzepts des AsylbLG stehe. Daher müsse § 7 Abs. 5 AsylbLG analog auf die Grundrenten angewandt werden. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

aa) Die Entscheidung BVerfGE 116, 229 zeigt unzweifelhaft, dass das Bundesverfassungsgericht trotz der erheblichen Leistungsreduzierung im Rahmen von § 3 AsylbLG im Vergleich zum Sozialhilfeniveau keine Bedenken im Hinblick auf das Grundrecht auf eine menschenwürdige Existenz hegt (a.A. Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter Berufung auf zwei Rechtsgutachten, BTDrucks 16/10837, S. 7). Dieses fundamentale Recht steht auch dem Personenkreis zu, der von § 1 AsylbLG erfasst wird. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung die Vereinbarkeit mit dem Grundrecht auf eine menschenwürdige Existenz nicht explizit festgestellt, jedoch hat man es mit "beredtem Schweigen" zu tun. Denn hätte das Bundesverfassungsgericht Zweifel, ob das konkret vorliegende Sozialsystem für Asylbewerber im weiteren Sinn dem Grundrecht auf eine menschenwürdige Existenz gerecht wird, hätte es mit Sicherheit dieses System nicht auf der generellen Ebene so wie geschehen gebilligt (BVerfGE 116, 229 ); es hätte nicht nur punktuell Kritik geübt, sondern die Unvereinbarkeit mit dem fundamentalen Menschenrecht auch zur Sprache gebracht. Das Bundesverfassungsgericht kann bei der verfassungsrechtlichen Prüfung alle verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte aufgreifen, die es für relevant hält, ohne dass es auf den rechtlichen Vortrag des Verfassungsbeschwerdeführers beschränkt wäre.

Weiter muss unterstrichen werden, dass nach der Entscheidung BVerfGE 116, 229 grundsätzlich auch eine Andersbehandlung der vom AsylbLG erfassten Personen gegenüber den Sozialhilfeempfängern zulässig ist. Das Bundesverfassungsgericht akzeptiert augenscheinlich im Prinzip das vorliegende System und damit eine gravierende Schlechterstellung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG. Vom Grundsatz her hat es gebilligt, dass im Rahmen der Leistungen nach dem AsylbLG alle verfügbaren Mittel einzusetzen sind. Gleichzeitig hat es wiederum zumindest vom Grundsatz her nicht beanstandet, dass im Rahmen der Leistungen nach § 3 AsylbLG keine Zweckbindung im Stande sein soll, die Anrechnung des betroffenen Zuflusses als Einkommen auszuschließen. Im Prinzip ist es also rechtens, dass §§ 3, 7 AsylbLG den Leistungsempfängern abverlangen, Zuflüsse ggf. zweckentfremdet zur Sicherung des materiellen Lebensunterhalts einzusetzen. Auch der Differenzierungsgrund, der voraussichtlich nur kurzen Dauer des Aufenthalts in Deutschland, wird vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich "abgesegnet".

bb) Aus der Entscheidung BVerfGE 116, 229 darf nicht gefolgert werden, die Schlechterstellung der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG in Bezug auf die Behandlung der Grundrente nach dem OEG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weswegen die Grundrente anrechnungsfrei bleiben müsse.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, aus Schmerzensgeld gebildetes Vermögen dürfe deswegen nicht eingesetzt werden, weil dem Schmerzensgeld eine Sonderstellung innerhalb der sonstigen Einkommens- und Vermögensarten zukomme (vgl. BVerfGE 116, 229 ). Diese "Sonderstellung" hat für das Bundesverfassungsgericht den Ausschlag gegeben, aus dem Verfassungsrecht eine Pflicht zur Gleichbehandlung der Vergleichsgruppen abzuleiten.

Das Gebot zur Gleichbehandlung hat das Bundesverfassungsgericht dagegen nicht auf den Umstand abgründet, dass die Rechtsordnung dieser Sonderstellung im Übrigen dadurch Rechnung trägt, dass eine Berücksichtigung als Einkommen durchweg unterbleibt. Die entsprechende Feststellung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt lediglich, dass eine relevante Sonderstellung existiert. Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, das Schmerzensgeld habe gerade deswegen eine Sonderstellung, weil es in der Rechtsordnung im Übrigen von der Anrechnung auf Sozialleistungen befreit sei; diese Argumentation würde Ursache und Wirkung verwechseln. Aus diesem Grund kann der Beklagte nicht mit dem Hinweis auf die "Einheit der Rechtsordnung" durchdringen; deren - sehr häufig überschätzte - Bedeutung würde verkannt, würde man daraus eine Beschränkung oder gar ein Verbot für den Gesetzgeber dahin ableiten, die von ihm für notwendig und sinnvoll erachteten normativen Differenzierungen müssten im Interesse einer Rechtseinheitlichkeit unterbleiben. Die vom Bundesverfassungsgericht in den Mittelpunkt gerückte Sonderstellung muss vielmehr durch Aspekte begründet sein, die im Wesen der zu vergleichenden Leistungen liegen.

Eine solche Sonderstellung, wie sie das Bundesverfassungsgericht für das Schmerzensgeld festgestellt hat, existiert für die Grundrente nach dem OEG nicht.

Die Sonderstellung des Schmerzensgelds besteht darin, dass es seiner gesetzlichen Funktion nach nicht der Deckung des materiellen Bedarfs dient, den das AsylbLG im Auge hat. Aus der Entscheidung BVerfGE 116, 229 darf angesichts dessen der Schluss gezogen werden, dass alle Zuflüsse, die nach ihrer gesetzliche Funktion nicht der Deckung des materiellen Bedarfs dienen, eine solche Sonderstellung einnehmen. Zwar, so das Bundesverfassungsgericht, habe das Schmerzensgeld eine Ausgleichsfunktion, jedoch nicht im materiellen Sektor. Als entscheidend erschließt sich dem Leser des Judikats, dass das Schmerzensgeld nicht die Funktion hat, einen Beitrag zur materiellen Existenzsicherung zu leisten. Mit dem Rekurs auf einen "Beitrag zur materiellen Existenzsicherung" wollte das Bundesverfassungsgericht sicherlich nicht insinuieren, nur solche Zuflüsse dürften von Verfassungs wegen als Einkommen angerechnet werden, die eine ganz konkrete Bedarfslage voraussetzten oder gerade dem allgemeinen Lebensbedarf zu dienen bestimmt seien. BVerfGE 116, 229 knüpft vielmehr an das Charakteristikum des Schmerzensgelds an, dass es überhaupt keine materielle Komponente - auch nicht pauschaliert oder typisiert - aufweist. Alle Entschädigungen aber, die am materiellen Aufwand auch nur partiell ansetzen, leisten durchaus einen solchen Beitrag zur materiellen Existenzsicherung. Das gilt auch dann, wenn sie nicht auf konkrete Bedarfe bezogen sind.

Einen so verstandenen Beitrag zur materiellen Existenzsicherung leistet die Grundrente; darin unterscheidet sie sich vom Schmerzensgeld (vgl. zu dessen Zweck BGHZ 128, 117). Dabei kann nicht genug betont werden, dass die vom Gesetz beigegebene Funktion maßgebend ist, nicht dagegen die faktische oder praktische Zweckdienlichkeit.

In BVerfGE 102, 41 hatte sich das Bundesverfassungsgericht ausführlich zum Wesen der Grundrente geäußert (BVerfGE 102, 41 ): Anders als die sonstigen nach dem BVG gewährten Leistungen habe die Grundrente für Beschädigte nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG neben einer materiellen eine besondere immaterielle Komponente. Sie sei deshalb eine Leistung eigener Art. Sie stelle die Entschädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität dar und solle Mehraufwendungen ausgleichen, die das Kriegsopfer infolge der Schädigung gegenüber einem gesunden Menschen habe (BRDrucks 1/1333, S. 43, 45; BRDrucks 3/1239, S. 21). Der 9. Senat des BSG hatte sich kurz vor dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu geäußert (Urteil vom 28.07.1999 - B 9 VG 6/98 R, Rn. 20 bis 22, 25): Die Grundrente nach dem BVG - auch die über das OEG vermittelte Grundrente - diene nicht dem allgemeinen Lebensunterhalt, sondern sei Entschädigung für die körperliche Beeinträchtigung und solle die hierdurch bedingten Mehraufwendungen und Ausgaben ausgleichen. Die Grundrente habe zwar auch wirtschaftliche Bedeutung, diene aber nicht der Linderung konkreter Not, setze also keine Bedürftigkeit voraus und solle nicht den Lebensunterhalt des Beschädigten und seiner Familie sicherstellen. Zur Bestreitung dieses allgemeinen Lebensunterhalts dienten andere Versorgungsbezüge, wie etwa Ausgleichsrente, Familienzuschlag und Berufsschadensausgleich. Bestätigt werde der Charakter der Grundrente als einer zweckbestimmten Sozialleistung, die typisierend und pauschalierend auch einen besonderen schädigungs- oder behinderungsbedingten Mehrbedarf abdecken und aus diesem Grund anrechnungsfrei verbleiben solle, durch die Gesetzesmaterialien zum BVG, zum Ersten und Zweiten Gesetz zur Änderung des Kriegsopferrechts sowie zu den jeweiligen Gesetzen zur Änderung des BSHG.

Den beiden Entscheidungen lässt sich entnehmen, dass die Grundrente nach dem Willen des Gesetzgebers eine Doppelfunktion hat, wobei faktisch die materielle gegenüber der immateriellen Komponente unbestreitbar immer mehr in den Hintergrund getreten ist. Gleichwohl gehen beide Entscheidungen nach wie vor von der doppelten Finalität aus.

Der 4. Senat des BSG hat in SozR 4-2600 § 93 Nr. 2, Rn. 29, unter Berufung auf BVerfGE 102, 41 gemeint, die weitere Ausgestaltung des Leistungsrechts des BVG habe dazu geführt, das durch kontinuierliche Erweiterung des Leistungskatalogs in zunehmenden Maß fast jeder schädigungsbedingte Mehraufwand abgedeckt worden sei, so dass er nicht mehr aus der Grundrente zu begleichen sei. Diese decke praktisch nur noch den immateriellen Schaden ab. Gleichwohl hat der 4. Senat nicht gesagt, der rechtliche Zweck der Grundrente beziehe sich mittlerweile ausschließlich auf immaterielle Komponenten. Trotz aller Faktizität bleibt daher in Übereinstimmung mit BVerfGE 102, 41 festzustellen, dass die Grundrente immer noch (typisierend und pauschaliert) auch der Deckung materieller Aufwendungen dient. Insoweit kann man von einer Auffangfunktion der Grundrente ausgehen.

Das Ergebnis ist deshalb, dass signifikante Unterschiede zwischen Schmerzensgeld und Grundrente bestehen, die dazu führen, dass die Grundrente nicht entsprechend der Entscheidung BVerfGE 116, 229 zu behandeln ist. Das führt dazu, dass der eindeutige Wille des Gesetzgebers zu respektieren und die Grundrente als Einkommen anzurechnen ist. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit müssen schon aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung größte Zurückhaltung walten lassen, die Entscheidung BVerfGE 116, 229 extensiv auszulegen und ihren Anwendungsbereich auszudehnen. Zudem handelt es sich bei BVerfGE 116, 229 zweifellos um ein Ausnahmejudikat. Denn vom Grundsatz her hat es das Bundesverfassungsgericht gebilligt, dass im Rahmen der Leistungen nach dem AsylbLG alle verfügbaren Mittel einzusetzen sind. Nur dann, wenn ein Zufluss keinen Bezug zum Leistungssystem des AsylbLG hat, nämlich wenn er konkret keinerlei Beitrag zur materiellen Existenzsicherung leistet, gilt ausnahmsweise ein Zweckentfremdungsverbot. Würde man großzügig - unter Berufung auf Verfassungsrecht - Ausnahmen von dem in § 7 Abs. 1 AsylbLG angelegten Prinzip fordern, würde das vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich gebilligte Grundkonzept des Gesetzgebers "verwässert" und damit der an sich große Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers über die Maßen eingeschränkt. Zudem hat der Gesetzgeber im Rahmen von § 7 Abs. 1 AsylbLG nicht den Fehler begangen, seinem eigenen normativen Konzept untreu zu werden; bei solchen "handwerklichen" Fehlern mag es eher gerechtfertigt sein, dass Fachgerichte korrigierend eingreifen, indem sie schlichtweg die gesetzliche Logik zu Ende denken. Hier dagegen hat der Gesetzgeber ein an sich billigenswertes Konzept konsequent verfolgt. Die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Korrektur bewegt sich damit in einem kompetenzrechtlich sensiblen Bereich. Es geht um nicht weniger als die Wahrung der Souveränität der Legislative. Vor diesem Hintergrund wäre es verfehlt, den Beschluss BVerfGE 116, 229 großzügig auf andere, wenn auch in gewissem Umfang vergleichbare Fallgestaltungen anzuwenden.

3. Rechtsvernichtende Umstände

a) Die Ausschlussfrist des § 111 SGB X steht dem Anspruch nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Im vorliegenden Fall existieren insoweit keine Probleme, weil § 111 Satz 2 SGB X den Fristbeginn sehr weit hinausschiebt. Denn der Kläger hat erst durch das Schreiben des Beklagten vom 18.06.2008 Kenntnis im Sinn dieser Vorschrift erlangt. Weder das Rechtskräftigwerden des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 02.05.2006 noch der ausführende Bescheid vom 21.02.2007 sind ihm bekannt geworden. Vor der Übersendung des Schreibens vom 18.06.2008 ging der Kläger vielmehr davon aus, für den Zeitraum Dezember 2003 bis Mai 2004 würden der Beigeladenen keine Versorgungsansprüche zustehen; entsprechende in eine andere Richtung deutende Anhaltspunkte sind nicht vorhanden.

b) Aus den gleichen Gründen ist der Anspruch auch nicht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X verjährt; die gerichtliche Geltendmachung hat eine Hemmung nach § 113 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB bewirkt.

4. Umfang des Erstattungsanspruchs

Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich gemäß § 104 Abs. 3 SGB X nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Das bedeutet, dass der Beklagte nicht mehr erstatten muss als das, was er bei rechtzeitiger Leistung aufzuwenden gehabt hätte. Es ist der Zustand herzustellen, als ob der Beklagte von Anfang an geleistet hätte (Roos, a.a.O., § 104 Rn. 19, mit Hinweis auf BSG-Rechtspre-chung). Andererseits kann der Kläger nicht mehr verlangen als das, was er bei rechtzeitiger Leistung des Beklagten eingespart hätte; das geht aus § 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X hervor. Hätte der Beklagte rechtzeitig die Grundrente ausbezahlt, wären die Leistungen des Klägers um monatlich 161 EUR niedriger gewesen. Im vorliegenden Fall spielt keine Rolle, ob zwischen den beiden Leistungsansprüchen Personenidentität, genauer gesagt Anspruchsinhaberidentität, bestehen muss. Die herrschende Meinung und das BSG scheinen dies zu bejahen (dagegen Roos, a.a.O., § 104 Rn. 13). Hier kommt es nicht darauf an, ob der Kläger ggf. auch Leistungen erstattet verlangen kann, die er nicht für die Beigeladene, sondern für deren Kinder erbracht hat. Denn die Leistungen an die Beigeladene allein überschreiten schon 161 EUR, also die Höhe der monatlichen Grundrente. Der monatliche Betrag an Leistungen nach § 3 AsylbLG nur an die Beigeladene hat im streitgegenständlichen Zeitraum 292,96 EUR betragen. Setzt man davon ein Drittel des später nachgezahlten (aber für den gleichen Zeitraum gewährten) Wohngelds von monatlich 134 EUR (44,50 EUR) ab - ein Drittel, weil die Wohnung seinerzeit von drei Personen bewohnt wurde -, kommt man auf monatliche Leistungen des Klägers an die Beigeladene von fast 250 EUR. Es liegt auf der Hand, dass der zustehende monatliche Leistungsbetrag der Grundrente weit darunter liegt. Angesichts dieses deutlichen Unterschreitens kann dahinstehen, ob der Kläger seinerzeit zu Recht Kosten für Haushaltsenergie ausschließlich bei der Beigeladenen angesetzt und nicht auf alle drei Familienangehörigen verteilt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Anders als im Rahmen von § 193 SGG (vgl. dort Absatz 4) sind auch die außergerichtlichen Kosten von Leistungsträgern grundsätzlich erstattungsfähig; daher darf die Kostenlastentscheidung nicht auf die Gerichtskosten beschränkt bleiben. Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten, weil die Voraussetzungen von § 163 Abs. 3 VwGO nicht vorliegen. Eine Inpflichtnahme der Beigeladenen bezüglich der Kosten kommt nicht in Betracht, weil sie einerseits keine Anträge gestellt hat und andererseits die Voraussetzungen von § 197a Abs. 2 Satz 2 SGG nicht vorliegen.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes. Der Streitwert kann auch im Urteil festgesetzt werden (Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 197a Rn. 5).
Rechtskraft
Aus
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