L 5 AS 230/11 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 AS 1056/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 230/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. Mai 2011 wird aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Aufhebungsbescheid des Antragsgegners vom 23. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2011 wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg, das ihn im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet hat, an den Antragsteller vorläufig ab 1. April 2011 die mit Bescheid vom 16. März 2011 bewilligten Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu zahlen.

Der am ... 1959 geborene, alleinstehende Antragsteller bezieht vom Antragsgegner seit 2008 laufend Grundsicherungsleistungen. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2010 bewilligte er ihm Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2011. Die Bewilligung änderte er in der Folgezeit durch Änderungsbescheide vom 16. und 26. März 2011 zugunsten des Antragstellers ab. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ab April 2011 bewilligte er Leistungen in Höhe vom 683,88 EUR für April 2011 und 677,41 EUR/Monat ab Mai 2011.

Durch eine anonyme Anzeige erlangte der Antragsgegner davon Kenntnis, der Antragsteller habe von seinem Vater 10.000,00 EUR überwiesen bekommen und sich hiervon ein Auto für 3.000,00 EUR gekauft. Der Antragsgegner lud ihn daraufhin zu einer persönlichen Vorsprache am 22. März 2011 ein. Aus den vom Antragsteller zu diesem Termin mitgebrachten Kontoauszügen ergab sich, dass ihm am 16. Februar 2011 ein Betrag in Höhe von 10.000 EUR überwiesen worden ist. Ausweislich des ebenfalls beigebrachten Kaufvertrages hatte der Antragsteller am 21. Februar 2011 einen gebrauchten PKW für 2.998 EUR erworben.

Unter dem 23. März 2011 sandte der Antragsgegner dem Antragsteller einen Bescheid zu, in dem es wörtlich heißt:

"Betreff: Aufhebung des Bescheides vom 21.12.2010 über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) "Sehr geehrter Herr Pf ..., die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II wird ab 01.04.2011 ganz aufgehoben.

Begründung:

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den zum Zeitpunkt seines Erlasses vorliegenden tatsächlichen rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Sie haben am 16.02.2011 Einkommen in Höhe von 10.000,00 EUR erzielt. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sind Sie nicht hilfebedürftig im Sinne § 9 SGB II, so dass der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis 12.03.2012 entfällt." Es folgt die Rechtsbehelfsbelehrung.

Den gegen diesen Bescheid mit der Begründung eingelegten Widerspruch, es handele sich bei den 10.000,00 EUR bis auf 250,00 EUR um Schonvermögen, wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2011 als unbegründet zurück. In diesem heißt es u.a.:

" Mit Bescheid vom 13.01.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16.03.2011 und 26.03.2011 bewilligte der Widerspruchsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011. Unter dem 23.03 2011 hob der Widerspruchsgegner die oben benannte Bewilligungsentscheidung mit Wirkung zum 01.04.2011 auf. "

Es folgt die Begründung der Entscheidung. Dagegen hat der Antragsteller beim Sozialgericht am 14. April 2011 Klage erhoben (S 10 AS 1356/11).

Bereits am 4. April 2011 hat er beim Sozialgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht mit dem Begehren, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 31. März 2011 anzuordnen, hilfsweise ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II zur Aufrechterhaltung des Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes zu bewilligen. Der Betrag von 10.000,00 EUR stamme aus einer Erbschaft nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2010. Es liege mithin Vermögen vor, da die Mutter bereits vor Antragstellung verstorben sei. Nach der Rechtsprechung sei zumindest der Krankenversicherungsschutz aufrecht zu erhalten. Zudem seien bereits Ausgaben (PKW für 2.998 EUR und Fernseher für 400 EUR) getätigt worden, sodass nicht der gesamte Betrag angerechnet werden könne. Mit Beschluss vom 11. Mai 2011 hat das Sozialgericht den Antragsgegner vorläufig zur Leistung von Grundsicherungsleistungen in Höhe der im Änderungsbescheid verfügten Höhe ab 1. April 2011 verpflichtet. Im Wesentlichen hat es zur Begründung ausgeführt, der Widerspruch und die Anfechtungsklage hätten aufschiebende Wirkung. Der Antragsgegner habe mit Bescheid vom 23. März 2011 lediglich den Leistungsbescheid vom 21. Dezember 2010 aufgehoben, nicht dagegen den Änderungsbescheid vom 16. März 2011. Dieser sei mithin weiter wirksam. Selbst wenn unterstellt würde, der Antragsgegner habe den Änderungsbescheid vom 16. März 2011 aufgehoben, stellte dies eine "erstinstanzliche" Entscheidung dar, die von § 85 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht getragen werde. Gegen den ihm am 18. Mai 2011 zugestellten Beschluss hat der Antraggegner am 15. Juni 2011 Beschwerde eingelegt. Der Aufhebungsbescheid vom 23. März 2011 sei hinreichend bestimmt gewesen. Der Verfügungssatz sei inhaltlich in sich widerspruchs- frei. Zwar habe er den Änderungsbescheid vom 16. März 2011 nicht ausdrücklich benannt, für den Antragsteller sei jedoch zweifelsfrei erkennbar gewesen, dass die Leistungsbewilligung ab 1. April 2011 in voller Höhe aufgehoben werden sollte. Gegenteiliges habe er auch zu keinem Zeitpunkt geäußert. Dem mit Schriftsatz vom 21. Juni 2011 gestellten Antrag des Antragsgegners auf Aussetzung der Vollstreckung des Beschlusses des Sozialgerichts hat der Senat mit Beschluss vom 8. Juli 2011 stattgegeben.

Der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 11. Mai 2011 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie könnte nicht fristgerecht eingelegt sein. Materiellrechtlich verweist er auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Beschluss.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig. Sie ist innerhalb der Monatsfrist des § 173 SGG eingelegt worden und auch statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG. Der Antragsgegner ist vorläufig verpflichtet worden, an den Antragsteller für April 2011 683,88 EUR und für die Monate Mai und Juni 2011 jeweils 677,41 EUR zu zahlen. Der Beschwerdewert liegt mithin über dem für die Zulässigkeit von Berufungen maßgeblichen Wert von 750 EUR.

Die Beschwerde ist auch begründet. Das Sozialgericht ist zu Unrecht von der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Aufhebungsbescheid vom 23. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2011 ausgegangen.

Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11. April 2011 ist statthaft. Nach § 86b

Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Satz 1). Ist im Zeitpunkt der Entscheidung der Verwaltungsakt schon vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (Satz 2).

Der Aufhebungsbescheid hat nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung, denn er stellt einen Verwaltungsakt dar, der bereits bewilligte Leistungen der Grundsicherung aufhebt.

Das Rechtsschutzbegehren ist jedoch im Ergebnis unbegründet. Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Das Gericht entscheidet auf Grund einer Interessenabwägung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b, Rn. 12). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs u.a. in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Das vom Gesetzgeber in § 39 SGB II angeordnete vordringliche Vollzugsinteresse hat für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Bedeutung, dass der Antragsgegner von der ihm nach § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit gesondert zu begründen. Das Gesetz unterstellt aber den Sofortvollzug keineswegs als stets, sondern als nur im Regelfall geboten und verlagert somit die konkrete Interessenbewertung auf Antrag des Antragstellers hin in das gerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 17. September 2001, 4 VR 19/01, NZV 2002, 51, 52 unter Bezug auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994, 4 VR 1/94, BVerwGE 96, 239 ff, jeweils zu § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der bis 31. Dezember 1996 gültigen Fassung, der wortgleich zu § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG ist). Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung gegenüber dem Interesse des Antragstellers am Nichtvollzug, denn der Bescheid 23. März 2011 belastet den Antragsteller nicht in rechtswidriger Weise.

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 23. März 2011 die Leistungsbewilligung vollständig ab 1. April 2011 aufgehoben.

Der Aufhebungsbescheid ist hinreichend bestimmt nach § 33 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Dies ergibt sich aus der Auslegung und der Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelungen. Maßstab hierfür ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) erkennen kann (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010, B 8 SO 2/09 R, Rn. 14, Juris). Der Antragsgegner hat zwar in dem angegriffenen Bescheid ausdrücklich nur auf den Bewilligungsbescheid vom 21. Dezember 2010 Bezug genommen; in seinem Verfügungssatz hat er allerdings bereits deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bewilligung der Leistungen ab 1. April 2011 ganz aufgehoben wird. Das ergibt sich auch unzweifelhaft aus der Begründung der Entscheidung. Schließlich hat auch der Antragsteller den Bescheid in diesem Sinne verstanden. Dies wird insbesondere aus der Schilderung des Sachverhaltes in der Begründung seiner Antragsschrift deutlich. Dort heißt es: " Mit Bescheid vom 23.3.11 hob die Antragsgegnerin die Leistungen bis 12.3.11 ganz auf. ".

Die Leistungsaufhebung ist nach summarischer Prüfung zumindest für die Monate April 2011 bis Januar 2012 nach §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, 40 Abs. 1 SGB II a. F., 330 des Dritten Buches des Sozialgerichtsgesetzes – Arbeitsförderung (SGB III) rechtmäßig. Ob Sie darüber hinaus bis 12. März 2012 rechtmäßig ist, kann offen bleiben. Der Antragsteller hat in keinem Fall ein überwiegendes Interesse an der Aussetzung des Vollzuges des Bescheides für den Zeitraum von April 2011 bis zur Entscheidung des Senats.

Nach den o.g. Regelungen ist ein Verwaltungsakt vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dem Antragsteller wurde am 16. Februar 2011 ein Geldbetrag in Höhe von 10.000 EUR auf sein Konto überwiesen. Nach seinen Angaben stammte dieser aus einer Erbschaft seiner im Jahre 2010 verstorbenen Mutter. Dieses Geld ist Einkommen.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II. Dabei ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt. Nicht entscheidend ist das Schicksal der Forderung (vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSG, Urteil vom 24. Februar 2011, B 14 AS 45/09 R, Rn, 19, Juris).

Im vorliegenden Fall ist bislang nicht geklärt, ob der Antragsteller Gesamtrechtsnachfolger seiner Mutter (Erbe) oder aber er lediglich Inhaber einer Forderung geworden ist. In jedem Fall handelt es sich um Einkommen nach der Rechtsprechung des BSG.

Ist er Erbe seiner Mutter, ist dem Antragsteller die Erbschaft bereits mit ihrem Tode im Jahr 2010 "zugeflossen". Im ganzen Jahr 2010 stand der Antragsteller im Leistungsbezug. Mithin ist die Erbschaft als Einkommen einzuordnen. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist nicht entscheidend, dass er vor der Stellung des Antrages, aufgrund dessen die Leistungen im streitgegenständlichen Bewilligungsabschnitt bewilligt worden sind, Erbe geworden ist. Wenn das BSG ausführt, es komme darauf an, ob das Geld dem Hilfebedürftigen bereits vor Antragstellung zugeflossen sei, so ist nicht der konkrete Bewilligungsabschnitt gemeint, sondern ob das Geld während des Leistungsbezuges "zugeflossen" ist oder nicht (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008, B 14 AS 26/07 R, Rn. 23; Urteil vom 28. Oktober 2009, B 14 AS 62/08 R, Rn. 22, beide zitiert nach Juris).

Auf den Bedarf des Leistungsberechtigten anzurechnen ist das Einkommen erst, wenn es ihm tatsächlich zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Der Antragsteller ist zwar im Falle der Erbschaft mit dem Erbfall Gesamtrechtsnachfolger seiner Mutter geworden und mithin Inhaber aller Rechte und Pflichten der Erblasserin. Die Summe von 10.000,00 EUR hatte er jedoch wohl erst im Februar 2011 in einer Form zur Verfügung, die es ihm ermöglichte, das Einkommen auch für seinen Lebensunterhalt einzusetzen. Falls die 10.000 EUR dem Antragsteller im Rahmen eines Vermächtnisses zugeflossen sind, sind sie ebenfalls als Einkommen nach der o.g. Definition zu behandeln.

Die Erbschaft oder das Vermächtnis sind nach der rechtlichen Bewertung des Senats auch keine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II. Danach sind Einnahmen nicht als Einkommen beim Leistungsempfänger zu berücksichtigen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Eine Leistung ist dann zweckbestimmt, wenn ihr eine bestimmte Zweckrichtung beigemessen ist. Eine Zweckbestimmung kommt im Fall einer Erbschaft allein auf privatrechtlicher Grundlage in Betracht, d.h. es muss eine Vereinbarung/Verfügung vorliegen, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2009, B 4 AS 47/08 R, Rn. 21 Juris). Eine solche privatrechtliche Zweckbestimmung ist hier weder vorgetragen noch aus den vorliegenden Akten ersichtlich. Gleiches gilt, wenn es sich beim Einkommen um ein Vermächtnis handeln sollte.

Mit der Erzielung des Einkommens aus der Erbschaft oder des Vermächtnisses verbundene notwendige Ausgaben nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II hat der Antragsteller nicht geltend gemacht. Das Einkommen i.H.v. insgesamt 10.000 EUR war nach § 4 i.V.m. § 2 Abs. 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld – Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) nach der bis 31. März 2011 gültigen Fassung von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem es zufloss. Abweichend davon ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind.

Es kann hier dahinstehen, ob die Anrechnung des Einkommens erst ab April 2011 rechtmäßig ist. Das Einkommen floss dem Antragsteller bereits im Februar 2011 zu. Zu dem Zeitpunkt waren die Leistungen für diesen Monat bereits an den Antragsteller ausgezahlt worden. Eine Anrechnung hätte somit nach dem Wortlaut der o.g. Regelung ab März 2011 erfolgen müssen. Ob hier eine spätere Anrechnung des Einkommens ab April 2011 auch noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mi 2009, B 4 AS 49/98 R, Rn. 15, Juris), kann einer Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Eine Belastung geht für den Antragsteller davon (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt) nicht aus.

Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Entfällt die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung, wenn die einmalige Einnahme vollständig auf die Leistung eines Monats umgelegt wird, liegt der Regelfall der anteilmäßigen Aufteilung vor. Ziel des Gesetzgebers war es, zu verhindern, dass die allein durch den Bezug von SGB II-Leistungen pflichtversicherten Hilfebedürftigen nach § 5 Abs. 2a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) durch die Aufteilung von Einmalzahlungen aus dem Leistungsbezug ausscheiden und gezwungen sind, selbst eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung abzuschließen. Allerdings hat das BSG ausdrücklich offen gelassen, ob auch andere "Regelfälle" denkbar sind (vgl. dazu im Einzelnen BSG, Urteil vom 30. September 2008, B 4 AS 29/07 R, Rn. 35, Juris).

Der Senat sieht sich außer Stande, selbst eine Neuberechnung der Einkommensanrechnung bezogen auf einen anderen Verteilzeitraum in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmen. Die Festlegung des Verteilzeitraumes steht grundsätzlich im Ermessen des Antragsgegners. Unter Berücksichtigung der dem Antragsteller unstreitig zustehenden Leistungshöhe von 683,88 EUR im April 2011 und von 677,41 EUR ab Mai 2011 wäre hier mithin ggf. vom Antragsgegner ein Verteilzeitraum von über zwölf Monaten in Betracht zu ziehen gewesen. Das hätte sichergestellt, dass der Antragsteller weiterhin gesetzlich in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert gewesen wäre. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach § 41 Abs. 1 Satz 6 SGB II a.F. die Grundsicherungsleistungen für maximal ein Jahr zu gewähren sind.

Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben noch über 6.600 EUR verfügt, hält es der Senat für sachgerecht, wenn er sich in der Zeit, in der er keine Leistungen erhält, privat versichert. Die dafür aufzubringenden Beträge hatte der Antragsgegner bereits in der Berechnung des "leistungsfreien" Zeitraums mit eingerechnet. Insoweit setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung im Verfahren L 5 AS 256/10 B ER (Beschluss vom 11. November 2010, veröffentlicht in Juris). Dort waren Leistungen als Darlehen zu gewähren, da die Antragsteller das ihnen zugeflossene Geld nicht mehr zur Verfügung hatten.

Nach alledem war der Beschwerde des Antragsgegners stattzugeben, der Beschluss des Sozialgerichts aufzuheben und der Antrag des Antragstellers abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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