L 9 R 1788/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2315/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1788/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1964 geborene Kläger, k. Staatsangehöriger, lebt seit August 1993 in Deutschland und war im Zeitraum vom 1. Mai 1994 bis November 2006 - mit Unterbrechungen - als angelernter Arbeiter rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Ab 21. August 2006 war er nach seinen Angaben zunächst arbeitsunfähig krank. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 07. März 2007 verwiesen.

Nach der Diagnose einer Ein-Gefäßerkrankung im Mai 2003 war eine Stentimplantation sowie eine Metalyse und eine RIVA-PTCA erfolgt. Aus dem nachfolgenden stationären Heilverfahren in der A.-Klinik in K. (ASK) war der Kläger gemäß dem Heilverfahren-Entlassungsbericht (HV-EB) vom 16. Juli 2003 als für die bisherige Tätigkeit und leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig leistungsfähig entlassen worden.

Den Rentenantrag des Klägers vom 23. Oktober 2006, den dieser mit seit 2003 bestehenden Gesundheitsstörungen (Herzinfarkt, Diabetes, Rückenbeschwerden und psychische Probleme) begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. März 2007 und Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2007 ab, da der Kläger noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich erwerbstätig sein und arbeitsmarktübliche Tätigkeiten verrichten könne.

Grundlage der Entscheidung war - neben beigezogenen und vorgelegten ärztlichen Äußerungen und Berichten - ein Gutachten des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. H. vom 08. Februar 2007 (Diagnosen [D]: Dysthymie, Anpassungsstörung nach Tod der Ehefrau (September 2006), Wirbelsäulen [WS]-Syndrom ohne radiculäre Ausfälle, koronare Herzkrankheit [KHK], Bluthochdruck, Diabetes und Asthma sowie sensible Polyneuropathie [PNP]; eine die Leistungsfähigkeit einschränkende depressive Symptomatik sei nicht vorhanden; die bisherige und - bei Beachtung qualitativer Einschränkungen - mittelschwere Tätigkeiten seien sechs Stunden und mehr möglich). Ferner lagen Gutachten des Unfallchirurgen Dr. N. vom 08. Februar 2007 (D: Verschleißveränderungen der WS, erhebliches Übergewicht, statomyalgisches Dorso-Lumbal-Syndrom, aktuell ohne belangvolle Wurzelreizsymptomatik bzw. bedeutsames Funktionsdefizit oder neurologische Besonderheiten; mittelschwere körperliche Wechseltätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne besonders einseitige WS-Haltungen und WS-Zwangshaltungen - seien vollschichtig möglich) sowie der Internistin Dr. H. vom 07. Februar 2007 (D: Erfolgreich dilatierte coronare Ein-Gefäßerkrankung bei Vorderwandinfarkt 5/2003 ohne Einschränkung der Herzleistung und gute Belastbarkeit bis auf hohe Stufe, metabolisches Syndrom mit insulinpflichitigem Diabetes mellitus II b, Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck, Dysthymie, Anpassungsstörung nach Tod der Ehefrau im September 2006, sensible PNP, Verschleißveränderungen der WS, statomyalgisches Dorso-Lumbal-Syndrom, aktuell ohne belangvolle Wurzelreizsymptomatik oder Funktionsdefizit, akut Bronchitis; der Kläger sei bei der Ergometrie bis 150 Watt bzw. 175 Watt belastbar gewesen; mittelschwere Tätigkeiten im Stehen, Gehen und Sitzen sowie in Tagesschicht seien sechs Stunden und mehr arbeitstäglich möglich) und eine Stellungnahme des Chirurgen, Internisten, Nephrologen und Sozialmediziners Dr. S. vom 23. Mai 2007 (mittelschwere Tätigkeiten seien auch unter Berücksichtigung eines vorgelegten Attestes des Dr. V. vom 10. Mai 2007 wie in den Gutachten beschrieben möglich) zu Grunde.

Deswegen hat der Kläger am 8. Juni 2007 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, er leide u.a. unter einer KHK.

Über die von ihnen erhobenen Befunde haben als sachverständige Zeugen der Orthopäde Dr. K. am 03. Januar 2008 (pseudoradikuläre Lumboischialgie beidseits, verkalkter NPP L5/S1, rezidivierende unspezifische Cervikobrachialgie beidseits; leichte körperliche Tätigkeiten seien mindestens sechs Stunden möglich), der Internist Dr. S. am 20. Januar 2008 (u.a. metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, KHK; leichte körperliche Arbeiten seien sinnvoll, notwendig und möglich), der Allgemeinmediziner Dr. V. am 28. Januar 2008 (u.a. Hypertonie, Diabetes mellitus, WS-Syndrom, depressives Syndrom, Schulter-Arm-Syndrom, chronische Gastritis, nach Tod der Ehefrau schwere Depression) unter Vorlage von Arztbriefen aus dem Jahr 2000 bis Dezember 2007, der Neurologe und Psychiater Dr. P. am 10. März 2008 (mittelgradige depressive Episode, Dysthymie, chronisches Schmerzsyndrom, Hypertonus, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie; chronisch verstimmtes Bild nach dem Tod der Ehefrau Ende 2006; leichte Tätigkeiten seien mindestens sechs Stunden täglich möglich) und der Kardiologe Dr. P. am 18. März 2008 (Behandlungen im November 2006 und Januar 2007; keine wesentliche Funktionseinschränkung seitens des Herzens) berichtet.

Das SG hat ferner ein Sachverständigengutachten des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. S. vom 10. Oktober 2008 (mit Untersuchung vom 29. September 2008) eingeholt. Bei der Anamnese hat der Kläger angegeben, er sei seit 14 Jahren bei derselben Firma beschäftigt, die ca. 100 Mitarbeiter habe. Er habe keine Schichtarbeit, müsse den ganzen Tag entgraten, stehend, in gebeugter Haltung mit schwerer Arbeit. Im Frühjahr sei er fünf Wochen wegen Bronchitis arbeitsunfähig krank gewesen. Er stehe um 6.10 Uhr auf, fahre dann 2 km mit dem Auto zur Arbeit und arbeite von 7 Uhr bis 16 Uhr mit einer Stunde Mittagspause. Außerdem habe er um 9 Uhr noch eine Pause von 15 Minuten. Wenn er wieder zuhause sei, koche er und mache auch den ganzen Haushalt selbst. Gelegentlich helfe ihm vielleicht mal eine Nachbarin. Er gehe auch mal spazieren und schaue fern. Zwischen 22 Uhr und 23 Uhr gehe er zu Bett. Meistens sei er zuhause. Er habe einen Führerschein und ein Kfz. Er habe Kontakt zu Nachbarn und Kollegen sowie in K. eine Freundin gefunden. Dr. S. hat die Diagnosen Dysthymia, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Erkrankung der Herzkranzgefäße mit durchgemachtem Herzinfarkt gestellt. Neurologisch sei keine Erkrankung feststellbar. Bei der Dysthymie handle es sich um eine leichte missmutige, ins depressive gehende Herabgestimmtheit. Der Kläger sei körperlich in der Lage, leichte und auch mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten. Aus nervenärztlicher Sicht sollten auf Grund der durchgemachten psychischen Erkrankungen sowie der noch fortbestehenden Dysthymia und der daraus ableitbaren, etwas verminderten Belastbarkeit, qualitative Einschränkungen Beachtung finden (keine Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten in Mehrschichtbereich und Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung). Es bestehe hierbei ein wenigstens sechsstündiges arbeitstägliches Leistungsvermögen, wobei der Kläger de facto seit langem einer regelmäßig achtstündigen Tätigkeit in der Metallindustrie nachgehe.

In stationärer Behandlung ist der Kläger dann im Z.-Klinikum, Krankenhaus A. vom 03. bis 07. Oktober 2008 (akutes Koronarsyndrom), in der Universitätsklinik T. vom 25. bis 28. Mai 2009 (instabile Angina pectoris), in der Rehaklink G. vom 30. Juni bis 27. Juli 2009 und im Universitätsklinikum F. vom 27. bis 29. Juli 2009 (STEMI bei bekannter koronarer Zwei-Gefäßerkrankung) gewesen. Vom 13. August bis 03. September 2009 ist er dann in einer AHB in der ASK gewesen. Mit den Diagnosen artherosklerotische Herzkrankheit, Zwei-Gefäßerkrankung, essentielle Hypertonie, nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus ohne Komplikationen, Adipositas, rezidivierende depressive Störung ist der Kläger dort als für leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen sowie in Tages- und Früh-/Spätschicht - ohne Tätigkeiten mit erhöhtem Zeitdruck oder Akkordarbeit sowie Heben oder Tragen von schweren Lasten, Zwangshaltungen und häufiges Bücken - sechsstündig leistungsfähig entlassen worden.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Sachverständigengutachten des Arztes für Innere Medizin und Kardiologie Prof. Dr. G., Universitätsklinik T., vom 15. Dezember 2009 eingeholt. Er hat (u.a. nach fahrradergometrischer Belastung bis 50 Watt) ausgeführt, der Kläger leide im Wesentlichen unter einer KHK mit mittelgradig reduzierter systolischer Funktion ohne signifikante Klappenvitien, wobei die körperliche Belastbarkeit deutlich eingeschränkt sei. Bei verminderter körperlicher Aktivität sei das Risiko für Folgeschäden jedoch als höher einzustufen, als bei angemessener körperlicher Aktivität. Ferner bestünden ein insulinabhängiger Diabetes mellitus Typ II, im Rahmen dessen eine körperliche Tätigkeit erwünscht sei, und ein deutliches Übergewicht mit Bluthochdruck und linksventrikulärer Hypertrophie sowie diastolischer Funktionsstörung des Herzens, wodurch die sportliche Betätigung stark eingeschränkt sei. Des weiteren lägen eine geringe periphere pulmonale Obstruktion bei normalem Lungenvolumen und guter Leitungsfähigkeit sowie eine rezidivierende depressive Verstimmung, die aktuell nur gering ausgeprägt sei, und ein chronisches Schmerzsyndrom vor. Die aktuelle Leistungsbeeinträchtigung sei vornehmlich bedingt durch die bereits auf niedriger Belastungsstufe auftretende Angina pectoris, die auf dieser Stufe seit der letzten Gefäßerweiterung vom 27. Juli 2009 wohl stabil sei. Insgesamt bestehe der Bedarf der Optimierung der medikamentösen Therapie. Aus kardiologischer Sicht sollte eine Verbesserung der Myocarddurchblutung erzielt werden. Sollte eine Besserung der Angina-pectoris-Beschwerden erreicht werden, sei aus internistisch-kardiologischer Sicht eine überwiegend leichte körperliche Tätigkeit ohne besondere psychische Belastung und ohne vermehrten Zeitdruck sowie Exposition gegen Kälte von mindestens sechs Stunden und mehr denkbar.

Die Beklagte hat Stellungnahmen des Dr. S. vom 30. Juni sowie 28. Oktober 2008 und 25. Januar 2010 vorgelegt. Er ist zusammenfassend zum Ergebnis gelangt, Prof. Dr. G. bestätige letztlich im Prinzip ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten unter Beachtung entsprechender qualitativer Leistungseinschränkungen. Entgegen der ursprünglichen Annahme könne der Kläger mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr ausführen. Er sei jedoch in der Lage, leichte Tätigkeiten durchaus sechs Stunden und mehr zu verrichten, wenn qualitative Leistungseinschränkungen wie von Prof. Dr. G. genannt (überwiegend leichte Arbeiten ohne besondere psychische Belastung, vermehrten Zeitdruck und Exposition gegenüber Kälte) Beachtung fänden.

Danch hat der Kläger noch einen Bericht des Universitätsklinikums T. des Prof. Dr. G. über eine ambulante Vorstellung vom 10. Februar 2010 (thorakales Engegefühl bei 100 Watt beim Belastungs-EKG; koronare Zwei-Gefäßerkrankung mit globaler normaler linksventrikulärer Pumpfunktion; guter Allgemeinzustand) vorgelegt.

Mit Urteil vom 24. März 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) seien nicht erfüllt, da der Kläger unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten trotz der im Vordergrund stehenden Erkrankungen auf nervenärztlichem und kardiologischem Fachgebiet arbeitstäglich wenigstens sechs Stunden Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne, was sich auch aus den Gutachten der Dres. H. ergebe. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da der Kläger nach dem 02. Januar 1961 geboren sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.

Gegen das am 09. April 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. April 2010 Berufung eingelegt, mit welcher er weiterhin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab Oktober 2006 begehrt. Er trägt im Wesentlichen vor, nach dem Gutachten von Prof. Dr. G. sei eine Tätigkeit von mindestens sechs Stunden nur denkbar, wenn eine Besserung der Angina pectoris-Beschwerden erreicht worden sei. Dies sei bis heute nicht der Fall. Inzwischen sei er erneut wegen Herzbeschwerden in der Klinik gewesen. Dies habe er auch dem SG bereits mitgeteilt und den (o.g.) Arztbrief des Universitätsklinikums T. (vom 10. Februar 2010) vorgelegt. Hierzu hat er weiter einen Arztbrief des Kardiologen Dr. P. vom 03. Februar 2010 über eine Untersuchung vom selben Tag vorgelegt. Danach ist bei der Fahrradergometrie eine stufenweise Belastung bis 100 Watt erfolgt, worauf ("auf mittlerer Belastungsstufe") ein präkordiales Druckgefühl, verbunden mit Dyspnoe und Sauerstoffabfall bis 94 %, angegeben worden ist. Im danach vorgelegten Arztbrief des Dr. P. vom 15. März 2011 ist berichtet, es sei bei der Fahrradergometrie eine stufenweise Belastung bis 100 Watt erfolgt bei unauffälligem Blutdruckverhalten und ohne Pektangina sowie pathologische Endstreckenveränderungen und ohne Arrhythmien. Bis 100 Watt seien keine Zeichen der Belastungskoronarinsuffizienz zu erfassen. Ferner hat der Kläger einen Arztbrief vom 29. November 2010 (chronisch dysthymes Bild) und ein undatiertes Attest des Dr. P. vorgelegt, wonach sich der Kläger zuletzt am 28. Februar 2011 vorgestellt habe. Es bestehe mit einer Dysthymie ein chronisch verstimmtes Bild, welches sich in der Vergangenheit phasenweise in Form einer rezidivierenden depressiven Störung verschlechtert gehabt habe. Der Kläger sei psychophysisch nur vermindert belastbar. Die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft. Auf Grund der schlechten Deutschkenntnisse sei eine psychotherapeutische Behandlung, die muttersprachlich durchgeführt werden müsste, indiziert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. März 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Mai 2007 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 23. Oktober 2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger könne ihm zumutbare leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen wenigstens sechs Stunden täglich verrichten. Hierzu hat sie u.a. Stellungnahmen des Dr. S. vom 25. Mai und 02. Juli 2010 sowie 05. Mai 2011 und des Dr. L. vom 05. April 2011 vorgelegt. Dr. S. hat im Wesentlichen ausgeführt, aktuelle aussagekräftige kardiologische Befundberichte, insbesondere auch im Hinblick auf den funktionalen Aspekt, lägen nicht vor. Die bisherige medizinische Befund- und Gutachtensdokumentation ergebe lediglich eine mittelgradig reduzierte systolische Herzpumpfunktion ohne signifikante Klappenvitien, also keine hochgradige Einschränkung der Herzpumpleistung. Zum Teil habe sich sogar eine gute systolische linksventrikuläre Funktion ergeben. Die Angina pectoris-Beschwerden seien schon bekannt gewesen. Die vorliegenden Befunde könnten eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründen. Auch aus dem Bericht von Dr. P. vom 03. Februar 2010 ergebe sich nur eine mittelgradig reduzierte Globalfunktion mit einer Auswurfleistung von 49 % und weiterhin kein Nachweis für einen hämodynamischen Herzfehler. Im Belastungs-EKG sei der Kläger bis 100 Watt belastbar gewesen, worauf subjektiv ein präkordiales Druckgefühl, eine Sauerstoffsättigung bis 94 %, subjektive Angina-pectoris-Beschwerden und eine Dyspnoe erwähnt seien. Der bestehende objektive funktionelle kardiologische Befund habe sich nicht wesentlich geändert. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien bei Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig möglich. Auch der Nervenarzt Dr. L. hat eine leistungsrelevante depressive Störung unter Berücksichtigung der Beschwerden des Klägers sowie der Ausführungen des behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie für nicht erwiesen erachtet. Antriebsstörungen, kognitive Störungen oder schwerwiegende affektive Auffälligkeiten seien nicht beschrieben. Zuletzt hat Dr. S. auf die weiteren vorgelegten ärztlichen Äußerungen ausgeführt, auch nach dem Bericht des Dr. P. vom 15. März 2011 und dem Attest des Dr. P. ergebe sich kein signifikant neuer bedeutsamer medizinischer Sachverhalt von richtungsweisender sozialmedizinischer Relevanz. Die geschilderten medizinischen Befunde seien bereits bestens bekannt und vordokumentiert, so dass es bei der bisherigen Leistungsbeurteilung verbleibe.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente (§ 43 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt sind, weil er leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben kann und die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht kommt, da der Kläger nach dem 01. Januar 1961 geboren ist (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Äußerungen an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist lediglich im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die vorgelegten Unterlagen anzumerken, dass beim Kläger weder auf nervenärztlichem Fachgebiet noch auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet eine Einschränkung des Leistungsvermögens belegt ist, die eine rentenrechtlich wesentliche und insbesondere quantitative Leistungsminderung begründen würde.

Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen (z. B. Bronchitis im Frühjahr 2008) - jedenfalls bis Mai 2009 arbeitsfähig war, was sich u.a. aus den Angaben gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. und dem HV-EB der ASK vom 03. September 2009 ergibt. Damit hat er seine nach eigenen Angaben zum Teil mittelschwere Tätigkeit als Entgrater in der Metallindustrie bis dahin ausgeübt und konnte er jedenfalls auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die ihm rentenrechtlich zumutbar sind, wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten, so dass bis dahin keine volle oder teilweise Erwerbsminderung vorlag und ein Rentenanspruch nicht bestand.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden nervenärztlichen Äußerungen und auch des vom SG eingeholten Sachverständigengutachtens des Dr. S. ist auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet allenfalls von einer Dysthymie oder phasenweisen (leichten) depressiven Störung auszugehen, die indes eine dauerhafte wesentliche qualitative oder gar quantitative Minderung des Leistungsvermögens nicht mit sich bringt. Insbesondere ist durch die vorliegenden ärztlichen Äußerungen keine entsprechende länger währende Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers belegt, die die Annahme einer weitergehenden Beeinträchtigung des Leistungsvermögens dauerhafter Art begründen würde. Dies folgt für den Senat auch schlüssig und nachvollziehbar aus der als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertbaren Stellungnahme von Dr. L ... Konkrete Befunde, die auf eine relevante Verschlechterung hinweisen könnten, hat auch Dr. P. nicht mitgeteilt. Antriebsstörungen, kognitive Störungen oder schwerwiegende affektive Auffälligkeiten sind nicht beschrieben. Soweit er eine muttersprachlich durchzuführende Therapie vorschlägt, ergibt sich aus diesem Umstand auch ab Mai 2009 noch keine einen Rentenanspruch begründende Leistungsminderung. Vielmehr sieht auch Dr. P. die Möglichkeit der Therapie der Dysthymie, vor deren Durchführung jedenfalls eine wesentliche dauerhafte Leistungsminderung nicht feststellbar ist.

Soweit der Kläger geltend macht, Prof. Dr. G. habe eine sechsstündige Leistungsfähigkeit nur bei Besserung der Angina pectoris-Beschwerden angenommen, die nicht eingetreten sei, ist zu berücksichtigen, dass Prof. Dr. G. der abschließende HV-EB der ASK noch nicht vorlag sondern nur ein Kurzbrief, nach welchem - so Prof. Dr. G. - eine Zielbelastung von 35 Watt im Ergometertraining empfohlen worden sei. Indes wurde der Kläger im HV-EB abschließend dann als sechsstündig leistungsfähig eingestuft. Im Übrigen ist auf internistisch-kardiologischem Gebiet eine wesentliche Verschlimmerung nicht belegt, insbesondere auch nicht durch die Berichte des Dr. P. vom 03. Februar 2010 und 15. März 2011. Im Gegenteil zeigt die Tatsache, dass in der Fahrradergomtrie bei stufenweiser Belastung bis 100 Watt das Blutdruckverhalten unauffällig war und sich keine Pectangina, keine pathologischen Endstreckveränderungen und keine Arrhythmien ergaben, dass eine wesentliche Verschlechterung, die nun auch die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung dauerhafter Art begründen würde, nach wie vor nicht belegt ist. Dies entnimmt der Senat den als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertbaren und überzeugenden - auf einer Auswertung der vorgelegten Berichte beruhenden - Ausführungen des Dr. S., die die Beklagte vorgelegt hat. Nach wie vor besteht danach ein - was das quantitative Leistungsvermögen, aber auch die qualitativen Einschränkungen bei Begrenzung auf leichte Tätigkeiten anbelangt - unveränderter kardialer Befund. Die medizinische Befund- und Gutachtensdokumentation ergab lediglich eine mittelgradig reduzierte systolische Herzpumpfunktion ohne signifikante Klappenvitien, also keine hochgradige Einschränkung der Herzpumpleistung. Zum Teil zeigte sich sogar eine gute systolische linksventrikuläre Funktion. Die Angina pectoris-Beschwerden sind schon länger bekannt. Die vorliegenden Befunde können somit eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründen. Aus dem Bericht von Dr. P. vom 03. Februar 2010 ergab sich nur eine mittelgradig reduzierte Globalfunktion mit einer Auswurfleistung von 49 % und weiterhin kein Nachweis für einen hämodynamischen Herzfehler. Im Belastungs-EKG war der Kläger bis 100 Watt belastbar, worauf subjektiv ein präkordiales Druckgefühl, eine Sauerstoffsättigung bis 94 %, subjektive Angina-pectoris-Beschwerden und eine Dyspnoe angegeben wurden. Der bestehende objektive funktionelle kardiologische Befund hat sich nicht wesentlich geändert. Jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sind damit bei Beachtung qualitativer Einschränkungen wenigsten sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Soweit im Bericht von Dr. P. vom 03. Februar 2010 von pectanginösen Beschwerden auf "niedriger" Belastungsstufe mit Hinweis darauf, sie begännen bei 100 Watt, angenommen wird, ist dies nicht nachvollziehbar, da eine Belastung mit 100 Watt die Anforderungen von leichten Arbeiten übersteigt.

Da der Kläger somit weiterhin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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