Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 26 SF 1166/08
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 1070/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Beschluss, der gegen nicht beteiligte Dritte ergangen ist, ist nichtig und tatsächlich wirkungslos. Auf die Beschwerde ist zur Beseitigung des Rechtsscheins die Nichtexistenz durch Aufhebung der Entscheidung klarzustellen und die Sache an das Sozialgericht zwecks Beendigung des tatsächlich nicht abgeschlossenen Verfahrens zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 03.11.1994 - Az.: LwZB 5/94).
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 7. Juni 2011 aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht zurückverwiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Gotha (Az.: S 26 AS 4463/06).
Mit seiner Klage wandte sich der von dem Beschwerdeführer vertretene Kläger des Hauptsacheverfahrens gegen den Bescheid der Beklagten (einer ARGE SGB II) vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2006, in dem der Leistungsbescheid teilweise aufgehoben worden war. Mit Beschluss vom 9. November 2007 gewährte ihm das Sozialgericht Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei. Mit Schriftsatz vom 22. November 2007 erkannte die Beklagte die Klage an und erklärte sich zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten bereit. In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts am 12. Dezember 2007 nahm der Beschwerdeführer für den Kläger das Anerkenntnis an.
Unter dem 17. Dezember 2007 beantragte er, die Kosten "gegen den Verfahrensgegner" (d.h. die Beklagte) in Höhe von insgesamt 773,50 Euro festzusetzen. Mit Beschluss vom 21. Februar 2008 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die von der Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Klägers auf 196,35 Euro fest. Auf die Erinnerung des Beschwerdeführers verfügte der Vorsitzende des Sozialgerichts am 13. März 2008 die Änderung des Rubrums (Erinnerungsführer: Rechtsanwalt K., Erinnerungsgegner Freistaat Thüringen, vertreten durch die Bezirksrevisorin beim Thüringer Landessozialgericht). Unter dem 2. Juni 2008 wies die Bezirksrevisorin darauf hin, dass die Staatskasse am Verfahren nicht beteiligt sei; die UKB habe die Kosten gegen die Beklagte festgesetzt.
Mit Beschluss vom 7. Juni 2011 hat das Sozialgericht die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. Februar 2008 zurückgewiesen. Im Rubrum der Entscheidung werden als Beteiligte des Verfahrens der Beschwerdeführer und der Freistaat Thüringen aufgeführt. Nach der Rechtsmittelbelehrung ist die Beschwerde an das Thüringer Landessozialgericht zulässig.
Gegen den am 14. Juni 2011 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 16. Juni 2011 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, der Rechtsstreit sei unter Zugrundelegung der Kriterien des § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) als durchschnittlich anzusehen. Damit müssten die Mittelgebühren erstatten werden. Auf Hinweis des Senatsvorsitzenden hat er die Zurückverweisung an die Vorinstanz beantragt.
II.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) statthaft. Zwar kommt eine Beschwerde gegen eine Kostenfestsetzung zwischen den Beteiligten des Hauptsacheverfahrens (dies ist tatsächlich Gegenstand des Erinnerungsverfahrens) nach § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Februar 2008 - Az.: L 6 B 3/08 SF). Eine solche Entscheidung hat das Sozialgericht allerdings nicht getroffen, sondern fehlerhaft eine Beteiligung des Beschwerdeführers und der Staatskasse angenommen. Dann kann der Beschluss mit dem Rechtsmittel angefochten werden, das gegen einen rechtsfehlerfreien Beschluss gleichen Inhalts gegeben wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2005 - Az.: II ZB 2/05, nach juris). Die Beschwerdefrist wurde eingehalten.
Die Beschwerde ist begründet. Das erstinstanzliche Verfahren leidet an einem schweren Verfahrensfehler. Der Beschluss vom 7. Juni 2011 ist nicht gegen die Beteiligten (Kläger und Beklagte) sondern gegen Unbeteiligte (Beschwerdeführer und Freistaat Thüringen) ergangen und damit nichtig und tatsächlich wirkungslos. Er kann aus tatsächlichen Gründen nicht gegen die Beteiligten wirken. Dann ist nach der Rechtsprechung des BGH zur Beseitigung des Rechtsscheins die Nichtexistenz durch Aufhebung der Entscheidung klarzustellen und die Sache an das Sozialgericht zwecks Beendigung des tatsächlich nicht abgeschlossenen Verfahrens zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1994 - Az.: LwZB 5/94, nach juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 125 Rdnr. 5c). Selbst wenn der Beschluss wegen des Verfahrensfehlers bloß mangelhaft und damit bis zur Aufhebung voll wirksam wäre (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 65. Auflage 2007, Übers § 300 Rdnr. 20), hätte der Senat ihn entsprechend § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG aufzuheben und an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Er selbst kann hinsichtlich der Höhe der Rechtsanwaltsvergütung im Verfahren der eigentlich Beteiligten keine Entscheidung treffen.
Der Beschluss der Vorinstanz ist nicht zwischen den Beteiligten des Festsetzungsverfahrens, sondern gegen nicht beteiligte Dritte ergangen. Beteiligte waren der durch den Beschwerdeführer vertretene Kläger und die Beklagte (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 197 Rdnr. 10). Beide werden im Rubrum des Beschlusses nicht genannt.
Der Beschwerdeführer hatte in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 17. Dezember 2007 ausdrücklich die Festsetzung "gegen den Verfahrensgegner" (d.h. die Beklagte) für den Kläger beantragt und die UKB hatte nach der Anhörung konsequent die zu erstattenden Kosten in Höhe von 196,35 Euro nach § 197 Abs. 1 S. 1 SGG für den Kläger und gegen die Beklagte festgesetzt. Der Freistaat war am Verfahren nicht beteiligt. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, dass der Beschwerdeführer (aber nicht der Kläger) angesichts der Gewährung der Prozesskostenhilfe berechtigt gewesen wäre, die Festsetzung seiner Vergütung aus der Staatskasse zu beantragen (§ 55 Abs. 1 S. 1 RVG) und dieser Anspruch mit Befriedigung auf die Staatskasse übergegangen wäre (§ 59 Abs. 1 S. 1 RVG). Einen solchen Antrag hat er nicht gestellt.
Damit steht die Entscheidung über die Erinnerung zwischen den tatsächlich Beteiligten noch aus. Zu ihrer Nachholung wird das Verfahren an das Sozialgericht zurückverwiesen. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagten zuvor rechtliches Gehör zu gewähren ist.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 59 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG)
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Gotha (Az.: S 26 AS 4463/06).
Mit seiner Klage wandte sich der von dem Beschwerdeführer vertretene Kläger des Hauptsacheverfahrens gegen den Bescheid der Beklagten (einer ARGE SGB II) vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2006, in dem der Leistungsbescheid teilweise aufgehoben worden war. Mit Beschluss vom 9. November 2007 gewährte ihm das Sozialgericht Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei. Mit Schriftsatz vom 22. November 2007 erkannte die Beklagte die Klage an und erklärte sich zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten bereit. In der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialgerichts am 12. Dezember 2007 nahm der Beschwerdeführer für den Kläger das Anerkenntnis an.
Unter dem 17. Dezember 2007 beantragte er, die Kosten "gegen den Verfahrensgegner" (d.h. die Beklagte) in Höhe von insgesamt 773,50 Euro festzusetzen. Mit Beschluss vom 21. Februar 2008 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die von der Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Klägers auf 196,35 Euro fest. Auf die Erinnerung des Beschwerdeführers verfügte der Vorsitzende des Sozialgerichts am 13. März 2008 die Änderung des Rubrums (Erinnerungsführer: Rechtsanwalt K., Erinnerungsgegner Freistaat Thüringen, vertreten durch die Bezirksrevisorin beim Thüringer Landessozialgericht). Unter dem 2. Juni 2008 wies die Bezirksrevisorin darauf hin, dass die Staatskasse am Verfahren nicht beteiligt sei; die UKB habe die Kosten gegen die Beklagte festgesetzt.
Mit Beschluss vom 7. Juni 2011 hat das Sozialgericht die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. Februar 2008 zurückgewiesen. Im Rubrum der Entscheidung werden als Beteiligte des Verfahrens der Beschwerdeführer und der Freistaat Thüringen aufgeführt. Nach der Rechtsmittelbelehrung ist die Beschwerde an das Thüringer Landessozialgericht zulässig.
Gegen den am 14. Juni 2011 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 16. Juni 2011 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, der Rechtsstreit sei unter Zugrundelegung der Kriterien des § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) als durchschnittlich anzusehen. Damit müssten die Mittelgebühren erstatten werden. Auf Hinweis des Senatsvorsitzenden hat er die Zurückverweisung an die Vorinstanz beantragt.
II.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) statthaft. Zwar kommt eine Beschwerde gegen eine Kostenfestsetzung zwischen den Beteiligten des Hauptsacheverfahrens (dies ist tatsächlich Gegenstand des Erinnerungsverfahrens) nach § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Februar 2008 - Az.: L 6 B 3/08 SF). Eine solche Entscheidung hat das Sozialgericht allerdings nicht getroffen, sondern fehlerhaft eine Beteiligung des Beschwerdeführers und der Staatskasse angenommen. Dann kann der Beschluss mit dem Rechtsmittel angefochten werden, das gegen einen rechtsfehlerfreien Beschluss gleichen Inhalts gegeben wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2005 - Az.: II ZB 2/05, nach juris). Die Beschwerdefrist wurde eingehalten.
Die Beschwerde ist begründet. Das erstinstanzliche Verfahren leidet an einem schweren Verfahrensfehler. Der Beschluss vom 7. Juni 2011 ist nicht gegen die Beteiligten (Kläger und Beklagte) sondern gegen Unbeteiligte (Beschwerdeführer und Freistaat Thüringen) ergangen und damit nichtig und tatsächlich wirkungslos. Er kann aus tatsächlichen Gründen nicht gegen die Beteiligten wirken. Dann ist nach der Rechtsprechung des BGH zur Beseitigung des Rechtsscheins die Nichtexistenz durch Aufhebung der Entscheidung klarzustellen und die Sache an das Sozialgericht zwecks Beendigung des tatsächlich nicht abgeschlossenen Verfahrens zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1994 - Az.: LwZB 5/94, nach juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 125 Rdnr. 5c). Selbst wenn der Beschluss wegen des Verfahrensfehlers bloß mangelhaft und damit bis zur Aufhebung voll wirksam wäre (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 65. Auflage 2007, Übers § 300 Rdnr. 20), hätte der Senat ihn entsprechend § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG aufzuheben und an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Er selbst kann hinsichtlich der Höhe der Rechtsanwaltsvergütung im Verfahren der eigentlich Beteiligten keine Entscheidung treffen.
Der Beschluss der Vorinstanz ist nicht zwischen den Beteiligten des Festsetzungsverfahrens, sondern gegen nicht beteiligte Dritte ergangen. Beteiligte waren der durch den Beschwerdeführer vertretene Kläger und die Beklagte (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 197 Rdnr. 10). Beide werden im Rubrum des Beschlusses nicht genannt.
Der Beschwerdeführer hatte in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 17. Dezember 2007 ausdrücklich die Festsetzung "gegen den Verfahrensgegner" (d.h. die Beklagte) für den Kläger beantragt und die UKB hatte nach der Anhörung konsequent die zu erstattenden Kosten in Höhe von 196,35 Euro nach § 197 Abs. 1 S. 1 SGG für den Kläger und gegen die Beklagte festgesetzt. Der Freistaat war am Verfahren nicht beteiligt. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, dass der Beschwerdeführer (aber nicht der Kläger) angesichts der Gewährung der Prozesskostenhilfe berechtigt gewesen wäre, die Festsetzung seiner Vergütung aus der Staatskasse zu beantragen (§ 55 Abs. 1 S. 1 RVG) und dieser Anspruch mit Befriedigung auf die Staatskasse übergegangen wäre (§ 59 Abs. 1 S. 1 RVG). Einen solchen Antrag hat er nicht gestellt.
Damit steht die Entscheidung über die Erinnerung zwischen den tatsächlich Beteiligten noch aus. Zu ihrer Nachholung wird das Verfahren an das Sozialgericht zurückverwiesen. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagten zuvor rechtliches Gehör zu gewähren ist.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 59 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG)
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